Grundwissen Circular Economy - Michael von Hauff - E-Book

Grundwissen Circular Economy E-Book

Michael von Hauff

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  • Herausgeber: UTB
  • Kategorie: Fachliteratur
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2024
Beschreibung

Die Circular Economy geht sehr viel weiter als die Kreislaufwirtschaft. In diesem Buch geht es darum, auf der Grundlage der planetaren Grenzen ein regeneratives System anzustreben. In diesem werden der Ressourceneinsatz und die Abfallproduktion, Emissionen und der Energieverbrauch durch Verlangsamung, Verringerung und Schließung von Energie- und Materialkreisläufen minimiert. Neben den theoretischen und konzeptionellen Grundlagen der Circular Economy analysiert der Autor den Stand der Entwicklung in Deutschland, der EU und dem globalen Süden. Gleichzeitig beleuchtet er die drei Konzepte der Umsetzung der Circular Economy: Cradle to Cradle, Blue Economy und Performance Economy. Das Buch richtet sich an Studierende der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sowie der Studiengänge, die das Themenfeld Nachhaltigkeit beinhalten.

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Michael von Hauff

GrundwissenCircular Economy

Vom internationalen Nachhaltigkeitskonzeptzur politischen Umsetzung

2., erweiterte Auflage

Umschlagmotiv: © Khanchit Khirisutchalual · iStockphoto

Bibliographische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

1. Auflage 2023

DOI: https://doi.org/10.36198/9783838562551

© UVK Verlag 2024

– ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG

Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor:innen oder Herausgeber:innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor:innen oder Herausgeber:innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich.

Internet: www.narr.de

eMail: [email protected]

Einbandgestaltung: siegel konzeption | gestaltung

utb-Nr. 5988

ISBN 978-3-8252-6255-6 (Print)

ISBN 978-3-8463-6255-6 (ePub)

Vorwort

Circular Economy gilt als eines der bedeutendsten Konzepte für den Transformationsprozess zu einer nachhaltigen Entwicklung. Das begründet sich primär aus der Erkenntnis, dass die bisher vorherrschende Produktions- und Konsumlogik des „Take, Make, Waste“ besonders der ökologischen, aber auch der ökonomischen Nachhaltigkeit widerspricht. Es gilt also, das Wirtschaftsmodell der Linearwirtschaft bzw. der „Wegwerfwirtschaft“ zu überwinden und ein neues Wirtschaftsmodell, basierend auf der Circular Economy, zu kreieren.

Circular Economy wird auch heute noch teilweise auf Recycling reduziert. Diese Interpretation ist jedoch viel zu eng: Circular Economy ist ein „umbrella concept“, unter dem viele einzelne Maßnahmen bzw. Konzepte zusammengeführt werden. Versteht man Circular Economy also als eine ganzheitliche Systemlösung, so können aktuelle Krisen wie Klimawandel, Verlust an Biodiversität, die Übernutzung von Ressourcen und globale Gesundheitsgefährdungen eingegrenzt bzw. überwunden werden. Gleichzeitig wird die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und einzelner Unternehmen gestärkt, indem die Rohstoffabhängigkeit verringert, die Wertschöpfung und die Schaffung neuer Arbeitsplätze gefördert werden.

Deutschland und die Europäische Kommission, aber auch Länder wie China, Japan, England, Frankreich, Kanada, die Niederlande, Schweden, Finnland und die USA sind um eine Förderung der Circular Economy bemüht. In zunehmendem Maße sind auch Unternehmen und in einem weiteren Sinne auch Gewerbegebiete daran interessiert, das Konzept erfolgreich einzuführen. Das lässt sich sowohl auf konzeptioneller Ebene als auch hinsichtlich der Entwicklung von Strategien zur Umsetzung feststellen.

Circular Economy lässt sich sowohl als gesamtwirtschaftliches bzw. in einem weiteren Sinne als gesamtgesellschaftliches Modell als auch als einzelwirtschaftliches Modell interpretieren und erläutern. Im Rahmen des einzelwirtschaftlichen Modells spricht man auch von zirkulären Geschäftsmodellen. Es wird jedoch immer wieder festgestellt, dass die wissenschaftliche Literatur zur Circular Economy bisher noch keine ausreichende Vertiefung erfahren hat und sowohl die konzeptionellen Diskussionen als auch die Entwicklung von Strategien für ihre Umsetzung noch relativ am Anfang stehen.

