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Das ungewöhnliche Berliner Polizisten-Duo Alexander Rosenberg und Kathleen Neubauer ermittelt in einem ominösen Vermisstenfall in der orientalisch-geheimnisvollen Umgebung Marokkos! Kurz vor seinem geplanten Urlaub an der Nordsee bekommt Alexander Rosenberg einen seltsamen Vermisstenfall auf den Schreibtisch: Die junge Malerin Vera Schwarze ist in Marokko verschwunden - man vermutet sie im prunkvollen Palast des wohlhabenden, aber auch gefährlichen Oman Mokthari. Alexander stößt auf Ungereimtheiten und Widersprüche - Grund genug für ihn, die geplante Nordsee-Reise nach Marokko umzubuchen, wovon seine Reisebegleitung und Verlobte gar nicht begeistert ist - und nicht nur das: Was sie in Marokko und Kathleen in Berlin nach und nach herausfinden, lässt ihnen das Blut in den Adern gefrieren...
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ISBN 978-3-492-98424-9
© 2018 Piper Verlag GmbH, München
Redaktion: Sandra Lode
Covergestaltung: Favoritbüro, München
Covermotiv: sarra22/shutterstock und Krivosheev Vitaly/shutterstock
Datenkonvertierung: abavo GmbH, Buchloe
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Cover & Impressum
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
29. Kapitel
30. Kapitel
31. Kapitel
32. Kapitel
33. Kapitel
34. Kapitel
35. Kapitel
36. Kapitel
37. Kapitel
38. Kapitel
39. Kapitel
40. Kapitel
Nachwort
Fünf Wochen vorher
Ihr Atem ging schwer, während ihre Nerven Sirtaki tanzten und das Blut in ihren Ohren rauschte.
Vera stand in der schummrigen Diele ihrer Wohnung und hielt den cremeweißen Briefumschlag in der Hand. Sie wusste, dass ihr Leben eine komplette Wendung nehmen würde, wenn sie den Brief öffnete. Die beiden prall gefüllten Einkaufstüten, die sie neben sich auf dem Boden abgestellt hatte, fielen mit einem Rumms um, so dass Äpfel, Möhren und Joghurtbecher über den dunklen Teppichboden kullerten. Sie achtete nicht darauf, sondern starrte nur auf den Umschlag, der hell vom Boden abstach. Sie hatte ihn fallen lassen, als würde er brennen. Ihre Adresse stand in schwarzen Lettern auf dem Weiß. Kein Absender, aber die fremdländischen Briefmarken ließen ihr Herz wild gegen den Brustkorb schlagen. Sie wusste genau, von wem der Brief stammte. Nie hätte sie gedacht, dass sie jemals wieder von ihm hören würde. Sie kniete sich mit klopfendem Herzen hin. Ihre Finger bohrten sich in das Papier, während sie die Luft anhielt. Mit einem Ruck riss sie den Umschlags auf. Ein anderes Papier steckte darin. Fest mit abgerundeten Ecken. Aufgeregt drehte sie es so, dass sie den Aufdruck lesen konnte. Ein Flugticket. Nur das Ticket. Kein Wort dazu. Erst nach Paris, dann mit der Royal Air Maroc nach Fès, Marokko. Ausgestellt auf ihren Namen. Abflug: morgen früh. Vera fasste sich an die Stirn. Ihr war mit einem Mal schwindelig. Sie stand auf und sah sich um, stieg dann über die umgekippten Tüten, setzte sich an den Küchentisch und stützte den Kopf in die Hände, so dass ihre langen hellblonden Haare halb auf dem Tisch lagen. Sie spürte, wie ihr Puls hart in ihrem Hals schlug. Erinnerungen an würzige Gerüche, sandige Wärme und seidige Stoffe regten sich. Natürlich hatte er das Ticket geschickt, und allein der Gedanke an ihn trieb ihr die Röte ins Gesicht.
Vera war ihm im letzten Urlaub begegnet. Seit Jahren machten Martin und sie zusammen mit ihren Freunden Doris und Paul einmal im Jahr Urlaub in Marokko. Sie liebten das Strandleben, die verwinkelten Gässchen der Basare, die freundlichen, überschwänglichen Menschen und die fremdländisch-geheimnisvolle Atmosphäre. Martin und Paul arbeiteten seit Urzeiten zusammen. Paul war Baustatiker, und seine zupackende Frau Doris schleifte ihn durchs Leben. Sie war definitiv diejenige, die die Hosen in der Beziehung an hatte. Hätte Vera es sich aussuchen können, wäre sie wahrscheinlich lieber mit Martin allein gefahren, doch das Zusammensein mit Doris war auf jeden Fall immer lustig.
Eines Abends waren die Männer mit ein paar Bekannten herumgezogen. Keine Ahnung, was sie vorhatten, wahrscheinlich ein paar Bier trinken und noch mehr, aber Vera und Doris wollten auf keinen Fall im Hotel hocken und auf die beiden warten. Also gingen sie allein in ein Restaurant. Es war eines von den besseren, doch wenn die Männer sich etwas gönnten, meinte Doris, wollten sie beide nicht nachstehen.
Das Palastrestaurant à la Tausendundeine Nacht war gut besucht. Den beiden Frauen wurde ein Tisch in einer Ecke zugewiesen, der vom sanften Licht marokkanischer Laternen beleuchtet wurde. Es war so zauberhaft unwirklich, dass es Vera wie ein Traum vorkam. Feine Gerüche nach Gewürzen und Jasmin erfüllten die Luft. Als sie ihren Blick umherschweifen ließ, schaute sie in die schönsten blauen Augen, die sie jemals gesehen hatte. Direkt am Nachbartisch saß er und lachte sie an. Er trug einen schwarzen Anzug mit strahlend weißem Hemd und prostete ihr mit zur Seite geneigtem Kopf zu. Sie konnte den Blick nicht von ihm wenden. Irgendetwas an ihm faszinierte sie. Erst als Doris sie über den Tisch hinweg anstieß, bemerkte sie, dass der in eine weiße Kutte gehüllte Kellner neben ihr stand und ihr die Speisekarte vor die Nase hielt.
»Verzeihung«, murmelte sie und griff danach.
»Sind wir ein bisschen abwesend?«, stichelte Doris mit einem Grinsen.
»Ich habe nur… ich…«, stammelte Vera, aber Doris winkte ab.
»Schon klar. Der Typ sieht ja auch ganz süß aus. Genieß den Abend. Wer weiß, was die Männer machen. Ich werd es Martin schon nicht auf die Nase binden.«
»So ein Quatsch. Ist doch gar nichts passiert. Hier gibt’s ja nur ganze Menüs. Ich hab gar nicht so viel Hunger.« Vera hielt die Karte vor ihr Gesicht, damit Doris nicht sah, wie rot sie wurde.
»Na und? Klar nehmen wir ein Menü. Das teuerste auf der Karte, und die Männer müssen blechen.«
»Kann es sein, dass du ein bisschen angepisst bist? Du hast doch vorhin noch so generös gesagt, sie sollen die Zeit genießen.«
»Sollen sie ja auch, aber nicht zu sehr. Und wenn sie Spaß haben wollen, können sie auch ruhig für unseren bezahlen. Herr Ober!«, rief Doris und sah sich nach dem Kellner um.
