Harker Pack: Der Gefährte - Tara Lain - E-Book

Harker Pack: Der Gefährte E-Book

Tara Lain

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Beschreibung

Für Lindsey Vanessen sieht es in Sachen Liebe nicht gerade rosig aus: Als seltener Mischling ist er für Menschen zu sehr Wolf und für Wölfe... zu schwul. Darauf konzentriert, dennoch das Beste aus allem zu machen, trifft es ihn vollkommen unvorbereitet, als FBI-Agent Seth Zakowsky in sein Leben tritt. Denn Seth ist zwar ein Mensch, aber möglicherweise auch der Schlüssel zu Lindseys Zukunft... Buch 2 der "Harker Pack"-Reihe.

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Seitenzahl: 300

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Deutsche Erstausgabe (ePub) Dezember 2017

Für die Originalausgabe:

© 2014 by Tara Lain

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

»Wolf in Gucci Loafers «

Originalverlag:

Published by Arrangement with Dreamspinner Press LLC, 5032 Capital Circle SW, Ste 2, PMB# 279, Tallahassee, FL 32305-7886 USA

Für die deutschsprachige Ausgabe:

© 2017 by Cursed Verlag

Inh. Julia Schwenk

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,

des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung

durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit

Genehmigung des Verlages.

Bildrechte Umschlagillustration

vermittelt durch Shutterstock LLC; iStock

Satz & Layout: Cursed Verlag

Covergestaltung: Hannelore Nistor

ISBN-13: 978-3-95823-670-7

Besuchen Sie uns im Internet:

www.cursed-verlag.de

Aus dem Englischen von Jessica Hartmann

Liebe Leserin, lieber Leser,

vielen Dank, dass Sie dieses eBook gekauft haben! Damit unterstützen Sie vor allem die Autorin des Buches und zeigen Ihre Wertschätzung gegenüber ihrer Arbeit. Außerdem schaffen Sie dadurch die Grundlage für viele weitere Romane der Autorin und aus unserem Verlag, mit denen wir Sie auch in Zukunft erfreuen möchten.

Vielen Dank!

Ihr Cursed-Team

Klappentext:

Für Lindsey Vanessen sieht es in Sachen Liebe nicht gerade rosig aus: Als seltener Mischling ist er für Menschen zu sehr Wolf und für Wölfe... zu schwul. Darauf konzentriert, dennoch das Beste aus allem zu machen, trifft es ihn vollkommen unvorbereitet, als FBI-Agent Seth Zakowsky in sein Leben tritt. Denn Seth ist zwar ein Mensch, aber möglicherweise auch der Schlüssel zu Lindseys Zukunft...

Widmung

Für Jolie, meine Seelenverwandte, die dafür gesorgt hat,

dass ich Wölfe mit Stil zu schätzen weiß.

Prolog

Der Mann presste seinen Körper gegen die Wand und leckte sich über die Lippen, als das Klackern der Highheels auf dem Fußweg näher kam. Oh ja, Mann. Eine Hübsche. Lustig. Zeig der Schlampe, dass sie nichts wert ist. Er spähte hervor. Die Blonde starrte auf ihr Handy, während sie sich der Gasse näherte, in der er sich versteckt hielt. Ein kurzer Blick. Eine alte Frau weiter die Straße runter, zwei Männer, die Arm in Arm aus der Bar auf der anderen Straßenseite kamen. Verdammte Schwuchteln. Er sollte sie umbringen, wenn er die Schlampe erledigt hatte. Er umfasste das Messer fester mit der linken Hand.

Näher. Näher. Sie ging an dem Gebäude vorbei in die Abbiegung zur Gasse. Sein rechter Arm schoss hervor, griff sie am Kopf und legte seine Hand über ihren Mund. Er zog sie von ihren dämlichen Highheels. Ihre Vorwärtsbewegung ließ ihn ein paar Schritte nach hinten straucheln, aber er behielt die Balance. Er presste ihren Körper kraftvoll gegen die Wand und drückte die Messerspitze gegen ihren Hals. Ihre Augen weiteten sich über seiner Hand. Gut, hab Angst, Schlampe. »Halt den Mund oder ich schneid dir den Hals durch.«

Langsam nahm er die rechte Hand von ihrem Mund. »Ruhe, verstanden?« Er drückte die Messerspitze fester gegen ihren Hals.

Sie nickte eilig.

Er griff nach unten und fummelte an ihrem Minirock herum. »Du willst es, nicht wahr, Schlampe? Läufst herum und bittest quasi darum.«

Sie begann, ganz leise zu wimmern. Ja, mein Lieblingsgeräusch.

Er bekam Spitze zu fassen und zog –

Scheiße! Als sich ein stahlharter Arm um seinen Hals schloss, wurde er von den Füßen gerissen. Ein Messer drückte sich gegen seinen Hals. Eine Stimme, so zittrig wie die einer verdammten alten Frau, flüsterte ihm ins Ohr: »Du magst es also, mit Messern zu spielen, Söhnchen?«

Die Messerspitze drückte fester zu und er fühlte Blut seinen Hals hinunterlaufen. »Verdammt. Aufhören, aufhören!«

Die dämliche, blonde Schlampe stand an die Wand gepresst und wedelte mit den Händen wie ein Helikopter. »Oh mein Gott, oh mein Gott.«

Die seltsame Stimme hinter ihm sagte: »Hab keine Angst mehr. Ruf die Polizei und sag ihnen, was passiert ist. Sag ihnen, dass sie den Mann, der dich angegriffen hat, hier in dieser Gasse finden. Schaffst du das, Liebes?«

Die dumme Schlampe starrte lediglich geradeaus. Er musste dieses Arschloch loswerden. Er versuchte, sich zu bewegen, und das Messer presste sich derart dicht gegen seine Luftröhre, ein Zentimeter mehr und er wäre tot. Scheiße!

»Du musst bleiben, um gegen ihn auszusagen. Wir müssen ihn von der Straße bekommen. Verstehst du das, Liebes?«

Die Tussi nickte.

