Gottesstreiterinnen - Irmtraud Fischer - E-Book

Gottesstreiterinnen E-Book

Irmtraud Fischer

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Beschreibung

Nach weit verbreiteter Leseweise der Bibel führt Israel seine Herkunft auf die Erzväter zurück. An die Patriarchen seien die Verheißungen ergangen, mit ihnen habe der Gott Israels die Geschichte mit seinem erwählten Volk begonnen. Diese Sicht entspricht weder den biblischen Überlieferungen noch dem jüdischen Selbstverständnis. Israel erzählt seine Anfänge als Gottesvolk pointiert als Geschichte von Frauen mit ihren Männern und Kindern. Irmtraud Fischer zeigt die politische Dimension der von ihr sogenannten Erzeltern-Erzählungen und deren erzählerischer Fortschreibung durch das Rut-Buch auf. Das Buch will zum Abbau antijüdischer Klischees beitragen, indem es vergessene oder verkürzt gelesene biblische Erzählungen neu deutet. Und es will so die konstitutive Bedeutung der Frauen für ein Christentum herausstellen, das sich neu vom ersten Teil seiner Bibel inspirieren lässt.

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Nach weit verbreiteter Leseweise der Bibel führt Israel seine Herkunft auf die Erzväter zurück. An die Patriarchen seien die Verheißungen ergangen, mit ihnen habe der Gott Israels die Geschichte mit seinem erwählten Volk begonnen. Diese Sicht entspricht weder den biblischen Überlieferungen noch dem jüdischen Selbstverständnis. Israel erzählt seine Anfänge als Gottesvolk pointiert als Geschichte von Frauen mit ihren Männern und Kindern. Irmtraud Fischer zeigt die politische Dimension der von ihr sogenannten Erzeltern-Erzählungen und deren erzählerischer Fortschreibung durch das Rut-Buch auf. Das Buch will zum Abbau antijüdischer Klischees beitragen, indem es vergessene oder verkürzt gelesene biblische Erzählungen neu deutet. Und es will so die konstitutive Bedeutung der Frauen für ein Christentum herausstellen, das sich neu vom ersten Teil seiner Bibel inspirieren lässt.

Prof. Dr. Irmtraud Fischer lehrt Altes Testament an der Universität Graz.

Irmtraud Fischer

Gottesstreiterinnen

Biblische Erzählungen über die Anfänge Israels

Vierte Auflage

Verlag W. Kohlhammer

Vierte Auflage 2013 Alle Rechte vorbehalten © 1995 W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Umschlag: Gestaltungskonzept Peter Horlacher Gesamtherstellung: W. Kohlhammer Druckerei GmbH + Co. KG, Stuttgart Printed in Germany

Print: 978-3-17-023035-4

E-Book-Formate

pdf:

978-3-17-026422-9

epub:

978-3-17-027196-8

mobi:

978-3-17-027197-5

Inhaltsverzeichnis

VORWORT ZUR 1. AUFLAGE

VORWORT ZUR 2. AUFLAGE

1. DIE “VÄTER” UND DIE ANFÄNGE DES VOLKES – HINFÜHRUNG ZU DEN ELTERN ISRAELS

2. SARA, HAGAR UND ABRAHAM: SZENEN EINER EHE UNTER DER VERHEISSUNG

2.1 Diagnose: unfruchtbar – JHWH verheißt große Nachkommenschaft

2.2 Die Preisgabe und Rettung Sarais

2.3 Ein Leben zwischen Verheißung und Warten auf Erfüllung

2.4 Der menschliche Versuch, die Verheißung zu erfüllen

2.5 Hagar: Aus der Unterdrückung zur Befreiung – und retour

2.6 Die Geschichte einer Aufsteigerin

2.7 “Wo ist Sara, deine Frau?”

2.8 Die Enteignung weiblicher Erfahrung

2.9 Die Preisgabe der alten Verheißungsträgerin

2.10 Die Unantastbarkeit des Propheten Abraham

2.11 Isaak, der Sohn, der lachen läßt

2.12 “Vertreibe diese Magd und ihren Sohn!”

2.13 “Opfere deinen Sohn, deinen einzigen!”

2.14 Gott prüft den Gerechten

2.15 Ein Grabplatz für Sara

3. REBEKKA: DIE STARKE FRAU AN DER SEITE EINES BLASSEN MANNESM

3.1 Eine Frau im Männerstammbaum

3.2 Der Verheißungsträger sucht eine Schwiegertochter

3.3 Begegnung am Brunnen – diesmal ohne Bräutigam

3.4 Rebekkas Entscheidung: “Ich gehe!”

3.5 “Wer ist der Mann?”

