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Dieser Band enthält folgende Fantasy Abenteuer: Die Götter von Korosteen Irrtoc der Wanderer Sindbad und die Insel der Pelatoniden Ravic und die ewige Schlacht Das untote Land Sindbads Schwur Whuon der Schwertkämpfer Dorian Pendergorm und der Magier Merlin Manchmal habe ich das Gefühl, mein Leben habe erst an dem Tag begonnen, an dem ich Merlins Schüler wurde. Vorher war da nur Leere, eine unerklärliche Leere, die mich wohin trieb, ohne Ziel und ohne Grund. Ich bin Dorian Pendergorm, ein Name, der von dem Amulett in meiner Handfläche stammt. So nenne ich mich, denn wer ich war oder woher ich wirklich komme, das weiß ich nicht. Wie Arronord, der junge Ritter, stamme ich aus dem Nichts. Doch all das änderte sich, als Merlin in mein Leben trat.
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Seitenzahl: 505
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Götter, Schwertkämpfer, Elfen: 8 Fantasy Abenteuer
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Die Götter von Korosteen: Fantasy
Irrtoc der Wanderer
Sindbad und die Insel der Pelatoniden
Ravic und die Ewige Schlacht
Das untote Land
Sindbads Schwur
Whuon der Schwertkämpfer
Dorian Pendergorm und der Magier Merlin
Dieser Band enthält folgende Fantasy Abenteuer:
Die Götter von Korosteen
Irrtoc der Wanderer
Sindbad und die Insel der Pelatoniden
Ravic und die ewige Schlacht
Das untote Land
Sindbads Schwur
Whuon der Schwertkämpfer
Dorian Pendergorm und der Magier Merlin
Manchmal habe ich das Gefühl, mein Leben habe erst an dem Tag begonnen, an dem ich Merlins Schüler wurde. Vorher war da nur Leere, eine unerklärliche Leere, die mich wohin trieb, ohne Ziel und ohne Grund. Ich bin Dorian Pendergorm, ein Name, der von dem Amulett in meiner Handfläche stammt. So nenne ich mich, denn wer ich war oder woher ich wirklich komme, das weiß ich nicht. Wie Arronord, der junge Ritter, stamme ich aus dem Nichts.
Doch all das änderte sich, als Merlin in mein Leben trat.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Bathranor Books, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author
© dieser Ausgabe 2024 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten.
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Alles rund um Belletristik!
von ALFRED BEKKER
Ich umklammerte mein eigenes Schwert fest und trat neben Toric. Die Dunkelheit in der Mitte des Raumes schien uns keine Pause zu gönnen, denn urplötzlich schossen aus ihr Schattengreifer hervor, die nach unseren Körpern zu greifen versuchten. Die Kälte, die von diesen Schatten ausging, war unerträglich.
„Was sollen wir tun, Iaranos?“ rief ich verzweifelt.
„Haltet sie ab, aber unterbrecht das Ritual nicht,“ antwortete Iaranos keuchend. „Ich brauche nur noch etwas mehr Zeit.“
"Bist du fremd in Korosteen?"
Ich hob die Augenbrauen und sah in das Gesicht eines Glatzkopfs, dessen Augen wie schmale Schlitze wirkten.
"Ja", sagte ich schließlich. Ich war erst vor wenigen Stunden mit einem ventorianischen Segler hier im Hafen von Gonras angelangt.
Ich war nicht zu ersten Mal im Lande Korosteen. Doch war ich bis dahin nur in den Hafenstädten im Süden gewesen, in Kalarasi oder Gonras.
Ins Innere dieses seltsamen Landes mit seinen uralten Flußgöttern war ich nie gelangt.
Ich kann nicht sagen, weshalb eigentlich.
Vielleicht, weil meine geschäftlichen Unternehmungen mich nie dorthin führten, nichteinmal bis zum flußaufwärts gelegenen Larasor, wo der korosteenische Gottkönig residiert.
Ich weiß nicht, ob das nur ein Vorwand oder der tatsächliche Grund ist.
Vielleicht bin ich auch nur dem Geruch Moders und Fäulnis ausgewichen, der über diesem ganzen Land zu liegen scheint.
Es ist wie ein Pesthauch, eine Ahnung von Vergänglichkeit und Tod und Jenseits und noch viel unvorstellbareren Dingen.
Ich bin ein nüchterner Mensch und komme aus Rogii in Gunland. Aber das sind Namen, mit denen hier niemand etwas anzufangen weiß. Die Korosteener reisen nicht viel. Sie kommen kaum herum, sind nicht sehr am Handel interessiert und betreiben auch nur sehr eingeschränkte Seefahrt. Die Küste entlang bis zu den Städten Ventors, das ist alles.
Bis Drur oder Ngor zu segeln, das bedeutet für sie schon eine Weltreise. Wenn ich einem von ihnen zu erklären versuchte, wie weit man zu segeln hätte, bis man die Küste Gunlands erreichen würde, so übersteigt das ihr Vorstellungsvermögen.
"Man hört es deiner Sprache an, daß du nicht von hier bist", sagte der Glatzkopf in diesem Moment zu mir.
Ich kann mich in der Sprache der Korosteener eingermaßen verständlich machen, ohne behaupten zu wollen, perfekt zu sein.
"Du bist ein Schmuggler, nicht wahr?" meinte mein Gegenüber. Es klang nicht unbedingt unfreundlich.
"Und was bist du?" versetzte ich. "Gehörst du vielleicht zur Geheimpolizei des Gottkönigs?"
Er lachte schallend.
"Nein."
Die Taverne, in der wir uns befanden war erfüllt von schweren Opiumschwaden. Schemenhafte Gestalten schwankten durch das Halbdunkel. Ich blickte mich um und sah dann wieder zu meinem Gegenüber.
Es schien, als habe er mich ganz gezielt angesprochen.
"Du siehst aus wie ein ventorianischer Schmuggler. Und du redest auch wie einer."
Hatte es Sinn, dagegen etwas einzuwenden?
Hatte es Sinn, ihm zu sagen, woher ich wirklich kam? Seine Welt reichte nur bis Ventor, vielleicht noch zu den Küsten von Glendia.
Und was den Schmuggler anging, so hatte er in gewisser Weise Recht. Ich hatte mich tatsächlich schon als solcher verdingt, aber das lag schon etwas zurück. im Augenblick war ich vollends heruntergekommen.
Meine Geschäfte waren schlecht gegangen und jetzt besaß ich kaum mehr, als ich am Leibe trug.
"Ich brauche einen Mann, der ein Schiff führen kann!"
"Ich habe kein Schiff", erklärte ich. "Nicht mehr..."
"Ich habe auch nicht von einem Schiff gesprochen, sondern von einem, der es führen kann! Das ist etwas anderes."
Ich nickte.
Da hatte er Recht.
"Es ist eine Menge Geld drin!"
"Und wo ist der Haken?"
"Es gibt keinen, außer der Tatsache, daß ich einen Mann brauche, der Mut hat."
"Dann kannst du mit mir nicht rechen!" sagte ich. "Ich bin ein erbärmlicher Feigling und stehe dazu! schließlich ist das einer der Gründe, weshalb ich noch am Leben bin!"
Er lachte erneut. Aber es war ein heiseres, freudloses Lachen, das mich nachdenklich machte.
Dann nannte er mir eine Summe.
Ich war beeindruckt.
"Du kommst nicht aus Korosteen", sagte er. "Ich nehme daher an, daß du nicht an die Götter dieses Landes glaubst...
Ich nickte.
"Das ist richtig."
"Und an welche Götter glaubst du?"
Ich machte eine wegwerfende Geste.
"Wer will wissen, welche Religion recht hat? Ich bin viel herumgekommen und kenne soviele verschiedene Glaubensrichtungen, die für sich genommen jeweils sehr einleuchtend und richtig zu sein scheinen, daß es mir schwerfällt, mich endgültig festzulegen..."
"In Wahrheit glaubst du an gar nichts!"
Ich zuckte mit den Schultern.
"Ich glaube an mich selbst, ich glaube an das Klimpern von Gold- und Silbermünzen in meinem Beutel und daran, daß jeder Stein irgendewann einmal zu Boden fällt, wenn man ihn in diue Luft wirft..."
"Nun, wenn du nicht interessiert bist, kesrog!"
Kesrog hatte er mich genannt. Das war ein korosteenisches Wort mit weitgespannter Bedeutung. Es stand für Händler, Hund, Seefahrer, Ungläubiger und Ausländer und war ganz gewiß nicht freundlich gemeint.
Ich dachte an das Geld und daran, daß ich es bitter nötig hatte, mal wieder etwas zu verdienen.
"Nicht so schnell! Wohin soll die Reise denn gehen?" fragte ich.
"Den Inu flußaufwärts."
"Bis Larasor?"
"Nein, weiter."
"Inuakatan?"
"Noch weiter."
Ich runzelte die Stirn. Keinesfalls kann ich behaupten, von dieser Aussicht begeistert gewesen zu sein. Ich dachte an die feuchten Wälder zu beiden Seiten des Inu-Flusses. Diese dampfenden Regenwälder begannen bereits unweit der Stadttore von Gonras.
Mir kam wieder dieser Geruch von Fäulnis und Moder in die Nase, obwohl es in Wahrheit an diesem Ort nur nach Opium roch und wir noch keinen Fuß in diesen unheimlichen, wimmelnden Wald gesetzt hatten.
Aber, wenn man es recht betrachtete, dann hatte ich kaum die Möglichkeit, nein zu sagen. Ich hatte mich in Wahrheit längst für die klimpernden Münzen (oder besser: die Aussicht darauf) entschieden, auch wenn ich mir das selbst in diesem Augenblick noch nicht so recht eingestehen mochte.
"Was willst du dort, so tief in den Wäldern?" fragte ich.
"Kein Mensch, der bei Verstand ist, segelt den Inu so weit hinauf!" Und in Gedanken setzte ich hinzu: Kein Mensch, der bei Verstand ist, segelt den Inu überhaupt auch nur eine Meile hinauf!
"Deine Aufgabe wäre nur das Führen des Schiffes. Der Rest geht dich nichts an!"
Das war unmißverständlich.
"Warum nimmst du einen Ausländer und keinen Kapitän aus Korosteen?"
Er druckste herum.
Dann kam es heraus. Ich hatte mir schon etwas in dieser Richtung gedacht.
