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Das Standardwerk zu Automotive SPICE - umfassende Darstellung - inkl. Modellerweiterungen wie Plug-ins und Add-ons - mit praxisnahen Beispielen und konkreten Hinweisen Dieses Buch bietet einen strukturierten Einstieg in die praktische Anwendung der vierten Generation des Prozessreferenz- und -assessmentmodells Automotive SPICE®. Es gibt einen tiefen Einblick sowohl in die Zusammenhänge von Automotive SPICE® im Kontext der Entwicklung von Automobilelektronik als auch in die Verknüpfung mit mechatronischen Disziplinen und neuen Vorgehensweisen. Ein besonderer Fokus liegt auf den neu hinzugekommenen Prozessen des Machine Learning. Im Einzelnen werden behandelt: - Automotive SPICE® im Lebenszyklus, Struktur und Elemente, Plug-in-Konzept, Guidelines des VDA - Prozessdimension und Prozesse im Detail - Capability-Dimension und Capability Levels 1 bis 5 - Modellerweiterung innerhalb und ergänzend zu Automotive SPICE® (Hardware- und Mechanikenentwicklung, Machine Learning Engineering, Agilität) - Assessments (Vorbereitung, Durchführung, Rollen, Bericht) - Synergieeffekte (z.B. zu funktionaler Sicherheit, Cybersecurity) Das Buch richtet sich in erster Linie an Praktiker, die einen verständlichen Einstieg in Automotive SPICE® suchen, und dient als Hilfestellung bei der Umsetzung von Automotive SPICE®-konformen Prozessen sowie als Wissensbasis für Assessoren.
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Seitenzahl: 865
Alexander Levin ist seit mehr als zwei Jahrzehnten in der Automobil- und Nutzfahrzeugindustrie tätig, mit Abstechern in die Luftfahrtindustrie. Neben seinen Automotive SPICE®-Assessments bei OEMs und Zulieferern ist er als Leiter von Verbesserungsprojekten, Trainer und Coach tätig. Seine Expertise umfasst ein breites Themenspektrum von funktionaler Sicherheit über Systems Engineering bis hin zu Organisationsentwicklung und Fahrzeugdiagnose. Ein besonderes Anliegen ist ihm die Entwicklung von integrierten Lösungen, die auch Cybersecurity beinhalten. Er leitete mehrere Jahre lang die Expert Area SPICE bei Kugler Maag Cie by UL Solutions und wirkt in der iNTACS-Arbeitsgruppe Functional Safety mit.
Christina Stathatou ist Lead Consultant bei UL Solutions. Sie verfügt über mehr als 10 Jahre Erfahrung in der Beratung und Leitung von Prozessverbesserungsprogrammen und hat das Plug-in »Machine Learning for Automotive SPICE®« mitentwickelt. Sie hat Automotive SPICE®-Assessments als Co-Assessorin und inoffizielle Automotive SPICE®-Assessments (Gap-Analysen) als Lead Assessorin durchgeführt und liebt es, ihr Fachwissen in neuen und aufregenden Bereichen wie künstliche Intelligenz, Datenmanagement und Cybersecurity weiterzuentwickeln.
Volker Lehmann leitet als Principal Consultant eines der Consulting-Teams bei UL Solutions. Sein Fokus-Thema: das in der Automobilbranche gängige Prozessmodell Automotive SPICE®. Dafür bringt er Führungsgeschick und langjährige Erfahrung im Prozessmanagement und Assessment im Systems Engineering mit. Er ist Mitglied des intacs® Advisory Board und der Arbeitsgruppe zur Entwicklung der Trainingsarchitektur für die Assessorenausbildung sowie intacs® certified Principal Assessor und intacs™ certified Instructor. Weiter schreibt er Fachartikel und hält Vorträge zu seinem Lieblingsthema – der Optimierung softwarebasierter Systeme.
Josefin A. Benning ist Lead Consultant und People Lead bei UL Solutions und seit vielen Jahren Projektleiterin von komplexen und innovativen Prozessverbesserungs-Initiativen in der Automobilindustrie. Die Entwicklung von Produkten mithilfe von künstlicher Intelligenz bei Erfüllung der Regularien wie Automotive SPICE®, Functional Safety und Cybersecurity ist ein Teil davon. Sie ist intacs®-zertifizierte Competent Assessorin sowie Functional Safety und Cybersecurity Engineer. Josefin Benning ist ehrenamtlich bei iNTACS tätig und leitet die Arbeitsgruppe »New Training Courses and Coordination«.
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Alexander Levin · Christina Stathatou · Volker Lehmann · Josefin A. Benning
Grundlagen und Know-how für die Praxis
Alexander Levin · [email protected]
Christina Stathatou · [email protected]
Volker Lehmann · [email protected]
Josefin A. Benning · [email protected]
Lektorat: Christa Preisendanz
Lektoratsassistenz: Julia Griebel
Copy-Editing: Ursula Zimpfer, Herrenberg
Layout & Satz: Birgit Bäuerlein
Herstellung: Stefanie Weidner
Umschlaggestaltung: Eva Hepper, Silke Braun
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN:
978-3-98889-006-1
978-3-98890-142-2
ePub
978-3-98890-143-9
1. Auflage 2024
Copyright © 2024 dpunkt.verlag GmbH
Wieblinger Weg 17 · 69123 Heidelberg
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Seit etwa 20 Jahren engagieren sich Assessoren und Interessierte in der Automobilindustrie, um die Qualität in der Softwareentwicklung zu verbessern. Automotive SPICE®, dessen erste stabile Version 2007 veröffentlicht wurde, liegt inzwischen in der vierten Version vor. Seither wurden mehr als 10.000 Assessoren weltweit ausgebildet und etwa ebenso viele Assessments durchgeführt.
Die Anwendung des Modells erfolgte bislang in zwei Phasen. Phase eins ab der frühen 2000er-Jahre war die, in der die Entwicklung von Fahrzeugen mit 40–60 eingebetteten Steuergeräten im Fokus stand, beginnend bei den Oberklasse-Fahrzeugen. Das Ziel war die Beherrschung der Komplexität von elektronischen Systemen im Fahrzeug, Entwicklungsleistungen sollten nun einen definierten Qualitätsstand aufweisen. Die OEMs beschränkten sich weitgehend auf die Integration und den Systemtest bzw. das »Freifahren« der Funktionen, meist im Dauerlauf. Erste »Hardware in the loop«-Systeme (HIL-Systeme) wurden angeschafft. Bezüglich der Prozessqualität fokussierten sich die OEMs im Wesentlichen darauf, ihre Lieferanten zu bewerten und qualifizieren zu lassen. Damit setzten sie den Jobsplit aus den Jahren zuvor im Wesentlichen fort. Die eigene Entwicklungsmannschaft beschäftigte sich eher selten mit dem Thema Prozessqualität, CMM oder SPICE.
Das Thema Produktqualität geriet aufgrund der Erfahrungen, u.a. mit Softwareänderungen, schnell in den Fokus und mündete in verschiedenen Anforderungen der OEMs, die bis heute gültig sind. Zu nennen sind hier beispielsweise »Konzern Grundanforderungen Software« (KGAS) der Volkswagen AG.
Im Jahr 2001 entschieden die deutschen OEMs, ein eigenes Prozessassessment-Modell auf Basis der ISO/IEC 15504 zu entwickeln, was in der Entwicklung von Automotive SPICE® mündete. Dieses Modell erlangte seine heutige Bedeutung, als der Standard bei einigen OEMs Bestandteil der Lieferanteneinstufung und damit vergaberelevant wurde. Automotive SPICE® kam damit auf Augenhöhe zu den Bewertungen, die mit VDA 6.1 und 6.3 seit Jahren etablierte Praxis waren. Die Einstufungen von Entwicklungsprojekten auf Grundlage von Softwareprozess-Fähigkeitsbewertungen erfolgten zu dem Zeitpunkt, als bei der Mehrheit der bewertenden Firmen keine Prozesse mehr auf Level 0 festgestellt wurden und damit keine »C-Einstufung« ausgesprochen werden musste. Prozessseitig war nun der Grundstein für die Entwicklung komplexerer, höherwertiger Elektroniksysteme gelegt. Zwischenzeitliche Versuche und Initiativen, die Softwareentwicklung bzw. deren Steuerung bei den OEMs selbst zu verbessern, waren meist nicht erfolgreich. Dass dieses künftig ein Wettbewerbsnachteil sein würde, wurde häufig nicht erkannt. Diese Phase dauerte etwa bis 2015.
Mit der geplanten Entwicklung von Elektrofahrzeugen begann die Phase zwei. Das Erfordernis der Steigerung der Rechenleistung im Fahrzeug konnte nur durch eine stärkere Integration und Konzentration von Funktionen erreicht werden. Die geplanten Fahrerassistenzsysteme, Online-Dienste, elektrisches Laden und Fahren zwang die Hersteller zur Entwicklung neuer Systemarchitekturen und zur Verbindung mit dem Internet. Die plötzliche Angreifbarkeit der Systeme von außen erforderte technisch die Entwicklung von Domänenarchitekturen und Schutzmaßnahmen im Fahrzeug, wie z.B. verschlüsselte Kommunikation. Neue Computing-Plattformen mit Domänenrechnern und leistungsfähigeren Prozessoren zogen in die Fahrzeugarchitektur ein. Damit änderten sich auch die Spielregeln der Entwicklung und die Zusammenarbeitsmodelle. Ansätze aus Phase eins funktionierten nicht mehr. Die Zusammenarbeitsmodelle funktionierten teilweise nicht mehr, weil die Diskrepanz der Prozessreife zwischen OEMs und Lieferanten zu groß geworden war. Spätestens durch die Unterbrechung der Lieferketten ab 2020 wurden die Karten neu gemischt. Prozessoren konnten nun nicht mehr »wie Kartoffeln« eingekauft werden, die Verlagerung eines Großteils der Entwicklungsleistung zu den Lieferanten wurde grundsätzlich infrage gestellt. Die Abhängigkeit der OEMs von den Chipherstellern trat erstmals eindeutig zutage. Die Planung und Entwicklung von Domänenarchitekturen wurde unter Berücksichtigung der Funktionszuordnung und der einzusetzenden Prozessorfamilien ein wesentlicher Bestandteil der Architekturarbeit mit Auswirkungen auf die Softwareentwicklung. Es wurde festgestellt, dass der Wechsel von der Prozessorfamilie eines Chipherstellers auf einen anderen eine Wiederholung wesentlicher Arbeiten aus der Design- und Architekturphase erforderlich machte – und das geschah mit teils erheblichem Aufwand.
Wie wollte man diese Situation nun in den Griff bekommen? Seit den frühen 2000er-Jahren wurden hauptsächlich Lieferanten bewertet. Die Entwicklungsorganisationen der OEMs selbst gerieten nun in den Fokus. Es wurde erkannt, dass die Beschäftigung der eigenen Entwicklungsteams mit dem Thema Software und Software-Entwicklungsprozesse unausweichlich war und benachbarte Themen und Domänen entlang der Wertschöpfungskette mit betrachtet und einbezogen werden mussten. Jetzt war die Zeit gekommen für eine ganzheitliche Betrachtung der Entwicklungsleistungen, die Fokussierung auf Systems Engineering und neue SPICE-Initiativen. Das System befand sich nun nicht mehr mit abgeschlossener eingebetteter Architektur allein im Fahrzeug, sondern zwischen den Sensoren im Fahrzeug und dem IT-Rechenzentrum, beide mit Internetanschluss. Die Frage der Systemdefinition musste neu gestellt und beantwortet werden. Notwendig wurde eine erweiterte, integrative Betrachtung neuer technischer Domänen, z.B. Cybersecurity, und auch die diesbezügliche Ergänzung des Automotive SPICE®-Basismodells.