Vera nutzte die Chance für einen kurzen Blick an den Nebentisch. Er sah immer noch herüber. So blaue Augen hatte sie wirklich noch nie gesehen. Und wie er lächelte. Mit so niedlichen Grübchen. Er nickte ihr zu, und sie spürte, wie ihr Gesicht heiß wurde.
»Hmhm«, räusperte sich Doris. Schnell drehte Vera sich um. »Ja, ja, ich weiß schon: Du hast nur schnell geguckt, was die anderen so essen. Wollen wir jetzt endlich bestellen? Ich sterbe vor Hunger.«
Nachdem sie ihre Bestellung aufgegeben hatten, stockte das Gespräch, auch wenn Doris sie immer wieder mit dem attraktiven Kerl vom Nebentisch aufzog, zu dem Vera sich jetzt nicht mehr zu gucken traute.
»So, ich geh dann mal für kleine Mädchen. Hab Spaß, Große!«, sagte Doris mit einem anzüglichen Grinsen.
»Ach, jetzt geh dir die Nase pudern und halt die Klappe!«
Vera atmete auf, als ihre Freundin weg war. Einen kleinen Moment wartete sie, dann drehte sie sich zögernd um und sah hinüber zum Nachbartisch. Sie waren zu acht. Alles gepflegte und gut gekleidete Männer, doch keiner sah so gut aus wie er. Gerade schien eine angeregte Unterhaltung im Gange zu sein, denn es wurde wild gestikuliert, und Vera genoss es, die Männer dabei zu beobachten. Doch plötzlich blickte er wieder herüber. Sie spürte, wie ihr Magen flatterig und ihr Mund trocken wurde. Er neigte den Kopf mit dem bezauberndsten Lächeln, das sie je gesehen hatte, und hob sein Glas. Sie konnte nicht anders als zurückzustrahlen. So lebendig wie heute Abend hatte sie sich schon lange nicht mehr gefühlt.
Da kam Doris zurück. Schnell rückte Vera wieder gerade an den Tisch und tat so, als wären nicht gerade eine Million Schmetterlinge in ihrem Magen unterwegs. Dieser Mann hatte irgendetwas – es war eine Art von Magie, wenn er sie mit diesen wunderschönen Augen ansah.
»Na, hattest du Spaß, Prinzessin?«, neckte Doris sie, als sie sich wieder setzte.
Vera sah sie mit gerunzelter Stirn an.
»Ach, jetzt tu doch nicht so, ich hab genau gesehen, welche Blicke ihr beiden euch zugeworfen habt.«
Der Kellner kam mit einem Tablett voll aufwendig dekorierter Gläser. Üppige Früchte waren aufgespießt und hingen von den tiefblau glänzenden Gläsern herunter, die mit dünnen Zuckerrändern garniert waren. Einige der Drinks waren mit orientalischen Blumen verziert, die einen verführerischen Duft verströmten.
»Mit Empfehlung des Herrn vom Nebentisch«, sagte er und stellte die Gläser vorsichtig zwischen den beiden Frauen auf den Tisch.
»Das ist aber nett von ihm«, rief Doris erfreut.
Vera drehte sich zu ihm um. Er hob mit einem feinen Lächeln das Kinn, und seine Augen hatten einen warmen Glanz, als sie eines der Gläser anhob und mit einem kurzen Nicken an die Lippen führte.
Sie nahm einen großen Schluck und strahlte ihn an. Die Schmetterlinge in ihrem Bauch tanzten Tango, und Vera fühlte sich beschwingt und leicht.
Auch das Essen war wundervoll, und inzwischen war es ihr egal, was Doris für anzügliche Bemerkungen machte. Immer wieder drehte sie sich zu ihm um. Die Livemusiker und die Bauchtänzerin, die in der anderen Ecke des Restaurants auftraten und Doris zu Begeisterungsstürmen hinrissen, waren Vera ebenfalls egal. Der Flirt mit dem unbekannten Schönen forderte ihre ganze Aufmerksamkeit.
Als sie nach Stunden das vorzügliche Menü beendet und sich noch weitere Drinks, die er herüberschicken ließ, hatten schmecken lassen, erhob sich einer der Männer, der mit ihm am Tisch saß, und kam zu ihnen herüber.
Er verbeugte sich kurz und sagte dann in korrektem britischen Englisch: »Verzeihung, die Damen. Mein Herr würde Sie gerne einladen, wenn Sie es erlauben.«
Lächelnd sah Doris ihn an. »Ihr Herr? Ist ja niedlich. Nun, wenn ihm so viel daran liegt, wollen wir nicht nein sagen, nicht wahr, Vera?«
Bevor Vera antworten konnte, sagte er: »Vielen Dank. Es ist ihm eine Ehre. Er bat mich noch, Sie um Ihre Visitenkarte zu bitten.« Jetzt sah er Vera an.
Sie hatte einen kleinen Schwips. Dieser Abend würde ihr in wundervoller Erinnerung bleiben. Wenn der schöne Unbekannte ihren Namen erfahren wollte, damit er wusste, an wen er sich erinnerte, war das doch völlig in Ordnung.
»Unter einer Bedingung!«, erwiderte sie mit schwerer Zunge. »Sagen Sie mir seinen Namen.«
Der Mann zog überrascht eine Augenbraue hoch, doch dann lächelte er. »Natürlich, Madame. Sein Name ist Oman. Oman Mokthari.«
»Danke.« Vera lächelte zurück. Jetzt hatte sie auch einen Namen, an den sie sich erinnern konnte.
»Jetzt gib ihm schon die Karte und lass uns ins Hotel gehen. Ich brauch frische Luft. Mein Kopf hämmert«, sagte Doris und machte sich daran aufzustehen, was nach den vielen Drinks nicht so einfach schien.
Vera kramte in ihrer Handtasche und fand eine Visitenkarte, die schon leicht ramponiert war. Mit einem Lächeln drückte sie sie dem Mann in die Hand. »Sagen Sie Ihrem Herrn vielen Dank von uns«, sagte sie und stand ein wenig schwankend auf.
Mit einem kurzen Winken verabschiedete sie sich von ihrem Gönner, dessen Blick ihr bis auf die Straße folgte.
Doris hatte Wort gehalten und nichts gesagt. Sie hatten ihren Urlaub beendet, waren wieder nach Hause gefahren und hatten gearbeitet. Vera hatte das Ganze als schöne Erinnerung abgespeichert, und dann hatte Martin mal eben ihre ganze Welt einstürzen lassen.
Sie starrte auf das Ticket: Abflug Mittwoch früh. Ein One-Way-Ticket. Offenbar wollte er, dass sie länger blieb. Es war absolut unwirklich, geradezu bizarr, und doch war es wahr.
