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Eine ganz andere Seite habe Pater G, dem 9-jährigen Ministranten, gezeigt, als er ihn eines Tages alleine auf sein Zimmer genommen habe. Ich wusste gar nicht, was da passiert. Dass der in die Hose fasst, was er macht. Da hat er doch was von von Ehevorbereitung erzählt. Und nun? Dass da Schwierigkeiten sind für den Mann, wenn er eine Vorhautverengung hat und dass das schmerzhaft ist und und und. Die Zahlen aus der bislang größten Studie über Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland seit 1946 sorgen für Aufsehen. 3677 minderjährige Opfer. Mindestens 2/3 von ihnen unter 13 Jahre. 1670 klerikale Täter. Und das ist wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs. Der mutmaßliche Täter, Pfarrer M. Aus Freisen. Thomas kannte ihn gut als Messdiener in der Gemeinde. Er wollte ja jedes Jahr neue Jungs nur Jungs gewinnen, für Messdiener zu werden. Wir haben auch damals Anfragen von Mädchen, aber die hat er abgelehnt. Eines Tages habe er Thomas, damals 15, eingeladen, mit ihm alleine zu verreisen. Das Ziel Alpenbach im Schwarzwald. Thomas hätte mit einer Übernachtung in der Jugendherberge gerechnet, wie auf bisherigen Gruppenreisen. Doch der Pfarrer habe sie beide in einer Ferienwohnung einquartiert. Wegen der Fasnacht habe man Bier getrunken, mehrere Flaschen über den Abend. Dann, erzählt uns Thomas, sei es in der Ferienwohnung zu einem sexuellen Übergriff gekommen,
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Seitenzahl: 130
Gottes vergessene Kinder
Und die Kirche immer schön heilig bleibt. Verschwiegene Taten.
Herbst 2018 Vorstellung einer aufsehenerregenden Studie über sexuellen Missbrauch in der Kirche. Ich schäme mich, wenn ich das sehe. Heute Morgen wieder. Die Wucht auch dessen, was in aller Nüchternheit auf den Tisch gelegt wird. Es ist die Wucht tausender Fälle von sexuellem Missbrauch, begangen durch Priester an Kindern und Jugendlichen. An Menschen wie Jürgen, die lange geschwiegen haben und in diesem Film erstmals offen über ihr Martyrium sprechen. Ich kann mich an über 50 Mal erinnern, und es ging etwa eineinhalb Jahre.
Die Verbrechen, oft jahrzehntelang vertuscht, kommen ans Licht und erschüttern die Kirche. Auch jene jungen Männer, die bald zu Priestern geweiht werden. Nächste Frage Wie hilft man der Kirche am besten? Indem man dasteht und die Klappe hält? Oder indem man einfach Missstände benennt, die sie hat? Im Februar 2019 treffen sich die Spitzen der Kirche aus der ganzen Welt im Vatikan. Ein Krisengipfel.
Doch was ist von diesem Treffen zu erwarten? Jürgen hat immer gedacht, er wisse genau, was in seinem Leben passiert sei. Mit Frau und Kind lebte er in einem beschaulichen Ort am Bodensee. Der ehemalige Kriminalbeamte war ein Spezialist. Erst Wirtschaftskriminalität, später Internetermittlungen. 2006 änderte sich sein Leben schlagartig. Ich hatte immer Probleme mit Migräne und war deshalb in einem stationären Klinikaufenthalt. Und dort kam dann im Rahmen einer Therapie. Verschiedene Bilder hoch und es hat sich dann raus. Kristallisiert, dass da ein sexueller Missbrauch in meiner Kindheit war. Für mich war. Das 40 Jahre lang komplett weg. Und wenn Sie mir das. Im Rahmen einer Vernehmung als Polizeibeamter gesagt hätte, hätte ich gesagt Das glaube ich Ihnen, das geht nicht.
Es geht. Die Erinnerungen führten ihn zurück in die Zeit, in der Jürgen Ministrant war. In der Gemeinde Birnau wirkte damals Pater Gregor Müller. Der Barockbau am Bodensee liegt in der Zuständigkeit der Erzdiözese Freiburg.
