Härter als alle anderen (Western) - Pete Hackett - E-Book

Härter als alle anderen (Western) E-Book

Pete Hackett

0,0

Beschreibung

Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war - eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen. Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung." Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 154

Veröffentlichungsjahr: 2014

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Härter als alle anderen

Ein CassiopeiaPress E-Book

© by Author www.Haberl-Peter.de

© 2012 der Digitalausgabe 2012 by AlfredBekker/CassiopeiaPress

www.AlfredBekker.de

1. digitale Auflage 2014 Zeilenwert GmbH

ISBN 9783956173042

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Über den Autor

Härter als alle anderen

Über den Autor

Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war - eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.

Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung."

Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.

Härter als alle anderen

Jud Hardins Augen waren vom Alkohol gerötet und wässerig. Die Hände spreizten und schlossen sich. Seine Haltung war herausfordernd. Mit schwerer Zunge stieß er hervor »Lass die Finger von Sally, Stranger. Diesen Abend gehört sie mir. Ich sage es dir nur einmal: Lass die Finger von Sally!«

Jud Hardin war betrunken, und das machte ihn streitsüchtig und jähzornig. Breitbeinig stand er da, die ausladenden Schultern vorgeschoben, einen drohenden Ausdruck im kantigen Gesicht.

Der Bursche am Tisch, auf dessen Schoß das Animiergirl Sally saß, legte den Kopf etwas zurück, musterte unter halb gesenkten Lidern hervor den Ranchersohn von oben bis unten, dann knurrte er furchtlos und gleichzeitig geringschätzig: »Zieh Leine, Kuhtreiber! Ich habe die Kleine zu einer Flasche eingeladen, und sie hat die Einladung angenommen. Das ist wohl auch ihr Job. Also kratz die Kurve und störe uns nicht länger!«

Er hatte es gelassen und ohne jede Hast gesprochen, und es war deutlich, dass ihn Jud Hardins drohende Haltung nicht im Geringsten beeindruckte.

Sally, das hübsche, etwas zu grell geschminkte Girl, schaute verunsichert. Im Saloon verstummten nach und nach die Gespräche. Jud Hardin erregte Aufmerksamkeit. Jeder hatte die Antwort des Fremden vernommen. Die meisten hielten den Atem an, denn sie ahnten, was kam.

Jud Hardin stemmte die Arme in die Seiten und zeigte die Zähne. »Du bist fremd in Gila, Stranger«, presste er hervor. »Und du kennst sicherlich die Gepflogenheiten hier nicht. Ich bin Jud Hardin. Mein Vater ist Big Jim Hardin. Diese Stadt lebt sozusagen im Schatten der Gila Bend Ranch.« Er brach ab und beobachtete die Wirkung seiner Worte auf den Fremden. Dieser jedoch zeigte nicht die Spur einer Gemütsregung. Jud Hardin sprach weiter: »Ich denke, wir verstehen uns. Darum noch einmal: Lass deine Finger von Sally! Trink dein Bier oder deinen Brandy, kauf dich von mir aus in ein Spiel ein, aber tu, was ich dir sage.«

»Es ist besser, sich zu fügen«, flüsterte Sally dem Fremden ins Ohr. Der Ranchersohn starrte sie misstrauisch an. Was Sally sagte, konnte er nicht verstehen. »Jud ist betrunken und unberechenbar. Warte noch etwa eine Stunde, Fremder, dann fällt er betrunken um. Und dann …«

Sie wollte sich erheben. Um Jud Hardins Mund spielte ein höhnisches, überlegenes Lächeln. Aber der Mann am Tisch hielt Sally fest und sagte laut: »Mir kann dieser Elefant gestohlen bleiben. Von mir aus ist sein Vater der Kaiser von China. Er -« und damit meinte er Jud, »- ist nichts anderes als ein primitiver Kuhhirte.«

