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Heiter und unterhaltsam in die Weihnachtszeit: 2 Romane und 66 Kurzgeschichten von Alfred Bekker Über diesen Band: Dieser Band enthält folgende Bücher: Der Goldstrauch und 66 weitere Kurzgeschichten Die Fehde am Bergsee (Roman) Der Wildschütz und die Jägerstochter (Roman) Die Kurzgeschichten dieses Bandes sind echte Bestseller. Sie wurden jeweils dutzendfach in Illustrierten, Tageszeitungen, Wochendbeilagen, Feuilletons und Kalendern abgedruckt und erreichten dort ein Millionenpublikum. Manche von ihnen schafften es sogar bis in den Rundfunk. Es geht um tägliche Begebenheiten, humorvolle Ereignisse Seine Romane wurden im Laufe der Jahrzehnte immer wieder neu aufgelegt und nachgedruckt. ALFRED BEKKER IST EIN bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Science Fiction, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jonas Herlin, Adrian Leschek, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell.
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Heiter und unterhaltsam in die Weihnachtszeit: 2 Romane und 66 Kurzgeschichten
Alfred Bekker
Published by Alfred Bekker, 2021.
Title Page
Heiter und unterhaltsam in die Weihnachtszeit: 2 Romane und 66 Kurzgeschichten
Copyright
Der Goldstrauch und 66 weitere Kurzgeschichten für zwischendurch
Der Goldstrauch und 66 weitere Kurzgeschichten für zwischendurch | Alfred Bekker
Copyright
Der Schlüssel | Alfred Bekker
Dinosaurier auf dem Mars | Alfred Bekker
In letzter Instanz | Alfred Bekker
Die alte Schachtel
Gespenster | Alfred Bekker
Das Leben des Lazarus | Alfred Bekker
Rücksicht auf den Nikolaus | Alfred Bekker
Wasser | Alfred Bekker
Feuerlöscher | Alfred Bekker
Der Gartenzwerg | Alfred Bekker
So viele Krähen | Alfred Bekker
Ein Brief für die Kleine | Alfred Bekker
Die Delikatesse | Alfred Bekker
Der Pudding | Alfred Bekker
Die Fütterung der Kuscheltiere | Alfred Bekker
Das Haus an der Ecke | Alfred Bekker
Der Goldstrauch
Unverschämte Nachbarn | Alfred Bekker
Der Fernsehskandal | Alfred Bekker
Das Glöckchen | Alfred Bekker
Kopf ab! | Alfred Bekker
Tabu-Brecher | Alfred Bekker
Ein Botschafter mit Taktgefühl | Alfred Bekker
Der Gesundheitsapostel | Alfred Bekker
Der Kanarienvogel | Alfred Bekker
Das Strafgericht | Alfred Bekker
Ein dicker Fang | Alfred Bekker
Ordnung muss sein! | Alfred Bekker
Der Geist von Laika | Alfred Bekker
Keine Fortschritte | Alfred Bekker
Der Diakon | Alfred Bekker
Der Urahn | Alfred Bekker
Die Verpackungskünstler | Alfred Bekker
Der Vorkoster | Alfred Bekker
Immer erreichbar | Alfred Bekker
Der verschwundene Müllberg | Alfred Bekker
Die bunten Kugeln | Alfred Bekker
Der Mann mit den dunklen Haaren | Alfred Bekker
Das Erbe des Autohassers | Alfred Bekker
Milde Gaben | Alfred Bekker
Die Wölfe | Alfred Bekker
Die Ehrenrunde | Alfred Bekker
Die Fortbildung | Alfred Bekker
Die sizilianische Braut | Alfred Bekker
Der Strandordner | Alfred Bekker
Der Griff nach dem Ring | Alfred Bekker
Die Brille | Alfred Bekker
Die Einbrecherin | Alfred Bekker
Die Schlange | Alfred Bekker
Die Frage | Alfred Bekker
Miss World | Alfred Bekker
Räuber und Gendarm | Alfred Bekker
Kreuze im Klassenzimmer | Alfred Bekker
In der schlimmen alten Zeit | Alfred Bekker
Der Fotoapparat | Alfred Bekker
Ab ins Altenheim | Alfred Bekker
Der Anfang | Alfred Bekker
Kein Platz bei den Babies | Alfred Bekker
Das Buch der Saison | Alfred Bekker
Der Glückspfennig | Alfred Bekker
Der Goldgräber | Alfred Bekker
Berufswünsche | Alfred Bekker
Der Regenmacher | Alfred Bekker
Der Lügendetektor | Alfred Bekker
Svenjas Notruf | Alfred Bekker
Der kleine dicke Mops | Alfred Bekker
Der Baum
Heimat-Roman Sonder-Edition - Die Fehde am Bergsee
Die Fehde am Bergsee
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Alfred Bekker Heimat-Roman: Der Wildschütz und die Jägerstochter
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Der Wildschütz und die Jägerstochter
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Heiter und unterhaltsam in die Weihnachtszeit: 2 Romane und 66 Kurzgeschichten
von Alfred Bekker
Über diesen Band:
Dieser Band enthält folgende Bücher:
Der Goldstrauch und 66 weitere Kurzgeschichten
Die Fehde am Bergsee (Roman)
Der Wildschütz und die Jägerstochter (Roman)
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Die Kurzgeschichten dieses Bandes sind echte Bestseller. Sie wurden jeweils dutzendfach in Illustrierten, Tageszeitungen, Wochendbeilagen, Feuilletons und Kalendern abgedruckt und erreichten dort ein Millionenpublikum. Manche von ihnen schafften es sogar bis in den Rundfunk.