Seit sie Martin vor ein paar Tagen beim Fremdgehen erwischt hatte, befand sie sich in einer Schockstarre. Der unverhoffte Brief machte die Wölkchen in ihrem Kopf nur noch wattiger. Doch jetzt, wo sie wieder an das schmähliche Ereignis dachte, kamen all die Bilder erneut hoch, die sie mit großer Anstrengung aus ihrem Kopf verbannt hatte.
Sie hatte an dem Tag früher auf der Baustelle Schluss gemacht. Es regnete in Strömen, so dass es keinen Sinn machte weiterzumalen. Also fuhr sie in den Supermarkt ein paar Straßen weiter und kaufte für einen gemütlichen Abend zu Hause ein. Vera wollte Pasta mit Filetspitzen und einen Spinatsalat machen. Das mochte Martin so gern.
Als sie die Tür zu Hause aufschloss, spürte sie sofort, dass etwas nicht stimmte. Die ganze Wohnung schrie es ihr förmlich entgegen. Die Tür zum Schlafzimmer war geschlossen. Das war sie sonst nie. Leise stellte sie den Beutel mit den Leckereien neben der Tür ab, schlüpfte aus ihren Straßenschuhen und lief zum Schlafzimmer. Sie legte das Ohr an die Tür. Ein leises Stöhnen war zu hören. Ob es ihm nicht gut ging? Vielleicht konnte sie ihm irgendwie helfen. Sie drückte die Türklinke herunter. Doch als die Tür aufschwang, taumelte sie zurück. Er war nicht krank. Ganz und gar nicht! Er war sogar sehr munter. Und die schlanke Brünette, die mit ihm im Bett war, kannte Vera auch. Sie selbst hatte sie als Sekretärin eingestellt. Seit ein paar Monaten erst arbeitete sie in Martins Firma.
Vera hielt sich die Hand vor den Mund, um nicht laut aufzuschreien. Die beiden waren so miteinander beschäftigt, dass sie sie nicht bemerkten. Leise zog sie die Tür zu und verschwand in der Küche. Er betrog sie. Einfach so. So etwas passierte anderen, im Film, vielleicht auch im wahren Leben, aber doch nicht ihr mit Martin, für den sie alles tat, wirklich alles.
Sie war ins Wohnzimmer gestolpert und hatte sich auf die Couch gesetzt, während Tränen aus ihren Augen quollen. Sie konnte nicht bei ihm bleiben. Irgendetwas musste passieren!
Und jetzt tat es das auch, als hätte sich das Schicksal einen Spaß erlaubt. Das Flugticket war ihre Möglichkeit, sich aus dieser unerträglichen Beziehung zu befreien, wenn sie es denn nutzte. Wenn sie sich ins Flugzeug setzte und die Vergangenheit einfach hinter sich ließ. Es war verrückt. So etwas machte man nicht einfach so. Sie saß da und drehte das Ticket zwischen ihren verschwitzten Händen hin und her. Aber es war Marokko. Sie liebte dieses Land, und so wie die Lage jetzt war, konnte sie nicht bleiben. Sie konnte nicht weiter neben Martin herleben, als wäre nichts gewesen. Aber Oman? Das war doch wirklich verrückt. Sie kannte ihn ja eigentlich gar nicht. Sie hatten einen wunderschönen Abend lang geflirtet, was das Zeug hielt, und er hatte sie verzaubert, keine Frage, aber sie konnte doch nicht einfach so … Sie machte eine kleine Wette mit sich: Wenn ich den Koffer in weniger als vier Minuten finde, mache ich es. Wenn nicht, bleib ich hier.
Sie stand auf. Sie spielte nicht fair, denn sie wusste genau, wo der Koffer war. Wie immer stand er in der Kammer, die Kulturtasche und die Koffergurte sorgfältig darin verstaut, bereit für das nächste Abenteuer.
Zwei Minuten später hielt sie ihn in der Hand. Entschlossen atmete sie ein und schüttelte alle Zweifel ab, dann begann sie zu packen.
In der Nacht machte sie kein Auge zu. Angespannt lag sie im Dunkeln neben Martin, der nicht bemerkt hatte, dass der wieder in der Kammer stehende Koffer jetzt gefüllt war. Die Bemühungen, sich ihm gegenüber nichts anmerken zu lassen, und die Aufregung über das Bevorstehende zerrten an ihren Nerven.
Am Morgen verabschiedete sie ihn wie immer. Er schien wirklich nichts zu ahnen, als er sich in sein Auto setzte und winkend davonfuhr, obwohl Vera ein nervöses Wrack war. Immer wieder fragte sie sich, ob sie es wirklich tun sollte. Ob sie alles hinter sich lassen und sich Hals über Kopf in dieses Abenteuer stürzen sollte oder ob es nicht besser war, erst mal zu ihren Eltern zu fahren und einen Neuanfang irgendwo in Deutschland zu wagen. Doch die Vorstellung, ihn wiederzusehen, einfach alles hinter sich zu lassen und mal etwas zu wagen, war zu verlockend.
Als Martin um die Ecke fuhr, nahm sie mit zitternden Fingern das Telefon und rief in der Taxizentrale an. Sie entschied sich, den Frühstückstisch demonstrativ unabgeräumt zu lassen, ging in die Kammer, zog sich die Jacke an und griff nach ihrem Koffer. Einmal noch sah sie sich um und verabschiedete sich von dieser Episode ihres Lebens. Etwas Verheißungsvolles, Unbekanntes lag vor ihr. Sie holte tief Luft, schloss dann die Wohnungstür ab, zerrte den Koffer die Treppen hinunter und warf den Schlüssel in den Briefkasten.
Die Fahrt zum Flughafen, der Flug nach Paris, das Umsteigen in die Maschine nach Fès, alles war an ihr vorbeigezogen, ohne dass sie es fassen konnte. Es waren mehrere Stunden vergangen, aber all das waren nur unwichtige Stationen auf dem Weg zu ihm. Die Landung war ein bisschen holperig, wurde aber durch die überraschend schnelle Ankunft ihres Gepäcks wieder wettgemacht. Es war egal, sie war in Marokko und ihm damit schon so viel näher als noch vor ein paar Stunden. Sorgfältig strich sie sich über den hellen Rock, den sie direkt vor der Landung auf der engen Flugzeugtoilette angezogen hatte. Sie hatte die zerknautschten Jogginghosen in die große Umhängetasche gesteckt und nervös ausgeatmet.