Seine Worte waren wie Hammerschläge gefallen. Jud Hardins Gesicht hatte sich zu einer bösartigen Fratze verzerrt. »Steh auf, Amigo!«, forderte er. »Steh auf, damit ich dich zu Brei schlage! Hoch mit dir!«

Sally gelang es, sich freizumachen. In ihren Augen flackerte die Angst. Sie trat zwischen Jud Hardin und den Fremden. »Bitte, Jud, hör auf!«, beschwor sie den Ranchersohn. »Er hat mich eingeladen, und ich habe angenommen. Natürlich trinke ich mit dir, wenn du es möchtest. Komm, wir gehen zur Theke.«

Jud Hardin packte sie kurzerhand am Oberarm, schob sie zur Seite und machte einen Schritt auf den Fremden zu.

»Du hast mich herausgefordert, Amigo!«, zischte er, und es war deutlich, dass er nur noch auf Verdruss aus war. Er wollte den Fremden zurechtstutzen und in der Stadt wieder einmal den Beweis antreten, dass die Gila Bend Ranch hier den Ton angab.

Die Atmosphäre im Saloon war äußerst angespannt. Die Gäste drängten aus der Schussbahn. Ein Raunen ging durch den Schankraum. Stuhlbeine scharrten, Absätze hämmerten auf den Dielen. Und dann kehrte wieder atemlose Stille ein.

Jud Hardin machte einen Schritt auf den Fremden zu. Sallys Atem ging hastig. Fast andächtig erhob sich der Fremde. Zwei Schritte betrug die Distanz zwischen ihm und Jud Hardin. Vom Gesicht des Fremden war nicht abzulesen, was hinter seiner Stirn vorging. Eigentlich hätte dieser eisige Hauch, den der andere verströmte, Jud Hardin warnen müssen, und vielleicht wäre er in nüchternem Zustand vorsichtiger gewesen. So aber war er sich seiner Überlegenheit sehr sicher.

»Na schön, Mister. Du warst verrückt genug, dich mit mir anzulegen. Ich werde dich jetzt hinaus auf die Straße prügeln. Und dann setzte ich dich verkehrt auf deinen Gaul und …«

Plötzlich lag in der Faust des Fremden ein Sechsschüsser.

»Stehen bleiben, du Narr!«, stieß der Fremde drohend hervor. Sein Daumen lag quer über der Hammerplatte, der Zeigefinger krümmte sich um den Abzug.

Ein erschrecktes Aufstöhnen ging durch den Saloon. Vorsichtig näherte sich ein Mann dem Ranchersohn. Er packte ihn an der Schulter und flüsterte: »Lass ihn, Jud. Der spaßt nicht. Hör auf, es reicht!«

Jud schüttelte die Hand von sich ab. Sein Blick hatte sich an dem Fremden verkrallt. Jetzt aufzugeben hätte Jud Hardin als Niederlage und damit als Demütigung empfunden. Er schob seine Rechte in die Nähe des Halfters, hatte jedoch nicht die Absicht, es mit dem anderen auszuschießen.

»Wir kämpfen es mit den Fäusten aus, Hombre. Also weg mit dem Eisen!«

Der Fremde grinste vage und erwiderte kopfschüttelnd: »Ich schlage mich nicht mit dir wie ein Halbwüchsiger. Wenn du etwas von mir willst, dann mach weiter, Amigo. Ich werde warten, bis du deine Kanone gezogen hast. Na los, fang an!«

Jud kniff die Lider zusammen. Seine Züge drückten einige Atemzüge lang Verwirrung und Unsicherheit aus.

»Hör auf, Jud!«, drängte hinter ihm der Cowboy. »Du hast deinen Willen durchgesetzt. Sally wird mit dir den Abend …«

»Ach was!«, fauchte Jud, und seine Linke wischte wegwerfend durch die Luft. Der Kopf stieß vor wie der eines Raubvogels, um seine schmalen Lippen erschien ein brutaler Zug. »Hast du auch einen Namen, Hombre? Nenn ihn mir, denn ich will wissen, wen ich zerbreche.«

»Ich heiße Wes Talbott.«

Jud prallte etwas zurück. »Bist du der Bruder von Joe Talbott, dem Banditen?«, entrang es sich ihm.