»Ruf sie jetzt an. Sag ihnen, die Gasse ist zwischen Federal und Grand. Sag ihnen, dass er hier sein wird.«

Die dumme Schlampe wedelte dramatisch mit den Händen. »W-wohin soll ich gehen?«

»Weißt du, wo das Polizeirevier ist? Zwei Blocks von hier entfernt?«

Verdammt. Mach dieser Schlampe Angst. »Ich werde dich umbringen lassen, wenn du –« Er wurde so schnell herumgerissen, dass sein Hals sich heftig verdrehte. Heilige Scheiße. Die alte Frau, die ihn anstarrte, musste achtzig sein. Graues Haar, Falten, aber wirklich groß. »Wer zum –« Ein Geräusch entkam ihrer Kehle, wie das eines Tieres. Ein Tier, das ihn jeden Moment fressen würde! Sein Herz klopfte so heftig, er wusste, dass er sterben würde. »Was zum Teufel bist du?«

Sie lächelte und entblößte gelbe Zähne. »Dein Verderben, Söhnchen.«

Er sah die Faust kaum, bevor es dunkel wurde.

Kapitel 1

Lindsey pirschte sich an seinen Angreifer heran und seine Nasenflügel blähten sich beim Geruch nach Angst auf. Stoß in Richtung des Arms mit dem Degen, hohe Parade seines Angreifers nach außen, Riposte. Er sprang zurück, Parade und Stoß. Ausfallschritt und Stoß, Finte, wieder ein Ausfallschritt, Parade, Stoß. Auf der Flucht! Angriff, Angriff!

»Lindsey! Lindsey! Okay, stopp, ich gebe auf. Du hast gewonnen. Der Schüler hat seinen Lehrer besiegt.« Rolf lachte, seinen Körper flach an die Wand gedrückt, und hielt die Hände hoch.

Lindsey atmete ein paarmal tief ein und schüttelte den Kopf, um den Rausch loszuwerden, der immer dann durch seinen Körper pulsierte, wenn er sich Gewalt gegenübersah – oder Sex. Um Himmels willen, das war nicht die Art, wie man seinen Fechtlehrer glücklich machte. »Gott, Darling, es tut mir so leid.« Er zog seine Maske vom Kopf. »Es ist ein bisschen mit mir durchgegangen, nicht wahr?«

Der große, blonde, sportliche Rolf drückte sich von der Wand ab, legte seinen Degen in die Halterung, schnappte sich eine Wasserflasche aus der Packung und ließ sich auf eine der Nelson-Sitzbänke fallen, die an einer Seite des heimischen Sportraumes standen. Er schraubte den Deckel ab und trank, während er sich mit der anderen Hand den Schweiß von der Stirn wischte. »Du bist echt zum Schießen, das schwöre ich dir. Ich kenne keinen sanftmütigeren Menschen als dich. Du bist ein erstklassiger Fechter, das muss ich dir lassen, aber woher kommt dieser wilde Charakterzug? Manchmal weiß ich nicht wirklich, ob ich sicher bin.« Er lachte wieder, aber es klang ein wenig gequält.

Lindsey fächelte sich mit seinem lavendelfarbenen Schal Luft zu. Rolf mochte schwitzen, aber Lindsey war nur leicht warm. »Es muss an meinem unterdrückten Frust wegen der fehlenden Bürgerrechte für Schwule liegen, Darling.« Er erwähnte seinen tierischen Instinkt nicht, den seine Gene mit sich brachten.

Rolf lehnte sich gegen die Wand. »Ich bin mir sicher, dass das ein ernstes Problem für den Sohn der viertreichsten Familie an der Ostküste ist. Hat jemand deinen Polo-Ponys den Zugang zum gemeinschaftlichen Futtertrog verweigert?« Er grinste.

Lindsey kniff die Augen zusammen und Rolf hatte den Anstand, blass zu werden. Lindsey legte den Kopf schief. »Was weißt du schon?«

Rolf setzte sich auf. »Tut mir leid. Ich habe gesprochen, ohne nachzudenken. Ich weiß nicht, wie das ist, und es tut mir leid. Ich bin mir sicher, dass es nicht einfach ist, schwul zu sein, egal unter welchen Umständen.«

Lindsey atmete tief durch und wedelte mit dem Schal. Für dieses Mal war er vom Haken. »Danke, Darling. Mach dir keine Gedanken.«

»Davon abgesehen, bist du nichts im Vergleich zu unserem Großmütterchen aus der Bürgerwehr. Hast du von ihr gehört?« Er trank einen Schluck Wasser.

Lindsey warf einen Blick auf seine manikürten Nägel. »Ein wenig, glaube ich.«

»Es ist überall in den Nachrichten. Eine Frau kam aufs Polizeirevier und sagte, dass sie dieses Arschloch von Vergewaltiger in dieser Gasse finden würden und eine Oma sie gerettet hätte. Die Cops gehen dahin und da liegt der Typ, den sie seit Monaten versuchen, dingfest zu machen, verschnürt wie ein Thanksgiving-Truthahn. Die Frau, von der ich denke, dass er sie vergewaltigen wollte, sagte, die Person, die den Typ geschnappt hätte, wäre eine alte Frau gewesen. Stell dir das mal vor!«

Lindsey wedelte mit dem Schal. »Wie verkommen ist die Welt doch geworden, wenn ein anständiger Verbrecher seinem Geschäft nicht mehr nachgehen kann, ohne von Senioren unterbrochen zu werden?«

Rolf starrte ihn einen Augenblick lang an, realisierte, dass er wohl einen Witz machte, und begann zu lachen, dann wurde er wieder ernst. »Ernsthaft, zwischen Großmutter, der Vergewaltiger-Fängerin, und den Entführungen, kommt mir diese Stadt in letzter Zeit vor, wie aus einem schrägen Comic entsprungen.«

»Lindsey.« Die Stimme seiner Mutter erklang hinter ihm.