"Religiöse Tabus", murmelte er. Er sagte das auf eine Art und Weise, die mir ganz offensichtlich deutlich machen sollte, daß er nicht gewillt war, mehr zu dieser Sache zu sagen.
Der Glatzkopf schwieg dann auch beharrlich.
Schließlich fragte er: "Was ist nun? Schlägst du ein?"
War das noch wirklich eine Frage, die ernsthaft zu stellen sich gelohnt hätte?
Ich hatte mich längst entschieden.
Das Schiff machte nicht unbedingt einen vertrauenserweckenden Eindruck. Aber es war flußtauglich. Und das war ja auch schon etwas.
Die Mannschaft schien kaum etwas von der Schiffahrt zu verstehen. Sie bestand ausschließlich aus Fremden. Außer dem Initiator dieses Unternehmens (der übrigens den Namen Iaranos trug) war kein Korosteener unter ihnen. Es waren einige ventorianische Seeleute darunter und ein paar grimmig aussehende Barbaren aus dem wilden Kwinua.
Sie alle waren hervorragend bewaffnet und schienen sich besser auf den Umgang mit Schwert oder Bogen zu verstehen, als auf die Handhabung der Takelage.
Ich bereute schon, mich auf diese Sache eingelassen zu haben, als wir den Hafen von Gonras flußaufwärts in Richtung Larasor verließen. Nicht lange und die feuchten Wälder hatten uns von allen Seiten eingeschlossen.
Eine wimmelnde, grüne Masse schien uns zu umgebend, amorph, gestaltlos und vielgestaltig zugleich. Die Luft war drückend und die Schreie von grotesken Kreaturen, die während der gesamten Spanne ihres Lebens diese grüne Nacht nie verließen, gellten durch das Halbdunkel.
Unvorstellbar hoch erhoben sich die Bäume in den Himmel, der von ihren ausladenden Kronen verdunkelt wurde.
Gigantische Farne und Schachtelhalme wuchsen hier. Alles schien so viel größer zu sein, als man es aus anderen Längern her gewohnt ist.
Verschiedentlich versuchte ich Iaranos, meinen Auftraggeber, nach dem Ziel dieses Unternehmens zu befragen.
Aber er blieb stets wortkarg und sagte mir kaum mehr, als ich ohnerhin schon von ihm erfahren hatte. Es ging in die Wälder nördlich von Inuakatan. Aber was er dort suchte, war mir schleierhaft.
Die Tatsache allerdings, daß er diese gutbewaffneten Krieger mitgenommen hatte, sprach in gewisser Weise für sich.
Er schien damit zu rechnen, daß es zu Auseinandersetzungen kam.
Mit wem auch immer.
Und er schien mir von einer tief empfundenen Ungeduld erfaßt worden zu sein, deren Ursprung mir nicht erklärlich war.
Iaranos fieberte förmlich einem bestimmten Zeitpunkt oder einem Ereignis oder sonst irgendetwas entgegen, von dem ich unmöglich vermuten konnte, worum es sich dabei handelte.
Seine Züge waren die gesamte Fahrt über angespannt. Und während das Schiff fast lautlos mit einem milden, günstigen Wind, der von der Seite durch das Unterholz kam, über das trübe, undurchsichtige Wasser glitt, schienen Iaranos'
Gedanken ganz woanders zu sein. Weit weg. Sehr weit weg...
Bevor wir Larasor erreichten, waren bereits zwei der an Bord befindlichen Männer tot. Es waren zwei der Kwinu-Barbaren, die miteinander in Streit geraten waren.
Es war zu einer Messerstecherei gekommen. Der eine war sofort tot, der andere einige Stunden später verblutet.
Diese Männer kannten keine Disziplin.
Marodeure waren das, Halsabschneider, Halunken...
Ich wandte mich an Iaranos.
"Mir scheint, du hast die falschen Leute mitgenommen!", schimpfte ich zornig. "Was glaubst du, wieviele von uns Inuakatan unter diesen Umständen lebendig erreichen werden!"
Ich spuckte wütend aus.
Iaranos blickte mich mit abwesenden, melancholischen Augen an.
"Es gab keine anderen Männer für diese Sache!" meinte er tonlos. "Das wirst du noch begreifen, Kesrog!"
Ein ungutes Gefühl machte sich in mir breit.
Ein Gefühl, daß mich bis zum Ende dieser Reise nicht mehr verlassen sollte.
Hätte ich gewußt, was auf mich zukam, ich wäre in Larasor ausgestiegen. Oder in Inuakatan. Oder wo immer sich mir eine Chance dazu geboten hätte.
Wie soll man eine Stadt wie Larasor, beschreiben? Der Hafen ist ein einziges wimmelndes Etwas, aber es scheint eine Art Lethargie über der ganzen Stadt zu liegen.
Ich kann es nicht erklären, aber es ist anders, als in Gonras oder Kalarasi.
Vielleicht liegt es daran, daß hier die Korosteener mehr unter sich sind. Es gibt sehr viele Tempel hier, obgleich es noch lange nicht soviele sind, wie in Inuakatan. Aber das wußte ich noch nicht, als wir in Larasor an Land gingen.
Hier war die Residenz der Gottkönige, die in einem riesigen Palast zu residieren pflegten, etwas abseits der wimmelnden Straßen. Ich weiß nicht, ob das stimmt, ich habe es nicht mit eigenen Augen gesehen. Man hat es mir nur erzählt.
Der Palast des Gottkönigs ist für gewöhnliche Sterbliche tabu.
Auf einem der Märkte kaufte ich eine kleine Schlange aus Messing, nicht größer als ein Daumennagel.
Als Iaranos dieses Amulett bei mir später bemerkte, erbleichte er.
Dann riß er es mir vom Hals und warf es ins Wasser.
Ich protestierte.
"Es bringt Unglück!" erklärte er.
Aber das wollte ich nicht so einfach gelten lassen.
"Ich finde es schön! Und es ist verdammt noch mal meine Angelegenheit, was ich um den Hals trage!" Ich spuckte ärgerlich aus. So verschiedenes ging mir hier gegen den Strich und hatte sich in mir aufgestaut.
Sein Gesicht war sehr ernst.
Unangemessen ernst, wie mir schien. Ich war mir keines Verbrechens und keines Frevels bewußt.
"Kesrog", sagte er und es ärgerte mich, daß er mich noch immer mit diesem Wort bezeichnete. "Ich weiß, du bist ein Fremder hier..."
"Es vergeht kaum eine Stunde, in der du mir das nicht immer wieder vor Augen führst!" erwiderte ich.
"Du weißt nichts unseren Göttern..."
"Das ist richtig."
Iaranos verzog das Gesicht.
"Das, was du gerade um den Hals getragen hast und was du für schön gehalten hast, war eine Abbildung von Rama'ymuh..."
"Das sagt mir nichts."
"Wie sollte es auch!"
"Dann erkläre es mir!"
"Du würdest es nicht verstehen! Du würdest über mich lachen, wie du über alle Korosteener heimlich lachst!"
"Ich werde nicht lachen. Aber ich habe dieses Amulett für teures Geld erworben, weil es mir gefiel. Und ich habe ein Recht darauf, zu erfahren, weshalb du es nicht an Bord dulden wilst!"
"Pah!" Er holte etwas Geld hervor und warf es mir hin. Ich zögerte, ehe ich mich dann doch bückte, um es einzustreichen.
Ich mußte etwas warten, schließlich bin ich kein gieriger Bettler, der sich für eine Münze in den Staub wirft.
"Erkläre es mir", sagte ich. "Ich werde nicht lachen."
"Es gibt keinen Ventorianer, der nicht über unsere Götter und all die Dinge lacht, die es ihrer Meinung nach gar nicht gibt, obwohl jeder Korosteener weiß, daß sie existieren! Daß sie genauso existieren, wie wir beide hier existieren!"
"Ich bin kein Ventorianer!"
"Wenn nicht, dann so etwas ähnliches. Es spielt keine Rolle."
"Du bist nicht sehr fair, Iaranos. Und vielleicht auch ein wenig hochmütig, findest du nicht?"
Er zuckte mit den Schultern.
"Hör zu", sagte er dann in einem etwas versönlicherem Tonfall. "Es gibt verschiedene Arten zu Leben. In Korosteen lebt man für das Jenseits, für die Ewigkeit, für die Seele...für die Toten. Daher, wo du kommst, ist es umgekehrt.
Man lebt für den Augenblick und das Glück des Moments. So denkt man in Ventor und wahrscheinlich auch im Rest der Welt."
"...von dem Du sicher einen großen Teil kennst!" schloß ich bissig.
"Kein Kesrog ist in der Lage, uns wirklich zu verstehen!" sagte er. Er behauptete es einfach.
Er stellte es dar, als wäre es eine Tatsache, ohne daß es dafür meiner Ansicht nach irgendwelche Anhaltspunkte gab.
"Wer oder was ist Rama'yumuh?" fragte ich.
Sein Gesicht war finster geworden, als er mir antwortete.
"Rama'ymuh ist der Gott der Schlangen und Kriechtiere. Er ist der Bringer der Kälte und kommt aus dem Reich der Toten, dem Limbus -"
Ich bin ein nüchterner Mensch, vielleicht erwähnte ich das schon. Ich bin dem verpflichtet, was tatsächlich existiert, nicht irgendwelchen Hirngespinsten, mit denen sich die Menschen allerorten selbst Angst einjagen.
Aber die Furcht, die ich in Iaranos' Augen gesehen hatte, war höchst real, höchst wirklich und so packte auch mich ein Hauch jenes Entsetzens, das seine Seele so fest im Griff zu halten schien.
Wir verließen Larasor, nachdem wir reichlich Nahrungsmittel eingekauft hatten, um uns flußaufwärts in Richtung Norden nach Inuakatan - zu begeben.
Inuakatan war die alte, vormalige Hauptstadt Korosteens und dort residierte auch immer noch die Priesterschaft und ihre Führung. Und wie ich mir in Gonras hatte erzählen lassen, wurde dort verschiedentlich auch noch zu Gottheiten gebetet, die die Regierung des Königs zu Larasor längst verboten hatte. Unheilige, nichtmenschlkiche Geschöpfe sollten das sein, bar jeden Gefühls und jeder Menschlichkeit.
Aber sie schienen mir zu einem so todessüchtigen Volk wie dem von Korosteen durchaus zu passen.
Was läßt sich über den weiteren Verlauf unserer Reise wichtiges vermerken?