Der VDA QMC und iNTACS e.V. begleiten und unterstützen diese Entwicklung seit Jahren inhaltlich und methodisch durch neue Versionen von Automotive SPICE® und durch die Erstellung von Modellerweiterungen, die als integriertes System Betrachtungen und Bewertungen in einem erweiterten Scope entlang der Wertschöpfungskette ermöglichen. Um die Projektrisiken für softwarebasierte Systeme weiter zu reduzieren, soll dieses integrierte Modell ausgebaut und kontinuierlich weiterentwickelt werden. Weil der Erfolg von Entwicklungsprojekten wesentlich von den dort arbeitenden Teammitgliedern abhängt, können diese ab der Veröffentlichung von Automotive SPICE® Version 4.0 in der Anwendung der SPICE-Methodik geschult werden. iNTACS führt hierzu den Ausbildungspfad eines Process Expert neu ein. Automotive SPICE® 4.0 kann dadurch noch besser in Projekten angewendet werden.
Das neue intacs®-Schulungskonzept ermöglicht zudem ab 2024 die Auswahl von verschiedenen Basismodellen (PAM/PRMs) und Erweiterungen nach dem jeweiligen Bedarf einzeln oder in Kombination.
Der Erfolg der Entwicklungsorganisationen hängt auch heute noch davon ab, den Stand der Technik und Best-Practice-Ansätze sinnvoll anzuwenden. Standards und Normen sind ausreichend vorhanden. Der Grundsatz »Wie ich mein Projekt plane, so liege ich im Rennen« hat noch immer Gültigkeit. Es besteht damit nach wie vor die Möglichkeit und Notwendigkeit, die eigene Entwicklungsleistung systematisch zu verbessern.
Dieses Buch leistet dazu einen wichtigen Beitrag. Ich wünsche den Leserinnen und Lesern viel Erfolg beim Lernen und Anwenden des Wissens. Die Autorinnen und Autoren sind ausgewiesene Fachleute mit langjähriger praktischer Erfahrung auf diesem Gebiet.
Lars Dittmann
International Assessor Certification Scheme e.V.
Vice President
Das Buch, das Sie in den Händen halten, ist nicht in ein oder zwei Monaten entstanden, sondern hat uns bei unserer Arbeit als Assessoren und bei der Verbesserung von Prozessen, auf unseren beruflichen Pfaden bei Methodpark und Kugler Maag CIE sowie bei privaten Veränderungen, Auszeiten etc. begleitet. Nun sind wir froh, am Ziel angekommen zu sein und Ihnen dieses Buch präsentieren zu können. Natürlich sind wir diesen Weg nicht allein gegangen, und auf diejenigen, die uns dabei unterstützt haben, kommen wir in der Danksagung zu sprechen.
Uns verbindet nicht nur unsere berufliche Zugehörigkeit, sondern auch das Bestreben, die Prozesse unserer Kunden in der Automobilindustrie zu verbessern und den Nutzen von Automotive SPICE® als Messinstrument für Prozessqualität herauszustellen. Der Standard hat sich mit seiner neuesten Version 4.0 weiterentwickelt, um den aktuellen Stand von Forschung und Technik in der Automobilindustrie abzubilden. Er nimmt, wie auch schon die vorherigen Versionen, zunächst die gelebten Prozesse in den Blick, anstatt zuerst auf Prozessbeschreibungen und -dokumentation zu fokussieren.
Als Autorenteam haben wir uns zusammengefunden, um unser Wissen und unsere Erfahrungen in diesem Buch zu teilen. Alle Beteiligten bringen besondere Fähigkeiten und Perspektiven mit, die sich beim Schreiben dieses Buches ergänzt haben:
Alexander Levin, aktiv in der iNTACS-Arbeitsgruppe »Functional Safety«, erweitert unser Verständnis von Automotive SPICE® um die kritische Komponente der funktionalen Sicherheit und durch sein profundes Wissen im Systems Engineering. Zudem bringt er einen Erfahrungsschatz aus vielen Jahren der Arbeit bei verschiedenen OEMs und Zulieferern bezüglich der Umsetzung von Automotive SPICE® mit, sowohl als Lead Assessor als auch als Prozessberater oder Experte für funktionale Sicherheit.
Christina Stathatou hat maßgeblich an der Entwicklung des Prozess-Assessmentmodells (PAM) für Machine Learning mitgewirkt. Ihre Einblicke und Erfahrungen sind besonders wertvoll, da Machine Learning in der modernen Automobilentwicklung zunehmend an Bedeutung gewinnt. Sie hat langjährige Erfahrung im Management großer Prozessverbesserungsprogramme. In diesem Bereich war sie bei verschiedenen OEMs und Zulieferern erfolgreich tätig.
Volker Lehmann ist Mitglied und ehemaliger Leiter der iNTACS-Arbeitsgruppe »New Training Courses and Coordination«. Seine umfangreiche Erfahrung in der Entwicklung und Koordination von Trainingskursen ermöglicht es uns, die theoretischen Grundlagen von Automotive SPICE® praxisnah zu vermitteln. Dabei wollen wir auch seine Arbeit in China erwähnen, wo er durch zahlreiche Trainings und spezielle Gate4SPICE-Events dazu beigetragen hat, die Methodik von Automotive SPICE® zugänglich zu machen. Darüber hinaus hat er sich seit Jahren als Assessor und Ausbilder von Assessoren einen Namen gemacht.
Josefin A. Benning, ebenfalls Mitglied und derzeitige Leiterin dieser Arbeitsgruppe, bringt eine seltene Kombination aus technischer Präzision und pädagogischem Geschick in unser Team mit ein. Sie hat große Erfahrung im Management komplexer Prozessverbesserungskampagnen bei internationalen Unternehmen und Big Playern.
Unser gesamtes Team ist tief in der Automotive SPICE®-Community verwurzelt, auch durch die regelmäßige Organisation und Teilnahme an Gate4SPICE-Veranstaltungen. Die Zusammenführung unserer unterschiedlichen Qualifikationen und langjährigen praktischen Erfahrungen ermöglicht es uns, ein breites Spektrum an Perspektiven zu bieten, und bildet das Fundament dieses Buches.
Automotive SPICE® ist mittlerweile ein zentraler Bestandteil in der Entwicklung von OEMs und wird in Zukunft voraussichtlich sogar die Homologation beeinflussen. Seit der Version 3.1 hat sich die Norm kontinuierlich weiterentwickelt, insbesondere durch Erweiterungen in Bereichen wie Hardware, Datenmanagement oder Cybersecurity.
In diesem Buch verfolgen wir das Ziel, das Zusammenspiel aus neuen und alten Prozessen klar und logisch zu erklären, und legen Wert darauf, die Sprache der Norm zu entmystifizieren.
Wir möchten Sie in die Welt der neuen und überarbeiteten Prozesse einführen, deren Logik und Motivation erklären, erste Erfahrungen teilen und aus der Perspektive der Prozessverbesserung Hilfestellung bieten.
Aus eigenen Assessments und Prozessverbesserungsprojekten wissen wir, dass der Standard teilweise sehr unterschiedlich interpretiert wird. Unser Anliegen ist es, zu einem einheitlichen Verständnis beizutragen und durch praxisnahe Beispiele, Tipps und Tricks unsere langjährige, auch internationale Erfahrung mit Ihnen zu teilen. Ziel ist es, die oft komplexe Normensprache in verständliche Anleitungen zu übertragen, die es Prozessanwendern ermöglichen, die Anforderungen von Automotive SPICE® nicht nur zu verstehen, sondern auch aktiv zu gestalten und zu leben.
Neben den technischen Details ist es uns wichtig, auch die menschliche Seite der Prozessverbesserung zu betonen. Denn in gelebten Prozessen sind die Mitarbeitenden und ihr Verständnis der Prozesse wichtiger als das, was auf dem Papier steht.
Wir hoffen, dass Sie dieses Buch nicht nur als eine Sammlung von Richtlinien betrachten, sondern als einen lebendigen Begleiter in Ihrer beruflichen Laufbahn. Unabhängig davon, ob Sie ein erfahrener Assessor oder ein Neuling in der Welt von Automotive SPICE® sind, wir hoffen, dass dieses Buch Ihnen die Werkzeuge und das Wissen an die Hand gibt, um Ihre Prozesse zu meistern und Ihre Ziele zu erreichen. Wir laden Sie ein, gemeinsam mit uns die Möglichkeiten von Automotive SPICE® 4.0 zu erkunden und die Qualität Ihrer Projekte und Produkte zu transformieren.
Alexander Levin, Christina Stathatou, Volker Lehmann und Josefin A. Benning Hamburg, Stuttgart, Köln, im Juni 2024
Ohne die Unterstützung vieler Kolleginnen und Kollegen wäre das Schreiben dieses Buches nicht möglich gewesen. Sicherlich werden wir hier einige vergessen zu erwähnen, wofür wir um Entschuldigung bitten.
An erster Stelle möchten wir Vesna Djordjevic, Fiona Zhang und Rocio Rojas nennen, die in der Anfangsphase das Buchkonzept mitentwickelt und auch erste Entwürfe zu einzelnen Kapiteln geschrieben haben. Diese Zusammenarbeit hat den Start des Projekts geprägt. Vielen Dank für diese große Unterstützung in der Anfangsphase des Projekts.
Besonders danken wollen wir weiter Bhaskar Vanamali, der uns sowohl als Mentor mit vielen Anregungen als auch als fachlicher Reviewer unterstützt hat. Insbesondere im Bereich des Machine Learning war er ein wichtiger Ansprechpartner.
Nicht zu vergessen ist auch Dominik Strube, der neben der Koordination mit dem Verlag mit uns geplant, strukturiert, diskutiert hat und viele wichtige Tipps zum Aufbau des Buches gegeben hat. Außerdem war er einer unserer eifrigsten Reviewer.
Unser Dank gilt auch Sandra Schnetzer, die sich unserer Abbildungsentwürfe angenommen hat.
Speziell in Bezug auf die Hardwareprozesse möchten wir uns bei Thomas Gabler und Kosmas Kopmeier für die fachliche Beratung und das Review bedanken.
Die Reviews von Christian Hübscher und Michael Vrban haben ebenfalls zur Qualität dieses Buches beigetragen.
Auch möchten wir dem dpunkt.verlag, insbesondere unserer Lektorin Christa Preisendanz, für die Unterstützung danken sowie unseren externen Reviewern Lars Dittmann und Jörg Zimmer, deren Hinweise uns geholfen haben, dem Buch den letzten Schliff zu geben.
Lars Dittmann sei an dieser Stelle auch herzlich für sein Geleitwort zu diesem Buch gedankt.
In Zeiten großer Umstrukturierungen und der Zusammenführung ehemals eigenständiger Unternehmen wie Methodpark, Kugler Maag und kVA unter dem Dach von UL Solutions möchten wir uns auch bei unserem Management bedanken, das uns den notwendigen Freiraum für unser Schaffen gegeben hat. Stellvertretend geht unser Dank insbesondere an Steffen Herrmann, Peter Seidenschwang und Bonifaz Maag.
