Hearts of gray - Patrick Ginkel-Weigel - E-Book

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Patrick Ginkel-Weigel

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Beschreibung

Sehr verehrte Leser und Leserinnen, vielen Dank für den Erwerb meines Buches. Hearts of Gray ist ein Drama- und Liebesroman, vor der Kulisse des zweiten Weltkrieges. Im Mittelpunkt der Handlung steht der junge Soldat Casper Herold. Er ist der Sohn und Erbe eines fränkischen Industriellen. Wie es Brauch und Tradition in seiner Familie ist, meldet sich Casper zum Kriegsdienst. Sein Weg führt ihn dabei zunächst nach Frankreich. Dort begegnet er zum ersten Mal den Schrecken des Krieges. Nachdem er in Paris längst verloren geglaubte Feldpost aus der Heimat erhält, die ihm von großen Schicksalsschlägen erzählen, ist er fest dazu entschlossen in seine Heimatstadt zurück zu reisen. Als er dort endlich ankommt ist nichts mehr so wie es einst war. Weder für seine Familie, noch für den elterlichen Betrieb. Und schon gar nicht für seine große Jugendliebe Sonja. Caspers Welt gerät aus den Fugen. Und der Krieg stellt seine gesamte Familie vor große Herausforderungen und Probleme. Ihr Patrick Ginkel-Weigel

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Hearts of gray

 

Alle Rechte vorbehalten.

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Alle Rechte liegen allein beim Autor.

 

Originalcopyright © 2019, von Patrick Ginkel-Weigel.

 

 

Impressum

Patrick Ginkel-Weigel, Lohweg 12, 97638 Mellrichstadt

[email protected]

 

 

 

 

 

Vorwort

 

Sehr verehrte Leser und Leserinnen,

 

vielen Dank für den Erwerb meines Buches.

 

Hearts of Gray ist ein Drama- und Liebesroman, vor der Kulisse des zweiten Weltkrieges. Im Mittelpunkt der Handlung steht der junge Soldat Casper Herold. Er ist der Sohn und Erbe eines fränkischen Industriellen.

 

Wie es Brauch und Tradition in seiner Familie ist, meldet sich Casper zum Kriegsdienst. Sein Weg führt ihn dabei zunächst nach Frankreich. Dort begegnet er zum ersten Mal den Schrecken des Krieges.

 

Nachdem er in Paris längst verloren geglaubte Feldpost aus der Heimat erhält, die ihm von großen Schicksalsschlägen erzählen, ist er fest dazu entschlossen in seine Heimatstadt zurück zu reisen. Als er dort endlich ankommt ist nichts mehr so wie es einst war.

 

Weder für seine Familie, noch für den elterlichen Betrieb. Und schon gar nicht für seine große Jugendliebe Sonja. Caspers Welt gerät aus den Fugen. Und der Krieg stellt seine gesamte Familie vor große Herausforderungen und Probleme.

 

Ihr Patrick Ginkel-Weigel

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Inhaltsverzeichnis:

Kapitel 01 - Erwachet

Kapitel 02 - Die Stadt der Liebe

Kapitel 03 - Die Arme des Todes

Kapitel 04 - Deutschland, Deutschland

Kapitel 05 - Ein neuer Morgen

Kapitel 06 - Die Bestie Krieg

Kapitel 07 - Die Hochzeit

Kapitel 08 - Geliebter Feind

Kapitel 09 - Heimatfront

Kapitel 10 - Der Brief

Kapitel 11 - Mein Fleisch, mein Blut

Kapitel 12 - Ohne Zukunft

Kapitel 13 - Angst

Kapitel 14 - Freundschaft

Kapitel 15 - Das Gesicht des Krieges

Kapitel 16 - Der Drachenkönig Eondril

Kapitel 17 - Der Hauch des Todes

Kapitel 18 - Abschied

Kapitel 19 - Aus den Augen, aus dem Sinn

Kapitel 20 - Schuld und Sühne

Kapitel 21 - Die Wirren des Krieges

Kapitel 22 - Minsk sehen und sterben

Kapitel 23 - Der Ruf der Heimat

Kapitel 24 - Berlin bis Löwenstein

Kapitel 25 - Aeron

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kapitel 01 - Erwachet, 25.06.1941