Er drehte sich um. »Hallo, Mutter. Du bist gerade rechtzeitig gekommen, um Rolfs Leben zu retten.« Er ging zur Tür der riesigen Indoor-Sporthalle und küsste ihre hübschen, hellroten Wangen.

»Quälst du Rolf wieder?«

Rolf stand auf und warf die leere Wasserflasche weg. »Ja, Ma'am, das tut er. Aber ich werde jetzt meinen Schwanz zwischen die Beine klemmen und gehen.«

Interessante Analogie.

Seine Mutter blickte an Lindsey vorbei, und sah den Fechtlehrer an. »Lassen Sie sich nicht von mir vertreiben, Rolf. Ich wollte nur, dass Lindsey sich langsam umzieht. Er hat ein heißes Date.«

Lindsey verdrehte die Augen. »Wir werden sehen, wie heiß es ist, aber ich habe tatsächlich ein Date.« Er sah auf die Patek Philippe an seinem Handgelenk. »Also wirklich, Mutter, selbst ich brauche keine drei Stunden, um mich für eine Verabredung fertig zu machen.«

Sie sah ihn von oben bis unten an. »Seit wann?«

Rolf lachte. »Ich finde allein raus. Viel Spaß bei deinem Date, Lindsey.«

»Danke schön, Darling. Der Überfall tut mir leid.«

Rolf lachte nur weiter und ging durch die Tür der Sporthalle, die zu einem Gang führte, der in der runden Einfahrt und dem Parkplatz endete. Der separate Eingang, einer der drei, hielt schwitzende Menschen von der Eingangshalle seiner Mutter fern. Außerdem gab er Lindsey zu den Gelegenheiten einen Ausweg, in denen er seine Aktivitäten lieber für sich behielt – also oft.

Er legte seinen Degen ins Regal und kam zu seiner Mutter zurück. »Okay, Liebes, erzähl mir alles über diesen perfekten Mann, mit dem du mich verabredet hast.« Sie gingen den Flur mit seinen langen türkischen Läufern hinunter.

»Du kennst die Westerbergs, Darling. Bruce ist mit seinem Harvard MBA nach Hause gekommen, um seinen rechtmäßigen Platz im Familiengeschäft einzunehmen.«

»Also, wie alt ist er demnach?«

»Dreiundzwanzig, denke ich. Nur ein wenig jünger als du. Er hat seinen Abschluss in Regelstudienzeit gemacht, nicht mit deiner übernatürlichen Ungeduld.«

Er hatte einfach nur von der Uni weggewollt. Ein weiterer Vollmond hätte ihn womöglich umgebracht. Sie kamen zu seinen Zimmern und sie blieb stehen. »Ich möchte so gern, dass du glücklich und zufrieden bist.«

»Ich weiß.«

»Ich weiß, dass Ga-Ga und Pop-Pop es lieben würden, dich verheiratet zu sehen, bevor sie sterben.«

Er verschränkte die Arme. »Okay, fahr mal die Dramatik ein wenig runter, Liebes. Pop-Pop wird Geschäftsübernahmen noch mit links abwickeln, wenn ich alt und grau bin, und Ga-Ga wird immer noch an der Spitze der Best Dressed-Liste stehen.«

»Das Leben ist ungewiss. Sieh dir deinen Vater an.«

Er blickte sie unumwunden an. »Welchen Vater genau meinst du denn?«

»Lindsey!« Sie starrte auf ihre sehr schicken Schuhe. »Du weißt ganz genau, dass ich deinen Vater Vater meinte. Die Person, deren Namen du trägst.«

Er küsste ihre Stirn. »Also gut. Ich denke, Unsicherheit ist in jedem Fall angemessen.«

Sie verschränkte die Arme fest vor der Brust. »Und bei all diesen fürchterlichen Entführungen, möchte ich wissen, dass du an einem sicheren Ort mit vernünftigen Leuten bist.«

»Eigentlich war eines der Opfer zu Hause, daher bin ich mir nicht sicher, ob der Ort so wichtig ist.«

Ihre Augen wurden riesig. »Großer Gott, wer würde so etwas tun? Und dann noch eine der besten Familien.«

Ja, wer? Das fragte er sich in der Tat, aber er wollte sie nicht beunruhigen. »Ich hab's begriffen. Ich werde auf mich aufpassen und Bruce Westerberg jede Chance geben, mein Herz im Sturm zu erobern und etwas gegen meine unsichere Zukunft zu tun.«

Das brachte ihm unmittelbar ein Lächeln ein. »Du Frechdachs.«

»Immer. Und jetzt lass mich in mein Schaumbad steigen.«

Er sah ihr nach, als sie in ihrem Leinenrock, Voilepulli und den zweitbesten Perlen davonging. Es war schwer zu glauben, dass diese elegante Frau jemals ihre Vorsicht in den Wind geschlagen und sich einer leidenschaftlichen Nacht hingegeben hatte. Die Nacht, in der er entstanden war. Außer seiner Mutter und ihm wusste niemand, dass er ein uneheliches Kind war. Er hatte sie aus Verzweiflung nach seinem Vater fragen müssen, auch wenn er ihr nie gesagt hatte, warum. Schließlich hatte sie es zugegeben und seine Zurechnungsfähigkeit gerettet. Vielleicht sogar sein Leben.

Er seufzte, ging in sein Wohnzimmer und schloss die Tür hinter sich. Die warmen grünen und mauvefarbenen Akzente beruhigten sein Gemüt immer. Er tappte über den samtigen chinesischen Teppich, mit seinen riesigen, abstrakten pinkfarbenen und grünen Blumen auf taubengrauem Hintergrund.

In seinem überdimensionalen Kleiderschrank verstaute er seine Fechtausrüstung.

