Halloween Daddies - Mia Kingsley - E-Book + Hörbuch

Halloween Daddies E-Book und Hörbuch

Mia Kingsley

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Beschreibung

Die »Halloween Daddies« sind 33% gruselig, 33% schmutzig, 33% romantisch-kitschig und 1% realistisch. Geisterhäuser, Zombiebräute, Schulmädchenkostüme und verlassene Psychiatrien – mehr Halloween geht nicht! Erstmals alle vier Geschichten in einem Band. Achtung! Das Wort »Daddy« wird inflationär benutzt – und nein, es bedeutet nicht, dass ER über 70 ist und SIE blutjunge 19. Spoiler: Die Protagonisten sind nicht einmal verwandt. Schockierend, ich weiß. Es ist lediglich ein kinky Kosename und ein Konzept, das viele Leser*innen antörnend finden. #nokinkshaming Daddy Dom Romance. Vier schmutzige, kitschige, unrealistische KURZgeschichten mit eindeutigen Szenen und expliziter Sprache.

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Seitenzahl: 261

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Zeit:6 Std. 9 min

Sprecher:Kai Schulz
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HALLOWEEN DADDIES

SAMMELBAND

MIA KINGSLEY

DADDY DOM ROMANCE

INHALT

Scare Me, Daddy

Scare Me, Daddy

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Haunt Me, Daddy

Haunt Me, Daddy

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Trick Me, Daddy

Trick Me, Daddy

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Treat Me, Daddies

Treat Me, Daddies

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

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Über Mia Kingsley

Copyright: Mia Kingsley, 2018, Deutschland.

Gesamtausgabe: Mia, Kingsley, 2020, Deutschland.

Coverfoto: © Carolina Jaramillo - stock.adobe.com

Korrektorat: Laura Gosemann

Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nachdrücklich nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet.

Sämtliche Personen in diesem Text sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig.

Black Umbrella Publishing

www.blackumbrellapublishing.com

SCARE ME, DADDY

SCARE ME, DADDY

Eigentlich sollte ich auf dem Event des Jahres sein: der Halloween-Party meines Colleges. Stattdessen sitze ich in der alten Ivanhoe-Villa fest, weil ein heftiges Unwetter tobt. Grundsätzlich wäre es zwar nervig, aber kein Grund zur Besorgnis – wenn der Gastgeber nicht eine Plastikplane im Wohnzimmer ausgebreitet hätte und mit einem Messer in der Hand vor mir stehen würde …

Die »Halloween Daddies« sind 33% gruselig, 33% schmutzig, 33% romantisch-kitschig und 1% realistisch.

Achtung! Das Wort »Daddy« wird inflationär benutzt – und nein, es bedeutet nicht, dass ER über 70 ist und SIE blutjunge 19. Spoiler: Die Protagonisten sind nicht einmal verwandt. Schockierend, ich weiß.

Es ist lediglich ein kinky Kosename und ein Konzept, das viele Leser*innen antörnend finden. #nokinkshaming

Daddy Dom Romance. Schmutzige, kitschige, unrealistische KURZgeschichte mit eindeutigen Szenen und expliziter Sprache.

KAPITEL1

BOBBIE

Die Musik hämmerte ohrenbetäubend laut aus den Boxen, sodass hoffentlich niemand meinen schrillen Aufschrei hörte, als die riesengroße Spinne mit Anlauf in mein Gesicht sprang.

Natürlich war sie aus Plastik und nicht gesprungen, sondern mit einem Federmechanismus aus dem künstlichen Spinnennetz katapultiert worden, erschreckt hatte ich mich trotzdem. Ich presste eine Hand auf meine Brust, um mein klopfendes Herz zu beruhigen.

»So schreckhaft, Roberta?«, witzelte Vanessa hinter mir.

Ich wusste nicht, was ich schlimmer fand: dass sie mich verspottete, meinen vollen Namen benutzte oder wie sehr ihr Atem nach dem süßen Kirschlikör roch, den sie vor der Party getrunken hatte.

»Sehr witzig. Du hättest dich auch erschreckt.«

»Uh, da ist Chris«, schrie sie an meinem Ohr und schob sich an mir vorbei. Sie hatte das Ziel, sich heute auf der Halloween-Party endlich an den Quarterback des College-Football-Teams heranzumachen. Da sie ihre ohnehin atemberaubende Figur in einen hautengen Latexanzug gezwängt hatte und niedliche Plüschohren auf dem Kopf trug, konnte ich mir nicht vorstellen, dass Chris ablehnte. Sie zogen sich bereits während der Vorlesungen gegenseitig mit den Augen aus, und Vanessa hatte ihrem Mut mit einer beachtlichen Menge Alkohol nachgeholfen. Mich wunderte ehrlich gesagt, wie elegant sie trotz ihres Kirschlikörkonsums auf den High Heels stolzieren konnte und währenddessen den plüschigen Schwanz des Kostüms um ihre Finger wickelte. Chris’ Mund klappte auf, als er sie sah.