Während in einigen Bereichen bzw. Wirtschaftssektoren bereits Erfolge aufgezeigt werden können, gibt es einen breiten Konsens, dass das Konzept der Circular Economy im Bereich der ökologischen, ökonomischen und sozialen Dimension nachhaltiger Entwicklung noch große Potenziale bietet. Weiterhin lässt sich feststellen, dass in verschiedenen Bereichen wie dem Recycling, aber auch dem recyclingfreundlichen Produkt-Design noch ein großer Forschungsbedarf besteht, der auch international Kooperationsmöglichkeiten bietet. Weiterhin steht aus, die Circular Economy noch intensiver mit den 17 Zielen (SDGs) der Agenda 2030 zusammenzuführen und damit auch in die nationale Nachhaltigkeitsstrategie zu integrieren.

Eine wichtige Voraussetzung für eine konzeptionelle Ausgestaltung und Umsetzung der Circular Economy ist eine inhaltliche Konkretisierung des Konzeptes. Teilweise werden heute die Begriffe Circular Economy und Kreislaufwirtschaft synonym verwendet. Das bedeutet jedoch nicht, dass es auf nationaler bzw. internationaler Ebene inhaltlich ein gleiches Verständnis zu den Begriffen gibt.

Während Deutschland noch stark durch das Leitbild der Kreislaufwirtschaft, d.h. einer kreislauforientierten Abfallwirtschaft geprägt ist, die auf dem Kreislaufwirtschaftsgesetz basiert, hat sich auf internationaler Ebene das viel breitere Konzept der Circular Economy durchgesetzt. Entsprechend wird sie im Verhältnis zum deutschen Sprachraum international breiter und intensiver diskutiert. Das gilt besonders für den globalen Norden, während im globalen Süden die Circular Economy noch keine adäquate Beachtung gefunden hat. Daher ist es notwendig, die Circular Economy als eine globale Herausforderung zu verstehen und anzugehen. Nur so kann sie zur vollen Wirkung kommen.

Bisher gibt es im deutschen Sprachraum zur Circular Economy im Verhältnis zur Kreislaufwirtschaft nur relativ wenige Publikationen. Es gibt jedoch auch im deutschen Sprachraum erste Publikationen, bei denen Kreislaufwirtschaft in dem breiten Sinne von Circular Economy eingeordnet und abgehandelt wird. Konstatiert man die hohe Relevanz der Circular Economy für den Transformationsprozess zu einer nachhaltigen Entwicklung, ist es notwendig, sich auch den Hemmnissen zuzuwenden und diese durch geeignete Fördermaßnahmen zu überwinden. Schließlich geht es auch um die Frage der Grenzen der Circular Economy. Bisher wird auch die soziale, d.h. die gesellschaftliche Dimension noch stark vernachlässigt. Dabei gibt es einen breiten Konsens, dass die Circular Economy ganz wesentlich von der Gesellschaft mitgetragen und umgesetzt werden muss.

Stuttgart, Februar 2024

Michael von Hauff

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1Einleitung

2Circular Economy als Konzept nachhaltiger Entwicklung

2.1Inhaltliche Abgrenzung der Circular Economy

2.2Die Relevanz der Circular Economy im Rahmen einer wachsenden Nachfrage nach Ressourcen

2.3Die Bedeutung der Circular Economy für die Sustainable Development Goals (SDGs)

2.4Exkurs: Die Bedeutung der Circular Economy für den Klimaschutz

3Theoretische und konzeptionelle Grundlagen der Circular Economy

3.1Von der Ökoeffektivität zur Circular Economy

3.2Das Konzept der Circular Economy

3.3Messung der Circular Economy

3.4Exkurs: Von der Circular Economy zur Circular Society

4Entwicklung der Circular Economy in der EU, in Deutschland und im globalen Süden

4.1Entwicklung und Stand in der EU

4.2Entwicklung und Stand in Deutschland

4.3Beispiele zu Deutschland: Die Wiedergewinnung von Rohstoffen durch Recycling – exemplarisch

