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Mit Yoga Healing wieder ins innere Gleichgewicht finden. Nichts hilft besser gegen emotionale Belastungen als Yoga. Denn wenn sich der Körper entspannt, kommt auch die Seele wieder in Balance. Mit Yoga nimmt man sich selbst und die eigenen Bedürfnisse besser wahr. Yoga senkt die Stresshormone und erleichtert es, schwierige oder belastende Situationen zu meistern. - Yoga gegen innere Krisen: Ayurvedische Psychologie trifft Psychotherapie. - Yoga-Flows reduzieren Ängste und Depressionen und stabilisieren Ihre Psyche. - Schnelle Anti-Stress-Hilfe durch Mudras, Mantras und Meditationen.
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Seitenzahl: 286
Christiane Wolff, Annabelle Starck
1. Auflage 2018
130 Abbildungen
Yoga wird immer populärer und beliebter. Es ist unbestritten: Eine regelmäßige Yoga-Praxis wirkt in vielfältiger Weise auf den Körper. Die Muskeln werden gestärkt, die Beweglichkeit verbessert. Ein intensives Körpererleben schult unser Bewusstsein für Aufrichtung, Haltung und Körperbalance. Seit einigen Jahren wird viel über diese körperliche Seite des Yoga diskutiert und die traditionell praktizierten Yoga-Haltungen werden wissenschaftlich hinterfragt und modifiziert. Dabei haben die neuen Erkenntnisse aus dem Westen, aus Anatomie, Faszienforschung und Biomechanik ihren Weg in das bewegte Yoga gefunden. Und das hat den heutigen Übungsweg des Yoga verändert.
Yoga-Übende und -Lehrende erleben aber ebenso die ausgleichenden Wirkungen auf Geist und Seele. Yoga entspannt, wirkt ausgleichend und beruhigend. Deshalb erscheint es uns in Zeiten, in denen Stress, Erschöpfung, Depression und andere mentale Dysbalancen zunehmen, sehr wichtig, die Wirkungen des Yoga auch auf diesen Ebenen genauer zu verstehen. Wie und unter welchen Umständen wirkt Yoga auf den Geist? Kann diese ganzheitliche Methode heilen?
Wir vertreten die Auffassung, dass Yoga eng mit Psychologie verbunden ist. Er ist ein spirituelles Konzept für die entscheidenden Fragen des Lebens. Die alten Yogis haben einen Weg entwickelt, um mit Emotionen, Verhaltensweisen und Konflikten besser umzugehen. Wir zeigen Ihnen, wie Ihnen diese spirituelle Lehre helfen kann, Stress und Belastungen in unserem Alltag abzufedern.
Yoga macht Mut, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen und Stolpersteine zu erkennen und zu beseitigen. Wir laden Sie dazu ein, diese geistig-seelische Ebene aus Sicht der westlichen und der ayurvedischen Psychologie kennenzulernen und für sich nutzbar zu machen.
In meinem langjährigen Yoga-Unterricht konnte ich immer wieder erfahren, dass Menschen mit dem Yoga aus einer Sehnsucht nach Veränderung beginnen. Yoga ist ein wertvoller Weg, Gefühle wertfrei anzunehmen, und wirkt wie ein Wegweiser, mit ihnen angemessen umzugehen. Annehmen, reflektieren und angemessen reagieren – diese Verhaltensweisen schulen uns, in der Ruhe sich selbst zu begegnen. Dennoch ist Yoga keine Therapie und Yogalehrende sind keine Therapeuten. Aber das Vernetzen von Therapie und Yoga schenkt immer mehr Menschen den Mut, den Weg der Veränderung zu gehen. Eine regelmäßige Yoga-Praxis ermöglicht es uns, heilende Strategien für uns selbst zu entwickeln und uns Verletzendem, Betäubendem oder Zerstörendem zu entziehen.
Als Psychologin habe ich immer wieder die enge Verbindung von Körper und Geist beobachten können und staunend erlebt, wie intensiv und vielfältig sich unsere psychische Verfassung auf unseren Körper auswirken kann. Gleichzeitig konnte ich bei vielen Patienten auch andersherum miterleben, wie hilfreich körperbezogene Therapien sich auf die Psyche auswirken können. Meine eigene Yoga-Praxis ließ mich die Wirkungen auf Körper und Geist auch ganz persönlich erleben.
Um die Wirkungen des Yoga noch besser zu verstehen, haben wir seit einigen Jahren gemeinsam die Art der Unterrichtsgestaltung, die Wirkung von Sprache, Stille und Bewegung des Yoga genauer hinsichtlich ihrer Wirkungen auf die Psyche hinterfragt und daraus ein Konzept zur Yogalehrer-Fortbildung und zum persönlichen Üben entwickelt. Voller Dankbarkeit und Freude teilen wir mit Ihnen unsere Erfahrungen.
Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen und Üben.