3.6 Rebekka befragt JHWH

3.7 Eine Ehe zwischen Zärtlichkeit und Verleugnung

3.8 Der Lieblingssohn der Mutter

3.9 Rebekka sucht eine Schwiegertochter

3.10 JHWH bestätigt die Wahl Rebekkas

4. RAHEL UND LEA: DIE GRÜNDERINNEN DES HAUSES ISRAEL

4.1 Der Stein des Anstoßes

4.2 Sieben Jahre Knechtsdienst um die falsche Braut

4.3 Die Liebe des Mannes oder viele Kinder

4.4 Die beiden Gottesstreiterinnen

4.5 Von Liebeszauber, Homöopathie und der Käuflichkeit männlicher Sexualität

4.6 Die Familie hält erstmals zusammen: JHWH ruft zur Heimkehr

4.7 Neuerliche Gefahr, alles zu verlieren

4.8 Der Gottesstreiter

4.9 Wiedersehen mit Esau: Größtmöglicher Schutz für Rahel

4.10 Der Wunsch nach Kindern und der Tod

5. DUNKLE SEITEN DER FAMILIENCHRONIK

5.1 Die Vergewaltigung Dinas – eine Verletzung der männlichen Ehre?

5.2 Trau keinem bei der Eheschließung!

5.3 Die Eskalation der Rache

5.4 Die Geschichte Dinas im kanonischen Kontext

5.5 Ruben duchbricht die Tabuschranke

5.6 Kidnapping im Hause Jakobs

5.7 Der alternde Betrüger: Das Resümee seines Lebens

5.8 Juda in der Tradition der Verheißungslinie

5.9 Tamar soll lebenslänglich Witwe bleiben

5.10 Die Prostituierte im Tor

5.11 “Sie ist gerechter als ich!”

5.12 Tamar, die Frau, die das Haus Juda gründet

6. DIE SUBVERSIVEN FRAUEN AN DEN ANFÄNGEN DES VOLKES IN ÄGYPTEN

6.1 Ein kleines Volk wird zum “großen Volk” der Verheißung

6.2 Unterdrückung

6.3 Die Hebammen Schifra und Pua

6.4 Volksverhetzung zum Völkermord

6.5 Frauen mit Zivilcourage: Mutter, Schwester, Königstochter

6.6 Kindheitsgeschichte des Mose – oder der Beginn der Befreiung durch den Widerstand der Frauen?

6.7 Die Lerngemeinschaft von Frauen und die Erfahrungen in männlicher Gesellschaft

6.8 Der Erfahrungshorizont der Erzeltern und ihr Gott

6.9 Der Ruf zur Befreiung des Volkes

7. NOOMI UND RUT: DIE UNKONVENTIONELLEN AHNFRAUEN DES DAVIDISCHEN KÖNIGSHAUSES

7.1 Hungerflüchtlinge

7.2 Noomi und ihre Schwiegertöchter

7.3 Noomi und die Frauen von Betlehem

7.4 Brot durch die Schwiegertochter

7.5 Rut und Boas

7.6 Die kreative Auslegung der Leviratsverpflichtung

7.7 Eine Frau wie die Ahnfrauen Israels

7.8 Eine Schwiegertocher – mehr wert als sieben Söhne!

7.9 Die Urgroßmutter König Davids

7.10 Die Auslegung des Buches Rut durch seine unterschiedliche Stellung im Kanon

7.11 Das Buch Rut in messianischer Perspektive

8. GOTTESSTREITERINNEN

VORWORT ZUR 1. AUFLAGE

Die Erzählungen, die die beginnende Beziehungsgeschichte JHWHs, des Gottes Saras, Hagars und Abrahams, des Gottes Rebekkas und Isaaks, des Gottes Leas, Rahels, Silpas, Bilhas und Jakobs, mit seinem Volk Israel schreiben, möchte ich im folgenden zum Reden bringen. Ich gehe dabei kontrastiv zu den herkömmlichen Versuchen vor, indem ich die Erzählungen um die Frauen als Grundgerüst begreife. Dieser Zugang soll nicht nur von einem anderen Blickwinkel aus das Verständnis der Zusammenhänge schärfen; er ist auch literarhistorisch legitim, weil viele der Frauengeschichten zu den ältesten Texten der Genesis gehören. Ziel meines Verstehens ist jedoch der kanonische Endtext. Die literarischen Schichtungen innerhalb der Einzeltexte werden nur insofern in den Blick genommen, als sich deren Intention durch die Einbettung in einen größeren Kontext verschiebt oder verändert.

Der hebräische Text wird dort zitiert, wo es das Verständnis der Struktur oder der Stilistik erfordert. Eine Übersetzung ist in allen Fällen unmittelbar angefügt. Die zitierten Bibeltexte halten sich möglichst nahe an den hebräischen Text. Um das Kolorit der Ursprache lebendig zu erhalten, wurde nicht zugunsten einer flüssigen deutschen Übersetzung angeglichen. In den Anmerkungen werden vor allem Publikationen von Frauen zitiert; damit soll der bereits große Anteil der Exegetinnen an der Forschung sichtbar gemacht werden. Für bloß am Thema und nicht so sehr an der Forschung Interessierte kann der Text jedoch auch ohne Anmerkungen gelesen werden.