Die Seelsorger sind Ordenspriester aus Österreich. 1966 kam Pater Gregor Müller nach Birnau. Es waren alles alte Patres. Und dann kam plötzlich so ein Junger. Die Frauen habe sich drum gerissen. Zu wem kommt er mittags zum Kaffee? So erlebte ihn die Gemeinde.
Eine ganz andere Seite habe Pater Gregor, dem 9-jährigen Ministranten, gezeigt, als er ihn eines Tages alleine auf sein Zimmer genommen habe. Ich wusste gar nicht, was da passiert. Dass der in die Hose fasst, was er macht. Da hat er doch was von von Ehevorbereitung erzählt. Und nun? Dass da Schwierigkeiten sind für den Mann, wenn er eine Vorhautverengung hat und dass das schmerzhaft ist und und und.
Aber er kann das heilen. Auch heut, wenn jetzt die Bilder kommen, ich sehe immer das Fenster und ich denke, wie ich da raus komme. Mehr als 50 Mal sei er in den folgenden Jahren missbraucht worden, erzählt Jürgen. Es habe erst geendet, als Pater Gregor im August 1968 plötzlich aus Birnau verschwand.
Warum? Nach unseren Recherchen soll er wegen sexueller Übergriffe auf Kinder aufgefallen sei.
Sein Heimatkloster beorderte ihn zurück nach Mehrerau in Österreich. Und dann? Aus der Ermittlungsakte des Landeskriminalamtes Vorarlberg erfahren wir Pater Gregor wurde im Gymnasium des Klosters eingesetzt als Lehrer.
Laut Akte wurde er dort schon bald wieder übergriffig. Sogar von Selbstmordversuchen von Schülern ist die Rede. Der Ordensleiter versetzt Pater Gregor erneut nach Öberg in Frankreich. 13 Jahre Später wird er als Seelsorger in Baden in der Schweiz eingesetzt.
Von den Übergriffen dringt nichts an die Gläubigen. Als starker Mann Gottes predigt Pater Gregor weitere 39 Jahre. Das einzige Buch, das man lesen soll, ist die Bibel.
1987 kehrt Pater Gregor sogar ein zweites Mal nach Bernau zurück, wo er schon in den Sechzigern aufgeflogen sein soll. Wie konnte das passieren? Die zuständige Abtei Wettingen, Mira Rau, teilt uns mit. Vorhandenes Wissen über sexuellen Missbrauch wurde von den Verantwortlichen nicht weitergegeben. Wir fragen auch beim Erzbistum Freiburg nach.
Schließlich fällt die Gemeinde Birnau in deren Zuständigkeit. Entscheidende Stellen hier im Ordinariat wussten gar nicht, dass er tätig war. Und so kann das, so kann man das erklären. Das heißt, da ist ein Priester tätig im Gebiet des Erzbistums, und das Erzbistum weiß gar nicht, dass er da ist. Genau so war das zumindest in vergangenen Zeiten. 2006 erhält Jürgen einen bemerkenswerten Brief.
Er stammt von seinem mutmaßlichen Täter, zu der Zeit Seelsorger in Schübelbach in der Schweiz. Handschriftlich entschuldigt sich Pater Gregor und bittet Jürgen um Vergebung und Verzeihung für seine Jugendsünden. Am Ende signiert er unter Tränen der Reue. Es war für mich nicht ganz schlüssig und ich wollte dann im nächsten Schritt einen Treffer mit dem Täter und wollte ihm ins Gesicht sagen, was für ein Dreckschwein er ist und wie er mir kam.
Das war so Schleimig. So, er hat mich, obwohl ich ja erwachsen war, geduzt. Ach Jürgen, es tut mir doch so leid und ich wollte doch nur Gott dienen. Und es war nur ein Mal. Dann ist mir rausgerutscht, weil ich gesagt hätte Und ich war nicht der Einzige. Und dann. Nein. Das ist nicht so.
Und und so, so salbungsvoll von oben herab. Und dann habe ich gesagt Und Ihnen glaube ich kein Wort mehr. Und habe aufgelegt. Jürgen ist nur einer von vielen.
Die Zahlen aus der bislang größten Studie über Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland seit 1946 sorgen für Aufsehen. 3677 minderjährige Opfer. Mindestens 2/3 von ihnen unter 13 Jahre. 1670 klerikale Täter. Und das ist wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs.