Christiane Wolff und Annabelle Starck
▶ Apānasana – die PäckchenHaltung
▶ Dolāsana – die Wiege
▶ Parivrtta Dolāsana – gedrehte Wiege
▶ Supta Konāsana – liegende Winkelhaltung
▶ Vīrabhadrāsana – kniender Held
▶ Parighāsana – das Tor
▶ Ganesha – Beseitiger aller Hindernisse
▶ Vīrabhadrāsana – der Held
▶ Samasthiti – Achtsamkeit im Aufrichten
▶ Talāsana – die Palme
▶ Pranāma – achtsame Verneigung
▶ Vīrabhadrāsana III – der Held
▶ Der persönliche Schwung
▶ Mūla-Parivrtta – Basis-Drehung
▶ Parivrtta Mārjariāsana – die gedrehte Katze
▶ Bhujańgāsana – die Kobra
▶ Vajrāsana – der mutige Sitz
▶ Caturaňga Daņdāsana – kraftvolle Planke
▶ Parivrtta Dhāvakāsana – der gedrehte Läufer
▶ Natarāja – tanzender Shiva
▶ Ardha Dhāvakāsana – kniender Läufer
▶ Ganesha – die Basis des Elefantengottes
▶ Ganesha – der motivierende Elefantengott
▶ Skandāsana – seitlicher Ausfallschritt
▶ Mālāsana – die indische Hocke
▶ Ãyata Pakșa – die Flügel weiten
▶ Uttānāsana – stehende Vorbeuge
▶ Bāhya Kumbhaka – Atempause in der Leere
▶ Utkatāsana – kraftvolle Haltung
▶ Ardha Chandrāsana – die Halbmondsichel
▶ Nāvāsana – das Boot
▶ Paścimottanāsana – die sitzende Vorbeuge
▶ Vīrabhadrāsana II – der Held II
▶ Asyatabhujāsana – Haltung zum Weiten der Schultern
▶ Utthita Trikonāsana – das gestreckte Dreieck
▶ Parivrtta Baddha Dhāvakasana – gedrehter, gebundener Läufer
▶ Gomukhāsana und Garudāsana – Kuhmaulsitz und Adlerarme
▶ Mārjariāsana – die Katze
▶ Bhakāsana – die Krähe
▶ Garudāsana – der Adler
▶ Talāsana – der Stern
▶ Supta Parivrtta – liegende Drehung
▶ Setubandhāsana – die Schulterbrücke
▶ Dhanurāsana – der Bogen
▶ Balāsana – die Kindeshaltung
▶ Ușțrāsana – das Kamel
▶ Sahajā Parivrtta – natürliche Drehung
▶ Utthita Parvatāsana – der gestreckte Berg
▶ Sich umarmend – in das Loslassen schwingen
▶ Die Fülle – des eigenen Lebens erfahren
▶ Sich der Fülle zuwenden
▶ Vertrauen wachsen lassen
▶ In Licht baden
▶ Vrksāsana – der Baum
▶ Den Nacken weiten
▶ Die Beine weiten
▶ Chandra Bhedana – die Mondatmung
▶ Ujjāyī − der klingende Atem
▶ Kraftatmung
▶ Sonnenatmen
▶ Kapālabhātī − das Schädelleuchten
▶ Atem und Bewegung synchronisieren
▶ Herzraumatmung
▶ Kriya – Atmung
Heilen mit Yoga
Die Seele stärken bei Burnout, Depression und Ängsten
Liebe Leserin, lieber Leser,
Die Asanas
▶ Ich finde keinen Schlaf
▶ Ich bin nicht gut drauf
▶ Ich habe so viele Ängste
▶ Ich fühle mich überfordert
▶ Ich fühle mich energielos
▶ Ich bin ständig aufgeregt
▶ Ich kann Gedanken nicht stoppen
▶ Ich kann mich nicht konzentrieren
▶ Ich kann mich nicht spüren
▶ Meine Gedanken sind immer dunkel
▶ Die Atemübungen
Teil I Ayurveda & Psychologie – die Seele lesen
1 Ayurveda – leben in Balance
1.1 Die individuelle Konstitution
1.1.1 Doşa-Typen
1.2 In Balance sein
1.2.1 Die Natur der Doşas ausgleichen
1.3 Yoga – ein Pfeiler des Ayurveda
1.4 Wie Yoga der Psyche helfen kann
2 Die Psyche – zwei Blickwinkel
2.1 Das psychodynamische Modell
2.2 Unsere seelische Programmierung
2.2.1 Unsere innere Programmierung ist wie ein Flusslauf
2.2.2 Die psychische Programmierung sollte anpassungsfähig sein
2.3 Die Psyche aus ayurvedischer Sicht
2.3.1 Der Teil des Göttlichen in uns
2.3.2 Der innere Geist
2.3.3 Der mittlere Geist
2.3.4 Der äußere Geist
2.3.5 Das Ziel der ayurvedischen Psychologie
2.3.6 Die geistigen Prinzipien
2.3.7 Das Zusammenspiel von Doşas und Gunas
3 Depressionen verstehen
3.1 Was sind Depressionen?
3.2 Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?
3.3 Wie Yoga wirkt
3.3.1 Aktive Meditation stärkt
3.3.2 Bewusste Atmung und Bewegung verbessern die Stimmung
3.4 Die passende Yoga-Praxis
4 Ängste verstehen
4.1 Was ist eine Angststörung?
4.2 Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?
4.3 Die passende Yoga-Praxis
4.3.1 Die beruhigende Kraft des Atems erfahren
4.3.2 Atem und Bewegung verbinden
4.3.3 Meditation in Bewegung
5 Atem und Geist
5.1 Langhana: die verlängerte Ausatmung
5.2 Bauchatmung erfahren
6 Belastungen durch Trauma verstehen
6.1 Was ist eine PTBS?
6.2 Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?
6.3 Wie Yoga wirkt
6.4 Die passende Yoga-Praxis
7 Burnout verstehen
7.1 Was ist ein Burnout?
7.2 Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?
