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Der für die Freiheit kämpfende Reichsritter Götz von Berlichingen befreit seinen Jugendfreund, Adalbert von Weislingen, aus den Fängen des Bischofs von Bamberg und überzeugt ihn, die Seiten zu wechseln. Nachdem sich Weislingen als Zeichen seiner Treue gegenüber dem Götz mit dessen Schwester Maria verlobt, wird er jedoch durch Intrigen wieder nach Bamberg gelockt um dort kurzerhand wieder seine Dienste für den Bischof anzutreten. Berlichingen wird kurz darauf vor Gericht gestellt, muss seine Unschuld beteuern und findet sich plötzlich inmitten eines Bauernaufstandes wieder. Eine spannende Reise beginnt, zwischen Recht und Unrecht, zwischen Liebe und Tod und zwischen Freiheit und Gefangenschaft.-
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Seitenzahl: 150
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Johann Wolfgang von Goethe
Ein Schauspiel
Saga
Götz von Berlichingen mit der eisernen Hand
Coverbild/Illustration: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Anthony_van_Dyck_-_Portrait_of_a_young_man_in_armour_-_M.Ob.1634_MNW_-_National_Museum_in_Warsaw.jpg
Copyright © 1775, 2021 SAGA Egmont
Alle Rechte vorbehalten
ISBN: 9788726957167
1. E-Book-Ausgabe
Format: EPUB 3.0
Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.
Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.
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Saga ist Teil der Egmont-Gruppe. Egmont ist Dänemarks größter Medienkonzern und gehört der Egmont-Stiftung, die jährlich Kinder aus schwierigen Verhältnissen mit fast 13,4 Millionen Euro unterstützt.
Metzler, Sievers am Tische. Zwei Reitersknechte beim Feuer. Wirt.
Sievers. Hänsel, noch ein Glas Branntwein, und meß christlich.
Wirt. Du bist der Nimmersatt.
Metzler(leise zu Sievers). Erzähl das noch einmal vom Berlichingen! Die Bamberger dort ärgern sich, sie möchten schwarz werden.
Sievers. Bamberger? Was tun die hier?
Metzler. Der Weislingen ist oben auf'm Schloß beim Herrn Grafen schon zwei Tage; dem haben sie das Gleit geben. Ich weiß nicht, wo er herkommt; sie warten auf ihn; er geht zurück nach Bamberg.
Sievers. Wer ist der Weislingen?
Metzler. Des Bischofs rechte Hand, ein gewaltiger Herr, der dem Götz auch auf'n Dienst lauert.
Sievers. Er mag sich in acht nehmen.
Metzler(leise). Nur immer zu! (Laut.) Seit wann hat denn der Götz wieder Händel mit dem Bischof von Bamberg? Es hieß ja, alles wäre vertragen und geschlichtet.
Sievers. Ja, vertrag du mit den Pfaffen! Wie der Bischof sah, er richt nichts aus und zieht immer den kürzern, kroch er zum Kreuz und war geschäftig, daß der Vergleich zustand käm. Und der getreuherzige Berlichingen gab unerhört nach, wie er immer tut, wenn er im Vorteil ist.
Metzler. Gott erhalt ihn! Ein rechtschaffener Herr!
Sievers. Nun denk, ist das nicht schändlich? Da werfen sie ihm einen Buben nieder, da er sich nichts weniger versieht. Wird sie aber schon wieder dafür lausen!
Metzler. Es ist doch dumm, daß ihm der letzte Streich mißglückt ist! Er wird sich garstig erbost haben.
Sievers. Ich glaub nicht, daß ihn lang was so verdrossen hat. Denk auch: alles war aufs genaueste verkundschaft, wann der Bischof aus dem Bad käm, mit wieviel Reitern, welchen Weg; und wenn's nicht wär durch falsche Leut verraten worden, wollt er ihm das Bad gesegnet und ihn ausgerieben haben.
Erster Reiter. Was räsoniert ihr von unserm Bischof? Ich glaub, ihr sucht Händel.
Sievers. Kümmert euch um eure Sachen! Ihr habt an unserm Tisch nichts zu suchen.
Zweiter Reiter. Wer heißt euch von unserm Bischof despektierlich reden?
Sievers. Hab ich euch Red und Antwort zu geben? Seht doch den Fratzen!
Erster Reiter(schlägt ihn hinter die Ohren).
Metzler. Schlag den Hund tot!
(Sie fallen übereinander her.)