Ups. Ein paar Locken seiner grauen Perücke schauten aus dem Kleidersack hinten im Schrank hervor. Verdammt, er musste vorsichtiger sein. Die Dienstmädchen mochten nicht nach Hinweisen suchen, aber blind waren sie auch nicht. Jetzt, da Granny berühmt war, musste er seine Sicherheitsvorkehrungen verstärken. Er zog den Reißverschluss des Sacks auf, schob die Perücke hinein, zog die alten Anzüge nach vorn, um die anderen Klamotten zu verdecken, und zog den Reißverschluss wieder zu. Besser.

Nackt ging er durch die Verbindungstür, die ihn zu seinem Badezimmer führte, wo ein Whirlpool den Raum dominierte. Ja, es war prollig, aber es fühlte sich so gut an, vor allem wenn sein Schwanz echte Aufmerksamkeit forderte. Zum Beispiel, wenn er keinen Freund hatte. Wie gewöhnlich.

Er ließ Wasser ein und warf zwei Badebomben dazu, die nach Jasmin dufteten. Nach einer kurzen Drehung starrte er in den Spiegel. Die Reflexion seines stets schlanken Körpers blickte ihm entgegen.

Egal, wie stark er wurde, man schien es ihm nie anzusehen. Oh ja, seine Muskeln traten hier und da hervor. Ein hübsches Twelve-Pack, wenn er das so sagen durfte. Aber es war seltsam, dass er nicht bulliger war. Tja, er lebte mit dem, was er hatte.

Mit einer Drehung des Lederbandes löste er seinen Zopf und bauschte sein Haar wie einen goldenen Vorhang auf, der ihm beinahe bis zu den Schultern fiel. Es war verdammt gut, dass er blond war. Sein sogenannter Vater war blond gewesen, wodurch jedermann geglaubt hatte, dass Lindsey wirklich der Nachkomme des Vanessen-Clans war.

Er hatte es selbst geglaubt, bis zu dem schrecklichen, atemberaubenden Tag, an dem sich alles geändert hatte. Heranwachsende plagten sich mit viel Mist. Das Wachstum des Gehirns, Hormonüberschuss, in die Länge schießen. Aber aufzuwachen und Fell zu haben, war kein Thema seiner Biologiestunden an der weiterführenden Schule gewesen.

Seufzend legte er seine Haarbürste in die Schublade.

Er wäre schreiend zu seiner Mutter gerannt – wenn er in der Lage gewesen wäre zu schreien. Als er sich zurückverwandelt hatte, hatte ein Teil seines Gehirns kapiert, dass diese neue Eigenart seiner Entwicklung im Country Club nicht so gut aufgenommen werden würde. Daher hatte er es versteckt. Tat es immer noch.

Er ging zur Badewanne und ließ seinen langen Körper ins Wasser gleiten. Oh ja.

Gott, er hasste es, seine Mutter anzulügen. Bei so vielen Dingen. Sie wollte so dringend, dass er einen Mann fand und glücklich war, aber das würde weder mit Bruce Westerberg noch mit irgendwem sonst passieren.

Er legte seinen Kopf zurück und schob einen Unterarm über seine Augen. Egal wie sehr er es versuchte, er konnte sich die Szene nicht vorstellen. Er, wie er in die Augen des Mannes sah, den er liebte und sagte: »Liebling, ich bin ein Werwolf.«

Das Telefon klingelte. Außer seinen Freunden hatte niemand diese Nummer. Er sah hinüber und lächelte. Wenn man von Werwölfen sprach. »Hallo, Darling.«

Cole Harkers sanfte, ein wenig zögerliche Stimme passte kaum zu dem riesigen Superwolf, der er war. »Hi, Kumpel. Was liegt an?«

»Ich nehme gerade ein Schaumbad.«

»Wie dekadent. Kommst du zum Way Station, wenn dir das heiße Wasser ausgeht?«

»Mir geht niemals das heiße Wasser aus, Darling. Nein, eigentlich habe ich ein Date.«

»Das klingt vielversprechend. Jemand, den ich kenne?«

»Ein Blinddate mit dem Sohn einer befreundeten Familie, das meine Mutter mir eingebrockt hat.«

»Ein Mensch?« Seine Stimme wurde ein wenig schneidend.

Lindsey seufzte. »Ja, natürlich, Darling. Welcher Werwolf würde mich daten?«

»Hey, gib die Hoffnung nicht auf. Ich bin auch verheiratet.«

»Es gibt nur einen Paris.«

Cole lachte. »Ist das eine nette Art zu sagen, dass es nur einen verrückten, schwulen, strippenden Halbpanther gibt, der einen Werwolf heiratet?«

»Natürlich nicht. Ich meine, dass es nur einen unglaublich sexy, absolut unterstützenden Gestaltwandler gibt, der zufällig schwul ist.« Er lachte leise. »Und all das andere auch.«

»Hab Nachsicht mit dem Menschen, Kumpel. Und keine Dates bei Vollmond.« Er lachte, aber es war kein Scherz.

»Ich bin vorsichtig, Cole.«

»Das weiß ich doch. Verdammt, du verbringst mehr Zeit mit Menschen als jeder andere von uns. Du machst unserem Rudel in jeder Hinsicht Ehre.«

Lindsey ließ ein paar Blasen platzen. »Ja, aber keiner will, dass sein Sohn mich heiratet.«

»Gott, das tut mir so leid, Lindsey. Sie sind dabei, sich zu ändern. Zumindest glauben sie nicht mehr, dass es so was wie schwule Werwölfe nicht gibt.«

»Sie machen für Paris und dich eine Ausnahme. Sie denken einfach, dass ich menschlich bin, also zähle ich nicht.« Er starrte auf seinen Körper hinunter, der für einen Werwolf zu schlank war.

»Sie lieben dich.«

Er atmete geräuschvoll aus. »Wie eine unverheiratete Tante. Aber davon bekomme ich keinen geblasen, daher muss ich jetzt aus dem Wasser raus und mich anziehen.«

»Erzähl mir dann, wie es war.«

Das bedeutete: Sag mir Bescheid, dass du keine Menschen gebissen hast, dass du die Rudelregeln nicht verletzt hast, die besagen, dass kein Mensch je von der Existenz der Werwölfe wissen darf. »Sicher.«

»Hey, du wirst deinen Spaß haben, verdammt.«

Lindsey lachte. »Genau. Bis bald, Darling.« Er legte auf und schob das Telefon wieder auf den Beistelltisch.