Wir danken auch unseren Partnerinnen und Partnern, Familien und Freunden, denn in ein solches Buchprojekt fließt nicht nur Arbeitszeit, sondern auch eine ganze Menge an Freizeit.
1Einleitung
2Einstieg in das Thema
3Aufbau von Automotive SPICE®
4Neuerungen in Automotive SPICE® 4.0
5Wesentliche Konzepte
6Prozessübergreifende Themen
7Prozessgruppe der Akquisitionsprozesse
8Prozessgruppe der Bereitstellungsprozesse
9Prozessgruppe zur Systementwicklung
10Prozessgruppe zur Softwareentwicklung
11Prozessgruppe zur Validierung
12Prozessgruppe Machine Learning Engineering
13Prozessgruppe zur Hardwareentwicklung
14Prozessgruppe der Unterstützungsprozesse
15Prozessgruppe der Managementprozesse
16Prozessgruppe der Verbesserungsprozesse
17Prozessgruppe zur Wiederverwendung
18Capability-Dimension von Prozessen
19Modellerweiterungen
20Angrenzende Standards
21Assessments
Anhang
AAbschließende Worte
BGlossar
CAbkürzungsverzeichnis
DLiteraturverzeichnis
Index
1Einleitung
1.1Wir stehen auf den Schultern von Riesen
1.2Zielsetzung und Verwendung dieses Buches
1.3Kapitelüberblick
2Einstieg in das Thema
2.1Einordnung
2.2Zertifizierung für Assessoren und Experten
2.3Prozessverbesserung mit Automotive SPICE®
2.4Automotive SPICE® und Agilität
3Aufbau von Automotive SPICE®
3.1Prozessdimension und Struktur der Prozessbeschreibungen
3.1.1Modellerweiterungen (Extensions)
3.2Capability-Dimension
3.2.1Das Bewertungsschema (NPLF)
3.3Automotive SPICE® Guidelines
4Neuerungen in Automotive SPICE® 4.0
4.1Klarheit in der Terminologie
4.2Erzeugte Informationsobjekte
4.3Änderungen bei den Basispraktiken
4.4Automotive SPICE® 4.0 und Strategien
4.5Unabhängigkeit der Prozesse
4.6Hardwareprozesse
4.7Machine Learning
4.8Validierung
5Wesentliche Konzepte
5.1Der Begriff des Systems
5.1.1Systemebenen
5.2Systematischer Ansatz und Strategie
5.3Angemessenheit der Umsetzung
5.4Trennung von Fragestellung und Lösung
5.5Analysen
5.6Reviews
5.7Bidirektionale Rückverfolgbarkeit und Konsistenz
5.8Übergänge zwischen verschiedenen Verständnisebenen
5.9Kommunikation und Transparenz
5.9.1Kommunikation der vereinbarten Ergebnisse
5.9.2Zusammenfassen und Kommunizieren
5.10Nachvollziehbarkeit
6Prozessübergreifende Themen
6.1Integration, Verifikation und Validierung (IVV)
6.1.1Integration von Teilsystemen
6.1.2Integrationsstufen und funktionales Wachstum
6.1.3Methoden zur Verifikation und Validierung
6.1.4Planung der Verifikation und Validierung
6.2Modellbasiertes Systems Engineering (MBSE)
6.3Applikationsparameter
6.4Besonderheiten bei der Umsetzung der Automotive SPICE®-Konformität beim OEM
6.5Einstufung der Prozesse für das Assessment
7Prozessgruppe der Akquisitionsprozesse
7.1ACQ.4 Lieferantenüberwachung
7.1.1Prozessbeschreibung
7.1.2Basispraktiken
7.1.3Erzeugte Informationsobjekte
7.1.4Zusätzliche Überlegungen
8Prozessgruppe der Bereitstellungsprozesse
8.1SPL.2 Produktfreigabe
8.1.1Prozessbeschreibung
8.1.2Basispraktiken
8.1.3Erzeugte Informationsobjekte
8.1.4Zusätzliche Überlegungen
9Prozessgruppe zur Systementwicklung
9.1SYS.1 Anforderungserhebung
9.1.1Prozessbeschreibung
9.1.2Basispraktiken
9.1.3Erzeugte Informationsobjekte
9.1.4Zusätzliche Überlegungen
9.2SYS.2 Systemanforderungs-Analyse
9.2.1Prozessbeschreibung
9.2.2Basispraktiken
9.2.3Erzeugte Informationsobjekte
9.2.4Zusätzliche Überlegungen
9.3SYS.3 Systemarchitektur-Entwurf
9.3.1Prozessbeschreibung
9.3.2Basispraktiken
9.3.3Erzeugte Informationsobjekte
9.3.4Zusätzliche Überlegungen
9.4SYS.4 Systemintegration und Integrationsverifikation
9.4.1Prozessbeschreibung
9.4.2Basispraktiken
9.4.3Erzeugte Informationsobjekte
9.4.4Zusätzliche Überlegungen
9.5SYS.5 Systemverifikation
9.5.1Prozessbeschreibung
9.5.2Basispraktiken
9.5.3Erzeugte Informationsobjekte
9.5.4Zusätzliche Überlegungen
10Prozessgruppe zur Softwareentwicklung
10.1SWE.1 Softwareanforderungs-Analyse
10.1.1Prozessbeschreibung
10.1.2Basispraktiken
10.1.3Erzeugte Informationsobjekte
10.1.4Zusätzliche Überlegungen
10.2SWE.2 Softwarearchitektur-Entwurf
10.2.1Prozessbeschreibung
10.2.2Basispraktiken
10.2.3Erzeugte Informationsobjekte
10.2.4Zusätzliche Überlegungen
10.3SWE.3 Softwarefeinentwurf und Unit-Konstruktion
10.3.1Prozessbeschreibung
10.3.2Basispraktiken
10.3.3Erzeugte Informationsobjekte
10.3.4Zusätzliche Überlegungen
10.4SWE.4 Software-Unit-Verifikation
10.4.1Prozessbeschreibung
10.4.2Basispraktiken
10.4.3Erzeugte Informationsobjekte
10.4.4Zusätzliche Überlegungen
10.5SWE.5 Verifikation von Softwarekomponenten und Integrationsverifikation
10.5.1Prozessbeschreibung
10.5.2Basispraktiken
10.5.3Erzeugte Informationsobjekte
10.5.4Zusätzliche Überlegungen
10.6SWE.6 Softwareverifikation
10.6.1Prozessbeschreibung
10.6.2Basispraktiken
10.6.3Erzeugte Informationsobjekte
10.6.4Zusätzliche Überlegungen
11Prozessgruppe zur Validierung
11.1VAL.1 Validierung
11.1.1Prozessbeschreibung
11.1.2Basispraktiken
11.1.3Erzeugte Informationsobjekte
11.1.4Zusätzliche Überlegungen
12Prozessgruppe Machine Learning Engineering
12.1MLE.1 Anforderungsanalyse für Machine Learning
12.1.1Prozessbeschreibung
12.1.2Basispraktiken
12.1.3Erzeugte Informationsobjekte
12.1.4Zusätzliche Überlegungen
12.2MLE.2 Machine-Learning-Architektur
12.2.1Prozessbeschreibung
12.2.2Basispraktiken
12.2.3Erzeugte Informationsobjekte
12.2.4Zusätzliche Überlegungen
12.3MLE.3 Machine-Learning-Training
12.3.1Prozessbeschreibung
12.3.2Basispraktiken
12.3.3Erzeugte Informationsobjekte
12.3.4Zusätzliche Überlegungen
12.4MLE.4 Testen des Machine-Learning-Modells
12.4.1Prozessbeschreibung
12.4.2Basispraktiken
12.4.3Erzeugte Informationsobjekte
12.4.4Zusätzliche Überlegungen
13Prozessgruppe zur Hardwareentwicklung
13.1HWE.1 Hardware-Anforderungsanalyse
13.1.1Prozessbeschreibung
13.1.2Basispraktiken
13.1.3Erzeugte Informationsobjekte
13.1.4Zusätzliche Überlegungen
13.2HWE.2 Hardwareentwurf
13.2.1Prozessbeschreibung
13.2.2Basispraktiken
13.2.3Erzeugte Informationsobjekte
13.2.4Zusätzliche Überlegungen
13.3HWE.3 Verifikation des Hardwareentwurfs
13.3.1Prozessbeschreibung
13.3.2Basispraktiken
13.3.3Erzeugte Informationsobjekte
13.3.4Zusätzliche Überlegungen
13.4HWE.4 Verifikation der Hardwareanforderungen
13.4.1Prozessbeschreibung
13.4.2Basispraktiken
13.4.3Erzeugte Informationsobjekte
13.4.4Zusätzliche Überlegungen
14Prozessgruppe der Unterstützungsprozesse
14.1SUP.1 Qualitätssicherung
14.1.1Prozessbeschreibung
14.1.2Basispraktiken
14.1.3Erzeugte Informationsobjekte
14.1.4Zusätzliche Überlegungen
14.2SUP.8 Konfigurationsmanagement
14.2.1Prozessbeschreibung
14.2.2Basispraktiken
14.2.3Erzeugte Informationsobjekte
14.2.4Zusätzliche Überlegungen
14.3SUP.9 Problemlösungs-Management
14.3.1Prozessbeschreibung
14.3.2Basispraktiken
14.3.3Erzeugte Informationsobjekte
14.3.4Zusätzliche Überlegungen
14.4SUP.10 Änderungsmanagement
14.4.1Prozessbeschreibung
14.4.2Basispraktiken
14.4.3Erzeugte Informationsobjekte
14.4.4Zusätzliche Überlegungen
14.5SUP.11 Machine-Learning-Datenmanagement
14.5.1Prozessbeschreibung
14.5.2Basispraktiken
14.5.3Erzeugte Informationsobjekte
14.5.4Zusätzliche Überlegungen
15Prozessgruppe der Managementprozesse
15.1MAN.3 Projektmanagement
15.1.1Prozessbeschreibung
15.1.2Basispraktiken
15.1.3Erzeugte Informationsobjekte
15.1.4Zusätzliche Überlegungen
15.2MAN.5 Risikomanagement
15.2.1Prozessbeschreibung
15.2.2Basispraktiken
15.2.3Erzeugte Informationsobjekte
15.2.4Zusätzliche Überlegungen
15.3MAN.6 Messung
15.3.1Prozessbeschreibung
15.3.2Basispraktiken
15.3.3Erzeugte Informationsobjekte
15.3.4Zusätzliche Überlegungen
16Prozessgruppe der Verbesserungsprozesse
16.1PIM.3 Prozessverbesserung
16.1.1Prozessbeschreibung
16.1.2Basispraktiken
16.1.3Erzeugte Informationsobjekte
16.1.4Zusätzliche Überlegungen
17Prozessgruppe zur Wiederverwendung
17.1REU.2 Management der Produktwiederverwendung
17.1.1Prozessbeschreibung
17.1.2Basispraktiken
17.1.3Erzeugte Informationsobjekte
17.1.4Zusätzliche Überlegungen
18Capability-Dimension von Prozessen
18.1Prozessattribut PA 1.1 Prozessdurchführung (CL 1)
18.2Prozessattribut PA 2.1 Prozessdurchführungs-Management (CL 2)
18.3Prozessattribut PA 2.2 Arbeitsprodukt-Management (CL 2)
18.4Prozessattribut PA 3.1 Prozessdefinition (CL 3)
18.5Prozessattribut PA 3.2 Prozesseinsatz (CL 3)
18.6Prozessattribut PA 4.1 Quantitative Analyse (CL 4)
18.7Prozessattribut PA 4.2 Quantitative Steuerung (CL 4)
18.8Prozessattribut PA 5.1 Prozessinnovation (CL 5)
18.9Prozessattribut PA 5.2 Umsetzung der Prozessinnovation (CL 5)
19Modellerweiterungen
19.1Automotive SPICE® for Cybersecurity
19.2Agile SPICE
19.3SPICE for Mechanical Engineering
19.4Data Management SPICE
20Angrenzende Standards
20.1ISO 26262 – Funktionale Sicherheit
20.1.1Ein Einblick in ISO 26262
20.1.2Zusammenspiel mit Automotive SPICE®
20.1.3Automotive SPICE®-Assessment vs. Functional Safety Assessment
20.1.4Automotive SPICE®-Assessment vs. Functional Safety Audit
20.1.5Synergie von Automotive SPICE® und ISO 26262
20.2ISO/IEC 15288
20.2.1Systems Engineering in Automotive SPICE®
20.2.2Zusammenspiel mit Automotive SPICE®
20.3ISO/SAE 21434:2021
20.3.1Zusammenspiel mit Automotive SPICE®
20.4SOTIF
20.4.1Zusammenspiel mit Automotive SPICE®
20.5AUTOSAR
20.5.1Zusammenspiel mit Automotive SPICE®
21Assessments
21.1Arten von Assessments
21.2Assessment-Scope
21.3Bewertung und Durchführung
21.4Vertraulichkeit der Informationen
21.5Dauer eines Assessments
21.6Rollen im Assessment
21.7Vorbereitung und Durchführung von Assessments
21.8Assessmentbericht
21.9Best Practices zur Vorbereitung auf Assessments
21.9.1Wie man sich auf ein Assessment vorbereitet
21.9.2Was man bei der Assessment-Vorbereitung nicht tun sollte
21.10Potenzialanalysen
Anhang
AAbschließende Worte
BGlossar
CAbkürzungsverzeichnis
DLiteraturverzeichnis
Index
Automotive SPICE® ist nicht erst gestern entstanden, sondern ein fester Bestandteil der Branche. Es stimmt, dass mit jeder aktualisierten Version von Automotive SPICE® Neuerungen einhergehen. Aber tief in seinem Kern behält das Prozessmodell die unerschütterlichen Grundprinzipien bei, die in früheren Publikationen herausgearbeitet wurden, insbesondere in »Automotive SPICE® in der Praxis« von Markus Müller, Klaus Hörmann, Lars Dittmann und Jörg Zimmer [Müller et al. 2016] sowie in »Automotive SPICE® Capability Level 2 und 3 in der Praxis« von Pierre Metz [Metz 2016].