7.3 Wie Yoga wirkt
7.3.1 Einfluss auf Stress und Stresshormone
7.3.2 Einfluss auf das Herz
7.3.3 Schutzschild gegen chronischen Stress
7.4 Die passende Yoga-Praxis
7.4.1 Die Innensicht vertiefen
7.4.2 Die Achtsamkeit schulen – Automatismen abbauen
7.4.3 Gestresstes Fasziengewebe ausgleichen
8 Wie Sie mit diesem Buch üben können
Teil II YogaSeele & Körper stärken
9 Ich finde keinen Schlaf
9.1 Was passiert in mir?
9.1.1 Es gelingt Ihnen nicht, abzuschalten
9.2 Klarer Rhythmus und Rituale
9.3 Hilfen aus dem Yoga und Ayurveda
10 Ich bin nicht gut drauf
10.1 Was passiert in mir?
10.1.1 Ich kann mich nicht mehr richtig freuen
10.2 Der Negativspirale entkommen
10.3 Hilfen aus dem Yoga und Ayurveda
10.3.1 Im natürlichen Rhythmus schwingen
11 Ich habe so viele Ängste
11.1 Was passiert in mir?
11.1.1 Die Ursache der Angst ist oft verdeckt
11.2 Sich der Angst bewusst stellen
11.3 Hilfen aus dem Yoga und Ayurveda
11.3.1 Die Kunst der achtsamen Wahrnehmung
12 Ich fühle mich überfordert
12.1 Was passiert in mir?
12.1.1 Ein Versuch, den Selbstwert zu stabilisieren
12.2 Die eigenen Grenzen akzeptieren lernen
12.3 Hilfen aus dem Yoga und Ayurveda
12.3.1 Im Einklang mit dem eigenen Potenzial
13 Ich fühle mich energielos
13.1 Was passiert in mir?
13.1.1 Uns gelingt es nicht, Bedürfnisse ausreichend zuzulassen
13.2 Sich auch etwas gönnen
13.3 Hilfen aus dem Yoga und Ayurveda
14 Ich bin ständig aufgeregt
14.1 Was passiert in mir?
14.1.1 Es gelingt nicht, uns selbst ausreichend zu vertrauen
14.2 Der Unruhe das Stoppschild zeigen
14.3 Hilfen aus dem Yoga und Ayurveda
14.3.1 Körperachtsamkeit
15 Ich kann Gedanken nicht stoppen
15.1 Was passiert in mir?
15.1.1 Wenn die immer gleichen Gedanken uns beherrschen
15.2 Feinfühlig werden für die eigenen Bedürfnisse
15.3 Hilfen aus dem Yoga und Ayurveda
16 Ich kann mich nicht konzentrieren
16.1 Was passiert in mir?
16.1.1 Das »Ich« ist geschwächt
16.2 Der Ablenkung auf den Grund gehen
16.3 Hilfen aus dem Yoga und Ayurveda
16.3.1 Die Bewegungen des Geistes unterscheiden lernen
17 Ich kann mich nicht spüren
17.1 Was passiert in mir?
17.1.1 Ein Schutzmechanismus bei Grenzüberschreitungen
17.2 Die Kontrolle wiedergewinnen
17.3 Hilfe aus dem Yoga und Ayurveda
17.3.1 Die Harmonie des Körpers zurückerlangen
18 Meine Gedanken sind immer dunkel
18.1 Was passiert in mir?
18.2 Den Verlust zulassen
18.3 Hilfen aus dem Yoga und Ayurveda
19 Service
19.1 Literatur
19.2 Adressen
19.3 Quellenverzeichnis
Autorenvorstellung
Sachverzeichnis
Impressum
1 Ayurveda – leben in Balance
2 Die Psyche – zwei Blickwinkel
3 Depressionen verstehen
4 Ängste verstehen
5 Atem und Geist
6 Belastungen durch Trauma verstehen
7 Burnout verstehen
8 Wie Sie mit diesem Buch üben können
Ayurveda ist eine komplexe Heilkunde auf der Basis einer ganzheitlichen und universellen Philosophie. Aus der Sicht dieser alten indischen Philosophie bedeutet Leben das Zusammenwirken von Körper, Geist, Seele und Umwelt. Ziel ist, den Menschen durch Lebensführung und Ernährung auf einen philosophischen und psychologischen Entwicklungsweg vorzubereiten. Das 3 500 Jahre alte, schriftlich überlieferte Gesundheitswissen Indiens beschreibt ein komplettes Lebenskonzept.
Ayurveda setzt auf die Eigenverantwortung des Menschen. So stand ursprünglich vor allem die Prävention im Vordergrund. Sie zielt darauf, den eigenen Körper, seine Belastbarkeit und die Regenerationskraft genau zu kennen. Die persönliche Lebensweise soll so gestaltet werden, dass der Körper leistungsfähig und der Geist klar ist.
Auf diese Weise erfahren Menschen, wie sie selbst etwas bewirken und Einfluss nehmen können. Das macht Ayurveda besonders für Menschen mit psychischen Problemen und unter Stress sinnvoll. Denn dabei leiden Betroffene häufig unter dem Gefühl, hilflos und ausgeliefert zu sein. Der Glaube an die eigene Stärke und die eigene Möglichkeit zur Einflussnahme sind häufig gering, hier ist Ayurveda eine ideale Möglichkeit für Veränderung.
Anatomie, Physiologie und Lebensverständnis basieren im Ayurveda auf der Lehre vom Mikro- und Makrokosmos. Diese werden als eine Einheit gesehen. Alles setzt sich aus den fünf Elementen Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther zusammen. Die Ausprägung und spezielle Zusammensetzung der Elemente bestimmen die jeweilige materielle (körperliche) oder feinstoffliche (geistig-emotionale) Manifestation. Die Zusammensetzung der Elemente beeinflusst die individuellen Strukturen unseres Körpers, seine Anfälligkeiten wie auch unsere psychischen Tendenzen.
Aus den fünf Elementen gehen drei Kräfte, die sogenannten Doşas, hervor: Vata aus Raum und Äther, Pitta aus Feuer und Wasser und Kapha aus Wasser und Erde. Diese drei Grundenergien sind dynamische Kräfte, die alle biologischen und psychischen Prozesse des Körpers, des Geistes und des Bewusstseins steuern. Vergleichbar mit dem Daumenabdruck hat jeder Mensch eine ganz individuelle Zusammensetzung dieser drei Energien, die seine Grundkonstitution ausmacht. Praktizieren wir einen Lebensstil, der unsere individuelle Doşa-Konstitution in Balance hält, sind wir auf dem Weg der Gesundheit.