Er stand auf, stieg aus der Wanne und schnappte sich ein Handtuch vom beheizten Halter.

Er liebte Cole wie einen eigenen Bruder, aber er erzählte ihm nicht alles.

Dank ihres kürzlichen Kriegs gegen Eliazer und dessen Schlägertypen, hatte Cole herausgefunden, dass Lindsey ein paar mehr gefährliche Talente als angenommen besaß. Hauptsächlich, dass er gut mit Waffen umgehen konnte. Aber eine wichtige Information fehlte in Coles Biografie von Lindsey. Davon abgesehen, dass er, dank seines menschlichen Bluts, ein ziemlich lausiger Werwolf war, hatte Lindsey eine brutale Ader. Sie überkam ihn nur, wenn er bedroht wurde oder sexuell sehr erregt war. Wenn ein Typ ihn wirklich anmachte, hieß es Auf Wiedersehen, Mister Nice Guy.

Er zitterte und schlang sich das Handtuch fester um. Er könnte jemanden töten. Außerdem, wenn das Rudel herausfand, dass er ihre Anonymität mit seinen Wolfsständern gefährdete, wer wusste, was sie mit ihm machen würden?

Er öffnete die Schublade und strich sich mit der Bürste durch die Haare. Hübsch genug.

Dieser Westerberg wäre nur ein weiterer fader Mensch. Oder zumindest war er das besser.

Lindsey lehnte sich in seinem Clubsessel zurück und nippte an seinem Martini. Nett. Aber nicht zu nett.

Er lächelte den hübschen Kerl an, der ihm an dem kleinen Couchtisch gegenübersaß an. Groß, mit einem blauen Blazer und einer hellbraunen Hose bekleidet, glattem, dunklem Haar und kantigen Konturen, ging Bruce Westerberg als unauffälliger Schwuler durch. Keiner würde es bemerken – wenn man von dem Cosmopolitan absah, den er trank.

Bruce nahm einen Schluck von dem pinkfarbenen Getränk. »Sollen wir etwas essen?«

»Ah, also habe ich den unsichtbaren Blind-Date-Test bestanden?« Lindsey drehte seine Olive.

Das brachte ihm ein Grinsen ein. »Wie könntest du das nicht? Du bist wunderschön.«

»Vielen Dank, freundlicher Herr. Du bist ebenfalls gar nicht übel.« Er sah ihn durchdringend an. »Ich dachte nur, du fändest mich vielleicht ein wenig zu…« Er strich seine lavendelfarbene Ascotkrawatte glatt. »… zu viel.«

Bruce sah hinunter und dann wieder in Lindseys Gesicht. »Eigentlich gefällt mir, dass du bist, wer du bist. Davon abgesehen habe ich ich gehört, dass du im Geschäft mörderisch gut bist, daher gehe ich davon aus, dass du versteckte Qualitäten hast.«

Interessante Beobachtung und richtige Antwort. »Mörderisch gut, hm? Dann sei mal froh, dass du kein Kaninchen bist.« Er lachte und winkte den Kellner heran. Der Mann eilte herüber. »Mister Westerberg und ich werden hier zu Abend essen. Können Sie die Getränke bitte auf unsere Rechnung setzen, John?«

»Natürlich, Mister Vanessen.«

Sie erhoben sich und Lindsey ließ für den Cocktailkellner ein paar Scheine auf dem Tisch liegen. Der Countryclub war ein gemütlicher Ort für ein erstes Date, aber ihm hätte eine Schwulenbar besser gefallen. Hier konnten zwei Männer nicht tanzen oder, was das betraf, überhaupt irgendwas machen und Bruce schien eine sichere Wahl für etwas anderes zu sein.

Er ging um die Tische herum, winkte und schüttelte Hände mit Leuten, die er kannte. Ein paar Mal stellte er Bruce vor.

James Lownstein, ein ehemaliger Großindustrieller, der jetzt im Ruhestand war, legte ihm eine Hand auf den Arm. »Lindsey, haben Sie gehört, dass Elmer Daltons Sohn entführt wurde?«

Lindsey lege seine eigene Hand über James'. »Ja, ich weiß. Es ist schockierend. Es tut mir so leid, das zu hören. Was sagt die Polizei?«

»Ich habe nur wenig gehört, aber sie denken, dass die Entführer den Jungen zurückbringen werden, wenn die Daltons bezahlen. So war es auch bei dem letzten Opfer. Er wurde freigelassen, nachdem das Geld eingesammelt worden ist. Es macht mich nur so verdammt wütend. Diese Kriminellen schikanieren uns alle.«

»Ich stimme Ihnen zu, James. Ich hoffe sehr, dass die Polizei sie bald schnappt.« Er drückte eine Hand auf seine Brust. Jemand sollte sie auf jeden Fall schnappen.

Er verließ die Cocktailbar mit Bruce und ging in den Speiseraum

»Guten Abend, Mister Vanessen.« Peter, der stets einwandfreie Oberkellner, trat vor.

»Hallo, Peter. Ein Tisch für zwei bitte.«

»Hier entlang, meine Herren.« Er führte sie zu einem Tisch in der Ecke am Fenster. Eine Kerze flackerte mittig auf dem weißen Tischtuch, doch davon abgesehen war die Beleuchtung gedämpft. Draußen fiel das Mondlicht durch die dichten Kiefern.

»Peter, Sie sind ein Romantiker.«

»Danke schön, Sir.«

Lindsey lachte, rückte Bruce' Stuhl zurecht und ließ sich von Peter in seinen helfen. Peter trat zurück. »Möchten Sie, dass ich den Weinkellner kommen lasse, Sir?«

»Möchtest du Wein, Bruce?«

Bruce nickte.

