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Maddie muss heiraten, sonst verliert sie das Familienunternehmen – so verlangt es ihre Großmutter. Aber nicht mit Maddie! Trotzig präsentiert sie der alten Dame einen Verlobten, von dem sie weiß, dass ihre Familie ihn nie akzeptieren würde: Jack Daly, den Ex-Geschäftspartner ihres Bruders, den alle für einen Ganoven halten! Dummerweise ist Jack nicht nur unglaublich attraktiv, sondern auch blitzgescheit. Er lässt sich auf Maddies verrückten Plan ein, stellt aber eine Bedingung, die sie nie erfüllen kann …
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Seitenzahl: 202
IMPRESSUM
BACCARA erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
© 2022 by Shannon McKenna Originaltitel: „The Marriage Mandate“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARA, Band 2304 08/2023 Übersetzung: Maike Claußnitzer
Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 08/2023 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751515757
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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„Nur Mut.“ Geri, eine von Maddie Moss’ guten Freundinnen, hob ihren Mojito und stieß mit Maddie an. „Hier auf Trix’ und Terrence’ Hochzeit bist du genau richtig, um auf Männerjagd zu gehen. Du findest bestimmt im Handumdrehen einen Partner.“
„Ich habe keine Lust, auf Männerjagd zu gehen“, erwiderte Maddie und ließ stirnrunzelnd den Blick über die Cocktailparty schweifen, eines der vielen Events, die am extravaganten Hochzeitswochenende ihrer Freundin Trix stattfanden. „Das wäre peinlich, würdelos und würde echt verzweifelt wirken. Nicht mein Stil.“
„Was für ein Pech, Süße.“ Geri lächelte mitfühlend. „Aber du hast keine Wahl, oder? Und es kann wirklich Spaß machen, auf die Suche zu gehen. Schau dich doch um. Wie wär’s mit Aston, Gabe, Richie, Herschel, Sam oder Bruce?“
Maddie sah einen der Männer nach dem anderen an, nippte an ihrer Margarita und schüttelte den Kopf. „Nein. Die kommen nicht infrage.“
Genervt verdrehte Geri die Augen. „Für eine Frau, die sich in einer Zwangslage befindet, bist du ganz schön wählerisch. Deine Grandma hat gesagt, dass du bis zu deinem dreißigsten Geburtstag verheiratet sein musst. Der ist in ein paar Monaten. Richtig verheiratet, nicht bloß verlobt, oder? Hochzeiten müssen lange im Voraus geplant werden und du hast noch nicht mal einen Bräutigam. Die Uhr tickt.“
„Das ist mir nur allzu bewusst“, murmelte Maddie. „Und auch, was mir blüht, wenn ich die Frist nicht einhalte.“
„Ach, hör auf zu jammern. Diese Hochzeit bietet ein wahres Junggesellenbüfett und zur Sicherheit gehst du nächste Woche auch noch auf die von Ava Maddox. Wenn du hier kein Glück hast, ist das deine zweite Chance. Sieh sie dir doch bloß an! Aston ist klug und wird die Hollis Brauerei erben. Gabe hat tolle Bauchmuskeln. Hast du sie vorhin am Strand nicht gesehen?“
„Die hätte ich nicht einmal übersehen können, wenn ich gewollt hätte“, gab Maddie zurück. „Gabe legt viel Wert darauf, sie allen zu zeigen.“
„Keiner von ihnen sieht schlecht aus“, beharrte Geri. „Die Auswahl ist doch ganz ordentlich. Bleib offen, okay?“
„Ich kenne diese Männer zu gut, Geri. Aston ist ein arrogantes Arschloch. Ich bin einmal mit ihm essen gegangen und er hat die ganze Zeit in sein Handy gebrüllt. Sam redet ständig nur über Sport. Richie hält mir Vorträge über theoretische Mathematik, wann immer wir uns unterhalten …“
„O Gott“, murmelte Geri. „Der Mathegöttin höchstpersönlich? Hat ihn keiner vorgewarnt?“