“Die Strahlen der Sonne fallen zärtlich auf die üppigen Wiesen. Sie wärmen das üppige Grün und alles was sich auf ihm befindet. Der Himmel ist klar, so blau und so rein. Schmetterlinge flattern vorbei. Nimm einen tiefen Atemzug von Frieden und Freiheit....

 

Hörst du die Vögel, die zwitschern und singen? Sie spielen dir zu Ehren ein Lied. Und das Wild das durch die Wälder streift. Voll Frohmut und Pracht. Voller Stolz und Lebenskraft. Fühle das Beben, die Schritte, ihr Rennen. Erfreue dich an ihrem Glück.

 

Das Grün der Bäume, es leuchtet voller Glanz. Ihre Blätter wehen im Wind. Sie tanzen und fliegen im goldenen Schein der alles übertreffenden Sonne. Bienen und Blüten tollen herum. Nur einer, nur du bist stumm.

 

Hörst du das Rauschen des Baches im Wald, hörst du den Ruf der Natur? Erwache Soldat, erwache Soldat, die Zeit ist noch nicht reif…….”

 

Der blaue, klare Himmel verdunkelt sich. Mit jeder Sekunde die vergeht wird der Himmel über ihm immer schwärzer. Ein Donnern ist zu hören. Und es hört nicht auf. Im Gegenteil, es wird immer lauter. Der Lärm ist unerträglich und brennt sich geradezu in seine Ohren. Aus dem schwarzen Rauch der am Himmel hängt, drängt sich etwas heraus. Es zwängt sich durch die dunklen Wolken wie ein nahendes Unheil. Und genau das ist es. Ein Kampfflugzeug, gebaut um den Tod zu bringen. Sein Maschinen Feuer vermag die Nacht heller als den Tag zu machen.

 

“Steh auf Soldat, steh auf! Für Volk und Vaterland. Für den Führer” - schrie der Kommandant einen seiner Männer an, der auf dem Boden lag. Gerade noch hatte sich der junge Soldat in behagliche Kindheitserinnerungen geflüchtet. In eine idyllische Glückseligkeit die er in der Hitlerjugend verinnerlicht hatte.

 

Nur wenige Meter neben ihm ist eine Handgranate explodiert. Die Druckwelle war so stark und wuchtig das sie ihn meterweit hinweg fegte. Zurück in die Trümmer aus denen er kam um mit seinen Kameraden das Rathaus der Stadt Minsk zu stürmen. Es ist der 25. Juni 1941. Unternehmen “Barbarossa” nannten sie es. Doch für Casper Herold hatte das keine Bedeutung. Ebenso wie der Rest des Krieges.

 

Die Sonne wärmte keinesfalls die grünen Wiesen die Casper gerade noch vor seinem geistigen Auge sah. In Wahrheit war kaum ein Sonnenstrahl zu sehen. Denn die Sonne vermochte es nicht mehr länger ihre Strahlen durch den Nebel des Krieges zu schicken. Immer mehr Kampfflugzeuge kreuzten den Luftraum. Ihre Motoren verbreiteten einen Lärm der direkt aus der Hölle zu kommen schien. Und dieser unaufhörliche Krach ließ die Menschen schon von weitem wissen das der Tod im Anmarsch war um sie in die Bedeutungslosigkeit zu reisen. In die Hölle des Krieges, in sinnloses Verderben.

