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Die "Heilige Seelenlust" ist die größte Sammlung geistlicher Hirtenlieder des im 17. Jahrhundert lebenden Theologen.
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Seitenzahl: 241
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Heilige Seelenlust oder geistliche Hirtenlieder
Angelus Silesius
Inhalt:
Angelus Silesius – Biografie und Bibliografie
Heilige Seelenlust oder geistliche Hirtenlieder
Erstes Buch
Zweites Buch
Drittes Buch
Viertes Buch
Fünftes Buch
Heilige Seelenlust, A. Silesius
Jazzybee Verlag Jürgen Beck
Loschberg 9
86450 Altenmünster
ISBN: 9783849636258
www.jazzybee-verlag.de
Eigentlich Johann Scheffler, bekannter Mystiker und geistlicher Liederdichter, geb. 1624 in Breslau von protestantischen Eltern, gest. daselbst 9. Juli 1677 im Matthiasstift, studierte seit 1643 die Heilkunde in Straßburg, dann in Leiden und Padua, war 1649–52 Leibarzt des Herzogs von Öls, trat 1653 in Breslau zur katholischen Kirche über und wurde 1654 zum kaiserlichen Hofmedikus ernannt. 1661 trat er in den Minoritenorden, empfing die Priesterweihe und wurde 1664 Geistlicher Rat des Fürstbischofs in Breslau. Schefflers ursprüngliche Anlage zur Beschaulichkeit war durch das Studium der ältern mystischen Schriftsteller (von Tauler bis auf Jak. Böhme) sowie durch den Umgang mit dem Mystiker Abraham von Frankenberg mächtig gefördert und entwickelt worden. Die Mystik führte ihn zum Pantheismus, dieser zum Katholizismus. Sein erstes Hauptwerk, die »Geistreichen Sinn- und Schlußreime« (Wien 1657), in der folgenden Ausgabe betitelt »Cherubinischer Wandersmann« (Glatz 1675 u. ö.; Neudruck von Ellinger, Halle 1895, hrsg. von W. Bölsche, Jena 1905; Auswahl von O. E. Hartleben, 2. Aufl., Berl. 1904), enthält eine Sammlung meist zweizeiliger Sprüche in Alexandrinern, die einen tiefsinnigen mystischen Pantheismus atmen, daneben aber bereits eifrige Huldigungen für das katholische Dogma darbieten, die sich schwer mit dem übrigen Inhalt des Buches vereinigen lassen. In seinen geistlichen Liedern, gesammelt in »Heilige Seelenlust, oder geistliche Hirtenlieder der in ihren Jesum verliebten Psyche« (Bresl. 1657; Neudruck von Ellinger, Halle 1901), bildet die unaussprechliche Sehnsucht nach dem Heiland und Gott den Grundzug. Mehrere davon (z. B. »Mir nach, spricht Christus, unser Held«, »Liebe, die du mich zum Bilde«) sind in protestantische Gesangbücher übergegangen. Andre sind durch jenen spielenden, tändelnden Ton entstellt, zu denen das Vorbild der italienischen Lyrik viele deutsche Dichter des 17. Jahrh. verleitete. Beide Gedichtsammlungen haben sich bis auf die Gegenwart lebendig erhalten (wertvolle Vertonungen von Peter Cornelius); dagegen sind die zahlreichen Streitschriften des Dichters mit Recht vergessen. Eine Gesamtausgabe der poetischen Werke Schefflers lieferte Rosenthal (Regensb. 1862, 2 Bde.). Vgl. W. Schra- der, Angelus Silesius und seine Mystik (Halle 1853); Kahlert, Angelus Silesius (Bresl. 1853); F. Kern, Joh. Schefflers Cherubinischer Wandersmann (Leipz. 1866); Lindemann, Angelus Silesius, Bild eines Konvertiten, Dichters und Streittheologen (Freiburg 1876); Seltmann, Angelus Silesius und seine Mystik (Bresl. 1896); Kralik, Angelus Silesius und die christliche Mystik (Frankf. a. M. 1902).
1
Wie ein Turteltäubelein
In der Wüsten seufzt und girrt,
Wann es sich befindt allein
Und von seinem Lieb verirrt,
Also ächzet für und für,
Jesu, meine Seel nach dir.
2
Keine Stunde geht fürbei,
Daß ich nicht gedenk an dich
Oder ja ganz innig schrei,
Jesu, Jesu, denk an mich!
Ach wie lange soll ich doch
Dieses Elend bauen noch!
3
Eine Seele, die dich liebt,
Will sonst nichts als deinen Kuß,
Und drum bin ich so betrübt,
Daß ich den entbehren muß.
Ach, wie lange muß ich sein
Ein so armes Täubelein!
