Hauptdarsteller gesucht - Silke Labudda - E-Book

Hauptdarsteller gesucht E-Book

Silke Labudda

0,0
0,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Als Tobi an einem kalten Winterabend ins gottverlassene Industriegebiet fährt, weiß er ganz genau, worauf er sich einlässt. Schließlich war die Anzeige, auf die er vor einiger Zeit geantwortet hatte, mehr als eindeutig gewesen. Nervös ist er dennoch, als er wie verabredet eine dunkle Lagerhalle aufsucht und dort die Leute trifft, die für ihn das tun sollen, was er sich selbst nie getraut hat.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2017

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Silke Labudda

Hauptdarsteller gesucht

Danke an Daniel Graves / Aesthetic Perfection für die Inspiration & die Erlaubnis zum Zitieren.BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Hauptdarsteller gesucht.

Montag, 15. Dezember.

 

Ein ganz normaler Tag. Ein Werktag, an dem die Berufstätigen wie gewohnt morgens zur Arbeit gingen und die Arbeitslosen sich darüber freuten oder ärgerten, dass sie liegen bleiben konnten und den ganzen Tag zur freien Verfügung hatten. Tobi gehörte zu letzterer Sorte, aber er hatte sich darüber weder gefreut, noch geärgert, sondern die Dinge einfach so hingenommen.

Auch wenn dieser 15. Dezember auf den ersten Blick ein ganz stinknormaler Montag war, war er auf den zweiten Blick ganz genau das Gegenteil, zumindest für Tobi. Noch vor wenigen Wochen hätte er selbst nicht geglaubt, dass er in naher Zukunft einen derart wichtigen und alles verändernden Tag erleben würde. In seinem Leben passierte wenig Außergewöhnliches, und jetzt, wo es soweit war, war Tobi überrascht, wie wenig aufgeregt er sich eigentlich fühlte. Vielleicht sollte das später noch kommen. "Später." Er sagte es laut, um sich darin zu bestätigen, dass das Wort heute einen absurden Klang hatte. Die ältere Frau, die ihm gegenüber auf der unbequemen Bank im Bus saß, warf ihm einen skeptischen Blick zu. Tobi grinste sie breit an, und sie drehte sich weg. Wahrscheinlich dachte sie, er sei betrunken oder stoned. Tatsächlich hätte er nüchterner nicht sein können.

 

Der Bus ließ Straße um Straße und Haltestelle um Haltestelle hinter sich. Menschen stiegen ein und aus, redeten, lachten, beschwerten sich über die Kälte, machten Pläne für das bevorstehende Weihnachtsfest. Tobi lehnte seine Stirn an die kühle Fensterscheibe und schloss die Augen, um die Stimmen und die Lichter um sich herum auszublenden. Warum alle Welt wegen Weihnachten so verrückt spielte, konnte er nicht verstehen. Hatte er noch nie. Nicht mal als kleiner Junge. Er war zwar nicht die hellste Kerze am Baum (das hatte zumindest sein Vater immer gesagt), aber er hatte schnell durchschaut, dass es überhaupt keinen Weihnachtsmann gab, sondern dass es nur die Erwachsenen waren, die den Kindern etwas vorspielten. Dabei ging es ihnen aber gar nicht um Liebe und Familie und Großzügigkeit, nein, sie wollte einander einzig und allein übertrumpfen. Wer kauft die größten Geschenke, das teuerste Spielzeugauto, das schönste Puppenhaus? Für Tobi war Weihnachten mit seinem Heile-Welt-Getue das Verlogenste, was er sich vorstellen konnte. Es war genauso Fake wie die riesigen Titten seiner Nachbarin, dieser blonden Russin. Da wusste auch jeder, dass sie nicht echt waren, und niemand verlor ein Wort darüber. Zumindest nicht, wenn sie oder ihr muskelbepackter Freund in Hörweite waren.

 

Der Bus stoppte abrupt, und Tobis Kopf schlug unsanft gegen das kalte Glas. "Ehh", machte Tobi und rieb sich die Stirn, während er sich kurz umdrehte und seinen Blick durch das Innere des Fahrzeugs schweifen ließ. Es überraschte ihn nicht, dass er mittlerweile der einzige Fahrgast war. Längst lagen die Wohngegenden der Stadt hinter ihnen, und sie waren tief ins Industriegebiet vorgedrungen. Bunt leuchtenden Fensterschmuck und Weihnachtsdekorationen suchte man hier ebenso vergebens wie Spaziergänger und Geschäfte. Um diese Uhrzeit wirkten die großen dunklen Hallen wie schlafende Gespenster, die nur darauf warteten, dass sich ein armer Mensch in ihre Nähe verirrte und sie ihn für immer verschlucken konnten. Natürlich glaubte Tobi nicht an Gespenster. Dennoch gefiel ihm die Vorstellung überhaupt nicht, in wenigen Minuten aussteigen und da draußen herumlaufen zu müssen. Dann wieder erinnerte er sich, dass es keinen Grund gab, sich Sorgen zu machen. Nicht für ihn.