»Scharfes Kostüm, Bobbie.«

Ich drehte mich um, stützte die Hand in die Hüfte und lächelte mein eigenes Objekt der Begierde an. »Guten Abend, Neil.« Dazu ließ ich meine Wimpern flattern.

Tatsächlich hatte ich an ihn gedacht, als ich mich für das fransige, unverschämt kurze Kleid entschieden hatte. Es war weiß, mit Blutflecken verschmiert und reichte nicht einmal bis zur Mitte meiner Oberschenkel. Dafür trug ich halterlose Strümpfe – ebenfalls blutverschmiert – und hielt eine Plastikaxt in der Hand. Eigentlich hatte ich als Hexe gehen wollen, doch im letzten Moment hatte »Zombiebraut« mich mehr angesprochen. Meine Haare waren zu zwei absichtlich zerzausten Zöpfen gebunden, meine Lippen blutrot geschminkt, und verschmiertes Kajal umrahmte meine Augen. Neil schaffte es kaum, seinen Blick von meinem Ausschnitt zu lösen. Das Kostüm passte fast perfekt, nur an den Brüsten war es etwas zu eng, weshalb sie sich geradezu obszön gegen den Stoff pressten. Ich durfte mich nicht zu schnell bewegen, sonst präsentierte ich der Welt unfreiwillig meine Nippel – Nippel, die ich heute Nacht nur Neil zeigen wollte.

Wir schlichen seit Wochen umeinander herum, waren schon einmal Kaffee miteinander trinken gewesen. So richtig war der Funke bisher nicht übergesprungen und ich hoffte, dass der weiße Spitzenrand auf meinen nackten Oberschenkeln ihm genug Motivation bot, besagte Schenkel endlich anzufassen.

Neil hatte sich mit seinem Kostüm nicht sonderlich viel Mühe gegeben. Er trug einen schlecht sitzenden schwarzen Anzug, der verdächtig nach Polyester aussah, dazu eine Sonnenbrille.

Ich trat einen Schritt zurück, legte die Plastikaxt auf meine Schulter und musterte ihn. Mit einem Grinsen zog er eine Visitenkarte aus der Hosentasche, die er mir reichte.

Neil G-Punkt. Modelscout. Nacktfotos einreichen unter 603-841-1574.

Jegliche Anziehungskraft, die ich verspürt hatte, fiel wie ein angestochener Luftballon in sich zusammen. Sollte das lustig sein? Vielleicht »ironisch«-lustig?

Nein. Sein erwartungsvoller Blick verriet mir, dass er es tatsächlich urkomisch fand und nur auf mein Lachen wartete. Ich zwang meine Mundwinkel nach oben. »Haha«, sagte ich tonlos, was aufgrund der lauten Musik hoffentlich kaum auffiel.

Hilfe suchend schaute ich mich nach Vanessa um. Sie hatte mehr Glück als ich und knutschte bereits mit Chris. Großartig. Ich war auf mich gestellt. Wie wurde ich den selbst ernannten Modelscout wieder los? Ich war fest entschlossen gewesen, heute nicht allein nach Hause zu gehen, allerdings hatte mein Plan sich gerade geändert.

Mein Handy vibrierte in der Tasche des Kleides. Unter dem bauschigen Rock fiel nicht auf, dass sich dort tiefe Taschen befanden, wofür ich dankbar war, denn keine meiner Handtaschen hatten zu dem blutigen weißen Outfit gepasst.

Ich zog es hervor und entschuldigte mich bei Neil, indem ich darauf deutete. Hals über Kopf rannte ich zum Ausgang, dankbar für die Rückzugsmöglichkeit, denn in der Haupthalle war es eindeutig zu laut, um den Anruf entgegenzunehmen.

»Danielle« stand im Display.

»Hallo?«

»Wo ist meine nichtsnutzige Schwester? Sie hält es nicht für nötig, mit mir zu reden.« Nur Danielle schaffte es, gleichzeitig liebevoll und wütend zu klingen. Sie war Vanessas Zwillingsschwester, und normalerweise waren die beiden an der Hüfte zusammengewachsen, doch Danielle hatte einen Freund und keine Lust gehabt, uns zu der Party zu begleiten. Sie hatte ein Date mit ihrem Freund, Netflix und einigen Horrorfilmen, während wir »auf der Balz« waren, wie sie es formuliert hatte.

»Wie immer ist sie hochgradig effizient und hat ihre Zunge bereits im Mund von Cloudvilles begehrtestem Junggesellen, dem Quarterback der Lions.«

»Ich bringe sie um! Sie muss ihren Hintern sofort zurück zur Arbeit schwingen. Sie sollte vor einer halben Stunde ein eiliges Paket an der Ivanhoe Mansion abliefern. Vor 20 Uhr – das stand deutlich lesbar auf dem Label. Ist das so schwer?«

»Sie kann nicht mehr fahren. Stichwort Kirschlikör.«

Danielle stöhnte. »Na toll. Hat sie ihre Tasche in deinem Auto gelassen? Das Paket müsste darin sein. Ich ziehe mich an, komme es holen und bringe es zur Mansion.«

»Ich kann es machen«, bot ich eilig an. Vom Campus aus war es nicht weit bis zur Mansion, und ich hatte die Hoffnung, dass Neil ein anderes Model »gescoutet« hatte, bis ich zurück war.