„Offenbar nicht.“ Maddie zuckte die Schultern. „Herschel hat Angst vor mir. Gabe ist wie ein überdrehter Labradorwelpe und kann sein Hemd einfach nicht zugeknöpft lassen.“
„Bleibt noch Bruce“, meinte Geri aufmunternd. „Der ist ehrgeizig. Ein Macher.“
„Ja, er macht’s mit jeder“, meinte Maddie trocken. „Hilary hat ihm vor vier Monaten den Laufpass gegeben, weil er sie mit Chlamydien angesteckt hat.“
Geri seufzte und nahm einen Schluck von ihrem Drink. „Na ja, niemand ist perfekt.“ Plötzlich kniff sie die Augen zusammen und sah über Maddies Schulter. „Warte mal. Das nehme ich zurück.“ Sie senkte die Stimme zu einem ehrfürchtigen Flüstern. „Ich habe gerade die Perfektion in Menschengestalt gesehen. Einer von Terrence’ Trauzeugen, der es gestern nicht zum Probe-Abendessen geschafft hat. Trix sagt, er ist ein genialer Naturwissenschaftler, der im Ausland lebt. Gott steh mir bei, der hat vielleicht einen tollen Arsch!“
Plötzlich war Maddies Neugier geweckt. Sie drehte sich um und erstarrte. Schiere Panik ließ sie am ganzen Körper zittern. Ihr Verstand setzte aus.
Jack Daly? Er war einer der Trauzeugen? O Gott.
Es erschien ihr kaum möglich, aber nach neun Jahren sah der Mann sogar noch umwerfender aus, als sie ihn in Erinnerung hatte. Immer noch groß, aber athletischer, noch beeindruckender. Heute trug er eine lässige beigefarbene Hose und ein weißes Leinenhemd, das am Hals offen stand und den Blick auf seinen gebräunten Oberkörper freigab. Breite Schultern, schmale Hüften, endlos lange Beine, große Hände. Seine Nase hatte sie immer geliebt. Schöne braune Augen unter dichten dunklen Brauen. Er war muskulöser als früher, sein Kinn markanter.
Maddie drehte sich rasch wieder um, als Jacks Blick auf sie fiel.
Geri sah verwirrt drein. „Alles in Ordnung? Du wirst rot. Liegt das an dem heißen Typen? Mir ist auch ganz warm geworden.“
„Ich kenne ihn“, gestand sie.
„Echt?“ Geris Augen funkelten. „Stellst du mich ihm vor?“
„Nein! Unter keinen Umständen, Geri. Er ist kein netter Typ. Sogar der schlimmste überhaupt. Ein totaler Albtraum. Schlag ihn dir aus dem Kopf.“
Geris leuchtend rote Lippen öffneten sich, als sie sich über den Tisch beugte. „Ein Skandal? Erzähl mir alles!“
„Nein, kein saftiger Skandal, Geri“, erwiderte Maddie. „Eher eine traurige Geschichte.“
„Ich bin aber trotzdem neugierig“, beharrte Geri. „Komm schon, raus damit.“
Maddie stieß einen frustrierten Laut aus. Ihr Herz schlug immer noch zu schnell. „Na gut, wenn du es unbedingt wissen musst … Du kennst ja meinen Bruder Caleb.“
„Natürlich. Jede heterosexuelle Frau kennt deinen Bruder Caleb“, meinte Geri. „Wir sind alle am Boden zerstört, dass er nicht mehr zu haben ist. Was ist mit ihm?“
„Caleb und der Mann da – Jack Daly – waren auf der Highschool beste Freunde“, erklärte Maddie. „Später Mitbewohner in Stanford. Nach dem College haben sie zusammen ein Start-up gegründet. BioSpark. Recycling mithilfe von Enzymen. Sie haben Mikroben gezüchtet, die Enzyme produziert haben, mit denen man Plastik auf Müllkippen und im Ozean schneller auflösen kann. Daraus haben sie ein Produkt entwickelt, Carbon Clean, und waren kurz davor, es auf den Markt zu bringen und einen Riesengewinn zu machen.“
„Mmm …“ Geri grinste. „Also sieht Jack Daly nicht nur unverschämt gut aus, sondern ist auch noch intelligent? Wie unfair.“