Diese Werke bilden das Fundament, auf dem wir aufbauen. Weitere Bücher, von denen wir profitiert haben, sind die »AUTOMOTIVE SPICE Essentials« [Abowd et al. 2021] und »The guide for Automotive SPICE® Interpretation« [Hoermann et al. 2022]. Anstatt das Rad neu zu erfinden, erkennen wir den Wert des bereits Erreichten und streben danach, diesen Weg fortzusetzen.
Die vergangene Dekade hat einen Wandel in der Auffassung von Mobilität gebracht, geprägt von aufkommenden Themen wie dem autonomen Fahren und der Vernetzung von Fahrzeugen. Diese evolutionären Veränderungen fordern uns heraus, unsere Methoden ständig zu überdenken und zu erneuern. Es ist eine bemerkenswerte Zeit, in der die Werkzeuge der Entwicklung nicht nur moderner werden, sondern auch effizienter in ihrer Fähigkeit, Prozesse zu unterstützen.
Aber mit jeder technologischen Verbesserung steigen auch die Erwartungen und die Risiken. In einer Ära, in der Autos vernetzt sind, wird die Konformität mit Standards wie Automotive SPICE® unverzichtbar, um Risiken zu minimieren, insbesondere bei sicherheitskritischen Systemen, die das automatisierte Fahren unterstützen. Cybersecurity und Machine Learning sind zwei Themen, die unsere Arbeit und unsere Prozesse dominieren werden. Prozesse für das Machine Learning Engineering (MLE) sind Bestandteil von Automotive SPICE® 4.0 (s. Abschnitt 4.7 und Kap. 12) und für das Thema Cybersecurity gibt es eine Erweiterung des Standards (s. Kap. 19).
Die Relevanz von Automotive SPICE® ist so tief verwurzelt, dass inzwischen auch Fahrzeughersteller ihr Vorgehen nach seiner Konformität ausrichten.
Automotive SPICE® hat eine beeindruckende Historie, beginnend mit der Entwicklung durch die AUTOSIG im Jahr 2001 und der anschließenden Nutzung durch deutsche Automobilhersteller für die Lieferantenqualifizierung im Rahmen der Herstellerinitiative Software (HIS).
Die Entstehung dieses Buches war eine tiefgreifende Expedition – nicht nur durch die Facetten des Standards, sondern auch durch die unterschiedlichen Perspektiven, mit denen wir auf Automotive SPICE® blicken. Diese Reise hat uns geholfen, die Essenz von Automotive SPICE® 4.0 besser zu verstehen. Wir haben uns mit vielen visionären Kollegen und Experten ausgetauscht, um ein ganzheitliches Bild von Automotive SPICE® zu zeichnen. Unser Wunsch ist es, dass dieses Buch vielen als Leuchtturm dient, der den Weg zu exzellenten Prozessen in der Automobilindustrie weist.
In einer Ära, in der sich Technologie und Fortschritt in der Automobilindustrie mit atemberaubender Geschwindigkeit verändern, bilden zuverlässige Prozesse das Rückgrat der Entwicklung. Von Steuergeräten über Komponenten bis hin zum integrierten Fahrzeug – Qualität ergibt sich auch aus dem Prozess. Tatsächlich könnte man sagen, dass ohne die Integrität des Prozesses keine außergewöhnliche Ingenieurleistung möglich ist. Dieses Buch richtet sich an jene, die an vorderster Front in dieser Industrie arbeiten: Systemingenieure, Projektmanager und viele andere. Es bietet eine Landkarte, die den Weg zur Prozessgüte weist. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der praktischen Umsetzung von Automotive SPICE® in Forschungs- und Entwicklungsprojekten.
Doch was genau ist dieses viel zitierte Automotive SPICE®? Es ist nicht nur ein detaillierter Bauplan, sondern vielmehr ein Instrument, das die Reife unserer Projekte misst. Das ist damit gemeint, wenn wir von einem Assessmentmodell sprechen.
Die Flexibilität von Automotive SPICE® ist bewundernswert. Es stellt Erwartungen auf, definiert jedoch nicht starr, wie diese zu erfüllen sind. Es vertraut auf die Innovation und Kreativität der Ingenieure und legt den Fokus auf die gelebten Prozesse. Und während es den Unternehmen die Freiheit lässt, ihre eigenen Pfade zu zeichnen, dient es gleichzeitig als Barometer, um den Erfolg dieser Wege zu messen.
Automotive SPICE® ist also keine Blaupause, die man einfach einem Projekt überstülpen kann, stattdessen gibt es Anstöße, die eigenen Prozesse zu hinterfragen und zu verbessern.
Man könnte meinen, dass ein solch flexibles Modell zu Chaos führt. Doch paradoxerweise ist es gerade diese Flexibilität, die Struktur schafft. Wenn man die Basispraktiken, die Automotive SPICE® vorgibt, versteht, wird einem bewusst, dass es nicht nur um das Einhalten von Regeln geht, sondern um ein echtes, tiefes Verständnis von dem, was es bedeutet, Systeme zu entwickeln.
Mit diesem Buch wollen wir Brücken bauen: zwischen den konkreten Anforderungen von Automotive SPICE® und der täglichen Arbeit von Ingenieuren, Entwicklern und Projektmanagern. Es dient nicht nur als Nachschlagewerk, sondern auch als Kompass, der Ihnen hilft, durch die vielfältigen Aspekte des Systems Engineering zu navigieren. Es beleuchtet nicht nur, wie Prozesse funktionieren, sondern auch, warum sie existieren und wie sie miteinander verwoben sind, um ein aufeinander abgestimmtes Ganzes zu bilden.
Für die Assessoren unter Ihnen, die als Hüter der Automotive SPICE®-Konformität fungieren, enthält dieses Buch ebenfalls wertvolle Ressourcen. Es bietet einen Leitfaden, der nicht nur das »Was«, sondern auch das »Warum« erläutert, und gibt Tipps und bewährte Verfahren für Ihre Assessments.
Schließlich ist dieses Buch mehr als nur eine Ansammlung von Worten und Konzepten. Es ist eine Einladung – eine Einladung, tiefer zu graben, mehr zu lernen und vor allem den wahren Wert und die Bedeutung von Automotive SPICE® in Ihrer täglichen Arbeit zu erkennen. Es ist ein ständiger Begleiter auf Ihrer Reise durch die Welt des Systems Engineering, der Sie dazu ermutigt, über den Tellerrand hinauszuschauen und das volle Potenzial Ihrer Prozesse auszuschöpfen.
In Kapitel 2 stellen wir Automotive SPICE® 4.0 vor, bevor wir in Kapitel 3 einen Überblick über Automotive SPICE® und seine Elemente geben.
Kapitel 4 befasst sich dann damit, wie sich Automotive SPICE® 4.0 gegenüber seinem Vorgänger weiterentwickelt hat und was die wesentlichen Änderungen sind.
Kapitel 5 erläutert die wesentlichen Konzepte, auf die wir bei Automotive SPICE® treffen, wie Rückverfolgbarkeit (Traceability) und Konsistenz, Kommunikation und Transparenz, aber auch die Nachvollziehbarkeit bei der Ausführung der Prozesse. Außerdem wird erläutert, was Automotive SPICE® unter einem System versteht, und eine erste Einführung in das Systems Engineering gegeben.
In Kapitel 6 werden verschiedene prozessübergreifende Themen erläutert, die uns später in den Beschreibungen der Prozesse wieder begegnen werden. Hier geht es beispielsweise um Verifikation und Validierung.
In den Kapiteln 7 bis 17 stellen wir dann die einzelnen Prozessgruppen im Detail mit den in ihnen strukturierten Prozessen vor:
Kapitel 7
beschäftigt sich mit dem Zulieferermanagement und beleuchtet diese Prozessschnittstelle genauer.
In
Kapitel 8
geht es um das Produktrelease und was dabei zu beachten ist.
Mit
Kapitel 9
steigen wir direkt in die Entwicklungsprozesse ein und beginnen auf der Systemebene. Hier werden dem Anforderungsmanagement und dem Architekturentwurf die zugeordneten Verifikationsprozesse gegenübergestellt. Diese Prozessgruppe stellt (ohne den SYS.1) das erste Plug-in für einen Assessment-Scope dar.
In
Kapitel 10
betrachten wir die Entwicklungsprozesse auf der Softwareebene, von den Anforderungen über die Architektur, den Entwurf, die Implementierung und die entsprechenden Verifikationsprozesse.