Denn von den kirchlichen Akten wurde nur ein Teil untersucht. Für die meisten Bistümer in Deutschland hat die Studie Fälle vor dem Jahr 2000 gar nicht erfasst. Warum haben so viele Priester Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht? Wir besuchen Wunibald Müller.
Er hat wohl als Erster in Deutschland das Thema Kirche und sexuellen Missbrauch offen angesprochen. Vor mehr als 20 Jahren. Wunibald Müller hat als Therapeut mit Hunderten Priestern gearbeitet. Die Kirche hätte das Thema Sexualität sträflich vernachlässigt. Die Sexualität ist eine so entscheidende, so eine wichtige Kraft in uns und Gott sei Dank auch so eine mächtige Kraft, mit der mit jemanden nur dann jemand verantwortlich umgehen kann, wenn er um diese Kraft weiß, wenn er sich damit auseinandergesetzt hat.
Und wenn er für sich auch Formen gefunden hat, zum Beispiel Intimität zu erfahren, die ja nicht unbedingt jetzt gleich genitale Sexualität mit sich bringt, mit sich bringt. Vielen Priestern sei aber gar nicht klar, dass auch sie sexuelle Wesen sind und dass sie ihre Bedürfnisse und Phantasie nicht für immer unterdrücken können. Das heißt, dass nicht wenige sich mit dem ganzen Thema Sexualität nicht auseinandergesetzt haben, dass sie an der Stelle stehengeblieben sind in ihrer Entwicklung.
Das ist das eine. Das andere ist, dass das Zölibat und damit auch das Priestertum in besonderer Weise natürlich auch anziehend war für solche, die Angst hatten, sich mit dem Thema Intimität und Sexualität auseinanderzusetzen, und die dann gesagt haben Wenn ich zölibatär lebe, dann muss ich mich eben nicht mit meiner Sexualität auseinandersetzen. Wie ist das nun mit den Priestern und dem Sex? Wir wollen herausfinden, ob das Thema nach wie vor ein Tabu ist und sind unterwegs zu einem Ort, an dem Geistliche ausgebildet werden. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Das Priesterseminar der Diözese Rottenburg Stuttgart. Branimir Mararewitsch ist einer von sieben jungen Theologen, die sich hier auf die Priesterweihe vorbereiten. Nächstes Jahr im Sommer soll es soweit sein. Was uns gleich zu Anfang auffällt Die angehenden Priester sind nicht unter sich. Hier lernen auch Frauen angehende Laientheologinnen. Das ist ungewöhnlich, aber gewollt. Männer und Frauen sollen viel Zeit miteinander verbringen und lernen, unbefangen miteinander umzugehen. Allerdings In ihrem Wohnbereich bleiben Branimir Marovic und seine Mitbrüder dann doch unter sich.
Also hier wohnen wir einfach für uns als Privatsphäre, dass wir auch einen Ort haben, um uns zurückzuziehen. Die Zimmer sind unterschiedlich groß. Ich habe jetzt ein relativ großes, breites Zimmer, das zum Garten hinausschaut. Es ist eigentlich ganz schön. Ich habe mich hier eigentlich auch ganz gut eingerichtet. Ich zum Beispiel zeichne sehr gerne. Ich habe dann hier mir paar Skizzen gemacht. Ich spiele gern Basketball. Also das ist auch eine Leidenschaft, die ich gerne mache. Meine Sportsachen. Der Ball oben. Leidenschaften, auf die er auch als Priester nicht verzichten muss. Aber eine Anforderung gibt es in seinem Beruf.
Da ist die Kirche kompromisslos den Zölibat, keine Partnerin, Verzicht auf Sex. So lebt er schon jetzt. Mit der Priesterweihe wird er versprechen, sich ein Leben lang daran zu halten. Kann er überhaupt absehen, wie weit diese Entscheidung reicht?