Das Buch versteht sich als Weiterarbeit am Thema meiner Habilitationsschrift (Die Erzeltern Israels, BZAW 222, Berlin 1994) und steht im Zusammenhang mit den Vorarbeiten zum projektierten Band “Genesis 12-36” von “Herders Theologischem Kommentar zum Alten Testament”.

Für die Mühe des Korrekturlesens danke ich meinen Kollegen Ass. Prof. UD. Dr. Josef Schmuck (der noch vor Erscheinen des Buches verstorben ist) und Dr. Michael Unger.

Graz, im Jänner 1995

Irmtraud Fischer

VORWORT ZUR 2. AUFLAGE

Ein theologisches Buch, dessen Erstauflage nicht klein war, kein Lehrbuch ist und dennoch in die zweite Auflage geht, ist heute keine Selbstverständlichkeit mehr. Es freut mich, daß die “Gottesstreiterinnen” gelesen werden und Kohlhammer sie weiterhin im Verlagsangebot haben will.

Seit der Erstpublikation sind nun einige Jahre vergangen und es sind sowohl im deutsch- als auch im englischsprachigen Raum bedeutende Arbeiten zur Genesis und zum Rutbuch erschienen. Da das Buch vor allem als Sachbuch für theologisch Interessierte, für Theologiestudierende und für Menschen in der theologischen Praxis gedacht und daher weniger forschungsgeschichtlich orientiert ist, habe ich mich entschlossen, abgesehen von kleineren stilistischen Korrekturen, nur an jenen Stellen zu überarbeiten, an denen ich selber inzwischen andere Thesen – vor allem in bezug auf das literarhistorische Werden – vertrete. Neue Literatur ist daher nur dann aufgenommen, wenn sie zitiert wird. Für die Forschungsgeschichte verweise ich auf meinen Rutkommentar, der Ende dieses Jahres im de Gruyter-Verlag in der neuen Reihe “Alttestamentlicher Kommentar” erscheinen wird. Für die Genesis wird es allerdings noch ein paar Jahre dauern, bis mein Band von “Herders Theologischer Kommentar” zu den Erzeltern-Erzählungen fertig ist.

Der Schriftsatz wurde für diese Auflage – LeserInnenwünschen entsprechend – verändert. Die Schrift wurde größer und der Zeilenabstand kleiner gesetzt, wodurch trotz der Bearbeitungen die Seitenzahl annähernd gleich blieb.

Für das mühsame Geschäft des Korrekturlesens danke ich diesmal meiner Mitarbeiterin Claudia Rakel sowie Alexandra Nau, Carmen Gierschner und Kristiane Sleegers.

Bonn, im März 2000

Irmtraud Fischer

1. DIE “VÄTER” UND DIE ANFÄNGE DES VOLKES – HINFÜHRUNG ZU DEN ELTERN ISRAELS

Spricht die Bibel von den Anfängen des Gottesvolkes, so beruft sie sich auf die “Väter”. Nach gängiger Überzeugung führt Israel seine Herkunft auf die Patriarchen zurück, also auf jene Männer, die als Ahnväter am Anfang der Volksgeschichte stehen. Der Gott, der sie gerufen und ihnen die Verheißungen gegeben hat, ist der “Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs”. Die Geschichte Israels – eine ‘His-Story’? Die Anfänge des Gottesvolkes – eine reine ‘Männergeschichte’?

In der alttestamentlichen Forschung wird die Sammlung von Gen 12-36 Erzväter-, Väter- oder Patriarchen-Erzählungen genannt. Der Terminus technicus provoziert die Vorstellung, daß es in diesen Erzählungen ausschließlich männliche Protagonisten gäbe. Väter- oder Patriarchenerzählungen sind Erzählungen über Männer, daran ist kein Zweifel. Wissenschaftliche Publikationen provozieren allein durch ihre Sprachwahl die Vorstellung, daß es in diesen Geschichten der “Vätergott” nur mit Vertretern des männlichen Geschlechts zu tun habe, er auch ausschließlich ihr Gott sei. Eine solche Sprachwahl, die suggeriert, daß die Anfangsgeschichte Israels ausschließlich von Männern getragen wurde, ist nun aber nicht beliebig oder gar zufällig. Sie ist die Brille, durch die die Texte gelesen werden. Sie ist Ausdruck des theologischen Verständnisses dieses Teiles der Genesis.

Nun ist es aber auffällig, wie viele Texte der Genesis, aber auch zu Beginn des Buches Exodus sowie die im Buch Rut erzählte Vorgeschichte der Davidischen Königsdynastie, von Frauen handeln. Biblische Exegese, sei sie nun an wissenschaftlichen oder pastoralen Zielen orientiert, hat mit den vielen ‘Frauentexten’ nie sonderlich viel anfangen können. Dies läßt sich anhand mehrerer Phänomene auf den verschiedenen Ebenen der Beschäftigung mit der Bibel aufweisen:

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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