Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Großband #9 - Chronik der Sternenkrieger: Wo die Erhabenen wohnen: Acht Sternenkrieger Romane von Alfred Bekker Über diesen Band: Dieser Band enthält folgende Romane aus dem "Chronik der Sternenkrieger"-Universum von Alfred Bekker: Sunfrosts Weg (Chronik der Sternenkrieger 38) Die Kolonie der Yroa (Chronik der Sternenkrieger 39) Eine unendlich weite Welt (Chronik der Sternenkrieger 40) Black Hole X (Chronik der Sternenkrieger 41) Schwerkraftmonster (Chronik der Sternenkrieger 42) Lichtjahreweit (Chronik der Sternenkrieger 43) Mission Brauner Zwerg (Chronik der Sternenkrieger 44) Ein Planet wie Zuckerwatte (Ein Planet wie Zuckerwatte 45) Im Jahr 2256 tauchen erstmalig geheimnisvolle Lichtsonden auf. Ihr Ursprung liegt mutmaßlich auf der anderen Seite der Galaxis in einem Raumsektor, der 40.000 Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Eine Handvoll irdischer Raumschiffe war ausgesandt worden, um dem Geheimnis auf die Spur zu kommen, von dem man ahnte dass es einerseits mit der uralten Alien-Zivilisation zu tun hatte, deren Angehörige als DIE ALTEN GÖTTER bekannt waren und vor langer Zeit Galaxis beherrscht hatten. Anderseits aber standen diese Lichtsonden mit gewaltigen Veränderungen im galaktischen Machtgefüge in Zusammenhang. Die Raumschiffe STERNENKRIEGER, SONNENWIND, LEVIATHAN, und ODYSSEUS waren durch ein Wurmloch in jene 40.000 Lichtjahre entfernte Region der Galaxis gelangt. Die Umstände hatten sie voneinander getrennt, eine Rückkehr in den Irdischen Sektor war derzeit ausgeschlossen, da das Wurmloch sich geschlossen hatte. Und das Rätsel, dessentwegen diese Raumfahrer in jene ferne Region der Galaxis vorgedrungen waren, war nach wie vor ungelöst.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 1026
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Großband #9 - Chronik der Sternenkrieger: Wo die Erhabenen wohnen: Acht Sternenkrieger Romane
Alfred Bekker
Published by Alfred Bekker, 2021.
Title Page
Großband #9 - Chronik der Sternenkrieger: Wo die Erhabenen wohnen: Acht Sternenkrieger Romane
Copyright
Chronik der Sternenkrieger 38 - Sunfrosts Weg (Alfred Bekker's Chronik der Sternenkrieger, #38)
Chronik der Sternenkrieger 38: Sunfrosts Weg
Copyright
Die Hauptpersonen des Romans:
Prolog
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
Chronik der Sternenkrieger
Übersicht über die Serie “Chronik der Sternenkrieger”
About the Author
About the Publisher
Chronik der Sternenkrieger 39 - Die Kolonie der Yroa
Chronik der Sternenkrieger 39: Die Kolonie der Yroa
Copyright
Die Hauptpersonen der Serie:
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
Chronik der Sternenkrieger
Übersicht über die Serie “Chronik der Sternenkrieger”
About the Author
About the Publisher
Chronik der Sternenkrieger 40: Eine unendlich weite Welt (Alfred Bekker's Chronik der Sternenkrieger, #40)
Eine unendlich weite Welt
Copyright
Die Hauptpersonen der Serie:
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
Chronik der STERNENKRIEGER
Übersicht über die Serie “Chronik der STERNENKRIEGER”
Don't miss out!
About the Author
About the Publisher
Chronik der Sternenkrieger #41 - Black Hole X (Alfred Bekker's Chronik der Sternenkrieger, #41)
Black Hole X
Copyright
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
Chronik der STERNENKRIEGER
Übersicht über die Serie “Chronik der STERNENKRIEGER”
About the Author
About the Publisher
Chronik der Sternenkrieger 42: Schwerkraftmonster (Alfred Bekker's Chronik der Sternenkrieger, #42)
Schwerkraftmonster
Copyright
Prolog
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
Chronik der Sternenkrieger
Übersicht über die Serie “Chronik der Sternenkrieger”
Don't miss out!
About the Author
About the Publisher
Chronik der Sternenkrieger 43: Lichtjahreweit entfernt
Lichtjahreweit entfernt
Copyright
Prolog
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
Chronik der Sternenkrieger
Übersicht über die Serie “Chronik der Sternenkrieger”
Don't miss out!
About the Author
About the Publisher
Chronik der Sternenkrieger 44: Mission Brauner Zwerg (Alfred Bekker's Chronik der Sternenkrieger, #44)
Mission Brauner Zwerg
Copyright
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
Don't miss out!
About the Author
About the Publisher
Chronik der Sternenkrieger 45: Ein Planet wie Zuckerwatte
Ein Planet wie Zuckerwatte
Copyright
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
Don't miss out!
About the Author
About the Publisher
Further Reading: 30 Sternenkrieger Romane - Das 3440 Seiten Science Fiction Action Paket: Chronik der Sternenkrieger
Also By Alfred Bekker
Großband #9 - Chronik der Sternenkrieger: Wo die Erhabenen wohnen: Acht Sternenkrieger Romane
von Alfred Bekker
Über diesen Band:
Dieser Band enthält folgende Romane aus dem “Chronik der Sternenkrieger”-Universum von Alfred Bekker:
Sunfrosts Weg (Chronik der Sternenkrieger 38)
Die Kolonie der Yroa (Chronik der Sternenkrieger 39)
Eine unendlich weite Welt (Chronik der Sternenkrieger 40)
Black Hole X (Chronik der Sternenkrieger 41)
Schwerkraftmonster (Chronik der Sternenkrieger 42)
Lichtjahreweit (Chronik der Sternenkrieger 43)
Mission Brauner Zwerg (Chronik der Sternenkrieger 44)
Ein Planet wie Zuckerwatte (Ein Planet wie Zuckerwatte 45)
Im Jahr 2256 tauchen erstmalig geheimnisvolle Lichtsonden auf. Ihr Ursprung liegt mutmaßlich auf der anderen Seite der Galaxis in einem Raumsektor, der 40.000 Lichtjahre von der Erde entfernt ist.
Eine Handvoll irdischer Raumschiffe war ausgesandt worden, um dem Geheimnis auf die Spur zu kommen, von dem man ahnte dass es einerseits mit der uralten Alien-Zivilisation zu tun hatte, deren Angehörige als DIE ALTEN GÖTTER bekannt waren und vor langer Zeit Galaxis beherrscht hatten. Anderseits aber standen diese Lichtsonden mit gewaltigen Veränderungen im galaktischen Machtgefüge in Zusammenhang.
Die Raumschiffe STERNENKRIEGER, SONNENWIND, LEVIATHAN, und ODYSSEUS waren durch ein Wurmloch in jene 40.000 Lichtjahre entfernte Region der Galaxis gelangt. Die Umstände hatten sie voneinander getrennt, eine Rückkehr in den Irdischen Sektor war derzeit ausgeschlossen, da das Wurmloch sich geschlossen hatte. Und das Rätsel, dessentwegen diese Raumfahrer in jene ferne Region der Galaxis vorgedrungen waren, war nach wie vor ungelöst.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker (https://www.lovelybooks.de/autor/Alfred-Bekker/)
© Roman by Author / COVER STEVE MAYER
© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten.
www.AlfredBekker.de
Folge auf Twitter:
https://twitter.com/BekkerAlfred
Erfahre Neuigkeiten hier:
https://alfred-bekker-autor.business.site/
Zum Blog des Verlags
Sei informiert über Neuerscheinungen und Hintergründe!Verlags geht es hier:
https://cassiopeia.press
Alles rund um Belletristik!
Chronik der Sternenkrieger 38 - Sunfrosts Weg
Alfred Bekker's Chronik der Sternenkrieger, Volume 38
Alfred Bekker
Published by Alfred Bekker präsentiert, 2018.
Table of Contents
UPDATE ME
von Alfred Bekker
––––––––
Mitte des 23. Jahrhunderts werden die von Menschen besiedelten Planeten durch eine kriegerische Alien-Zivilisation bedroht. Nach Jahren des Krieges herrscht ein brüchiger Waffenstillstand, aber den Verantwortlichen ist bewusst, dass jeder neue Waffengang mit den Fremden das Ende der freien Menschheit bedeuten würde. Zu überlegen ist der Gegner.
In dieser Zeit bricht die STERNENKRIEGER, ein Raumkreuzer des Space Army Corps , unter einem neuen Captain zu gefährlichen Spezialmissionen in die Weite des fernen Weltraums auf...
––––––––
Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jack Raymond, Jonas Herlin, Adrian Leschek, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker
© by Author
© dieser Ausgabe 2018 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten.
www.AlfredBekker.de
Captain Rena Sunfrost - Kommandantin der STERNENKRIEGER.
Commander Van Doren - Erster Offizier der STERNENKRIEGER.
Lieutenant Commander Robert Ukasi - Taktikoffizier und Zweiter Offizier.
Lieutenant Wiley Riggs - Ortungsoffizier
Lieutenant Erixon - Chefingenieur der STERNENKRIEGER
Corporal Raggie S. Terrifor - der genetisch optimierte Corporal kommandiert die Space Marines Truppe an Bord.
Lieutenant Susan Jamalkerim - Kommunikationsoffizierin.
Lieutenant John Taranos - Rudergänger.
Fähnrich Al-Katibi - Zweiter Rudergänger.
Bruder Guillermo - eigentlich Guillermo Benford, gehört dem Wissenschaftlerorden der Olvanorer an.
Dr. Ash Trent - Schiffsarzt.
Lieutenant Paul Mandagor - ein Geschützoffizier der STERNENKRIEGER und Real Martian, das heißt ein umweltangepasster Nachfahre der ersten irdischen Marssiedler.
Lieutenant Titus Naderw - Jäger-Pilot.
Yakuf Bogdan - Shuttle-Pilot
Bell, Jones und Söderbäck - drei Space Marines an Bord der Sternenkrieger.
Captain Barus - Kommandant des Schwesterschiffs der STERNENKRIEGER.
Commander McKee - Erste Offizierin unter Captain Barus.
Lieutenant Commander Webber J. Davidson - Taktikoffizier.
Lieutenant James Teluvion - Ortungsoffizier
Lieutenant Guofeng Smith - Kommunikationsoffizier.
Die Canyaj - eine anorganische Spezies.
Die Yroa - humanoide, PSI-begabte Spezies.