Es geht um tägliche Begebenheiten, humorvolle Ereignisse
Seine Romane wurden im Laufe der Jahrzehnte immer wieder neu aufgelegt und nachgedruckt.
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ALFRED BEKKER IST EIN bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Science Fiction, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jonas Herlin, Adrian Leschek, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker (https://www.lovelybooks.de/autor/Alfred-Bekker/)
© Roman by Author / COVERFOTO MARA LAUE
© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten.
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Der Goldstrauch und 66 weitere Kurzgeschichten für zwischendurch
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Die Kurzgeschichten dieses Bandes sind echte Bestseller. Sie wurden jeweils dutzendfach in Illustrierten, Tageszeitungen, Wochendbeilagen, Feuilletons und Kalendern abgedruckt und erreichten dort ein Millionenpublikum. Manche von ihnen schafften es sogar bis in den Rundfunk.
Es geht um tägliche Begebenheiten, humorvolle Ereignisse, Kinder und ihre Sicht der Welt, Erlebnisse auf Reisen oder die erste Liebe - aber immer mit humorvoller Pointe.
Ideale Urlaubslektüre für zwischendurch!
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker
© by Author /COVER Mara Laue
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© dieser Ausgabe 2019 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten.
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Es war mitten in der Nacht, als der kleine Junge aufwachte.
Wenn es hell war, konnte er von seinem Bett aus durch die halboffene Tür in den Flur sehen.Aber jetzt sah er zunächst nichts als ein Meer aus dunklen Schatten.
Eine ganze Weile lang lag er einfach nur still da und wartete darauf, daß er wieder einschlief. Aber er schlief nicht ein. Sein Blick ging in der Dunkelheit umher und dann glaubte er plötzlich, eine Bewegung zu sehen. Er hatte das Gefühl als ob eine kalte Hand sich auf seine Schultern legte. Das Herz schlug ihm bis zum Hals...
Es war im Flur und sah aus wie der Schatten einer übergroßen Spinne, die langsam die Wand emporkroch.
Vielleicht träume ich nur! dachte der Junge einen Moment lang, während er sich die Bettdecke bis zur Nasenspitze hochzog und einen Moment lang die Augen schloß. Aber als er den kalten Luftzug an seinen nackten Füßen spürte, war ihm klar, daß er nicht träumte. Er wagte einen zweiten Blick zu dem spinnenartigen Ding an der Wand...
Es war noch immer da und bewegte sich langsam empor.
Seltsame Schatten waberten zu beiden Seiten. Der Junge schrie so laut er konnte.
Dann tauchte plötzlich etwas weißes aus der Dunkelheit heraus auf. Eine Gestalt in einem fließendem Gewand, die näherkam und sich schließlich über ihn beugte.
"Was ist denn los?"
Es war seine Mutter. Er erkannte ihre Stimme und jetzt auch ihr Gesicht. Der Junge faßte ihre Hand und deutete zur Tür, hinaus auf den Flur.
"Dort! Mama, siehst du nicht die Spinne?"
Die Mutter schaute in dieselbe Richtung und schüttelte den Kopf. "Nein. Du hast bestimmt geträumt!"
"Ich habe nicht geträumt!"
"Es gibt Träume, die so wirklich zu sein scheinen, daß man hinterher im ersten Moment gar nicht weiß, was tatsächlich geschehen ist!"