»Ja, bitte, Peter.«

Der Oberkellner ging. Bruce lege sich die Serviette auf den Schoß und starrte darauf.

Lindsey legte den Kopf schief. »Stimmt etwas nicht?«

»Es sind diese Entführungen. Dieses ganze Thema ist so erschütternd.«

»Kennst du eines der Opfer oder ihre Familien?«

»Nein, aber ich fühle mich so betroffen. Leute wie wir.«

Nicht ganz wie Lindsey, aber er verstand. »Ja. Ich wünschte, wir wüssten mehr über den Stand der Ermittlungen.«

Bruce' Augen weiteten sich. »Tatsächlich? Ich hätte gedacht, dass du so wenig wie möglich mit dieser schrecklichen Situation zu tun haben wollen würdest. Mein Gott, du könntest der nächste sein. Oder ich.«

In diesem Fall verdammt unwahrscheinlich. Er würde sie beißen. »Ja, ja natürlich. Es ist schrecklich und entsetzlich. Ich meinte lediglich, dass es gut wäre zu wissen, dass sie die Verantwortlichen geschnappt haben.«

»Wohl wahr.«

In diesem Moment trat der Weinkellner an ihren Tisch. Lindsey lehnte die Weinkarte mit einem Händewischen ab. »Bringen Sie uns einfach einen guten Pinot und sagen Sie dem Barkeeper, dass wir gern noch einen Martini und einen Cosmopolitan hätten. Vielen Dank.« Als der Mann ging, lächelte Lindsey Bruce an. »Ich denke, wir können ein wenig mehr flüssigen Mut gebrauchen, nicht wahr, Darling?«

»Definitiv.« Endlich lehnte Bruce sich zurück und seufzte. »Ich fühle mich, als wäre ich in der Uni beschützt gewesen und durch diese Verbrechen werde ich nun am tiefen Ende in den Pool des Lebens gestoßen.«

Der Kellner brachte ihre Getränke. Lindsey erhob sein Glas. »Auf uns Meisterschwimmer.«

Bruce nahm sein Glas. »Du bist ein Charmeur, weißt du das?« Sie stießen an. Bruce nippte. »Wie kommt deine Familie damit klar, dass du schwul bist?«

Lindsey zuckte mit den Schultern. »Ich hatte viel Glück. Sie haben mich immer akzeptiert. Allerdings haben sie vermutet, dass ich schwul bin, als ich ungefähr drei wurde, daher war es keine große Überraschung.« Er schlug gewissenhaft die Beine übereinander, um seine purpurfarbenen Gucci-Slipper bestmöglich zur Geltung zu bringen. »Wie ist es bei dir?«

»Ich habe nicht ganz so viel Glück. Mein Vater akzeptiert mich, weil er es muss, aber er hofft, dass ich morgen mit dem leidenschaftlichen Wunsch nach Frauen aufwache.«

»Ich denke, Leute die uns lieben, glauben, dass es leichter wäre, hetero zu sein. Sie meinen es nicht als Verachtung dessen, wer wir sind.«

»Vielleicht.« Er sah nicht überzeugt aus.

»Also, Darling, wenn dein Vater wegen deiner Orientierung so zugeknöpft ist, was hält er dann davon, wenn du mit jemandem wie mir... ankommst? Das Wortspiel war beabsichtigt.«

Bruce grinste. Hübsche Grübchen. »Zum Teufel, wenn ich nun schon schwul sein muss, dann kann es genauso gut auch der begehrteste schwule Junggeselle der USA sein.«

Lindsey flatterte mit den Fingern. »Du übertreibst. Nur der Zweitbegehrteste.« Wie sehr er sich wünschte, dass es stimmte.

Der Kellner kam und Lindsey starrte auf die Speisekarte. Etwas Schönes, wie eine feine Seezunge, würde perfekt zu seinem persönlichen Stil passen. Leider mochten Wölfe Fleisch und Lindsey war da keine Ausnahme. »Das Filet, bitte. Sehr blutig.«

Bruce bestellte den Lachs und sie plauderten während des Essens. Lindsey saugte heimlich das Blut aus dem Fleisch und betrachtete Bruce, als dieser von seinen Erfahrungen an der Uni erzählte.

Lebhaft, lustig, sehr attraktiv. Was fehlte? Traurigerweise die Gefahr. Sex. Bruce war so anziehend wie ein Zeuge Jehovas, der vor seiner Tür stand. Anders gesagt: perfekt.

Sie lehnten beide ein Dessert ab, um Rücksicht auf ihr jungenhafte Figur zu nehmen. In Wirklichkeit hasste Lindsey Süßigkeiten und verbrannte Kalorien wie ein wildes Tier. Dennoch passte die Ausrede ins Bild.

Lindsey wedelte mit der Hand in Richtung des Kellners. »Carlo, würden Sie die Summe bitte einfach auf meine Rechnung schreiben und fünfundzwanzig Prozent für Sie aufschlagen?«

»Vielen Dank, Mister Vanessen.«

»Ausgezeichneter Service wie immer.«

Bruce legte eine Hand auf Lindseys Arm. »Bitte, lass mich zumindest die Hälfte bezahlen.«

»Eigentlich bezahlt die Firma all meine Rechnungen hier im Club, daher werde ich die Auswirkung auf mein Essensbudget nicht mal sehen.« Er lachte.