 

Casper erkannte die Flugzeuge am Himmel. Rauch und Qualm der Schlacht verdunkelten den Himmel so sehr das es ihm vorkam als wäre es tiefste Nacht. Nur das Feuer der Bomben und Explosionen waren noch in der Lage den Himmel zu erleuchten. Casper war Teil der 26. Infanterie unter Generalleutnant Walter Weiß. Doch er war keinesfalls daran interessiert Minsk zu stürmen oder die Sowjetunion zu überfallen.

 

Casper Herold wollte nur eines, zurück nach Hause. Kein Russe hatte ihm jemals ein Haar gekrümmt. Ebensowenig die Franzosen, gegen die er vorher gekämpft hatte. Und als er in den Trümmern lag, dachte er daran wie es überhaupt dazu kam das er an der Ostfront im Dreck lag. Voller Schmerzen Leib und Verzweiflung im Herzen.

 

Alles was er wollte war heimzukehren. Um den Menschen den Tod zu bringen, die es seiner Ansicht nach wirklich verdient hatten.

Kapitel 02 - Die Stadt der Liebe (Juni 1940)

“Mach dich mal nicht so breit du halbes Hemd” scherzte Hans-Joachim als er sich zwischen seine Kameraden drängte. Hajo, wie sie ihn nannten kam aus Mühlenbeck, einem kleinen Nest bei Köln. Er war eine rheinische Frohnatur und kämpfte seit zwei Monaten an der Seite von Casper Herold.

 

Unter Generalfeldmarschall Fedor von Bock kämpften die Männer im Westfeldzug, besser bekannt als “Sichelschnitt” oder auch “Blitzkrieg”. Tag für Tag gewannen die tapferen Soldaten Kilometer um Kilometer. Sie marschierten durch die Benelux-Länder und zogen in die blutige Schlacht gegen den großen französischen Bruder. Voller Überzeugung für ihre Sache. Voller Leidenschaft für ihr Vaterland.

 

Doch während für seine Kollegen die Überzeugungen der Nationalsozialisten im Vordergrund standen hatte Casper andere Beweggründe um am Krieg teilzunehmen. Er entstammt einer stolzen Familie, die den Traditionen sehr verbunden war. Sein Vater kämpfte im ersten Weltkrieg. Sein Großvater im deutsch-französischen Krieg. Diese Tradition der Familie reicht zurück bis in die Zeiten des Siebenjährigen Krieges unter Friedrich II. von Preußen.

 

Seine Eltern hatten ihm den Kriegsdienst eigentlich eindringlich verboten. Sie waren nicht damit einverstanden das er in den Krieg zog, dass er das Risiko einging zu sterben. Denn Casper war das einzige Kind von Gunther und Marianne Herold. Und somit war er gleichbedeutend die Zukunft des elterlichen Betriebes. Wie auch der Krieg, so war ebenfalls das Unternehmertum eine Tradition der Familie.

 

Seit über 100 Jahren gab es die “Bleigießerei und Maschinenfabrik Herold & Sohn”. Seit einer gefühlten Ewigkeit ist die Familie der größte Arbeitgeber in der kleinen Stadt Löwenstein, vor den Toren Nürnbergs. Über 200 Angestellte und Arbeiter beschäftigt man dort. In der Regel von der Lehre bis zur Rente. Die Familie ist ein Begriff und gehört auch über die Stadtgrenzen hinaus zum fränkischen Geldadel.

 

Aber Casper hatte schon immer seinen eigenen Kopf und einen starken Willen. Auch das ist Tradition in der Familie Herold. Sonst gäbe es wohl kaum diese beiden Traditionen. 1936 hat er sich der Armee angeschlossen um diese Tradition weiterzuführen. Mit gerade einmal 18 Jahren. Doch damals hatte er auch nicht vermutet nur vier Jahre später in Paris zu sein.