"Mama..."
"Am besten, du legst dich wieder hin und schläfst..."
"Da... Da ist es! An der Wand! Es kommt die Tapete hoch!"
Sie runzelte die Stirn. "Dort, im Flur?"
"Ja!"
"Das sind nur Schatten!"
"Es ist ein Tier!"
Die Mutter sah ihn an. "Laß uns in den Flur gehen und nachschauen!" Sie nahm ihn bei der Hand, die er fest umklammert hielt.
"Gut", sagte er schließlich.
Zögernd folgte er ihr in den Flur. "Dort!" flüsterte er.
Es war noch größer, als er gedacht hatte! Ein spinnenartiges Wesen, so groß wie ein Fußball! Ihn fröstelte.
"Ich mache Licht!" hörte er die Stimme seiner Mutter.
Sie ließ ihn einen Moment lang los und er stand ganz allein dem spinnenartigen Etwas gegenüber. Ein Schauder ging ihm über den Rücken. Er fühlte den kalten Steinfußboden unter seinen nackten Füßen und rührte sich nicht.
Dann ging das Licht an.
Die Schatten waren verschwunden und das spinnenartige Ding verwandelte sich in etwas anderes, Vertrautes.
Der Junge sah einen großen, hölzernen Schlüssel, der mit Filz überzogen war. An diesem befanden sich kleine Häkchen, an denen mindestens ein Dutzend kleine Schlüssel aufgehängt waren. Einige erkannte der Junge wieder. Den fürs Auto zum Beispiel oder den für den Dachboden, der durch seinen gezackten Bart auffiel.
"Ich glaube, ich kann jetzt wieder schlafen", sagte der Junge schließlich.
Als er wenig später wieder im Bett lag und die Mutter das Licht im Flur gelöscht hatte, verwandelte sich der große Schlüssel mit den vielen kleinen Schlüsseln erneut in das spinnenartige Etwas, das es zuvor gewesen war.
Aber der Junge lächelte.
"Gute Nacht", hörte er seine Mutter sagen.
"Gute Nacht", sagte er.
Er hatte keine Angst mehr.
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Brent stieg vorsichtig in das Loch an der Grabungsstelle hinein, was in dem klobigen Druckanzug gar nicht so einfach war. Sikorski folgte ihm.
"Hier ist es also!" sagte Brent mit spöttischem Unterton. "Das Loch, das der Menschheit Aufschluß über die Frühgeschichte des Mars geben soll!" - "Sie sind gestern mit dem Raumtransporter angekommen, nicht wahr?" fragte Sikorski. "Ja." - "Geologe?" - "Geologe und Paläontologe." -"Dann haben Sie also Saurierknochen ausgegraben!" lachte Sikorski. - "Stimmt!" murmelte Brent.
Sikorski schien ziemlich redselig zu sein.
"Haben Sie Fritz Malmgren schon kennengelernt?"
Brent nickte. "Sie meinen den Leiter der Marsstation? Ja, ich habe kurz mit ihm gesprochen." - "Nehmen Sie sich vor ihm in acht", warnte Sikorski.
"In wie fern?" Brent wandte sich zu seinem Kollegen herum und sah, daß Sikorski grinste.
"Malmgren ist eine wissenschaftliche Kapazität, deshalb hat man ihm auch die Leitung der Marsstation übergeben. Aber das hält ihn nicht davon ab, seine Mitarbeiter mit üblen Streichen zu traktieren." - "So?"
"Er soll bei Ausgrabungen in Palästina einem Kollegen eine Tontafel mit althebräischen Schriftzeichen in die Schicht gelegt haben, die dort eigentlich nicht hätte auftauchen dürfen. Der Kollege dachte schon an eine archäologische Sensation, bis er die Zeichen transkribiert hatte..." Sikorski brach ab und kicherte. "Was stand drauf?" fragte Brent.
"Fritz was here." - "Sehr witzig!"
Brent gab die nächsten Tage auf den Leiter der Marsstation Acht, aber entweder Sikorski hatte ihm ein Märchen erzählt, um einen Keil zwischen ihn und seinen Vorgesetzten zu treiben, oder Fritz Malmgren hatte seine Neigung inzwischen abgelegt.