»Joe ist mein Bruder, ja. Das mit dem Banditen aber, mein Freund, wirst du auf der Stelle zurücknehmen.«

»Wahrscheinlich bist auch du ein mieser, kleiner Outlaw«, zischte Jud. Und er tat etwas, das er wahrscheinlich schon in der nächsten Sekunde bereut hätte, wenn er noch dazu gekommen wäre. Aber sein Verstand holte die Bewegung zum Colt nicht mehr ein. Und das Schicksal nahm seinen Lauf.

Wes Talbott drückte ohne mit der Wimper zu zucken ab. Eine ellenlange Mündungsflamme stach auf Jud Hardin zu.

Jud Hardin hatte den Colt nicht mal halb aus dem Halfter. Er spürte den knallharten Schlag gegen die Brust, taumelte von der Wucht des Geschosses getrieben zwei Schritt zurück, dann drehte er sich halb um die Achse, sein Mund klaffte auf zu einem Schrei, aber der erstickte im Ansatz. Jud Hardin brach zusammen, fiel über einen Tisch und landete auf den Dielen.

Lähmung hielt die Gäste, Keeper und Animiermädchen in ihrem Bann. Wes Talbotts Blick glitt in die Runde. Er schaute in erstarrte, bleiche Gesichter. Seine Faust mit dem Colt pendelte über die Front der Umstehenden hinweg. Langsam setzte Wes sich in Bewegung. Und plötzlich brach um ihn herum der Tumult los. Wes Talbott feuerte eine Kugel in die verräucherte Decke und spurtete los.

Er war ein Fremder hier, und er hatte den Sohn des Reichsten und Mächtigsten dieser Gegend niedergeknallt, ohne ihm eine echte Chance zu lassen. Das konnte in einer Stadt wie dieser ins Auge gehen. Da waren die Bürger meistens schnell mit einem Strick bei der Hand.

*

Wes Talbott rammte mit seinem Körper die Pendeltür auf. Er bewegte sich rückwärts, seine Faust mit dem Colt schwang drohend hin und her. Talbott warf einen schnellen Blick über die Schulter. Die Straße war menschenleer. Am Holm standen einige Pferde. Der Lichtschein aus den großen Frontfenstern des Saloons spülte über sie hinweg. Der Krach hatte die Tiere aufgeschreckt. Sie tänzelten nervös.

Wes Talbott schlug den Colt an und feuerte. Klirrend zerbarst eine Lampe. Das Kerosin spritzte und fing Feuer. Das wilde Durcheinander der Stimmen verebbte. Einige beherzte Männer sprangen hinzu und versuchten die über Tische, Stühle und Fußboden leckenden Flammen zu löschen.

Wes Talbott wirbelte herum, überquerte mit zwei langen Schritten den Vorbau, tauchte unter dem Geländer hindurch und sprang zwischen die Pferde. Unruhe entstand. Der Tumult im Saloon nahm an Vehemenz zu. Mit fliegenden Fingern löste er eine der Leinen, stellte den linken Fuß in den Steigbügel, griff nach dem Sattelhorn und riss sich in den Sattel. Er zerrte das Tier herum, hämmerte ihm die Absätze in die Flanken und stob, weit über den Pferdehals gebeugt, die Main Street hinunter.

Aus dem Saloon drängten die Menschen. Einige Cowboys liefen zu ihren Pferden, und Sekunden später nahmen sie die Verfolgung des Todesschützen auf.