 

Doch nun sitzt er hier. Zusammen mit Hajo aus Mühlenbeck und Arnulf aus Erlangen. Für die drei Soldaten sind die Kämpfe bereits vorbei. Zumindest vorübergehend. Das Reich hat den Sieg errungen, die Wehrmacht war erfolgreich. Frankreich hat kapituliert, Paris gehört den Deutschen Besatzern. Die Lage ist angespannt aber ruhig. Einige Einheimische feierten sogar die Eroberung mit den Deutschen. Nutznießer des Augenblicks, die ihr Glück in Vaterlandsverrat witterten.

 

Die Sonne scheint vom Himmel herab. Es ist ein schöner Nachmittag im sommerlichen Paris. Der Tag könnte nicht schöner sein. Trügerisch schreitet das Leben in der französischen Metropole voran. Zusammen sitzen die drei Soldaten im Café Renard in der Avenue des Champs-Élysées. Sie genießen den friedlichen Moment, die Stille des Augenblicks, die malerische Illusion.

 

“Hey Herold. Du sollst dich später bei Oberstleutnant Staudigel melden” berichtete Hajo als er zu seinen beiden Kameraden stieß. “Beim Oberstleutnant? Hat er auch gesagt warum”? “Ja. Du hast Post mein Junge”. “Post? Von deiner Freundin zu hause”? “Nein Arnulf, das glaube ich weniger. Wir haben vor meiner Abreise Schluss gemacht”. “Hatte die Kleine Angst du kommst nicht wieder? Oder das sie dir hier die wichtigsten Teile wegschießen”? “Nein Hajo. Unsere Beziehung war schon immer sehr kompliziert. Vielleicht hat mir meine Mutter geschrieben. Wurde ja auch Zeit das sie antwortet”. “Mach mal halblang Casper. Wir haben alle schon seit fast drei Monaten keine Post mehr bekommen. Wahrscheinlich liegt der Postsack irgendwo unter tausend Kisten Patronen und gammeligen Dosenfleisch” meinte Hans-Joachim.

 

Casper überlegte neugierig wer ihm wohl geschrieben haben könnte. War es sein Vater, seine Mutter? Oder vielleicht doch Sonja, seine Jugendliebe? Egal von wem der Brief stammte, Casper konnte es kaum abwarten ihn zu lesen. Doch Hajo und Arnulf war das ziemlich egal. Sie hatten heute Dienstfrei und waren bereit ihren Sold unter die Leute zu bringen.

 

“Hey, ein paar Straßen weiter habe ich ein Haus gesehen in dem man sich amüsieren kann”. “Was meinst du damit Arnulf” fragte Casper. “Frauen Casper, Frauen. Nicht jeder hat ein Mädchen daheim. Ich habe schon ewig keinen mehr weggesteckt”. “Du willst in einen Puff” - fragte Hajo. “Genau. Was ist jetzt? Kommt ihr mit”? Während Hans-Joachim von Arnulfs Idee angetan war, verzichtete Casper. Ihn interessierte mehr was der Oberstleutnant für ihn bereit hielt. Seine Neugier war größer als der Wunsch nach bezahlter Zärtlichkeit. “Wir treffen uns zum Abendessen in der Kaserne” mit diesen Worten verabschiedete sich Casper Herold von seinen zwei Kameraden um in die Kaserne zurück zu eilen.

 

Er und sein Zug waren in einer alten Nervenheilanstalt, rechts der Seine untergebracht. Er schloss sich dem Marsch einer Patrouille an und eilte zurück in die Kaserne. Kaum war er dort angekommen suchte er Oberstleutnant Staudigel auf. Er hatte hier das Kommando in Verwaltungsangelegenheiten. Casper klopfte an die Tür seines Büros. “Eintreten” - rief der Oberstleutnant. “Heil Hitler. Sie wollten mich sehen Herr Oberstleutnant”? “Heil Hitler. Ja, in der Tat. Unsere Feldpost ist endlich aufgetaucht Herold. Hing auf einem Versorgungslaster in den Ardennen fest. Ist das zu fassen? Naja, wie dem auch sei, Sie haben Post”. “Von wem Herr Oberstleutnant”? “Ich bin nicht ihre Gouvernante Stabsfeldwebel Herold. Lesen Sie selbst”. “Jawohl Herr Oberstleutnant”.