Zweiter Reiter. Komm her, wenn du 's Herz hast.
Wirt(reißt sie voneinander). Wollt ihr Ruh haben! Tausend Schwerenot! Schert euch 'naus, wenn ihr was auszumachen habt. In meiner Stub soll's ehrlich und ordentlich zugehen. (Schiebt die Reiter zur Tür hinaus.) Und ihr Esel, was fanget ihr an?
Metzler. Nur nit viel geschimpft, Hänsel, sonst kommen wir dir über die Glatze. Komm, Kamerad, wollen die draußen bleuen.
(Zwei Berlichingsche Reiter kommen.)
Erster Reiter. Was gibt's da? .
Sievers. Ei guten Tag, Peter! Veit, guten Tag! Woher?
Zweiter Reiter. Daß du dich nit unterstehst zu verraten, wem wir dienen.
Sievers(leise). Da ist euer Herr Götz wohl auch nit weit?
Erster Reiter. Halt dein Maul! Habt ihr Händel?
Sievers. Ihr seid den Kerls begegnet draußen, sind Bamberger.
Erster Reiter. Was tun die hier?
Metzler. Der Weislingen ist droben auf'm Schloß, beim gnädigen Herrn, den haben sie geleit.
Erster Reiter. Der Weislingen?
Zweiter Reiter(leise). Peter! das ist ein gefunden Fressen! (Laut.) Wie lang ist er da?
Metzler. Schon zwei Tage. Aber er will heut noch fort, hört ich einen von den Kerls sagen.
Erster Reiter(leise). Sagt ich dir nicht, er wär daher! Hätten wir dort drüben eine Weile passen können. Komm, Veit.
Sievers. Helft uns doch erst die Bamberger ausprügeln.
Zweiter Reiter. Ihr seid ja auch zu zwei. Wir müssen fort. Adies! (Ab.)
Sievers. Lumpenhunde die Reiter! wann man sie nit bezahlt, tun sie dir keinen Streich.
Metzler. Ich wollt schwören, sie haben einen Anschlag. Wem dienen sie?
Sievers. Ich soll's nit sagen. Sie dienen dem Götz.
Metzler. So! Nun wollen wir über die draußen. Komm! so lang ich einen Bengel hab, fürcht ich ihre Bratspieße nicht.
Sievers. Dürften wir nur so einmal an die Fürsten, die uns die Haut über die Ohren ziehen.
Götz(vor der Tür unter der Linde). Wo meine Knechte bleiben! Auf und ab muß ich gehen, sonst übermannt mich der Schlaf. Fünf Tag und Nächte schon auf der Lauer. Es wird einem sauer gemacht, das bißchen Leben und Freiheit. Dafür, wenn ich dich habe, Weislingen, will ich mir's wohl sein lassen. (Schenkt ein.) Wieder leer! Georg! Solang's daran nicht mangelt und an frischem Mut, lach ich der Fürsten Herrschsucht und Ränke. – Georg! – Schickt ihr nur euern gefälligen Weislingen herum zu Vettern und Gevattern, laßt mich anschwärzen. Nur immer zu. Ich bin wach. Du warst mir entwischt, Bischof! So mag denn dein lieber Weislingen die Zeche bezahlen. – Georg! Hört der Junge nicht? Georg! Georg!
Der Bube(im Panzer eines Erwachsenen). Gestrenger Herr!
Götz. Wo stickst du? Hast du geschlafen? Was zum Henker treibst du für Mummerei? Komm her, du siehst gut aus. Schäm dich nicht, Junge. Du bist brav! Ja, wenn du ihn ausfülltest! Es ist Hansens Küraß?
Georg. Er wollt ein wenig schlafen und schnallt' ihn aus.
Götz. Er ist bequemer als sein Herr.
Georg. Zürnt nicht. Ich nahm ihn leise weg und legt ihn an, und holte meines Vaters altes Schwert von der Wand, lief auf die Wiese und zog's aus.
Götz. Und hiebst um dich herum? Da wird's den Hecken und Dornen gutgegangen sein. Schläft Hans?
Georg. Auf Euer Rufen sprang er auf und schrie mir, daß Ihr rieft. Ich wollt den Harnisch ausschnallen, da hört ich Euch zwei-, dreimal.
Götz. Geh! bring ihm seinen Panzer wieder und sag ihm, er soll bereit sein, soll nach den Pferden sehen.
Georg. Die hab ich recht ausgefüttert und wieder aufgezäumt. Ihr könnt aufsitzen, wann Ihr wollt.