»Wirklich?«

»Klar. Wenn ich das richtig verstanden habe, liegt das Päckchen sowieso in meinem Kofferraum, oder nicht?«

»Du bist die Beste, Bobbie.«

»Ich weiß. Sollte ich unerwartet auf Probleme stoßen, melde ich mich. In Ordnung?«

»Perfekt. Ich schulde dir eine Ladung Pancakes. Nein, warte. Meine Schwester schuldet dir Pancakes.« Sie legte auf.

Ich kehrte in den Partysaal zurück und hielt Ausschau nach Vanessa. Ihr Platz an der an der Wand war verwaist. Bestimmt hatten die beiden sich in eine ruhigere Ecke verzogen, um ungestört fummeln und knutschen zu können. Ich überlegte, ihr eine SMS zu schreiben, damit sie nicht nach mir suchte. Allerdings hatten wir bereits abgesprochen, dass ich aufgrund ihrer Pläne mit Chris nicht auf sie warten musste. Da es bis zur Villa nur wenige Minuten waren, war ich vermutlich in einer halben Stunde zurück. Eigentlich konnte ich mir die Mühe sparen, ihr Bescheid zu geben.

Ich verließ den großen Saal und wäre am Ausgang beinahe mit einem sehr knapp angezogenen Schulmädchen zusammengestoßen, das in Begleitung dreier Männer ebenfalls die Party verließ. Ihre Haare waren zerzaust und ihr Lippenstift verdächtig verschmiert. Da sie mich im Vorbeigehen strahlend anlächelte und einen wachen Ausdruck in den Augen hatte, ging ich davon aus, dass sie wusste, was sie tat.

Einer der Männer blieb stehen und hielt mir die Tür auf. Manieren schienen sie zu haben. Das Schulmädchen war in guten Händen – zwar in vielen Händen, aber das war allein ihre Sache.

Als ich zum Parkplatz lief, fielen die ersten Regentropfen auf den Asphalt. Es war ein Unwetter angesagt, aber das Wetter war den ganzen Tag so wunderbar gewesen, dass ich gehofft hatte, die Vorhersage könnte sich als falsch herausstellen. Es war der perfekte Herbsttag gewesen, frisch, kühl und klar.

Doch jetzt zerrte der Wind an meinen Zöpfen, und ein unerwarteter Wirbel wehte meinen Rock hoch.

Zwei Priester und ein Gefängnisinsasse, die gerade aus einem schwarzen Ford ausstiegen, jubelten begeistert. Ich deutete einen Knicks an und schloss mein Auto auf.

»Komm schon, Horrorbraut, willst du nicht zurück zur Party kommen?«, fragte einer der Priester.

Er sah nicht schlecht aus. Während ich den Kofferraum öffnete, sagte ich: »Wenn nichts dazwischenkommt, bin ich in einer halben Stunde wieder da. Sollte ich dich dann noch alleine vorfinden, zeige ich dir, wie gut ich auf den Knien aussehe.«

Sein Lächeln vertiefte sich.

»Ich rede natürlich vom Beten«, fügte ich hinzu.

»Natürlich.« Er kam zu meinem Wagen und stützte sich auf dem Dach ab. »Trotzdem würde ich es zu gern sehen. Immerhin bin ich es gewohnt, dass Frauen in meiner Gegenwart nach Gott rufen.«

Ich biss mir auf die Unterlippe.

»30 Minuten, Horrorbraut. Ich werde auf dich warten.«

»30 Minuten, Vater. Ich glaube, ich muss dringend zur Beichte …«

»Hey«, rief der Gefängnisinsasse. »Schön, dass ihr so viel Spaß beim Vorspiel habt, aber es regnet.«

»Bis später.« Der Priester rannte zu seinen Freunden und warf mir einen letzten Blick zu.

Ich suchte in Vanessas Tasche nach einem Karton und fand ihn unter den vier verschiedenen Ersatzkostümen, die sie für alle Fälle eingesteckt hatte. »DRINGEND« stand in kapitalen Lettern auf dem Adresslabel. Eine gewisse oder ein gewisser T. Collins wartete gerade darauf.

Ich schloss den Kofferraum, legte das Päckchen auf den Beifahrersitz und startete den Motor. Die Scheibenwischer schaltete ich ins höchste Intervall, mit jeder Sekunde regnete es heftiger.

Als ich zurücksetzte, fragte ich mich, was in dem kleinen Karton war. Die Form glich einer Milchtüte, doch im Inneren war eindeutig nichts Flüssiges.

Im Grunde ging es mich nichts an. Ich würde das Paket abliefern und danach meinen Priester suchen. Meine Laune war wieder besser. Ob er wirklich nett war, würde sich zeigen, aber im Moment gewann er spielend gegen den Modelscout.