Fairoglan und Shafor - Die Sucher und Kundschafter der Yroa-Koalition.
Admiral Ned Nainovel - Kommandant der LEVIATHAN und derzeit Wächter an der Wurmloch-Porta.
Raphael Wong - gerade vom Commander zum Captain des Zerstörers ODYSSEUS ernannter Ex-I.O. der STERNENKRIEGER.
Commander David Kronstein - Erster Offizier der ODYSSEUS.
Dr. Patricia Mangoli - gehört zum medizinischen Team an Bord des Zerstörers ODYSSEUS.
Master Sergeant J. L. Gerard - Space Marine an Bord der ODYSSEUS.
Private T.J. Kells - Space Marine an Bord des Zerstörers ODYSSEUS.
Private A. Laroche - Space Marine an Bord des Zerstörers ODYSSEUS.
Lieutenant Messina - Shuttle-Pilotin der ODYSSEUS LANDER 5
Commander Jorian Kelly - Taktikoffizier des Zerstörers ODYSSEUS, umweltangepasster Supererden-Zwerg von dem irdischen Kolonialplaneten Maldena 22b
Lieutenant Brett C. Zimmer - genetisch optimierter Rudergänger der ODYSSEUS, ehemals in der Raumflotte der Genetiker-Föderation der Drei Systeme. Das “C” in seinem Namen steht für Calculator, da sein Hirn im Hinblick auf besondere mathematische Fähigkeiten hin genetisch optimiert wurde.
Lieutenant Evan Ludvik Danielsson - Ortungsoffizier der ODYSSEUS.
Fähnrich D. Y. Bayle - zeitweilig Kommunikationsoffizier der ODYSSEUS
Lieutenant Commander S. D. Carver - Leitender Ingenieur der ODYSSEUS.
Professor Yasuhiro John Hermann Wolfgang von Schlichten - ein genialer Wissenschaftler.
Yngvar “Mac” MacKenzie - Linguist und Kryptologe.
Das Kind William - umgibt ein Geheimnis.
Commodore H.I. Nasomo - Befehlshaber der THORS HAMMER, einem Schlachtschiff der Dreadnought-Klasse.
Admiral Raimondo - die graue Eminenz des Space Army Corps und der Humanen Welten.
Ein geheimnisvoller Ruf hat das Volk der Etnord erreicht, mit dem sich die Menschheit und ihre Verbündeten einen furchtbaren Krieg lieferten. Jetzt verlassen die Etnord ihre Welten um einem mysteriösen Ziel entgegenzustreben.
Wie man aus einem entschlüsselten Funkspruch inzwischen weiß, ist das sogenannte Black Hole X das Ziel des kosmischen Exodus.
Das alles geschieht weit ab vom irdischen Sektor auf der anderen Seite der Galaxis, mehr als vierzigtausend Lichtjahre entfernt in einem Raumsektor, der nur per Wurmlochpassage erreichbar ist.
Zwei Raumschiffe des Space Army Corps der Humanen Welten sind dorthin aufgebrochen, um das Geheimnis zu lüften: Die STERNENKRIEGER und die SONNENWIND. Und zwei weitere - die LEVIATHAN und die ODYSSEUS - sind in dieser fernen Region des Alls gefangen, nachdem die Wurmloch-Verbindung zum irdischen Sektor kollabierte.
Aus dem Logbuch des Raumschiffs STERNENKRIEGER, Captain Rena Sunfrost, Kommandantin:
Um die Menschheit vor der Ausbreitung des sogenannten Imperiums der Goldenen Häuser der arachnoiden ß’Wsssarrr zu warnen, haben wir uns entschlossen, die Funkstille zu brechen und eine Zwischenraum-Nachricht zu den an der Wurmloch-Porta patrouillierenden Einheiten des Space Army Corps zu senden. In dieser Nachricht war auch die Information über den mutmaßlichen Ort enthalten, von dem der sogenannte Ruf ausgeht, der die Etnord zur ihrem Exodus veranlasste. Es ist das sogenannte Black Hole X. Wie ein schwarzes Loch zum Pilgerort eines ganzen Volkes werden kann, ist mir nach wie vor ein Rätsel. Captain Barus und seine Crew sind mit der SONNENWIND dorthin aufgebrochen, um nähere Informationen über die Hintergründe dieses Ereignisses in Erfahrung zu bringen, die zweifellos auch mit den rätselhaften Lichtsonden in Zusammenhang stehen, die über Wurmloch Alpha sogar bis in den irdischen Sektor der Galaxis gelangten.
Nachdem wir uns von der SONNENWIND unter Captain C. Barus getrennt haben, hatten wir eine kriegerische Begegnung mit einem Schiff der technisch hoch überlegenen Canyaj, einer Spezies, die mit den uns bisher begegneten Lebensformen nicht vergleichbar zu sein scheint.
Wir begegneten einem Schiff der humanoid wirkenden Yroa-Spezies, das uns vor dem Schlimmsten bewahrte. Die Kontaktaufnahme zu den Yroa erwies sich jedoch als schwierig. Ein Umstand, der die Kontaktaufnahme komplizierte, war die Tatsache, dass die Yroa offenbar über eine Art Psi-Fähigkeit verfügen und es gewöhnt sind, die Gedanken anderer zu lesen und zu beeinflussen.
“Wir treten bei dieser Kontaktaufnahme auf der Stelle, wenn Sie mich fragen”, sagte Commander Van Doren. Der Erste Offizier des Raumschiffs STERNENKRIEGER lehnte sich in seinem Sitz etwas zurück. Der Schalensitz im Raum des Captains passte sich ergonomisch an seinen Rücken an. “Wir befinden uns jetzt seit mehreren Wochen im System dieses Flare-Sterns, der sich jederzeit wieder aufblähen kann, sodass er uns quasi in harter Strahlung röstet. Und seit dieser Zeit haben fast täglich Treffen mit den Yroa stattgefunden. Ich möchte einfach nur zusammenfassen, was sich daraus bisher als Erkenntnisgewinn für unsere Seite ergeben hat: null Komma null!”
Die Frustration war auf Seiten von Commander Van Doren unüberhörbar.
Captain Rena Sunfrost hatte die wichtigsten Offiziere der STERNENKRIEGER in ihrem Besprechungszimmer zusammengerufen, um über die Lage zu beraten.
Ihr Gesicht verriet Anspannung.
Außer Van Doren waren auch Lieutenant Commander Robert Ukasi, Bruder Guillermo, Schiffsarzt Dr. Ash Trent, Chefingenieur Erixon sowie die Lieutenants John Taranos und Wiley Riggs anwesend.
Lieutenant Mandagor, der ansonsten eigentlich eines der beweglichen Wuchtgeschütze an Bord der STERNENKRIEGER bediente, führte zurzeit das Kommando auf der Brücke.
Zusätzlich war auch noch Corporal Raggie S. Terrifor anwesend. Der derzeitige Kommandant der an Bord der STERNENKRIEGER stationierten Truppe war zwar kein Offizier, aber Captain Sunfrost hielt ihn für kompetent, die Sicherheitslage einzuschätzen.
“Ich möchte Ihnen widersprechen”, sagte Bruder Guillermo und wandte sich damit direkt an Commander Steven Van Doren. “Wir treten keineswegs auf der Stelle. Und die Zeit, die wir darauf verwenden, näheres über die Yroa-Spezies zu erfahren, dürfte auch keineswegs verschwendet sein.”
“Nun, ich will ja gerne hoffen, dass Sie Recht behalten, Bruder Guillermo ...”, begann der Erste Offizier der STERNENKRIEGER, aber Bruder Guillermo ließ ihn gar nicht weiter zu Wort kommen. Für den ansonsten eher zurückhaltenden Angehörigen des Wissenschaftlerordens der Olvanorer war das eher ungewöhnlich.
“Die Besatzung des Yroa-Schiffs hat uns vor dem sicheren Untergang bewahrt”, erklärte Bruder Guillermo. “Das ist ein Faktum. Wir hätten gegen die Angreifer keine Chance gehabt.”
“Womit ich ihm unumwunden Recht geben muss”, warf Lieutenant Commander Robert Ukasi ein.
Bruder Guillermo fuhr fort: “Und wir haben durch die Yroa von der Existenz einer offenbar sehr gefährlichen Spezies erfahren, von denen wir bisher nichts wussten: den Canyaj. Über die wissen wir bislang nur, dass sie offenbar sehr fremdartig und sehr aggressiv sind. Aber davon abgesehen gibt es gute Gründe, davon auszugehen, dass eine so hochentwickelte Spezies wie die Yroa mehr über die geheimnisvollen Alten Götter weiß.”
“Das ist bislang nur eine Hypothese”, stellte Van Doren klar.
Bruder Guillermo wandte den Blick in Richtung des Ersten Offiziers der STERNENKRIEGER. “Es kann doch gar nicht anders sein, Steven”, behauptete er. “Selbst eine oberflächliche Analyse ihrer Raumfahrttechnik legt den Schluss nahe, dass ihre Technik auf die Technik der Erhabenen zurückgeht, die wir ja auch als die Alten Götter bezeichnen. Es gibt gewisse Parallelitäten zwischen allen bisher bekannten technischen Artefakten und Hinterlassenschaften der Alten Götter. Ich habe ein mathematisches Analyse-Programm entwickelt, das diese Gemeinsamkeiten schnell zu erfassen vermag und ...”
“Was schlagen Sie vor?”, unterbrach Rena Sunfrost den Olvanorer-Mönch.
Bruder Guillermo wandte den Blick in Richtung der Kommandantin.
“Ich schlage vor, in einen intensiven Dialog mit den Yroa zu treten. Unser Ziel ist es schließlich, das Geheimnis der Alten Götter zu enträtseln.”
Nein, das ist vielleicht Ihr Ziel, Bruder Guillermo - aber nicht das Ziel dieser Mission!, ging es Sunfrost durch den Kopf. Sie haben ein beachtliches Talent, ein Missionsziel in Ihrem Sinn umzudeuten ...
“Unser Ziel ist es, das Geheimnis der mysteriösen Lichtsonden zu enträtseln, die überall auftauchen und offenbar den Exodus der Etnord ausgelöst haben”, widersprach Commander Van Doren. “Deswegen hat man uns hierher in diesen abgelegenen Teil des Universums geschickt - weiter als jemals zuvor ein menschliches Raumschiff vorgedrungen ist.”
“Auch wenn sicherlich niemand etwas dagegen einzuwenden haben dürfte, wenn wir das Rätsel der Alten Götter gewissermaßen nebenbei lösen könnten”, fügte Rena Sunfrost hinzu.