Götz. Bring mir einen Krug Wein, gib Hansen auch ein Glas, sag ihm, er soll munter sein, es gilt. Ich hoffe jeden Augenblick, meine Kundschafter sollen zurückkommen.
Georg. Ach gestrenger Herr!
Götz. Was hast du?
Georg. Darf ich nicht mit?
Götz. Ein andermal, Georg, wann wir Kaufleute fangen und Fuhren wegnehmen.
Georg. Ein andermal, das habt Ihr schon oft gesagt. O diesmal! diesmal! Ich will nur hintendreinlaufen, nur auf der Seite lauern. Ich will Euch die verschossenen Bolzen wiederholen.
Götz. Das nächstemal, Georg. Du sollst erst ein Wams haben, eine Blechhaube und einen Spieß.
Georg. Nehmt mich mit! Wär ich letzt dabei gewesen, Ihr hättet die Armbrust nicht verloren.
Götz. Weißt du das?
Georg. Ihr warft sie dem Feind an Kopf, und einer von den Fußknechten hob sie auf; weg war sie! Gelt ich weiß?
Götz. Erzählen dir das meine Knechte?
Georg. Wohl. Dafür pfeif ich ihnen auch, wann wir die Pferde striegeln, allerlei Weisen und lerne sie allerlei lustige Lieder.
Götz. Du bist ein braver Junge.
Georg. Nehmt mich mit, daß ich's zeigen kann!
Götz. Das nächstemal, auf mein Wort. Unbewaffnet wie du bist, sollst du nicht in Streit. Die künftigen Zeiten brauchen auch Männer. Ich sage dir, Knabe, es wird eine teure Zeit werden: Fürsten werden ihre Schätze bieten um einen Mann, den sie jetzt hassen. Geh, Georg, gib Hansen seinen Küraß wieder und bring mir Wein. (Georg ab.) Wo meine Knechte bleiben! Es ist unbegreiflich. Ein Mönch! Wo kommt der noch her?
(Bruder Martin kommt.)
Götz. Ehrwürdiger Vater, guten Abend! woher so spät? Mann der heiligen Ruhe, Ihr beschämt viel Ritter.
Martin. Dank Euch, edler Herr! Und bin vor der Hand nur demütiger Bruder, wenn's ja Titel sein soll. Augustin mit meinem Klosternamen, doch hör ich am liebsten Martin, meinen Taufnamen.
Götz. Ihr seid müde, Bruder Martin, und ohne Zweifel durstig! (Der Bub kommt.) Da kommt der Wein eben recht.
Martin. Für mich einen Trunk Wasser. Ich darf keinen Wein trinken.
Götz. Ist das Euer Gelübde?
Martin. Nein, gnädiger Herr, es ist nicht wider mein Gelübde, Wein zu trinken; weil aber der Wein wider mein Gelübde ist, so trinke ich keinen Wein.
Götz. Wie versteht Ihr das?
Martin. Wohl Euch, daß Ihr's nicht versteht. Essen und trinken, mein ich, ist des Menschen Leben.
Götz. Wohl!
Martin. Wenn Ihr gegessen und getrunken habt, seid Ihr wie neu geboren; seid stärker, mutiger, geschickter zu Euerm Geschäft. Der Wein erfreut des Menschen Herz, und die Freudigkeit ist die Mutter aller Tugenden. Wenn Ihr Wein getrunken habt, seid Ihr alles doppelt, was Ihr sein sollt, noch einmal so leicht denkend, noch einmal so unternehmend, noch einmal so schnell ausführend.
Götz. Wie ich ihn, trinke, ist es wahr.
Martin. Davon red ich auch. Aber wir -
(Georg mit Wasser.)
Götz(zu Georg heimlich). Geh auf den Weg nach Dachsbach, und leg dich mit dem Ohr auf die Erde, ob du nicht Pferde kommen hörst, und sei gleich wieder hier.
Martin. Aber wir, wenn wir gegessen und getrunken haben, sind wir grad das Gegenteil von dem, was wir sein sollen. Unsere schläfrige Verdauung stimmt den Kopf nach dem Magen, und in der Schwäche einer überfüllten Ruhe erzeugen sich Begierden, die ihrer Mutter leicht über den Kopf wachsen.
Götz. Ein Glas, Bruder Martin, wird Euch nicht im Schlaf stören. Ihr seid heute viel gegangen. (Bringt's ihm.) Alle Streiter!
