Heißer Abend in Florida - Cheryl Anne Porter - E-Book

Heißer Abend in Florida E-Book

CHERYL ANNE PORTER

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Beschreibung

Ein knisterndes Blind Date im sonnigen Florida? Joes sexy Fantasie wird Wirklichkeit - mit Meg, die ein wahr gewordener Männertraum ist! Verständlich also, dass Joe alles daransetzt, sie in sein Bett zu locken. Doch aus dem erotischen Intermezzo wird schon bald ein gefährliches Abenteuer …

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Seitenzahl: 210

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IMPRESSUM

Heißer Abend in Florida erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Ralf MarkmeierRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2005 by Cheryl Anne Porter Originaltitel: „Blind Date“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe TIFFANYBand 1167 - 2005 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Camilla Kneschke

Umschlagsmotive: beorm / Getty Images

Veröffentlicht im ePub Format in 07/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733736514

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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PROLOG

„Okay, ich zähle bis drei, und dann ziehen wir unsere Sachen aus. Eins …“

„Hör auf. Wir können uns nicht mitten im Kaufhaus ausziehen, Meg!“

„Warum nicht? Dann lernen sie vielleicht endlich, Umkleidekabinen da einzurichten, wo man sie braucht.“

Wendy sah Meg scharf an. „Wenn du nicht sofort aufhörst, rufe ich deine Mutter an und erzähle ihr, was du hier treibst. Ich glaube nicht, dass sie das lustig findet.“

Meg kam zu dem Schluss, dass ihre beste Freundin tatsächlich dazu in der Lage wäre. Aber sie hatte das sowieso nicht ernst gemeint. Dazu war sie viel zu konservativ erzogen worden. Es machte allerdings Spaß, darüber zu witzeln. „Na gut. Aber was nun? Hast du eine Idee?“

„Ja. Wir suchen weiter.“ Gleich darauf deutete Wendy nach links. „Da drüben. Siehst du?“

Meg erkannte einen Durchgang. „Sehr gut.“ Sofort steuerte sie darauf zu, wobei sie um eine Reihe von Ständern mit Hosen und Hemden herumgehen musste. Plötzlich legte Wendy ihr eine Hand auf den Arm. Meg drehte sich zu ihr um. „Was ist denn?“

„Da können wir nicht rein. Das sind die Männerumkleiden.“ Obwohl Wendy genauso mit Kleidung beladen war wie Meg, schaffte sie es doch, auf das Zeichen über ihnen zu deuten.

Meg blickte nach oben. „Tatsächlich. Na ja, wen kümmert das?“

„Mich. Es ist gegen das Gesetz.“

„Ich bitte dich. Früher durften Frauen auch nicht wählen gehen oder ohne BH rumlaufen – hat uns das etwa aufgehalten?“

Wendy hielt sie fest. „Da drin könnten Männer sein, die nichts anhaben.“

Meg fielen sofort athletische Polizisten und Feuerwehrmänner ein, halb nackt oder sogar ganz. Wahnsinn! „Tolle Männer ohne was an – und das soll mich hindern?“

Wendy ließ Meg los. „Und was ist, wenn sie stattdessen wie Maury aussehen?“

Meg verzog das Gesicht, als sie an ihren uralten dicken Nachbarn dachte. „Vielen Dank. Das Bild kriege ich nicht so schnell wieder aus dem Kopf. Aber ich gehe trotzdem rein. Ich bin müde, mir fallen fast die Arme ab, weil ich die Sachen schon so lange rumschleppe, und schließlich werde ich nicht jünger.“

„Das trifft auf mich ebenfalls zu, aber lass uns trotzdem noch mal darüber nachdenken.“

„Oh bitte, Wendy, das nicht.“

„Hör mir einfach zu. Wenn wir da reingehen, riskieren wir, vom Wachpersonal erwischt zu werden. Womöglich landen wir im Gefängnis, unsere Familien enterben uns, und um im Knast zu überleben, müssen wir …“

„Wie kommst du bloß auf so was?“, unterbrach Meg sie.