Die Marstage gingen mit der täglichen Arbeit dahin. Meter für Meter wurden die Bodenschichten auf ihre Beschaffenheit untersucht, um aus den Ergebnissen Rückschlüsse auf die geologische Entwicklung des Plane-ten ziehen zu können. Brent hatte zwar mit Sikorski zusammenzuarbeiten, aber er verstand sich nicht besonders gut mit ihm. Eine Wand schien zwischen den beiden Männern zu stehen. Brent hatte den Eindruck, daß Sikorski ihn, den Neuen auf der Station, als eine Art Eindringling und Konkurrenten sah. Ein Grund mehr, nichts auf das zu geben, was er über den Stationsleiter gesagt hatte, zumal dieser sich als äußerst umgänglich und kameradschaftlich erwies.
Einige Wochen später war Brent dann einmal allein draußen bei der Ausgrabungsstelle, weil Sikorski sich nicht gut gefühlt hatte und vom Stationsarzt arbeitsunfähig geschrieben worden war. Brent machte seine Arbeit wie immer. Doch dann glaubte er plötzlich seinen Augen nicht zu trauen. Er holte etwas Längliches aus dem Marsgeröll, das etwa die Länge eines Menschenarms hatte. Ein Knochen! Die Erkenntnis traf Brent wie ein Schlag vor den Kopf... Einen solchen Knochen hatte er schon ge-sehen, da war er sich absolut sicher! Es war der Knochen eines Dinosau-riers!
*
Brent brachte den Knochen zur Marsstation, ohne daß er irgendwem davon erzählte. Er hatte eine Ahnung, wollte aber erst sichergehen, bevor er den anderen von seinem Fund berichtete. Brent setzte sich an den Computer, um in der Datenbank nachzuforschen. Es fiel ihm schwer, sich zu konzentrieren, denn ständig gingen ihm die Konsequenzen durch den Kopf, die der Fund eines Saurierknochens auf dem Mars nach sich zogen. Als erstes war da natürlich die Frage, wie er hier her kam. Unwahrschein-lich, daß frühere Expeditionen ihn mitgebracht und dann mehrere Meter tief verscharrt hatten. Was, wenn es unter den urzeitlichen Reptilien intelligente Arten gegeben hätte? Vielleicht sogar so intelligent, daß sie in der Lage gewesen waren, Raumschiffe zu bauen und zum Mars zu fliegen?
Warum eigentlich nicht? dachte Brent. Man hatte auch lange geglaubt, daß die Saurier Kaltblüter gewesen waren, was sich längst als Irrtum herausgestellt hatte. Warum sollte nicht auch die Meinung, nach der es sich bei den Urzeitriesen ausschließlich um kleinhirnige Dummköpfe gehandelt hatte, eines Tages revidiert werden? Brent gelang es schließlich, den Knochen zu identifizieren. Die Größenverhältnisse stimmten...
Es gab kaum einen Zweifel! Brent betrachtete den Knochen noch einmal genau und begann, ihn zu säubern. Die Materialanalyse würde letzte Gewißheit geben.
Dann tauchte unter dem feinen Staub plötzlich eine winzige Erhebung auf. Ein Schriftzug. Made in Taiwan.
Wütend schaltete Brent den Computer ab.
"Fritz!"
"Bist du nicht vielleicht etwas zu weit gegangen, Franz?" Franz Loewe drehte sich stirnrunzelnd zu seiner Frau herum, während er sich seine blaue Krawatte um den Hals band. Es war jene mit dem goldfarbenen Emblem der Post, was an diesem Tag nicht einer gewissen Ironie entbehrte.
"Zu weit?" fragte Loewe verständnislos. "Ich habe nur eingefordert, was mir zustand! Nicht mehr, aber auch nicht weniger!" - "Ja, schon, aber..." - "Ich weiß gar nicht, was du hast! Ein einfacher Postbediensteter wird nun mal nicht so bezahlt, daß er das Geld mit vollen Händen verschenken könnte! Wir drehen jeden Pfennig um! Das weißt du so gut wie ich!" Seine Frau trat auf ihn zu, lächelte und zog ihm die Krawatte zurecht. "Sicher, meinte sie. "Aber einen solchen Streit über alle gerichtlichen Instanzen hin zu treiben..." Franz Loewe hob ein wenig den Kopf und meinte dann mit bedeutungsschwerer Stimme: "Recht muß doch Recht bleiben, oder etwa nicht? Selbst wenn es gegen den eigenen Arbeitgeber geht!" - "Franz..." - "Dreißig Jahre lang war ich im Dienst immer korrekt! Da kann man ja wohl erwarten, daß man jetzt auch korrekt zu mir ist!" - "Und wenn sie dir diesmal wieder nicht zugestehen wollen, worauf du ein Recht hast? Wir haben soviel Geld für Anwalt und Gerichtskosten ausgegeben! Vier Jahre geht dieser Streit nun schon, wenn ich richtig rechne!"