Martin. In Gottes Namen! (Sie stoßen an.) Ich kann die müßigen Leute nicht ausstehen; und doch kann ich nicht sagen, daß alle Mönche müßig sind; sie tun, was sie können. Da komm ich von St. Veit, wo ich die letzte Nacht schlief. Der Prior führte mich in den Garten; das ist nun ihr Bienenkorb. Vortrefflicher Salat! Kohl nach Herzens Lust! und besonders Blumenkohl und Artischocken, wie keine in Europa!
Götz. Das ist also Eure Sache nicht. (Er steht auf, sieht nach dem Jungen und kommt wieder.)
Martin. Wollte, Gott hätte mich zum Gärtner oder Laboranten gemacht! Ich könnte glücklich sein. Mein Abt liebt mich, mein Kloster ist Erfurt in Sachsen; er weiß, ich kann nicht ruhn; da schickt er mich herum, wo was zu betreiben ist. Ich geh zum Bischof von Konstanz.
Götz. Noch eins! Gute Verrichtung!
Martin. Gleichfalls.
Götz. Was seht Ihr mich so an, Bruder?
Martin. Daß ich in Euern Harnisch verliebt bin.
Götz. Hättet Ihr Lust zu einem? Es ist schwer und beschwerlich ihn zu tragen.
Martin. Was ist nicht beschwerlich auf dieser Welt! und mir kommt nichts beschwerlicher vor, als nicht Mensch sein dürfen. Armut, Keuschheit und Gehorsam – drei Gelübde, deren jedes, einzeln betrachtet, der Natur das Unausstehlichste scheint, so unerträglich sind sie alle. Und sein ganzes Leben unter dieser Last, oder der weit drückendern Bürde des Gewissens mutlos zu keuchen! O Herr! was sind die Mühseligkeiten Eures Lebens, gegen die Jämmerlichkeiten eines Standes, der die besten Triebe, durch die wir werden, wachsen und gedeihen, aus mißverstandener Begierde Gott näher zu rücken, verdammt?
Götz. Wär Euer Gelübde nicht so heilig, ich wollte Euch bereden, einen Harnisch anzulegen, wollt Euch ein Pferd geben, und wir zögen miteinander.
Martin. Wollte Gott, meine Schultern fühlten Kraft, den Harnisch zu ertragen, und mein Arm Stärke, einen Feind vom Pferd zu stechen! – Arme schwache Hand, von jeher gewohnt, Kreuze und Friedensfahnen zu führen und Rauchfässer zu schwingen, wie wolltest du Lanze und Schwert regieren! Meine Stimme, nur zu Ave und Halleluja gestimmt, würde dem Feind ein Herold meiner Schwäche sein, wenn ihn die Eurige überwältigte. Kein Gelübde sollte mich abhalten wieder in den Orden zu treten, den mein Schöpfer selbst gestiftet hat!
Götz. Glückliche Wiederkehr!
Martin. Das trinke ich nur für Euch. Wiederkehr in meinen Käfig ist allemal unglücklich. Wenn Ihr wiederkehrt, Herr, in Eure Mauern, mit dem Bewußtsein Eurer Tapferkeit und Stärke, der keine Müdigkeit etwas anhaben kann, Euch zum erstenmal nach langer Zeit, sicher vor feindlichem Überfall, entwaffnet auf Euer Bette streckt und Euch nach dem Schlaf dehnt, der Euch besser schmeckt als mir der Trunk nach langem Durst: da könnt Ihr von Glück sagen!
Götz. Dafür kommt's auch selten.
Martin(feuriger). Und ist, wenn's kommt, ein Vorschmack des Himmels. – Wenn Ihr zurückkehrt, mit der Beute Eurer Feinde beladen, und Euch erinnert: den stach ich vom Pferd, eh er schießen konnte, und den rannt ich samt dem Pferde nieder, und dann reitet Ihr zu Euerm Schloß hinauf, und -
Götz. Was meint Ihr?
Martin. Und Eure Weiber! (Er schenkt ein.) Auf Gesundheit Eurer Frau! (Er wischt sich die Augen.) Ihr habt doch eine?
Götz. Ein edles vortreffliches Weib!
Martin. Wohl dem, der ein tugendsam Weib hat! des lebt er noch eins so lange. Ich kenne keine Weiber, und doch war die Frau die Krone der Schöpfung!