Intensität, Übungsauswahl und Schwerpunkte der individuellen Yoga-Praxis haben einen direkten Einfluss auf die Balance der Doşas. So reduzieren Sie z. B. in unserer Yoga-Praxis im Kapitel ▶ »Ich finde keinen Schlaf« direkt spürbar das erhöhte Vata, das Sie nicht schlafen lässt. Gleichzeitig erfahren Sie beim Üben die beruhigenden Kapha-Energie, die Sie dann auch im Alltag umsetzen können.
Der Begriff Doşa steht im Ayurveda für eine dynamische, immaterielle Form. Auf ihnen fußt die Bestimmung der individuellen Konstitution, ein großer Teil der Physiologie, der Entstehungsweise von Krankheiten und die Therapie des Ayurveda. Im richtigen Gleichgewicht halten Doşas alle Körperfunktionen aufrecht. Die Ausprägung der verschiedenen Elemente bei der Geburt ist höchst unterschiedlich; sie bestimmen, mit welchen besonderen körperlichen und seelischen Stärken und Schwächen jeder Einzelne ausgestattet ist.
Vata Vata besteht aus den Elementen Luft und Raum und steht für die Lebensenergie. Dieses Prinzip reguliert alle körperlichen Aktivitäten und ist verantwortlich für Atmung, Nervensystem und Bewegung. Ein ausgeglichener Mensch mit stabilem Vata hat einen feinen Körperbau, liebt Bewegung gleichermaßen wie Kunst und Reisen. Sein schneller Geist hat viele kreative Ideen, Visionen, eine rasche Auffassungsgabe, ein gutes Kurzzeitgedächtnis und viel Flexibilität. Vata zeigt sich in großer Sensibilität und dem Sinn für das Schöne im Leben − aber immer voller Offenheit, Fantasie und Neugier, um stets Neues zu finden.
Pitta Pitta besteht aus Feuer und Wasser und steht für das Prinzip Aufspaltung und Energiefreisetzung. Verantwortlich für Stoffwechsel und Verdauung, gilt Pitta als die Energie der Erhitzung. Pitta-Typen sind sportlich und haben einen athletischen Körperbau. Sie haben Führungsqualitäten, weil ihre Aktivität und Begeisterung ansteckend wirken und sie gut organisieren können. Ihr Geist hat eine hohe Aufnahmefähigkeit, eine große Klarheit, ein tiefes Verständnis und eine große Lernfähigkeit. Sie nehmen mit ihrer feurigen Energie und ihrer Stärke für Struktur die Dinge in die Hand und setzen Ideen tatkräftig um.
Kapha Kapha setzt sich aus Erde und Wasser zusammen und verkörpert das Prinzip von Aufbau und Struktur – es gilt als formgebende Energie. Auf körperlicher Ebene ist Kapha verantwortlich für Stabilität und Gelenkigkeit. Ein Mensch mit ausgeglichenem Kapha ist ein Familienmensch, die Verkörperung von Liebe, Zufriedenheit und Ruhe. Hohe körperliche Stärke und Ausdauer zeichnen die erdige Qualität aus. Sie genießen große Wertschätzung aufgrund ihrer Zuverlässigkeit, der Fähigkeit zuzuhören, ihrer Hilfsbereitschaft und der stabilen Persönlichkeit.
Selten ist unsere Natur, die Prakriti, nur von einem Doşa durchzogen. Es gibt unzählige Zusammensetzungen. Häufig dominiert eine Qualität und ein oder zwei zeigen sich in schwächerer Form. Erfahrbar wird die persönliche Qualität oft erst, wenn es zu Verschiebungen in unserem inneren Wohlbefinden kommt. Wenn sich z. B. die luftige Vata-Qualität in einer aufgeregten Schmetterlingsenergie zeigt. Das Gedankenkarussell lässt sich nicht mehr stoppen. Aus den Fantasien werden Unruhe, Unsicherheit, Nervosität, Schlaflosigkeit oder auch Angst. Oder wenn die Löwenenergie des Pitta-Typen in Gereiztheit, Wut oder vielleicht sogar in Aggressivität umschlägt.
Die Folge eines übermächtigen Doşas sind körperliche und mentale Dysbalancen, die wiederum die Sinne einschränken. So entsteht eine Spirale aus belastenden mentalen und körperlichen Mustern sowie Verhaltensweisen. Über die Verbindung der Doşas zum Körper können die grobstofflichen Dysbalancen klar zugeordnet werden. Vata sitzt im Körper im Dickdarm, Lendenbereich, Kreuzbeinbereich, Oberschenkel, in den Sinnesorganen und Knochen. Mögliche Störungen aufgrund eines Übermaßes an Vata können trockene Haut, Schlafstörungen, Nervosität, Blähungen, Verstopfung oder Beschwerden des Bewegungsapparats sein. Pitta sitzt im Körper in Magen, Dünndarm, Blut und Lymphen und in der Bauchregion um den Nabel. Mögliche Störungen können Bluthochdruck, Entzündungen, Hautkrankheiten, Gastritis oder Migräne sein. Kapha sitzt im Körper im Brustraum, Rachen, Kopf, in den Gelenken und im oberen Magen. Übermäßiges Kapha kann zu schwerwiegenden Erkrankungen wie Diabetes oder Tumorbildungen führen, in leichten Fällen bewirkt Kapha Übergewicht, Antriebslosigkeit und Verschleimung im Kopf- und Brustbereich.
Neben der Erkenntnis der persönlichen Schwingung erfährt der Mensch durch den Ayurveda, dass er Teil der Natur ist. Auch grob- und feinstoffliche Einflüsse auf den Körper werden mittels der Doşas kategorisiert: Verhaltensweisen, Tages- und Jahreszeiten, Lebensphasen, Klima und Landschaften, emotionale und soziale Einflüsse. So herrscht beispielsweise im Herbst Vata vor, Winter und Frühlingsanfang verstärken Kapha, der Sommer wiederum Pitta. Ein Pitta-Typ mit hohem Hitze-Anteil sollte sich eher vor der Sonne schützen; die windige Vata-Konstitution wird eher empfindsam auf den Herbststurm reagieren.