4
Meine Seel ist ja die Braut,
Die du dir hast selbst erkorn,
Die dein Vater dir vertraut
Und dein Geist hat neugeborn.
Ach, wie muß sie so allein
Und ohn ihren Bräutgam sein!
5
Ofte nennst du mich dein Kind,
Das dein Geist so zärtlich liebt
Und sich gerne bei ihm findt,
Wanns aus Liebe wird betrübt.
Und ich muß doch jetzo sein
Ein verlassnes Waiselein.
6
O, erscheine doch, mein Licht,
Deinem armen Käuchelein,
Weil ihm nichts als du gebricht
In dem finstern Leibeshain.
Ach Herr, laß es doch geschehn,
Daß ich dich mag bei mir sehn!
1
Ach, wann kommt die Zeit heran,
Daß ich werde schauen an
Meinen liebsten Jesum Christ,
Der mein Lieb und Leben ist?
2
Ach, wo bleibst du doch, mein Licht!
Komm doch fort und säum dich nicht,
Komm doch, weil mit großem Schmerz
Auf dich wart mein krankes Herz.
3
Kommst du nicht jetzt alsobald,
Meines Lebens Aufenthalt,
So vergeht vor Liebsbegier
Mein betrübter Geist in mir.
4
Allzeit weißt du, daß ich mich
Nicht erhalten kann ohn dich,
Weil du, liebster Jesu Christ,
Meines Lebens Leben bist.
5
Drum so komm doch bald zu mir
Und erfreue mich mit dir,
Schließ mich in die Arme ein,
Die für mich verwundet sein.
6
Reich mir deinen süßen Mund,
Tu mir deine Liebe kund,
Drück mich an die zarte Brust,
Die mir ewig schaffet Lust.
7
Also werd ich dort und hier
Fröhlich singen für und für,
Daß du, liebster Jesu Christ,
Meines Lebens Leben bist.
1
Jesu, komm doch selbst zu mir
Und verbleibe für und für.
Komm doch, werter Seelenfreund,
Liebster, den mein Herze meint.
2
Tausendmal begehr ich dich,
Weil sonst nichts vergnüget mich.
Tausendmal schrei ich zu dir:
Jesu, Jesu, komm zu mir.
3
Keine Lust ist auf der Welt,
Die mein Herz zufrieden stellt.
Dein, o Jesu, bei mir sein
Nenn ich meine Lust allein.
4
Aller Engel Glanz und Pracht
Und was ihnen Freude macht,
Ist mir, süßer Seelenkuß,
Ohne dich nichts als Verdruß.
5
Nimm nur alles von mir hin,
Ich verändre nicht den Sinn.
Du, o Jesu, mußt allein
Ewig meine Freude sein.
6
Keinem andren sag ich zu,
Daß ich ihm mein Herz auftu.
Dich alleine laß ich ein,
Dich alleine nenn ich mein.
7
Dich alleine, Gottes Sohn,
Heiß ich meine Kron und Lohn.
Du für mich verwundtes Lamm,
Bist allein mein Bräutigam.
8
O so komm denn, süßes Herz,
Und vermindre meinen Schmerz,
Denn ich schrei doch für und für,
Jesu, Jesu, komm zu mir.
9
Nun ich warte mit Geduld,
Bitte nur um diese Huld,
Daß du mir in Todespein
Wollst ein süßer Jesus sein.
1
O, wo bist du mein Leben,
Dem ich mich ergeben,
Deß ich will ganz leibeigen sein?
Wo soll ich mich wenden,
Mein Suchen zu enden?
Wo soll ich dich finden,
Erleuchter der Blinden,
Und spüren deinen Glanz und Schein?
2
Sag mir an, wo du weidest,
Die Mittagbrunst leidest,
Auf daß ich eilends zu dir geh,
Daß ich mit dir weide,
Mein einzige Freude,
Daß ich dich umfasse
Und nimmermehr lasse,
In Lieb und Leid steif bei dir steh.
3
Soll ich unter der Linden,
Mein Herze, dich finden,
Soll ich zum Apfelbaume gehn?
Die Büsch und die Wälder,
Die Wiesen und Felder
Mit sehnlichem Schnaufen
Durchsuchen, durchlaufen?
Soll ich mich geben auf die Höhn?
4
Sag mir, ob ich bei'n Flüssen
Soll deiner genießen,
Weil du der starke Liebstrom bist?
Sag, ob wir bei'n Flammen
Solln kommen zusammen,
Daß du mich durchglühest,
Mein Herze besiehest,
Obs lauter in dich schmelzt und fließt.
5
Nun ich will mich ausrüsten,
Durchwandern die Wüsten
Um dich, mein Turteltäubelein.