Ein Mann rannte am Rand der Fahrbahn auf den Saloon zu. Er hatte die Schüsse vernommen. Trommelnder Hufschlag, der sich schnell entfernte, erreichte sein Gehör. Er sah die Menschenrotte, die aus dem Saloon strömte. Keuchend erreichte der Mann die Ansammlung. Lichtschein fiel über ihn, und nun konnte man auch den Stern an seiner Weste sehen, der das Licht reflektierte.

»Was ist geschehen?«, fragte der Sheriff etwas außer Atem.

»Ein Fremder - sein Name ist Wes Talbott - hat Jud Hardin niedergeschossen!«, schrie ein Mann in der Nähe des Sheriffs. »Es war Mord. Talbott hatte den Colt bereits in der Hand.«

Scott Larabee, der Sheriff von Gila, bahnte sich einen Weg durch die Mauer aus Menschenleibern. Im Schankraum stank es nach Kerosin. Zwischen Tischen und Stühlen lag Jud Hardin. Larabee beugte sich über ihn und prüfte seinen Puls. Doch da war nichts mehr. Das Gesicht des Ranchersohnes war vom Tod gekennzeichnet.

Larabee richtete sich wieder auf. Einige Männer hatten sich um ihn herum aufgebaut. »Talbott – Wes Talbott, habe ich den Namen richtig verstanden?«

Einer der Umstehenden nickte. »Ja. Er ist Joe Talbotts Bruder.« Der Mann senkte seinen Blick und heftete ihn auf den Leichnam Jud Hardins. »Du lieber Himmel. Wenn sie Big Jim Hardin seinen Sohn tot vor die Füße legen, dreht er durch. Und wenn seine Leute Talbott erwischen, dann gebe ich keinen rostigen Cent für dessen Leben.«

»Hardin-Reiter verfolgen Talbott?«

»Ja.«

»Gut. Wie kam es zu der Schießerei?«

Drei Minuten später wusste Scott Larabee alles. Es gab nicht viel zu berichten.

Der Sheriff kratzte sich am Hals, schaute nachdenklich, und meinte schließlich: »Es ist schlimm. Aber irgendwann einmal musste Jud Hardin an den Falschen gelangen. Nicht jeder zieht den Schwanz ein, nur weil der Name Hardin fällt. O verdammt …«

»Wirst du Talbott verfolgen, Larabee?«, wollte jemand wissen.

»Zuerst will ich abwarten, ob ihn die Hardin-Leute schnappen. Wenn nicht - nun, wir werden sehen. Ich sage dem Coroner Bescheid, damit er Hardin abholt. Big Jim wird ihn auf der Ranch begraben wollen. Einige von euch, die dabei waren, brauche ich, damit sie das Protokoll unterschreiben. Kommt zu mir ins Office.«

Scott Larabee verließ den Saloon. »Geht wieder hinein oder nach Hause, Leute!«, rief er. »Ich werde mich um alles Weitere kümmern.«

*

Währenddessen jagte das Aufgebot hinter Wes Talbott her. Es war stockfinster. Mond und Sterne waren hinter einer Wolkendecke verborgen. Das Trommeln der Hufe überlagerte alle anderen Geräusche. Irgendwann parierte einer der Reiter sein Pferd. »Halt!«, brüllte er. Sie lauschten in die Finsternis hinein. Von dem Fliehenden war nichts zu hören.

»Verdammt!«, fluchte einer der Männer nach einiger Zeit, in der sie wieder wie Wölfe witterten. »Sieht aus, als wäre uns der Hundesohn entwischt.«

»Haben wir Fackeln dabei?«, rief einer.

»Nein«, kam die mehrstimmige Antwort.

Wieder ein Fluch. Dann bemerkte der Mann: »Er ist nach Süden geflohen. Die nächste Ortschaft ist fünfzehn Meilen entfernt. Allerdings ist es nicht sicher, ob er die Richtung beibehalten hat. Er kann sich auch nach Westen gewandt haben. Dort liegen etliche Towns an der Überlandstraße. Was tun wir?«

»Umkehren! Morgen, bei Tageslicht, können wir vielleicht seine Spur aufnehmen.«

»Big Jim wird kein Verständnis dafür haben, dass wir aufgeben und Talbott entkommen lassen«, bemerkte einer der Reiter.