„Das ist nicht witzig, Geri“, tadelte Maddie ihre Freundin. „Er hat meinen Bruder beschissen. Caleb kann zwar nicht zweifelsfrei beweisen, dass Jack die Forschungsergebnisse an das Konkurrenzunternehmen Energen weitergegeben hat, aber alle Indizien sprechen dafür. Tatsache ist, dass Jack heimlich siebenhunderttausend Dollar in Energen-Aktien investiert hat, als Energen wenige Tage vor BioSpark an die Börse gegangen ist. Das hat sich rumgesprochen und der Börsengang von BioSpark war ein Fehlschlag. Jack ist im Gefängnis gelandet.“
„Oh“, murmelte Geri enttäuscht. „Da ist ein Mann, der zum Anbeißen aussieht, doch verschwendet.“
„Sechs Monate später ist er wegen eines Formfehlers freigekommen. Das hat Caleb unglaublich aufgeregt“, fuhr Maddie fort. „Jedenfalls ist das der Mann, mit dem wir es zu tun haben, Geri. Ein verlogener, hinterhältiger Krimineller. Lass die Finger von ihm.“
„Hm.“ Geri musterte Jack. Ihre Augen funkelten. „Seltsam. Hätte er nicht letzten Endes mehr Geld damit verdient, wenn er mit seiner eigenen Firma auf Kurs geblieben wäre?“
„Ja, aber wer weiß schon, was er sich gedacht hat?“ Langsam schüttelte Maddie den Kopf. „Natürlich hat er allen erzählt, er wäre zu Unrecht beschuldigt worden, aber die Indizien gegen ihn waren erdrückend.“
„Seltsam“, murmelte Geri noch einmal.
Maddie tat ihr Bestes, Jack nicht anzusehen. „Bitte hör auf, ihn anzustarren, Ger, sonst wird er noch auf uns aufmerksam.“
„Tut mir leid, ich kann nicht anders. Also, warum hätte er es tun sollen?“
„Ich bezweifle, dass wir das je rausfinden werden. Caleb und Gran meinen, dass er neidisch war.“
„Worauf? Haben sie die Firma nicht als gleichberechtigte Partner gegründet? Und sie sehen sogar gleich gut aus. Mmh.“
„Neidisch auf unsere Familie“, erklärte Maddie. „Unsere Kindheit. Ich habe meine Eltern zwar nie kennengelernt und Caleb und Marcus erinnern sich nur schwach an unsere Mom, aber Gran und Grandpa Bertram waren immer für uns da. Wir hatten alles, was wir brauchten, um Erfolg im Leben zu haben, und Jack … nicht. Sein Dad ist bei einem Arbeitsunfall ums Leben gekommen, als Jack noch ein Teenager war. Er ist als Pflegekind aufgewachsen. Es war ein Wunder, dass er so gut in der Schule war. Tolle Zensuren, ein Stipendium für Stanford und so weiter. Aber anscheinend hat das Trauma doch seine Spuren hinterlassen.“
Geri machte große Augen und sog an ihrem Strohhalm. Die Eiswürfel in ihrem Glas klirrten. „Oh. Wie traurig!“
„Wage es ja nicht, Mitleid mit ihm zu haben!“, zischte Maddie. „Er hat meinen Bruder ruiniert! Das hat Caleb mitten ins Herz getroffen. Seitdem ist er nicht mehr derselbe.“
„Caleb tut mir leid, aber Jack auch. Das ist nur deine Schuld, Mads. So wie du die Geschichte erzählt hast, geht sie einem an die Nieren.“
„Das vergiss mal schnell wieder, denn wenn’s nach mir geht, kommst du nicht mal in die Nähe von Jack Daly.“
Geri verdrehte die Augen. „Ach komm, Mads. Ja, er hat etwas Schlimmes getan. Aber das war vor neun Jahren, oder? Er hat seine Strafe bekommen und ist eine echte Sahneschnitte. Außerdem muss er unglaublich klug sein.“
„Klar, klug ist er. Ein Genie. Hat ihm aber nicht viel genützt, oder?“
Geri stützte das Kinn in die Hände und musterte ihre Freundin nachdenklich. „Meine Güte! So leidenschaftlich. Das ist erfrischend, nachdem du seit diesem Unsinn mit dem Heiratsultimatum monatelang Trübsal geblasen hast. Du hast wieder Farbe im Gesicht. Deine Augen funkeln. Interessant, Mads.“
Ihr Ton ging Maddie auf die Nerven. Geri weigerte sich einfach, das Ausmaß von Jack Dalys Verbrechen einzusehen. „Machst du mir Vorwürfe, weil mich das alles aufregt?“, fragte sie.