Ich will mich bemühen,
Sehr ferne zu ziehen,
Kein Ungemach achten,
Nur emsiglich trachten,
Wie daß ich möge bei dir sein.
6
Ja, ich will mich begeben,
Dir nach zu streben,
So lang ich Atem schöpfen kann.
Durch Dornen und Hecken,
Durch Stauden und Stecken,
In Höhlen und Grüften,
In Tälern und Klüften
Will ich mir machen eine Bahn.
7
O, begegne mir, Leben,
Dem ich mich ergeben,
Deß ich nunmehr ganz eigen bin!
Ach, ach, ich verschmachte,
Kein Labsal mehr achte,
Bis daß ich dich habe,
Du himmlischer Knabe,
Wo nicht, so nimm mein Leben hin.
8
O, du bist ja bei'n Schafen
Nicht etwan entschlafen
Und liegst in süßer Rast und Ruh.
O soll mirs gelingen,
Dich da zu umringen,
So will ich wohl wissen,
Inbrünstig zu küssen
Den Mund, dem ich jetzt rufe zu.
9
Wart, ich will auf die Höhen
Des Myrrhenbergs gehen,
Daß ich dich, Myrrhenbüschlein, find.
Und wenn ich dich funden,
Verwundt und gebunden,
So will ich dich legen,
Um deiner zu pflegen,
Wo meine beiden Brüste sind.
10
Oder liegst du im Grabe,
Weil ich noch nicht habe
Ein einzigs Wort gehört von dir?
Oder bist in der Krippen,
So rühre die Lippen,
Des Schalls mich gewähre,
Den ich so begehre,
O Jesu mein, gezweig es mir.
11
Ach mir Armen, Elenden,
An aller Welt Enden
Hab ich gesucht und find dich nicht!
Doch will ich zugehen
Auch noch nicht abstehen,
Jerusalem sehen,
Da wirds wohl geschehen,
Daß ich erblick dein Angesicht.
12
Ich will sprechen: Jungfrauen,
Sagt mir im Vertrauen,
Wo mein Geliebter sich aufhält?
Sagt mir doch geschwinde,
Wo ich ihn nun finde?
So werden sie eben
Die Antwort mir geben:
Auf Zion hat er sein Gezelt.
13
Alsdann will ich, mein Leben,
Dich hurtig umgeben
Und in meins Herzens Kammer führn.
Da will ich dich küssen
Und deiner genießen,
In seligen Freuden
Mich laben und weiden,
Bis du mich krönen wirst und ziern.
1
O Jesu, du verliebter Gott,
Wie läßt du mich so lang im Tod!
Ich seufz und sehne mich nach dir,
Wann kommst du denn einmal zu mir!
2
Die Kräfte alle nehmen ab,
Ich bin verschmacht und eil ins Grab.
Ich geh herum fast wie ein Schein
Vor übergroßer Liebespein.
3
Die ganze Welt wird sonst bespreit
Mit Phöbus Strahlen und erfreut.
Der Himmel träufelt seinen Tau
Auf manchen Acker, Feld und Au.
4
Der Regen tränkt das dürre Land
Und fället auch auf Staub und Sand.
Die kühlen Lüftlein sind gemein,
Wenn heiße Sommertage sein.
5
Nur ich muß ohne Labsal sein
In meiner großen Liebespein.
Ich lieb und werde nicht gewährt,
Was mein verliebtes Herz begehrt.
6
Wie manchen Tag und manche Nacht
Hab ich mit Seufzen zugebracht!
Wie lange wart ich schon, mein Licht,
Auf dich, du aber kommst noch nicht.
7
Ach, bleib doch nicht so lang und fern,
Mein Phöbus und mein Morgenstern.
Komm, strahl in meine Seel hinein,
Daß ich kann wieder fröhlich sein.
8
Du meines Herzens Silbertau,
Komm, fall herab auf dessen Au.
Du güldner Regen, meine Lust,
Komm, überschwemme diese Brust.
9
Ach, komm doch eilends und geschwind,
Mein Lüftlein und mein kühler Wind.
Komm und erquicke mich mit dir,
Denn ich bin matt und sterbe schier.
10
Nu, nu, du läßt mich noch allein!
Und muß es ja gestorben sein,
So wisse, daß ich dich, gleich viel,
Ob ich schon tot bin, lieben will.
1
Jesu, meine Freud und Lust,
Jesu, meine Speis und Kost,
Jesu, meine Süßigkeit,
Jesu, Trost in allem Leid,
Jesu, meiner Seelen Sonne,
Jesu, meines Geistes Wonne.
2
Jesu, meine Kron und Lohn,
Jesu, mein Genadenthron,
Jesu, meine Zuversicht,
Jesu, meiner Augen Licht,
Jesu, Leitstern meiner Sinnen,
Den sie müssen liebgewinnen.