Als ich von der Hauptstraße Richtung Wald abbog, musste ich das Tempo erheblich drosseln. Hier gab es keine Straßenlaternen mehr, und der heftige Regen erschwerte mir die Sicht. Rechts und links schwankten die riesigen Bäume im Wind, und die Tropfen prasselten so laut aufs Autodach, dass sie das Radio übertönten.

Ich erschauerte, als der erste Blitz die Dunkelheit unvermittelt zerriss. Der Donner folgte direkt darauf, ein bedrohliches Rumpeln.

Da ich den Wagen beinahe nur noch rollen ließ, kam mir der Privatweg nach kurzer Zeit ewig lang vor. Die Ivanhoe Mansion besaß ein riesiges Grundstück mit einer eigenen Parkanlage, die mitten in einem noch größeren Wald lag. Allein das Stück Land musste Millionen wert sein, die imposante Villa nicht mitgerechnet.

Meine Großmutter hatte gesagt, dass sie kürzlich verkauft worden war, allerdings hatte ich nur mit einem halben Ohr zugehört, weil Grandma gern sehr weit ausholte, wenn sie ihre Geschichten ausschmückte. Eine Berühmtheit hatte das Haus gekauft und ganz Cloudville war entzückt gewesen. Ein Star in unserem verschlafenen Nest.

Der Regen hatte den Weg in eine Schlammrutsche verwandelt, und der Wind tobte um den Wagen. Wenn ich nicht vorsichtig fuhr, würde ich im Graben landen. Ich umfasste das Lenkrad fester. Je länger ich für die Fahrt brauchte, desto später würde ich meinen sexy Priester küssen können.

Endlich kam die Villa in Sicht. Alles war dunkel, nur ein weiterer Blitz erhellte die Nacht, wodurch sich das Gebäude gespenstisch vom Himmel abhob. Ich war als Kind hier gewesen, weil es in der Mansion angeblich spukte.

So nah wie möglich hielt ich vor der Tür. Da es in Strömen goss, zog ich mein Handy und die Geldbörse aus der Tasche meines Kleides, damit sie nicht nass wurden.

Dann packte ich den Karton, öffnete die Tür und sprintete auf die überdachte Veranda. Leider kam der Wind von der Seite, sodass ich trotzdem sofort bis auf die Knochen durchnässt war.

Ich drückte auf die Klingel. Nichts passierte. Der Wind heulte, es regnete und donnerte, abgesehen davon hörte ich nichts. Ich klingelte zum zweiten Mal. Und wieder. Und wieder.

Inzwischen zitterte ich. Als letzten Versuch griff ich nach dem schmiedeeisernen Türklopfer.

Bevor ich ihn benutzen konnte, wurde die Tür aufgerissen.

»Ich habe Sie beim ersten Mal gehört.« Vor mir stand der attraktivste Mann aller Zeiten. Seine Züge wurden nur vom Licht des Kerzenständers in seiner Hand erhellt. »Kommen Sie rein, bevor hier alles nass wird.«

Ich trat über die Schwelle und zuckte unfreiwillig zusammen, als die Tür hinter mir ins Schloss fiel. »Ihr Paket.«

Es war im Flur finsterer als draußen. Unsicher schaute ich mich um.

Er seufzte. »Der Strom ist ausgefallen, als der erste Tropfen vom Himmel kam. Sie sollten vielleicht ein paar Minuten warten, ehe Sie zurückfahren. Es klingt, als wäre der Sturm auf seinem Höhepunkt. Wenn der Wind gleich Äste von den Bäumen reißt, könnte es im Auto gefährlich werden.« Er trat einen Schritt näher und hielt den Kerzenleuchter vor meine Nase.

Ich erkannte, dass er strahlend grüne Augen und dunkle Haare hatte, die lässig nach hinten gekämmt waren. Sein markanter Kiefer war glatt rasiert, und er trug einen grauen Pullover. Ein Hauch von Leder und Sandelholz stieg in meine Nase.

Urplötzlich wurde mir klar, wie ich gekleidet war. Ich zupfte an dem nassen Rock. »Halloween«, sagte ich leise.

Für zwei Sekunden starrte er mich an, ehe er sich abrupt umdrehte. »Folgen Sie mir.«

Ich umarmte mich selbst und war mir nicht sicher, ob es so klug war, einem fremden Mann in sein dunkles Haus zu folgen. Allerdings hatte er recht. Es klang, als würde draußen die Welt untergehen. Außerdem hatte ich das Päckchen in der Hand.

Zögerlich folgte ich ihm durch einen Gang, an dessen Ende Licht in einer Türöffnung flackerte. In dem großen Raum war es deutlich heller, weil mindestens drei Dutzend Kerzen herumstanden und ein Feuer im Kamin brannte. Die Wärme war angenehm.

»Darf ich?«, fragte er hinter mir und pflückte den Karton aus den Fingern.

»Selbstverständlich. Ich wollte Sie nicht stören.«

»Sie hätten vor einer Stunde hier sein sollen.« Er hob eine Augenbraue, ein strenger Ausdruck lag auf seinem Gesicht. Im Licht war er noch attraktiver. Der Pullover betonte seine breiten Schultern, eine dunkle Jeans saß tief auf seinen Hüften. Ich schätzte ihn zehn oder vielleicht zwölf Jahre älter als mich.