Jetzt trat sie aufgeregt und mit einem dank des wunderbaren Rouges, das sie sich im Duty-Free-Shop geleistet hatte, überraschend frischen Aussehen aus dem abgesperrten Bereich und sah sich um. Sie war noch nie in Fès gewesen, und der Flughafen war voller Menschen. Es roch nach Schweiß, und laute Unterhaltungen sirrten durch die Luft. Ein bisschen overdressed war sie ja, aber das war sie ihm schuldig, wo er sich doch die Mühe machte, sie einzufliegen. Und es war ein Zeichen, dass sie das alte Leben, das sie mit Martin geführt und wo sie die meiste Zeit in vollgeklecksten Malerklamotten verbracht hatte, hinter sich ließ. Sie hatte es abgestreift wie eine alte Haut. Ein freudiges Kribbeln erfüllte ihren Magen. Sie liebte Marokko, das Land, die Menschen, die Gerüche, die Farben, aber sie wollte auch ihn lieben. Ihr Herz war auf der Suche nach einem Ankerplatz, und wenn sie an seine Blicke aus diesen unerhört blauen Augen dachte, denen deutlich anzusehen war, wie er sie bewunderte, war das doch eine aussichtsreiche Sache. Da hörte sie auf einmal ihren Namen und drehte sich um. Sie hatte den hochgewachsenen, dunkelhäutigen Mann noch nie gesehen, doch er lächelte sie breit an, griff dann nach ihrem Gepäck und sagte in französisch gefärbtem Deutsch: »Darf isch, Madame?«
Vera nickte zögernd. »Ich nehme an, Sie bringen mich zu ihm?«
»Naturellement, Madame. Bitte folgen Sie mir!« Mit schnellen Schritten ging er voran. Die Menge wich vor dem großen Mann zurück, und Vera konnte ihm problemlos folgen. Er eilte auf eine schwarz glänzende Limousine von mindestens sechs Metern zu. Die Scheiben waren abgedunkelt. Er stellte die Koffer ab und hielt ihr dann galant die Tür auf. Ein Schwall kühler Luft schlug ihr entgegen. Eine Wohltat bei dieser schweißtreibenden Hitze! Sie schlüpfte ins Wageninnere, zog ihren Rock herunter, der beim Sitzen an ihrem Bein hochgerutscht war, und staunte. Die Armaturen glänzten golden. Die schwarzen Sitze waren angenehm kühl, und eine gut gefüllte Bar befand sich aufgeklappt direkt vor ihr. Eine Champagnerflasche lag in einem goldenen Sektkühler, der bis oben hin mit Eis gefüllt war. Ein edel aussehendes Glas stand auf einer purpurroten Serviette daneben.
Fragend sah Vera den jungen Mann an. Sie spürte, wie ihr die Zunge am Gaumen klebte.
»Bitte bedienen Sie sich, Madame!«, sagte er lächelnd, bevor er sanft die Tür schloss. Die Geräusche von draußen wurden gedämpft, und zarte Klaviermusik setzte ein, als der Wagen losfuhr. Vera goss sich ein großzügiges Glas ein und nippte an dem Schampus. Sie genoss das Prickeln auf der Zunge und fühlte sich bestätigt, das Richtige zu tun. Wie oft hatte sie mit Martin Champagner getrunken? Der würde Augen machen, wenn er sie so sehen könnte. Sie musste ein paar Aufnahmen machen und ihre Zuschauer im nächsten Video damit überraschen, was sie hier für ein Märchen erlebte. Das würde sicher auf viel Interesse stoßen und ihr bestimmt auch einige neue Abonnenten bescheren.
Sie hatte ihren Youtube-Kanal Veras Welt inzwischen seit einem guten Jahr. Zu Anfang war es nur eine nette Möglichkeit gewesen, mal wieder künstlerisch tätig zu sein und das mit der Welt zu teilen. Die ersten zehn oder zwanzig Videos waren Malanleitungen gewesen. Tutorials, wie das in Youtube-Sprache hieß. Sie hatte sie ähnlich gestaltet wie Bob Ross, der inzwischen leider schon eine Weile tot, aber eine Ikone des Fernseh-Malens war. Später waren andere Sachen dazugekommen, Vlogs, ein bisschen Organisation und Ähnliches, und in letzter Zeit hatte sie so viele Klicks, dass es langsam begann, Gewinn abzuwerfen. Aber vor allem machte es ihr großen Spaß. Vlogs aus Marokko würden bestimmt Erfolg haben. Doch gerade als sie die Kamera anschalten wollte, stellte sie fest, dass der Akku leer war. So ein Mist. Doch Vera war sich sicher, dass es im Laufe der Zeit noch genug zu zeigen geben würde. Ihr Leben war mit einem Schlag richtig aufregend geworden.
Bald hatten sie die Straßen von Fès hinter sich gelassen und fuhren durch die Wüste. Die karge, bergige Landschaft zog an ihr vorbei. Es war alles so furchtbar schnell gegangen. Sie war seit gestern nicht groß zum Nachdenken gekommen. Sie hatte sich kopfüber in dieses Abenteuer gestürzt, und jetzt saß sie in dieser riesigen Limousine, ließ die Eiswürfel in ihrem Glas klimpern und spürte, wie müde sie war.
Mit geschlossenen Augen ließ sie sich in die Lederpolster zurücksinken. Vera bemerkte, dass die Aufregung, die während des Fluges noch in ihrem Magen rumort hatte, immer mehr nachließ. Dadurch spürte sie die Müdigkeit stärker. Kein Wunder. Die letzte Nacht steckte ihr in den Knochen. Fieberhaft hatte sie überlegt, ob sie Martin oder wenigstens Doris über ihre Pläne informieren sollte. Wieder und wieder hatte sie Pro und Contra abgewogen. Es war verrückt, alles hinter sich zu lassen und einfach zu einem Mann in ein fremdes Land zu fliegen, den sie nicht kannte. Aber sie wollte auch mal verrückt sein. Nicht immer nur funktionieren. Jetzt war sie mal dran. Also hatte sie sich dagegen entschieden, irgendjemanden einzuweihen. Klar, Martin würde es heute Abend auffallen, dass sie nicht mehr da war. Bei der Arbeit würde er sie nicht vermissen, denn sie hatte gerade einen Auftrag fertiggestellt, und der nächste sollte erst in zwei Tagen beginnen. Es sollte ihr Abenteuer sein. Nur ihres. Keiner sollte die Chance haben, seine Bedenken zu äußern. Von ihren Eltern war nichts zu befürchten. Sie hatten nur sporadischen Kontakt. Jeder führte sein Leben. Sie würden sie nicht vermissen, und außerdem konnte sie ihnen und ein paar Freunden ja aus Marokko irgendwann eine Karte schreiben und alles erklären. Irgendwann – später.
Vera spürte noch, wie ihre Gliedmaßen immer schwerer wurden und ihre Augen zufielen, bevor der Schlaf sie überwältigte.