Gute Frage. Also, wenn man. Als katholischer Priester. Wenn man sich auf den Weg macht, dann muss man sich auch bewusst machen, dass man da auf eine Partnerschaft verzichtet, auf gelebte Sexualität. Und ich habe jetzt auch aufgrund dessen, dass ich wusste, ich werde jetzt Priester und ich möchte das auch leben für mich jetzt auch gesagt,
Gut, dann bin ich nicht auf der Suche nach einer Freundin. So wie Branimir Marevic sind alle hier entschlossen, sich zum Zölibat zu verpflichten. Und doch gibt es an dem Sinn dieser Vorschrift auch unter ihnen Zweifel. Wenn ich einen fähigen Priester habe, der eine gute Arbeit macht, der viele Menschen begeistern kann für das Evangelium, für Gott begeistern kann, warum kann er das nicht weiter tun? Auch in einer Verkündigungsdienst und vielleicht auch als verheirateter Priester dann? Die Priesteramtskandidaten haben viel über die Missbrauchsfälle diskutiert und gehen mit ihrer Kirche schonungslos ins Gericht, wie man es von künftigen katholischen Priestern öffentlich selten hört.
Es gärt in der Kirche, dass man über Sexualität nicht redet. Das gehört zu dem Klima dazu, dass man irgendwie ein Opfer, das kommt, nicht richtig ernst nimmt, weil man mit dem Thema gar nichts zu tun haben will. Das geht gar nicht. Und das ist das Problem. Und das ist das, was uns alle auch wirklich Angst macht, Teil von diesem System zu werden, wo wir es nicht wollen. Und zwar schleichend. Ein Teil werden. Und das ist eine fürchterliche Angst. Wir werden im März zu Diakonen geweiht, im nächstes Jahr im Juni Juli zu Priestern geweiht.
Warum eigentlich? Wir wollen der Kirche helfen, wir wollen den Menschen helfen. Und dann ist die Frage Wie hilft man der Kirche am besten? Indem man dasteht und die Klappe hält? Oder indem man einfach Missstände benennt, die sie hat?
Die angehenden Priester stellen vieles in Frage. Selbst den Aufklärungswillen der katholischen Kirche. Wieso lässt man eine Organisation, die solche Verbrechen verursacht und noch vertuscht? Wieso lässt man die an diesen Verbrechen aufarbeiten? Wieso beschäftigt man nicht oder beauftragt nicht zur. Die sagen uns zur Aufarbeitung dieser Fälle entsprechend externe Leute, die keine Priester sind, die nicht für die Kirche arbeiten und so eine gewisse Unabhängigkeit haben, um zum Beispiel dieser Vertuschungsdimension entgegenzuwirken.
Ich finde eben im Hinblick auf Prävention wichtig, dass man ein Klima schafft, wo sich ein Täter nicht verstecken kann und neue Taten immer wieder begeht und wo man ein Klima schafft, wo nichts vertuscht wird, wo ein Opfer, das sich an die Kirche wendet, sofort Gehör bekommt. Die meisten hier sind überzeugt, dass die Kirche ihre eigenen Strukturen ändern muss. Nicht nur ein bisschen, sondern ganz grundlegend. Es stellt sich die Frage Wenn das Männerbündische das zentrale Problem ist, wie ist es aufzuheben?
Ein Angebot steht also der Nussknacker. Das wäre die Frauenweihe, weil man so diese, dieses klerikal Bündische von Gruppen, die nur aus Männern bestehen, natürlich am besten aufbrechen könnte und auch theologisch meines Erachtens alle Gegengründe fadenscheinig sind. Würden sie nicht. Aber sind solche grundlegenden Reformen in der Kirche überhaupt möglich? Wir werden noch darauf zurückkommen. In Freisen Im Saarland wird derzeit nicht über Kirchenreform gestritten, sondern über Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen den früheren Pfarrer der Gemeinde.
Die Vorwürfe haben den Ort schon mehrfach in Aufruhr versetzt. Gegen den Geistlichen hat es in der Vergangenheit schon fünf einschlägige Ermittlungsverfahren gegeben, die entweder wegen Verjährung oder mangels hinreichenden Tatverdacht eingestellt wurden. Klaus Lang und Thomas, so nennen wir ihn in diesem Film, tragen Indizien zu einem neuen mutmaßlichen Missbrauchsfall zusammen, der wahrscheinlich nicht verjährt ist. Es ist Thomas Eigner. Den sexuellen Übergriff habe er als Jugendlicher erlebt. Vor zwölf Jahren, erzählt uns Thomas nun, möchte er, dass sein Fall juristisch aufgeklärt wird. Klaus Lang, auch er ein ehemaliger Kriminalbeamter, ist für Thomas eine wichtige Stütze.