„Ich bin noch nicht fertig. Du musst mir versprechen, dass wir uns im Gefängnis als Paar ausgeben, damit wenigstens keine andere Frau mich haben will.“

„Du meinst das ernst, was?“ Meg war verblüfft.

Wendy nickte. „Versprich es mir. Ich warte.“

Meg wusste aus Erfahrung, dass Wendy sich nicht von der Stelle rühren würde, wenn sie nicht nachgab, also seufzte sie dramatisch. „Na gut. Falls wir ins Gefängnis kommen, tun wir so, als wären wir ein Liebespaar.“

„Und du leihst mich nicht aus, um Zigaretten oder Schokolade zu bekommen.“

Meg tat so, als müsste sie darüber nachdenken, und sofort schlug Wendy ihr heftig auf den Arm. „Autsch! Das mit den Zigaretten geht in Ordnung. Ich rauche ja sowieso nicht. Aber wenn ich mich zwischen dir und Schokolade entscheiden muss, gebe ich lieber dich auf.“

„Das ist nicht komisch.“

„Also, wenn du zu feige bist, dann such weiter nach Damenumkleidekabinen. Aber glaub nicht, dass ich auf dich warte, wenn ich mein Traumkleid gefunden habe.“

Wendy rollte mit den Augen. „Okay. Eines Tages werde ich schon noch darauf kommen, warum ich mich immer von dir zu Dummheiten überreden lasse.“

„Es ist keine Dummheit, und du tust es, weil du insgeheim meinen Mut bewunderst.“

„Ja, das stimmt.“

Mit Wendy auf den Fersen trat Meg nun in den Durchgang. Es schien niemand in der Anprobe zu sein. So mutig sie sich auch gab, eigentlich wollte sie niemanden in Verlegenheit bringen. Und ins Gefängnis wollte sie schon gar nicht.

„Um noch mal auf Maury Seeger zurückzukommen“, sagte Wendy. „Er ist schon ein außergewöhnlicher Typ.“

Meg musste lächeln. „Maury und sein Mafia-Mobil.“ Ihr kleiner alter Nachbar besaß einen riesigen schwarzen Oldtimer mit blitzenden Chromteilen. „Ich liebe Maury und seine Geschichten, besonders wenn er behauptet, in seiner Jugend bei der Mafia gewesen zu sein.“

„So gern ich ihn habe, meinst du nicht, dass bei ihm eine Schraube locker ist?“, fragte Wendy. „Oder sogar mehrere?“

Meg zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich. Aber bei wem nicht? Komm. Die Kabinen sind alle leer.“ Sie suchte sich eine aus und gab Wendy ein Zeichen, die daneben zu nehmen. „Übrigens, habe ich dir schon erzählt, dass ich am Samstag mit Maurys Großneffen ausgehe?“

„Ja. Deshalb komme ich ja drauf.“ Wendy war inzwischen in der Kabine nebenan. Sie sprach lauter. „Dieser Typ hat zum Teil die gleichen Gene wie Maury. Hast du darüber mal nachgedacht? Und was ist mit Carl? Immerhin hast du dich erst am letzten Wochenende von ihm getrennt. Bist du sicher, dass es vorbei ist?“

„Absolut sicher. Carl ist ein verlogener Mistkerl.“ Meg hatte ihn mit einer anderen Frau erwischt. „Ich habe die Abende jetzt frei. Warum sollte ich nicht ausgehen? Außerdem ist das ja gar keine richtige Verabredung.“

„Wenn es keine ist, warum musst du dann unbedingt mitten in der Woche ein neues Kleid kaufen?“, zog Wendy sie auf.