Der Inu ist ein breiter Fluß, ein sehr breiter sogar. An manchen Stellen gleicht er mehr einem See. Es gibt Inseln, zumeist wild überwuchert von der alles verschlingenden Vegetation. Manche Tierarten haben sich in der Dichte dieser Wälder gehalten, die anderswo längst ein Opfer der menschlichen Gier nach interessanten Trophäen wurden.
Zu beiden Seiten des Flusses sahen wir immer wieder Dörfer von Fischern und Bauern.
Und je näher wir Inuakatan kamen, desto öfter konnten wir eine Totenprozession sehen. Die Leichnahme wurden in die Blätter einiger Riesenpflanzen gewickelt und dann dem Inu übergeben.
"Man überantwortet sie Inukalon, dem Gott des Flusses, der Geburt, der Ernte und des Todes", erläuterte mir Iaranos auf meine Frage hin.
"Es scheinen hier viele Menschen zu sterben", sagte ich vorsichtig.
"In Larasor habe ich die Leute reden hören, daß flußaufwärts eine Seuche wüten soll..."
Ich schluckte.
"Die Pest?"
"Ich weiß es nicht. Aber es sterben viele Menschen daran, wie du siehst."
Er hatte es gewußt.
Er hatte gewußt, daß hier oben der Tod reiche Ernte hielt und das er ihm vielleicht sogar selbst zum Opfer fallen konnte.
Und dennoch war er von Larasor aufgebrochen. Er hatte sich nicht davon abhalten lassen.
Er mußte einen guten, einen wirklich guten Grund dafür haben, den Inu weiter hinaufzufahren.
Diese Nächte in den Inu-Wäldern werde ich nie vergessen.
Sie sind gespenstisch und vielleicht ein Vorgechmack auf das Reich der Toten, auf die Gefilde des Flußgottes Inukalon, oder den Limbus, aus dem Rama'ymuh kommt. Ein gestaltloses und zugleich vielgestaltiges Gewimmel aus Finsternis und den verschiedensten Formen von Leben.
Des Nachts gab es kein Weiterkommen. Es war notwendig irgendwo anzulegen. Aber die meisten von uns fanden nur wenig Schlaf, schon der fauligen Hitze wegen.
"Dieses Land ist wie eine einzige Totengruft!" meinte ein ventorianischer Schwertkämpfer zu mir. Sein Name war Toric.
Er schien mir um einiges besonnener und bedachter zu sein, als die anderen Männer an Bord, die mir zumeist einen recht abgestumpften, dumpfen Eindruck machten.
Ich stimmte seiner Bemerkung zu, während wir beide an der Reeling des Flußschiffes standen und hinaus, in die Finsternis blickten.
"Langsam begreife ich auch, weshalb gerade hier die Götter und Fabelwesen aus dem morastigen Boden wachsen, wie anderswo landwirtschaftliche Nutzpflanzen..."
"Ich bin gespannt, gegen wen Iaranos uns kämpfen lassen wird...", brummte Toric.
"Er hat es euch nicht gesagt?"
"Nein."
"Und es hat keiner von euch gefragt?"
"Er zahlt gut. Sehr gut. Er hat uns den Mund mit Goldstücken gestopft, das ist die Wahrheit."
"Ich hoffe für euch, daß diese Goldstücke nicht schon bald euer Grabschmuck sein werden..."
Die Zustände, die wir bei unserer Ankunft in Inuakatan vorfanden waren furchtbar. Der Fluß war voller eingewickelter Leichen, die aussahen, wie schwimmende Kokons. Sie alle nun der Obhut Inukolons.
Die Seuche hatte sie dahingerafft wie die Fliegen.
Ich warnte Iaranos davor, überhaupt in der Stadt anzulegen.
"Wenn sich jemand von uns ansteckt, dann ist im nu die gesamte Mannschaft dahingerafft!" gab ich zu bedenken.
Aber Iaranos bestand darauf und war auch durch noch so überzeugende Argumente nicht davon abzuhalten.
"Die Götter werden darüber entscheiden, ob sie uns als ihre Opfer auswählen..."
Die Auffassung gefiel mir nicht.
Genau betrachtet war sie sogar lebensgefährlich, aber es gab nichts, was ich im Moment dagegen tun konnte. Er hatte dieses Unternehmen bezahlt und führte es. Der Einzige, der überhaupt verstand, was ich meinte, war Toric, der Ventorianer.
Die Kwinu-Barbaren dachten im Grunde ganz ähnlich wie Iaranos - mit dem Unterschied, daß die Götter, zu denen sie beteten und vor denen sie in Furcht oder Ehrfurcht erzitterten, andere Namen trugen.
Ich war froh, als wir Inuakatan hinter uns gelassen hatten und weiter flußaufwärts kamen.
Mit Iaranos ging etwas vor sich, das spürte ich sehr deutlich. Er wurde schweigsamer und in sich gekehrter. Seine Grundstimmung wahr nie besonders hell und freundlih gewesen, jedenfalls während der gesamten bisherigen Zeit unsere Reise nicht, aber nun wurde sie noch düsterer.
Nach einigen Tagen erreichten wir ein kleines Dorf von Flußfischern, daß einben schier unausprechlichen Namen trug.
Iaranos wies uns an, dort festzumachen.
Die Fischer bedachten uns mit mißtrauischen Blicken.
Einige von ihnen schienen bei Iaranos' Anblick von regelrechtem Entsetzen gepackt.
"Die Leute hier scheinen dich zu kennen!" meinte ich.
Er sah mich nachdenklich an und murmelte dann: "Dieses Dorf ist meine Heimat."
"Ihr seht nicht aus wie ein Fischer!"
"Ich bin auch schon lange keiner mehr. Ich war lange in den größeren Städten und bin dort zu Geld gekommen. Aber meine Wurzeln liegen hier."
*
Wir hatten das Schiff kaum festgemacht, da sahen wir uns einer Schar offensichtlich feindseliger Dorfbewohner gegenüber. Viele von ihren waren Bewaffnet und schon im nächsten Moment prasselte ein Hagel von Pfeilen und Speeren auf uns hernieder.
Einige von ihnen fuhren in das große Segel und rissen es ein, andere streckten zwei der Kwinu nieder und töteten sie.
Wir waren in einer denkbar schlechten Lage. Deckung bot das Schiff nur spärlich.
"Was wollen die von uns?" rief Toric völlig verständnislos. "Was haben wir diesen Leuten getan?"
Das war eine berechtigte Frage, aber wir mußten die Beantwortung wohl oder übel ersteinmal zurückstellen, um unser Leben zu retten.
Vermutlich war der einzige, der uns eine halbwegs befriedigende Antwort darauf geben konnte. Ich beschloß, ihn zu fragen, wenn wir diesem Schlamassel hier entgehen sollten.
Schließlich hatte ich wenig Lust, als schwimmender Kokon den Inu hinunterzutreiben - sofern unsere feinde uns diese Ehre bereit waren anzutun! Und wenn, dann wollte ich gerne den Grund dafür wissen!
Ein wütender Kampf entbrannte. Wir hatten keine Gelegenheit mehr, das Schiff loszumachen und davonzusegeln. Einige der Dorfbewohner waren an Bord gekommen und bedrohten uns.
Ich bin eigentlich kein Kämpfer.
Sofern es irgendeine andere Möglichkeit gibt, ziehe ich sie der Schlächterei vor - aber im Augenblick schien das nicht der Fall zu sein.
Ich sah Haß in ihren Augen, eine Art des fanatischen Hasses, wie sie mir noch nie begegnet war. Die Augen der Männer blitzten und waren weit aufgerissen, so als stünden sie unter Drogen.
Es war ein gespenstischer Anblick.
Einem getöteten Kwinu-Barbaren nahm ich das Schwert aus der erschlafften, leblosen Hand und wehrte mich, so gut ich konnte. Die Dorfbewohner steckten das Schiff in Brand. Bald fing das Segel Feuer und loderte hell auf.
Es knisterte und ich wußte, daß dies den unweigerlichen Verlust des Schiffes bedeutete - unserem einzigen Fortbewegungsmittel für die einzige Straße in diesem Teil Korosteens, dem Fluß Inu.
Ich sah hinüber zu Iaranos, der wie ein wildes Raubtier, das man in die Enge getrieben hat gegen seine Landsleute kämpfte. Er hieb unbarmherzig auf sie ein und stieß dabei dumpfe Schreie aus.
Die Übermacht war zu groß, wir hatten auf Dauer keine Chance, zumal uns der Boden bald buchstäblich unter den Füßen wegbrennen würde. Ein Pfeil sauste mir dicht über den Kopf, einem Speer konnte ich nur um Haaresbreite ausweichen...
Unsere Lage war verzweifelt und innerlich verfluchte ich bereits mein Schicksal - und Iaranos, der meiner Ansicht nach die Verantwortung für das trug, was jetzt geschah.
Ein Kämpfer nach dem anderen sank tot zu Boden, die Planken des Schiffes färbten sich rot.
Ich sah Toric, der an Land gesprungen war.
Er winkte mir zu, bevor er erneut von Leuten aus dem Dorf umringt wurde.
"Komm!" rief er.
Ich sprang ebenfalls hinüber. Einerseits, um Toric zu helfen, andererseits, weil mir klar war, daß meine Überlebenschancen an Land sicher nicht geringer waren, als auf dem brennenden Flußschiff.
Dann hörte ich ihre Rufe, wie Kriegsschreie ausgestoßen und mit fanatischer Inbrunst über die Lippen gebracht.
"Rama'ymuh! Rama'ymuh!"
Sie riefen Namen des Bringers der Kälte, wie Iaranos ihn genannt hatte.
Ich schauderte.
Mein Gefühl sagte mir, daß ich hier in etwas hineingezogen worden war, mit dem eigentlich nichts zu tun haben wollte. Es mußte etewas Alptraumhaftes, Furchtbares, Unausprechliches sein...
Aber im Augenblick verstand ich nicht das Geringste.
Und im Moment standen die Chancen nicht schlecht, daß man mir den Garaus machte, ohne daß ich je erfahren würde weshalb...
"Rama'ymuh!"
Mein Wissen über die Religion Korosteens reichte nicht aus, um zu verstehen, weshalb die wie rasend wirkenden Dorfbewohner jetzt den Namen des Gottes der Schlangen und Kriechtiere und des Bringers der Kälte auf den Lippen führten.
"In den Dschungel!" rief Toric. "Das ist unsere einzige Chance!"