Sie wurde durch ein sanftes Rütteln an ihrer Schulter geweckt. Verwirrt blickte sie sich um. Sie saß in einer Nobellimousine. Sofort fiel ihr alles wieder ein, und sie war hellwach. Die Tür stand offen und gab den Blick frei auf einen hell beleuchteten Palast. Ein Palast, ja, anders konnte man das riesige Gebäude nicht nennen, das von üppigem Grün umgeben war. Die Mauern waren aufwändig gestaltet und über und über mit Ornamenten verziert. Langsam stieg Vera aus. Zu blöd, dass sie nicht filmen konnte. Das musste sie unbedingt nachholen, sobald die Kamera wieder einsatzbereit war. Hinter ihnen befand sich eine lange Auffahrt, und jetzt standen sie auf dem ausladenden Vorplatz des Hauses, das inmitten eines riesigen Gartens lag. Vera ließ den Blick schweifen, konnte aber nicht erkennen, wo dieser endete. Stattdessen sah sie unzählige Fackeln leuchten, die in unregelmäßigen Abständen aus dem Grün herausragten, auch wenn alles in tiefe Dunkelheit gehüllt war. Gar nicht weit entfernt schien ein Springbrunnen zu sein, denn sie hörte Wasser plätschern. Jetzt aber wandte sie sich wieder dem Haus zu, denn auf dem Kies ertönten Schritte. Eine Frau mit tiefschwarzer Haut und kurzem Haar in einer grünen Bluse mit Rüschen und einem einfachen schwarzen Rock, der ihr bis zu den Knöcheln reichte, kam ihr entgegen. Sie streckte die Hände aus, aber kurz bevor sie vor Vera angekommen war, verbeugte sie sich und griff nach ihrem Rucksack, während sie wieder eine Verbeugung andeutete. Ihre Augen glänzten dunkel, und der Anflug eines Lächelns war auf ihrem Gesicht zu sehen, doch Vera schüttelte den Kopf.
»Den muss ich behalten. Da ist doch alles drin, was ich brauche, die Kamera und so …«
Die Frau streckte die Hand wieder aus, lächelte und nickte auffordernd. Wahrscheinlich wollte sie ihr den Rucksack nicht wegnehmen, sondern ihr nur beim Tragen helfen.
»Das kann ich auch allein. Er ist nicht schwer«, versuchte Vera es noch einmal. Als sie jedoch sah, dass der Chauffeur gerade ihren Koffer an ihnen vorbeitrug und damit im Palast verschwand, wurde ihre Neugier, endlich das Innere des Gebäudes und vor allem ihn zu sehen, mit einem Mal so groß, dass sie alle Gegenwehr aufgab. Als sie der bisher stummen Frau ihren Rucksack reichte und diese ihr mit einem Nicken bedeutete, ihr die Stufen hinauf zu folgen, fühlte sie sich mit einem Mal ganz weich und hingebungsvoll. Sie ließ sich einfach in das Abenteuer fallen. Ein Prickeln breitete sich von ihrem Magen über ihren ganzen Körper aus, und sie war von einer Gelassenheit erfüllt, die sie lange nicht mehr gespürt hatte. Lächelnd nahm sie mit leichten Schritten die Stufen ins Innere des verheißungsvollen Palastes.
Heute
Nur noch ein Tag, eine Nacht und ein bisschen, dann war es endlich so weit. Alexander Rosenberg konnte es kaum erwarten, dass seine Freundin Susa nach Berlin kam und sie zusammen verreisen würden. Sie hatten sich zwar gerade erst vor drei Wochen gesehen, als er sie in Heidelberg besucht hatte, aber das war etwas anderes. Sie wollten für zwei ganze Wochen an die Nordsee. Einfach ausspannen, sich die raue November-Seeluft um die Nase wehen lassen, Krabben essen und kuscheln. Das reichte schon. Nachdem sie sich nach dem schwierigen letzten Jahr wieder angenähert hatten, wollten sie sich vierzehn Tage mal nur aufeinander konzentrieren und den Rest der Welt vergessen. Na ja, den Rest der Welt und vor allem das schwierige letzte Jahr. Vor gut zwölf Monaten war er Hals über Kopf von Heidelberg nach Berlin geflohen, hatte sein Juristenleben hinter sich gelassen und bei der Polizei angefangen, nachdem sie ihn mit ihrem gemeinsamen Freund Marco betrogen hatte. Seine Eltern hatten das alles gar nicht verstanden, und auch Susa, die in Heidelberg als Lehrerin arbeitete, hatte Schwierigkeiten mit seiner heftigen Reaktion, ihrer auf Eis gelegten Verlobung und seiner Flucht. Dann hatte sie ihn in Berlin besuchen wollen, um sich auszusprechen, doch sein letzter Fall war am Abend ihrer Ankunft eskaliert, und sie war ohne ein Wort wieder abgereist. Inzwischen aber verstanden sie sich wieder richtig gut und hatten sich darauf geeinigt, die Vergangenheit ruhen zu lassen und noch einmal neu zu starten.
Heute früh hatte Susa ihn wissen lassen, dass ihr Koffer in Heidelberg bereits fertig gepackt auf ihre Abreise wartete. Alex war froh, dass sie sein Gesicht bei dem Telefonat nicht hatte sehen können, denn sonst hätte sie sofort gewusst, dass es bei ihm nicht so war, obwohl er ihr natürlich das Gegenteil beteuerte. Sogar Gummistiefel fürs Wattwandern und eine wetterfeste Jacke hatte sie gekauft.
Alex nahm sich ganz fest vor, heute Abend nach Dienstschluss loszuziehen und auch all diesen Krempel zu kaufen, um dann zu Hause lospacken zu können. Bestimmt!
Es war angenehm ruhig im Büro. Lukas war noch einen oder zwei Tage auf einem Seminar. Auch wenn in letzter Zeit so etwas wie ein Waffenstillstand zwischen ihnen herrschte, konnte Alex nicht leugnen, dass er in seiner Gegenwart noch immer ein wenig wachsamer war als sonst. Ihr Verhältnis war von Anfang an schwierig gewesen, aber seit ihr Chef Michael Varenke Alex mit Kathleen zur Aufklärung des Konzerthaus-Falles beordert hatte, feindete Lukas ihn offen an. Obwohl er auch nette Phasen hatte, das musste man ihm lassen, doch man wusste nie, woran man gerade bei ihm war. Insofern war die vergangene Woche durchaus eine Art von Erholung gewesen, aber vielleicht lernten sie bei der Fortbildung auch etwas über den freundlichen Umgang mit Kollegen.
Alex klickte das Formular weg, das er gerade ausfüllte – die Arbeit bei der Polizei bestand aus unglaublich vielen Formularen –, und rief die Büsum-Seite im Internet auf. Die Webcam zeigte strahlenden Sonnenschein, und sowohl die Fußgängerzone als auch die Strandpromenade waren angenehm leer. Nur noch zwei Tage! Die Freude auf die gemeinsame Zeit mit Susa ließ seinen Magen einen kleinen Hüpfer machen.
Da wurde die Tür aufgerissen. Seine Kollegin und Teampartnerin Kathleen Neubauer stürmte herein und fuchtelte mit einem Stapel Papier herum.
»Ich hab gesagt, wir helfen ein wenig aus. Die Nuttenmorde sind geklärt, und die anderen Sachen sind alle nicht sonderlich dringend. Also hilfst du die letzten Stunden, die du hier bist, bei den Vermisstenfällen mit. Hab ich angeboten. Ist doch okay, oder? Die sind völlig mit Arbeit überlastet da drüben, dann die Urlaubszeit und mehrere Krankheitsfälle. Und da du ja sowieso bald in Urlaub fährst, dachte ich …« Sie wurde ein kleines bisschen rot und lächelte entschuldigend.
»Wenn du meine Protokolle fertig machst, kommen wir ins Geschäft!«
Kathleen legte den Kopf schief und dachte einen Augenblick nach. Seit den Reibereien zu Beginn ihrer Zusammenarbeit und der erfolgreichen Aufklärung ihres ersten gemeinsamen Falles verstanden sie sich richtig gut.