Götz(vor sich). Er dauert mich! Das Gefühl seines Standes frißt ihm das Herz.
Georg(gesprungen). Herr! ich höre Pferde im Galopp! Zwei! Es sind sie gewiß.
Götz. Führ mein Pferd heraus! Hans soll aufsitzen. – Lebt wohl, teurer Bruder, Gott geleit Euch! Seid mutig und geduldig. Gott wird Euch Raum geben.
Martin. Ich bitt um Euern Namen.
Götz. Verzeiht mir. Lebt wohl! (Er reicht ihm die linke Hand.)
Martin. Warum reicht Ihr mir die Linke? Bin ich die ritterliche Rechte nicht wert?
Götz. Und wenn Ihr der Kaiser wärt, Ihr müßtet mit dieser vorliebnehmen. Meine Rechte, obgleich im Kriege nicht unbrauchbar, ist gegen den Druck der Liebe unempfindlich: sie ist eins mit ihrem Handschuh; Ihr seht, er ist Eisen.
Martin. So seid Ihr Götz von Berlichingen! Ich danke dir, Gott, daß du mich ihn hast sehen lassen, diesen Mann, den die Fürsten hassen und zu dem die Bedrängten sich wenden! (Er nimmt ihm die rechte Hand.) Laßt mir diese Hand, laßt mich sie küssen!
Götz. Ihr sollt nicht.
Martin. Laßt mich! Du, mehr wert als Reliquienhand, durch die das heiligste Blut geflossen ist, totes Werkzeug, belebt durch des edelsten Geistes Vertrauen auf Gott!
Götz(setzt den Helm auf und nimmt die Lanze).
Martin. Es war ein Mönch bei uns vor Jahr und Tag, der Euch besuchte, wie sie Euch abgeschossen ward vor Landshut. Wie er uns erzählte, was Ihr littet, und wie sehr es Euch schmerzte, zu Eurem Beruf verstümmelt zu sein, und wie Euch einfiel, von einem gehört zu haben, der auch nur eine Hand hatte und als tapferer Reitersmann doch noch lange diente – ich werde das nie vergessen.
(Die zwei Knechte kommen.)
Götz(zu ihnen. Sie reden heimlich).
Martin(fährt inzwischen fort). Ich werde das nie vergessen, wie er im edelsten einfältigsten Vertrauen auf Gott sprach: »Und wenn ich zwölf Händ hätte und deine Gnad wollt mir nicht, was würden sie mir fruchten? So kann ich mit einer« -
Götz. In den Haslacher Wald also. (Kehrt sich zu Martin.) Lebt wohl, werter Bruder Martin. (Küßt ihn.)
Martin. Vergeßt mich nicht, wie ich Euer nicht vergesse.
(Götz ab.)
Martin. Wie mir's so eng ums Herz ward, da ich ihn sah. Er redete nichts, und mein Geist konnte doch den seinigen unterscheiden. Es ist eine Wollust, einen großen Mann zu sehn.
Georg. Ehrwürdiger Herr, Ihr schlaft doch bei uns?
Martin. Kann ich ein Bett haben?
Georg. Nein, Herr! ich kenne Betten nur vom Hörensagen, in unsrer Herberg ist nichts als Stroh.
Martin. Auch gut. Wie heißt du?
Georg. Georg, ehrwürdiger Herr!
Martin. Georg! da hast du einen tapfern Patron.
Georg. Sie sagen, er sei ein Reiter gewesen; das will ich auch sein.
Martin. Warte! (Zieht ein Gebetbuch hervor und gibt dem Buben einen Heiligen.) Da hast du ihn. Folge seinem Beispiel, sei brav und fürchte Gott! (Martin geht.)
Georg. Ach ein schöner Schimmel! wenn ich einmal so einen hätte! – und die goldene Rüstung! – Das ist ein garstiger Drach – Jetzt schieß ich nach Sperlingen – Heiliger Georg! mach mich groß und stark, gib mir so eine Lanze, Rüstung und Pferd, dann laß mir die Drachen kommen!
Elisabeth. Maria. Karl, sein Söhnchen.
Karl. Ich bitte dich, liebe Tante, erzähl mir das noch einmal vom frommen Kind, 's is gar zu schön.
Maria. Erzähl du mir's, kleiner Schelm, da will ich hören, ob du achtgibst.
Karl. Wart e bis, ich will mich bedenken. – Es war einmal – ja – es war einmal ein Kind, und sein Mutter war krank, da ging das Kind hin -
Maria