Franz Loewe strich seiner Frau sanft übers Haar. "Das heutige Urteil wird alles zu einem guten Ende führen!"
Seine Frau seufzte. "Das hast du beim letzten Mal auch gesagt! Und dann war doch nicht Schluß!"
Er lachte. "Aber nach der heutigen Verhandlung ist ganz bestimmt Schluß! Das ist nämlich die letzte Instanz."
*
"Unsere Chancen stehen gar nicht schlecht", meinte Franz Loewes Anwalt vor Beginn der Verhandlung. Loewe machte ein skeptisches Gesicht und überprüfte nochmals den korrekten Sitz seiner Krawatte. "Ich hoffe nur, daß Sie diesmal recht haben!" erwiderte er dann. Der Anwalt der Gegen-partei, ein blaßgesichtiger Mann mit graumeliertem Haar eilte schnell vorbei und grüßte mit einem Lächeln, daß kaum von einem Zähneblecken zu unterscheiden war. Loewe kannte ihn noch vom letzten Mal und erinnerte sich nur zu gut an den unangenehmen Klang seiner schneidenden Stimme.
"Diesmal werden Sie Ihr blaues Wunder erleben!" rief Loewe ihm hinterher, woraufhin der Grauhaarige kurz vor der Tür zum Sitzungszimmer buchstäblich auf dem Absatz stehen blieb und sich dann ganz langsam herumdrehte. Der Grauhaarige setzte sein geschäftsmäßiges Lächeln auf und wisperte kühl: "Ich glaube nicht, daß es Ihnen gelingen wird, mit Ihren ungerechtfertigten finanziellen Ansprüchen die Allgemeinheit zu belasten! Ich werde jedenfalls alles tun, um das zu verhindern!"
"Was würde Ihre Seite denn zu einer außergerichtlichen Lösung des Falles sagen?" mischte sich jetzt Loewes Anwalt in das Gespräch ein, erntete dafür von seinem Mandanten allerdings nur einen bösen Blick.
"Ein Vergleich?" fragte der Grauhaarige und verzog dabei den Mund, so als hätte er ein unanständiges Wort benutzt. "Herr Loewe kann seine Klage gegen die Post ja zurückziehen, sofern er eingesehen hat, daß seine Ansprüche unberechtigt sind!" Damit ging der Grauhaarige dann weiter. Franz Loewe wandte sich wütend an seinen Anwalt. "Ich hatte Sie nicht ermächtigt, mit der Gegenseite über einen Vergleich zu sprechen!"
"Ich wollte nur mal in dieser Hinsicht vorfühlen..." - "Unterlassen Sie das in Zukunft, ja? Ich will mein Recht! Nicht mehr, aber auch keinen Pfennig weniger!"
Der Anwalt seufzte. "Wie Sie wollen", sagte er. "Meine Honorarsätze kennen Sie inzwischen ja wohl in und auswendig!" Er sah auf die Uhr.
"Besser, wenn wir jetzt auch in den Sitzungsaal gehen. Es macht immer einen schlechten Eindruck, wenn man zu spät kommt!"
*
Die Verhandlung begann. Franz Loewe verfolgte gespannt die Argumente, die die beiden Anwälte austauschten. Den meisten konnte er nicht so recht folgen. Sein Anwalt hatte ihm dringend geraten, sich diesmal zurückzuhalten, nachdem Loewe in der vorhergehenden Instanz den Richter beleidigt hatte. Er hielt sich daran, obgleich es ihm sichtlich schwer-fiel. Schließlich zog das Gericht sich zur Beratung zurück. Dann folgte die Urteilsverkündung. Es war ein höchstrichterliches Grundsatzurteil.
Ein Arbeitnehmer, der von seinem Arbeitgeber angewiesen wird, an einem Erste-Hilfe-Kurs teilzunehmen, so das Gericht, müsse auch für die dabei entstehenden Fahrtkosten aufkommen. Auf Franz Loewes Gesicht erschien der Ausdruck tiefster Zufriedenheit und Genugtuung, als er den vorsitzenden Richter sagen hörte: "Die beklagte Post wird daher verurteilt, dem Kläger die seinerzeit vorenthaltenen Fahrtkosten in Höhe von 4,20 DM einschließlich der in den vergangenen vier Jahren angefallenen banküblichen Zinsen auszuzahlen."