„Nicht im Geringsten“, warf Geri begütigend ein. „Aber bei der Hochzeit wirst du mit diesem Typen vorn am Altar stehen, wenn er Terrence’ Trauzeuge ist. Auf den Fotos werdet ihr beide zusammen auftauchen. Überall in den sozialen Medien. Peinlich.“
„Caleb wird durchdrehen“, sagte Maddie grimmig. „Er würde Jack den Kopf abreißen, wenn er ihm über den Weg laufen würde. Gran auch. Elegant natürlich, aber seinen Kopf wäre er am Ende trotzdem los.“
„Echt?“ Geri kniff die Augen zusammen. „Süße, das ist die Gelegenheit!“
„Wie meinst du das?“
„Denk mal drüber nach.“ Geri lächelte. „Du brauchst eine wahre Naturgewalt, um gegen deine Großmutter anzukommen. Könnte Jack Daly diese Naturgewalt sein?“
Geris unausgesprochener Vorschlag und das, was er implizierte, ließen Maddie erstarren. „Wovon redest du?“
„Das weiß ich selbst noch nicht so genau“, gab Geri zu. „Ich taste mich nur vor. Aber du sitzt in der Klemme, Mads. Vielleicht könnten die Emotionen, die dieser Jack Daly weckt, dir etwas nützen. Denk wenigstens mal drüber nach.“
„Ich fasse es nicht“, gab Maddie zurück.
„Das kriege ich oft zu hören“, gab Geri fröhlich zurück. „Auf alle Fälle sieht er umwerfend aus. Warum nicht ein bisschen Spaß mit ihm haben?“
„Weil er gewissenlos ist und meinen Bruder übers Ohr gehauen hat?“
„Ich habe ja nicht gesagt, dass du ihn gleich heiraten oder auch nur ans Tafelsilber ranlassen sollst, Mads. Du könntest ihn einfach für deine Zwecke einspannen. Tu so, als wolltest du etwas mit ihm anfangen. Jag deiner Grandma eine Heidenangst ein. So, wie sie dich herumkommandiert, hat sie das verdient.“
„Meinst du etwa, dass ich … Ach du Scheiße. Du machst Witze.“
„Natürlich, Süße“, erwiderte Geri leichthin. „Aber in jedem Witz steckt ein Körnchen Wahrheit. Und jetzt mal ehrlich. Wenn Caleb diesen Adonis früher zum Sonntagsessen oder zum Grillen eingeladen hat, hast du doch auch schon mit dem Gedanken gespielt.“ Geri musterte Maddie und nickte dann wissend. „Gib’s schon zu, du wolltest dieses Prachtexemplar von einem Mann.“
„Ja, stimmt“, gab Maddie verärgert zurück. „Natürlich war ich in ihn verschossen. Aber er hat mich nie auch nur bemerkt. Ich war bloß die kleine Schwester mit Zahnspange und Brille.“
Geri musterte Maddie prüfend. „Na, das bist du doch jetzt nicht mehr, oder? Du bist erwachsen und sengend heiß. Ich liebe dieses blaue Neckholderkleid. Bringt deinen Busen gut zur Geltung. Nicht, dass deine Brüste viel Unterstützung bräuchten.“
„Danke.“ Maddie lächelte gequält. „Auch von meinen Brüsten. Du siehst in deinem gelben Minikleid aber auch sehr heiß aus. Gute Wahl.“