In
Kapitel 11
befasst sich mit der Validierung, die als Prozessgruppe mit nur einem Prozess einen starken Bezug zum SYS.1 aufweist.
In
Kapitel 12
gehen wir dann auf die Prozesse des Machine Learning ein, die in Automotive SPICE® neu hinzugekommen sind.
Ebenfalls neu in Automotive SPICE® 4.0 sind die Prozesse der Hardwareentwicklung in
Kapitel 13
.
Kapitel 14
beschreibt dann die unterstützenden Prozesse, wie die Qualitätssicherung, das Konfigurationsmanagement, Problemlösungs-Management, Änderungsmanagement und das Datenmanagement für das Machine Learning.
Das Automotive SPICE®-konforme Projektmanagement wird dann in
Kapitel 15
mit seinen drei Prozessen dargestellt.
Danach folgen in
Kapitel 16
das Thema Prozessverbesserung und in
Kapitel 17
das Thema Wiederverwendung.
In Kapitel 18 gehen wir auf die Frage ein, was es bedeutet, einen bestimmten Automotive SPICE® 4.0-Level zu haben, und betrachten die Fähigkeitsdimension (Capability-Dimension) des Modells näher.
Auf Modellerweiterungen wie Plug-ins und Add-ons kommen wir dann in Kapitel 19 zu sprechen. Dabei geht es u.a. um die Erweiterung Automotive SPICE® for Cybersecurity, die zunehmend an Bedeutung gewinnt und immer häufiger assessiert wird. Darauf, dass Automotive SPICE® nicht für sich allein in Fahrzeugprojekten umgesetzt wird, sondern auch andere Standards, wie z.B. die ISO 26262 [ISO 26262], in der Automobilindustrie eine Rolle spielen, wird in Kapitel 20 genauer eingegangen. Wir skizzieren in diesem Zusammenhang auch das Zusammenspiel von Automotive SPICE® mit den betrachteten Standards.
In Kapitel 21 gehen wir dann näher auf das Thema Assessment ein und beschreiben, was dabei zu beachten ist. Darüber hinaus geben wir Tipps aus der Praxis, die aber auch bei den Beschreibungen der einzelnen Prozesse in den Kapiteln 7 bis 17 zu finden sind.
Automotive SPICE® ist ein in der Automobilindustrie weitverbreitetes Bewertungsmodell zur Beurteilung der Prozessfähigkeit und Qualität von Prozessen, die in der Software- und Elektronikentwicklung eingesetzt werden. Das Modell wurde ursprünglich ab dem Jahr 2001 durch die AUTOSIG (Automotive Special Interest Group) zur Bewertung von Zulieferern im Software- und Elektronikbereich entwickelt und hat sich seitdem in der gesamten Automobilindustrie verbreitet. Von der damaligen Herstellerinitiative Software (HIS) wurde dann im Jahr 2007 der sogenannte »HIS-Scope« und später »VDA-Scope« definiert, der die Prozesse festlegt, die minimal in einem Assessment zu betrachten sind.
Eine der Hauptstärken von SPICE ist die Fähigkeit, branchenspezifische Modelle innerhalb eines gemeinsamen normativen Rahmens zu entwickeln. Dies ermöglicht zielgerichtete und präzise Bewertungen, die auf die speziellen Bedürfnisse der Automobilindustrie zugeschnitten sind. Derzeit ist die VDA-Arbeitsgruppe 13 für die Weiterentwicklung des Automotive SPICE®-Modells zuständig.
Im Jahr 2015 wurde die Version 3.0 von Automotive SPICE® veröffentlicht, die strukturelle Änderungen sowie inhaltliche Weiterentwicklungen und Erweiterungen mit sich brachte. Derzeit befinden wir uns im Übergang zur Version 4.0, die zusätzliche Themen wie Machine Learning behandelt. Neben Automotive SPICE® müssen Zulieferer auch die Anforderungen an die funktionale Sicherheit von elektrisch-elektronischen Systemen in Fahrzeugen und die Anforderungen an die Cybersecurity erfüllen. Dieses Buch befasst sich auch mit dem Zusammenspiel der entsprechenden Standards ISO 26262 und ISO/SAE 21434.
Automotive SPICE® 4.0 ist eine aktualisierte Version des Automotive SPICE®-Prozessmodells. Es enthält das Prozessreferenz-Modell (PRM), das die Prozesse beschreibt, und das Prozessassessment-Modell (PAM), das Indikatoren bietet, um festzustellen, ob die Prozessergebnisse und -leistungen in den instanziierten Prozessen von Projekten und Organisationseinheiten vorhanden sind. Damit können Assessoren die Prozessfähigkeit und die Effektivität von Prozessen bewerten, die von Zulieferern in der Automobilindustrie eingesetzt werden. Es gibt folgende Gründe für seine Weiterentwicklung:
Es wird eine möglichst hohe Wiederholbarkeit, Reproduzierbarkeit und Vergleichbarkeit der Assessmentergebnisse angestrebt. Das bedeutet, dass diese konsistent und zuverlässig sein sollten, unabhängig davon, von wem und wo das Assessment durchgeführt wird.
Mit Automotive SPICE® 4.0 soll die Effizienz der Assessments verbessert werden. Dies beinhaltet die Straffung des Assessmentprozesses und die Reduzierung des Zeit- und Ressourcenaufwands für die Durchführung eines Assessments.
Automotive SPICE® 4.0 berücksichtigt moderne Modelle der Zusammenarbeit. Das bedeutet, dass das Modell den zunehmend kollaborativen Charakter der Automobilentwicklung berücksichtigt, bei dem verschiedene Organisationen und Personen gemeinsam an der Fahrzeugentwicklung arbeiten.
Automotive SPICE® 4.0 beseitigt inhaltliche Redundanzen und vermeidet Fehlinterpretationen. Das Modell wurde neu strukturiert, um doppelte oder überflüssige Inhalte zu entfernen und um es leichter verständlich und interpretierbar zu machen.
Automotive SPICE® 4.0 trägt der zunehmenden Bedeutung des autonomen Fahrens und des Machine Learning (ML) in der Automobilbranche Rechnung. Die Fahrzeugentwicklung wird stark von ADAS (Advanced Driver Assistance Systems) bis hin zum autonomen Fahren beeinflusst, und das beinhaltet auch immer mehr Machine Learning, von der Spracherkennung bis hin zu Vorhersagemodellen für Verschleiß und Abnutzung.
Automotive SPICE® 4.0 enthält spezifische Richtlinien für die Bewertung von Machine-Learning-Modellen. Dazu gehören Richtlinien für die Bewertung verschiedener Datenquellen und großer Datenmengen, die zum Trainieren von ML-Modellen verwendet werden, sowie neue Ansätze für die Bewertung der Leistung dieser Modelle.
Automotive SPICE® 4.0 bringt mehrere wichtige Änderungen mit sich. Diese Änderungen zielen darauf ab, das Modell effizienter, genauer und benutzerfreundlicher zu machen.
Eine der wichtigsten Änderungen ist die Einführung neuer Konzepte, die eine detaillierte und genaue Darstellung der zu bewertenden Prozesse ermöglichen. Diese Änderung soll die Wiederholbarkeit und Reproduzierbarkeit der Assessmentergebnisse verbessern.
Eine weitere wichtige Änderung ist die Einführung eines separaten PAM für die »Potenzialanalyse«, die eine Analyse der zu bewertenden Prozesse vor der Vergabeentscheidung ermöglicht. Sie ist primär dafür gedacht, bei neuen, unbekannten Lieferanten schnell zu einer ersten Einschätzung zu gelangen. Dies wird dazu beitragen, potenzielle Fehlentscheidungen bei einer Beauftragung zu vermeiden, Probleme und verbesserungswürdige Bereiche zu identifizieren und den nachfolgenden Assessmentprozess effizienter zu gestalten, ohne dass an dieser Stelle schon ein vollständiges Assessment durchgeführt werden muss. In Abschnitt 21.10 gehen wir darauf genauer ein.
Darüber hinaus werden Hinweise mit impliziten Anforderungen oder checklistenartigen Aufzählungen überarbeitet oder neu formuliert, um das Modell klarer und verständlicher zu machen.
Der Vorteil von Automotive SPICE® in diesem Zusammenhang ist, dass es als Bewertungsmodell verwendet werden kann, um die Qualität und Umsetzung der Grundsätze des Systems Engineering zu bewerten. Es kann somit zwei verschiedenen Zwecken dienen:
dem Assessment von Entwicklungsprojekten für Systeme und
der Identifikation von Schwachstellen der in Projekten gelebten Prozesse und damit als Grundlage für Prozessverbesserungsprojekte. Diese Hilfestellung für Projekte ist weitaus wichtiger.
Die Automobilindustrie entwickelt sich ständig weiter. Neue Technologien und Fortschritte bei Materialien, Elektronik und Software treiben die Innovation in der Fahrzeugkonstruktion und -produktion voran. Um mit diesen Veränderungen Schritt zu halten, setzen Automobilunternehmen Systems Engineering ein, um sicherzustellen, dass alle verschiedenen Komponenten und Systeme eines Fahrzeugs nahtlos und effizient zusammenarbeiten.
Systems Engineering ermöglicht es Automobilingenieuren, bei der Konstruktion und Entwicklung eines Fahrzeugs einen ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen, bei dem alle verschiedenen Teile und Teilsysteme sowie deren Zusammenspiel berücksichtigt werden. Dadurch wird sichergestellt, dass das Endprodukt zuverlässig, effizient und sicher für den Kunden ist. Der systemtechnische Ansatz ermöglicht auch die Betrachtung des gesamten Lebenszyklus eines Fahrzeugs, von der Konstruktion über die Produktion bis hin zum Betrieb, was für die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und für eine kosteneffiziente Entwicklung wichtig ist.
Abgesehen von diesen Argumenten ist Systems Engineering auf dem Stand der Technik und muss sich an vielen Stellen bewähren. Dies geschieht z.B. durch den Nachweis der Automotive SPICE®-Konformität. Dieser kann auch als Grundlage für den Nachweis der funktionalen Sicherheit und der Cybersecurity dienen.
Automotive SPICE®-konforme Prozesse helfen, Kosten zu sparen und die Time-to-Market-Anforderungen zu gewährleisten. Eines der wichtigsten Merkmale des Systems Engineering ist die Fähigkeit, Risiken zu erkennen und zu beherrschen. Automobilsysteme können unglaublich komplex sein und es gibt viele potenzielle Fehlerquellen. Systems Engineering ermöglicht es den Ingenieuren, potenzielle Probleme vorherzusehen und Risiken zu minimieren, bevor sie auftreten. Dies macht den Entwicklungsprozess effizienter und führt letztendlich zu einem qualitativ hochwertigeren Produkt.
Darüber hinaus ermöglicht das Systems Engineering die Integration verschiedener Systeme, Technologien und Konstruktionsentscheidungen, die für die Schaffung neuer, von den Kunden geforderter Funktionen, wie fortschrittliche Fahrerassistenzsysteme, Konnektivität und Elektroantrieb, unerlässlich sind. Dies ist auch für die Einhaltung von Vorschriften und Umweltnormen wichtig.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Systems Engineering in der Automobilindustrie von entscheidender Bedeutung ist, da es die Entwicklung zuverlässiger und leistungsfähiger Fahrzeuge ermöglicht, die den Kundenbedürfnissen entsprechen, die Industriestandards erfüllen und Innovationen vorantreiben. Durch die Anwendung eines Systemansatzes können Automobilunternehmen die Komplexität ihrer Produkte effektiv steuern und innovativere und sicherere Fahrzeuge auf den Markt bringen.