»Es bringt uns nichts, wenn wir blindlings durch die Finsternis reiten. Also kehren wir um.«

Sie ritten nach Gila zurück. Im Sheriff’s Office brannte Licht. Einer der Reiter wies die anderen an, auf ihn zu warten, saß ab und ging hinein.

»Wie war es, Bill?«, empfing ihn der Sheriff.

Bill Norton nickte dem Deputy Clint Jameson zu, der an der Wand neben der Tür zum Zellentrakt lehnte. Dann erwiderte er lahm: »Er ist uns entwischt, Scott. Möglicherweise hätten wir mit Fackeln seine Spur aufnehmen können. Aber wir …«

Clint Jameson unterbrach ihn: »Mit Fackeln hättet ihr ihm aber auch das nötige Büchsenlicht geliefert, Bill. Wahrscheinlich war es sogar euer Glück, dass ihr keine Fackeln dabei hattet.«

Bill Norton, der Vormann der Gila Bend Ranch, zuckte mit den Schultern. »Ist ein Bote zu Big Jim unterwegs?«, wollte er wissen.

»Nein. Darum solltet ihr jetzt zur Ranch zurückkehren, Bill. Nehmt Jud mit. Morgen, sobald es hell wird, versucht Clint, Talbotts Spur aufzunehmen.«

»Big Jim wird nicht bis morgen früh warten«, meinte Bill Norton. »Er wird jeden verfügbaren Mann noch in dieser Nacht in den Sattel jagen und das Gebiet nach allen Himmelsrichtungen und in einem Umkreis von mindestens zwanzig Meilen durchkämmen lassen.«

»Und jede brauchbare Spur zerstören«, fügte Clint Jameson trocken hinzu.

»Möglich«, räumte Bill Norton ein.

Der Sheriff und sein Deputy wechselten einen Blick. Dann fragte Clint Jameson: »In welche Richtung ist Talbott geflohen?«

»Nach Süden.«

»Dort liegt Black Gab. Wenn er die Richtung beibehalten hat, kann er das Nest in zwei Stunden, gegen Mitternacht also, erreichen.«

»Wenn er sie beibehalten hat.« Norton schaute skeptisch.

»Es ist gut, Bill«, erklärte der Sheriff. »Reitet jetzt zur Ranch.«

Bill Norton ging hinaus, und Sekunden später zeigte der pochende Hufschlag an, dass die Gila Bend-Crew davonritt.

»Ich warte nicht, bis es hell wird, Scott«, erklärte Clint. »Ich reite mal auf Verdacht nach Black Gab. Spuren werden sich sowieso kaum finden lassen. Also versuche ich mein Glück einfach so.«

»Wie du meinst«, versetzte Scott Larabee. Er verzog das Gesicht. »Jud war ein Narr. Es war längst überfällig, dass ihn jemand zurechtstutzte. Den Tod aber hat er nicht verdient. Talbott hat ihn niedergeknallt. Das ist Tatsache. Er muss dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Trotzdem wäre es mir lieber, er entkäme. Sollte es dir nämlich gelingen, ihn zu stellen und zurückzubringen, Clint, dann laden wir uns eine Menge Ärger an den Hals.«

Die Blicke der beiden Männer kreuzten sich. Clint Jameson stieß sich von der Wand ab und rückte seinen Revolvergurt zurecht. »Was du sagst, Scott, ist sicherlich richtig«, knurrte er. »Aber dem Verdruss zu begegnen, ist doch unser Job, denke ich.«

*

Es war etwa ein Uhr, als Clint Jameson Black Gab erreichte. Die Town schlief. Nirgendwo brannte Licht. Es herrschte Finsternis in den engen Gassen und zwischen den Häusern. Lediglich die Main Street lag im fahlen Mondschein. Black Gab war kleiner als Gila Bend und auch schäbiger. Hier lebten viele Mexikaner. Sie waren arm, und das brachten ihre Behausungen deutlich zum Ausdruck. Oftmals waren es nur Hütten, die die breite Main Street säumten.