Im tiefen inneren Wissen, in unserer Intuition, sind diese Zusammenhänge schon immer vorhanden. Oft wird in einer Ayurveda-Behandlung diese innere Weisheit wieder ins Bewusstsein geholt. Beispielsweise erinnern sich viele, dass sie schon als Kind dieses oder jenes vermieden haben oder nicht leiden konnten. Dieses Urwissen wird im Laufe des Lebens mit sozialen Konditionierungen und Erfahrungen überschrieben. So entfernen wir uns mehr und mehr von den Verhaltensweisen, die uns nähren und schützen.
Ein wichtiger Leitsatz des Ayurveda lautet: Am ersten Tag, an dem du mehr Energie verbrauchst, als du aufnimmst, beginnt Stress.
In einer ayurvedischen Therapie wird zunächst mit Ausleitungsverfahren gearbeitet, um die überhöhten Doşas auszugleichen. Heilmittel, Kräuter und Nahrungsmittel sollen ausgleichend wirken. Eine typgerechte Lebensweise und Ernährung können nachhaltig die Doşas stabilisieren.
Eine zwei bis drei Mal tägliche, ausgewählte Yoga-Praxis befreit den Körper von muskulären Verspannungen, blockierten Gelenken oder verklebtem Fasziengewebe. Atemübungen kurbeln den Energiestoffwechsel an. Indem die Ausatmung forciert und verlängert wird, wird umso mehr Kohlenstoffdioxid (CO2) ausgeschieden und der Säure-Basen-Haushalt in Balance gebracht. Meditation und Entspannung dienen der Reinigung des Geistes.
Pantañjali, der Verfasser des yogischen Leitfadens, hat auch die Grundlagenschriften des Ayurveda kommentiert. Yoga ist ein wichtiger Pfeiler der ayurvedischen Psychologie, denn Yoga ist ein Übungsweg, sich selbst zu begegnen und dem Leben ethische Inhalte zu geben. Asanas (Körperhaltungen), Kontemplation, Prānāyāma (Atemübungen) und Meditation gehören zur Praxis, um den Geist zu beruhigen, und damit zum Übungsweg der ayurvedischen Psychologie.
Während die Doşas eine ganzheitliche Sichtweise auf die körperliche und emotionale Ebene des Menschen sind, nutzt die ayurvedische Psychologie den Yoga als das heilende Konzept für den Geist. Die Leitfäden des Yoga sind als eine Wissenschaft des Geistes zu verstehen. In kurzen Versen, die sich wie Perlen aneinanderreihen, wird unser Geist beschrieben. Yoga ist eine Möglichkeit, sich selbst besser kennenzulernen und zu verstehen, warum wir immer wieder nach bestimmten Mustern reagieren oder uns selbst im Weg stehen.
Einzeln betrachtet sind diese Sätze sehr aufschlussreich und doch so kurz gefasst. Wir müssen sie interpretieren oder über sie meditieren, um die Botschaft an uns zu erkennen. Das Bild der Perle ist deshalb so aussagekräftig, weil jeder einzelne Vers für sich steht, aber erst gemeinsam ergeben alle Verse wie Perlen ein Schmuckstück. Jeder Mensch kann von einer anderen Perle angesprochen oder berührt werden, je nachdem, welches Thema ihn gerade beschäftigt oder welcher Zugang gerade der passende ist.
Die persönliche Doşa-Qualität zu erkennen ist eine wertvolle Hilfe, um Dysbalancen frühzeitig zu erspüren und auszugleichen. So lernen Sie Ihre persönlichen Vorlieben in den Yoga-Flows gut kennen. Sie genießen beispielsweise die Kraft und Dynamik und stellen fest, dass es für Sie eine größere Herausforderung ist, in die Ruhe zu kommen. So wird Ihnen der dynamische Flow aus dem Kapitel ▶ »Ich fühle mich energielos« gefallen und guttun. Nach der bewegten Yoga-Praxis gelingt vielleicht das ruhige Nachspüren für einige Zeit besser. Wundervoll: Sie sind sich nähergekommen und spüren, der Yoga hilft Ihnen, in der Balance zu bleiben. Spüren Sie dagegen zunehmend, dass Ihre bewegte Vata-Qualität Sie aus dem Gleichgewicht bringt, indem Sie sich beispielsweise nicht mehr konzentrieren können oder das Gedankenkarussell nicht stillsteht, dann können die ruhiger fließenden Sequenzen aus diesen Kapiteln » ▶ Ich kann mich nicht konzentrieren«, ▶ »Ich kann Gedanken nicht stoppen« ausgleichend wirken. Aber aus unserer Erfahrung ist jede Übungspraxis wirkungsvoll und ausgleichend, wenn es Ihnen gelingt, mit den Gedanken vollständig beim Atem und bei Ihrem Körper zu bleiben. Es spricht also alles dafür, jeden Flow und jede Yoga-Idee dieses Buches für sich auszuprobieren. Nehmen Sie sich vor allem Zeit für Ihre Praxis und bleiben Sie offen für die Erfahrungen, die sich während des Yogaübens und im Nachspüren entfalten.
Yoga für den Vata-Typ Der unruhige, vielleicht sogar ängstliche Geist der Menschen mit erhöhtem Vata erfährt Struktur über einen geregelten Tagesablauf und drei warme Mahlzeiten aus frischen Lebensmitteln, die das erhöhte Wind-Element beruhigen. Rohkost, Hülsenfrüchte und unregelmäßige Essenszeiten dagegen werden die Neigung zu Blähungen und Austrocknung eher unterstützen. Warmes Wasser und Kräutertee, regelmäßig über den Tag verteilt, wärmen den Körper stetig. Kreuzkümmel, Senfsamen, Zimt, Fenchel, Anis, Kardamom wirken beruhigend. Der »luftige« Mensch ist sensibel für Atmosphäre und schnelle Sinnesreize. Eine feinfühlige, aber gut strukturierte Yogapraxis, in der der Körper wieder spürbar geerdet und ausgerichtet wird und die den Geist mehr und mehr in die Stille führt, ist ein wertvoller Ausgleich.