„Muss ich gar nicht. Wir sind deinetwegen hier. Du suchst doch etwas, das du am Freitag im Flugzeug tragen kannst.“ Meg legte ihre Tasche weg und öffnete den Reißverschluss ihres Kleides. „Ich hatte nur das Glück, ein paar Sachen zu entdecken, die mir gefallen. Außerdem schadet es doch nichts, einen guten ersten Eindruck zu machen.“

„Ich wusste es! Und du behauptest, das wäre keine richtige Verabredung.“

„Es ist auch keine. Ich tue nur Maury einen Gefallen.“ Meg beschloss, zuerst ein rotes Leinenkleid mit bunter Stickerei am Saum anzuprobieren. „Ich habe Maury gern, und er hat mich gebeten, seinem Neffen Tampa zu zeigen. Also mache ich eine Stadtrundfahrt mit ihm.“ Meg hatte inzwischen nur noch Slip und BH an und stieg in das rote Kleid.

„Meg, ist dir klar, dass dieser Typ ein Serienmörder sein könnte?“

Meg zog das Kleid hoch und verrenkte sich, um den Reißverschluss zu schließen. „Es ist ja nicht so, als hätte ich ihn irgendwo von der Straße aufgelesen. Der Mann ist Vorarbeiter in einer Baufirma in Colorado.“ Sie bewunderte sich selbst im Spiegel. Das Kleid passte perfekt. „Hast du Glück da nebenan? Mir gefällt dieses rote Leinenkleid sehr gut.“

„Wirklich? Ich bin nicht so sicher, was das blaue Kostüm angeht. Es gefällt mir zwar, aber wenn ich es auf der Reise tragen will, muss es bequem sein. Vielleicht brauche ich es eine Nummer größer.“ Sie seufzte.

Meg hörte eine Tür aufgehen. Wendy verließ die Kabine. „Warte hier auf mich, okay? Ich bin angezogen und habe meine Tasche bei mir. Ich suche mir ein Kostüm, das eine Nummer größer ist.“

„In Ordnung.“ Meg griff hinter sich, um den Reißverschluss wieder aufzuziehen, doch bevor sie Erfolg hatte, verhakte er sich.

Meg tastete nach der Problemstelle, fand sie und schnitt eine Grimasse. Na toll. Der Reißverschluss war an dem Spitzenbesatz ihres Slips hängen geblieben. Nun musste sie es entweder so ausziehen – zusammen mit dem Slip –, dass sie von der Taille abwärts nackt dastehen würde, oder sie musste warten. Wo war Wendy, wenn sie gebraucht wurde?

In diesem Moment fiel nebenan die Tür zu. Wendy war wieder da! Meg öffnete die Tür ihrer Kabine, trat zur nächsten und klopfte. „Hey, bevor du deine Sachen ausziehst, komm doch mal raus und hilf mir. Der Reißverschluss hängt an meinem Slip fest.“

Joe Rossi stand in der Kabine, hatte bereits sein Hemd ausgezogen und überlegte, ob er eben richtig gehört hatte. Es hatte geklopft, und eine weibliche Stimme hatte etwas von einem Reißverschluss und einem Slip gesagt. Und die Frau brauchte seine Hilfe.

So etwas geschah nicht jeden Tag.

Aber was zum Teufel tat die Frau hier? Verwechselte sie ihn mit ihrem Freund oder Ehemann? Wahrscheinlich. Es würde bestimmt lustig werden, wenn sie ihren Irrtum erkannte. Joe konnte nicht widerstehen. Er öffnete die Tür. Gleich würde er der Frau ins Gesicht sehen, und beide würden sich köstlich amüsieren.

Nur hatte er jetzt nicht ihr Gesicht vor sich. Eher im Gegenteil – sie stand mit dem Rücken zu ihm und hatte die Hände in Taillenhöhe, um das Kleid etwas von ihrem Körper wegzuhalten. Den Kopf hatte sie vorgebeugt, und ihr glänzendes dunkles Haar fiel ihr über die Schultern. Joe schluckte. Wenn diese Frau von vorn auch nur halb so hübsch war wie von hinten, war sie wirklich umwerfend. Sie war durchschnittlich groß, hatte eine tolle Figur und leicht gebräunte Haut. Ihr BH war weiß und mit Spitze besetzt. Ihr Kleid war hinten bis unterhalb der Taille offen. Und der Reißverschluss hing wirklich am Slip fest.