"Was wird aus den anderen?"
Toric ließ sein Schwert kreisen. Sein Geschäft war das Schädelspalten und das verstand er vorzüglich, wie er mir in diesem Moment erneut vor Augen führte.
"Sollen sie zum Teufel gehen!"
Es war wie durch ein Wunder, das wir uns vor den Fischern aus dem Dorf retten konnten. Dichtes Pflanzenwerk und ein unglaubliches Getümmel aus den verschiedensten Formen von Leben umgab uns.
Wir hatten unsere Verfolger noch keineswegs abgeschüttelt.
Irgendwo in unserem Rücken hörten wir ihre Stimmen und die Schläge ihrer langen Messer, mit denen sie sich ihren Weg bahnten.
Sie waren im Vorteil, den sie waren an die Verhältnisse hier gewöhnt. Aber für Toric und mich war alles neu. Nie hatte ich zuvor auch nur einen Schritt vor die Tore einer korosteenischen Stadt getan oder hatte mich vom Ufer des Inu ins Landesinnere begeben!
Es gab kaum eine Möglichkeit sich zu orientieren. Wenn wir Pech hatten, dann liefen wir im Kreis oder direkt in die Arme unserer Verfolger. Mit den Schwerten mußten wir uns Weg durch das Grün bahnen. Überall bewegte sich etwas, seltsame, nie gehörte Geräusche ließen uns zusammenzucken.
Als die Nacht hereinbrach, hatte es keinen Sinn mehr, weiterzuziehen. Wir suchten uns also einen Platz zum Lagern.
Ein Feuer zu entzünden wagten wir nicht, um unsere Verfolger nicht unnötig auf uns aufmerksam zu machen.
So saßen wir dann in der Finsternis den Dschungels. Ein Rest des fahlen Mondlichts drang durch die Kronen der Urwald-Riesen.
"Ich frage mich, was diese Wilden auf einmal gegen uns hatten!" meine Toric. "Da muß doch etwas dahinterstecken!
Hast du diesen Glanz in ihren Augen gesehen!"
"Es war wie ein plötzlicher Anfall von Wahnsinn!" meinte ich. "Aber wodurch wurde er ausgelöst?"
Die Stunden gingen dahin, ohne daß wir in dieser Nacht viel Schlaf fanden. Immer wieder schreckten uns Bewegungen und Geräusche auf.In diesem wimmelnden Chaos aus purem Leben gab keine Nachtruhe.
Aber dann glaubten wir einemal - es muß bereits irgendwann nach Mitternacht gewesen sein - Schritte zu hören. Und das bedeutete für Toric und mich möglicherweise Lebensgefahr.
Wir schreckten hoch und griffen zu den Schwertern. Jeden Moment erwarteten wir den Angriff aus der Finsternis.
Wir sahen sich bewegende, zurückweichende Blätter und Stauden und hörten verschiedene Geräusche, die nicht in den Kanon dessen paßten, was bisher in diesem Urwald an unsere Ohen gedrungen war. Jemand bahgnte sich da seinen weg durch das grün.
Dann tauchte ein schwarzer Schemen auf. Kaum erkennbar, daß es sich um einen Menschen handelte.
Toric hob sein Schwert.
Glücklicherweise erkannte er die schattenhafte Gestalt noch rechtzeitig. Es war Iaranos.
"Wir hatten dich schon aufgegeben!" meinte ich. "Was ist aus den anderen geworden?"
"Tot!", meinte Iaranos düster.
"Alle?"
"Ich weiß es nicht, ich habe niemanden mehr gesehen! Ich hatte Glück, in den Dschungel zu entkommen! Eine weile haben sie mich noch verfolgt, abner ich bin hier geboren! Ich weiß, wie man sich im ewigen Grün verbergen kann!"
Nach kurzer Pause meinte ich: "Findest du nicht, daß du uns ein paar Antworten schuldig bist?"
"Du bist ein Kesrog. Dasselbe gilt für Toric!"
"Nein, diese Ausflüchte lasse ich jetzt nicht mehr gelten Iaranos!" beharrte ich. "Außerdem verbitte ich mir in zukunft, daß du mich mit diesem Wort belegst!"
"Es ist nuneinmal so", erwiderte er überheblich. "Ihr seid Kesrog und nichteinmal die Götter selbstr können daran etwas ändern!"
Mir gefiel das nicht und ich hatte das Gefühl, daß es Toric ebenso erging. Wir waren bereits einmal fast getötet worden, weil wir nicht wußten, in welche Sache wir uns ohne unser Wissen durch Iaranos hatten verwickeln lassen.
Und beim nächsten Mal hatten wir vielleicht weniger Glück.
Toric setzte ihm plötzlich die Schwertspitze an den Hals.
"Ich denke, es ist Zeit, daß du uns reinen Wein einschenkst!" meinte er. "Ich möchte meinen Kopf noch länger zwischen den Schultern tragen!
Iaranos lachte freudlos.
"Deinen Kopf?" "Du machst dir Sorgen um deinen Kopf?"
"Worum sonst?"
"Du solltest dich lieber um deine Seele sorgen, Ventorianer!"
Toric verzog den Mund.
"Ich glaube nicht daran, daß es soetwas gibt!"
"Ja", meinte Iaranos schneidend. "Weil du eben auch ein Kesrog bist!"
Toric verstärkte den Druck seiner Schwertspitze.
"Du hast die Wahl..." zischte er. "Mag sein, daß mit deiner Seele dann noch alles in Ordnung ist, aber deinen Kopf kannst du gleich in den Arm nehmen, wenn du nicht endlich anfängst zu reden!"
Iaranos schluckte.
"Gut", sagte er schließlich. "Warum nicht? Ich glaube nicht, daß ihr diese Geschichte versteht, aber ich kann sie euch ja trotzdem erzählen, wenn ihr sie unbedingt hören wollt!"
Iaranos setzte sich schwerfällig auf einen umgefallenen Baumstamm. Seine Augen wanderten in die Ferne, als ob er sich nach einem kaum mehr fassbaren Grund jenseits des unheimlichen Dschungels umblickte. Toric ließ das Schwert nur zögerlich sinken, jeder Muskel seines Körpers war bereit, auf die nächste Bedrohung zu reagieren. Ich selbst spürte die Kühle auf meiner Haut, ein treffendes Zeichen für die Dringlichkeit und Gefährlichkeit der Geschichte, die wir gleich hören würden.
"Die Geschichte von Rama'ymuh beginnt nicht mit meinem Leben und wird auch nicht mit meiner Erzählung enden. Sie reicht zurück in die tiefsten Abgründe der Menschheitsgeschichte, weiter als das Gedächtnis der Menschen im Stande ist, sich anzunehmen. Rama'ymuh ist kein Gott, wie ihr ihn kennt. Er ist eine Macht, eine Präsenz, die in den Wurzeln und im Herzen dieses Landes verwurzelt ist."
Seine Stimme war monoton, voller Resignation, aber auch durchdrungen von einer seltsamen Ehrfurcht. Meine Augen verengten sich, ich wusste schon jetzt, dass dies keine einfache Beichte werden würde.
"Ihr seht die toten Bäume und das faulige Wasser, die schwärenden Wunden in der Natur. Das ist das Werk von Rama'ymuh und seinen Anhängern. Sie glauben, dass durch Tod und Verfall neues Leben entstehen kann, doch was sie tatsächlich heraufbeschwören, ist nur Endlosigkeit und Verzweiflung."
Toric und ich warfen uns flüchtige Blicke zu, Kommunikationsmittel zwischen noch unvertrauten Verbündeten. Wir wollten wissen, wie tief Iaranos in diesen dunklen Kult verstrickt war.
Iaranos fuhr fort.
"Ich wuchs in dem Dorf auf, das ihr angegriffen habt. Meine Eltern waren einfache Fischer, aber tief in sich trugen sie die alte Religion. Eine Religion, die mit Blut und Ritualen über Generationen weitergegeben wurde. Als junger Mann wurde ich in diese Kulte eingeführt, aber ich flüchtete, weil ich nicht an die finsteren Mächte glauben wollte, von denen sie sprachen."
"Und warum dann jetzt?" fragte ich scharf, mein Misstrauen konnte ich kaum verbergen.
Iaranos seufzte schwer, als ob die Last der ganzen Welt auf seinen Schultern ruhte. "Weil ich einen Fehler gemacht habe. Ich habe an Ritualen teilgenommen, verbotene Rituale. Und ich habe einen Preis bezahlt, der über mein eigenes Leben hinausgeht."
Er zog ein antikes Amulett aus seiner Tasche, ein kleines, schwarzes Schlangenabbild. "Ich bin tatsächlich für den Tod vieler Menschen verantwortlich. Denn ich, und nur ich, habe den Bann gebrochen, der Rama'ymuh band. Durch ein Ritual, das längst in Vergessenheit geraten war."
"Das erklärt immer noch nicht, warum wir hier sind und warum dein eigenes Dorf versuchte, uns zu töten," drängte ich, meine Geduld am Ende.
"Ihr seid hier, weil der Gottkönig glaubt, dass nur durch meine Rückkehr und durch ein weiteres Ritual, das Gleichgewicht wiederhergestellt werden kann. Ihr seid meine Schutzwächter, ob ihr das wollt oder nicht. Und das Dorf... hat nicht versucht, uns zu töten. Sie haben versucht, mich aufzuhalten. Sie fürchten, dass meine Rückkehr nur weiteres Unglück bringen wird."
Plötzlich kam mir ein schrecklicher Gedanke. "Du wirst für ein weiteres Ritual gebraucht. Ein Ritual, das vielleicht noch unvorstellbarere Konsequenzen hat."
Iaranos nickte. "In Inuakatan gibt es eine alte Tempelanlage, versteckt im Dickicht des Waldes. Dort wird das Ritual stattfinden. Und glaubt mir, auch ich fühle mich dabei wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird."
Toric und ich saßen still da, jeder in tiefes Nachdenken versunken. Was wir tun sollten, war ungewiss, aber eins war klar: Wir hatten keine Möglichkeit nach Gunland oder Ventor zu fliehen. Wir waren gefangen in diesem Land der Götter und des Verfalls, und das einzige, was wir tun konnten, war weiterzumachen, mit Iaranos an unserer Seite.