Geri strich sich die blonden Locken zurück. „Ich tue mein Bestes“, sagte sie bescheiden. „Aber lass mich wissen, ob du den Typen zu einem Teil deiner Strategie machst, aus dem Ultimatum rauszukommen. Denn wenn er sonst noch nichts vorhat, schnappe ich ihn mir vielleicht selbst für dieses Wochenende.“
„Nicht!“, brach es aus Maddie heraus. „Versprich mir, das nicht zu tun, Geri.“
Geri blinzelte unschuldig. „Wow. Von der emotionalen Intensität kriege ich glatt eine Gänsehaut.“
„Der Mann ist reines Gift“, betonte Maddie. „Sogar für dich. Also lass es bitte.“
„Süßes Gift.“ Sehnsüchtig sah Geri zu Jack Daly hinüber. „Vielleicht kann ich ja mal ganz kurz an ihm knabbern?“
Unfähig, noch länger zu widerstehen, riskierte Maddie selbst einen Blick. Jack stand an der Bar und unterhielt sich mit dem Bräutigam Terrence. Er trank einen Schluck Bier und sah sich dann im Raum um. Ihre Blicke trafen sich, und sie wandte sich schnell ab, aber nicht bevor ein Schauer ihren ganzen Körper durchlaufen hatte.
Geris scharfen Augen entging nichts. „Na los, geh schon und misch dich unter die Leute“, forderte sie ihre Freundin auf. „Ich lass dir etwas Zeit, über meinen unmoralischen Vorschlag nachzudenken, aber dann mache ich ihm selbst ein paar Avancen. Das Leben ist kurz – aber das ist der Typ sicher nicht da, wo es drauf ankommt.“
Erneut wurde Maddie rot. „Geri! Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe?“
„Süße, wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass du ziemlich besitzergreifend bist.“
„Hör auf“, stieß Maddie hervor.
Geris Lippen zuckten. „Ich bin ja schon brav. Jetzt aber los. Du musst schließlich einen Mann finden. Waidmannsheil!“
Maddie versuchte, sich davon abzuhalten, musste aber immer wieder zu Jack Daly hinübersehen.
Er war ein Lügner. Ein Dieb. Hatte seine Freunde verraten. Das musste sie sich immer wieder vor Augen halten.
Bis es endlich etwas nützte.
Jack wurde aus der mysteriösen Frau nicht schlau. Sie war einfach umwerfend. Eisblaues Neckholderkleid, sinnliche Kurven, hellbraune Haut, wilde schwarze Locken, unglaubliche Lippen. Eine der schönsten Frauen, die er je gesehen hatte. Etwas an ihr kam ihm bekannt vor, aber dieses Gesicht hätte er bestimmt nicht vergessen. Vor allem nicht diese Lippen mit dem lila Gloss. Schon ein einziger Blick darauf ließ ihn erschauern.
Sie wollte ihn einfach nicht ansehen. Anders als die heißblütige Blondine, die mit ihr am Tisch saß und ihn die ganze Zeit anstarrte. Aber eine Frau, die so schön wie die im blauen Kleid war, hatte sicher geübt, Blickkontakt zu vermeiden, so wie ein Kellner in einem vollbesetzten Restaurant. Jack hatte selbst als Kellner gearbeitet, darum wusste er, dass man einen überfüllten Gastraum nur dann unbeschadet durchqueren konnte, wenn man stur geradeaus sah.