4.3.1Recycling von Bauabfällen

4.3.2Recycling von Plastikabfällen

4.3.3Recycling von Photovoltaik-Panels

4.3.4Recycling von Traktionsbatterien

5Die Relevanz der Circular Economy für den Globalen Süden

5.1Entwicklung des Abfallaufkommens und die Folgen

5.2Anforderungen an eine effiziente Abfallwirtschaft im globalen Süden

5.3Formen der informellen Abfallbeseitung und ihre wirtschaftliche Bedeutung

5.4Fallbeispiel: Marokko/Marrakesch

6Konzepte ihrer Umsetzung

6.1Cradle to Cradle

6.2Blue Economy

6.3Performance Economy

7Umsetzung der Circular Economy

7.1Maßnahmen der vier Kategorien

7.1.1Strukturelle Maßnahmen

7.1.2Ordnungspolitische Maßnahmen

7.1.3Ökonomische Maßnahmen

7.1.4Kommunikative Maßnahmen

7.2Die Relevanz der Digitalisierung für die Circular Economy

8Hemmnisse und Grenzen der Circular Economy

8.1Hemmnisse der Circular Economy

8.2Grenzen der Circular Economy

9Schlussfolgerungen

Literatur

Index

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1

Die globale Entwicklung des Overshoot Day (Erdüberlastungs-Tag)

Abb. 2

Overshoot Day der Länder 2022

Abb. 3

Inhaltliche Konkretisierung der Circular Economy im zeitlichen Ablauf

Abb. 4

Bedarf unterschiedlicher Rohstoffe für ausgewählte Zukunftstechnologien (Schätzungen für 2013 und 2035)

Abb. 5

Die wirtschaftliche Bedeutung und das Versorgungsrisiko – Ergebnisse der Kritikalitätsbewertung 2020

Abb. 6

Technischer und biologischer Kreislauf des C2C-Konzepts .45

Abb. 7

Das Zusammenwirken des institutionellen Rahmens und Sozial- und Solidaritätsprinzipien

Abb. 8

Das Butterfly-Diagramm

Abb. 9

Circular Society

Abb. 10

Anfall und Verbleib der Fraktion Bauschutt 2018 in Mio. Tonnen

Abb. 11

Kunststoffabfälle in Deutschland 2019

Abb. 12

Die 10 Länder mit der höchsten PV-Kapazitäten

Abb. 13

Geschäftsmodell der Performance Economy

Abkürzungsverzeichnis

BIP

Bruttoinlandsprodukt

BMU

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit

C2C

Cradle to Cradle

CBM

Circular Business Model

CE

Circular Economy

EC

European Commission

EMF

Ellen McArthur Foundation

EP

Europäisches Parlament

EPR

Extended Producer Responsibility

EU

Europäische Union

FAO

Food and Agricultural Organization

GHG

Greenhouse Gas ‒ Treibhausgas

IKT

Informations- und Kommunikationstechnologie

IPPC

Intergovernmental Panel on Climate Change

LDC

Least Developed Country

LIC

Low Income Country

OECD

Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

OEM

Original Equipment Manufacturer

PPP

Public Private Partnership

R&D

Research and Development – Forschung und Entwicklung

SC

Selective Collection

SDG

Sustainable Development Goal

t

Tonne

UBA

Umweltbundesamt

UN

Vereinigte Nationen

WBGU

Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen

WWF

World Wide Fund For Nature

1Einleitung

Die Dringlichkeit des Ausbaus der Circular Economy ist unbestritten, da das lineare Wirtschaftsmodell, das besonders in Industrieländern seit vielen Jahren dominiert, einen wachsenden Ressourcenerbrauch und Abfallaufkommen aufweist. Das Konzept des ökologischen Fußabdrucks zeigt, dass die Menschheit mit dem derzeitigen Ressourcenverbrauch die ökologische Kapazität der Erde schon langfristig übernutzt (Petrischak 2021, S. 30). Die Menschheit hat global einen durchschnittlichen Jahresverbrauch an natürlichen Ressourcen von 1,6 Erden (Earth Overshoot Day 2020). Deutschland hat mit etwa drei Erden einen fast doppelt so hohen Verbrauch (Earth Overshoot Day 2020).

Quelle: In Anlehnung an Global Footprint NetworkAbb. 1: Die globale Entwicklung des Overshoot Day (Erdüberlastungs-Tag)

An dem Earth Overshoot Day (Erdüberlastungstag) haben die Menschheit oder ein bestimmtes Land ihr Budget an natürlichen Ressourcen für das gesamte Jahr verbraucht. Abbildung 1 zeigt, dass dieser Tag immer früher kommt. 1970 war dieser Tag am 29. Dezember. Im Jahr 2021 wurde dieser Tag bereits am 29. Juli erreicht, d.h. dass seit der Messung dieser Tag noch nie so früh erreicht wurde. Es ist zu erwarten, dass sich dieser Trend in den kommenden Jahren fortsetzt.