Aber die Kraft von Luft und Äther kann auf emotionaler Ebene auch das Gefühl von Leere entstehen lassen. Bei den ständig neuen Ideen tauchen vielleicht die Fragen des Lebens auf. Die ayurvedische Psychologie und die Yoga-Philosophie bahnen hier eine neue Perspektive: die eigene Persönlichkeit mit ihrer Individualität anzuerkennen, aber über den Weg des Yoga zu erkennen, dass wir mehr sind als dieser Körper und die unterschiedlichen Alltagsrollen.
Yoga für den Pitta-Typ Die von Pitta geprägte Persönlichkeit lebt erlebnis- und leistungsorientiert – Attribute, die sicherlich unterstützend für ein erfolgreiches Leben sind. Aber ein Lebensstil mit viel Analytik, Dynamik und Präsenz kann auch zu selbst gemachtem Stress werden. Es ist der Kopfmensch, der alles erreicht und dennoch das Gefühl verspürt, nicht gut genug zu sein. Die Feuerkraft suggeriert stets, es gehe noch mehr. Diese innere Haltung treibt an, macht eventuell sauer, gegebenenfalls immer schneller, auf alle Fälle aber schnell erregbar. Wenn es mal nicht so läuft wie gewünscht, entsteht schnell Druck, der zur Explosion oder zum Ausbrennen führen kann. Oft sind Pitta-Kinder bereits anstrengend und fordernd. Dabei lernen sie schmerzlich, zurückzustecken und persönliche Bedürfnisse zu unterdrücken. Pitta-Menschen dürfen nicht aushungern. Sie brauchen mentale und grobstoffliche Nahrung, um sich selbst nah zu sein. Anregendes wie Kaffee, Alkohol und scharfes Essen, also jegliches Feuer, vertieft das Ungleichgewicht. Kühlend wirken grüne Smoothies, Koriander und Kurkuma, das zusätzlich Entzündungen reduziert.
Das Feuer kann in einer fordernden Yoga-Praxis ein Ventil finden. Auf der Yogamatte eigene Grenzen auszuloten ermöglicht, zur Ruhe zu kommen. Atemtechniken können das Feuer schnell spürbar beruhigen und die Hitze dämmen.
Die philosophischen Sichtweisen des Yoga lehren, dass es einen Wesenskern in uns gibt, der nichts beweisen muss, der unveränderlich, unverletzbar ist. In Berührung mit dieser Erfahrung lösen sich Selbstkritik und übertriebene Geschäftigkeit auf. Das Lebensfeuer gewinnt eine neue Tiefe.
Yoga für den Kapha-Typ Ein erhöhtes Kapha führt immer mehr in die Langsamkeit und die Trägheit, oft verbunden mit dem Versuch, sich glücklich zu essen. Eine Spirale aus Rückzug, Energiemangel und Kompensation führt mehr und mehr zu Antriebslosigkeit, Übergewicht, psychomentaler Schwere und Trauer. Das Zuviel an Erde führt zu Schläfrigkeit, zu Verdauungsbeschwerden, Taubheitsgefühl und immer weiter zum Verlust an Kraft und Widerstandsfähigkeit. Um das Feuer des Ausgleichs anzuregen, braucht es regelmäßige Essenszeiten ohne Zwischenmahlzeiten, scharfe Gewürze, eine Morgenroutine mit zwei Gläsern heißem Ingwertee und natürlich Bewegung. Tagsüber sollte regelmäßig heißes Wasser getrunken werden, was den Abbau von Stoffwechselrückständen anregt. Zu empfehlen ist leichtes, bekömmliches Essen mit scharfen, herben und bitteren Geschmacksrichtungen und nur bis unterhalb des Sättigungspunktes.
Eine sanfte, fließende Yogapraxis, die motiviert, sie regelmäßig zu wiederholen, schenkt neue Wertschätzung für den Körper. Anregende Atemtechniken fördern den Stoffwechsel und wecken die Lebensenergie. Gehmeditationen und Spaziergänge in der Natur fördern die Mobilität. Den Körper neu zu organisieren transformiert den Geist. Durch die Yoga-Philosophie kann die Sichtweise wachsen, dass die gerade erlebten Probleme nicht identisch mit der eigenen Persönlichkeit sind. Aus Sicht des Ayurveda und des Yoga ist alles miteinander verwoben und wir befinden uns in einer dynamischen Entwicklung. Das, was sich gerade zeigt, ist veränderbar. Wir können lernen, erfahren und umsetzen, was uns in der Entwicklung stärkt und förderlich ist.
Yoga wird als eine Form der komplementären Medizin gesehen. Es werden vielfältige Mechanismen vermutet, die die therapeutische Wirksamkeit von Yoga erklären können. Zahlreiche wissenschaftliche Studien beschäftigten sich mit der Wirkung von Yoga auf unterschiedliche körperliche und psychologische Variablen.
So zeigten sich positive, biochemische Effekte auf Blutdruck, Herzrate und auf die Aminogruppe Dopamin, Adrenalin und Noradrenalin, die vergleichbar mit den Effekten von kognitiver Verhaltenstherapie waren. ▶ [1] Eine Studie brachte den Nachweis, dass beispielsweise yogabasierte Entspannungstechniken wie die zyklische Meditation die Herzratenaktivität reduzieren können. ▶ [2] Hierbei werden wie in unserem Buch zunächst Einstiegsrituale, dann achtsame Yogahaltungen mit meditativen Elementen kombiniert.