 

Oberstleutnant Staudigel übergab Casper die aufgefundene Post. Und er staunte nicht schlecht. Es war nicht nur ein Brief. Nein, es waren sechs Briefe. Die ersten fünf stammen von ein und derselben Person. Seinem Vater Gunther. Nur der letzte, der sechste, war von seiner Mutter Marianne. Nachdem sich Casper seine Briefe abgeholt hatte verschwand er auf die Stube um die Briefe ganz in Ruhe zu lesen.

 

Der erste Brief war vom 19. Februar 1940. Der letzte vom 20. Mai. Casper brannte darauf zu erfahren wie es zu hause lief. Wie man wohl in der Heimat den Krieg verfolgte, den großen Sieg über Frankreich? Und was gibt es neues in Löwenstein, was gibt es wohl neues im elterlichen Unternehmen? Casper war ganz aufgeregt. Der erste Brief seines Vaters war gar fünf Seiten lang.

 

Löwenstein, 19. Februar 1940:

 

“Mein lieber Sohn,   

seit Wochen habe ich nichts mehr von dir gehört. Funk und Zeitungen berichten uns von euren glorreichen Siegen. Die Wochenschau in unserer Heimat überschlägt sich mit Lobeshymnen und Siegesreigen. Sie sagen Frankreich wird bald fallen…..

 

…..doch ich schreibe dir nun auch voller Besorgnis. Die hiesigen Behörden haben uns Aufgetragen nun mehr unseren alltäglichen Betrieb aufzugeben. Alle produzierende Unternehmen werden dazu angehalten ihre Produktion auf Kriegs Waren umzustellen. Die Gauleitung teilte uns mit das wir ab April Patronen und Schusswaffen herzustellen haben.

 

Du weißt das ich diesen Krieg unterstützt habe. Doch hatte ich nie im Sinn Werkzeuge zu schaffen die anderen Menschen das Leben kosten. Was soll ich unserem Herrgott sagen wenn er mich eines Tages fragt wie viel Reichsmark mein Gewissen wert war?

 

Casper ist von den Zeilen seines Vaters beunruhigt. Der elterliche Betrieb wurde aufgefordert sich mit seinem Knowhow und seinen Ressourcen an der Rüstung für das Reich zu beteiligen. Dies ist ein sehr lukratives Geschäft, doch wiegt die moralische Bürde schwer für Menschen die ein Gewissen haben. Gunther Herolds erster Brief dreht sich ausschließlich um die Rüstungsanweisung. Und Casper möchte unbedingt wissen was im zweiten Brief steht.

 

Löwenstein, 04.März 1940:

 

“Mein lieber Sohn. Ich hoffe dir geht es gut. Und das mein letzter Brief dich erreicht hat. Ich habe der Gauleitung mitgeteilt das wir uns nicht an der Rüstung beteiligen werden. In einem Brief des Wirtschaftsministeriums wurde uns daraufhin mitgeteilt, das die Anweisung der Gauleitung keine Bitte war.

 

Dein Onkel Walter wurde von der Gestapo in Gewahrsam genommen und von der Gauleitung verhört. Seit seiner Rückkehr ist er wie ausgewechselt. Tag und Nacht versucht er mich von der Notwendigkeit zu überzeugen der Gauleitung gegenüber einzulenken. Er scheint ein ganz anderer Mann zu sein. Vielleicht hat mein Bruder Walter Recht. Doch möchte ich nicht Kugeln herstellen die Menschen töten. Ich möchte kein Blut an den Händen haben. Weder deutsches noch französisches.