Quelle: Ausgewählte Daten aus Global Footprint Network 2022Abb. 2: Overshoot Day der Länder 2022

Nach dem Global Footprint Network ist in den letzten 20 Jahren der Overshoot Day um zwei Monate vorgerückt. Eine Ausnahme bildet das Jahr 2020. In diesem Jahr war die wirtschaftliche Entwicklung auf Grund der Corona-Pandemie rückläufig und erreichte den gleichen Stand wie im Jahr 2005. Für die Entwicklung des kontinuierh steigenden Ressourcenverbrauchs sind besonders die Industrieländer verantwortlich. Hätten alle Menschen den Lebensstil der USA, bräuchte es global nicht 1,6 Erden, sondern fünf Erden, um ein Gleichgewicht zu erreichen.

Das Schaubild zeigt die globalen Durchschnittswerte. Die Werte für einzelne Länder werden in der vorstehenden Abbildung 2 abgebildet, wodurch die großen Unterschiede zwischen den Ländern deutlich werden. Danach haben Jamaika erst am 20. Dezember 2022 und Qatar bereits am 10. Februar den Overshoot Day erreicht, während für Deutschland (zusammen mit Israel) dieser Tag am 4. Mai 2022 erreicht war. Die Relevanz dieses Tages und seiner Veränderung wird vom Global Footprint Network wie folgt begründet: Die Schätzung des heutigen „Ökologischen Fußabdrucks“ eines Landes, der als „Now-Casting" bezeichnet wird, ist für politische Analysten und Entscheidungsträger hilfreich, um die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen bzw. durchzuführen.

Die Berechnung erfolgt durch die Integration neuerer UN-Daten und die Anwendung aktualisierter Daten aus anderen Quellen. „Now-Casting" liefert also eine Schätzung des Ist-Zustandes auf der Grundlage einer Kombination historischer Trends und aktueller Daten. Sie ist aber keine biophysikalische Berechnung auf der Grundlage gemeldeter Daten und muss daher mit der gleichen Vorsicht behandelt werden wie ein Prognosemodell. Auf dieser empirischen Grundlage lassen sich Projekte durchführen, wie dies 2018 vom WWF für Frankreich erfolgte.

Dabei gilt zu berücksichtigen, dass Rohstoffe nicht nur für die Herstellung einer breiten Palette von Gütern und Dienstleistungen des täglichen Lebens, sondern auch für die Entwicklung und Umsetzung neuer Innovationen notwendig sind. Sie sind, wie am Beispiel der Circular Economy gezeigt werden kann, vor allem für die Entwicklung ökoeffizienter und weltweit wettbewerbsfähiger Technologien erforderlich. Die sich beschleunigenden technologischen Innovationszyklen und das schnelle Wachstum der Schwellenländer haben zu einer weltweit steigenden Nachfrage nach Metallen und Mineralien geführt. Die Sicherung des Zugangs zu einer stabilen Versorgung mit mineralischen Rohstoffen ist besonders für rohstoffarme Länder wie Deutschland und deren Industrie eine große Herausforderung. (European Commission 2017, S. 10)

Der hohe bzw. steigende Ressourcenbedarf bzw. -verbrauch ist jedoch nicht monokausal zu betrachten, sondern mündet in eine multiple Krise. Das erklärt sich daraus, dass der Abbau natürlicher Ressourcen wie Seltene Erden, Metalle, Mineralien und Kohle hohe Treibhausgasemissionen, die ökologische Zerstörung ganzer Regionen und eine hohe gesundheitliche Belastung der Arbeitskräfte, die in diesen Sektoren tätig sind, verursacht. Daher muss eine Circular Economy auf einen umfassenden Transformationsprozess abzielen. Weiterhin ist der Zusammenhang von Rohstoffgewinnung und Biodiversitätsverlust zu erkennen und wahrzunehmen. So stellen Oberle et al. fest, dass die Gewinnung und Verarbeitung von Rohstoffen weltweit zum Verlust von 90 % der Biodiversität beitragen (Oberle et al. 2019). Diese Zusammenhänge werden in den weiteren Ausführungen jedoch nicht vertieft.