Joe fühlte sich hin- und hergerissen. Er wünschte sich, er könnte ihr helfen, aber er wollte sie lieber nicht berühren. Nicht, dass er sich das nicht gewünscht hätte. Nur wagte er es nicht, ohne dass er sie vorher über den Irrtum aufgeklärt hatte.

„Was tust du denn da hinten?“, fragte sie jetzt. „Probier doch mal, ob du den Reißverschluss von meinem Slip lösen kannst. Ich will das Kleid so nicht ausziehen müssen. Es wäre doch wirklich peinlich, ohne Slip hier rumzustehen.“

„Für Sie mehr als für mich“, erwiderte Joe.

Die Frau erstarrte. Dann hob sie ruckartig den Kopf, drehte sich um und sah Joe schockiert an.

„Nicht schreien.“ Joe hob die Hände. „Es ist okay. Ich werde Ihnen nichts tun.“

„Sie haben kein Hemd an.“

„Stimmt, wir sind schließlich in einer Umkleide.“ Joe stellte fest, dass die Frau von vorn genauso attraktiv war wie von hinten. Und ihre weit aufgerissenen braunen Augen waren faszinierend. Sie hatte sinnliche rosige Lippen, einen schlanken Hals, volle Brüste … Joe wandte sich wieder den Augen zu. „Ich wollte gerade ein Hemd anprobieren, als Sie geklopft haben. Ich kann es Ihnen zeigen.“

„Nicht nötig.“ Sie klang atemlos. „Das ist mir ja so peinlich. Ich dachte, Sie wären jemand anders.“ Sie steckte sich eine Strähne ihres rotbraunen Haars hinters Ohr. „Sie war vor einer Minute noch hier.“

„Sie?“ Joe horchte interessiert auf.

„Ja. Meine Freundin Wendy.“ Die Frau musterte Joe und wedelte mit der Hand. „Wahnsinn. Ich bin Ihnen vorher noch nie begegnet, und da halte ich Ihnen meine vier Buchstaben direkt vors Gesicht.“

„Na ja, nicht vor mein Gesicht.“ Joe war ziemlich durcheinander, weil diese Frau so attraktiv war. Er musste etwas sagen. Irgendwas. „Was tun Sie überhaupt in einer Herrenkabine?“

Sie verzog die Nase, was Joe niedlich fand, und seufzte. „Das ist eine lange Geschichte, und ich komme dabei nicht besonders gut weg, also lasse ich es lieber.“ Sie trat einen Schritt zurück und hielt ihr Kleid hinten zusammen. „Außerdem sollte ich jetzt gehen. Es tut mir leid. Ich habe Sie wirklich für meine Freundin gehalten.“

Joe war klar, dass er das Folgende nicht sagen sollte, da er ja immerhin fast verlobt war, aber er tat es trotzdem. „Ich könnte Ihr Freund sein, wenn Sie möchten.“

Sie sah einen Moment lang so aus, als wäre sie in Versuchung, aber dann schmunzelte sie und schüttelte den Kopf. „Ein Kerl wie Sie? Wenn Sie für mich nichts weiter als ein Freund sein wollten, müsste ich mich umbringen.“

Joe amüsierte sich über ihre schlagfertige Antwort, obwohl sie ihn gleichzeitig in Verlegenheit brachte. Außerdem faszinierten ihn diese braunen Augen total. „Also, was tun wir jetzt?“

Sie hob die Augenbrauen. „Wir tun gar nichts. Tatsächlich hoffe ich, dass wir uns nie wieder begegnen, weil dies wohl der peinlichste Moment meines Lebens ist.“

Joe war enttäuscht. „Sind Sie sicher?“

Sie verzog das Gesicht. „Na ja, abgesehen von der Highschool, als ich vom Sprungbrett gesprungen bin und sich das Oberteil meines Bikinis hochgeschoben hat.“

„Nein, ich meine, ob Sie sicher sind, dass wir uns nicht wiedersehen können.“ Er konnte nicht fassen, dass er das gesagt hatte. Dazu hatte er kein Recht. Aber trotzdem wünschte er sich irgendwie, dass diese zufällige Begegnung zu etwas führen würde.