»Oh, ich will dich nicht in eine unangenehme Position bringen. Kann ich dafür bezahlen?«

»Danke, Darling. Unsere Firma ist ein kleines Unternehmen ohne Anteilseigner, denen wir uns gegenüber rechtfertigen müssen, also keine Sorge.«

»Ein kleines, privates, Milliarden Dollar schweres Unternehmen?«

»Eigentlich sind es vier. Aber wir sind das kleinste der Vanessen-Unternehmen.« Er grinste. »Tut mir leid, ich gebe nur ein bisschen an, weil ich stolz auf unsere Firma bin. Nächstes Mal nehme ich dich mit in eine heiße Schwulenbar und bezahle die Rechnung selbst. Dann kannst du mir danken. Für alles.«

Die Grübchen kehrten zurück. »Das hört sich gut an. Ich bin so froh, dass es ein nächstes Mal geben wird.« Er lächelte wieder und klimperte leicht mit den Wimpern. »Aber ich hoffe, dass dieses Mal noch nicht enden muss.«

Oh wirklich? Lindsey starrte den hübschen und ein wenig langweiligen Mann an. Kein kochendes Blut und kein pulsierender Schwanz. Gut. »Würdest du gern mit zu mir kommen, um, nun, noch etwas zu trinken?«

Bruce lächelte. »Etwas zu trinken klingt wundervoll.«

Lindsey nickte. »Ich fahre einen Tesla Sedan. Ich habe selbst geparkt.«

»Ich habe den Parkservice genutzt.«

Lindsey winkte dem Oberkellner. »Peter, würden Sie bitte dafür sorgen, dass Mister Westerbergs Wagen gleich vorgefahren wird?«

»Ja, Sir. Sofort.«

Lindsey sah Bruce an. »Ich halte vor dem Säulengang und du kannst hinter mir herfahren.«

Bruce legte seine Hand über Lindseys. »Ich denke, mir dir noch etwas zu trinken, wird sehr aufregend werden.«

Solange es nicht zu aufregend wurde. »Ich muss dich vorwarnen, ich werde dich nicht bitten können, zu bleiben. Ich muss morgen früh raus. Passt dir das?«

»Perfekt. Ich wohne noch für eine Woche bei meinen Eltern und ich bin mir nicht sicher, ob sie bereit dafür sind, wenn ich die ganze Nacht unterwegs bin, wegen all der Entführungen und so.« Er sah auf seine Uhr. »Aber es ist noch früh, also haben wir viel Zeit.«

Lindsey brauchte nicht viel Zeit. Er stand auf und Bruce folgte ihm.

Sie holten ihre Jacken an der Garderobe ab. Der beginnende Frühling in Connecticut war immer noch ziemlich unvorhersehbar, was das Wetter betraf, und die Nacht war regelrecht kühl. Sie gingen zur Vordertür des vornehmen Clubs hinaus. Die ältere Gesellschaft von Connecticut hatte den Club vor über einhundert Jahren gegründet und die vornehmliche Exklusivität bis zur Gegenwart aufrechterhalten.

Bruce schlang seinen Mantel fester um sich und zitterte. Hmm. Einladung? Lindsey, der knapp einen Meter achtundachtzig groß war, schlang seinen Arm um Bruce' Schultern. Für einen Werwolf war er klein, aber für menschliche Maßstäbe war er groß, daher war es eine gute Kuschelposition. Bruce nutzte das voll aus und lehnte seinen Kopf gegen Lindseys Schulter. Ein paar vorbeigehende Geschäftsmänner sahen auf, aber auch wenn der Club traditionell war, waren Politik und Werte in Connecticut eher liberal. Außerdem entschuldige Lindsey sich nicht für vieles.

Ein kalter Wind kam auf. Was? Lindsey hob den Kopf und roch.

Bruce sah auf. »Stimmt etwas nicht?«

»Nein, alles in Ordnung.« Er rieb eilig über Bruce' Arm, in dem Versuch, ihn zu wärmen, aber er sah über Bruce' Kopf hinweg. Woher kam dieser wundervolle Geruch?

Während die meisten seiner Werwolfsinne nur schwach waren, war sein Geruchssinn nicht ganz schlecht. Dennoch musste der Geruch für gewöhnlich sensorisch stark sein.

Dieser Duft war wie – was? Sex. Moschusartig und süß und köstlich. Er konnte das Grollen in seiner Brust kaum kontrollieren. »Dein Auto wird jeden Moment hier sein. Lass mich schnell den Tesla holen, sodass ich als erster hier halte.«

»Wer-wer wird mich warm halten?«

Lindsey sah sich um. Niemand sonst war im Moment auf der Veranda, da der Parkservice Bruce' Auto holte. Er beugte sich vor und gab Bruce einen heißen Kuss. Sein Penis spielte mit, aber nicht wegen Bruce' Mund. Dieser ehrwürdige Duft stieg Lindsey noch immer in die Nase und wanderte direkt in seine Hoden.

Erst erschrak Bruce, doch eine Sekunde später stöhnte er und begann an Lindsey hochzuklettern, wie er es bei einem Baum tun würde. Vielleicht ein wenig enthusiastischer als angebracht war. Lindsey zog sich zurück und Bruce öffnete langsam die Augen. Lindsey zwinkerte. »Das sollte dich für ein paar Minuten warm halten.«

Bruce seufzte. »Meine Güte. Tut mir leid. Es ist ein bisschen mit mir durchgegangen.«

»Darling, bei mir kann es jederzeit mit dir durchgehen.« Er deutete auf den Parkplatz. »Ich fahre her.«

Lindsey sprang von der Hauptveranda auf die Stufen zur Kieseinfahrt. Er sah sich um. Er wollte nicht zu offensichtlich sein, aber er musste wissen, wo die Quelle dieses Geruchs war.

Er folgte seiner Nase durch die erste Autoreihe, die zweite. Warte. Dort. In der dritten Reihe der geparkten Wagen standen drei Männer unter einer Straßenlaterne. Zwei waren Schlipsträger erster Klasse. Graue Einreiher, gestreifte Krawatten, kurzgeschnittene Haare. Aber sie waren nur Beiwerk. Heiliger, gesegneter Hades. Der andere Mann roch stark nach Gefahr der besten Sorte. Groß – vermutlich größer als Lindsey, mit Schultern, über die sich eine schwarze Lederjacke spannte. Kräftige, von Jeansstoff umspannte, harte Beinmuskeln. Wie würden diese sich anfühlen, wenn sie sich um seinen Hintern legten? Das Haar des Menschen sah aus, als hätte es sechs verschiedene Farben und die lockige Mähne wurde mit einer Art Band in seinem Nacken gebändigt, aber einige widerspenstige Strähnen waren entkommen.