Bisher mangelt es noch an einer einheitlichen Abgrenzung der Circular Economy. Hinzu kommt, dass in Deutschland noch der weit verbreitete und populäre Begriff der Kreislaufwirtschaft dominiert. Er ist von der Circular Economy – wenn man das Kreislaufwirtschaftsgesetz zu Grunde legt – zu unterscheiden. So ist die Kreislaufwirtschaft in Deutschland durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz, das am 1. Juni 2012 in Kraft trat und zum 5.7.2020 novelliert wurde, stark geprägt. Die Schwerpunkte hierbei sind die Schonung der natürlichen Ressourcen und den Schutz von Mensch und Umwelt bei der Erzeugung und Bewirtschaftung von Abfällen sicherzustellen. Ziel der novellierten Abfallrahmenrichtlinie ist eine verstärkte Förderung der Kreislaufwirtschaft durch Vermeidung und vor allem durch das verstärkte Recycling von Abfällen.

Die Circular Economy ist dagegen viel breiter angelegt. Es gibt bisher jedoch weder eine umfassende Gesetzgebung noch eine Strategie, die konsistent die Potenziale der Circular Economy zusammenführt und ausschöpft. Im Prinzip kann man hier von einem holistischen Ansatz sprechen: es geht darum, auf der Grundlage der planetaren Grenzen ein regeneratives System anzustreben bzw. umzusetzen. In diesem Verständnis werden der Ressourceneinsatz und die Abfallproduktion, Emissionen und der Energieverbrauch durch Verlangsamung, Verringerung und Schließung von Energie- und Materialkreisläufen minimiert.

Das wird durch eine langlebige Konstruktion, Instandhaltung bzw. Reparaturfähigkeit von Produkten und durch eine Förderung der Wiederaufbereitung und das Recycling angestrebt. Ein wichtiger Forschungsschwerpunkt in diesem Zusammenhang ist, das Design von Produkten so zu gestalten, dass ein optimales Recycling möglich wird. Heute werden in der deutschen Literatur Kreislaufwirtschaft und Circular Economy zunehmend gleichgesetzt, was jedoch aus den genannten Gründen der unterschiedlichen Reichweite der beiden Konzepte problematisch bzw. unzutreffend ist.

Die Circular Economy ist ein dynamisches System, da sich Produktionsprozesse, Produkte und der Konsum ständig weiterentwickeln. Das lässt sich am Beispiel der Energieerzeugung und der Mobilität, aber auch bei der Hardware der Digitalisierung sehr gut aufzeigen. Dabei geht es sowohl um die Verringerung des Ressourceninputs auf der Grundlage des technischen Fortschritts und ein ressourcenorientiertes Konsumverhalten. Bei der Aussonderung von Produkten geht es um eine verbesserte Rückführung von Materialien in die Stoffkreisläufe.

Die folgenden Ausführungen sind wie folgt strukturiert: In Kapitel zwei wird die Bedeutung der Circular Economy im Kontext des Transformationsprozesses zu einer nachhaltigen Entwicklung aufgezeigt. Die Begründung der Relevanz lässt sich exemplarisch im Rahmen der Dreidimensionalität nachhaltiger Entwicklung verdeutlichen. Die Knappheit und die Gefahr der Übernutzung von Ressourcen wie Seltene Erden begründet sich aus dem wachsenden Bedarf besonders in den Bereichen der Digitalisierung, regenerativer Energie und neuer Mobilitätskonzepte.

Dabei werden häufig die ökologischen Folgen des Ressourcenabbaus, wie die Vernichtung von Regenwäldern bzw. von landwirtschaftlichen Nutzflächen, aber auch der hohe Bedarf an Wasser und Energie, vernachlässigt. Vielen Arbeitskräften, die z.B. in Bergwerken Ressourcen abbauen, werden die international vereinbarten Arbeitsnormen und gesundheitliche Schutzmaßnahmen vorenthalten, was häufig zu schwerwiegenden Erkrankungen führt.

Kapitel drei wendet sich primär der theoretischen Begründung der Circular Economy zu. Lange Zeit stand die einzelwirtschaftlich ausgerichtete Ökoeffizienz bei der Einsparung von Ressourcen und Energie im Mittelpunkt. Das Konzept der Circular Economy hat jedoch inhaltlich eine viel größere Nähe zur Ökoeffektivität. Daher trägt die Ökoeffektivität zu einer theoretischen Begründung der Circular Economy ganz wesentlich bei. Das Konzept der Circular Economy strebt auf der Grundlage planetarer Grenzen ein regeneratives System an. Dabei geht es darum den Ressourceneinsatz und die Erzeugung von Abfällen, Emissionen und den Energieverbrauch zu verlangsamen, zu verringern und schließlich Material- und Energiekreisläufe zu schließen.