Wenn Sie sich mit Prozessverbesserung beschäftigen, insbesondere im Automobilsektor, ist Ihnen wahrscheinlich intacs®, das »International Assessor Certification Scheme«, ein Begriff. Dieses Schema ist nach dem ISO/IEC-33000-Standard konzipiert. Die Ursprünge von intacs® gehen auf das Jahr 2000 zurück, als eine Gruppe europäischer Berater auf der Grundlage des Technical Report ISO/IEC 15504 die Basis für dieses Ausbildungs- und Zertifizierungsschema legte. Mit der Gründung des iNTACS e.V. im Mai 2006 in Düsseldorf wurde ein wichtiger Schritt zur Formalisierung und Weiterentwicklung dieses Ansatzes unternommen.
Heutzutage zählt der iNTACS e.V. über 30 Mitgliedsorganisationen, darunter Automobilhersteller, Zulieferer, Trainingsanbieter und Forschungseinrichtungen. Kennzeichnend für den iNTACS e.V. ist sein gemeinnütziger Charakter; er wird ausschließlich von ehrenamtlich tätigen, hochqualifizierten Assessoren betrieben. Dieses Engagement hat zur Weiterentwicklung des Schemas beigetragen, wobei der Fokus auf branchenunabhängiger Anwendbarkeit, Mehrsprachigkeit, Transparenz und Qualität liegt.
In Abbildung 2–1 wird das Wechselspiel der verschiedenen Institutionen bezüglich der Ausbildung und Zertifizierung der Assessoren dargestellt. Die Trennung der verschiedenen Instanzen sichert eine größtmögliche Objektivität.
Abb. 2–1Wechselwirkungen im intacs®-Kontext
Die Zertifizierungsstelle ist für alle Automotive SPICE®-Assessoren ist das VDA QMC. Diese Institution kümmert sich um die Prüfungen und (Re-)Zertifizierung von Assessoren.
Die Ausbildungsstruktur von intacs® ist klar gegliedert. Bislang gab es drei Assessoren- und zwei Instruktorenstufen, die ab 2024 um eine vorbereitende Stufe als Prozessexperte ergänzt werden. Die Zertifizierung auf dieser Stufe ist PAM-spezifisch und ermöglicht eine Spezialisierung auf Modelle wie Automotive SPICE®, Test SPICE oder Medical SPICE. Die Qualifizierung als Prozessexperte für Automotive SPICE® bildet die Grundlage für die weiterführende Ausbildung zum Provisional Assessor.
Die Zertifizierungsstufen von intacs® umfassen insgesamt sechs Levels, die unterschiedliche Qualifikationen und Erfahrungen im Prozessmanagement und in der Prozessbewertung repräsentieren (s. Tab. 2–1). Sie reflektieren eine zunehmende Vertiefung des Fachwissens, der Erfahrung und des Beitrags zur SPICE-Gemeinschaft.
Zertifizierungsgrad
Beschreibung
intacs®Certified Process Expert
Dies ist der Einstiegslevel für Fachleute in Bereichen wie Automotive SPICE®, Test SPICE oder Medical SPICE. Personen auf diesem Level verfügen über wenig oder keine Erfahrung in Assessments, haben jedoch einen Trainingskurs absolviert und eine Prüfung bestanden. Sie sind in der Lage, interne Verbesserungsaktivitäten zu unterstützen. Nach Erhalt dieser Zertifizierung können weitere Schulungen zu Modellerweiterungen besucht werden, um das Wissen in spezifischen Domänen zu vertiefen. Für Anwender ist das in dieser Stufe vermittelte Wissen ausreichend.
intacs®Certified Provisional Assessor
Dieser Level ist der Einstieg in die Karriere als Assessor. Personen mit dieser Zertifizierung haben passive Erfahrungen in Assessments, haben einen Trainingskurs absolviert und eine Prüfung bestanden. Sie sind qualifiziert, als Co-Assessoren in Assessments zu fungieren.
intacs®Certified Competent Assessor
Ab diesem Level verfügen die Assessoren über aktive Assessment-erfahrungen. Sie haben ebenfalls einen entsprechenden Trainingskurs absolviert und eine Prüfung bestanden. Sie sind in der Lage, Assessments zu leiten. Um die Zertifizierung zu erhalten, ist kontinuierliche Weiterbildung oder die Beteiligung an der Weiterentwicklung von Standards und Erweiterungen erforderlich.
intacs®Certified Principal Assessor
Principal Assessors tragen kontinuierlich und aktiv zum Wissen und zu den Best Practices der internationalen SPICE-Community bei. Für diesen Level ist kein Trainingskurs oder Examen erforderlich.
intacs®Certified Instructor Provisional Level
Auf diesem Level haben die Instruktoren nachweisbare Lehrfähigkeiten. Sie benötigen die Zustimmung eines akkreditierten Instruktors, der einen Beobachtungsprozess durchführt. Es ist kein Trainingskurs oder Examen erforderlich.
intacs®Certified Instructor Competent Level
Ähnlich wie beim Provisional Level verfügen die Instruktoren auf dem Competent Level über nachgewiesene Lehrfähigkeiten und benötigen die Zustimmung eines akkreditierten Instruktors durch einen Beobachtungsprozess. Auch hier ist kein Trainingskurs oder Examen notwendig.
Tab. 2–1intacs®-Zertifizierungsgrade
Das intacs®-Schema bietet Lehr- und Prüfungspläne sowie standardisierte Trainingsmaterialien. Bei der Zertifizierung gibt es eine organisatorische Trennung zwischen der Definition des Ausbildungssystems, der Zertifizierung und dem Training. Für den Automobilbereich ist VDA QMC die Zertifizierungsorganisation, während ECQA für andere Modelle und Modellerweiterungen zuständig ist. Für das Training gibt es dann verschiedene Anbieter.
Ein wichtiges Instrument sind die sogenannten Gate4SPICE-Events, die seit 2006 von intacs® angeboten werden. Es handelt sich dabei um Veranstaltungen, die einen intensiven Wissensaustausch ermöglichen und eine hervorragende Gelegenheit bieten, sich mit erfahrenen Assessoren aus der Industrie und Beratungsorganisationen zu vernetzen.
Automotive SPICE® 4.0 funktioniert nicht wie ein Rezeptbuch, das man durchblättert, um Lösungen für seine Prozessprobleme zu finden. Und genau das macht es so wertvoll, denn Prozesse benötigen immer den Kontext des Projekts oder des Unternehmens, in dem sie angewendet werden. Eine gute Grundlage für alle weiteren Schritte der Prozessoptimierung bietet das Assessment oder eine Gap-Analyse (s. Abb. 2–2). Dabei werden die Prozesse eines Unternehmens evaluiert, um Schwachstellen und Verbesserungspotenziale zu identifizieren.
Abb. 2–2Prozessverbesserung basierend auf Automotive SPICE® 4.0
Ein häufiger Fehler auf dem Weg zu Automotive SPICE®-konformer Arbeit besteht darin, dass Unternehmen versuchen, einfach nur eine Basispraktik nach der anderen zu implementieren, ohne den tatsächlichen Nutzen für das Projekt zu betrachten. Es ist essenziell, den Mehrwert jeder einzelnen Maßnahme im Auge zu behalten. Darüber hinaus ist es wichtig zu verstehen, dass viele Basispraktiken in einem Synergieverhältnis zueinander stehen. Sie sind nicht isoliert zu betrachten, sondern entfalten ihren vollen Nutzen oft erst in Kombination mit anderen und einer sinnvollen Implementierung im Projektkontext.
Dies ist nicht als Widerspruch dazu zu verstehen, dass Prozesse und Praktiken unabhängig im Assessment bewertet werden sollen, worauf wir in Abschnitt 4.5 näher eingehen werden. Hier geht es zunächst darum, einen Nutzen für das Projekt zu generieren.
Ein zentraler Aspekt von Automotive SPICE® ist die Betonung der tatsächlich gelebten Prozesse. Während viele andere Modelle sich zu Beginn erst einmal auf detaillierte Prozessbeschreibungen konzentrieren, legt Automotive SPICE® den Fokus auf die Prozesse, wie sie im Projekt wirklich ausgeführt werden. Erst in höheren Graden der Prozessfähigkeit (Capability Levels) rückt die detaillierte Dokumentation in den Mittelpunkt.
Der Weg zur Prozessverbesserung ist oft mit Herausforderungen gespickt. Es bedarf Zeit, Mühe und oft auch externer Hilfe, um die identifizierten Verbesserungen effektiv umzusetzen. Es wird empfohlen, dass Schlüsselpersonen im Unternehmen zwischen 30 und 50 Prozent ihrer Arbeitszeit in die Prozessverbesserung investieren und etwa 5 Prozent des Entwicklungsbudgets, zumindest in der Anfangsphase der Prozessverbesserung. Dies erfordert eine Ressourcenplanung und Freiräume, die in der betrieblichen Realität oft schwer zu verwirklichen sind. Hier kommt die Managementebene ins Spiel. Ohne deren aktives Engagement und Beteiligung ist die effektive Umsetzung von Prozessverbesserungen nahezu unmöglich.
Ihr Erfolg hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dazu zählen insbesondere Zeit, Erfahrung, Managementunterstützung, der Umfang der Maßnahmen, klar definierte Messgrößen und ein effektives Änderungsmanagement (in diesem Fall ist nicht der gleichnamige Automotive SPICE®-Prozess SUP.10 gemeint). In Tabelle 2–2 stellen wir relevante Erfolgsfaktoren dar.
Erfolgsfaktor
Beschreibung
Engagement des Managements und Mandat für Prozessverbesserungen
Die Identifikation und die aktive Unterstützung durch das Management sind von entscheidender Bedeutung. Ein schriftlicher Beschluss, inklusiv der Zusage von Ressourcen, ist unabdingbar. Das Management sollte das Veränderungsmanagement steuern und den kontinuierlichen Reviewprozess leiten.
Projektcharakter
Prozessverbesserung kann nicht als Nebeneffekt betrachtet werden. Die Organisation muss Prozessverbesserung als Projekt verstehen und dementsprechend handeln. Daraus ergeben sich die weiteren Erfolgsfaktoren.
Realistische Zeit- und Ressourcenplanung
Prozessverbesserungen benötigen ausreichend Zeit zur effektiven Umsetzung. Maßnahmen können zwar schnell abgearbeitet werden, ihre Integration kann jedoch 1 – 2 Jahre in Anspruch nehmen. Es ist ratsam, frühzeitig zu beginnen und ausreichend Zeit und Ressourcen pro Level einzuplanen.
Realistischer Umfang
Es ist nicht ratsam, alle Befunde nach einem Assessment sofort anzugehen. Der Fokus sollte auf Maßnahmen mit einem sinnvollen Kosten-Nutzen-Verhältnis liegen. Zusätzliche Unterstützung während der Implementierungsphase kann hilfreich sein.
Schlüsselpersonen einbeziehen
Die Beteiligung erfahrener interner Kollegen ist für den Erfolg unerlässlich. Externe Experten können sinnvoll sein, sollten aber mit Bedacht eingesetzt werden. Die Akzeptanz innerhalb des Unternehmens steigt durch die aktive Beteiligung interner Kollegen.