Am nächsten Morgen brachen wir auf, uns der unheimlichen Bestimmung zu stellen, die uns erwartete. Der Dschungel nahm uns wieder auf, die riesigen Pflanzen und lautlosen Kreaturen wirkten plötzlich noch beklemmender. Je näher wir Inuakatan kamen, desto mehr verdichtete sich die unheilige Aura des Ortes.
Als wir schließlich die verfallenen Mauern von Inuakatan erblickten, ahnten wir, dass dort monumentale Dinge auf uns wachten. Der geheime Tempel Ragama'ymuhs lag im Herzen dieser Ruinenstadt, verborgen vor den Augen jener, die ihn entweihen könnten.
Ich dachte an das verfluchte Dorf, an die Geister der Fischer und an die Schreie von Toric, während wir weiter in das Herz der Dunkelheit vordrangen. Und irgendwo in meiner Seele fragte ich mich, ob es so etwas wie einen Weg zurück überhaupt noch gab.
Die Gebäude von Inuakatan erschienen uns wie riesige steinerne Schatten, die über eine längst verblasste Zivilisation wachten. Der Dschungel hatte viele von ihnen verschlungen, dennoch erinnerten die kolossalen Überreste an eine einst prachtvolle Stadt. Die Luft war dicht und schwer, gefüllt mit dem Geruch von feuchter Erde und dem leisen Summen unsichtbarer Insekten.
Iaranos führte uns durch die verwucherten Pfade, seine Bewegungen waren zielgerichtet und resolut. Jeder Schritt brachte uns näher an den geheimen Tempel und die düstere Vollendung seines Rituals.
„Hier entlang“, flüsterte Iaranos, das Amulett, das er trug, funkelte schwach im unbestimmten Licht. Toric und ich schlossen uns ihm an, unsicher, ob wir unser Vertrauen in diesen zerbrochenen Mann setzen sollten.
„Ihr solltet wissen, dass dies keine Reise ohne Gefahr ist“, sagte Iaranos über die Schulter. „Die Tempelpriester könnten uns aufhalten wollen. Sie sehen das Ritual als ketzerisch an und werden alles tun, um es zu verhindern.“
Toric nickte und lockerte mit einer leichten Handbewegung das Schwert an seinem Gürtel. „Dann sind wir vorbereitet.“
Es dauerte nicht lange, da standen wir vor dem versteckten Eingang des Tempels. Ein gewaltiges Tor aus schwarzem Basalt, daran Reliefs von Schlangen und Kriechgetier, das in einer unheiligen Prozession tanzte. Der Anblick war hypnotisch und doch voller latenter Bedrohung.
„Wir müssen hineingehen“, sagte Iaranos und legte eine Hand auf das kalte Gestein. „Hier drinnen wird sich unser Schicksal entscheiden.“
Mit einem tiefen Atemzug öffnete er das Tor. Ein lautloses Stöhnen begleitete das Echo der schweren Steine, die sich widerwillig öffneten. Dahinter lag eine tiefe Schwärze, die wir nur nach und nach mit unseren Fackeln erleuchten konnten. Der Temperaturunterschied war erheblich; drinnen war es kühl und feucht. Die Wände waren bedeckt von Moos und seltsamen, phosphoreszierenden Zeichen, die auf eine Technologie oder Magie hindeuteten, die längst vergessen war.
Ein langer Korridor führte in das Herz des Tempels. Die Stille war erdrückend, nur durchbrochen von unseren vorsichtigen Schritten und dem gelegentlichen Tropfen von Wasser. Es dauerte nicht lange, bis wir das zentrale Sanktuarium erreichten. Eine gewaltige Kammer öffnete sich vor uns, die Decke wurde von hohen Säulen getragen, in deren Nischen langsam bewegende Schatten zu lauern schienen.
„Das ist der Ort“, flüsterte Iaranos ehrfürchtig, und bevor ich ihn fragen konnte, was der nächste Schritt sei, erschien eine Gruppe von Gestalten aus dem Dunkel. Sie trugen Roben und Masken, die an furchterregende Wesen erinnerten. Ihre Augen schimmerten hinter den Masken gefährlich.
„Ihr habt nicht das Recht, das Ritual durchzuführen“, erklang eine kalte, abrupte Stimme. Einer der Priester trat vor. „Iaranos, du weißt, dass dies das Reich des Todes gefährden könnte.“
„Und du weißt, dass ich keine Wahl habe“, erwiderte Iaranos.
Ein Kampf brach aus. Toric und ich stellten uns neben ihn, unsere Waffen bereit. Die Priester waren kein Ziegel; sie kämpften mit Geschick und tödlicher Präzision. Jeder Schlag, jede Bewegung war eine tödliche Choreographie. Toric schrie vor Wut und Verteidigung, sein Schwert blitzte unaufhörlich in der düsteren Kammer. Mein Herz hämmerte in meiner Brust, als ich jedes bisschen meiner Kraft aufbrachte, um den Pfeilhagel und Klingenstößen auszuweichen.
Schließlich ergriff Iaranos die Initiative. Mit einer Mischung aus verzweifelter Entschlossenheit und unerklärlichem Mut warf er das Amulett in die Mitte des Raumes. Ein ohrenbetäubendes Knallen erfüllte den Tempel, gefolgt von einem blendenden Licht. Die Bewegung in der Kammer erstarrte für einen Moment, bevor plötzlich eine gespenstische Kälte einsetzte.
„Ihr Narren!“, schrie der Priester, bevor er zwischen den Schatten verschwand.
Iaranos fiel auf die Knie, sein Gesicht war aschfahl. „Das Ritual hat begonnen. Jetzt gibt es kein Zurück mehr.“
„Was hast du getan?“, krächzte ich, meine Stimme war brüchig vor Furcht und Erschöpfung.
„Ich habe Rama'ymuh heraufbeschworen“, sagte er stockend. „Und nur der Wille der Götter kann uns jetzt noch retten.“
Alles um uns herum begann sich zu verändern. Die Wände des Tempels schienen zu schwanken, sich zu verzerren, als ob die Zeit selbst verbogen wurde.
Dann, in der Mitte des Raumes, erschien etwas, das wie ein schwarzes Loch aussah, pulsierend mit unheimlicher Energie. Es war die Verkörperung von Rama'ymuhs Essenz, die kalte, unerbittliche Dunkelheit des Gottes der Schlangen und Kriechtiere.
„Wir müssen stark sein“, flüsterte Iaranos. „Unsere Prüfungen haben gerade erst begonnen.“
Und so standen wir da, am Rande des Unbekannten, unsere Schicksale für immer an den Fluch von Inuakatan gebunden.
Der markerschütternde Ausruf von Iaranos hallte noch in unseren Ohren, als sich die unheimliche Dunkelheit im Zentrum des Raumes manifestierte. Sie schien alles Licht zu verschlingen und eine Kälte auszustrahlen, die weit über das Physische hinausging – sie griff nach unseren Seelen und füllte sie mit Urangst.
Doch während uns diese unheimliche Präsenz überwältigte, verschwand Toric plötzlich in den Schatten und kehrte mit einer alten, staubigen Schrifttafel zurück. Ich wusste nicht, woher er sie hatte, aber sie schien von großer Bedeutung zu sein. „Das ist die Geschichte von Inuakatan“, flüsterte er, während wir uns alle um ihn versammelten und das Flackern unserer Fackeln das alte Pergament erhellte.
„Inuakatan war einst die strahlende Hauptstadt von Korosteen“, begann Toric, während seine Finger die verwitterten Zeilen nachfuhren. „Lange bevor der Gottkönig seinen Thron in Larasor errichtete, war dies das Zentrum der Macht und Spiritualität. Doch Inuakatan wurde nicht nur durch politische Intrigen und wirtschaftlichen Reichtum groß, sondern auch durch die Magie, die in den Tiefen dieses Landes verborgen lag.“
“Man lernt nie aus”, sagte ich.
„Viele Jahrhunderte war der Tempel von Rama'ymuh ein heiliger Ort, wo die Priester mit den Göttern kommunizierten und ihre schrecklichen Geheimnisse bewahrten. Rama'ymuh war der Gott des Wandels und des Todes, aber auch der Wiedergeburt. Er konnte sowohl sein Segen als auch seine Verdammnis über die Gläubigen bringen.“
Iaranos nickte wissend. „Die Priester nutzten die Kräfte von Rama'ymuh, um das Gleichgewicht zwischen Leben und Tod zu wahren. Sie führten Rituale durch, um das Land fruchtbar zu halten und den Fluss des Lebens aufrechtzuerhalten. Doch wie alle Mächte, die das Dunkle berühren, brachten sie auch Chaos und Verderben.“
„Was geschah dann?“ fragte ich, fasziniert und zugleich voll Grauen.
„Eines Tages“, fuhr Toric fort, „entdeckten die Priester ein Ritual, das zu gefährlich war, um es auszuführen. Es versprach die ultimative Macht über Leben und Tod – und somit auch die Wiedererlangung etlicher Seelen. Doch der Preis war unvorstellbar hoch. Niemand, soweit die Geschichte reicht, hat diese Kräfte je vollends kontrollieren können.“
Iaranos' Blick verhärtete sich. „Das Ritual, das ich durchführte, war ein verzweifelter Akt. Ich wollte etwas zurückholen, das ich verloren hatte – jemand, den ich verlorene Menschen wiedersehen wollte.“ Seine Stimme brach, doch er setzte entschlossen fort: „Dieses Verlangen, diese unstillbare Sehnsucht brachte den Fluch über mein Heimatdorf und mich selbst. Rama'ymuh erwachte aus seinem Schlummer und forderte seinen Tribut.“
„Aber warum hast du uns hierhergebracht?“ fragte ich. „Was hoffst du zu erreichen?“
„Ich wollte das Gleichgewicht wiederherstellen“, antwortete Iaranos düster. „Doch es ist klar, dass wir jetzt kämpfen müssen – nicht nur gegen die Priester, sondern gegen die Macht, die in diesem Tempel ruht. Wenn wir scheitern, wird Rama'ymuh die Welt mit seinem Hauch der Fäulnis überschwemmen.“
Unsere Fackeln warfen bedrohliche Schatten auf die uralten Reliefs an den Wänden: Szenen von Ritualen, Opfern und mythischen Gestalten, die in einem ewigen Tanz der Zerstörung und Wiedergeburt verstrickt sind. Diese uralten Bilder erzählten von einem endlosen Kreislauf, der alles verschlang, was er berührte.