Weitere Studien untersuchten die Wirkung von Yoga auf unser Hormonsystem, speziell auf unser neuroendokrines Stresssystem. Dieses System wird in Situationen, in denen wir Stress erleben, aktiviert und sorgt dafür, dass wir uns in einem Zustand erhöhter Wachsamkeit befinden. Das bedeutet, wir reagieren schneller auf weniger intensive Reize. Ist dieses langfristig aktiv, hat das jedoch weitreichende Konsequenzen wie Verhaltensprobleme oder gar psychische Erkrankungen. Yoga kann helfen, dieses Stresssystem herunterzufahren. Damit einhergehend wird auch das Level des Stresshormons Cortisol, das bei psychischem und physischem Stress ausgeschüttet wird, durch Yoga reduziert. ▶ [3]
Doch wie genau wirkt Yoga auf diese verschiedenen körperlichen und psychologischen Systeme? Die Effekte von Yoga scheinen zum großen Teil über das vegetative Nervensystem zu laufen. Das vegetative Nervensystem (oder auch autonome Nervensystem) ist jener Bestandteil unseres Nervensystems, der kaum bewusst kontrollierbar ist. Es steuert unsere Vitalfunktionen wie Atmung, Herzschlag und Blutdruck. Es lässt sich in den Parasympathikus, Sympathikus und das enterische Nervensystem (Darmnervensystem) unterteilen. Parasympathikus und Sympathikus arbeiten gegensätzlich. Während der Parasympathikus für die Steuerung der inneren Organe und verschiedener Wiederherstellungsprozesse aktiv ist, beispielsweise für die Verdauungsaktivität, nehmen dagegen Kreislauf und Atmung unter seiner Aktivität ab. Der Sympathikus ist für die nach außen gerichtete Handlungsfähigkeit zuständig und aktiviert Herz, Kreislauf und Atmung, während die Tätigkeit des Magen-Darm-Trakts vermindert wird. Meditative Prozesse verringern die Aktivität des Sympathikus und erhöhen gleichzeitig die Wirkung seines Gegenspielers, des Parasympathikus. Bei Personen, die regelmäßig meditieren, verschiebt sich das Gleichgewicht zwischen Sympathikus und Parasympathikus in Richtung Parasympathikus. ▶ [4]▶ [5] Zeitlich differenzierte Betrachtungen zeigen, dass während der Haltung von Yoga-Positionen die sympathische Aktivierung vorherrschend ist, im Anschluss an eine Meditation dann die parasympathische Aktivierung. ▶ [6] Spezielle Achtsamkeits- und Meditationsübungen haben außerdem einen eindeutig positiven Effekt auf Funktionen unseres Gehirns und unseres Immunsystems. So zeigt eine Studie, dass unser Wohlbefinden bereits durch ein achtwöchiges Training gesteigert werden kann, was sich physiologisch in einer größeren Aktivierung linksseitig gelegener vorderer Regionen unseres Gehirns abbildet. ▶ [7]
Stress, Müdigkeit, Vitalität und allgemeines Wohlbefinden scheinen sich durch Yoga verbessern zu lassen. ▶ [8] Möglicherweise steht das verbesserte Allgemeinbefinden in Zusammenhang mit hormonellen Einflüssen. Unsere Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit ist unter anderem dafür da, Nährstoffe und Hormone im Körper zu verteilen. Wenn nun beim Yoga Umkehrhaltungen durchgeführt werden, verändert sich die Fließrichtung dieser Flüssigkeit und die Zirkulation wird verbessert. Somit gelangen mehr Endorphine in unser Gehirn. Dabei handelt es sich um Hormone, die schmerzlindernd wirken und auch bei positiven Erlebnissen ausgeschüttet werden. ▶ [9] Ebenso zeigen Studien, dass eine längerfristige Yoga-Praxis die Schlafqualität verbessert. ▶ [10]
Wie erklären westliche und östliche Modelle die verschiedenen Geisteszustände in uns? In der westlichen Welt müssen wir uns stets beweisen oder vergleichen – selbst dann, wenn wir gerade etwas erfolgreich gemeistert haben. Häufig begleitet uns noch das Gefühl, wir hätten es noch besser machen können. Gleichzeitig leiden so viele Menschen unter mentalen Dysbalancen und psychischen Erkrankungen. Vielleicht öffnen sich deshalb so viele Menschen dem ganzheitlichen und spirituellen Ansatz des Ayurveda.
Wir wollen uns zunächst mit dem Modell der Psyche aus psychoanalytischer Perspektive beschäftigen.
Sigmund Freud, der Gründer der Psychoanalyse, teilte in seinem Werk »Die Traumdeutung« (1900) die Psyche in drei Systeme: das »Bewusste«, das »Vorbewusste« und das »Unbewusste«. Diese Anteile unterscheiden sich neben ihren unterschiedlichen Bewusstseinsgraden auch hinsichtlich ihrer Rolle in Konflikten.
Das Unbewusste ist »bewusstseinsunfähig«, es kann also auch willentlich nicht einfach ins Bewusstsein geholt werden. Hier befinden sich zum einen Inhalte, die uns noch nie bewusst waren, wie unsere Triebimpulse. Zum anderen finden sich verdrängte Inhalte, denn manche Dinge, die für unser Bewusstsein unerträglich wären und die wir nicht aushalten würden, werden von unserer Psyche ins Unbewusste verdrängt.
Das Vorbewusste dagegen kann im Gegensatz zum Unbewussten unter gewissen Umständen ins Bewusstsein gelangen. Das Vorbewusste steht sozusagen zwischen dem Bewusstsein und dem Unbewussten. Inhalte, die sich im Vorbewussten befinden, hat man zwar gerade nicht präsent; wenn man jedoch die Aufmerksamkeit darauf lenkt, kann man sich diese Inhalte bewusst machen.
Das Bewusste nimmt Informationen aus der Außenwelt sowie der eigenen Innenwelt wahr. Meist bleiben Inhalte jedoch nur kurzzeitig bewusst.