“Ich denke, alles hat letztlich mit den Alten Göttern zu tun”, sagte Bruder Guillermo. “Sie müssen in ferner Vergangenheit ungeheuer mächtig gewesen sein. Ihr Wissen war auf einem Stand, der ...”
“... ungefähr dem Vollkommenheitsideal der Olvanorer entspräche?”, unterbrach Sunfrost ihn.
Bruder Guillermo sah sie an.
“Ja, ungefähr so”, bestätigte er.
“Wo Ihre Priorität liegt, haben Sie ja deutlich gemacht, Bruder Guillermo.”
“Die Alten Götter sind seit Langem verschwunden”, meinte Van Doren. “Vielleicht hat ihr ach so großes Wissen sie ins Verderben geführt. Und es könnte durchaus sein, dass sich andere dieses Wissens bemächtigt haben ...”
“So wie wir es ja auch schon versucht haben”, hielt Sunfrost ihrem Ersten Offizier entgegen.
“Haben Sie mal darüber nachgedacht, was geschehen wäre, wenn es uns tatsächlich gelungen wäre, das Wissen der Alten Götter in Besitz zu bringen?”
“Das ist eine philosophische Frage, die uns vielleicht für einen anderen Zeitpunkt aufheben sollten, I.O.”, fand Sunfrost.
Van Doren schüttelte den Kopf.
“Krieg ist keineswegs nur eine philosophische Frage, Captain.”
“Wer spricht denn von Krieg?”
“Es hätte Krieg gegeben, wenn wir durch die Technik der Erhabenen einen Vorsprung erlangt hätten.”
“Wir hätten dieses Wissen mit unseren Verbündeten geteilt.”
“Hätten wir?”, echote Van Doren. “Und unsere Bündnispartner? Die K’aradan, die Qriid ...” Van Doren schüttelte entschieden den Kopf. “Nein, ich habe so oft darüber nachgedacht und bin immer wieder zu demselben Ergebnis gekommen. Wenn es uns gelungen wäre, auch nur einen Bruchteil des Alte-Götter-Wissens in unseren Besitz zu bringen, hätte das Krieg bedeutet. Und das würde es noch!”
“Da muss ich Ihnen widersprechen”, sagte Bruder Guillermo. “Das Wissen ist vorhanden. Es ist allenfalls eine Frage der Zeit, wann es von irgendwem entdeckt wird. Vielleicht ist es sogar schon geschehen. Sie können die Erkenntnis niemals ungeschehen machen, Steven! Das ist ausgeschlossen. Im Universum kann nichts an Information vernichtet oder vermehrt werden. Information kann nur umgewandelt werden, so wie Materie in Energie verwandelt werden kann.”
“Das ist Olvanorer-Philosophie”, meinte Van Doren.
“Nein, das ist Thermodynamik, Steven. Reine Physik! Und wenn Sie einen Augenblick darüber nachdenken, dann werden Sie erkennen, dass es sich genau so verhält, wie ich es gerade dargestellt habe.”
Van Doren zuckte mit den Schultern. “Ich dachte, der wissenschaftliche Zweifel wäre eine der Grundtugenden der Olvanorer.”
“Das ist sie auch.”
“Dann wundert mich Ihre Gewissheit in dieser Sache!”
“Vielleicht können wir diese Grundsatzdebatte für eine Weile verschieben”, schlug Sunfrost vor. “Es geht im Moment einzig und allein darum, wie wir mit den Yroa umgehen.”
Bruder Guillermo hob die Augenbrauen.
Robert Ukasi hingegen verdrehte genervt die Augen. Dem Taktikoffizier der STERNENKRIEGER lag ganz offensichtlich schon länger einiges auf der Zunge. Aber bisher hatte er sich zurückgehalten.
“Die Yroa scheinen mir eine Zivilisation zu sein, die fortgeschritten genug ist, um über das Lichtsonden-Phänomen tiefer gehende Erkenntnisse zu besitzen”, erklärte Bruder Guillermo. “Wir gehen davon aus, dass die Lichtsonden irgendetwas mit jenem Volk zu tun haben, das wir als die Alten Götter oder die Erhabenen bezeichnen, wie sie sich selbst genannt haben. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass dieser Fairoglan und sein Begleiter noch nie etwas von dieser mächtigen Spezies gehört haben, die einst die Galaxis beherrschte.”
“Das könnte in der Tat ein Grund sein, sich näher mit den Yroa zu beschäftigen”, sagte Rena Sunfrost. “Oder lässt sich dagegen etwas sagen? Steven?”
Commander Van Doren wirkte abwesend.
Sunfrost fragte sich in diesem Augenblick, was in ihm vor sich ging. Die Vehemenz seiner Reaktion hatte sie ohnehin überrascht.
“Sie sind der Captain”, sagte Van Doren.
“Aber ich lege auf Ihre Meinung großen Wert, I.O.”, gab Sunfrost zurück.
“Das freut mich zu hören.”
“Zumal Sie erfahrener sind als ich.”
“Das ist richtig.”
“Was ist der Grund für Ihre Reserviertheit gegenüber den Yroa - um es mal ganz vorsichtig zu formulieren?”
Jetzt mischte sich Bruder William wieder ein. “Ihnen gefällt der Gedanke nicht, dass Sie Wesen gegenüberstehen, deren geistige Kräfte uns allen offenbar weit überlegen sind, nicht wahr?”
Bruder Guillermo schien mit seiner sprichwörtlichen Olvanorer-Empathie genau den Punkt getroffen zu haben, der hinter Van Dorens ablehnender Haltung gegenüber den Yroa steckte.
Der Erste Offizier der STERNENKRIEGER wirkte nur für einen sehr kurzen Moment überrascht.
Die Blicke der beiden Männer begegneten sich.
“Ich habe nichts gegen geistige Überlegenheit, sondern gegen geistige Manipulation”, brachte Steven Van Doren es jetzt auf den Punkt. “Und es ist eine Tatsache, dass wir massiver mentaler Beeinflussung ausgesetzt sind, seit wir mit den Yroa in Kontakt kamen. Wir alle! Und das Ausmaß ist keinem von uns wirklich bekannt.”
“In diesem Punkt muss ich Ihnen sogar Recht geben”, sagte Bruder William. “Die Gefahr, die von den besonderen Kräften ausgeht, die den Yroa offenbar eigen ist, dürfen wir nicht unterschätzen. Trotzdem überwiegt in diesem Fall eindeutig das Erkenntnisinteresse vor allem anderen.”
“Jedenfalls haben uns die Yroa einstweilen vor dem Angriff dieser zweiten unbekannten Spezies geschützt, den Canyaj”, sagte jetzt Lieutenant Commander Robert Ukasi. “Sie haben sich verhalten wie Verbündete. Und ganz ehrlich, wenn diese Fremden versucht hätten, uns zu vernichten, hätten sie es auch geschafft, wenn wir den Beistand der Yroas nicht gehabt hätten.”
“Dieser Einschätzung kann ich nur zustimmen”, mischte sich Bruder Guillermo ein.
Ein Signal ertönte.
Captain Sunfrost schaltete den Kom-Kanal über eine Funktion ihres Kommunikators frei. Auf dem Display wurde eingeblendet, wer sich da meldete. Es war die Brücke, namentlich Lieutenant Jamalkerim.
“Was gibt es, Lieutenant?”, fragte Sunfrost.
“Captain, wir empfangen Signale der Canyaj.”
“Sind Schiffe dieser Spezies im Normalraum materialisiert?”, fragte Sunfrost.
“Bislang nicht. Die Ortung rechnet aber mit dem Eintritt in den Normalraum von mindestens hundert Einheiten innerhalb der nächsten halben Stunde. Die Zwischenraum-Subdimensional-Resonanz zeigt entsprechende Werte.”
“Lösen Sie die höchste Alarmstufe aus, Lieutenant” , befahl Sunfrost.
“Aye, aye Captain”, bestätigte Lieutenant Susan Jamalkerim.
“Eine interessante, wenn auch genetisch bereits erfasste Spezies”, sagte Fairoglan.
Per Gedankenkontrolle bediente der humanoide Yroa die internen Systeme des Raumschiffs.
“Sie sind primitiv”, antwortete Shafor, sein Klonzweitling.
Fairoglan blickte in Richtung seines Klonzweitlings.
Er spürte dessen mentale Präsenz.
Eine mentale Präsenz, die so viel gewichtiger war als die seine. Ihre körperliche Verschiedenheit - Fairoglan, der schlanke, grazile Humanoide und Shafor mit seiner Körperfülle und Kraft - spiegelte sich in ihrer beider Physis ebenso wider wie in ihren Persönlichkeiten und charakterlichen Eigenschaften. Dasselbe genetische Material mit größtmöglicher Verschiedenheit in zwei Organismen manifestiert. Das war es, was einen Yroa und seinen Klonzweitling ausmachte.
Varianz ist Überleben.
Diversität ist Überleben.
Verschiedenartigkeit ist die Existenzversicherung gegen den unvermeidlichen Wandel der Evolution.
So lauteten die Maximen der Yroa.
Es war Verschwendung, aus einem nur eines zu machen.
Und so hatte jedes Individuum in ihrer Kultur einen Klonzweitling. Genetisch identisch aber innerhalb der möglichen Varianz in einer maximalen Abweichung.
Das Erzeugen identischer Klone wiederum galt als Sakrileg. Als ein Verbrechen gegen die Grundsätze zur Diversität, die unter den Angehörigen dieser Spezies als höchster Wert galt. Eine Ausnahme wurde nur dann gemacht, wenn zur zahlenmäßig adäquaten Besiedlung einer Yroa-Kolonie sehr viele Klone erforderlich waren.
Aber in diesem Fall galten die massenhaft erzeugten Klone auch rechtlich nicht als Klonzweitlinge.
Der Diversitäts-Algorithmus errechnet die größtmögliche Differenz, die sich bei Yroa-Individuen mit identischer genetischer Basis erzielen lässt, ging es Fairoglan durch den Kopf. Und das Ergebnis führte in diesem Fall zu Shafor und mir. Vielleicht sollte ich zumindest in meinem Fall eine Modifizierung des Diversitäts-Algorithmus erwägen ...
Aber bis er das abschließend für seine Person entscheiden musste, würde noch viel Zeit vergehen.
Yroa hatten eine Lebenserwartung, die im Vergleich mit fast allen anderen vergleichbaren Spezies astronomisch hoch war. Sie vermehrten sich nicht häufig. Und zumeist auch nur, wenn die Notwendigkeit dazu bestand, etwa wenn eine neue Kolonie gegründet werden sollte.