Tante Änne schleppte sich mühsam die Treppe hinauf. Auf jedem Absatz machte sie halt und rang erst einmal nach Luft. Dann hatte sie es schließlich in den dritten Stock geschafft, wo die Familie ihres jüngsten Neffen wohnte. Die Tür stand einen Spalt offen. Jemand hatte vergessen, sie hinter sich zuzuma-chen. Wahrscheinlich die Kinder. Ein mildes Lächeln ging über Tante Ännes faltiges Gesicht. Vorsichtig trat sie in die Wohnung ein. Ihre Krampfadern machten ihr wieder ziemlich zu schaffen. Ein paar Schritte ging sie den Flur entlang, dann hörte sie Stimmen aus dem Wohnzimmer. Eigentlich hatte sie jetzt lauthals auf sich aufmerksam machen wollen, so wie es sonst stets ihre Art gewesen war, aber der Treppenaufstieg hatte sie sehr angestrengt und so mußte sie erst erneut nach Luft schnappen und tief durchatmen. Doch als sie das getan hatte, verschlug es ihr buchstäblich die Sprache.
"Meinst du nicht, daß Tante Änne..." Die Stimme ihres Neffen wurde abrupt von der seiner Frau unterbrochen.
"Ach, Dieter!" sagte diese verächtlich. "Diese alte Schachtel..." - "Na, erlaube mal!" - "Ja, schau sie dir doch an! In den letzten dreißig Jahren ist sie nicht gerade schöner geworden! Also, wenn du mich fragst: Ich könnte gut auf sie verzichten..." Dieter seufzte und unternahm dann einen erneuten Anlauf. "Aber Tante Änne..." - "Nein, Dieter, wir können uns so nicht sehenlassen!" Tante Änne schluckte.
Eine alte Schachtel! Das dachten sie also über sie. Und dabei hatte sie immer nur das Beste für Dieter und seine Familie gewollt und ihm auch finanziell unter die Arme gegrif-fen. Und das ist nun der Dank! ging es ihr bitter durch den Kopf, während ihre Augen feucht wurden. Selbst ihre Erspar-nisse hätte Dieter nach ihrem Tod geerbt, das hatte sie te-stamentarisch festgelegt. Sie selbst hatte nie Kinder gehabt und so war ihr Neffe Dieter von Anfang an so eine Art Kindes-ersatz für sie gewesen. Kein Geburtstagsgeschenk konnte groß genug für ihn sein und als er geheiratet hatte, hatte sie dem jungen Paar die Wohnzimmereinrichtung spendiert.
Einen Moment lang stand sie da wie betäubt.
Es ist Carola! durchzuckte es sie dann siedend heiß und mit auflodernder Wut. Tante Änne war von Anfang an skeptisch gewesen, ob Carola für ihren Dieter die Richtige war. Aber zunächst hatte es den Anschein gehabt, als wären die Zweifel der Tante unbegründet gewesen. Carola schien wider Erwarten eine liebenswerte Person zu sein - doch nun stellte sich alles als nichts weiter als eine Maske heraus. Eine gute Schauspielerin ist sie ja gewesen! mußte Tante Änne zugeben.
Tante Änne wandte sich zum wütend zum Gehen und stieß dabei gegen eine Vase, die krachend zu Boden ging und in tausend Scherben zersprang. Die Wohnzimmertür ging indessen auf.
"Tante Änne!" war Dieters erstaunte Stimme zu hören. "Du bist hier?" Tante Änne wandte sich zu ihrem verdutzten Neffen herum, der zusammen mit seiner Frau in den Flur getreten war.
"Wie du siehst!" - "Warum hast du nichts gesagt?"
"Ich habe durch Zufall euer Gespräch mitbekommen.
Eigentlich ist es ja nicht meine Art, zu lauschen, aber es ließ sich nicht vermeiden, daß ich ein paar Dinge mitbekommen habe, die wohl nicht für meine Ohren bestimmt waren!"
"Oh", machte Carola und wurde ein wenig rot. Von Tante Änne erntete die junge Frau dafür nur einen abschätzigen Blick.
"Jetzt weiß ich also, wie ihr über mich denkt! Ich bin vielleicht eine alte Schachtel, aber ich lasse mich nicht so ohne weiteres ausnutzen!" Und damit ging sie davon. In der Wohnungstür drehte sie sich noch einmal herum. "Mein Testa-ment werde ich wohl auch ändern!" setzte sie dann noch hinzu.