»Ich bin für eine Freundin eingesprungen. Sie ist … krank geworden.«

»Krank?« Sein Blick wanderte über mich. Es war unmöglich zu erraten, was er wohl dachte. Dann wandte er sich ab und öffnete den Karton.

Ich nutzte die Gelegenheit, mich umzusehen, schließlich war ich nicht jeden Tag in einer eleganten Villa.

Die Wände waren mit hohen Bücherregalen bedeckt, auf dem Kaminsims standen Fotos. Rechts an der Wand thronte ein riesiger Schreibtisch, draußen vor den Fenstern tobte der Sturm, und in der Mitte des Raumes lag eine große Plastikplane, die den Teppich darunter vor den unzähligen Blutspritzern schützte.

Mein Herz setzte ein paar Schläge aus. Das war ganz eindeutig Blut. Verdammt viel Blut.

»Perfekt«, sagte er hinter mir.

Ich wirbelte herum und starrte das lange Jagdmesser in seiner Hand an. Ein Wimmern entrang sich meiner Kehle, ich konnte nichts dagegen tun.

Seine grünen Augen funkelten, als er mich anschaute. »Ist alles in Ordnung?«

Ich gab ihm keine Antwort, sondern rannte los.

KAPITEL2

THORNE

In der ersten Sekunde war ich zu perplex, um zu reagieren. Die verführerische Zombiebraut wirbelte herum und rannte Hals über Kopf aus meinem Arbeitszimmer. Ich fragte mich, ob ich etwas verpasst hatte. War im Haus ein Blitz eingeschlagen?

Erst dann wurde mir bewusst, dass eine blutige Plane meinen Fußboden bedeckte und ich ein Messer in der Hand hielt. Shit.

Ich legte das Messer auf den Schreibtisch und lief hinter der schönen Unbekannten her. Sie war nicht die Studentin, die mir sonst die Pakete brachte – daran hätte ich mich erinnert.

»Hey«, rief ich. »Warte. Ich kann es erklären.«

Sie blieb nicht stehen, sondern riss die Haustür auf, und ich hörte lauter, wie der Regen gegen die Fassade peitschte. Bis der Sturm sich nicht gelegt hatte, konnte ich ihr nicht erlauben zurückzufahren. Im Wald standen etliche morsche Bäume, die beim geringsten Windstoß nachgeben würden. Sie hätten heute gefällt werden sollen, aber der Termin war aufgrund des Sturms verschoben worden. Pure Ironie, denn wenn es weiter so stürmte, brauchte ich ein Aufräumteam.

»Bitte warte!«

Sie reagierte nicht auf mich und rannte zu ihrem Auto. Ein Blitz erhellte den Himmel, und ich sah, wie schlammig der unbefestigte Weg war, der vom Haus in den Wald führte. Mein Anwalt war heute Morgen da gewesen und hatte mich gewarnt, dass die Zufahrt sich in eine gefährliche Rutschbahn verwandelte, sobald es regnete. Die Menge Regen, die allein in der letzten halben Stunde gefallen war, machte sie bereits unpassierbar.

Unfreiwillig spielte sich vor meinem inneren Auge ab, wie die faszinierende Zombiebraut mit dem Wagen stecken blieb, kurz bevor einer der riesigen Bäume umstürzte und das Auto unter sich begrub. Das konnte ich nicht zulassen.

»Hey!«, schrie ich erneut und folgte ihr über die Veranda. »Du kannst nicht fahren.«

»Bleiben Sie weg von mir!« Ihre Stimme überschlug sich.

Ich sprintete zu ihr und hätte fast ihren Arm erwischt, wenn sie nicht in der letzten Sekunde einen Haken geschlagen hätte. Sie riss die Autotür auf und wollte einsteigen, als es erneut blitzte.

Ein gewaltiges Knacken erfüllte die Luft – so laut, dass es sogar den Regen übertönte. Ich fuhr zusammen, die Härchen in meinem Nacken richteten sich auf. Das Mädchen starrte auf die Bäume neben dem Haus. Einer von ihnen neigte sich bedrohlich nach vorn.

Der Blitz war in den Baum eingeschlagen. Es war lebensgefährlich, sich hier draußen aufzuhalten. Ich zögerte nicht länger, ignorierte den Protest, packte ihre Taille und zog sie mit mir.

Gerade rechtzeitig.

Wir befanden uns knapp vier Meter vom Wagen entfernt, als der massive Baumstamm das Fahrzeug unter sich begrub. Metall kreischte, das Sicherheitsglas flog in alle Richtungen.

Wir mussten ins Haus, ehe der nächste Blitz einschlug oder der Sturm noch heftiger wurde. Ich wollte sie mit mir zerren, doch sie grub die Absätze in den Boden und schlug nach mir.

»Lassen Sie mich los!«, brüllte sie gegen den Wind.

»Bedaure«, gab ich zurück, hob sie hoch und warf sie über meine Schulter, um sie ins Haus zu bringen. Wer nicht hören wollte, wurde eben getragen.