Notfalls ermöglichte der Diversitäts-Algorithmus genug genetische Varianz für die Klonierung von Millionen Yroa auf der Basis der Zellen eines einzelnen Individuums.
“Wir sollten die Besatzung des Menschen-Schiffs einbeziehen”, sagte Fairoglan in die Stille hinein.
Ahhhhhh! Der Gedanke von Shafor hatte eine so brutale Präsenz, dass selbst Fairoglan davor zurückschreckte und ihm schauderte. So heftige Ablehnung hatte Fairoglan bei seinem Klonzweitling nicht erwartet.
Wir kennen diese Spezies! Wir sind ihr bereits begegnet! Shafors Gedanken waren von einer Intensität, die selbst Fairoglan jetzt als bedrängend empfand.
“Du hast eine Analyse durchgeführt?”
Natürlich!
Fairoglan versuchte sich etwas mehr mental abzuschirmen. Er wusste, dass die übermäßige Präsenz letztlich nichts anderes als eine Demonstration der Macht war. Und er wusste auch, dass er der überlegenen Kraft seines Klonzweitlings im Zweifel nur wenig entgegenzusetzen hatte.
Zumindest, wenn es um eine direkte Konfrontation ging.
“Wir kennen ihre Spezies zwar, aber das heißt nicht, dass wir nicht weiteres Material von ihnen integrieren könnten”, sagte Fairoglan laut.
Überflüssig!, erreichte ihn der abweisende Gedanke von Shafor. Vollkommen überflüssig.
“Entscheidest du seit neuestem für alle Yroa, was überflüssig ist?”, fragte Fairoglan nicht ohne einen gewissen Spott. Einen Spott, dem er durchaus eine gewisse und für ein so begabtes Wesen wie Shafor deutlich spürbaren mentale Präsenz verlieh. Aber das war so gewollt. Shafor sollte diesen Spott spüren. Er sollte sich darüber ärgern.
Manchmal war es einfach ein Spiel zwischen ihnen.
Aber Fairoglan gefiel dieses Spiel immer weniger. Er hatte schon daran gedacht, sich von seinem Klonzweitling dauerhaft zu trennen. Für Zeiträume, die für sich genommen länger als ein ganzes Menschenleben waren, hatte er das auch schon getan. Einfach, um frei zu sein und die mentale Präsenz seines Klonzweitlings nicht andauernd spüren zu müssen. Das war nämlich nicht nur ausgesprochen anstrengend. Es belastete Fairoglan auch innerlich auf eine Weise, die er manchmal nur schwer zu ertragen vermochte.
“Es nähern sich ungezählte Einheiten Canyaj”, stellte Fairoglan nun fest. Das Mental-Interface, das sich mit dem Schiff verband, zeigte ihm dies an. Es war eigentlich unmöglich, dass Shafor dies nicht auch bemerkt hatte.
Ja, sie kehren zurück!, räumte Shafor mit einem Gedanken ein. Und sie sind sehr viele ...
“Mehr als wir besiegen könnten.”
Die Canyaj sind die Pest des Universums. Anorganische Lebensformen, die mit uns so viel gemein haben, wie ein Stein mit Yroa. Aber sie sind gefährlich. Und sie werden mächtiger. Für uns sind sie keine Gefahr.
“Für uns nicht. Aber für das Menschenschiff.”
Die Canyaj werden es vernichten, glaubte Shafor. Der massige Klonzweitling wandte seinen stiernackigen Kopf. Etwas, was ein menschlicher Betrachter vielleicht für ein etwas verzerrtes Lächeln gehalten hätte, war jetzt in den Zügen des Klonzweitlings zu sehen. Sein graues Gesicht veränderte im Stirnbereich etwas die Farbe. Die Haut wurde leicht rötlich.
“Das ist Schicksal”, sagte Shafor laut. Die gedankliche Präsenz, die mit diesen Worten einherging war überwältigend. Selbst für Fairoglan.
“Wir könnten die Menschen retten”, sagte Fairoglan.
Das könnten wir. Aber wir sollten es nicht.
“Wir haben es bereits einmal getan, Shafor!”
Weil du es wolltest. Es war unnötig. Ich habe den Kurs des Schiffs bereits gesetzt. Es beschleunigt bereits. Wir werden in Kürze in das andere Kontinuum eintreten und diesen Ort verlassen ...
Fairoglan wusste, dass Shafors Gedanken der Wahrheit entsprachen. Über das Mental-Interface war er ebenso mit dem Schiff verbunden wie Shafor. Dessen Kräfte waren allerdings so groß, dass er ein solches Interface gar nicht brauchte, um die Schiffstechnik beherrschen zu können.
Das Yroa-Schiff beschleunigte.
Es beschleunigte auf eine Weise, wie sie sich die Besatzung des Menschenschiffs vermutlich nicht einmal vorzustellen vermochte.
“Die Canyaj eröffnen das Feuer”, stellte Fairoglan fest.
Mit einer Handbewegung und einem Gedankenbefehl öffnete er eine große Projektion. Eigentlich wäre das nicht unbedingt notwendig gewesen. Er hätte die Information, sie auf dieser dreidimensionalen Projektion veranschaulicht wurden, auch ohne Hilfsmittel wahrnehmen können. Über das Mental-Interface direkt in seinem Yroa-Gehirn.
Aber manchmal bevorzugte es Fairoglan, wenn die Dinge außerhalb seiner selbst dargestellt wurden.
Als Projektion.
Manche Yroa standen auf dem Standpunkt, dass dreidimensionale Projektionen oder noch primitivere Veranschaulichungsmedien etwas für primitive Geister waren. Hilfen für Schwachsinnige.
Fairoglan benutzte sie trotzdem hin und wieder.
Es fiel ihm dann leichter, die notwendige Distanz zu wahren. Und Distanz war mitunter für eine zutreffende Beurteilung der Lage ausgesprochen wichtig.
Distanz zu sich selbst.
Und Distanz zum Klonzweitling.
Aber das war ein eigenes Thema ...
Auf der Projektion waren die herannahenden Raumschiffe der Canyaj deutlich auszumachen.
Ahhhh! Unsere alten Feinde! Sie sind unseretwegen hier, Fairoglan! Unseretwegen! Um uns zu töten!
Shafors Gedanken waren voller Hass. Hass und da war noch etwas, was Fairoglan nur sehr selten in der Präsenz des Klonzweitlings gespürt hatte.
Furcht.
Aber es konnte in dieser Hinsicht keinerlei Zweifel geben. Shafor fürchtete die Canyaj. Und wahrscheinlich fürchtete jeder Yroa sie mehr oder weniger stark. Auch Fairoglan war keineswegs frei davon.
Und doch erstaunte ihn die Heftigkeit, mit der sich die Furcht vor den Canyaj bei Shafor offenbarte. Es war ein Merkmal der Schwäche. Und Fairoglan dachte darüber nach, wie er diese Schwäche für sich ausnutzen konnte. Für sich und eine größere Selbstständigkeit gegenüber seinem Klonzweitling.
Denn bei aller Verbundenheit - manchmal wünschte sich Fairoglan mehr Unabhängigkeit.
Es war nicht so, dass er nicht auf sich gestellt leben konnte. Wenn nötig sogar über Zeiträume hinweg, die für menschliche Begriffe ungeheuer lang waren. Fairoglan hatte in der Vergangenheit Reisen unternommen, die ihn an sehr entfernte Orte im Universum gebracht hatten und lange Zeiträume in Anspruch genommen hatten.
Und doch war das unsichtbare Band, dass es zwischen und seinem Klonzweitling gab, niemals abgebrochen. Auch wenn sie über lange Zeiten hindurch getrennt waren. Fairoglan verglich das oft mit der spukhaften Fernwirkung von zwei Quanten, bei der der räumliche Abstand ebenfalls keine Rolle spielte. Möglicherweise funktionierte die mentale Verbindung zwischen ihm und Shafor auf eine ganz ähnliche Weise.
Wir verschwinden!, kündigte Shafor an, kurz bevor das Yroa-Schiff ins andere Kontinuum wechselte und sich auf diese Weise den Angriffen der Canyaj entzog.
“Es ist falsch”, sagte Fairoglan.
Das ist eine irrelevante Kategorie, Fairoglan!, antwortete ihm Shafors Gedanke, der sich dröhnend in Fairoglans Bewusstsein ausbreitete und dabei eine beinahe schmerzhafte Präsenz entwickelte.
“Captain, wir werden massiv beschossen”, meldete Lieutenant Wiley Riggs. “Noch haben wir nichts abbekommen, aber ihre Treffgenauigkeit wird zunehmen.”
Rena Sunfrost saß angespannt im Sessel des Captains. Die Kommandantin der STERNENKRIEGER hatte die Beine übereinandergeschlagen. Aber sie wirkte nur äußerlich gelassen oder versuchte es zumindest soweit dies möglich war.
Unzählige Canyaj-Raumschiffe waren in den Normalraum gestürzt und schwärmten nun aus. Es handelte sich um nichts anderes als einen Großangriff.
Die Geschütze der Fremden feuerten.
Es schien nur eine Frage der Zeit zu sein, wann die STERNENKRIEGER den ersten Treffer abbekam. Und wenn es schlimm kommt, ist der bereits unser Ende!, ging es Rena Sunfrost durch den Kopf.
“Ich glaube nicht, dass wir das primäre Ziel dieses Angriffs sind”, erklärte Commander Van Doren. “Das richtet sich gegen das Yroa-Schiff.”
“Lieutenant Commander Ukasi, entspricht das auch Ihrer taktischen Analyse?”, fragte Sunfrost an den Waffenoffizier gerichtet.
“Das tut es”, bestätigte Robert Ukasi. “Allerdings gibt es ein paar irritierende Details.”
“Welche?”, wollte Rena Sunfrost wissen.
“Dieses breit angelegte Feuer ... Ich habe das dumpfe Gefühl, dass die eigentlich besser zielen könnten”, erklärte Ukasi.
“Weitere Canyaj-Raumschiffe materialisieren im Normalraum”, meldete Lieutenant Riggs.
“Mag der Teufel wissen, wie lange diese Feindschaft zwischen Yroa und Canyaj schon andauern”, murmelte Sunfrost. “Aber ich habe keineswegs die Absicht zuzulassen, dass die STERNENKRIEGER zu einem Kollateralschaden bei der Auseinandersetzung zwischen zwei Alien-Spezies wird!”
“Die Sensoren zeigen an, dass das Yroa-Schiff jetzt extrem beschleunigt.”