"Tante Änne!" begann Dieter, aber seine Tante ließ ihm keine Chance. Irgendwelche faulen Ausreden wollte sie sich jetzt nicht auftischen lassen! - "Es gibt nichts mehr zu sagen!" rief sie und wandte sich um.
Tante Änne war kaum zu Hause angekommen , da läutete das Telefon. Das wird Dieter sein! ging es ihr durch den Kopf. Einen Augenblick lang war sie versucht abzunehmen, blieb dann aber doch standhaft. Nein, so einfach würde sie es ihm nicht machen. Wenn er sie erst an den Hörer bekam, würde seine sanfte, sympathisch klingende Stimme sie über kurz oder lang einwickeln. Wie er das zu machen hatte, hatte er schon ge-wußt, als er noch ein kleiner Junge gewesen war. Diesmal aber nicht! sagte sie sich. Die Verletzung war einfach zu tief.
Eine alte Schachtel! Wie ein Messer waren diese Worte in ihre Seele gefahren. Den ganzen restlichen Tag über nahm sie das Telefon nicht ab, obwohl es immer wieder klingelte und sie sich ziemlich sicher war, daß Dieter versuchte, sie zu er-reichen. Ja, jetzt tut es ihnen leid! dachte Tante Änne grim-mig. Jetzt, da sie erfahren haben, daß ich sie in meinem Testament bedacht habe! Aber sie werden keinen Pfennig bekommen! Gleich am folgenden Tag ging sie zu dem Notar, bei dem sie ihren letzten Willen hinterlegt hatte und vermachte ihr Erspartes der örtlichen Kirchengemeinde. Als sie nach Hause zurückkehrte, sah sie Dieter mit einem Blumenstrauß vor der Tür stehen. Tante Änne verbarg sich hinter einer Ecke und wartete, bis er das Klingeln aufgegeben hatte, wieder in sei-nen Wagen stieg und davonfuhr. Auch in den nächsten Tagen nahm sie den Telefonhörer nicht ab. Schließlich klingelte der Apparat nicht mehr, aber das steigerte ihre Verbitterung nur nur noch. Schließlich war sie fast soweit, selbst zum Hörer zu greifen und zu sagen, daß sie alles nicht so gemeint hät-te. Sollten sie in ihr ruhig eine alte Schachtel sehen, das war immer noch besser, als völlig abgeschrieben zu sein!
Plötzlich läutete es an der Tür. Es war der Paketbote.
Tante Änne sah auf den Absender. Es war Dieter mit seiner Familie. Hastig öffnete sie das Paket und starrte bewegt auf den Inhalt. Ein Brief lag dabei. Sie nahm ihn, hielt ihn ins Licht und las: Liebe Tante Änne! Wir wissen nicht, weshalb du am Samstag so überstürzt und im Zorn davongegangen bist und jeden Kontakt abgebrochen hast. So mußten wir dir dein Geburtstagsgeschenk mit der Post zusenden. Es ist eine alte, inzwischen sehr wertvolle Hutschachtel, die ich auf einem Trödelmarkt erworben habe. Carola war zwar erst skeptisch, ob das wirklich ein angemessenes Geschenk für dich sein könnte, aber als ich ihr davon erzählte, daß du diese Schachteln sammelst, hat sie zugestimmt. Alles Liebe - Dieter, Carola und die Kinder.
Tante Änne hatte kaum zu Ende gelesen, da ging ihr Griff zum Telefon.