 

Gunther Herolds zweiter Brief ist deutlich kürzer. Darin beschreibt er wie die Regierungsvertreter Druck auf ihn und seinen Betrieb ausüben. Während sich Gunther Herold gegen die Rüstung sträubt, ist sein Bruder Walter weit aufgeschlossener. Casper macht sich ebenso wie sein Vater große Sorgen über diese Entwicklung.

 

Über diese können nur die anderen Briefe letzten Endes Aufschluss geben. Doch bevor Casper damit beginnen kann den dritten Brief zu lesen, ertönen die Alarmglocken. Die Männer machen sich bereit zum Gefecht, Soldaten rennen durch die Flure. Es ist kein heilloses Durcheinander. Jeder Soldat kennt seine Aufgabe genau und weiß was er zu tun hat.

 

Als Casper mit einer Truppe anderer Soldaten auf gepanzerten Wagen in die Stadt fährt versuchen sich die Männer zu informieren. “Was ist los Oberstabsfeldwebel” fragt einer von ihnen ihren Vorgesetzten. “Unruhen in der Innenstadt Männer. Wir sorgen für Ordnung”. Die Soldaten starren sich mit ernsten Mienen in die Augen. Niemand von ihnen hat Lust ihr Leben erneut zu riskieren. Oder andere Menschen zu töten. Die Stimmung ist angespannt, denn die Männer wissen das sie heute Nacht sterben können. Doch noch bevor die Männer ihren Einsatzort erreichen, werden sie in die Kaserne zurückbeordert.

 

Die Soldaten in der Stadt haben eine Straßensperre errichtet. Sie unterrichten den Oberstabsfeldwebel über das aktuelle Geschehen. “Die Lage sei bereits wieder unter Kontrolle heißt es”. Doch Casper ist sich da nicht sicher. Während die Anspannung aus den Gesichtern der anderen Soldaten weicht, steigt Caspers Besorgnis. Immer wieder sind Schüsse zu hören. Jedoch scheint es kein Gefecht zu sein. Keine wilde Schießerei. Es sind immer wieder gleichmäßige, einzelne, oder gebündelte Schüsse.

 

Einzelne Schrei schneiden sich ihren Weg durch die Nacht. Verunsichert und fragend blicken sich die Soldaten an. Die Nacht scheint ruhig zu sein, so friedlich und schön. Die Sterne leuchten hell über Paris als der Panzerwagen über die Champs-Élyssee zurück Richtung Kaserne fährt. Nur die Gewehrschüsse passen nicht in das harmonische Bild.

 

Mittlerweile ist es stockdunkel als die Männer in die Kaserne zurückkehren. Noch weiß niemand was genau in der Stadt passiert ist. Es gibt Gerüchte, doch die Informationen müssen deswegen noch lange nicht stimmen. Die Stimmung im dunklen, engen Bau der alten Nervenheilanstalt ist beklemmend. Schreie sind zu hören. Es herrscht Hochbetrieb im Lazarett. Auf dem Flur kommt Arnulf Casper entgegen. Arnulf ist blutverschmiert, von oben bis unten ist er übersät mit Blutflecken und Resten von menschlichen Gedärmen.

 

“Arnulf, was ist passiert”!? “Diese Hurensöhne haben uns Angegriffen! Diese feigen Franzosen”! “Wer hat euch Angegriffen”? “Milizen, was weiß ich. Keine regulären Truppen”. “Was ist genau passiert Arnulf”? “Wir waren im Haus D´Amour. Zusammen mit vier anderen Kameraden. Sie kamen durch den Hintereingang. Es war die Hölle. Zuerst explodierte eine Granate in einem der Zimmer. Dann stürmten bewaffnete Männer herein. Es war ein Gemetzel”. “Wie viele Opfer gibt es”?