Einen Sekundenbruchteil lang schaute sie in seine Richtung – und dann rasch wieder weg, während ihn eine Erkenntnis durchzuckte.
Er kannte sie. Maddie Moss. Caleb Moss’ kleine Schwester.
Sie sah völlig anders aus, als er sie in Erinnerung hatte. Klar, früher war sie auch schon niedlich gewesen, aber Caleb und er hatten sich ganz auf ihre großen Pläne konzentriert und sie größtenteils ignoriert. Die kleine Mads mit der Zahnspange und der Brille, schlaksig und immer eine altkluge Bemerkung auf den Lippen.
Verdammt. Jetzt war sie eine Schönheit.
„Alles okay bei dir?“ Terrence wedelte mit der Hand vor Jacks Gesicht herum. „Hast du ein Gespenst gesehen?“
„Nein. Die Sexbombe im blauen Kleid“, antwortete Jack.
„Wow, ja.“ Terrence pfiff anerkennend. „Guter Geschmack. Trix hat erst gezögert, sie als Brautjungfer zu nehmen. Die Braut will ja nicht von ihren Brautjungfern überstrahlt werden, weißt du? Aber sie mag Maddie so sehr, dass sie sich doch dazu entschieden hat. Sie ist eindeutig die Schönste von allen. Soll ich die Strippen ziehen, damit sie beim Einzug in die Kirche neben dir geht und beim Essen neben dir sitzt? Das kriege ich hin.“
„Sie ist eine von Trix’ Brautjungfern …?“ Jacks Stimme versagte vor Entsetzen.
Terrence kniff die Augen zusammen. „Ist das schlimm? Ich dachte, du wärst begeistert. Sieh sie doch an! Wer kann da schon Nein sagen?“
„Erinnerst du dich an meinen Ärger mit Caleb Moss vor neun Jahren?“
„Klar.“ Terrence nickte. „Aber ich weiß auch, dass du unschuldig bist. Was ist damit?“
„Danke für dein Vertrauen“, sagte Jack aus tiefster Seele. „Aber Maddie Moss ist Calebs Schwester.“
Schockiert riss Terrence die Augen auf. „Ach du Scheiße!“ Er drehte sich um und sah zu Maddie hinüber. „Aber sie sieht ihm gar nicht ähnlich. Sie hat schwarze und weiße Vorfahren, oder? Ist sie adoptiert?“
„Nein. Verschiedene Väter. Ihr Bruder Marcus hat auch einen anderen Vater – einen asiatischen. Aber sie hassen mich alle.“
„Verdammt, Jack. Was für ein Scheiß. Tut mir echt leid. Meinst du, dass sie eine große Sache daraus macht?“
„Keine Ahnung.“ Jack zuckte die Schultern. „Ich habe sie seit neun Jahren nicht gesehen. Damals war sie noch fast ein Kind. Sie hat mich eindeutig erkannt. Jetzt ignoriert sie mich.“ Jack ließ den Blick über die Menge schweifen. „Am schlausten wäre es, wenn du dir einen anderen Trauzeugen suchst. Dann bin ich einfach nur ein normaler Gast und kann abhauen, wenn es kompliziert wird.“
„Kommt nicht infrage“, erwiderte Terrence schneidend. „Ich will dich unbedingt als Trauzeugen. Ohne dich hätte ich das College nie geschafft. Was mit BioSpark passiert ist, war eine Schande. Wenn das Moss-Mädchen zickig wird, kann sie Leine ziehen. Nicht du.“
„Nun sei nicht böse auf sie, noch hat sie gar nichts getan“, beschwichtigte Jack ihn.
Terrence stürzte den letzten Schluck Bier hinunter. „Trix winkt mir zu. Wir müssen wohl allmählich zum Lagerfeuerkochen am Strand. Du kommst doch auch?“
„Klar“, versicherte Jack ihm. „Tut mir leid, dass ich das Probe-Dinner gestern verpasst habe. Aber lass deine Braut nicht warten.“
Terrence ging direkt zu seiner angehenden Braut Trix. Sie war nervös, aber auf überschäumende, glückliche Art, und Terrence liebte sie heiß und innig.