Freud hat später sein Modell erweitert und diesen Bewusstseinsebenen drei Instanzen zugeordnet: das Es, Ich und Über-Ich. Im Spannungsfeld dieser drei Ebenen entwickeln sich die Dynamik und die Konflikte unserer Psyche.
Das Es Das Es ist der unzugängliche Teil unserer Persönlichkeit. Es wird durch unsere Triebbedürfnisse mit Energie gefüllt und folgt dem Bestreben, diese zu verwirklichen.
Das Ich Das Ich ist die Region unserer Psyche, in der das Bewusstsein entsteht. Unser Bewusstsein ist für die Wahrnehmung zuständig und dabei sowohl für Erregungen von außen als auch für Erregungen von innen empfänglich. Es organisiert unsere gesamten psychischen Vorgänge und versucht, sie miteinander sinnvoll zu koordinieren. Allerdings ist das Ich dynamisch gesehen schwach, es erhält seine Energie vom Es, handelt in seinem Auftrag. Darum muss das Ich auch ein Stück weit die Absichten des Es durchführen.
Das Über-Ich Im Verlauf unserer Entwicklung bildet sich im Ich eine weitere Instanz, die sich dann vom Ich abtrennt, das sogenannte Über-Ich. Es orientiert sich an der Erziehung durch die Eltern sowie gesellschaftlichen Normen und Werten und stellt so eine verinnerlichte Außenwelt dar. Das Über-Ich hat eine gewisse Selbstständigkeit, eigene Absichten und ist in seinem Energiebesitz unabhängig vom Ich, es bezieht seine Energie auch aus den Idealen, die es übernommen hat. Seine Funktionen sind das Beobachten, Richten und Strafen. Beispielsweise in melancholischen Zuständen wird das Über-Ich überstreng, beschimpft, erniedrigt und misshandelt das Ich. Eine weitere Funktion des Über-Ichs ist das sogenannte Ich-Ideal. An diesem messen wir uns, streben ihm nach. Wenn wir das Ich-Ideal nicht erfüllen, kommt es zu Minderwertigkeitsgefühlen. Wir genügen dann unserem Über-Ich nicht.
Wir können uns die Funktionsweise unserer Psyche auch vereinfacht mit dem Bild eines Flusses in seinem Flussbett vorstellen.
Wie das Wasser in einem Fluss ganz automatisch das Flussbett entlangfließt, entscheiden und agieren wir im Laufe unseres Lebens auch verstärkt »automatisch«, ohne dass wir intensiv darüber nachdenken müssen. Wir handeln, denken und fühlen immer stärker geprägt von unseren vorherigen Erfahrungen. Das ist auch gut so, da es sonst sehr schwierig für uns wäre, den vielfältigen und häufig auch gleichzeitig auf uns einwirkenden Anforderungen unseres Lebens gerecht zu werden. Das bedeutet, es entwickelt sich im Laufe unseres Lebens so etwas wie eine psychische Programmierung. Nicht nur in unserem Gehirn, in dem wir abspeichern, wie man liest, schreibt und rechnet, sondern auch in unserer Psyche speichern sich Erfahrungen und Erlebtes ab. Die psychische Programmierung entsteht durch alle Erfahrungen, die wir in unserem Leben machen. Gemeint sind wirklich alle Erfahrungen, also auch die, die wir ganz früh in unserem Leben machen, bevor wir sprechen können. All das entscheidet darüber, wie unsere ganz individuelle Programmierung aussieht und diese Programmierung wiederum beeinflusst, wie wir denken, fühlen und uns verhalten.
Wir kennen es aus unserem Alltag, dass Menschen in vergleichbaren Situationen sehr unterschiedlich reagieren. Bekommen drei Kollegen die gleiche negative Rückmeldung vom Chef, wird ein Kollege vielleicht sehr verzweifelt reagieren, eine andere Kollegin wird sauer werden und einer dritten Kollegin macht es gar nichts aus. Solche Unterschiede können wir zumindest zum Teil durch Unterschiede in der psychischen Programmierung erklären. So hat der mit Verzweiflung reagierende Kollege vielleicht abgespeichert, dass andere ihn unterstützen, wenn er genau in dieser Stimmung ist, die andere Kollegin, dass sie sich mit Wut am besten durchsetzen kann, und die dritte Kollegin, dass es sowieso keinen Einfluss hat, was sie tut.
Unsere psychische Programmierung führt dazu, dass wir Gefühle und Denkweisen aus einer früheren Situation in einer aktuellen wieder genauso empfinden, obwohl die Gefühle gar nicht unbedingt passen oder zumindest in ihrem Ausmaß nicht angemessen sind. Unter Umständen verstehen wir gar nicht, warum wir gerade so denken oder fühlen, denn es läuft ja automatisch ab, ist durch unsere psychische Programmierung so vorherbestimmt. Diese Prozesse, die wir uns rational gar nicht wirklich erklären können, bezeichnen wir als unbewusst.
Den Prozess des Abspeicherns können wir uns anhand der Flussmetapher gut vorstellen. So ist das Abspeichern ähnlich einem Fluss, der sich immer tiefer in sein Flussbett gräbt. Jede weitere Erfahrung, die wir abspeichern, gibt unserer psychischen Struktur eine ganz bestimmte Richtung, wie das Wasser des Flusses die Beschaffenheit und den Verlauf des Flussbettes prägt. Wenn an einer engen Stelle das Wasser mit erhöhtem Druck fließt, wird dort das Flussbett immer tiefer und werden an dieser Stelle immer mehr Wassermassen fließen. Genauso wird die Art und Weise, zu denken, zu handeln und zu fühlen, die unsere psychische Programmierung häufig durchlebt und somit abspeichert, mit höherer Wahrscheinlichkeit wieder ablaufen. Und umso schwieriger wird es auch, auf eine andere Art und Weise zu denken, zu handeln oder zu fühlen.