Lindseys Hände zitterten und sein Schwanz tanzte einen Tango. Ein grollendes Knurren entstand in seiner Brust. Großer Gott, er musste hier weg. Dies war genau der Typ Mann, den er um alles in der Welt meiden sollte.

Er ging zum Tesla, doch seine Füße machten es ihm schwer. Sie wollten über den Parkplatz rennen und seinen Körper an diesen Menschen pressen, an dem alles nach Sex schrie. Ihn in den Asphalt ficken und dann was – verspeisen? Lindsey hatte Angst, dass das in seinem Fall mehr als einen Blowjob bedeutete.

Er öffnete die Tür des Sedan. In seinem Nacken begann es zu kribbeln. Langsam drehte er sich um und sah zurück. Der Mann in der schwarzen Lederjacke starrte ihn direkt an. Der Gesichtsausdruck war absolut unlesbar. Lindsey konnte nicht wegsehen. Welche Farbe haben diese Augen?

Ein Mundwinkel des Mannes hob sich und deutete ein Lächeln an. Oh Gott, dieser Geruch. Wie Zimt und Lust. Lindseys Nasenflügel blähten sich auf und zuckten.

Der Mensch, der links von dem Mann stand, beugte sich etwas hinüber und der Blick von Mister Köstlich zuckte zu dem Typen, für eine Sekunde zurück zu Lindsey, dann widmete er seine Aufmerksamkeit seinem Begleiter und sagte etwas zu ihm. Lindsey atmete aus.

Wer war dieser Mann? Er sollte es nicht herausfinden. Er würde es nicht. Mit einem Knall schloss er die Fahrertür und ließ leise das Auto an.

Er fuhr den Tesla durch den Säulengang und Bruce' schwarzer Mercedes hielt hinter ihm.

Auf der kurzen Fahrt nach Hause zuckte sein Penis. Verwirrtes Anhängsel. Ja, er freute sich darüber, gleich mit jemandem Sex zu haben. Zum Teufel, es war Wochen her. Mit vierundzwanzig würde Lindsey kein Mönch werden. Aber er roch noch immer den Duft dieses Typen in schwarzem Leder. Er schien sich an der Innenseite seiner Nasenflügel festgesetzt zu haben, und jedes Nervenende vibrierte.

Er fuhr durch das Tor bei sich zu Hause und Bruce folgte ihm. Lindsey deutete mit der Hand an, dass Bruce im Gästebereich der runden Einfahrt parken sollte, während er in die Garage fuhr. Selbst für einen Fick würde er sein Baby nicht die ganze Nacht draußen stehen lassen.

Er parkte, ging durch das Haus zur Vordertür und öffnete sie für Bruce.

Bruce war noch immer eng in seinen Mantel gewickelt. »Wow. Was für ein tolles Haus.«

»Ich war schon mal in eurem Haus. Es ist ebenfalls wundervoll.« Wenn auch ein wenig spießig.

Bruce starrte hinauf zu den zeitgenössischen Gemälden im Eingangsbereich. »Nicht so wie dieses.«

»Komm mit hoch. Ich habe Champagner, wenn du den magst?«

»Genau meine Kragenweite, wie man so schön sagt.«

Bruce folgte Lindsey die große Treppe hinauf zu seinen Räumen. Bruce flüsterte: »Deine Eltern haben nichts dagegen, dass ich hier bin?«

»Was? Oh, nein, mein Lieber, ich bin vierundzwanzig. Sie mögen es, dass ich zu Hause lebe, aber das Schlüsselwort heißt leben. Sie haben kein Problem damit, dass ich ein Leben habe.«

Bruce runzelte die Stirn. »Ich wünschte, ich könnte dasselbe sagen.«

Lindsey öffnete die Tür und führte Bruce in das Wohn- und Schlafzimmer. »Du hast angedeutet, dass du das Nest bald verlassen wirst.«

»Ja. Ich suche eine Wohnung.«

»Gut. Dann wirst du dich wohler fühlen.«

Bruce stand in der Mitte des Raumes und drehte sich. »Wow. Das ist wunderschön.«

»Nicht zu weiblich für deinen Geschmack?«

Er grinste. »Ich hätte es vermutlich für mich selbst nicht ausgesucht, aber zu dir passt es.«

Die Dienstmädchen hatten die Vorhänge der deckenhohen Fenster bereits zugezogen. Gut. »Ich werde uns die versprochenen Drinks holen.« Lindsey verließ das Wohnzimmer, holte eine Flasche Champagner aus dem Vorratsraum des Butlers und ließ den Korken knallen.

Bruce' Stimme ertönte aus dem anderen Zimmer. »Ich habe nichts gegen ein paar Drinks – zusätzlich.« Er lachte. »Was dagegen, wenn ich mich umschaue?«

»Nein, mach ruhig.« Gut, dass er seine Perücke und das Kleid versteckt hatte. Er holte zwei Champagnerflöten hervor und füllte sie, dann trug er sie zurück ins Wohnzimmer, gerade als Bruce rief: »Heiliger Mist, ist das dein Kleiderschrank?« Er kam durch die Schranktür.

Lindsey gluckste und gab ihm den Champagner. »Was sollte es sonst sein?«

»Die New York Fashion Week?«

»Ich lebe meinen Stil, Darling.« Er trank einen Schluck.

»Dann sollte ich meinen Stil besser aufpolieren.«

»Brauchst du nicht. Ich zwinge nur mich zu modischen Höchstleistungen.«

»Nun, du bist erfolgreich.«

»Komm, setz dich.« Er ging zu der großen, bequemen Couch vor dem Kamin. Er kuschelte sich in die Ecke und Bruce setzte sich neben ihn. Lindsey stieß mit ihm an. »Auf –«

»Uns.«

»Ja.« Er lächelte. Traurigerweise war uns eine Seltenheit in seinem Vokabular.