3
Jesu, süßer Nektarfluß,
Jesu, trauter Liebeskuß,
Meine Hoffnung und mein Teil,
Mein Erretter und mein Heil,
Jesu, meine Himmelspforte,
Meine Hilf an allem Orte.
4
Mein Beschützer vor dem Feind,
Meine Zuflucht und mein Freund,
Meine Burg und mein Palast,
Mein geliebter Wirt und Gast,
Meine kühle Sommerhöhle,
Meine Liebe, meine Seele.
5
Jesu, meine Seligkeit
Und mein Glück in dieser Zeit,
Mein gewünschtes Paradeis,
Meines Sieges Ruhm und Preis,
Mein Triumph, mein Freudenleben,
Meine Krönung, mein Erheben.
6
Jesu, meiner Werke Glanz
Und mein güldner Lorbeerkranz,
Jesu, meine Herrlichkeit
Und mein ewges Hochzeitskleid,
Jesu, Brunnquell aller Freuden,
Jesu, Arznei meiner Leiden.
7
Jesu, meines Todes Tod,
Mein Erlöser und mein Gott,
Mein erfreulich Auferstehn
Und frohlockend Himmelgehn,
Jesu, ungeschaffne Güte,
Jesu, komm in mein Gemüte.
1
Komm mein Herze, komm mein Schatz,
Komm mein grüner Freudenplatz.
Komm mein Leitstern, komm mein Licht,
Komm mein liebstes Angesicht,
Komm mein Leben, meine Seele,
Komm mein wahres Balsamöle.
2
Komm mein Manna, komm mein Trank,
Komm mein lieblichster Geklang.
Komm mein Arznei für den Fluch,
Komm mein edeler Geruch,
Komm mein Röslein, meine Blume,
Komm mein Garten voller Ruhme.
3
Komm mein König, komm mein Held,
Komm mein Himmel, meine Welt.
Komm mein Bräutgam, komm mein Kuß,
Komm mein Heil und güldner Fluß,
Komm mein Hirte, meine Weide,
Komm mein Jesus, meine Freude.
1
O du Kleinod meiner Sinnen,
Schönste Perle, feinstes Gold.
Jesu, dem ich herzlich hold,
Den ich suche zu gewinnen,
Soll es denn noch lange währen,
Daß ich deiner muß entbehren?
2
Tausendmal hab ich mit Tränen
Laut geschrieen und geruft.
Tausendmal wird in der Luft
Noch gehört mein kläglich Sehnen.
Jesu, Kleinod meiner Sinnen,
Wanne werd ich dich gewinnen!
3
Liegst du denn so tief vergraben,
Schönste Perle, feinstes Gold,
Daß mein Herz, dem du doch hold,
Dich so lange nicht kann haben?
O du Kleinod meiner Sinnen,
Laß dich doch einmal gewinnen!
4
Alle Schätze dieser Erden
Und was köstlich wird geacht,
Ja auch gar des Himmels Pracht
Laß ich andren gerne werden,
Wenn ich dich nur kann gewinnen,
Jesu, Kleinod meiner Sinnen.
5
Ei, so gib mir doch die Kräfte,
Schönste Perle, feinstes Gold,
Daß ich, wie ich längst gewollt,
Meinem Herzen dich einhefte,
Daß du ewig seist darinnen
Und verzückest meine Sinnen.
1
Fahr hin, du schnöde Welt,
Mit deinem Gut und Geld.
Fahr hin mit deinem Prangen
Und den geschminkten Wangen,
Du wirst mit deinen Tücken
Mich nun nicht mehr berücken:
Jesus Christus soll allein
Meiner Seelen Vorbild sein.
2
Du zeigst mir deine Pracht,
Dein Reichtum, deine Macht
Und deiner Schönheit Rosen,
Daß ich sie lieb soll kosen.
Ach nein, es ist nur Heue
Und stäubet hin wie Spreue:
Jesus Christus soll allein
Meiner Seelen Schönster sein.
3
Dein Ruhm ist wie ein Schaum
Und deine Pracht ein Traum,
Und deine Herrlichkeiten
Verbleichen mit den Zeiten.
Fahr hin, ich mag nicht haben,
Was nur kann zeitlich laben:
Jesus Christus soll allein
Meiner Seelen Liebster sein.
4
Wer dir zu viel getraut,
Hat auf den Sand gebaut.
Wer dir sich hat ergeben,
Verdirbt mit Leib und Leben.
Drum will ich dich verlassen
Und nimmermehr umfassen:
Jesus Christus soll allein
Meiner Seele Bräutgam sein.
5
Ich schätze deine Lust
So hoch als Kot und Wust.