»Geht klar!«, sagte sie dann und ließ die Vermisstenakten mit einem lauten Knall vor Alex auf den Tisch plumpsen.
»Meine Güte, wie viele Fälle sind das denn?« Er schnappte nach Luft.
»Nur vier. Nun hab dich nicht so. Ein bisschen was muss schon drin sein. Ich hab dir auch nur die gut aussehenden ausgesucht.« Kathleen grinste.
»Na, bravo!«, seufzte Alex und schlug die erste Akte auf, während er sich mit der Hand durchs dunkelblonde Haar fuhr.
Eine halbe Stunde später glühten seine Wangen, und er tippte engagiert auf der Tastatur seines PCs herum.
Kathleen, die immer noch an dem Schriftkram saß, sah auf. »Na, spannend?«
Alex nickte abwesend und tippte weiter.
»Suchst du irgendwas?«
»Jepp!«, erwiderte er nur.
Kathleen sah ihn einen Moment an, schüttelte missbilligend den Kopf und schrieb weiter.
Alex hatte alle Akten zügig durchgeblättert. Zwei der Frauen waren nun schon über ein halbes Jahr verschwunden. Entweder hatten sie sich aus ihren bisherigen Leben bewusst verabschiedet oder sie waren tot. Es war nicht so einfach, hier noch etwas zu finden, vor allem in den wenigen Stunden, bis sein Urlaub begann.
Eine andere hatte sich von ihrem Freund verabschiedet, um joggen zu gehen, und war nicht mehr aufgetaucht. Das war erst anderthalb Wochen her, und die Ermittlungen deuteten darauf hin, dass ihr Freund nicht ganz die Wahrheit gesagt haben könnte. Die Nachbarn hatten von einem lauten Streit in der Wohnung am Tag des Verschwindens der Frau berichtet. Hier lief aber alles seinen Gang. Wahrscheinlich würde morgen oder übermorgen die Durchsuchung der Wohnung der beiden stattfinden.
Ein Fall aber faszinierte ihn ungewöhnlich stark. Eine junge Malerin war verschwunden, und ihre Spur führte nach Marokko. Es gab einen Flug nach Fès, auf den sie gebucht gewesen war, allerdings hatte niemand aus ihrem Umfeld gewusst, dass sie vorhatte, dorthin zu fliegen. Doch seitdem sie marokkanischen Boden betreten hatte, verlor sich die Fährte. Irgendjemand hatte sich wirklich die Mühe gemacht und alle Hotels und Krankenhäuser im Raum Fès abtelefoniert, nachdem ihr Verschwinden mehr als vier Wochen her war. Doch niemand dort hatte je von ihr gehört.
Zwei Stunden später stand Kathleen auf und streckte sich. »Mittagspause. Kommst du mit?«
Alex sah auf, sagte aber nichts, da er mit seinen Gedanken noch ganz woanders war.
Kathleen wiederholte ganz langsam ihre Frage. »Ich hab gefragt, ob du mit in die Kantine kommst.«
»Klar doch!«, murmelte er und stand auf.
»Dann kannst du mir ja gleich mal erzählen, was dich so fesselt«, meinte sie und ging voran.
In der Kantine gab es heute Schnitzel mit Pommes und Salatbeilage. Nicht die Krönung der kulinarischen Genüsse, schließlich war alles in Unmengen Fett frittiert, das immer noch in der Panade und den Kartoffelstäbchen klebte und auf dem gesamten Teller einen glänzenden Film hinterließ. Der Salat dagegen gammelte trocken in seinem Schälchen vor sich hin. Trotzdem – es gab schlimmere Tage.
Sie hatten die ersten Bissen schweigend zu sich genommen, bis Kathleen fragte: »Und? Was fasziniert dich so ungemein bei den vermissten Schönheiten?«
Als Alex erzählte, wurden ihre Augen größer und größer, und am Ende seines Berichts stand ihr Mund offen. »Das kannst du nicht machen, Alex. Das wird Susa dir niemals verzeihen!«
»Warum denn nicht? Marokko soll sehr schön sein. Und erst mal das Wetter!«
»Ihr habt euch gemeinsam entschieden, an die Nordsee zu fahren. Da kannst du doch nicht so mir nichts, dir nichts einen Last-Minute-Urlaub in Marokko buchen, nur weil du denkst, dass eine der Vermissten dort sein könnte. Und wo? Fès – das ist doch nicht mal eine Urlaubsgegend, oder?«
Alex runzelte die Stirn und spießte zwei Pommes auf einmal mit der Gabel auf. »Und wenn schon: Erstens weiß Susa nichts von der Vermissten, und zweitens ist es sicher spannend, eine Gegend zu erkunden, die nicht von Touristen überquillt. Muss ja nicht jeder Ballermann im Urlaub haben. Außerdem wollte ich schon immer mal nach Nordafrika. Ist doch viel spannender, als im Regen an der Nordsee rumzuhängen.«
Kathleen stieß die Luft aus. »Ist ja wohl trotzdem ein kleiner Unterschied zwischen Nordsee und Marokko. Außerdem hat sie doch schon alles gepackt, oder? Aber bitte: Ich bin ja nicht gerade dabei, mir meine letzte Chance zu vermasseln!« Damit stand sie auf, griff nach ihrem Teller und dem Glas und marschierte hinaus.
Alex sah ihr nach. Kathleen übertrieb mal wieder. Wahrscheinlich würde sich Susa wahnsinnig über die Überraschung freuen. Allein das Wetter und die Kultur. Und wenn er dabei noch nebenbei den Fall Vera Schwarze aufklären konnte, war das doch eine Super-Sache!
Leider reagierte Susa auf die Überraschung nicht ganz so, wie von Alex erwartet.
»Spinnst du? Wir wollten an die Nordsee. Du kannst doch nicht einfach Marokko buchen, ohne das mit mir abzusprechen!«, fauchte sie ins Telefon.
»Ich dachte, du würdest dich freuen. Bei dem Wetter an der Nordsee weiß man ja schließlich nie. Und hier haben wir zwei Wochen Sonne satt. Du hast dich doch darüber beschwert, dass ich dich so selten überrasche. Nun, hier ist die Überraschung!«
»Blödsinn! Ich hab doch nicht so was gemeint. Wir sehen uns morgen Abend. Ich muss jetzt umpacken. Sag mal … das hängt nicht zufällig irgendwie mit deiner Arbeit zusammen, dass du plötzlich nach Marokko willst, oder?« Ihre Stimme klang misstrauisch.
»Was du gleich wieder denkst. Aber du hast recht, dann lass uns mal packen. Bis morgen!«
Puh, da hatte er ja gerade noch mal die Kurve gekriegt!