„Du lieber Himmel.“ Die Frau bedeckte ihr Gesicht mit den Händen, aber Joe erkannte doch, dass sie rot geworden war. „Zuerst rede ich von meinem Po und dann von meinen Brüsten.“ Sie sprach durch die Finger hindurch. „Können Sie nicht einfach in Ihre Kabine zurückkehren und so tun, als hätten Sie mich nie gesehen?“

„Sicher kann ich zurückgehen, aber es wird mir verdammt schwer fallen, Sie zu vergessen.“

1. KAPITEL

„Es ist Freitagabend“, sagte Meg zu sich selbst. „Du bist allein in deinem Apartment, hast nichts weiter vor, als in ein Kaufhaus zu gehen, und du redest mit dir selbst. Ist das nicht traurig?“ Sie griff nach ihrer Tasche, schaltete das Licht im Schlafzimmer aus und ging ins Wohnzimmer. Wenigstens hatte sie eine schöne Wohnung. Sie wohnte in einem Gebäude, in dem es über zweihundert Apartments gab. Es war die beste Adresse für junge Singles in Tampa.

Und sie sah gut aus in ihrem neuen weißen T-Shirt und der Khakihose. Leider konnte Wendy sie darin nicht sehen. Wendy war inzwischen zu einer Hochzeit in Dallas unterwegs. Aber Meg hatte Ferien. Endlich. Eine ganze Woche lang musste sie keine Achtjährigen unterrichten. Und morgen hatte sie eine Verabredung, auch wenn es keine richtige war. Eine Verabredung mit einem anderen Mann als Carl, dem treulosen Footballtrainer der Highschool. Das Leben war in Ordnung.

Allerdings wäre es noch besser gewesen, wenn sie statt mit Maurys Großneffen mit dem tollen Kerl aus dem Kaufhaus hätte ausgehen können. Seit dem Vorfall vor zwei Tagen plagten Meg wilde Träume von diesem Mann – mit Sex in einer Umkleidekabine. Als sie jetzt daran dachte, zog sich gleich wieder etwas in ihr zusammen. „Na toll. Eine einzige Begegnung mit einem Typ in engen Jeans, und schon bin ich bereit, in Fahrstühlen, Flugzeugen und wo auch immer Sex mit ihm zu haben.“

Sie seufzte voller Bedauern und kramte in einer Schublade, wo sie Pfefferspray fand. Wegen Wendys Gerede über Serienmörder steckte sie die Dose jetzt in ihre Handtasche. „Moment. Die Autoschlüssel.“ Während sie danach suchte, dachte sie wieder an ihre Freundin. Es war Wendys jüngere Schwester, die heiratete. „Jünger. Das tut weh.“

Meg war missgestimmt. Mit ihren immerhin schon fünfundzwanzig Jahren waren ein weißes Kleid und ein Ehering nicht einmal ansatzweise in Sicht.

Sie fand die Schlüssel, zog den Reißverschluss der Tasche zu und wünschte sich, sie hätte ihre Gefühle unter Kontrolle. Aber Hochzeiten brachten eine Frau anscheinend immer dazu, ihr Liebesleben zu überdenken. „Was für ein Liebesleben?“ Sie sah auf die Uhr. „Fast sieben. Zeit fürs Einkaufen.“

Sie ging zum Sofa, wo sie die Tüte aus dem Kaufhaus abgestellt hatte. Das rote Kleid hatte zu Hause doch nicht mehr so toll ausgesehen. Als Meg nach der Tüte griff, sah sie ihr Spiegelbild und musterte sich. Immerhin konnte man ja nicht wissen, wer noch an einem Freitagabend im Einkaufszentrum sein würde. Womöglich ein aufregender Mann, der ein Hemd umtauschen wollte, das er gerade erst gekauft hatte.