Und alle deine Freude
Vergleich ich Traurn und Leide.
Drum will ich auch nicht lieben,
Was mich nur kann betrüben:
Jesus Christus soll allein
Ewig meine Liebe sein.
1
Ich will dich lieben, meine Stärke,
Ich will dich lieben, meine Zier,
Ich will dich lieben mit dem Werke
Und immerwährender Begier.
Ich will dich lieben, schönstes Licht,
Bis mir das Herze bricht.
2
Ich will dich lieben, o mein Leben,
Als meinen allerbesten Freund,
Ich will dich lieben und erheben,
Solange mich dein Glanz bescheint.
Ich will dich lieben, Gottes Lamm,
Als meinen Bräutigam.
3
Ach, daß ich dich so spät erkennet,
Du hochgelobte Schönheit du!
Und dich nicht eher mein genennet,
Du höchstes Gut und wahre Ruh!
Es ist mir leid und bin betrübt,
Daß ich so spät geliebt.
4
Ich lief verirrt und war verblendet,
Ich suchte dich und fand dich nicht,
Ich hatte mich von dir gewendet
Und liebte das geschaffne Licht.
Nun aber ists durch dich geschehn,
Daß ich dich hab ersehn.
5
Ich danke dir, du wahre Sonne,
Daß mir dein Glanz hat Licht gebracht,
Ich danke dir, du Himmelswonne,
Daß du mich froh und frei gemacht.
Ich danke dir, du güldner Mund,
Daß du mich machst gesund.
6
Erhalte mich auf deinen Stegen
Und laß mich nicht mehr irre gehn,
Laß meinen Fuß in deinen Wegen
Nicht straucheln oder stille stehn.
Erleucht mir Leib und Seele ganz,
Du starker Himmelsglanz.
7
Gib meinen Augen süße Tränen,
Gib meinem Herzen keusche Brunst,
Laß meine Seele sich gewöhnen,
Zu üben in der Liebe Kunst.
Laß meinen Sinn, Geist und Verstand
Stets sein zu dir gewandt.
8
Ich will dich lieben, meine Krone,
Ich will dich lieben, meinen Gott,
Ich will dich lieben ohne Lohne
Auch in der allergrößten Not.
Ich will dich lieben, schönstes Licht,
Bis mir das Herze bricht.
1
Die Sonne kommt heran
In unsern Himmelsplan!
Ich seh schon ihre Strahlen
Auf allen Höhen prahlen.
Wo bleibt denn meine Sonne,
Mein allerliebstes Licht?
Mein Jesus, meine Wonne,
Daß ich ihn sehe nicht.
2
Was hilft mich Sonn und Tag,
Wenn ich nicht sehen mag
In meines Leibes Höhle
Die Sonne meiner Seele?
Mein Himmel bleibt doch trübe,
Wenn das wahrhafte Licht
Der Sonnen, die ich liebe,
In ihm nicht auch anbricht.
3
Wie fröhlich würd ich sein,
Wenn der geliebte Schein
Nach so viel dunkler Nächte
Mir meinen Tag herbrächte!
Nun aber muß ich leben
Wie einer, dem sein Licht,
Das ihm soll Freude geben,
Noch fehlet und gebricht.
4
Ei, brich doch auch herein,
Mein liebster Sonnenschein!
Vertreibe meinem Herzen
Die Finsternis und Schmerzen.
Laß deine güldnen Strahlen
Mich deine ganze Welt
Erfreun und schöne malen:
Komm, komm, du Himmelsheld.
1
Wo ist der Schönste, den ich liebe?
Wo ist mein Seelenbräutigam?
Wo ist mein Hirt und auch mein Lamm,
Um den ich mich so sehr betrübe?
Sagt an, ihr Wiesen und ihr Matten,
Ob ich bei euch ihn finden soll,
Daß ich mich unter seinem Schatten
Kann laben und erfrischen wohl.
2
Sagt an, ihr Lilien und Narzissen,
Wo ist das zarte Lilienkind?
Ihr Rosen, saget mir geschwind,
Ob ich ihn kann bei euch genießen?
Ihr Hyazinthen und Violen,
Ihr Blumen alle mannigfalt,
Sagt, ob ich ihn bei euch soll holen,
Damit er mich erquicke bald?
3
Wo ist mein Brunn, ihr kühlen Brünne?
Ihr Bäche, wo ist meine Bach?
Mein Ursprung, dem ich gehe nach?
Mein Quell, auf den ich immer sinne?
Wo ist mein Lustwald, o ihr Wälder?
Ihr Ebenen, wo ist mein Plan?
Wo ist mein grünes Feld, ihr Felder?
Ach, zeigt mir doch zu ihm die Bahn!