 

Arnulf hört Caspers Frage kaum. Seine Ohren sind fast taub durch den Lärm der Kämpfe. Und er kann seine Gedanken kaum ordnen. Zu präsent sind die Bilder der sterbenden Kameraden und unschuldigen Zivilisten vor seinem geistigen Auge. “Drei Kameraden, fünf oder sechs der Mädchen und zwei Franzosen”. “Dann habt ihr sie erwischt”? “Ja, zwei von ihnen. Aber es waren wohl mehr”. “Wo ist Hajo? Hat es ihn erwischt”? “Hajo, Hajo ist auf der Krankenstation glaube ich. Es geht ihm nicht gut”.

 

Casper legt Arnulf die Hand auf die Schulter. “Ruh dich aus. Mehr können wir heute nicht tun”. “Die Kameraden haben es schon erledigt”. Casper blickt Arnulf viel fragend an als er sich erschöpft zur Ruhe legt. Und die Soldaten auf den Fluren und in den Zimmern tratschen über die heutige Nacht. Wie immer gibt es viele Gerüchte, Halbwahrheiten und Geschichten. Was davon stimmt oder nicht, lässt sich nur schwer feststellen. Doch das ist heute nicht von Belang für Casper. Er möchte nach Hajo sehen und schreitet schnurstracks zu den Verletzten.

 

Kaum ist er im Lazarett angekommen überkommt ihn ein grausiger Schauer. Er sieht die blutverschmierten Körper seiner Kameraden. Nicht alle von ihnen stammen aus dieser Kaserne. Doch waren es keine drei Opfer wie Arnulf berichtet hatte, sondern acht. Gut die Hälfte von ihnen war tot, oder kurz davor es zu sein. Casper packte eine der emsigen Krankenschwestern am  Arm. “Ich suche Hans-Joachim Keller. Wo ist er”? “Liegt ganz hinten links. Und jetzt lassen Sie mich in Ruhe Soldat”. Die junge Frau reißt sich los um weiter ihrer Arbeit nachzugehen und die Ärzte zu unterstützen die Versuchen den übrigen Männern das Leben zu retten.  

 

Schreie voll Schmerzen und Leid erfüllen den großen Raum. Es herrscht eine gespenstige Atmosphäre. Und obwohl es eine warme Sommernacht ist, kommt es Casper vor als wäre es eiskalt. Mit langsamen und bedächtigen Schritten nähert er sich dem Bett hinten links. Der Mann auf dem schmalen Metallbett bewegt sich keinen Millimeter. Casper Herold blickt in das Gesicht eines zerfetzten Kadavers, oder zumindest was davon übrig ist. Das es sich dabei wirklich um Hans-Joachim handelt verrät ihm nur die Armbanduhr die an der angebrannten Leiche hängt.

 

Casper betrachtet seinen Kameraden von oben bis unten, in all seinen Facetten. Er blickt auf die Überreste seines Freundes und begreift was es bedeutet Krieg zu führen. Immer wieder musste er an die geschmiedeten Pläne denken von denen Hajo ihm erzählt hatte. Und während er in Erinnerungen schwelgte roch er das angebrannte, tote Fleisch vor ihm und das geronnene, kalte Blut. Und Casper wusste das der Tod höchstpersönlich zugegen war um die Seelen seiner Kameraden mit seinen eiskalten Händen zu packen und in die Dunkelheit zu reißen.

 

Ihm wurde bewusst das es nicht ehrenvoll ist in Stücke gerissen zu werden. Glanz und Gloria, Ruhm und Ehre. Casper hatte nun ein Bild davon. Und dieses Bild hatte nichts mit dem zu tun was ihm das Reich versprochen hatte.

 

Als am nächsten Morgen die Sonne aufging wies nichts auf die Grausamkeiten der gestrigen Nacht hin. Casper blickte in den Himmel und es war als wäre es der Welt egal. Als hätte es das Blutvergießen in der Nacht nicht gegeben. Die Welt drehte sich weiter ohne inne zu halten. Nur die offizielle Erklärung von Oberstleutnant Staudigel am Morgen zeugten vom gestrigen Geschehen. Er teilte den Männern mit das bei einem hinterhältigen Angriff in der Stadt mindestens acht Kameraden ums Leben kamen und weitere sechs verwundet wurden.