In der EU und entsprechend auch in Deutschland ist man in zunehmendem Maße um eine Strategie der Circular Economy bemüht, wie in Kapitel vier dargestellt wird. Bisher gibt es vielfältige sektorale Bemühungen, die jedoch noch nicht zu einer konsistenten und übergreifenden Strategie geführt haben. Daher werden hierzu die Entwicklungen und der Stand zur Circular Economy in der EU und Deutschland aufgezeigt. Für Deutschland werden die vielfältigen Ansätze und Bemühungen am Beispiel der Wiedergewinnung von Rohstoffen durch Recycling exemplarisch aufgezeigt. Abschließend werden in diesem Kapitel die Entwicklung und der Stand im globalen Süden erläutert. Das begründet sich daraus, dass Circular Economy eine globale Herausforderung ist, die entsprechend global gelöst werden muss.

In der Circular Economy gibt es unterschiedliche Denkschulen und Konzepte, die in Kapitel fünf dargestellt werden. Dieses Kapitel konzentriert sich auf zwei viel diskutierte Konzepte: den Cradle-to-Cradle-Ansatz und die Blue Economy. Dabei wird gezeigt, welchen Beitrag diese Konzepte zur Umsetzung der Circular Economy geleistet haben und welche Potenziale noch bestehen. In dem Kapitel wird abschließend noch kurz die Performance Economy vorgestellt, die noch nicht die Aufmerksamkeit der beiden anderen Konzepte gefunden hat.

In Kapitel sechs werden die Anforderungen für die Umsetzung der Circular Economy erläutert. Wichtig dabei ist, sich zunächst auf ein gemeinsames Zielbild zu verständigen. Auf dieser Grundlage lassen sich dann Maßnahmen entwickeln und ausgestalten. Das Kapitel sieben wendet sich schließlich Hemmnissen und Grenzen der Circular Economy zu. Daraus lassen sich Maßnahmen für eine Überwindung von Hemmnissen und Grenzen der Circular Economy ableiten. Abschließend werden im Rahmen der Schlussfolgerungen wichtige Erkenntnisse noch einmal zusammengefasst.

2Circular Economy als Konzept nachhaltiger Entwicklung

Die Circular Economy hat sich in Deutschland in Forschung und Lehre hinsichtlich ihrer Relevanz für die nachhaltige Entwicklung noch nicht in dem gewünschten Maße etabliert. Das begründet sich u.a. aus einem Mangel an deutschsprachiger Literatur zu dem Thema bzw. der unzureichenden Verankerung in Lehre und Forschung.

Das Prinzip der Circular Economy ist aber auch in der Gesellschaft noch nicht ausreichend bekannt. Dabei gilt die Circular Economy heute als eines der effektivsten Konzepte für den Transformationsprozess zu einer nachhaltigen Entwicklung. Weitgehend unbekannt ist auch die enge Verknüpfung von Circular Economy beispielsweise zum Klimaschutz bzw. zu Beschäftigung und Wertschöpfung. In einer Studie, in der sieben europäische Länder untersucht wurden, wird aufgezeigt, dass die Förderung einer Circular Economy das Treibhausgas bis zu 70 % senken und die Beschäftigung um 4 % erhöhen kann (Sahel 2016, S. 436). Danach wirkt sie sich auf verschiedene Bereiche der Umwelt und Wirtschaft positiv aus.

Es ist jedoch festzustellen, dass der Begriff der Circular Economy bisher nicht einheitlich definiert wird. Daher ist zunächst eine kurze inhaltliche Abgrenzung erforderlich. Nach einer ersten Standortbestimmung ist es dann möglich, die Circular Economy in das Paradigma der nachhaltigen Entwicklung einzuordnen.

Die Relevanz der Circular Economy lässt sich entsprechend der Dreidimensionalität nachhaltiger Entwicklung im Rahmen der ökologischen, der ökonomischen und der sozialen Dimension begründen. Das erfolgt am Beispiel Seltener Erden. Der weltweit wachsende Bedarf an Seltenen Erden für neue Technologien, besonders im Kontext der Digitalisierung, der Erzeugung regenerativer Energieträger und einer nachhaltigen Mobilität wird immer offensichtlicher, was weitreichende Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung hat.