Der mutmaßliche Täter, Pfarrer M. Aus Freisen. Thomas kannte ihn gut als Messdiener in der Gemeinde. Er wollte ja jedes Jahr neue Jungs nur Jungs gewinnen, für Messdiener zu werden.
Wir haben auch damals Anfragen von Mädchen, aber die hat er abgelehnt. Also er wollte definitiv keine Mädchen in den Ministrantendienst berufen. Nur Jungs. Und er wurde diesbezüglich auch immer gelobt. Vom Bistum oder von meinem Bischof. Von Reinhard Marx. Bei meiner Firmung habe ich auch selber gedient als Messdiener. Der Bischof sagte dann also eine stolze Bubenmannschaft hast du hier. Pfarrer M. Habe manche seiner Buben besonders favorisiert, erzählt Thomas auch ihn. Irgendwann habe sich daraus ein Gefühl der Verbundenheit entwickelt. Und immer, wenn er mich gebraucht hatte oder wenn ich ihm was helfen konnte, hat bei mir das Telefon gerappelt. Und dann?
Es war für mich so Bestätigung, dass ich gebraucht werde. Ich wäre ja sein Lieblings Messdiener. Und wenn er zehn von meiner Sorte hätte, würde er die anderen alle entlassen. Und ich war dann auch ein bisschen geschmeichelt.
Eines Tages habe er Thomas, damals 15, eingeladen, mit ihm alleine zu verreisen. Das Ziel Alpenbach im Schwarzwald. Thomas hätte mit einer Übernachtung in der Jugendherberge gerechnet, wie auf bisherigen Gruppenreisen. Doch der Pfarrer habe sie beide in einer Ferienwohnung einquartiert. Wegen der Fasnacht habe man Bier getrunken, mehrere Flaschen über den Abend. Dann, erzählt uns Thomas, sei es in der Ferienwohnung zu einem sexuellen Übergriff gekommen, der ihn seither sehr belaste.
Danach habe er nur noch nach Hause gewollt und sich über einen Monat lang komplett zurückgezogen. Die erste Zeit war sehr, sehr schwer für mich. Wenn man neben ihm gestanden hat, am Altar für die Messe zu dienen. Wenn du neben diesem Mann stehst, der so was getan hat. Schon ein mulmiges, komisches Gefühl.
Wir bitten Pfarrer M. Um ein Interview. Über seinen Rechtsanwalt lässt er verlauten, er bestreite jegliche Vorwürfe, Thomas sexuell missbraucht zu haben.
Die Mehrheit in dem 8000 Seelen Dorf Reisen im Saarland ist katholisch. Die Kirche spielt eine überragende Rolle im Leben der Gemeinde. Der ehemalige Pfarre M. wirkte rund drei Jahrzehnte lang. Er galt als charismatisch. Und hatte immer viele Unterstützer in der Gemeinde. Ich habe damals wohlüberlegt an die Öffentlichkeit damit zu gehen.
Aber nachdem ich Erfahrungen gesammelt habe, wie beliebt er im Ort ist, wie gut er beim Bistum dasteht, traut man sich das halt nicht mehr. Das Schamgefühl ist doch groß. Und dass man dann als Lügner hingestellt wird und öffentlich diskreditiert wird. Es ist schon. Deswegen ist das alles bei mir geblieben. Doch irgendwann habe er über seine Erinnerungen nicht mehr schweigen wollen. Er meldet den mutmaßlichen Missbrauch im September 2018 beim Bistum Trier. Klaus Lang, der ehemalige Kriminalbeamte, unterstützt ihn.
Heute wollen beide noch einmal nach Alpersbach, wo der Übergriff damals stattgefunden haben soll. Der Ferienort liegt im Schwarzwald. Dorthin soll der beschuldigte Pfarrer M. Immer wieder Reisen mit einzelnen Ministranten unternommen haben, erzählt uns Thomas. So auch mit ihm. Ich habe gemischte Gefühle, jetzt wieder hierher zu kommen.