Meg überprüfte ihr Make-up, ihre Kleidung, ihre Frisur, und war schockiert. Seit wann standen ihre Haare denn an den Seiten so ab?

Sie schob es hinter die Ohren. „Lieber Himmel, es ist gar nicht das Haar. Es sind die Ohren. Die habe ich von Dad geerbt. Damit könnte ich ja fliegen …“

Das Telefon klingelte. Meg vermutete, es sei ihre Mutter, die auf telepathische Weise mitbekommen hatte, dass ihre Tochter etwas Negatives über die Ohren ihres Vaters gesagt hatte. „Hallo“, meldete sie sich.

Es war eindeutig nicht ihre Mutter. Warum hatte Meg bloß kein Telefon, auf dem sie die Nummer des Anrufers erkennen konnte? „Hallo, Carl. Was willst du?“

Sie hörte einen Moment lang zu, dann hatte sie genug. „Weißt du was? Es ist zu spät. Was ist denn mit deiner anderen Freundin? Ja, ich bin immer noch wütend. Und nein, ich glaube kaum, dass ich dir verzeihen werde. Ich will nicht mal mit dir reden.“ Sie wartete einen Moment, aber offenbar begriff er es nicht. „Nein, du kannst nicht herkommen. Es gibt nichts zu besprechen. Außerdem habe ich schon was vor.“

Auch Einkaufen war ja etwas, das man vorhatte. „Nein, Carl. Ich werde nicht hier sein. Ich schwöre es. Was? Ja, tatsächlich fällt es mir leicht, über dich hinwegzukommen. Das schockiert dich, was? Oh, ich meine es wirklich ernst. Ich bin über dich hinweg. Nein, ich werde nicht hier sein. Und jetzt lege ich auf. Tschüs.“

Obwohl sie ihn immer noch reden hörte, schaltete sie das Telefon ab und stellte es in die Basisstation. „So, du nichtswürdiger …“

Ein Klopfen unterbrach sie. Sie trat instinktiv zur Tür, aber dann zögerte sie. Stand Carl womöglich da draußen? Hatte er von seinem Handy aus angerufen? So ein Trick würde ihm ähnlich sehen. „Na, der kriegt einen Empfang bereitet, den er so schnell nicht vergessen wird!“

Sie trat wütend zur Tür. Warum konnte es nicht der nette Typ aus dem Kaufhaus sein, der draußen stand? 1,80 Meter groß, blaue Augen, hellbraunes Haar. Aber das war nur ein Traum. Wen bekam sie wirklich? Den blöden Carl mit seinem Handy.

Meg riss die Tür auf. „Also, das finde ich kein bisschen komisch. Ich habe dir gesagt, du sollst nicht herkommen, du …“ Sie brach ab und traute ihren Augen nicht. Es war nicht Carl. „Du meine Güte, ich habe Sie schon wieder für jemand anderen gehalten!“, rief sie. „Was tun Sie hier?“

Der 1,80 Meter große tolle Typ aus der Umkleidekabine starrte sie schockiert an. „Sie!“

„Sie auch!“ Das war einfach zu bizarr. Meg fühlte sich plötzlich so schwach, als würde sie jeden Moment in Ohnmacht fallen. Also trat sie zurück und knallte dem Mann die Tür vor der Nase zu.

„Nicht …“ Zu spät. Joe klopfte wieder an die Tür. „Hey, geht es Ihnen gut?“ Er wartete. Es kam keine Antwort. Was jetzt? „Hallo?“, rief er. „Alles okay?“

Während er sich noch Sorgen machte, versuchte ein anderer Teil seines Gehirns die Tatsache zu verarbeiten, dass es tatsächlich die umwerfende Frau aus der Umkleidekabine war. Und sie war immer noch genauso attraktiv wie in seiner Erinnerung. Aber das konnte doch einfach nicht wahr sein. Wenn er beim Spielen in Las Vegas genauso viel Glück gehabt hätte, hätte ihm bald die ganze Stadt gehört.