4
Wo ist mein Täublein, ihr Gefieder?
Wo ist mein treuer Pelikan,
Der mich lebendig machen kann?
Ach, daß ich ihn doch finde wieder!
Ihr Berge, wo ist meine Höhe?
Ihr Täler, sagt, wo ist mein Tal?
Schaut, wie ich hin und wieder gehe
Und ihn gesucht hab überall!
5
Wo ist mein Leitstern, meine Sonne,
Mein Mond und ganzes Firmament?
Wo ist mein Anfang und mein End?
Wo ist mein Jubel, meine Wonne?
Wo ist mein Tod und auch mein Leben?
Mein Himmel und mein Paradeis?
Mein Herz, dem ich mich so ergeben,
Daß ich von keinem andern weiß?
6
Ach Gott, wo soll ich weiter fragen?
Er ist bei keiner Kreatur.
Wer führt mich über die Natur?
Wer schafft ein Ende meinem Klagen?
Ich muß mich über alles schwingen,
Muß mich erheben über mich:
Dann hoff ich, wird mirs wohl gelingen,
Daß ich, o Jesu, finde dich.
1
Geh auf, meins Herzens Morgenstern,
Und werde mir zur Sonne;
Geh auf und sei nunmehr nicht fern,
Du wahre Seelenwonne.
Erleuchte mich
Ganz inniglich,
Daß ich in deinem Lichte
Noch diesen Tag
Beschauen mag
Dein liebstes Angesichte.
2
Ich wünsche nichts als dich zu sehn,
Hab auch sonst kein Verlangen;
Ach, ach, wann wird es doch geschehn,
Daß ich dich werd umfangen!
Du bist das Licht,
Das mein Gesicht
Alleine kann berücken.
Du bist der Strahl,
Der allzumal
Mein Herze kann erquicken.
3
Du bist der Glanz der Herrlichkeit,
Du gibst der Welt das Leben;
Dein Anblick macht noch in der Zeit
Mich in den Himmel schweben.
Dein Freudenschein
Macht meine Pein
Mir über Zucker süße.
Deins Geistes Gruß,
Deins Mundes Kuß
Macht, daß ich ganz zerfließe.
4
Wo bist du, schönster Bräutigam,
O auserkorner Knabe?
Wo bist du, süßes Gottes Lamm,
Daß ich mit dir mich labe?
Komm doch geschwind,
Du Jungfraun Kind,
Komm, komm, eh ich vergehe.
Mein Geist und Sinn,
Der fällt schon hin,
Schau, wie so schlecht ich stehe!
5
Der Leib wird matt, die Seel ist schwach,
Die Augen stehn voll Tränen;
Der Mund verblaßt, ruft ach und ach,
Das Herz ist voller Sehnen.
O Jesu mein,
Der du allein
Mich herzlichst kannst erquicken,
Verzeuch doch nicht,
Mit deinem Licht
Mich gnädig anzublicken.
1
Streuet mit Palmen, ihr Schäfer und Hirten,
Bereitet und schmücket aufs schönste die Bahn.
Traget zusammen Oliven und Myrten,
Denn Jesus, der ewige Friedfürst, kommt an.
2
Lasset uns munter sein, warten und wachen,
Es schlafe ja keiner vor Trägheit nicht ein.
Lasset uns alles aufs herrlichste machen,
Gewißlich er kann nun nicht ferne mehr sein.
3
Schmücket die Lampen und macht sie recht lichte,
Eröffnet zu euerem Herzen die Tür.
Denket auf allerlei schöne Gedichte
Und tretet mit Freuden und Jubel herfür.
4
Jesu, du Hoffnung der heilig Verliebten,
Du Sonne der Ewigkeit, brich doch herfür.
Tröstlicher Bräutgam der geistlich Betrübten,
Komm, komm doch, wir sehnen uns herzlich nach dir.
5
Werde geboren, du Heiland der Erden,
Du Herrscher des Himmels, du Schöpfer der Welt.
Sonsten kann keiner den Banden entwerden,
Mit welchen der Feind uns bestrickt und gefällt.
6
Träufelt, ihr Himmel, und gebt uns im Regen
Den Herrn der Gerechtigkeit, unsere Zier.
Öffne dich, Erde, mit neuem Bewegen
Und bring uns den Heiland der Menschen herfür.
7
Eia mein König, Erlöser und Leben,
Mein Schutzherr, mein Bräutigam und alle mein Gut!
Komm nur, ich will mich dir ewig ergeben
Und opfern mein Herze mit Geist und mit Blut.
1
Reinste Jungfrau, die vor allen
Gott dem Vater wohlgefallen,
Deren Keuschheit seinen Sohn
Hat gelockt vons Himmels Thron,
Reinste Jungfrau, dir zu Ehren,
Laß ich meine Stimme hören.