Terrence war ein toller Kerl. Jack war zutiefst dankbar für die wenigen alten Freunde, die nach dem BioSpark-Desaster zu ihm gehalten hatten. Danach hatte er in seiner Branche keine Stelle mehr bekommen. Niemand hatte einen Mann einstellen wollen, dem man vorgeworfen hatte, geistiges Eigentum an die Konkurrenz verkauft und gegen seine eigene Firma gewettet zu haben.
Erst später hatte er dank der Kontakte seiner Freunde zu Firmen in Übersee wieder Arbeit in der Biotechnologiebranche gefunden. In den letzten vier Jahren hatte er in Asien, Ungarn und Südafrika gearbeitet. Er war froh gewesen, die lange Reihe Gelegenheitsjobs hinter sich lassen und sich wieder mit Biotechnologie beschäftigen zu können, wenn auch in kleinerem Rahmen und mit geringem Budget. Er hatte gelernt, bescheiden zu sein. Dankbar. Alles hätte noch viel schlimmer kommen können.
Er warf einen Blick zu dem Tisch hinüber, an dem bis eben Maddie Moss gesessen hatte. Sie war verschwunden. Die ganze Zeit hatte sie den Blickkontakt mit ihm gemieden – bis auf diesen einen elektrisierenden Moment, der immer noch in ihm nachhallte.
Wahrscheinlich würde sie weiter so tun, als ob er nicht existierte. Das wäre das Klügste gewesen und wie alle Mitglieder der Moss-Familie war Maddie klug.
Also würde er das Gleiche tun. Verdammt.
Dieses Wochenende würde unangenehm werden.
Du Armer. Die leise Stimme in seinem Kopf klang wie die seines Dads. Weißt du, was wirklich unangenehm ist? Eine Gefängniszelle. Schluss mit dem Selbstmitleid.
Na gut, sein Leben war aus der Bahn geraten – aber immerhin hatte er eins und konnte es frei gestalten. Er versauerte nicht hinter schwedischen Gardinen. Selbst wenn seine Bemühungen, wieder in seiner Branche zu arbeiten, langfristig nicht von Erfolg gekrönt waren, würde er irgendwie zurechtkommen.
Doch es tat weh, daran erinnert zu werden, dass sein bester Freund und dessen ganze Familie ihn für einen gewissenlosen Mistkerl hielten und dass er seine Unschuld nicht beweisen konnte.
Das frustrierte ihn so sehr, dass er hätte explodieren können.
Bei der Strandparty gab Maddie vor, dass sie Spaß hatte. Es war ein Pavillon aufgestellt worden. Steaks und Burger wurden gegrillt. Auf einem Tisch standen Beilagen, Salate, Cocktails, Bier und Wein bereit.
Aber das Wissen, dass Jack Daly ebenfalls anwesend war, verdarb ihr den Appetit.
Nicht, dass er sich in ihrer Nähe aufgehalten oder sie auch nur angesehen hätte. Er lachte und flirtete gerade mit Oksana, einem bildschönen Model. Trix arbeitete für eine Modelagentur. Deshalb waren viele ihrer Freundinnen groß, gertenschlank und außerordentlich hübsch.
Gerade legte Oksana ihre perfekt manikürte Hand auf seinen Arm und hielt sich an ihm fest. Das hatte sie in diesen lächerlichen Schuhen wohl auch nötig. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, in High Heels und einem hautengen Etuikleid auf eine Strandparty zu gehen?
Oksana trank einen Schluck von ihrer Champagnerschorle, verlor schon wieder das Gleichgewicht und klammerte sich quietschend an Jack.
Verlass dich nicht auf ihn, Mädchen. Er wird dich fallen lassen. Dann legst du eine Bruchlandung hin.