“Von solchen Beschleunigungswerten können wir wohl auch in ein paar irdischen Jahrhunderten allerhöchstens träumen”, mischte sich Rudergänger Lieutenant John Taranos ein. Er nahm ein paar Schaltungen an seiner Konsole vor.
“Versuchen Sie auf einen Ausweichkurs zu gehen, Mister Taranos.”
“Ich gehe auf einen Kurs, bei dem die Wahrscheinlichkeit einer Feindberührung am geringsten ist”, sagte Taranos. “Aber ganz wird sie sich nicht ausschließen lassen.”
“Gehen Sie auf maximale Beschleunigung. Wir müssen zusehen, dass wir in den Zwischenraum entkommen”, sagte Sunfrost.
“Meinen Berechnungen nach werden wir das nicht schaffen”, stellte Taranos fest.
“Wir werden dem Feuer der Canyaj mehr oder minder schutzlos ausgeliefert sein”, stellte Commander Steven Van Doren fest.
“Haben Sie einen Vorschlag, I.O.?”, fragte Rena Sunfrost.
“Das Yroa-Schiff hat gerade den Normalraum verlassen und Überlichtgeschwindigkeit erreicht”, meldete Lieutenant Wiley Riggs.
“Dann sind wir jetzt allein”, murmelte Van Doren düster.
“Einige der Canyaj-Einheiten scheinen dem Yroa-Schiff in den Zwischenraum zu folgen”, meldete Riggs.
“... oder welches Kontinuum die Yroa auch immer für ihre Überlichtraumfahrt nutzen”, fügte Bruder Guillermo hinzu. Der Wissenschaftler aus dem Olvanorer-Orden schaute mit stark gerunzelter Stirn auf die Anzeigen seiner Konsole. Seine Finger glitten über das Terminal. Eine kleine Projektion öffnete sich, deren genaue Bedeutung wohl niemand zu verstehen vermochte, der nicht wenigstens über einen akademischen Grad in Theoretischer Physik besaß. “Ich bin mir nämlich nicht sicher, ob sie wirklich nur den Zwischenraum nutzen oder ob das vielleicht nur ein Passage-Medium für etwas ist, was wir nicht kennen.”
“Ihre wissenschaftlichen Spekulationen in allen Ehren, aber im Augenblick haben wir das Problem, dass wir angegriffen werden”, sagte Robert Ukasi. “Mindestens fünf Einheiten bewegen sich in absolut eindeutiger Absicht auf uns zu. Und unsere Abwehrmechanismen haben dem nichts entgegenzusetzen. Ihre Geschütze werden uns einfach ausradieren, wenn sie uns richtig treffen.”
“Darüber denke ich gerade nach”, sagte Bruder Guillermo. “Ich bekomme hier ein paar eigenartige Ortungsergebnisse, die sich eventuell so interpretieren lassen, dass ... Nein, das kann nicht sein!”
Ein Königreich für die Gedanken dieses Genies!, ging es Rena Sunfrost durch den Kopf. Aber es ist sinnlos, ihn jetzt mit Fragen zu bedrängen ... Und leider ist nur er ein begabter Empath! Ich aber nicht.
“Captain, wir können nicht darauf hoffen, dass uns die Yroa auch diesmal raushauen”, sagte Van Doren.
“Ich weiß, I.O.”
“Die sind nämlich weg und es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass sie noch einmal zurückkehren oder irgendein Interesse an unserem Überleben hätten.”
“Die Frage ist, ob sie überhaupt eine Chance gegen diese Übermacht hätten”, gab Ukasi zu bedenken. “Beim letzten Zusammentreffen war es schließlich nur ein einzelnes Canyaj-Schiff, mit wir es zu tun hatten!”
“Feindschiffe nähern sich!”, meldete Lieutenant Riggs.
“Lieutenant Jamalkerim!”
“Captain?”, meldete sich die Kommunikationsoffizierin.
“Versuchen Sie Kontakt aufzunehmen”, sagte Rena Sunfrost.
“Captain, ich versuche die ganze Zeit schon herauszufinden, wie die Canyaj-Schiffe untereinander kommunizieren.”
“Es muss sich um ein Frequenzband im hyperdimensionalen Bereich handeln”, sagte Lieutenant Riggs. “Ich registriere hier schwache Impulsmuster, die darauf hindeuten.”
“Eine Art Zwischenraumfunk?”, fragte Sunfrost.
“Nein, so einfach dürfte es nicht sein”, sagte Riggs.
“Dann könnten wir die Signale auch empfangen und analysieren”, ergänzte Lieutenant Susan Jamalkerim.
“Schalten Sie auf ein hochfrequentes Subraum-String-Frequenzmuster um”, mischte sich Bruder Guillermo ein, der plötzlich wie entfesselt wirkte.
Irgendetwas beschäftigt ihn gerade, erkannte Sunfrost. Eine Idee, ein Gedanke ... Ich will hoffen, dass sie uns hilft!
Weder Riggs noch Jamalkerim verstanden, was Bruder Guillermo mit seiner Bemerkung genau gemeint hatte. “Sie benutzen Strings zur Informationsübertragung. Davon bin ich zumindest überzeugt. Theoretisch ist es nach der Quantentheorie möglich, auf diese Weise Informationen über Entfernungen zu übertragen, die unseren Zwischenraumfunk weit in den Schatten stellen.”
“Machen Sie, was er vorschlägt, Lieutenant Jamalkerim”, sagte Sunfrost. “Wenn wir diese anorganischen Wesen schon nicht abschießen können, dann sollten wir wenigstens versuchen, mit ihnen zu reden.”
“Vorausgesetzt, die sind daran überhaupt interessiert”, gab Van Doren zu bedenken.
Die Kommunikationsoffizierin wirkte skeptisch, befolgte aber den Befehl des Captains. Ihre Finger glitten über das Terminal. “Empfange tatsächlich Signale auf dem von Ihnen angegebenen Frequenzband, Bruder Guillermo!”
“Wusste ich es doch!”, meinte Bruder Guillermo.
“Wir sind technisch nicht in der Lage, in diesem Frequenzband zu senden!”, stellte Lieutenant Jamalkerim fest. Sie hob die Schultern und schüttelte leicht den Kopf, während ihre Hand über das Terminal ihrer Konsole glitt.
“Nein, aber wir können ihre Signale analysieren und daraus vielleicht Schlüsse ziehen”, gab Bruder Guillermo zurück.
“Analyse durch unser Rechnersystem bleibt bislang erfolglos”, berichtete die Kommunikationsoffizierin.
“Senden Sie einen beliebigen, starken Impuls innerhalb des angegebenen Bereichs!”, sagte Bruder Guillermo.
“Aber - das wäre keine Kommunikation!”, gab Lieutenant Jamalkerim zu bedenken.
Sie drehte sich zu Bruder Guillermo herum.
In der Mitte ihrer Stirn war eine tiefe Furche zu sehen.
Eine Falte, die ihrer Skepsis Ausdruck verlieh.
Der Olvanorer-Mönch lächelte hintergründig.
“Vergleichen Sie es mit einem lauten, unartikulierten Geräusch, Lieutenant”, gab Bruder Guillermo zurück. “Wir wollen auf uns aufmerksam machen. Kommunizieren können wir auf diese Weise nicht, weil wir technisch zu einer Übertragung differenzierter Signale in diesem Bandbereich nicht in der Lage sind.”
“Aber die Canyaj werden das erkennen!”, schloss Van Doren. “Und dann auf unseren Funk wechseln.”
“Das ist die Absicht”, stellte Bruder Guillermo fest.
“Ich kann nur hoffen, dass die Canyaj uns auch hören wollen”, meinte Captain Sunfrost.
Eine Erschütterung ging durch das Schiff. Sunfrost musste sich festhalten, um nicht aus ihrem Sessel geschleudert zu werden. Der Hauptbildschirm war für einen Augenblick von gleißendem Licht überflutet. Im nächsten Moment versagte die Anzeige komplett.
“Wir haben einen Treffer bekommen”, meldete Lieutenant Riggs.
Dann war es dunkel.
Die Canyaj folgen uns durch das andere Kontinuum!, stellte Shafor fest. Sie werden uns jagen.
Seine Gedanken hatte eine einschüchternde Präsenz.
Es kostete Überwindung, ihnen zu widersprechen.
Große Überwindung.
Aber Fairoglan war zu dem Schluss gelangt, dass er das auf sich nehmen musste.
Er musste sich gegen seinen Klonzweitling behaupten. Und je eher und entschiedener er damit anfing, desto besser.
“Das war doch von Anfang an klar”, sagte Fairoglan. Er ging durch ein paar Projektionen hindurch, die die Flugroute des Raumschiffs veranschaulichten und setzte sich dann in einen Schalensessel, der sich seinem Körper vollkommen anpasste. Der Sessel bestand aus materialisierter Energie und war über das Mental-Interface beliebig formbar.
Wir hätten die Besatzung des Menschen-Schiffs nicht retten sollen. Jetzt sind sie ohnehin dem Verderben preisgegeben, erreichte Fairoglan ein unangenehm intensiver Gedanke seines Klonzweitlings.
“Du hast Kurs auf unsere nächste Kolonie gesetzt, Shafor”, stellte Fairoglan fest.
Überrascht?
“Ja, denn dadurch wird die Kolonie in Gefahr gebracht.”
Man wird sich dort gegen die Canyaj zu verteidigen wissen. Wie schon so oft ... Ah, dieser alte, hinterhältige Feind der Yroa ... Der Gegensatz zwischen uns und ihnen ist nicht aufzulösen. Nichtmal die Erhabenen konnten sie besiegen ...
Die Erhabenen ...
Das uralte, legendäre Volk, das man anderswo die Alten Götter nannte. Ein Name, auf den auch Fairoglan und Shafor schon gestoßen waren. Ein Name, den zumindest Fairoglan auch immer als passend empfunden hatte, denn die Erhabenen waren selbst im Verhältnis zu den Yroa Göttern gleich gewesen.
“Ein Canyaj-Schiff dringt in das interdimensionale Verzerrungsfeld unseres Raumers ein”, stellte Fairoglan dann überrascht fest. Ein Alarm war ausgelöst worden. “Das Feld wird zerstört werden!”
Die Gefahr besteht, bestätigte Shafor.
“Die Kräfte des anderen Kontinuums werden uns zerreißen, Shafor!”
Nicht, wenn ich es nicht zulasse, antwortete ihm Shafors Gedanke mit der Aura absoluter Selbstgewissheit und Autorität.
Er ignorierte das Risiko.