Joe sah sich nach jemandem um, der ihm hätte helfen können. Vier Stockwerke unter ihm befand sich ein Innenhof mit einer tropischen Landschaft und Parkbänken, aber nirgendwo war ein Mensch zu sehen. Er drehte sich wieder um und klopfte. „Wenn Sie nicht sofort aufmachen, werde ich den Hausmeister holen. Hören Sie mich?“

„Ich höre Sie“, kam eine gedämpfte Stimme von drinnen. „Und es geht mir gut. Ich hatte nur nicht mit Ihnen gerechnet. Ich dachte, es wäre der blöde Carl.“

„Der muss wirklich Mist gebaut haben“, vermutete Joe.

„Allerdings.“

Joe trat näher an die Tür, weil ihm bewusst wurde, wie dieses Gebrüll auf die Nachbarn wirken könnte. „Ich kann alles erklären, wenn Sie die Tür öffnen. Sie wissen doch schon, dass ich nicht Carl bin, und ich schwöre Ihnen, dass ich Sie nicht verfolgt habe. Maury Seeger hat mich geschickt.“

Einen Moment herrschte Schweigen. „Sind Sie ein Profikiller?“, wollte die Person hinter der Tür verständlicherweise wissen.

Offenbar hatte Onkel Maury wieder Mafiageschichten erzählt. „Nein.“

„Würden Sie es mir sagen, wenn Sie einer wären?“

„Wahrscheinlich nicht. Aber denken Sie mal einen Moment nach. Hat Maury Ihnen keinen Besucher angekündigt?“

„Doch. Wie heißen Sie? Und wo wohnen Sie?“

Das war ein Test. „Joe Rossi, und ich lebe in Denver.“

„Was tun Sie dort?“

„Ich bin Vorarbeiter auf dem Bau.“

„Okay, und wie heiße ich? Und ja, ich weiß es natürlich. Ich will nur hören, ob Sie es auch wissen.“

„Das dachte ich mir.“ Er holte einen Zettel aus der Tasche. „Meg Kendall?“

„Richtig. Also, was tun Sie hier, Joe Rossi?“

„Wir sind um sieben verabredet.“

Die Tür ging auf. Die sexy Brünette schnitt eine Grimasse. „Nein. Das ist morgen Abend. Und es ist nicht wirklich eine Verabredung.“

„Nein, das ist heute, was auch immer es ist.“ Joe konnte sich an Meg nicht satt sehen. Sie hatte Humor und eine sinnliche Ausstrahlung. Irgendwie dachte er unwillkürlich an Sonntagnachmittage im Bett. Sie würden miteinander lachen und sich lieben … Er riss sich zusammen. „Geht es Ihnen gut? Ich meine, Sie haben eben noch so schockiert gewirkt.“

„Ja, alles in Ordnung. Es war bloß so eine Überraschung. Aber unsere Verabredung ist erst morgen.“

Genau wie in der Umkleidekabine musterte sie ihn auch jetzt von oben bis unten. Joe fühlte sich wie ein Stück Fleisch, das taxiert wird. Beleidigt war er deshalb nicht im Geringsten, er musste sich eher davon abhalten, eine besondere Pose einzunehmen, in der sein Bizeps gut zur Geltung kam. „Und doch bin ich hier. Heute.“

„Das ist mir aufgefallen. Und Sie sind Maury Seegers Neffe?“

„Nein, sein Großneffe. Meine Großmutter war die Schwester seiner verstorbenen Frau.“

„Das klingt kompliziert.“

„Das war doch bisher alles.“

„Richtig. Aber nur damit Sie es wissen …“ Meg kniff die Augen zusammen und verschränkte die Arme. „Ich habe Pfefferspray in meiner Handtasche, und ich fürchte mich nicht davor, es zu benutzen.“