Maddie hatte die Nase voll davon, die beiden zu beobachten. Deshalb holte sie sich selbst einen Becher Champagnerschorle von der Bar, schüttelte ihre Sandalen ab und spazierte ans Wasser, um dort die Einsamkeit zu genießen.
Der Strand war wunderschön. Es war ein kühler Abend, aber sie hatte sich für die Party ein Sweatshirt und eine abgeschnittene Jeans angezogen. Sie grub die Zehen in den kalten, nassen Sand, als sie auf die Brandung zuging.
Der Mond strahlte gespenstisch hinter den Wolken. Der Partylärm und das Prasseln des großen Lagerfeuers blieben hinter ihr zurück. Entzückt und erschrocken zugleich schnappte sie nach Luft, als das eisige Wasser plötzlich ihre Füße erfasste.
Das pulsierende Rauschen des Ozeans war erfrischend. Ahhh.
„Na, was machst du hier draußen so allein im Dunkeln?“
Sie drehte sich um. Bruce Traynor war ihr gefolgt.
„Hey, Bruce“, sagte sie höflich und war froh, dass es so dunkel war, dass sie kein Lächeln aufsetzen musste.
Bruce zuckte zurück, als das eisige Wasser seine Füße umspülte. „Scheiße!“
Maddie unterdrückte ein Kichern, als er sich hastig zurückzog.
„Na?“, fragte er. „Kommst du nicht zu mir? Meine Schuhe sind nass geworden.“
Maddie warf einen Blick auf Bruce’ teure Leinenbootsschuhe. Wer ging denn in solchen Schuhen an den Strand? Er konnte sich mit Oksana zusammentun. Die beiden hätten einander sofort verstanden.
„Ich bin extra barfuß hergekommen“, erklärte sie ihm. „Ich wate gern ins Wasser.“
Bruce zögerte kurz und stapfte dann grimmig durch den Sand auf sie zu. „Na gut, wenn du unbedingt willst“, grummelte er.
„Ich mag die Wellen eben“, meinte sie leise.
Bruce keuchte auf, als das Wasser noch einmal seine Füße überspülte. „Mein Gott, ist das kalt. Eigentlich wollte ich schon die ganze Zeit mit dir reden, aber du bist ja ständig von einer Menschenmenge umschwärmt. Wie Bienen, die vom Honig angezogen werden. Wer kann es ihnen verdenken, wenn er so süß ist?“
„Ich bin nicht süß, Bruce.“
„Das sehe ich anders.“ Bruce’ Zähne blitzten auf. „Stimmt eigentlich dieses Gerücht über deine Großmutter? Dass du heiraten musst bis … wann genau?“
„Bis zu meinem dreißigsten Geburtstag“, antwortete sie resigniert. „Im September.“
„Also bist du Jungfrau? Meine Mutter ist auch Jungfrau. Ihr würdet euch gut verstehen.“
„Meinst du?“ Maddie hatte von Bruce’ Ex-Verlobter Hilary schreckliche Geschichten über seine Mutter gehört, die ein wahrer Kontrollfreak war.
„Absolut. Ich komme gleich auf den Punkt, weil wir keine Zeit zu verlieren haben …“
„Hör genau da auf, Bruce.“
„Ich muss mir das einfach von der Seele reden. Ich bewundere dich schon seit Jahren, Maddie, und muss dir sagen …“
„Ich will es nicht hören“, unterbrach sie ihn schnell.
Aber Bruce achtete gar nicht darauf. „Es kommt vielleicht etwas plötzlich“, fuhr er fort und hob die Stimme, um sie zu übertönen. „Aber in unseren gesellschaftlichen Kreisen müssen wir pragmatisch sein. Dynastien, die verschmelzen, Vermögen, die vereint werden. Das Schicksal ganzer Nationen, du verstehst schon.“
„Das Schicksal ganzer Nationen?“ Sie hustete, um nicht laut zu lachen. „Das ist wohl etwas übertrieben.“