Gesteuerter Wandel
Prozessverbesserung geht Hand in Hand mit Veränderungen. Es ist empfehlenswert, die Initiative als eigenständiges Projekt zu betrachten und das Management einzubeziehen. Ohne das Management ist keine Veränderung möglich. Ein reiner Bottom-up-Ansatz wird in den meisten Fällen nicht funktionieren.
Messen
Der Erfolg von Prozessverbesserungen sollte durch geeignete Messgrößen belegt werden. Die Messungen sollten bereits vor den Verbesserungen beginnen und die Prozesskonformität sollte kontinuierlich geprüft werden. Wirtschaftliche Aspekte sind hierbei zu berücksichtigen.
Tab. 2–2Erfolgsfaktoren bei der Prozessverbesserung
Es ist wichtig zu verstehen, dass Veränderungen nicht über Nacht geschehen. Prozessverbesserungen, insbesondere wenn sie große Teile einer Organisation betreffen, erfordern Zeit. Oft kann es Jahre dauern, bis die volle Wirkung einer Veränderung sichtbar wird. Doch diese Investition zahlt sich aus. Denn auch wenn Veränderungen anfangs schmerzhaft sein können, bringen sie letztlich Vorteile für das Unternehmen, die Mitarbeiter und die Kunden.
In den letzten Jahren finden agile Vorgehensweisen zunehmend Anwendung im Automotive-Sektor, insbesondere in der Softwareentwicklung. Angesichts des Trends, dass die Entwicklung immer stärker softwaregetrieben wird, wird es immer wichtiger, Agilität in der Prozessgestaltung zu berücksichtigen. Obwohl agile Praktiken ursprünglich aus der Welt der Softwareentwicklung stammen und sich hervorragend für kleine Teams eignen, wurden sie im Automotive-Umfeld erfolgreich für größere Organisationen skaliert. Frameworks wie SAFe® oder LeSS können dabei helfen, sie mit dem umfangreichen Rahmenwerk der Automotive SPICE®-Prozesse in Einklang zu bringen.
Automotive SPICE® und agile Entwicklung stehen dabei nicht im Widerspruch zueinander, denn es gibt zahlreiche Synergien zwischen beiden: Beide betonen die Kundenzufriedenheit. Während Automotive SPICE®-Prozesse darauf abzielen, ein Produkt zu liefern, das die Anforderungen von Kunden und Stakeholdern erfüllt, fördern agile Praktiken regelmäßige Feedbackschleifen mit den Stakeholdern. Agilität unterstützt die kontinuierliche Reflexion und Anpassung, und im Zusammenspiel mit den Bewertungsstufen und Capability Levels von Automotive SPICE® wird ein strukturierter Ansatz zur kontinuierlichen Verbesserung im Automotive-Sektor geboten.
Agile Praktiken wie Daily Standups oder Retrospektiven unterstützen die Zusammenarbeit und die offene Kommunikation, was zur Wirksamkeit der Automotive SPICE®-Prozesse beiträgt. Die Einführung agiler Methoden kann oft auch zu besseren Schätzpraktiken in Projekten führen. Nach unseren Beobachtungen schneiden agile Projekte in der Regel sogar etwas besser ab als nicht agile Projekte.
Es gibt aber auch einige wichtige Punkte zu beachten: Zum einen sind die Basispraktiken von Automotive SPICE® oft so formuliert, wie man es von einem klassischen Entwicklungsprozess erwarten würde. Dies bedeutet, dass sowohl bei der Umsetzung als auch bei der Bewertung durch den Assessor Anpassungen erforderlich sind. Während Agilität die kontinuierliche Lieferung und Anpassung betont, legt Automotive SPICE® großen Wert auf eine umfassende Planung. Die Zusammenführung dieser beiden Ansätze kann herausfordernd sein, ist aber essenziell, um beide Philosophien in Einklang zu bringen.
Allein die Implementierung eines agilen Frameworks wie SAFe garantiert nicht automatisch die Konformität mit Automotive SPICE®. Es ist entscheidend, dass sowohl das Management als auch die Entwicklungsteams ausreichend geschult werden und sich der Überschneidungen zwischen agilen Praktiken und den Automotive SPICE®-Anforderungen bewusst sind. In Abschnitt 19.2 gehen wir genauer auf das Automotive SPICE®-Add-on Agile SPICE ein, das helfen soll, beide Welten besser zu integrieren.
Automotive SPICE® ist ein zweidimensionales Framework zur Bestimmung der Prozessfähigkeit. Es präsentiert sich in einem einzigen Dokument, das sowohl das »Prozessreferenz-Modell« (»Process Reference Model«, PRM) als auch das »Prozessassessment-Modell« (»Process Assessment Model«, PAM) umfasst. Die zugrunde liegenden Standards ISO/IEC 33002 [ISO/IEC 33002] und ISO/IEC 33004 [ISO/IEC 33004] fordern beides, aber nicht unbedingt als separate Dokumente. Die Zusammenlegung erleichtert die Navigation und sorgt für Klarheit.
Wir möchten an dieser Stelle kurz auf diese beiden Komponenten des Standards eingehen:
Die »Prozessdimension« konzentriert sich auf die spezifischen Prozesse, wie sie im Prozessreferenz-Modell durch ihren Zweck und ihre Ergebnisse sowie durch die Beziehungen zwischen ihnen definiert sind. Für die Verwendung können je nach Umgebung und Situation zusätzliche Elemente erforderlich sein. Auf die Prozessdimension gehen wir in
Abschnitt 3.1
genauer ein.
Die »Fähigkeitsdimension« (Capability-Dimension) ist in Automotive SPICE® über alle Prozesse hinweg konsistent und beinhaltet weitere Indikatoren für die Prozessfähigkeit. Das Prozessassessment-Modell ist ein Instrument, das dazu dient, Eignung, Zweckmäßigkeit und Prozessfähigkeit in einem Projekt zu bewerten. Es basiert auf dem ISO/IEC-33020-Standard, während die Prozessdimension fest im Prozessreferenz-Modell verankert ist. Darauf wird in
Abschnitt 3.2
näher eingegangen.
Die »Prozess-Steckbriefe« innerhalb von Automotive SPICE® sind nach den Aktivitätsbereichen, die sie adressieren, gruppiert und kategorisiert. Diese Einteilung ermöglicht einen klaren Überblick über die verschiedenen Aktivitäten und Ziele. Jeder dieser Prozesse hat eine eindeutige Absichtserklärung bzw. Zweck, der die funktionalen Ziele in einem bestimmten Umfeld definiert. Diese Zweckbestimmungen sind nicht nur abstrakte Konzepte, sondern werden durch konkrete Prozessergebnisse (Process Outcomes) detailliert. Diese Ergebnisse spezifizieren, was genau durch den Prozess erreicht werden soll. Neben dem Zweck und den Prozessergebnissen sind die Prozess-ID und der Prozessname Bestandteile des Prozessreferenz-Modells. Diese Elemente sind im oberen Teil der Abbildung 3–1 zu sehen und im Standard rot markiert.
Prozessreferenz-Modell
Prozess-ID
Die einzelnen Prozesse werden mit einer eindeutigen Prozess-ID und einem Prozessnamen gekennzeichnet. Es wird ein Prozesszweck angegeben und die Prozessergebnisse werden definiert, um die Prozessdimension des Automotive SPICE®-Prozessreferenz-Modells darzustellen. Die Hintergrundfärbung der Prozess-IDs und -namen zeigt die Zuordnung zu der entsprechenden Prozessgruppe an.
Prozessname
Prozesszweck
Prozessergebnisse
Prozessdurchführungs-Indikatoren
Basispraktiken
Eine Reihe von Basispraktiken für den Prozess, die eine Definition der Aktivitäten liefern, die durchgeführt werden müssen, um den Prozesszweck zu erfüllen und die Prozessergebnisse zu erreichen. Die Überschriften der Basispraktiken werden am Ende eines Prozesses zusammengefasst, um ihre Beziehung zu den Prozessergebnissen aufzuzeigen.
Erzeugte Informationsobjekte
Die erzeugten Informationsobjekte, die für die Erreichung des Prozesszwecks und die Erfüllung der Prozessergebnisse relevant sind, werden am Ende eines Prozesses zusammengefasst, um ihre Beziehung zu den Prozessergebnissen zu verdeutlichen.
Anmerkung: Siehe Anhang B des Standards für die Merkmale der einzelnen Informationselemente.
Abb. 3–1Darstellung der Prozesse im Standard
Jeder Prozess hat zudem seine eigenen Durchführungsindikatoren, die uns helfen zu verstehen, ob ein Prozess angemessen umgesetzt wird oder nicht. Diese Indikatoren werden in zwei Hauptkategorien unterteilt: Basispraktiken und erzeugte Informationsobjekte (Output Information Items). Die Informationsobjekte ersetzen die Arbeitsprodukte vorheriger Versionen. Dies wird in Abschnitt 4.2 näher erläutert.
Die Basispraktiken werden zur Bewertung von Prozessen herangezogen, aber auch, um die Erwartungshaltung zu verstehen, die Automotive SPICE® an einen Prozess stellt.
Sie folgen in ihrer Darstellung meist einer typischen Struktur; so beginnen sie mit den grundlegenden Aktivitäten des Prozesses, bevor Strukturierungs- und Analysepraktiken angewendet werden müssen. Danach kommen Praktiken zur Nachverfolgbarkeit und Konsistenz, bevor die Kommunikation und die Transparenz im Projekt sichergestellt werden.
Abbildung 3–2 (S. 18/19) gibt einen Überblick über die Prozesslandschaft von Automotive SPICE® 4.0 und zeigt die Struktur des Prozessreferenz-Modells. Zunächst werden die Prozesse einem Lebenszyklus zugeordnet: dem primären Lebenszyklus (mittlerer Bereich), dem unterstützenden Lebenszyklus (linker Bereich) und dem organisatorischen Lebenszyklus (rechter Bereich).
Der primäre Lebenszyklus umfasst essenzielle Prozesse wie die System-, Hardware- oder Softwareentwicklung und spezialisierte Prozesse wie das Machine Learning. Aber auch der Akquisitions- und Beschaffungsprozesse finden hier ihren Platz. Wir unterscheiden einzelne Prozessgruppen, auf die wir in den späteren Kapiteln dieses Buches näher eingehen werden.
Auch wenn die Entwicklungsprozesse häufig als V dargestellt werden, erfordert Automotive SPICE® keine Entwicklung nach dem V-Modell. Dies ist u.a. wichtig zu verstehen, wenn wir später auf das Thema Automotive SPICE® und Agilität eingehen.
Der unterstützende Lebenszyklus umfasst nur eine Prozessgruppe, die Unterstützungsprozesse. Wie der Name schon sagt, unterstützen diese alle anderen Prozesse über den gesamten Entwicklungszyklus.
Die Prozesse des organisatorischen Lebenszyklus umfassen verschiedene Management-, Prozessverbesserungs- und Wiederverwendungsprozesse, die es ermöglichen, die Organisation bzw. das Projekt zu steuern.