Der Ressourcenabbau und die Erschließung neuer Gebiete für den weiteren Abbau führen besonders in Entwicklungsländern in der Regel zu einer ökologischen Zerstörung ganzer Regionen. Das hat besonders für die Lebensgrundlage der regionalen Bevölkerung weitrechende Konsequenzen. Die Folge ist beispielsweise die Entforstung von Waldflächen, die Verunreinigung des Wassers, aber auch die Belastung bzw. Zerstörung landwirtschaftlich genutzter Flächen der Region. Das verursacht vielfach Krankheiten und beeinträchtigt die Erträge landwirtschaftlicher Produkte.

In einem nächsten Schritt wird aufgezeigt, welchen Beitrag die Circular Economy leisten kann, die Probleme der wachsenden Ressourcenknappheit und die negativen Auswirkungen des Ressourcenabbaus zu verringern bzw. zu beseitigen. Wie einführend schon erwähnt, geht es darum, den Ressourceneinsatz und die Abfallproduktion, Emissionen und den Energieverbrauch durch Verlangsamung, Verringerung und Schließung von Energie- und Materialkreisläufen zu minimieren.

2.1Inhaltliche Abgrenzung der Circular Economy

Auch wenn die Circular Economy inhaltlich bisher nicht einheitlich abgegrenzt wird, so gibt es ein gemeinsames Grundverständnis. Das kann man durch den historischen Ursprung der Circular Economy verdeutlichen. Im Prinzip hat sie in der traditionellen landwirtschaftlichen Subsistenzwirtschaft ihren historischen Ursprung. Das Ziel der Landwirtschaft war, die Fruchtbarkeit landwirtschaftlicher Nutzflächen zu erhalten, indem organische Abfälle, die im Haushalt, Stall oder bei der Verarbeitung von Ackerfrüchten anfielen, wieder in die Äcker zurückgeführt wurden. (Gäth, Meißner 2013, S. 107) Dieses Denken und Handeln in Kreisläufen ermöglichte es, Landwirten lange vor den ersten Überlegungen zu einer Circular Economy eine nachhaltige Bodenbewirtschaftung und die Erzeugung von Nahrungsmitteln zu gewährleisten.

Es gibt eine umfassende Diskussion zur inhaltlichen Konkretisierung der Circular Economy. Teilweise wird sie aus mikroökonomischer und teilweise aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive inhaltlich abgegrenzt, wobei Circular Economy primär als gesamtwirtschaftliches Konzept verstanden wird. So interpretieren Kirchherr et al. im Rahmen einer Auswertung unterschiedlicher Definitionen der Circular Economy

“as an economic system that replaces the ‘end-of-life’ concept with reducing, alternatively reusing, recycling and recovering materials in production/distribution and consumption processes. It operates at the micro level (products, companies, consumers), meso level (eco-industrial parks) and macro level (city, region, nation and beyond), with the aim to accomplish sustainable development, thus simultaneously creating environmental quality, economic prosperity and social equity, to the benefit of current and future generations.” (Kirchherr et al. 2017, S. 228)

Diese Definition ist breit und differenziert angelegt und enthält alle relevanten Merkmale bzw. Anforderungen einer Circular Economy. Dennoch gibt es bisher, wie u.a. Sanguino et al. feststellen, noch keine allgemein akzeptierte Definition für Circular Economy (Sanguino et al. 2020). Für sie sind jedoch die 3 R-Prinzipien „reduction, reuse und recycling” von Material und Energie von zentraler Bedeutung. Teilweise wird ein 4. R-Prinzip hinzugefügt:„recover“. Es sind die vier zentralen Möglichkeiten einer nachhaltigen Abfallverringerung bzw. -beseitigung. Die 4 R-Prinzipien lassen sich weiter konkretisieren (Kirchherr et al. 2017, S. 230):

Reduce: gefordert wird ein Umdenken, Umgestalten (einschließlich der Verlängerung der Lebensdauer von Produkten), Minimierung, Reduzierung, Vermeidung von Ressourcenverbrauch und / oder Erhaltung des Naturkapitals:

Reuse: es geht um Wiederverwendung (ausgenommen Abfall), Schließung des Kreislaufs, Reparieren und/oder Aufarbeiten von Ressourcen;

Recycle: angestrebt wird die Wiederaufbereitung besonders in Form von Recycling und damit die Schließung des Kreislaufs,