 

Die Wehrmacht übte noch in derselben Nacht Vergeltung. Der befehlshabende Einsatzleiter, Major König, ließ 50 Zivilisten aus ihren Häusern und Betten zerren. Ohne Reue und ohne zu zögern ließ der Major 50 unschuldige Menschen exekutieren. Männer, Frauen und Kinder. Die Vergeltungsmaßnahmen der Wehrmacht hatten nur zwei Anforderungen zu erfüllen. Sie sollten unmittelbar und grausam sein. Niemand sollte es wagen derartige Anschläge zu wiederholen.

 

Casper wusste noch lange nicht alles über den Krieg. Über das Blutvergießen. Über die Sinnhaftigkeit von Leben, Tod und dem Sterben. Doch Casper wusste eines ganz sicher. Der Tod dieser Menschen würde seinen Kumpel Hajo nicht mehr lebendig machen.

Kapitel 03 - Die Arme des Todes

Nach einer mehr als unruhigen Nacht wacht Casper Herold bereits sehr früh auf. Noch früher als der eigentliche Appell es verlangt. Er schreibt in den frühen Morgenstunden in sein Tagebuch das er seit Kriegsbeginn führt.

 

“Eintrag vom 27.06.1940: Heute ist Donnerstag. Die Männer nennen ihn den schwarzen Donnerstag. Der Tag an dem wir unsere Kameraden beerdigen. Acht unserer Kameraden fielen am Dienstag dem 25.06.1940 einem feigen Anschlag in der Innenstadt zum Opfer.

 

Während eines Besuches in einem ansässigen Amüsierbetrieb wurden unsere Soldaten von Handgranaten und Maschinengewehren überrascht. Ein feiger Anschlag französischer Einzelkämpfer. Mein Freund Hans-Joachim aus Mühlenbeck bei Köln, kam dabei ums Leben. Ich vermisse seine Fröhlichkeit und Unbekümmertheit.

 

Es ist wahrlich ein schwarzer Freitag. Die Wolken hängen tief, bereit Tränen voll Trauer vom Himmel fallen zu lassen. Major König berichtete uns von der Vergeltung unserer Truppen für gefallenen Kameraden. 50 Franzosen wurden standrechtlich im Namen unseres Führers exekutiert. Zum Wohle des deutschen Reiches wie uns der Major versichert hatte.

 

Doch ich verstand seine Worte nicht. Wem nützte all dieses Blut”?

 

Nur wenige Minuten nachdem das Frühstück vorüber war, ertönten die Glocken der kleinen Kapelle in der alten Nervenheilanstalt. Sie riefen zum Gottesdienst auf. Und so versammelten sich die Männer aus Caspers Regiment um den gefallenen Soldaten die letzte Ehre zu erweisen. Der anwesende, katholische Pfarrer der die Predigt hielt sprach von Heldentum. Von Aufopferung. Von der Liebe für Gott, Reich und Führer.

 

Casper wollte nicht verstehen inwieweit die Predigt des Pfarrers und die großen Heldentaten die er ansprach wichtig für die Toten waren. Casper konnte nur daran denken das es seinem Freund Hajo nicht vergönnt war sein Leben zu leben. Er würde nie die Frau zum Tanzen auffordern von der er Casper erzählte. Er würde nie den Bauernhof seines Vaters übernehmen so wie seine Familie es geplant hatte. Und er würde nie das Glück erfahren Vater zu sein. Aber dafür stand er in der Gunst des Reiches das seinen Namen als graue, verblassende Zeile in einem Buch über gefallene und vergessene Soldaten führen würde.

 

Der Gottesdienst vermochte es nicht Casper zu trösten.

---ENDE DER LESEPROBE---