Das gab Joe zu denken. „Okay, aber dann sollten Sie wissen, dass ich ein kleines Schweizer Messer bei mir habe, dessen Funktionen mir zum größten Teil überhaupt nicht klar sind.“

Während Meg diese Information noch verarbeitete, musterte Joe nun sie von oben bis unten. Sie sah hübsch aus in ihrer Hose. Lange Beine. Und es war beachtlich, wie sie ihr T-Shirt ausfüllte. Ihr Haar sah aus, als wäre sie gerade eben aus dem Bett gestiegen, zerwuschelt und verführerisch.

Als das Schweigen zwischen ihnen allmählich unbehaglich wurde, sagte Joe: „Haben Sie in letzter Zeit ein paar hübsche Kleidungsstücke anprobiert?“

Diese Bemerkung war Meg offensichtlich peinlich, obwohl sie gleichzeitig amüsiert wirkte. „Ich kann nicht fassen, dass ich das getan habe.“

Joe grinste. „Es war aber gar nicht so schrecklich, oder?“

Sie drohte ihm mit einem Finger. „Doch. Und ich habe Ihnen gesagt, dass wir uns nie wiedersehen können.“

„Ich kann mich nicht erinnern, zugestimmt zu haben.“

„Stimmt. Aber dann müssen Sie wenigstens versprechen, dass Sie den Vorfall unter keinen Umständen je wieder erwähnen werden.“

Joe war ziemlich sicher, dass Meg einen Scherz vertragen konnte, auch wenn er gegen sie gerichtet war. „Sie meinen den Teil, wo Sie halbnackt in der Herrenabteilung gestanden und mir Ihr Hinterteil vors Gesicht gehalten haben?“

Sie schlug nach seinem Arm – traf aber nicht, weil er rechtzeitig zurückwich. „Ich habe gesagt, Sie sollen das nie wieder erwähnen.“

Joe hob beide Hände. „Okay, es ist für immer begraben. Ich schwöre es.“

„Gut.“ Sie lehnte sich an den Türrahmen und verschränkte die Arme unter den herrlichen Brüsten. Joe wünschte sich, sie würde das nicht tun, weil sie dadurch seine Aufmerksamkeit auf ihre Oberweite lenkte. Oder vielleicht wünschte er es sich auch nicht. „Also ernsthaft, was tun Sie heute hier? Maury hat von Samstagabend gesprochen.“

„Zu mir hat er Freitag gesagt. Manchmal verwechselt er etwas.“

„Ich weiß.“ Megs Gesicht wurde weich. „Aber er ist so ein netter Kerl. Allerdings kann ich Ihnen heute nicht die Stadt zeigen, Joe.“ Sie warf einen Blick in ihr Apartment. „Oder doch. Vielleicht sollte ich es sogar tun. Ich will nicht hier sein, wenn …“

„Reden wir gerade von Carl?“

Sie rümpfte die Nase, als würde sie etwas Unangenehmes riechen. „Ja. Ich habe ihm gesagt, dass er nicht herkommen soll, weil ich schon etwas vorhabe.“

„Wobei Sie nicht an mich gedacht haben.“

„Richtig. Ich muss ein Kleid zurückbringen. Das bedeutet, dass ich auch im Moment nichts anzuziehen habe. Und das bedeutet, dass wir heute nicht ausgehen können.“

Joe versuchte prinzipiell nicht, weibliche Logik zu verstehen. Allerdings hätte er fast geantwortet, sie könne auch nackt gehen, wenn es nach ihm ging. „Na ja, falls Ihnen das etwas bedeutet, ich finde, Sie sehen toll aus, so wie Sie sind.“

Sie blickte an sich hinunter. „Ich weiß nicht. Ich wollte das rote Leinenkleid mit der Stickerei tragen. Aber dann mochte ich es doch nicht so richtig und habe beschlossen, es zurückzubringen. Das ist Ihnen allerdings egal, oder?“