Sie wand sich auf meinen Schultern. »Sie sollen mich loslassen!« Mit ihren kleinen Fäusten trommelte sie auf meinen Rücken.

Ich stellte sie ab und packte ihre Arme, da sie einfach nicht aufhörte, nach mir zu schlagen. »Wie heißt du?«

Statt einer Antwort versuchte sie, in meine Hand zu beißen, und trat mir gegen das Schienbein. Ich spielte mit dem Gedanken, ein langes Seil oder ein paar Handschellen aus meinem Schlafzimmer zu holen, allerdings würde ich sie damit garantiert nur noch panischer machen.

Unerwartet wollte sie mir mit aller Kraft auf den Fuß treten. Instinktiv hob ich das Bein, doch da sie sich wie ein Fisch auf dem Trockenen wand, um sich loszureißen, verlor ich das Gleichgewicht, und wir stürzten beide zu Boden. Sie landete auf dem Rücken und ich über ihr – glücklicherweise. Bevor sie Schlimmeres anrichten konnte, hockte ich mich über ihre Beine und drückte ihre Hände neben ihrem Kopf auf die Fliesen.

»Bitte beruhige dich. Ich schwöre, dass ich dir nichts tun will.«

»Das würde ich an Ihrer Stelle auch behaupten.« Ihre blauen Augen funkelten, und sie reckte das Kinn. Es war eine bewundernswerte Geste, weil sie deutlich sichtbar Angst hatte.

»Ich kann es erklären. Mein Name ist Thorne Collins. Ich bin Schriftsteller und habe versucht, eine Szene aus meinem Buch nachzustellen – zugegeben, ich hätte schreiben sollen, aber ich habe eine Art Blockade und dachte, wenn ich mich mit etwas anderem beschäftige, kann ich wieder arbeiten. Ich bin kein verrückter Serienkiller.«

Sie runzelte die Stirn. »Thorne Collins? Der Name sagt mir etwas.«

»Das letzte Buch ist drei Jahre her. Meine Agentin dreht schon völlig durch, weil ich immer noch nicht fertig bin.«

»Thorne Collins«, wiederholte sie und leckte sich über die Unterlippe.

Die Art, wie sie meinen Namen sagte, sorgte für ein Ziehen in meinem Unterleib. Noch einmal und ich würde sie küssen. Sie hatte etwas absolut Unwiderstehliches an sich.

Plötzlich erstarrte sie und atmete aus. »Sie sind Thorne Collins?«

»Genau das sagte ich gerade.«

»Der Thorne Collins? Der Thorne Collins, der Sins & Tragedy und Drowning In Desire geschrieben hat?«

»Ich fürchte, der bin ich.«

»Oh.« Ihre Wangen röteten sich. »Das wusste ich nicht.«

»Woher auch? Im Nachhinein ist mir klar, wie die Plane im Wohnzimmer wirken muss, aber es ist Kunstblut. Kann ich dich loslassen …« Ich machte eine Pause und suchte nach der richtigen Ansprache. Kleines kam mir instinktiv in den Sinn, und meine Kehle wurde eng. Nein. Nein. Ich würde nicht über eine Studentin herfallen, weil sie ein aufreizendes Kostüm trug, verboten lange Beine hatte und ihre Angst mich insgeheim antörnte. »Hast du einen Namen?«

»Bobbie.«

»Kann ich dich loslassen, Bobbie? Oder versuchst du dann wieder, mir die Augen auszukratzen?«

»Ich werde brav sein«, versprach sie unbedarft und hatte wahrscheinlich keine Ahnung, was sie damit in mir anrichtete.

Ich musste meinen Schwanz förmlich anherrschen, unten zu bleiben. Damit ich gar nicht erst in Versuchung kam, etwas Dummes zu tun, stand ich auf. Der Gedanke, sie einfach zu küssen und mich anschließend ihren verführerischen Brüsten in dem viel zu knapp geschnittenen Kleid zu widmen, war zu stark.

Ich hielt ihr die Hand hin, die sie ergriff. Mein Blick wanderte über sie. »Es tut mir leid, dass ich dich von der Halloween-Party abgehalten habe.«

Sie sah an sich herunter und wischte über ihre Wange. Das starke schwarze Augen-Make-up war zerlaufen und hinterließ eine schmutzige Spur auf ihrem Finger. »Macht nichts. Es tut mir leid, dass dein Paket zu spät gekommen ist.« Sie rieb an ihrem Gesicht herum und verteilte das Schwarz nur noch mehr.

Ich war gezwungen, den nächsten Kampf gegen meinen Schwanz auszufechten, der so nett war, mich darauf hinzuweisen, dass Bobbies Make-up aussah, als hätte sie geweint, während sie mir einen geblasen hatte oder weil ich ihr ein Spanking verpasst hatte. Ich musste mich zusammenreißen, bevor ich das arme Mädchen zu Tode schockierte – obwohl sie es eigentlich wissen sollte, wenn sie meine Bücher gelesen hatte.