„Die Magie dieses Tempels“, erklärte Iaranos weiter, „entzieht sich den gewöhnlichen Gesetzen der Natur. Sie ist tief in den Fundamenten der Welt verwurzelt und kann nur durch das richtige Ritual beeinflusst werden.“
Er führte uns zu einem steinernen Altar im Zentrum des Raumes, direkt vor der pulsierenden Dunkelheit. „Hier ist der Ursprung. Die Essenz von Rama'ymuh strömt durch diesen Punkt.“ Mit zitternden Händen zog er ein Artefakt hervor – ein reliquienartiges Symbol, das ein Schwurblatt und eine alte Machtrepräsentation in sich trug. „Nur wenn wir das Ritual hier vollenden, können wir vielleicht das Gleichgewicht wiederherstellen.“
„Was müssen wir tun?“ fragte Toric, offensichtlich besorgt.
„Ihr müsst mir Vertrauen schenken und alles tun, was ich sage“, antwortete Iaranos. „Das Ritual erfordert Opfer – nicht in Blut, sondern in Willen. Wir sind die Geißeln, die die Dunkelheit bannen können, indem wir unseren Geist und unsere Entschlossenheit vereinen.“
Langsam und mit einer Gebetsbewegung begann Iaranos, die Formel zu rezitieren. Die Atmosphäre im Raum änderte sich, als die Dunkelheit in der Mitte des Raumes auf Iaranos' Worte reagierte.
Während der Zauber wuchs, spürten wir eine unfassbare Energie, die unsere Körper durchströmte. Es war, als ob die Welt aus den Fugen geriet, und während der Raum zu atmen begann wie eine lebendige Kreatur, ein heiliges und unheiliges Wesen gleichermaßen, wussten wir, dass dies unser letzter Ausweg war.
Die Magie des Tempels arbeitete gegen uns, die Schatten wanden sich, formten Gestalten, die so real wie ungreifbar waren. Aber inmitten dieses Chaos‘ spürten wir, dass Iaranos‘ Worte unsere einzige Hoffnung waren.
Und so rezitierten wir mit ihm, unsere Stimmen vereinten sich in einer Symphonie des Widerscheins, der sowohl das Leben als auch den Tod herbeirufen konnte. Der Kampf war noch lange nicht beendet, aber in diesem Moment, in der uralten Kammer des Tempels, wagten wir zu hoffen, dass wir die Dunkelheit besiegen konnten, bevor sie uns verschlang.
Unsere Stimmen hallten von den hohen Wände des Tempels wider, während wir die uralten Worte rezitierten. Die Dunkelheit vor uns pulsierte weiterhin, als ob sie auf unseren Widerstand reagierte. Der Boden unter unseren Füßen schien zu vibrieren, und eine unbestimmbare Kraft zog an unseren Seelen, versuchte uns zu überwältigen.
Iaranos’ Stimme war ruhig und fest, auch wenn Schweiß ihm über das Gesicht rann. „Konzentriert euch,“ rief er, „lasst euren Geist nicht von der Dunkelheit verschlingen. Bleibt stark!“
Doch plötzlich hörten wir ein lautes Klirren – die Tür zum Tempel wurde aufgestoßen. Eine weitere Gruppe von Priestern stürmte herein, ihre Augen von fanatischem Feuer erfüllt. Sie trugen Waffen und ihre Absicht war klar: Sie wollten das Ritual stoppen und uns vernichten.
„Toric!“ schrie ich, während ich versuchte, die Balance zwischen der magischen Rezitation und dem bevorstehenden Kampf zu halten.
Toric reagierte sofort, er zog sein Schwert und stellte sich den Angreifern mutig entgegen. „Beschützt Iaranos!“ brüllte er, bevor er einen der Priester mit einem einzigen, kraftvollen Hieb niederstreckte.
Ich umklammerte mein eigenes Schwert fest und trat neben Toric. Die Dunkelheit in der Mitte des Raumes schien uns keine Pause zu gönnen, denn urplötzlich schossen aus ihr Schattengreifer hervor, die nach unseren Körpern zu greifen versuchten. Die Kälte, die von diesen Schatten ausging, war unerträglich.
„Was sollen wir tun, Iaranos?“ rief ich verzweifelt.
„Haltet sie ab, aber unterbrecht das Ritual nicht,“ antwortete Iaranos keuchend. „Ich brauche nur noch etwas mehr Zeit.“
Toric bewegte sich wie ein Sturm, sein Schwert wirbelte durch die Luft und schnitt durch die Priesterreihen, während ich damit kämpfte, die Schattengestalten von Iaranos fernzuhalten. Ein ständiger Balanceakt zwischen der Abwehr der Angreifer und der Fokussierung auf die dunklen Mächte, die uns bedrohten.
Die Priester schrien in einer fremden Zunge, beteten zu ihren Göttern und riefen Flüche auf uns herab. Einer von ihnen, ein würdevoller, älterer Mann, trat vor und warf ein seltsames Pulver in die Luft. Ein grünes Leuchten ging von ihm aus, und die Dunkelheit begann, sich noch aggressiver zu winden und leben zu erwachen.
„Das hört nicht auf!“ brüllte Toric über das Kampfgetümmel hinweg. „Wir müssen etwas tun!“
In diesem Moment bemerkte ich, dass das grüne Leuchten ein Muster in die Luft zeichnete – uralte Symbole, die auf die Struktur der Dunkelheit Einfluss nahmen. Und plötzlich verstand ich: Wir mussten diese Symbole stören.
„Ziele auf die Muster!“ schrie ich. „Das ist der Schlüssel!“
Gemeinsam stürzten wir uns auf die Priester mit einer wilden Entschlossenheit und verteilten Hiebe und Schläge, um die rituellen Formen zu unterbrechen. Das grün leuchtende Muster begann zu flackern und wankte unter unserem Angriff.
Iaranos nutzte die Gunst des Augenblicks, er sprach die finale Beschwörung aus, und die Dunkelheit begann, sich zurückzuziehen. Doch plötzlich, als ob sie ihre Niederlage witterte, bäumte sie sich ein letztes Mal auf – und aus ihr erschien die Gestalt einer gewaltigen, schlangenartigen Kreatur mit glühenden, roten Augen.
„Rama'ymuh“, keuchte Iaranos und klappte erschöpft zusammen. Das Ritual hatte ihn ausgelaugt, aber er hielt sein Amulett hoch in einem letzten Akt des Widerstands.
Die Kreatur brüllte, ein Schrei, der das gesamte Tempelgemäuer erzittern ließ. Toric und ich wussten, dass dies der finale Kampf war. Wir mussten uns dieser Bestie stellen, oder das Land würde für immer von der Dunkelheit Rama'ymuhs verschlungen werden.
Wir formierten uns für den Endkampf, unsere Waffen bereit. Toric griff an, während ich versuchte, Iaranos zu schützen und ihn wieder auf die Beine zu bekommen.
„Steh auf, Iaranos,“ flüsterte ich eindringlich. „Wir brauchen dich.“
Mit einem letzten Aufbäumen seiner Kräfte, richtete sich Iaranos auf und rief die abschließenden Worte des Rituals. Ein Lichtstrahl durchbrach die Dunkelheit, zielte direkt auf das Wesen und brachte es zum Zucken und Winden.
„Jetzt, Toric! Mach es fertig!“ rief ich und warf mich mit all meiner verbliebenen Kraft in den Kampf gegen die Kreatur. Während Toric die Spitze seines Schwertes in ein lockendes Auge der Bestie stach, erzitterte der ganze Raum, als die Dunkelheit nachließ und sich schließlich auflöste.
Mit einem letzten, monströsen Gebrüll verschwand Rama'ymuh, und das lichtdurchflutete Amulett fiel zu Boden, zerbrach in tausend Stücke. Es war vollbracht.
Wir sanken auf die Knie, geschlagen, aber nicht besiegt. Die Ruhe, die sich nach dem Kampf über den Tempel legte, war fast unwirklich, ein friedlicher Kontrast zu dem tobenden Chaos, das diesen Ort zuvor beherrscht hatte.
Iaranos’ Gesicht zeigte eine Mischung aus Schmerz und Erleichterung. „Es ist vorbei“, murmelte er kaum hörbar.
Aber wir alle wussten, dass nichts wirklich vorbei war. Wir hatten nur eine Schlacht gewonnen, während der Krieg noch tobte. Doch für diesen Moment waren wir Krieger, vereint durch das Übernatürliche, gestärkt durch unsere Entschlossenheit und ein bisschen durch das Wunder, einander gefunden zu haben.
Und so traten wir, erschöpft, aber lebendig, aus dem Tempel von Inuakatan hinaus. Wir hinterließen die Dunkelheit hinter uns, aber ihre Berührung würde niemals ganz verschwinden – sie war jetzt ein Teil von uns und unser unauslöschliches Erbe.
Die klaffende Stille der Nachkriegszeit umfing uns, als wir den Tempel hinter uns ließen. Die Dunkelheit, die uns begleitet hatte, existierte noch immer in unseren Herzen und Köpfen, doch jetzt schien sie über diese Mauern hinaus gebannt zu sein. Die wimmelnden Ranken und das dichte Unterholz des Dschungels nahmen uns wieder auf, wie ein altes, vertrautes Übel, das niemals verschwindet, sondern nur latent ruht.
„Wie geht es jetzt weiter?“ fragte Toric und rieb sich seinen schmerzenden Arm. Seine Augen suchten die meinen, als ob in ihnen die Antwort zu finden sei.
Ich wandte mich zu Iaranos, der für einen Moment die Augen schloss, als ob er die Hitze des Kampfes und das Gewicht unserer Fragen spüren konnte. „Wir müssen zurück nach Larasor,“ sagte er schließlich mit krächzender Stimme. „Der Gottkönig muss erfahren, was hier geschehen ist. Nur er kann sicherstellen, dass das Gleichgewicht erhalten bleibt.“
„Aber was wird dann aus uns?“ fragte ich und fühlte, wie die Nachwehen der körperlichen und seelischen Anstrengung an mir zogen.
„Ihr habt Ehre und Ruhm verdient,“ antwortete Iaranos leise. „Ihr habt geholfen, die Dunkelheit zu verbannen. Das Königreich Korosteen wird das nicht vergessen.“
Toric und ich tauschten skeptische Blicke aus. Ruhm und Ehre waren das Letzte, worauf wir sofort schielten. Überleben war unser Hauptziel gewesen, und irgendwie hatten wir es geschafft, dieses Ziel zu erreichen. Aber was würde es uns kosten? Was war der Preis, den wir in den kommenden Tagen, Wochen und Jahren zahlen mussten?