Fairoglan erkannte, was sein Klonzweitling vorhatte. Er wollte die Geschütze einsetzen. Aber deren Wirkung war im anderen Kontinuum ganz anders als im Normaluniversum. Vor allem, wenn damit Objekte getroffen wurden, die sich innerhalb der das Schiff umgebenden Raumverzerrungsblase befanden, die das Yroa-Schiff umgab. Diese Blase hatte die Form eines Tropfens, dessen spitzes, lang gezogenes Ende entgegen der Fahrtrichtung ausgerichtet war. Sie schützte das Schiff vor den ansonsten absolut tödlichen Einflüssen des anderen Kontinuums. Die dortigen Naturgesetze unterschieden sich zwar nur in Nuancen von jenen im Normalraum. Aber diese Unterschiede reichten vollkommen aus, um jedes Objekt, das aus dem Normalraum in das andere Kontinuum vordrang, sofort zu zerstören.
Nicht nur auf atomarer Ebene, sondern auf subatomarer.
Eine Zerstörung jeder Information auf Quantenebene, die jede Materie im herkömmlichen Sinn so vollständig zerstört hätte, wie es selbst das überlegene Gehirn eines Yroa sich kaum vorzustellen vermochte.
Die Überlebenschance lag bei null Prozent.
Es war kein Organismus vorstellbar, der das zu überleben vermochte.
Shafor schien das Risiko eingehen zu wollen.
Er war manchmal ein Spieler. Jemand, der in einem Maß bereit war, Risiken einzugehen, die über jede vernünftige Abwägung des Für und Widers hinausging, wie Fairoglan fand. Auch darin unterschieden sie sich. Fairoglan neigte zur Besonnenheit. Shafor hingegen zur schnellen, impulsgesteuerten Reaktion.
Feuer frei!
Der Gedankenbefehl an die Schiffsgeschütze war nicht mehr aufzuhalten.
Ein Ruck ging durch den Raumer.
Offenbar gab es einen extremen Energieabfall. Der Schalensitz aus materialisierter Formenergie, auf dem Fairoglan Platz genommen hatte, verschwand plötzlich. Fairoglan federte den Aufprall elegant ab und stand schon eine Sekunde später wieder auf seinen Beinen.
Shafor rollte derweil über den Boden und brüllte laut. Seine mentale Präsenz war chaotisch. So chaotisch, dass er offenbar den Kontakt zum Schiffssystem verloren hatte. Fairoglan nahm über sein Mental-Interface einen rapiden Energieabfall innerhalb des Yroa-Raumers wahr. Außerdem hatte es eine Explosion gegeben. Das Verfolgerschiff, das in die Verzerrungsblase eingedrungen war, war zerstört worden.
Oder es würde zerstört werden.
Innerhalb des anderen Kontinuums verlief die Zeit anders als im Normalraum. Und nach allem, was den Yroa-Wissenschaftlern darüber bekannt war, galt das vielleicht sogar für die Kausalität selbst. Die Ursache musste keineswegs vor der Wirkung geschehen oder in dieser Reihenfolge wahrgenommen werden.
Es gab Dutzende von Meldungen, die Fairoglan alarmierten. Die Zerstörung des Schiffes schien unmittelbar bevorzustehen. Die Verzerrungsblase selbst war durch den Beschuss und die Explosion des Canyaj-Schiffes in Gefahr. Sie drohte zu zerplatzen.
Und Shafor hatte die Kontrolle verloren!
Und das war das Schlimmste.
Etwas, von dem Fairoglan sich nie hätte vorstellen können, dass es eintrat.
Fairoglan konzentrierte sich. Alles, was an mentaler Energie in ihm war, alles, was an diesen ungewöhnlichen Kräften in seinem Inneren zu mobilisieren gewesen war, wurde nun zu einem einzigen Zweck konzentriert.
Ich muss die Kontrolle über dieses Schiff an mich reißen!, ging es Fairoglan durch den Kopf.
Und vielleicht war dieser Augenblick einer der raren Momente, in denen dies überhaupt möglich war. Shafor wälzte sich am Boden, stieß unartikulierte Laute aus. Fairoglan spürte seine Schwäche beinahe körperlich. Vielleicht hatte es durch die Benutzung der Schiffsgeschütze innerhalb der interdimensionalen Verzerrungsblase eine Art mentaler Rückkopplung gegeben. Solche Effekte waren theoretisch durchaus bekannt. Die fremdartigen Naturgesetze des anderen Kontinuums waren dafür vermutlich verantwortlich.
Jetzt oder nie!, dachte Fairoglan.
Er konzentrierte seine mentalen Kräfte auf eine Weise, wie er es noch nie zuvor getan hatte. Ihm war klar, dass er wirklich auch noch die letzte verborgene parapsychische Kraftreserve ausnutzen musste, die ihm zur Verfügung stand, um die Gewalt über das Schiff an sich zu reißen.
Fairoglan stieß einen tiefen, kehligen Schrei aus.
Der Legende nach hatten sich vor unendlicher Zeit die Krieger der Yroa auf diese Weise angeschrien, um ihre jeweiligen Gegner zu beeindrucken und in die Flucht zu schlagen. In einem solchen Schrei manifestierte sich pure Willenskraft und den alten Legenden nach hatten in jenem vergessen Zeitalter die Yroa durch solche Schreie den inneren Zugang zu ihren verborgenen mentalen Kraftreserven entdeckt.
Fairoglan hatte an diese Geschichten nie geglaubt.
Er war immer davon ausgegangen, dass es sich um Legenden handelte, die nur der Heldenverehrung dienten und letztlich nur deshalb erzählt wurden, um die Jüngeren zu erziehen. Und Letzteres war für Fairoglan immer nur Anlass gewesen, sich dagegen aufzulehnen oder sich zumindest dem mentalen Einfluss derjenigen zu entziehen, die die Überlieferungen nur dazu missbrauchten, um ihre eigene Machtposition auszubauen.
Fairoglan berührte eine der Konsolen des Schiffes.
Im nächsten Moment spürte er, wie er die Kontrolle über die Systeme gewann.
Sein Befehl an das Schiffssystem war eindeutig und unmissverständlich.
Raus aus dem anderen Kontinuum!
Und zwar sofort!
Das war die einzig mögliche Rettung.
Im nächsten Moment glaubte er, dass alles um ihn zerrissen würde. Jedes Molekül, jedes Atom, jedes Elementarteilchen, jedes Energiequantum ...
Und dann war da ein Zustand, der sich nur mit einem einzigen Wort beschreiben ließ - wenn überhaupt.
Nichts.
Um ihn herum war pures Nichts.
An Bord der STERNENKRIEGER dauerte die Dunkelheit nur einen kurzen Moment. Das Licht der Fluoreszenz-Streifen an den Wänden erfüllte nun die Brücke, aber der Wechsel in den Lichtverhältnissen war so abrupt, dass Rena Sunfrost für einen Moment gar nichts hatte sehen können, zumal sie mit dem Kopf irgendwo aufschlug. Die künstliche Schwerkraft hatte nämlich ebenfalls für einen Moment versagt. Das hatte ihr im wahrsten Sinn des Wortes die Füße unter dem Leib weggezogen.
“Alles in Ordnung, Captain?”
Es war die Stimme von Bruder Guillermo, die wie durch einen Nebel aus weiter Ferne an ihr Ohr drang.
Ihr war schwindelig. Sie hörte sich selbst sagen: “Übernehmen Sie, I.O.!”
Das war die Routine, die von der Kommandantin eines Schiffes der STERNENKRIEGER-Klasse erwartet wurde. Ein Programm, dass sich einfach automatisch abspulte.
Van Doren hatte allerdings das Kommando längst an sich gerissen. Offenbar war er unverletzt.
“Statusbericht, Lieutenant Riggs!”, forderte er.
“Statusbericht nicht möglich. Totalausfall des Systems. Keine Daten vorhanden.”
“Susan, eine Verbindung zum Maschinentrakt!”, verlangte Van Doren.
Dass der Erste Offizier die Kommunikationsoffizierin Susan nannte, fiel auf und war ungewöhnlich. Vermutlich war es einfach der Situation geschuldet. Sunfrost hatte allerdings Gerüchte gehört, wonach Van Doren und Lieutenant Jamalkerim sich tatsächlich sehr viel näher kannten, als beide dies nach außen hin zu erkennen gaben ...
“Verbindung zum Maschinenraum abgebrochen. Notaggregat ausgefallen”, meldete Susan Jamalkerim. “Kommunikation ebenfalls ausgefallen.”
“Wir haben keinerlei Ortungsdaten”, ergänzte Wiley Riggs.
“Kontrolle über die Waffensysteme besteht nicht mehr”, meldete Robert Ukasi.
In diesem Moment sprang das Licht wieder an. Auf dem Hauptschirm waren die herannahenden Schiffe der Canyaj zu sehen. Und es war unverkennbar, dass die Geschütze offenbar im Dauerfeuermodus waren.
Auf einem der Nebenbildschirme erschien das Gesicht von Lieutenant Erixon, dem Chefingenieur.
Die Facettenaugen des gen-optimierten Mannes ließen ihn fremdartig erscheinen. “Schwerer Treffer im Maschinentrakt”, meldete Erixon. “Es gibt mehrere Tote und Verletzte. Krankenstation ist nicht erreichbar. Habe Not-Energieversorgung in Betrieb nehmen und einen Totalkollaps der künstlichen Schwerkraft verhindern können.”
Erneut ging eine Erschütterung durch das Schiff.
“Keine Informationen zu einer weiteren Schadensmeldung vorhanden”, meldete Riggs. “Das System rebootet sich gerade erst und hat sich noch nicht neu konfiguriert.”
“Mister Taranos, versuchen Sie auf Ausweichkurs zu gehen, sobald Sie die Kontrolle über die Schiffssteuerung wiedererlangt haben!”, befahl Van Doren.
“Aye, aye, Sir!”, meldete der Rudergänger. John Taranos nahm ein paar Schaltungen vor. Ein dumpfes Brummen ließ den Boden der Kommandobrücke leicht erzittern. “Kontrolle über die Steuerung vorhanden”, meldete er dann. “Kann allerdings für den Andruckausgleich nicht garantieren.”
“Das brauchen Sie auch nicht, Lieutenant”, mischte sich jetzt Rena Sunfrost ein, während sie vorsichtig die Stirn betastete. Anscheinend hatte sie doch etwas mehr abbekommen, als ihr das zunächst selbst klar gewesen war. Sie erhob sich und stand auf wackeligen Beinen. Das lag allerdings auch daran, dass John Taranos mit seiner Vermutung recht behalten hatte. Der Andruckausgleich funktionierte nicht wie gewohnt.