»Kein Drama. Meine Laune war bloß im Keller, weil ich heute zwanzig Seiten hätte schreiben müssen, um meine Deadline überhaupt einhalten zu können. Deswegen habe ich dich an der Tür so angefahren. Das tut mir übrigens leid.«

Sie zog ihr Kleid nach unten und winkte ab. »Macht nichts. Wie viele Seiten hast du denn geschafft?«

Ich schob die Hände in die Hosentaschen und starrte kurz an die Decke. »Keine einzige.«

»Oh.« Sie zupfte erneut an ihrem Kleid.

Obwohl es in der Eingangshalle dunkel war, erhellte der nächste Blitz den Raum lang genug, dass ich erkennen konnte, wie hart Bobbies Nippel unter dem nassen Stoff ihres Kleides waren. Ich Idiot! Sie fror vermutlich, und ich stand hier blöd im Flur herum.

»Komm mit.« Ich legte die Hand auf ihren unteren Rücken und schob sie vorwärts, bis wir wieder in meinem Arbeitszimmer waren. Durch die Kerzen und das Feuer im Kamin war es angenehm warm.

Ihr Schaudern ließ nach, doch als sie die Plane betrachtete, versteifte sie sich merklich.

»Ich schwöre, dass es Kunstblut ist.« Mit einer schnellen Bewegung kniete ich mich hin und tauchte den Zeigefinger in die zähe rote Flüssigkeit. Ich konnte beim besten Willen nicht sagen, welcher Dämon mich ritt, aber ich hielt ihr den Finger vor die Lippen. »Probier.«

Sie hob eine Augenbraue, und ich erwartete Protest, doch stattdessen fügte Bobbie sich anstandslos. Ihre vollen Lippen schlossen sich um meine Fingerkuppe. Ich spürte ihre Zunge, die eifrig über die Haut leckte, und verfluchte mich innerlich.

»Erdbeere«, sagte sie mit leicht rauer Stimme.

Zu mehr als einem Nicken war ich nicht in der Lage. Ich schwöre, dass ich dir nichts tun will. Das war eine himmelschreiende Lüge gewesen. Mir fielen auf Anhieb mindestens ein Dutzend schmutzige Dinge ein, die ich ihr antun wollte. Dass wir aufgrund des Sturmes in meinem Haus festsaßen, war denkbar ungünstig. Sie steckte in einem aufreizenden Kostüm und reagierte instinktiv unterwürfig, solange sie nicht um ihr Leben fürchtete. Warum war es so lange her, dass ich zum letzten Mal eine Frau gevögelt hatte? Meine Schreibblockade hatte mir dermaßen auf die Laune geschlagen, dass ich zum Einsiedler geworden war und mich eingeschlossen hatte, um auf den Kuss der Muse zu warten.

Bobbie wäre nicht abgeneigt – so viel konnte ich an ihrem Kleid ablesen. In einem solchen Outfit ging man nicht vor die Tür, wenn man es nicht darauf anlegte, einen Fick aufzureißen. In Gedanken hatte ich sie längst ein weiteres Mal über meine Schulter geworfen und in mein Schlafzimmer getragen. Ein Knebel würde ihren Protest ersticken. Ich konnte mir gut vorstellen, wie ihre Augen über dem Knebel erbost funkelten. Sie war so klein und zerbrechlich – gegen mich hatte sie keine Chance. Es wäre so leicht, sie an mein Bett zu binden und mich wieder und wieder und wieder an ihr zu vergehen …

Um mich abzulenken, sah ich zu Boden und bemerkte, dass Bobbies weiße Strümpfe mit Schlammspuren bedeckt waren. Endlich hatte ich die perfekte Idee, wie ich den dringend benötigten Abstand zwischen uns bringen konnte.

»Du siehst aus, als könntest du eine heiße Dusche gebrauchen.« Ich lächelte sie an und hoffte, dass ich nicht halb so bedrohlich wirkte, wie ich mich fühlte.

KAPITEL3

BOBBIE

Thorne zeigte mir das Gästezimmer und brachte mir eins seiner Shirts, bevor er wieder im dunklen Flur verschwand. Den Kerzenständer hatte er mir dagelassen. Ich fühlte mich wie die Protagonistin in einem viktorianischen Liebesroman. Draußen tobte der Sturm, und ich folgte einem finsteren, vor sich hin brütenden Mann durch sein großes Anwesen.

Die Stimme in meinem Kopf gab einfach keine Ruhe. Niemand wird dich schreien hören. Siehst du, wie groß seine Hände sind? Wie stark seine Arme? Da, schau hin! Der verdammte Pulli spannt über seinem Bizeps, als wäre er der Hulk – was willst du da mit deinen traurigen Puddingärmchen ausrichten? Und er ist größer als du. So viel größer. Seine Laune ist außerdem extrem schlecht und scheint mit jeder Sekunde, die du hier bist, weiter einzubrechen.