Die Reise zurück nach Larasor war eine Prüfung für sich. Der Dschungel zeigte sich in seiner grimmigsten Seite, und doch zog uns eine unsichtbare Kraft voran. Die Geschichten und Mythen von Korosteen hatten uns fest in ihre Fänge genommen, und etwas sagte mir, dass unsere Schicksale hier noch nicht beendet waren.
Unter dem Baldachin der uralten Bäume durchwanderten wir das Dickicht, unsere Schritte waren getrieben von der Hoffnung auf eine bessere, sichere Zukunft, auch wenn wir alle wussten, dass wir für immer in die düstere Geschichte dieses Landes eingewoben sein würden.
Tage später erreichten wir die Küstenstadt Larasor. Die Straßen waren voller Leben, doch eine spürbare Unruhe lag in der Luft. Vielleicht hatten die Menschen etwas von unseren Taten im Unterbewusstsein gespürt oder die Wasser des Inu hatten ihnen die Nachrichten herangetragen.
Der Palast des Gottkönigs erhob sich majestätisch über der geschäftigen Stadt, sein Anblick vermittelte Macht und eine gewisse Grimasse des Unantastbaren. Iaranos führte uns durch die wimmelnden Straßen, vorbei an Basaren und Märkten, hinauf zum königlichen Anwesen. Jede Stufe, die wir nahmen, verbannte die Schatten vergangener Schlachten ein weiteres kleines Stück aus unseren Seelen.
Wir wurden von königlichen Wachen empfangen und direkt in den großen Saal geführt, wo der Gottkönig auf seinem Thron saß. Er war ein imposanter Mann mit einer Aura, die ein Reich beherrschen konnte. Seine Augen funkelten wissend, als er uns ansah.
„Ihr seid zurückgekehrt,“ sagte er in einer tiefen, hallenden Stimme. „Was ist aus der Dunkelheit von Inuakatan geworden?“
Iaranos trat vor und kniete nieder. „Eure Hoheit, die Dunkelheit ist gebannt. Rama'ymuh ist versiegelt, doch die Kräfte, die wir entfesselt haben, sind noch nicht vollständig erloschen. Wir müssen wachsam bleiben.“
Der Gottkönig nickte bedächtig, sein Blick fiel auf Toric und mich. „Und diese Fremden? Was ist ihr Anteil an dieser Geschichte?“
Iaranos erhob sich langsam. „Sie sind keine Fremden mehr, sondern Helden. Ohne ihre Hilfe hätte ich es nicht geschafft. Ihr Mut und ihre Entschlossenheit verdienen höchsten Respekt.“
Eine Weile herrschte Stille, dann hob der Gottkönig die Hand. „Ihr sollt belohnt werden,“ sagte er schließlich. „Und doch gibt es noch viel zu tun. Korosteen braucht Männer wie euch, die bereit sind, sich den Dunkelheiten der Vergangenheit zu stellen und das Reich in eine sicherere Zukunft zu führen.“
Der Gottkönig stand auf, und der Raum schien mit reiner Energie erfüllt zu werden. „Ihr sollt meine Berater sein, meine Krieger. Mit eurer Stärke und eurem Wissen werden wir die alten Flüche überwinden und unsere Heimat stärken.“
Die Worte durchdrangen mich, und ich wusste, dass unsere Reise noch nicht zu Ende war. Sie hatte gerade erst begonnen. Die alten Götter und düsteren Mächte sollten nicht über unser Schicksal herrschen. Wir mussten herausfinden, was als nächstes kam und wie wir am besten damit umgehen würden.
Toric und ich tauschten einen entschlossenen Blick. Wir waren bereit für die nächste Herausforderung.
An diesem Punkt entließ uns der Gottkönig majestätisch und beauftragte seine Boten, uns Quartiere in der königlichen Festung zuzuweisen. Wir zogen uns zurück, um die Geschehnisse in uns nachzuwirken und über unsere Zukunft nachzudenken.
Doch selbst in der Geborgenheit der königlichen Mauern konnten wir die Ereignisse von Inuakatan nicht abschütteln. Und so beschlossen wir, dass wir nicht nur passive Ratgeber sein würden – wir wollten aktiv bleiben, gegen die finsteren Kräfte arbeiten, die Korosteen bedrohten.
Denn wir wussten, dass die Dunkelheit niemals endgültig besiegt war. Sie schlummerte nur, wartend auf eine Chance, erneut zu erwachen. Und wenn dieser Tag kamen, waren wir bereit, uns ihr entgegenzustellen.
So begann ein neues Kapitel in unseren Leben – ein Kapitel voller Abenteuer, Herausforderungen und bewusster Bereitschaft, die Dunkelheit immer wieder zu bekämpfen.
Die Reise war noch lange nicht vorbei.
Es war der Morgen nach unserer Audienz beim Gottkönig. Die aufziehende Sonne tauchte die Stadt Larasor in goldenes Licht, als ob sie uns für das, was kommen würde, stählen wollte. Toric und ich saßen im stillen Hof unserer Quartiere, unschlüssig über die nächsten Schritte. Doch diese Momente der Ruhe waren nur die Ruhe vor dem Sturm.
Ein wenig abseits, im Schatten eines hohen Palisadenbaumes, erschien plötzlich Iaranos. Sein Blick war düsterer als jemals zuvor, und eine tiefe Sitzung zeichnete sich auf seiner Stirn ab. „Wir müssen sofort zum König,“ sagte er hastig. „Etwas Schreckliches ist passiert.“
„Was ist los?“ fragte ich, sprang auf die Füße und fühlte, wie kalter Schauer über meinen Rücken lief.
„Die Dunkelheit“, murmelte Iaranos. „Sie hat sich verbreitet. Es gibt Berichte über seltsame Vorkommnisse entlang des Flusses Inu. Der Fluch ist nicht gebannt, er hat sich nur verlagert.“
In Eile rüsteten wir uns und folgten Iaranos zurück zum Palast. Die vertrauten Marmorsäulen und kunstvoll verzierten Wände spiegelten uns nicht den Komfort wider, den sie sonst boten. Unruhe schwang in der Luft mit und Spannung drang in jede Ecke des königlichen Gemachs.
Schon während wir den Thronsaal betraten, sahen wir die ernsten Gesichter der Ratgeber und Generäle des Gottkönigs. Die Atmosphäre war geladen.
„Meine Berater,“ begann der Gottkönig ohne Vorrede. „Wir haben neue Berichte erhalten – seltsame Geschehnisse entlang des Inu. Pflanzliche Verfärbungen deuten auf das Vorhandensein dunkler Magie hin, und Menschen berichten von seltsamen Albträumen. Diese Phänomene deuten darauf hin, dass der Fluch doch nicht gebrochen wurde.“
„Aber wir haben das Ritual erfolgreich beendet,“ rief Toric. „Wie kann das möglich sein?“
„Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als wir verstehen,“ sagte der Gottkönig langsam. „Die alten Kräfte, die wir heraufbeschworen haben, können sich auf eine Weise manifestieren, die selbst für die erfahrensten von uns rätselhaft bleiben.“
Plötzlich stürzte ein Bote mit panischem Gesichtsausdruck herein und kniete keuchend vor dem Thron. „Mein König! Die Entdeckung ist unvorstellbar. Eine uralte Schlangenstatue im Tempel von Inuakatan hat sich aktiviert. Sie spuckt schwarze Flüssigkeit in den Fluss Inu. Diese Flüssigkeit scheint eine Quelle der Dunkelheit zu sein.“
„Die Statue von Rama'ymuh,“ flüsterte Iaranos auf eine Weise, die einen Knoten in unserem Bauch bildete.
„Dann haben wir keine Zeit zu verlieren,“ sagte der Gottkönig fest. „Wir müssen die Statue zerstören, bevor sie das ganze Land mit ihrem Fluch infiziert.“
„Aber wie?“ fragte ich. „Wir haben das Ritual bereits durchgeführt und sind gescheitert.“
„Nicht gescheitert,“ korrigierte Iaranos. „Vielleicht war es nur unvollständig. Wir könnten etwas übersehen haben, oder vielleicht gibt es noch einen letzten Schritt, den wir gehen müssen.“
„Wir werden es herausfinden müssen“, entschied der Gottkönig. „Ihr seid die wichtigsten Schlüssel, um dieses Rätsel zu lösen. Ich vertraue darauf, dass ihr, mit euren Erfahrungen und eurem Mut, diese Aufgabe erfüllen werdet.“
Unsere Mission war klar: Zum Tempel zurückzukehren und die Quelle der Dunkelheit zu zerstören oder zu bannen – ein Unternehmen, das noch gefährlicher werden könnte als alles, was wir zuvor erlebt hatten.
Die Vorbereitungen wurden schnell getroffen, und schon bald waren wir wieder auf dem Weg den trügerischen Fluss Inu hinauf, diesmal auf einem Kriegsschiff, begleitet von einem Trupp ausgewählter Krieger und Magier des Gottkönigs. Die Luft war schwer, und jeder Atemzug war ein Kampf gegen den fauligen Geruch des fernen Fluchs.
Während wir den Fluss durchquerten, grübelte ich über die letzten Worte des Gottkönigs nach und über den bevorstehenden Kampf gegen die Dunkelheit. Die Besatzung um uns herum war angespannt, aber gut vorbereitet. Jeder Einzelne von ihnen spürte die Last der Verantwortung, die auf unseren Schultern lastete.
Tagelang schlichen wir uns vorsichtig durch die unwirtlichen Reiche des Flusses Inu. Die Dunkelheit, die wir zu vermeiden hofften, zeigte sich immer wieder als unheilvolle Präsenz. In den Nächten hörten wir unheimliche Geräusche, Schreie, die durch die Schatten schallten, und sahen flüchtig Gestalten, die unsere Sinne täuschten.
Schließlich erreichten wir den Tempel von Inuakatan. Er war nun noch grimmiger und gefährlicher als bei unserem ersten Besuch. Die Schatten wirkten tiefer, und die Luft schien von der Gegenwart des Bösen zu vibrieren.
Mit unseren neuen Verbündeten erhoben wir uns erneut gegen die Dunkelheit. Toric und die Krieger kämpften unermüdlich gegen Horden von Schwarzschattengestalten, die aus der Tiefe des Tempels hervorströmten. Die Magier versuchten, Barrieren zu errichten und die angreifenden Mächte der Dunkelheit zurückzudrängen.