Am nächsten Morgen wachte Alex gut gelaunt auf. Er beschloss, sofort unter die Dusche zu gehen. Wie gut, dass er noch nicht vorher mit dem Einpacken begonnen hatte, denn dann müsste er wie Susa erst aus- und dann wieder neu einpacken. Er hatte den Abend damit verbracht, Sachen in seiner Wohnung zusammenzusuchen und sie in den Koffer zu schmeißen. Er konnte nicht behaupten, dass das organisiert oder durchdacht vonstattenging, doch am Ende des Tages war der Koffer gefüllt. Was noch fehlte, musste er eben vor Ort kaufen. In zehn Stunden würde Susa landen, und er hatte sich fest vorgenommen, pünktlich am Flughafen zu sein.
Deshalb musste er sich jetzt ranhalten. Es war wichtig, dass er so viele Hinweise wie möglich über den Fall Vera Schwarze zusammenbekam. In Windeseile fuhr er ins Büro. Er druckte sich zwei Bilder der Vermissten aus, nachdem er sie auf sein Handy geladen hatte, telefonierte, recherchierte und bemühte sich, so viel wie möglich über die Gegend um Fès herauszufinden, wo sie nach Auskunft der Fluggesellschaft vor ein paar Wochen gelandet war.
Kathleen kam heute etwas später. Sie hatte mit ihrem Sohn Mattis noch einen Arzttermin, so dass er das Büro für sich allein hatte. Obwohl sich die Situation mit Mattis’ Vater Roman inzwischen etwas entspannt hatte, nachdem er sie wegen einer anderen verlassen hatte, war es für sie nicht einfach, ihren Neunjährigen alleine zu erziehen. Er tat alles, um die Aufmerksamkeit seiner Eltern zu gewinnen, und es erforderte viel Organisationstalent von Kathleen, die Zeit mit ihrem Sohn und diesen zeitlich manchmal unberechenbaren Job unter einen Hut zu bringen.
Umso besser: Dann brauchte er wenigstens keine unangenehmen Fragen zu beantworten, denn er war sich nicht sicher, ob Kathleens Entsetzen über die spontane Änderung seiner Urlaubspläne über Nacht abgeklungen war.
Er wollte ein weiteres Mal bei der Air France anrufen. Vielleicht bekam er noch die eine oder andere Information, die bei den ersten Nachfragen unter den Tisch gefallen war.
Alex presste den Hörer ans Ohr, als die Tür aufging und Kathleen mit erhitztem Gesicht hereinkam. »Du glaubst nicht, wie voll das …«, begann sie, bevor sie bemerkte, dass er den Telefonhörer ans Ohr hielt, während er wollige Schäfchen auf einen Schmierzettel kritzelte. »Sorry«, murmelte sie und eilte zu ihrem Platz.
»Nein, nein, ist in Ordnung. Ich hör mir eh nur diese dusselige Wartemusik an. Beethoven war auch schon mal besser.«
»Hast du eine Vorstellung davon, wie lange die einen beim Kinderarzt sitzen lassen, obwohl man einen Termin hat? Tut mir leid, wir hatten ein paar Notfälle«, äffte Kathleen mit hoher Stimme eine vermeintliche Arzthelferin nach. »Offensichtlich ist die Hälfte der Berliner Kinder über Nacht ein Notfall geworden, und alle gehen in unsere Kinderarztpraxis. Was denken die sich eigentlich? Mattis muss zur Schule und ich zur Arbeit, und dann lassen die uns so lange warten, damit wir dann drei Minuten drinnen sind. Es ist zum Kotzen.« Sie pustete sich eine Strähne aus dem erhitzten Gesicht.
Doch bevor Alex antworten konnte, deutete er mit dem Zeigefinger auf seine Lippen und sagte dann: »Guten Tag, mein Name ist Alexander Rosenberg von der Kripo Berlin. Ich habe eine Frage bezüglich eines Passagiers vor fünf Wochen nach Fès. Ja, ihr Name ist …«
Kathleen ließ sich auf den Stuhl plumpsen und schaltete ihren Computer ein. Sie musste noch eine Lösung für Mattis für heute Nachmittag finden, denn schließlich hatte sie hier viel später begonnen und musste die verlorene Zeit nacharbeiten. Dadurch würde sie nicht pünktlich bei der Schule sein können, um ihn abzuholen. Von Alex’ Gespräch bekam sie kaum etwas mit. Sie würde wie immer Nora fragen. Wenn sie ihre Nachbarin und beste Freundin nicht hätte, die ihr bei der Betreuung von Mattis immer wieder unter die Arme griff, wäre sie verloren. Auf den ersten Blick wirkte Nora vielleicht etwas … anders, aber sie war ein Engel auf Erden. Ein Engel, der mit Telefonsex sein Geld verdiente, aber sie baute das mit einer solchen Offenheit und Selbstverständlichkeit in ihr Leben ein, dass es genauso zu ihr gehörte wie ihre Söhne Enrico und Louis. Als Alex plötzlich lauter sprach, horchte sie auf.
»Haben Sie den Namen? Das könnte eine heiße Spur sein. Ja, ich höre, ja … okay. Haben Sie vielen Dank, Sie haben mir sehr weitergeholfen«, rief er begeistert, bevor er mit roten Wangen auflegte. »Chakka! Ich liebe diese Momente. Jetzt kommt der Fall erst richtig ins Rollen.«
Kathleen sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Von welchem Fall redest du bitte?«
»Na, von dem Vermisstenfall: Vera Schwarze. Die Spur führt nach Fès, Marokko. Hab ich dir doch gestern erzählt.«
»Jetzt sag mir nicht, dass du dich immer noch da reinverbeißt. Ich dachte, wir hatten das geklärt, dass du den Fall wieder den dafür Zuständigen überlässt«, sagte Kathleen betont langsam, als spräche sie mit einem ungezogenen Kleinkind.
Alex begann mit den herumliegenden Stiften zu spielen. »Es war nur noch ein bisschen Recherche, um die Kollegen zu unterstützen«, murmelte er. »Und weißt du, was ich gerade rausgefunden habe? Sie hat das Flugticket gar nicht selbst bezahlt. Die Reise wurde von Marokko aus gebucht und mit der Kreditkarte von einem Einheimischen bezahlt. Tja, siehst du, so ganz sauber ist das Ganze doch nicht, oder?« Alex hatte jetzt Oberwasser.
»Hab ich auch gar nicht gesagt. Ich hab nur gesagt, dass du dich da nicht so reinsteigern und deinen Versöhnungsurlaub dafür aufs Spiel setzen sollst«, fuhr sie ihn an.
»Es wird Susa schon gefallen«, murmelte er und wandte sich wieder seinem Computer zu.
»Na, da lassen wir uns doch mal überraschen.« Kathleen nahm eine Akte zur Hand. »Wir werden es live miterleben. Demnächst in diesem Theater.«
Im Nachhinein musste Alex zugeben, dass Kathleen mit ihren Bedenken vielleicht nicht völlig falsch gelegen hatte. Wahrscheinlich gab es eine Art Frauen-DNA, von der Männer keine Ahnung hatten, die aber alle Frauen auf der ganzen Welt ähnlich ticken ließ. Ein unsichtbares Band, das dazu führte, dass sie sich bei aller Unterschiedlichkeit irgendwie verstanden. Jedenfalls steckte Susa die Überraschung nicht ganz so souverän weg, wie er erwartet hatte. Nach ihrem vierten Anruf, bei dem sie ihren Ärger über die unerwartete Zieländerung abließ und ihn an so nervige Dinge wie Sonnenbrille, Badehosen und Shorts erinnerte, starrte Alex mit verkniffenem Mund auf seinen Monitor.