Ich stellte den Kerzenständer auf den Wannenrand und verbannte die Gedanken in meinen Hinterkopf. Stattdessen konzentrierte ich mich darauf, das nasse Kostüm auszuziehen und alles ordentlich ins Waschbecken zu legen. Als ich zu Hause beschlossen hatte, auf Unterwäsche zu verzichten, weil ich scharf auf Neil gewesen war, hatte ich nicht wissen können, dass ich bis auf die Knochen durchnässt in einem Sturm enden würde.

Ich beschloss, mir nach der Dusche den Kopf zu zerbrechen. Das heiße Wasser fühlte sich einfach zu gut an. Wohlig seufzte ich und streckte mich wie eine Katze.

Obwohl ich mir Mühe gab, gelang es mir nicht, nicht über Thorne Collins nachzudenken – oder die Tatsache, dass ich jedes seiner Bücher verschlungen und es mir beim Lesen mehr als einmal selbst gemacht hatte. Wenn ich zu diesem Zeitpunkt schon gewusst hätte, wie verdammt attraktiv er war, wäre ich noch härter gekommen.

Da ich keine Ahnung hatte, wie viel Zeit vergangen war, trat ich kurz darauf aus der Dusche und wickelte mich in das erste Handtuch, ehe ich das zweite um meinen Kopf schlang.

Mein sorgfältig aufgetragenes Make-up war zusammen mit den Stylingprodukten, die meine zerzausten Zöpfe in Form gehalten hatten, im Abfluss verschwunden. Übrig geblieben war mein ungeschminktes Selbst, jetzt noch erregter als vor der Dusche. Ich war davon ausgegangen, vollkommen befriedigt zu sein, sobald ich aus dem Kostüm schlüpfte und die Reste von Halloween abwusch. Stattdessen war das Kostüm ebenso hin wie die Nacht. Ich würde es nicht mehr zurück zur Party schaffen, der heiße Priester würde einer anderen Frau Absolution erteilen.

Über mein Auto wollte ich lieber gar nicht erst nachdenken. Ich hörte das Knirschen von Metall noch immer in meinen Ohren. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn Thorne mich nicht von dem Wagen weggezerrt hätte. Er hatte vollkommen recht – bis der Sturm sich gelegt hatte, saß ich in seinem Haus fest. Aufgewühlt vor Lust in der Gegenwart eines unglaublich attraktiven Autoren von Erotik-Thrillern.

Ich wischte mir mit beiden Händen durchs Gesicht und ermahnte mich selbst, mich wie die Erwachsene zu verhalten, die ich zumindest auf dem Papier war. Wenn ich Thorne gleich wiedersah, wollte ich nicht wie ein Fangirl wirken, das in Gegenwart ihres Stars kein Wort herausbekam – egal, wie erotisch und anregend die Bücher waren, die er schrieb.

Als ich das Shirt übergestreift hatte, wurde mir klar, dass es schwer werden würde, mich anständig zu verhalten. Es reichte mir knapp bis zur Mitte der Oberschenkel. Eine schnelle Bewegung und Thorne wusste Bescheid. Ich musste mich dringend daran erinnern, mich sehr gemächlich zu bewegen.

Fröstelnd griff ich nach dem Kerzenständer und verließ das Gästezimmer. Der lange Flur lag verlassen da, bis auf das Brausen des Sturmes und den vereinzelten Donner konnte ich nichts hören. Ich kehrte über die Treppe zurück ins Erdgeschoss und beschloss, mich auf die Couch neben dem Kamin zu setzen und nicht mehr zu rühren, bis der Sturm vorbei war. Auf diese Weise fror ich nicht und lief weniger Gefahr, mich zu blamieren.

Thorne war noch nicht wieder da, und ich folgte meinem Plan exakt bis zu der Sekunde, als ich einen Stapel Papier auf seinem Schreibtisch bemerkte. Er war mir aufgefallen, weil der Dolch darauf lag, den Thorne bestellt hatte. »Her Sweet Submission (Arbeitstitel)« stand auf der obersten Seite. Ich biss mir auf die Unterlippe. Meine Neugier war zu stark, als dass ich mir das Manuskript nicht ansehen konnte.

Auf Zehenspitzen schlich ich zum Schreibtisch, was absoluter Unsinn war, da der Sturm ohnehin alles übertönte. Ich schob den Dolch zur Seite und griff nach den Seiten.

Irritierenderweise begann die Geschichte nicht am Anfang. Thorne musste zuerst den Showdown geschrieben haben. Die Protagonistin stritt sich mit dem Protagonisten über seine unbegründete Eifersucht, als er einen Dolch zog.

Die ersten drei Seiten waren durchaus packend – zumal ich die Angst der Protagonistin beim Anblick des Dolches besser nachfühlen konnte, als ich jemals gewollt hatte. Ich legte eine Hand vor die Brust, um mein klopfendes Herz zu beruhigen. Die Aggression des Protagonisten las sich authentisch, und obwohl ich keine Ahnung hatte, was am Anfang passiert war, fühlte ich mit der Protagonistin Brooke. Ein Schauer lief mir über den Rücken, als sie langsam zurückwich und voller Verzweiflung die Arme hob, um die Attacke abzuwehren, die bevorstand.