Abb. 3–2Prozessüberblick
In der Version 3 von Automotive SPICE® wurde erstmals die Möglichkeit eingeführt, sogenannte »Plug-ins« zu verwenden. Diese ermöglichen es, bei Bedarf die Software- und Systems-Engineering-Prozesse durch Modelle aus anderen Ingenieurdisziplinen zu ersetzen. Auf diese Weise kann ein komplettes mechatronisches System betrachtet werden.
Das Grundprinzip des »Plug-in«-Konzepts basiert auf folgenden Aspekten:
Die oberste Ebene umfasst alle Systems-Engineering-Prozesse, die in einem System »V« dargestellt sind.
Je nach zu entwickelndem Produkt können die entsprechenden Engineering-Disziplinen mit ihren domänenspezifischen Prozessen (z.B. Hardware Engineering/HWE, Mechanical Engineering/MEE oder Software Engineering/SWE) in den Assessmentumfang aufgenommen werden.
Alle anderen Prozesse wie Managementprozesse und unterstützende Prozesse sind domänenunabhängig und so gestaltet, dass sie sowohl auf System- als auch auf Domänenebene angewendet werden können. Darüber hinaus können »Add-ons« verwendet werden, um die im Standard definierten Prozesse zu ergänzen.
Plug-ins und Add-ons werden von iNTACS-Arbeitsgruppen als Extensions (s. Abschnitt 2.2) entwickelt. Diese Gruppen setzen sich aus Mitarbeitern verschiedener Unternehmen zusammen. Durch ihre Zusammenarbeit sind Extensions wie »SPICE for Mechanical Engineering« entstanden. Beispiele für erstellte Extensions sind »Agile SPICE« und »Automotive SPICE® for Cybersecurity«. Diese Erweiterungen zielen darauf ab, den Herausforderungen der modernen Technikwelt gerecht zu werden und gleichzeitig die Qualitätsstandards aufrechtzuerhalten. Machine Learning Engineering und Hardwareentwicklung haben auf diesem Weg Einzug in das Automotive SPICE®-Modell gehalten.
Insgesamt stellen diese Erweiterungen einen Fortschritt für Automotive SPICE® dar. Sie ermöglichen ein flexibleres Arbeiten und die Integration von bewährten Verfahren aus verschiedenen Ingenieurdisziplinen.
Durch diese Erweiterungen kann der Standard besser an die Projektanforderungen angepasst und skaliert werden.
Durch die Verwendung eines vom VDA bereits vorgeschlagenen Standardumfangs (s. Abschnitt 6.5) wird die Vergleichbarkeit verschiedener Assessments unterstützt.
Nachdem wir uns nun mit der Vielzahl der Prozesse, die mit Automotive SPICE® 4.0 betrachtet werden können, beschäftigt haben, wollen wir jetzt auf deren Bewertung schauen. Ein wesentliches Element sind dabei die Prozessattribute, die bewertet werden müssen und aus denen sich schließlich der Grad der Prozessfähigkeit (Capability Level) des Prozesses ergibt. Diese sind in Abbildung 3–3 dargestellt und zum Prozessreferenz-Modell in Bezug gesetzt.
An dieser Stelle soll nur ein kurzer Überblick gegeben werden, da in Kapitel 18 detaillierter auf die Capability Levels in Automotive SPICE® 4.0 eingegangen wird.
Abb. 3–3Assessment-Indikatoren vs. Prozessreife
Für Capability Level 1 ist nur das Prozessattribut PA 1.1 relevant, das ausdrückt, dass der Prozess seinen Zweck erfüllt und die im Prozessreferenz-Modell definierten Prozessergebnisse (Process Outcomes) erbringt. Obwohl für Capability Level 1 ein systematischer Ansatz gegeben sein muss, können noch Schwachstellen vorhanden kann, die dann für den Capability Level 2 weitgehend beseitigt sein müssen.
Für die weiteren Capability Levels kommen jeweils zwei Prozessattribute hinzu, wie in Tabelle 3–1 dargestellt.
Prozessfähigkeit
Prozessattribute
CL 1:Durchgeführt
PA 1.1: Der Prozess erfüllt seinen Zweck und erbringt die im Prozessreferenz-Modell definierten Prozessergebnisse.
CL 2:Gesteuert
PA 2.1: Die Durchführung des Prozesses wird gesteuert.
PA 2.2: Die durch den Prozess erzeugten Arbeitsprodukte werden angemessen verwaltet.
CL 3:Etabliert
PA 3.1: Ein Standardprozess wird gepflegt, um die Einführung des definierten Prozesses zu unterstützen.
PA 3.2: Der Standardprozess wird als definierter Prozess eingesetzt, um die Prozessergebnisse zu erreichen.
CL 4:Vorhersagbar
PA 4.1: Der Informationsbedarf ist definiert, Beziehungen zwischen den Prozesselementen sind identifiziert und Daten werden erhoben.
PA 4.2: Objektive Daten werden verwendet, um eine vorhersehbare Prozessausführung zu steuern.
CL 5:Innovativ
PA 5.1: Änderungen des Prozesses werden durch Untersuchungen innovativer Ansätze zur Definition und Einführung des Prozesses identifiziert.
PA 5.2: Änderungen an der Definition, dem Management und der Durchführung des Prozesses erfüllen die relevanten Prozessinnovationsziele.
Tab. 3–1Überblick über Prozessattribute
So wie bei PA 1.1 die Basispraktiken als unterstützende Indikatoren dazu dienen, die Prozesse besser zu verstehen, gibt es für die anderen Prozessattribute sogenannte »generische Praktiken« (Generic Practices) die genauer beschreiben, was zu tun ist.
Der Kern des Bewertungsmechanismus basiert auf einem in der ISO/IEC 33020:2019 definierten Regelwerk. Gemäß der Definition der ISO/IEC 33020:2019 sind immer die Prozessattribute der Prozesse zu bewerten. Als messbare Eigenschaft der Prozessfähigkeit ermöglicht dies eine Einschätzung des Grades der Umsetzung.
Im Normalfall und um das Ergebnis besser nachvollziehen zu können, werden auch die Basispraktiken und die generischen Praktiken entsprechend bewertet. Ein übliches Vorgehen ist hierbei, aus den Bewertungen der Praktiken des jeweiligen Prozessattributs einen Mittelwert zu bilden. Dieser Mittelwert gibt in der Regel einen guten ersten Anhaltspunkt und kann als Grundlage für die weitere Diskussion verwendet werden.
Allerdings sollte er nicht einfach übernommen werden, da die Basispraktiken oft nicht mit der gleichen Gewichtung in die Bewertung einfließen sollten. Abhängig von der konkreten Projekt- oder Organisationsumgebung können einige Praktiken relevanter und aussagekräftiger sein als andere. Eine einfache Mittelwertbildung kann daher zu einer verzerrten oder irreführenden Gesamtbewertung führen.
Es ist wichtig, die Bewertung im jeweiligen Kontext vorzunehmen. Diese Bewertung folgt einer spezifischen Bewertungsskala, die in der ISO/IEC 33020:2019 definiert und in das Automotive SPICE®-Modell übernommen wurde:
N (Not Achieved)
Es gibt wenig oder keine Anzeichen dafür, dass das festgelegte Prozessattribut im bewerteten Prozess erreicht wurde.
P (Partially Achieved)
Es gibt Anzeichen für einen Ansatz und einige Umsetzungen des Prozessattributs, allerdings können einige Aspekte unvorhersehbar sein.
L (Largely Achieved)
Der Ansatz zur Umsetzung des Prozessattributs ist systematisch, und es gibt signifikante Anzeichen seiner Umsetzung, obwohl Schwächen vorhanden sein könnten.
F (Fully Achieved)
Es gibt klare Beweise für einen vollständigen und systematischen Ansatz zur Umsetzung des Prozessattributs.
Jeder dieser Bewertungsstufen werden spezifische Prozentsätze zugeordnet, um den Grad der Umsetzung des Prozessattributs quantitativ zu beschreiben. Dabei kann die Skala weiter verfeinert werden, um zwischen einem »schwachen P bzw. L« und einem »normalen P bzw. L« zu unterscheiden.
Das Assessmentteam muss nicht nur den Standard kennen, sondern auch über praktische Erfahrung mit Automotive SPICE® verfügen. Ein fundiertes Verständnis des Modells und seiner Anwendung ist von entscheidender Bedeutung. Das bloße Durchblättern des Standards oder das Abarbeiten von Checklisten ist nicht ausreichend.
Die Bewertung sollte immer mit einem objektiven Blickwinkel erfolgen und ehrlich durchgeführt werden. Sie sollte nicht als Audit, sondern als Gelegenheit zur Verbesserung betrachtet werden. Es ist wichtig, die tatsächlich durchgeführten Aktivitäten anhand der Modellpraktiken zu bewerten und nicht nur das, was dokumentiert ist. Wie werden die Prozesse gelebt und ausgeführt?
Die Bewertung von Praktiken und die Verwendung dieser Bewertungen als Grundlage für die Bewertung von Prozessattributen stellt eine Herausforderung dar. Nicht alle Praktiken sind für jedes Projekt gleichermaßen relevant, und die meisten Assessoren verwenden nicht einfach den Mittelwert aller Basispraktik-Bewertungen.
Es sollte auch bedacht werden, dass eine einmalige Bewertung nur eine Momentaufnahme darstellt. Eine kontinuierliche Überwachung und Bewertung sind erforderlich, um sicherzustellen, dass Verbesserungen konsequent umgesetzt und aufrechterhalten werden. Auf die Durchführung von Assessments wird in Kapitel 21 näher eingegangen.
Neben dem Prozessmodell [Automotive SPICE 2023] stellt der VDA QMC auch die zugehörigen Guidelines [VDA 2023] zur Verfügung, um dessen Auslegung und Anwendung zu vereinheitlichen. Die Guidelines sind nicht das Hauptthema dieses Buches, aber ihre Bedeutung als Wegweiser und unverzichtbares Werkzeug für Assessoren ist nicht zu unterschätzen. Sie sorgen für mehr Klarheit und ein besseres Verständnis des Assessmentprozesses, insbesondere bei Meinungsverschiedenheiten über Bewertungsergebnisse.
Die Guidelines richten sich vor allem an Assessoren in der Automobilbranche. Ein Ziel dieses Dokuments besteht darin, Richtlinien für die Anwendung von Automotive SPICE® festzulegen. Dabei geht es darum, den Assessoren bei der Planung, Durchführung, Bewertung und Berichterstattung von Assessments zu helfen.
Einzelne Prozesse werden auf ihre grundlegenden Praktiken und Regeln hin untersucht und es werden Empfehlungen gegeben, wann eine Basispraktik oder der Prozess abgewertet werden sollte. Gleichzeitig werden die Abhängigkeiten zwischen den Prozessen beleuchtet.
Es ist nicht beabsichtigt, Automotive SPICE® PAM oder PRM zu ersetzen oder zu erweitern. Automotive SPICE® 4.0 ist ein vollständiges Prozessassessment-Modell, das den Anforderungen von ISO/IEC 33002 entspricht. Es kann eigenständig, d.h. ohne Guidelines für Assessments, eingesetzt werden.
Der Verbesserungsprozess, der dazu dient, die in einem Assessment festgestellten Probleme zu lösen, wird explizit angesprochen. Viele Assessoren werden sich an diese Richtlinien halten, insbesondere wenn dies eine Anforderung des Auftraggebers ist.
Für diejenigen, die sich auf ein Assessment vorbereiten, lohnt sich daher ein Blick in die Automotive SPICE® Guidelines.