Im Schritt ritt Clint am Rand der Fahrbahn. Ein Mann saß neben der Tür des Saloons auf dem Boden und schnarchte. Wahrscheinlich schlief er seinen Rausch aus. Er lehnte mit dem Rücken an der Hauswand, hatte die Beine weit von sich gestreckt, und sein Kopf hing vor der Brust. Sein Hut lag neben ihm im Staub.

Clint zügelte den Braunen und saß ab. Er rüttelte den Schläfer an der Schulter. Der Mann hörte zu schnarchen auf, brabbelte irgendetwas Unverständliches und eine Schnapsfahne stieg in Clints Nase.

Clints Griff wurde härter. Der Kopf des Schläfers ruckte plötzlich hoch. »Hölle, was ist?«, grunzte er. Seine Augen glitzerten im vagen Licht wie Glasstücke. Er griff sich an den Kopf und stöhnte lang gezogen. Und dann fragte er noch einmal: »Was ist? - Oh, verdammt …«

Clint entging nicht, dass der Mann sich überhaupt nicht zurechtfand. Er sagte: »Das ist ein schlechter Platz zum Schlafen, Amigo. Die Nacht ist kalt, du kannst dir den Tod holen.«

Der Mann rappelte sich in die Höhe. Clint war ihm dabei behilflich. Schließlich stand er schwankend. Heiser und abgehackt gab er von sich: »Du lieber Himmel, ich muss betrunken gewesen sein wie ein ganzer Indianerstamm. Bin ich tatsächlich hier draußen eingeschlafen? Grundgütiger, ich weiß nicht mal mehr, dass ich den Saloon verlassen habe …«

»Dann haben Sie gewiss auch keinen Reiter in die Town kommen sehen, Mister«, stellte Clint fest. »Oder doch?«

»Einen Reiter - nein. Wie spät ist es, Fremder?«

»Eine Stunde nach Mitternacht.«

Der Betrunkene atmete tief durch, schluckte und meinte: »Tut mir leid, Stranger, aber irgendwann am Abend ist bei mir der Faden gerissen. Seitdem weiß ich nichts mehr. Und jetzt will ich nach Hause.«

Er torkelte davon.

Clint griff nach den Zügeln und führte das Pferd weiter. Er passierte das Hotel und gelangte bald darauf zum Mietstall. Das große Tor war zugezogen, aber nicht verschlossen. Clint öffnete es. Im Innern war die Finsternis mit den Augen nicht zu durchdringen. Schnauben schlafender Pferde wehte heran. Clint riss ein Streichholz an. Das Flämmchen holte seine allernächste Umgebung aus der Dunkelheit. Er sah an einem Haken eine Laterne hängen und zündete sie an. Der Lichtschein huschte auch in die nächsten Boxen. Eines der Pferde erwachte und erhob sich, stieß dabei gegen die Boxenwand und ließ sie erbeben. Das Pferd in der Nachbarbox schreckte hoch, prustete und stampfte auf der Stelle. Und plötzlich war der Stall voller Geräusche.

Im Hintergrund des Stalls ging eine Tür auf, Licht flutete durch das Rechteck, und dann trat die Gestalt, die die Lampe trug, in den Mittelgang. Eine schlaftrunkene, mürrische Stimme krächzte:

»Komme ich in dieser verdammten Nacht denn überhaupt nicht zur Ruhe? Es geht hier heute zu wie in einem Taubenschlag. Konnten Sie und Ihr Gaul nicht irgendwo draußen übernachten, Stranger?«