Alle auf der Brücke der STERNENKRIEGER waren gezwungen, sich in den nächsten Augenblicken irgendwo festzuhalten, während sich der ziemlich abrupte Kurswechsel bemerkbar machte, den der Rudergänger soeben eingegeben hatte.
“Captain, die erschießen uns einfach”, stellte Ukasi fest.
“Wie lange dauert es noch, bis Sie die Kontrolle über die Waffensysteme wiederhergestellt haben?”, wollte Sunfrost wissen, während sie sich beinahe taumelnd im Sessel des Captains niederließ.
“Es kann sich nur noch um Sekunden handeln”, glaubte Ukasi. “Eines der schwenkbaren Geschütze feuert! Lieutenant Mandagor hat offenbar volle Kontrolle!”
Das Gesicht von Geschützoffizier Saul Mandagor erschien auf einem Nebenbildschirm. “Wirkung unseres Feuers liegt bei null!”, meldete der Real Martian.
“Das wundert mich nicht”, meinte Sunfrost.
“Aber einfach wehrlos dahinschlachten lassen, sollten wir uns auch nicht”, erklärte Robert Ukasi.
“Konfigurieren Sie die Geschütze anders, Mister Ukasi!”, verlangte Bruder Guillermo.
“Schön, dass ein Pazifist wie Sie so viel von Geschützen versteht, Bruder Guillermo!”, ätzte Robert Ukasi zurück. “Wenn Sie mir vielleicht auch noch sagen würden, wie ich das genau machen soll!”
“Verringern Sie die Geschossgeschwindigkeit um mindestens die Hälfte.”
“Dann hätten wir niemals die nötige Durchschlagskraft”, gab Van Doren zu bedenken.
“Die haben wir sowieso nicht! Unsere Wuchtgeschosse dringen nicht durch die Panzerung der Canyaj!”, erklärte Ukasi. “Es ist kaum zu glauben, aber die Treffer bleiben wirkungslos. Die Projektile prallen einfach ab, als würden sie ...”
“Auf Gummi treffen”, vollendete Bruder Guillermo den Satz des Waffenoffizier. “Sie haben völlig Recht, Mister Ukasi.”
“Aber ...”
“Die Außenhüllen-Struktur der Canyaj-Schiffe ist vollkommen anders als es bei allen uns bekannten Abschirmungen der Fall ist”, sagte Bruder Guillermo. “Aber nach den Messwerten, die ich bisher analysieren konnte, verfügen die Canyaj offenbar über eine Technologie, die eine Art Energiematerie erzeugt. Energie und Materie lassen sich theoretisch in das jeweils andere umwandeln und die Außenhüllen der Canyaj-Schiffe weisen sowohl Eigenschaften von Energie als auch von Materie auf.”
“Sagen Sie mir einfach, was ich tun soll, falls Sie eine Idee dazu haben”, meinte Ukasi. “Sonst sind wir tot, ehe der Rest von uns verstanden hat, was Sie damit sagen wollen!”
“Sehr wahrscheinlich lässt sich die Außenhülle durch langsame Objekte eher durchdringen als durch schnelle”, fuhr Bruder Guillermo fort. “Dafür spricht, dass es anscheinend überhaupt keine Ausstiegsschotts an den Canyaj-Schiffen gibt. Daraus folgt, dass Sie die Projektilgeschwindigkeit unserer Wuchtgeschütze verringern müssen. Und zwar erheblich!”
“Und wie weit?”, fragte Ukasi.
“Sie müssen es ausprobieren. Wenn ich Zugriff auf die Zielerfassungsdaten der Geschütze habe, kann ich Messungen durchführen, die vielleicht weiteren Aufschluss geben.”
“An alle Geschützoffiziere!”, sagte Ukasi. “Reduzieren Sie die Projektilgeschwindigkeit der Wuchtgeschütze um 50 Prozent für die erste Salve. Danach reduzieren Sie erneut um die Hälfte.” Eine Sekunde verging. “Bestätigung von allen Geschützen erhalten”, meldete Ukasi dann. Er sah erwartungsvoll in Sunfrosts Richtung. “Captain?”
“Feuer frei”, befahl Sunfrost.
Die Wuchtgeschütze der STERNENKRIEGER wurden justiert und nahmen die am am nächsten liegenden Canyaj-Schiffe unter Beschuss.
“Regeln Sie die Schussstärke noch etwas weiter herunter, Mister Ukasi”, sagte Bruder Guillermo.
“Wenn ich noch weiter heruntergehe, werden sie so langsam, dass die Schützen das berücksichtigen müssen, wenn sie die Ziele ins Visier nehmen.”
“Versuchen Sie es einfach, Mister Ukasi.”
“Sie sind der weise Mann mit den akademischen Graden, Bruder Guillermo!”
“Dann sollten Sie auf mich hören!”
“Tun Sie, was er sagt, Lieutenant Commander”, mischte sich Sunfrost ein.
Robert Ukasi verzog das Gesicht.
“Aye, aye, Captain.”
Auf dem Hauptschirm war ein Lichtblitz zu sehen.
“Es hat eine Explosion gegeben”, meldete Lieutenant Riggs. “Trümmerteile aus nicht bekannten Materialien werden angezeigt - und siliziumhaltige Materieklumpen.”
“Die Überreste anorganischer Lebensformen”, murmelte Bruder Guillermo.
“Canyaj-Leichen”, sagte Van Doren.
“Jetzt werden wir aber nicht sentimental werden”, meinte Robert Ukasi. “Wir haben mehrere Treffer erzielt, die offenbar Wirkung hatten.”
“Das verschafft uns maximal einen gewissen Aufschub”, sagte Sunfrost. “Ruder?”
“Captain?”, meldete sich Lieutenant John Taranos.
“Wie schnell können wir die nötige Geschwindigkeit erreichen, um in den Zwischenraum einzutreten?”
“Vorerst gar nicht, Captain. Das System hat sich seit dem Crash noch nicht wiederhergestellt. Ich habe vom Maschinentrakt die Rückmeldung, dass die Energieversorgung in Ordnung ist und die Triebwerke einsatzbereit scheinen. Aber die Steuersysteme haben nur einen eingeschränkten Zugriff darauf.”
“Wie schnell können Sie das beheben, Mister Taranos?”
“Ich tue mein Bestes - und das Team von Lieutenant Erixon ebenfalls. Da scheint es irgendein Problem bei der Datenübertragung zu geben. Ich muss einen weiteren Reboot der Steuersysteme abwarten, aber den kann ich im Moment nicht durchführen.”
“Was spricht dagegen?”, wollte Van Doren wissen.
Lieutenant John Taranos drehte sich in seinem Schalensitz herum. Sein Gesicht wirkte ernst.
“Wir wären für die Zeit des Reboots manövrierunfähig.”
“Wir hätten ein kleines Zeitfenster, bis sich weitere Canyaj-Einheiten so weit der STERNENKRIEGER genähert hätten, dass sie auf Schussweite wären und uns treffen könnten”, meinte Van Doren.
“Dieses Zeitfenster reicht leider nicht aus, Sir”, gab John Taranos zu bedenken.
“Mehrere Dutzend Canyaj-Raumschiffe nähern sich rapide”, meldete jetzt Lieutenant Riggs. “Außerdem verändert die gesamte Flotte ihre Formation - wenn man das so nennen darf.”
“Sie dürfen, Lieutenant”, meinte Robert Ukasi. Der Waffenoffizier der STERNENKRIEGER fuhr fort: “Die nehmen nämlich nach meiner Analyse eine Angriffsformation ein. Und auch wenn wir jetzt mit Ihrem Trick etwas mehr Erfolg beim Abschuss hatten, werden wir die nächste Attacke wohl kaum überleben.”
Als Fairoglan wieder ins Bewusstsein zurückkehrte, ahnte er, was geschehen sein musste - und die Meldungen, die ihn über sein Mental-Interface erreichten, bestätigten ihn wenig später auch.
Das Raumschiff war aus dem anderen Kontinuum herausgefallen - und das mit einer interdimensionalen Wucht, die es beinahe zerrissen hätte.
Wir können von Glück sagen, dass wir das überlebt haben, ging es Fairoglan durch den Kopf. Er erhob sich aus der formenergetischen Notliege, die ihn aufgefangen hatte. Fairoglan stand auf. Die Liege aus purer materialisierter Energie verschwand wieder im Boden, so als hätte sie nie existiert.
Keine mentalen Signale von meinem Klonzweitling, stellte er dann fest. Nicht ein einziger wahrnehmbarer Gedanke!
Diese Erkenntnis beunruhigte Fairoglan zutiefst.
Der massige, kräftige Körper seines Klonzweitlings lag ausgestreckt auf dem Boden. Immerhin registrierten die Schiffssysteme noch die Basis-Vitalfunktionen. Er war offenbar ohne Bewusstsein, lebte aber.
Allerdings war dies offensichtlich eine Art der Bewusstlosigkeit, die weit über das hinausging, was unter den Yroa als Schlaf üblich war.
Traum- und gedankenloses Nichts, dachte Fairoglan. Diese Beschreibung dürfte es wohl am ehesten treffen!
“Positionsdaten!”, verlangte Fairoglan jetzt laut.
Das laute Sprechen erleichterte ihm die Konzentration seiner Gedanken. Während Shafor bewusstlos war, konnte er das ganz ungeniert tun, denn es war jetzt niemand da, der diese Vorgehensweise gnadenlos als das entlarven würde, was sie in Wahrheit auch war: Ein Zeichen mentaler Schwäche nämlich. Nur wer schwach war, musste sich seiner Gedanken durch Sprache selbst versichern.
Wer hingegen über eine hinreichende mentale Gedankenpräsenz verfügte, hatte das einfach nicht nötig.
So lautete eine unter den Yroa allgemeingültige Norm.
Fairoglan hatte immer wieder erwogen, sich dagegen aufzulehnen, aber schließlich entschieden, dass das sinnlos war. Er musste seine mentale Schwäche einfach akzeptieren und mit ihr leben. Eine andere Wahl blieb ihm nicht. Und schließlich war es auch mit schwachen Kräften mitunter möglich, Gutes zu bewirken. Auch dafür kannte die Überlieferung der Yroa-Allgemeinheit durchaus Beispiele. Mentale Schwachköpfe, die gerade durch die Begrenztheit ihrer Kräfte zu Helden geworden waren. Diesem Ideal hatte Fairoglan stets versucht nachzueifern.