Iaranos konzentrierte sich ganz auf die uralte Schlangenstatue, die nun pulsierte und eine schattenhafte Substanz spie aus, die sich über den Boden kroch. „Dieses Mal gibt es keinen Fehler“, sagte er mehr zu sich selbst als zu uns. Er begann erneut zu rezitieren, während er uralte Schriftzüge in der Nähe der Statue entzifferte.
Der Kampf tobte weiter, und wir setzten alles daran, die Dunkelheit in Schach zu halten. Mein Schwert war ein ständiges Flüstern in meinen Händen, und trotz der aussichtslosen Situation spürte ich, wie uns der Wille nicht verließ.
„Jetzt!“ rief Iaranos schließlich. „Bündelt eure Kräfte!“
Wir formierten uns in einer letzten, verzweifelten Abwehrhaltung. Die Magier kanalisierten ihre Kräfte, Toric und die Krieger schlossen ihre Reihen, und wir alle gaben unseren letzten Funken Hoffnung in diesen finalen Angriff.
In einem unbeschreiblichen Moment aus Licht und Schatten, von geisterhaftem Schrei und unbestimmbarer Macht, erlosch die schwarze Substanz. Die Statue zerbröckelte zu Staub und die Dunkelheit schwand endgültig.
Als das Licht zurückkehrte und den Raum erfüllte, wussten wir, dass wir es geschafft hatten. Aber zugleich wussten wir auch, dass wir von nun an immer wachsam sein müssten. Die Dunkelheit war besiegt, aber die Narben blieben. Wir waren gezeichnet, mit dem Wissen um die Macht, die in den Tiefen dieser Welt lauert.
Gebettet in den Strahlen der wiederkehrenden Sonne spiegelten unsere Augen den neuen Anfang wider. Der Fluch von Inuakatan war gebrochen, aber unsere Aufgabe, die Balance zu wahren, hatte erst begonnen.
Die Rückkehr nach Larasor verlief in tiefer Stille. Der Fluss Inu, einst ein Symbol für den Fluch und die Dunkelheit, schien jetzt ein winziger Hauch von Reinheit zurückgewonnen zu haben. Das besiegte Böse ließ eine friedliche Aura zurück, aber die Narben des erlebten Schreckens verblieben auf unseren Seelen.
Als wir den Hafen erreichten, wurden wir von jubelnden Menschen empfangen. Ein Meer von Augen sah auf uns, mit einem Ausdruck von Dankbarkeit, Hoffnung und Neugierde. Toric und ich tauschten einen flüchtigen Blick aus, bevor wir das Schiff verließen. Neben uns stand Iaranos, der zwar erschöpft, aber mit einem Anschein von Zufriedenheit lächelte.
Der Gottkönig erwartete uns bereits im Palast. Seine imposante Gestalt wirkte zufrieden, aber auch nachdenklich, als er uns im Thronsaal empfing.
„Ihr habt das Unvorstellbare geschafft“, sprach er und bedeutete uns, näherzutreten. „Ihr habt dem Land Korosteen eine große Last genommen. Euer Mut und eure Entschlossenheit sind bewunderungswürdig.“
Er erhob sich von seinem Thron und ging auf uns zu. „Ich habe beschlossen, euch zu ehren – nicht nur mit Worten, sondern auch mit der Verantwortung, die wir alle benötigen. Korosteen braucht Führer, die die Dunkelheit bezwungen haben und die fähig sind, das Licht zu wahren.“
Toric, Iaranos und ich standen nebeneinander, als der Gottkönig uns den Mantel der Ehre umlegte. „Meine Krieger und Berater, die neuen Hüter von Korosteen – das Licht der Götter möge euch führen und die Dunkelheit fernhalten.“
Spätere Feierlichkeiten waren ausgelassen, doch in unseren Herzen blieb ein Gefühl von Verantwortung. Die Menschen sahen in uns Helden, aber wir wussten, dass wir nun zu Wächtern über ein fragiles Gleichgewicht geworden waren, das stets zu kippen drohte.
Die folgenden Monate wurden zu einer Zeit der Stabilität und des Wiederaufbaus. Korosteen erweckte den Eindruck eines Landes, das sich von der Umklammerung der Dunkelheit befreit hatte. Toric und ich wurden in den inneren Kreis des Gottkönigs aufgenommen, wo wir Pläne schmiedeten, um das Land zu sichern und Wohlstand zu fördern.
Die Bewohner von Larasor betrachteten uns nicht mehr als Fremde, sondern als ihre eigenen Leute. Wir halfen, neue Allianzen zu schmieden, Bedrohungen frühzeitig zu erkennen und die Geschicke des Reiches in ruhigere Bahnen zu lenken.
Eines Abends, während wir auf dem Balkon des Palastes standen und über die erleuchtete Stadt blickten, ließ Toric leise seine Gedanken freien Lauf. „Auch wenn die Dunkelheit verschwunden ist, spüre ich, dass wir immer wachsam bleiben werden müssen. Es gibt noch viele Geheimnisse, die dieses Land birgt, viele alte Mächte, die sich vielleicht eines Tages erheben könnten.“
„Du hast recht,“ antwortete ich, den Blick fest auf die fernen Hügel gerichtet. „Aber solange wir das Licht in unseren Herzen tragen und zusammenstehen, haben diese Mächte keine Chance gegen uns.“
Iaranos trat zu uns und fügte hinzu: „Es war niemals die Dunkelheit, die uns definierte, sondern unser Wille, gegen sie zu kämpfen. Wir haben in Inuakatan gelernt, dass selbst die tiefsten Schatten nichts gegen das vereinte Licht ausrichten können.“
Und so standen wir gemeinsam dort, gestärkt durch unsere Erlebnisse und entschlossen, Korosteen eine leuchtende Zukunft zu bereiten. Es war ein neues Kapitel, eine Zeit des Erwachens und der Hoffnung, die uns auf eine Reise führte, die voller Möglichkeiten und Herausforderungen war.
Aber eine Sache war sicher: Ob es gegen Dunkelheit oder Licht ging, Korosteen hatte jetzt Hüter, die für Frieden und Gerechtigkeit eintraten. Und wir wussten, dass dies unser wahrer Kampf war – nicht gegen Schatten und Schrecken allein, sondern für die sichere und leuchtende Zukunft unserer geliebten Heimat.
Damit hatte unsere Reise einen neuen Anfang gefunden und wurde zur Legende, die man sich in Generationen erzählen wird. Korosteen war und blieb unser Schicksal, unser Zuhause und das Licht, das uns immer weiter führte, unabhängig von der Dunkelheit, die uns einst bedroht hatte.
Die Festen des Palastes von Larasor hallten wider vom Klang ausgelassener Feierlichkeiten. Der Gottkönig hatte zu Ehren des Friedensfestes ein Bankett veranstaltet, bei dem die gesamte adelige Gesellschaft und ihre engsten Berater zusammenkamen. Die Halle war erfüllt von leuchtenden Farben, der Duft exotischer Speisen wehte durch den Raum, und das sanfte Murmeln der Gespräche verwebte sich mit dem Klang der Musik.
Doch plötzlich verstummte die Musik, und eine atemlose Stille erfüllte den Raum. Alle Augen wanderten zu den gewaltigen Portalen, die sich lautlos öffneten. Eine Frau von überirdischer Schönheit schritt herein. Ihre Haut schimmerte wie Mondlicht, und ihre tiefen, durchdringenden Augen wirkten wie Sterne am Nachthimmel. Sie trug nichts außer einem magischen Halsband, das in allen Farben des Regenbogens funkelte und ihre makellose Gestalt von geheimnisvollen Runen umhüllte.
Sofort ergriffen Staunen und Ehrfurcht die Anwesenden. Der Bann, den ihre Anwesenheit ausstrahlte, ließ alle in den Raum gebannt und doch auch verwirrt zurück. Es schien, als hätte die Zeit selbst ihren Atem angehalten.
„Wer ist sie?“ flüsterte Toric ehrfürchtig, während die nackte Frau in einer geschmeidigen Bewegung weiter durch den Raum schritt. Ihre vollen Brüste wogten bei jeder ihrer Bewegungen, ihr Gang war ein Sinnbild der Anmut. „Und welchen Zweck hat sie hier?“
Der Gottkönig erhob sich, seine Augen funkelten vor Interesse und Misstrauen zugleich. „Lady Amara“, verkündete er mit seiner tiefen, resonanten Stimme. „Es ist lange her, dass unsere Wege sich kreuzten.“
Die Frau lächelte sanft und verneigte sich leicht vor dem Thron. „Ich bin wie immer eure ergebene Sklavin, Gottkönig. Es ist eine Ehre, wieder in eurem erhabenen Reich zu weilen.“
Iaranos, der seit dem Ritual des Tempels stets wachsam gewesen war, trat vor. „Amara“, sprach er mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Vorsicht in seiner Stimme. „Das Halsband, das du trägst, ist nicht von dieser Welt. Es hat eine Macht, die selbst die erfahrensten Magier in die Knie zwingen könnte.“
Amara nickte. „Das ist korrekt, Iaranos“, antwortete sie sanft. „Dieses Halsband ist ein Artefakt aus den ältesten Zeiten, ein Relikt, das die Macht des Lichts und der Dunkelheit in sich trägt. Es gehört zur alten Magie von Korosteen, und ich trage es, um mein Volk zu schützen und zu sichern.“
„Welches Volk?“ fragte ich vorsichtig, die Spannung in der Luft war fast greifbar.
„Mein Volk, die Wächter des Verborgenen“, erklärte sie sanft. „Wir haben uns seit Jahrhunderten vor der Welt zurückgezogen, bewahrend und schützend, in der Hoffnung, dass das Gleichgewicht der Kräfte beibehalten werde.“
Sie machte eine kurze Pause und sah sich um. „Aber ich komme nicht ohne Grund hierher. Etwas Dunkles und Uraltes erwacht erneut, und ich fühle, dass die Zeit gekommen ist, unsere Kräfte zu vereinen, um dies zu verhindern.“
Die Anspannung im Raum war spürbar, und ich konnte sehen, wie die Gesichter der Anwesenden zu einer stummen Vereinbarung kamen.
„Wovon sprichst du?“, fragte der Gottkönig forschend. „Was ist diese Bedrohung, die du uns mitteilst?“