»Läuft nicht so, hm? Das ist ja wirklich überraschend!«, heuchelte Kathleen Mitgefühl, aber ihr breites Grinsen zeigte Alex deutlich, was sie wirklich dachte.
»Susa braucht immer ein bisschen. Wenn wir erst mal da sind, wird das schon!«, sagte er lässig, bevor er den Telefonhörer nahm und die Nummer der deutschen Botschaft in Marokko wählte. »Hast du nichts Eigenes zu tun?«
Kathleen grinste immer noch, als sie sich wieder über die Akte beugte, die sie gerade bearbeitete. Sie steckte derzeit in den Tiefen der Straftaten einer arabischen Großfamilie, die sich offenbar das Ziel gesetzt hatte, die Berliner Justiz mit den Delikten der eigenen Familienmitglieder lahmzulegen.
»Mattis’ Betreuung für nachher ist organisiert, mein Fall läuft. Du kannst mir heute nicht die Laune verderben, Rosenberg, du nicht!«, sang sie vor sich hin.
Alex winkte ab und sprach dann in den Hörer: »Rosenberg, Kripo Berlin. Ich hätte da mal ein paar Fragen.«
Kathleen las weiter, fuhr allerdings auf, als er den Telefonhörer auf den Tisch donnerte, aufsprang und rief: »Ich hab’s dir doch gesagt, da ist etwas faul! Hatte ich doch den richtigen Riecher. Ha!«, triumphierte er, während er ein seltsames Tänzchen hinter seinem Bürostuhl aufführte.
»Was ist denn nun schon wieder?«
»Wenn Vera Schwarze bei dem Typen ist, der das Flugticket bezahlt hat, kommt sie nicht mehr zurück nach Deutschland. Zumindest nicht lebend!«
»Kann es sein, dass du dich da ein bisschen reinsteigerst? Hätte ich dir mal bloß nicht das Ding gegeben. Was hältst du davon, wenn du die Akte zurückgibst und in den letzten Stunden vor deinem Urlaub mir ein bisschen zur Hand gehst. Du glaubst nicht, was diese Familie so alles …«
»Ja, später«, unterbrach Alex sie. »Ich muss noch ein paar Anrufe machen.« Damit wandte er sich wieder seinem Computer zu und hämmerte wie wild auf die Tasten ein. Kopfschüttelnd und leicht die Augen verdrehend senkte Kathleen wieder den Kopf über ihre Arbeit.
Alex hatte noch knapp zwei Stunden Zeit, bevor Susa in Tegel landen würde. Die letzte Chance, vor dem Urlaub noch mal schnell eine Runde Rennrad zu fahren. In letzter Zeit hatte er Spaß daran gefunden, das Radeln auf die Spitze zu treiben und hoffte, wenn er es schaffte, auch in der dunklen Jahreszeit weiterzutrainieren, dass er im nächsten Sommer am Velothon quer durch die Stadt teilnehmen konnte. Er zerrte sich auf der Toilette die Jeans von den Beinen und zog sein Hemd über den Kopf, um sie gegen ein schreiend buntes Funktionsshirt und eine schwarze gepolsterte Radlerhose zu tauschen, die er jetzt immer im Rucksack bei sich hatte, falls sich die Chance zum Fahren ergab. Schnell stopfte er seine guten Sachen in die Tasche und zog den Reißverschluss zu.
Als er seinen Helm aus dem Büro holte, sah Kathleen überrascht auf. »Ich dachte, Susa landet gleich. Holst du sie nicht ab?«
»Doch, doch. Ich wollte nur noch eine kleine Runde drehen, bevor es dunkel wird. Bis morgen!« Alex lief mit großen Schritten zur Tür, als er von Kathleens Stimme aufgehalten wurde.
»Moment mal! Wieso morgen. Du hast doch Urlaub, schon vergessen?«
»Ich will nur noch ein paar Sachen abklären, bevor ich abreise. Nur ein, zwei Stündchen. Dann bin ich auch schon weg!«, sagte er und schlüpfte zur Tür hinaus. Obwohl er sie schnell hinter sich zuzog, konnte er Kathleens Stimme bis auf den Flur hören, als sie ihm hinterherbrüllte:
»Das lässt du schön bleiben, Rosenberg. Bereite dich gefälligst auf deinen Urlaub vor und schreib mir mal ne Karte. Du glaubst doch wohl nicht, dass wir hier nicht ohne dich klarkommen, oder?«
Alex grinste und beeilte sich, das Gebäude in der Keithstraße zu verlassen. Viel Zeit hatte er nicht, aber auch wenn es nur eine kleine Runde werden würde, lohnte es sich.
Erhitzt kam er eine Stunde später zu Hause an. Es hatte gut getan, sich auszupowern, aber jetzt musste er sich wirklich beeilen, um noch rechtzeitig am Flughafen zu sein, bevor Susa landete. Nach der kurzfristigen Änderung ihrer Urlaubspläne war er sich recht sicher, dass sie es nicht so gut aufnehmen würde, wenn er sie nicht bei der Ankunft erwartete. Natürlich brauchte der Fahrstuhl heute besonders lange. Alex legte ungeduldig das Ohr an die geschlossene Tür. Er hörte ein Surren. Endlich! Er machte sich bereit, schnell einzusteigen und sein Fahrrad mit in die Kabine zu quetschen, als die Tür aufging.
Allerdings war der Fahrstuhl nicht leer, sondern eine Frau mit weißen Löckchen und strahlend blauen Augen saß dort in einem Rollstuhl. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, als sie ihn bemerkte. »Alexander. Schön dich zu sehen. Ich hab ja schon fast vergessen, wie du aussiehst«, sagte sie, ohne Anstalten zu machen, den Fahrstuhl zu verlassen.
»Ich war doch erst vorgestern bei Ihnen, Frau Wolf. Wissen Sie das nicht mehr? Ich hab ihre Einkäufe gebracht, und Sie haben …«
»Natürlich weiß ich das. Allerdings hättest du dich durchaus auch mal in der Zwischenzeit blicken lassen können, oder warst du so beschäftigt, deinen Urlaub vorzubereiten?« Immer noch rührte sie sich kein Stück.
Alex bemerkte, wie er mit dem rechten Fuß ungeduldig auf den Boden klopfte. »Frau Wolf, kommen Sie auch mal aus dem Fahrstuhl raus? Ich muss nämlich Susa gleich vom Flughafen abholen, und die Zeit ist knapp.«
»Du kannst doch nicht so gehen. Schäm dich! Einer Frau verschwitzt und ungeduscht gegenüberzutreten, vor allem wenn man sich eine Zeit lang nicht gesehen hat, ist ungehörig!«, sagte sie, während sie endlich Anstalten machte, aus dem Fahrstuhl herauszurollen.
Ende der Leseprobe