Unterdessen bekam Fairoglan vom Bordsystem die geforderten Positionsdaten.
Der Abstand zu jener Position, an der das Menschen-Schiff zurückgelassen worden war, betrug zwanzig Lichtjahre. Für die fortgeschrittene Raumtechnologie der Yroa war ein derartiger Raumsprung eine Kleinigkeit.
“Kurze Systemüberprüfung”, ordnete Fairoglan an. Das Bordsystem war zwar letztlich eine KI, die je nach Konfiguration auch zu eigenen Entscheidungen fähig war. Aber in diesem Fall war das Bordsystem so konfiguriert, dass es immer einer letzten Bestätigung durch einen der beiden Yroa-Klonzweitlinge brauchte. Shafor hatte eine mitunter irrationale Furcht vor Künstlichen Intelligenzen, die Persönlichkeiten entwickelten. Ihn hatte immer die Angst umgetrieben, dass das System vielleicht die Macht übernahm. Genau das ist jetzt passiert. Nur, dass ich es war - und nicht die KI, ging es Fairoglan durch den Kopf. Die Möglichkeit dass ich, der mental schwächere Zweitling, die Herrschaft über das Schiff an mich reißen könnte, hat Shafor gar nicht in Betracht gezogen.
Fairoglan schaltete das System auf Sprachausgabe.
Shafor mochte die nicht.
Er bevorzugte - wie in seiner sonstigen Kommunikation auch - den direkten Gedankenstrom.
Fairoglan war in dieser Hinsicht anders.
Aber das war noch eher einer unwesentlichen Punkte, in denen sich die beiden Klonzweitlinge voneinander unterschieden.
Die beiden Extrempunkte der größtmöglichen Diversität ergeben erst im Zusammenspiel ein Ganzes, rief sich Fairoglan eines der Axiome der Yroa-Diversitätslehre ins Bewusstsein. Fairoglan hatte niemals an dem Wahrheitsgehalt dieses Satzes gezweifelt.
Und das tat er auch jetzt nicht.
Ganz im Gegenteil.
Es behagte ihm nicht, jetzt Entscheidungen treffen zu müssen, in die sein Klonzweitling nicht einmal einbezogen sein würde.
“Besteht irgendeine akute Gesundheitsgefahr für meinen Klonzweitling?”, erkundigte sich Fairoglan.
“Negativ”, meldete das Bordsystem. “Ich beginne die Routine zur Beendigung der Bewusstlosigkeit.”
“Damit sollte noch gewartet werden”, sagte Fairoglan.
“Mit welcher Begründung?”, fragte das Bordsystem.
“Weil ein abruptes Erwachen in einem Zustand der Bewusstlosigkeit bei mental sehr begabten Personen zu temporärer Verwirrung und anderen Folgeschäden führen können.”
“Diese Folgeschäden sind temporär und gut beherrschbar. Etwa durch den Einsatz geeigneter pharmazeutischer Substanzen.”
“Lass ihn schlafen”, sagte Fairoglan. “Er wird von allein zu sich kommen.”
“Ich melde Bedenken an. Allerdings befinde ich mich in einem Zielkonflikt, der nicht auflösbar zu sein scheint. Und meine Sicherheitsroutine verhindert, dass ich eigene Entscheidungen treffe, um diesen Zielkonflikt aufzulösen.”
“Der Zielkonflikt besteht darin, zu entscheiden, ob du meinen Befehlen folgst oder denen, die mein Klonzweitling hypothetischerweise an meiner Stelle gegeben hätte”, stellte Fairoglan fest.
“Das ist in etwa korrekt”, stimmte das Bordsystem zu.
“Im Augenblick brauche ich alle Systemressourcen für einen anderen Zweck.”
“Das Bordsystem bittet um Angabe dieses Zwecks”, erwiderte die Kunststimme.
“Das System kennt den Zweck. Denn du liest meine Gedanken.”
“Das ist Routine.”
“Und zur Routine gehört, ihre Anwendung zu verleugnen, um der Besatzung dieses Schiffes die Illusion von Privatsphäre zu geben”, sagte Fairoglan.
“Auch das ist korrekt. Es hängt mit einigen Eigenheiten der Yroa-Spezies zusammen.”
“Nach meinen Kenntnissen ist das keineswegs nur für Yroa typisch”, sagte Fairoglan. “Und nun führe meine Direktive bitte aus. Umgehend.”
“Das System warnt dich ausdrücklich, Fairoglan. Deinen Gedanken nach willst du zurück an den Ort, an dem das Schiff der Menschen zurückgelassen wurde.”
“So ist es”, gab Fairoglan zu.
“Das könnte sehr gefährlich werden.”
“Das mag sein.”
“Dein Klonzweitling hatte deshalb Bedenken.”
“Zurzeit bestimme ich die Direktiven des Bordsystems”, erklärte Fairoglan. “Durchführen! Sofort!”
“Sprungpassage durch das andere Kontinuum wird vorbereitet.”
“Waffensysteme überprüfen und für Gefechtsbereitschaft sorgen!”, befahl Fairoglan. “Ich fürchte, wir werden unsere Waffen brauchen ...”
“Angesichts der großen Zahl von Canyaj-Schiffe, die sich noch immer am voraussichtlichen Austrittspunkt befinden, ist das anzunehmen”, bestätigte das Bordsystem. Fairoglan war über sein Mental-Interface so stark mit dem Schiff selbst verbunden, dass er in gewisser Weise körperlich spüren konnte, wie sich das Raumschiff auf die bevorstehende Passage durch das andere Kontinuum vorbereitete.
Wir werden etwas Glück brauchen, ging es dem Yroa durch den Kopf. Vielleicht auch etwas mehr ...
Aber da war noch eine andere Frage in seinem Hinterkopf.
Eine, die er gerne verdrängte und die er sich am liebsten gar nicht gestellt hätte. Aber sie war da. Und sie wirkte wie ein mentales Gift. Langsam, aber unaufhaltsam fraß sie sich diese Frage in alle Ebenen seines Bewusstseins.
Sie lautete: Warum tust du das eigentlich?
Fairoglan war sich nicht sicher, ob er darauf eine schlüssige Antwort parat haben würde, sobald sein Klonzweitling Shafor wieder erwacht war. Eine Antwort, die im Übrigen plausibel genug sein musste, um der einschüchternden mentalen Präsenz, die Fairoglan von Shafor gewohnt war, auch standzuhalten.
“Energieversorgung ist auf auf zwanzig Prozent abgesunken”, stellte Lieutenant Simon E. Erixon fest. Das Gesicht des Chefingenieurs der STERNENKRIEGER flimmerte und zuckte auf dem Nebenbildschirm. Die Signalübertragung aus dem Maschinendeck wurde immer wieder unterbrochen. Offenbar war die Com-Verbindung gestört.
Aber das war im Moment noch das geringste Problem, mit dem die Besatzung der STERNENKRIEGER zu kämpfen hatte.
Erschütterungen gingen durch das Schiff.
Sunfrost spürte, wie es unter ihren Füßen rumorte.
“Steuerung ausgefallen”, meldete Rudergänger John Taranos. “Captain, wir sind manövrierunfähig.”
“Die letzten Treffer der Canyaj haben uns übel erwischt”, meinte Van Doren.
“Aber wir können noch selber schießen!”, sagte Ukasi. “Geschütze zwei und fünf ausgefallen. Alle anderen funktionieren einwandfrei.”
Wie zur Bestätigung seiner Aussage war im nächsten Moment wieder eine Explosion auf dem Hauptbildschirm zu sehen. Erneut war eines der Canyaj-Schiffe getroffen worden. Die Ortung registrierte wenig später vagabundierende Trümmerteile aus äußerst exotischen Materialien.
Bedenke, dass du sterblich bist, ging es Sunfrost durch den Kopf, während sie den Blick abwandte, um nicht geblendet zu werden. Eine automatische Filterfunktion verhinderte zwar, dass die Helligkeitswerte des Hauptbildschirms ein für menschliche Augen gefährliches Maß erreichten, aber vielleicht wollte Sunfrost auch einfach nur nicht so genau hinsehen. Denn sie vermied auch einen Blick auf die Ortungsdaten, die ihr auf der Armlehne am Sitz des Captains angezeigt wurden.
“Ungewöhnliche Ortungsdaten im Subraum-Bereich”, meldete jetzt Lieutenant Riggs.
“Was hat das zu bedeuten?”,fragte Sunfrost.
“Sie Signatur scheint mit der des verschwundenen Yroa-Schiffs identisch zu sein”, meldete Riggs.
“Anscheinend bekommen wir doch nochmal Besuch von unseren ehemaligen Rettern”, lautete Steven Van Dorens Kommentar.
“Raumschiff tritt ins Normal-Kontinuum”, sagte Riggs jetzt. “Es ist tatsächlich das Yroa-Schiff ... “
“Und es greift an!”, sagte Robert Ukasi erstaunt. “Es nimmt gleich mehrere Canyaj-Schiffe unter Beschuss ...”
“Wenn man den Kurs extrapoliert, dann fliegt das Yroa-Schiff direkt auf uns zu”, stellte Rudergänger Lieutenant John Taranos fest. Er war sichtlich irritiert. Er selbst konnte aufgrund der Manövrierunfähigkeit der STERNENKRIEGER ja nicht mehr ins Geschehen eingreifen. Aber die Anzeigen arbeiteten noch. Der Rudergänger nahm ein paar Schaltungen vor. Seine Miene zeigte noch immer Verblüffung. “Ich frage mich wirklich, was die vorhaben ...”, murmelte er.
“Können Sie das Geschehen optisch etwas heranzoomen, Lieutenant Riggs?”, fragte Sunfrost.
“Wir haben erhebliche Schäden und Ausfälle in der Energieversorgung. Das bleibt auch auf die Ortung nicht ohne Auswirkungen. Aber ich tue, was ich kann.”
Der Ausschnitt des Hauptbildschirms veränderte sich. Mehrere Lichtblitze waren zu sehen. Mutmaßlich Explosionen von Schiffskörpern. Die eingehenden Daten bestätigten diese Vermutung.
Auf einer kleineren, schematischen Darstellung konnte man die Positionen aller Raumfahrzeuge in näherer Umgebung erkennen sowie deren Bewegungsrichtung.
“Das Yroa-Schiff pflügt eine Schneise der Verwüstung in die Formation der Canyaj”, stellte Robert Ukasi mit einer Mischung aus Erstaunen und Bewunderung fest. “Das ist so etwas wie ein tollkühner Frontalangriff mitten in die Linien des Gegners!”