2
Dich, Maria will ich preisen,
Dir, o Jungfrau, Dienst erweisen,
Dich, du schönster Morgenstern,
Will ich rühmen weit und fern.
Denn durch dich ist uns gegeben
Jesus, unser Heil und Leben.
3
Auserlesen wie die Sonne
Ist dein Glanz und deine Wonne,
Schöner wie der Mondenschein
Und die güldnen Sterne sein,
Schrecklich wie die Heeresspitzen,
Die vor Feinden uns beschützen.
4
Eine Burg, die stets verriegelt,
Und ein Brunn, den Gott versiegelt,
Und ein Turm von Helfenbein
Und ein Perlenkästelein.
Ein verschlossner Frühlingsgarten
Bist du, Jungfrau, schönster Arten.
5
Kommt, ihr Töchter und Jungfrauen,
Eine Königin zu schauen,
Die sich Gott hat selbst vertraut,
Seine Tochter, Mutter, Braut.
Schaut die Fürstin, die er liebet,
Der er gänzlich sich ergibet.
6
Schaut die wahre Bundeslade,
Das Gefäße voller Gnade,
Schaut des Höchsten güldnes Haus,
Da er gehet ein und aus.
Schaut des Noe Wunderkasten,
Da die Taube (Gott) kann rasten.
7
Schaut die schöne Rötin prangen,
Wie sie kommt daher gegangen!
Wie sie uns der Sonnenglanz
Ansagt und gebieret ganz!
Schauet, wie sie kann das Leben
Und das Licht der Erde geben.
8
O du güldner Himmelswagen,
Der uns Jesum bringt getragen,
Thron des wahren Salomons,
Fell des Helden Gedeons!
Faß voll Gotts und seiner Güte,
Seine Wohnung, seine Hütte.
9
Königin der Seraphinen,
Oberste der Cherubinen,
Herzogin der Märtyrer,
Fürstin aller Beichtiger,
Aller Heilgen und Jungfrauen,
Die dem Lamme sich vertrauen.
10
O Maria, voller Gnade,
Hilf, daß mir der Feind nicht schade.
Daß ich möge nach der Zeit
In der ewgen Seligkeit,
O du Krone der Jungfrauen,
Dich und deinen Sohn anschauen.
1
Willkommen, edles Knäbelein,
Willkommen, liebes Kind.
Willkommen, süßes Jesulein,
Durch dich mein Leid verschwindt.
Du bist mein Heil und Seligkeit,
Du bringst mir tausend Freuden,
Du machst, daß ich in Ewigkeit
Von Gott bleib ungescheiden.
2
Du bist mir lieber, als die Welt
Und hundert Himmel sein,
Auf dich ist all mein Tun gestellt,
Du wertes Jesulein.
Dir will ich, was ich hab und bin,
Von Grund des Herzens schenken.
Auf dich soll mein Gemüt und Sinn
Ohn Unterlaß gedenken.
3
Ich bin ganz unaussprechlich froh,
Daß du gekommen bist,
Daß du, obzwar auf Heu und Stroh,
Wirst Mensch und Kind gegrüßt.
Ach, laß dein Zuckermündelein
Mein arme Seel erquicken
Und die verliebten Äugelein
Erfreulich auf mich blicken.
4
Wie herzlich sehn ich mich nach dir,
O freudenreiches Kind!
Verlaß die Kripp und komm zu mir,
Komm eilends, komm geschwind.
Ich will ein kleines Krippelein
Aus meinem Herzen machen,
Daß du darin, mein Jesulein,
Stets schlafen sollst und wachen.
1
Amor, das werte Jesulein,
Hat mich so sehr geliebet,
Daß es in alle Not und Pein
Sich willig für mich gibet.
Es kommt daher auf Erden
Und will für meine Sündenschuld,
Daß mir Gott wieder würde huld,
Ein ganzes Opfer werden.
2
Schau doch, es saß in seinem Thron
Von Ewigkeit gar eben
Und war, des höchsten Gottes Sohn,
Mit Majestät umgeben.
Nun liegts in einer Krippen
Und muß von einem Mägdelein
Gehoben und getragen sein,
Getröst mit ihren Lippen.
3
Dort war es Gotte gleich an Macht,
Konnt alle Geister zwingen.
Nichts wird in Ewigkeit erdacht,
Das ihm konnt Unruh bringen.
Nun ists ein Lämmlein worden,
Damit es meiner Seelen Feind,
Der mich zu sich zu reißen meint,
Nur soll für mich ermorden.
4
O Gott, wie groß ist doch die Brunst,
Mit der mich Jesus liebet!
Von Ewigkeit hat solche Gunst
Noch niemand so geübet,
Er ists allein gewesen.
Drum, Jesu, meiner Seelen Zier,
Du kannst auch einig helfen mir,
Durch dich muß ich genesen.
1
O allerliebstes Knäbelein,
Du nimmst die Herzen ein.
O Jesu, du Wonne,
So klar als die Sonne,
O Kind, neugeboren,
Vor tausend erkoren,
Du nimmst die Herzen ein.
2
Wenn ich beschau dein Äugelein,
Nenn ich sie Sternelein,
Die tugendlich prahlen
Und wonniglich strahlen,
Mit jeglichen Blicken
Die Herzen berücken,
Wen sie berührn, ist dein.
3
Dein Mündlein ist ein Gärtelein,
Wie blühen doch so fein
Die Röslein darinne!
Daraus ich gewinne,
Wenn du sie bewegest
Und gegen mir regest,
Den besten Rosenwein.
4
Nun nimm die Welt nur gänzlich hin,
Dich hält, statt ihr, mein Sinn.
Du kannst mich ergötzen,
Bist würdig zu schätzen,
Verzückst mein Gemüte,
Fängst Herz und Geblüte
Und alles was ich bin.
5
O Jesu, nun soll dir allein
Mein Herz ergeben sein.
Du magst es verbrennen,
Dein eigenes nennen,
Huldseliger Knabe,
Mit dem ich mich labe,
Du nimmst die Herzen ein.
1
Du süßer Knabe du, wie herzlich lieb ich dich!
Wie hab ich dich so gern, wie hoch erfreust du mich!
Ach, laß mich doch gelangen,
Daß ich dich, wie ich will,
Mag herzen und umfangen
Ohn alle Maß und Ziel.
2
Du bist mein Augentrost, mein ewiger Gewinn,
Mein bester Aufenthalt, wo ich am liebsten bin.
Bist englisch an Geberden,
Huldselig von Gesicht,
Das schönste Kind auf Erden,
Dem nie sein Glanz gebricht.
3
O allerliebstes Kind, ach, drücke doch steif ein
In meinen bleichen Mund die süßen Lippelein!
Du mußt mir Atem geben,
Mein Rosenmündelein,
Mein Seelichen, mein Leben,
Mein liebstes Lämmelein.
4
Du bist ja voller Huld und voller Lieblichkeit,
Du bist die Liebe selbst und selbst die Freundlichkeit.
O Knabe voller Güte,
Du bist mein Brüderlein,
Du tröstest mein Gemüte,
Du schönstes Engelein.
5
Bleib hier mein Himmelreich und alle meine Lust,
Ich lasse dich nunmehr nicht weg von meiner Brust.
Du mußt mein eigen bleiben
Und mir die lange Zeit
Verkürzen und vertreiben
Mit deiner Lieblichkeit.
1
Sei gegrüßet und geküsset,
Allerliebstes Jesulein.
Mit Vertrauen dich zu schauen,
Komm ich in den Stall herein.
2
Große Wonne, liebste Sonne,
Hat dein Aufgang mir gemacht.
Neues Leben hat mir geben
Dein Erscheinen in der Nacht.
3
O du schöner Nazarener,
Sei gelobet und gepreist
Für die Güte, die's Gemüte
Deiner Gottheit mir beweist.
4
Dir mein Leben zu ergeben,
Komm ich jetzt nach Schuld und Pflicht.
Edler Knabe, nimm die Gabe
Und verschmäh mein Armut nicht.
5
Meine Seele mit der Höhle,
Ihrem Leibe, geh ich dir.
Mein Gemüte, mein Geblüte
Soll dir dienen für und für.
6
Gold der Liebe, die ich übe,
Weihrauch der Andächtigkeit,
Myrrhn der Zähren, die stets währen,
Opfr ich dir mit Innigkeit.
7
Nimm mein Herze, güldne Kerze,
Und entzünd es heiliglich.
Mach es reine wie das deine
Und zerschmelz es ganz in dich.
8
Gib mir Gaben, die mich laben,
Die mich stärken in der Zeit,
Daß ich bleibe deinem Leibe
Eingepfropft in Ewigkeit.
9
Alsdann werd ich hoch erfreulich
Deine Klarheit schauen an.
Für ihr Grünen sie bedienen,
Ehrn und rühmen, wie ich kann.
1
Sei gegrüßt, mein Gnadenthron,
Hochgeborner Gottessohn;
Sei gegrüßt, du Neugeborner,
Meiner Seelen Auserkorner.
2
Sei gegrüßt, geliebtes Kind,
Das mein Herz mit Gott verbindt;
Sei gegrüßt, du hulder Knabe,
Den ich mir erwählet habe.
3