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"Unsere Schwester weigert sich einfach, einem Verkauf zuzustimmen!" seufzte Thomas Gerner und ließ sich resigniert in den Sessel fallen. Sein Bruder Hans zog die Augenbrauen hoch. "Und ich dachte, du hättest den besseren Draht zu Anna!Hast du ihr gesagt, daß sie sich für ihren Anteil leicht eine Eigentums-wohnung leisten kann und daß es außerdem sicher nicht im Sinne unserer verstorbenen Eltern ist, wenn einer von uns in finanzielle Schwierigkeiten kommt, nur weil die Auszahlung des Erbes verzögert wird! Verzögert wohlgemerkt! Denn mehr wird sie nicht bewirken können!" - "Auf dem Ohr ist sie taub!" erwiderte Thomas. "Sie will das Haus unserer Eltern nicht verkaufen, weil sie fest daran glaubt, daß ihre Seelen noch dort umherwandeln!" Hans zuckte die Achseln. "Das meint sie doch nicht ernst!" - "Ich fürchte doch", sagte Thomas. "Seit ihr Mann tot ist hat sie solche Anwandlungen, nimmt an spiritistischen Sitzungen teil, beschäftigt sich mit okkultistischer Literatur..." - "Mit anderen Wor-ten: Sie fängt an, verrückt zu werden!" stellte Hans kühl fest. "Vielleicht wäre das ein Ansatzpunkt, um juristisch gegen Anna vorzugehen!" Aber Thomas schüttelte den Kopf. "Das dauert zu lange!" meinte er. "Und ich brauche das Geld jetzt!" - "Hast du eine bessere Idee?" fragte Hans, schon fast resignie-rend. Thomas beugte sich etwas vor. Die Ahnung eines Lächelns huschte über sein Gesicht. "Vielleicht kommen wir doch noch ohne einen langwierigen Rechtsstreit zu unserem Geld!"
Zwei Tage später besuchte Thomas Gerner erneut seine Schwester. "Wenn du wieder hier bist, um mich zu überreden, dann sage ich dir gleich, daß das zwecklos ist!" begrüßte Anna ihn. Thomas hob die Hände. "Keine Sorge! Ich habe deinen Standpunkt akzeptiert." - "Wirklich?" - "Ich bin aus einem anderen Grund hier. Du interessierst dich doch seit einiger Zeit für Okkultismus, nicht wahr?" - "Ja." Anna lächelte. "Heute ist mein Glückstag. Ich habe es ausgependelt!" - "Na, wie schön für dich!" Über Thomas' Gesicht ging ein müdes Lächeln. Sie wird wirklich wunderlich! dachte er. Dann nahm er seine Schwester bei den Schultern und sagte mit ernstem Gesicht: "Würdest du nicht gerne noch einmal die Stimme von Mutter oder Vater hören?" - "Natürlich! Ihre Körper sind tot, aber ihre Seelen leben. Davon bin ich überzeugt! Auch wenn ein nüchterne-rer Mensch wie du darüber lacht!" Thomas überging die letzte Bemerkung und er-klärte: "Ich bin per Zufall auf jemanden gestoßen, der behauptet, die Stimmen der Toten für die Ohren der Lebenden hörbar machen zu können." - "Ach, ja?" "Du wirst das Verfahren sicher aus deinen okkultistischen Büchern kennen: Die Astralstimmen der Toten hinterlassen auf magnetischen Tonbändern Spuren..."
"Ja", fiel Anna, sich ihrer umfangreichen Lektüre erinnernd, ein. "Eigentlich hört man nur ein Rauschen, aber wenn dieses verstärkt, kann man die Stimmen der Toten hören..." Sie war ganz aufgeregt. "Ich wußte gar nicht, daß du dich mit solchen Dingen auskennst..." Thomas verzog das Gesicht. "Da bist du aber erstaunt, was?" - "Kann man wohl sagen! Und du hast keinen Hintergedanken da-bei?" - "Anna! Die Sache mit dem Haus ist abgehakt. Ich sehe, wie hohlwangig du geworden bist. Du scheinst dich nicht gut zu fühlen, und da möchte ich dir einfach einen Herzenswunsch erfüllen. Hast du Donnerstag Zeit?" - "Ja." -"Gut.
Hans und unsere Frauen werden auch kommen." Da schöpfte Anna Verdacht. "Wa-rum?" fragte sie. Thomas lächelte. "Weil wir genügend psychische Energien brauchen, um die Seelen der Toten anzulocken. Muß ich dir das wirklich sagen?"
Am Donnerstag Abend trafen sie sich im Haus der verstorbenen Eltern und setzten sich um den großen Wohnzimmertisch herum. Der angebliche Spezialist für die Stimmen aus dem Jenseits stellte sich als ein gewisser Schmidt vor, im Hauptberuf Radio- und Fernsehtechniker. Er stellte seine Apparaturen auf den Tisch und richtete die empfindlichen Mikrofone aus. Dann wandte er sich Anna.
"Konzentrieren Sie sich auf ihre Eltern.Sie müssen Ihre gesamte psychische Energie sammeln, sonst klappt es nicht!" - "Gut", sagte sie. Schmidt ließ den Blick umherschweifen. "Das gilt natürlich auch für alle anderen", erklärte er.
Dann faßten sich alle an den Händen und schwiegen eine ganze Weile lang, bis Schmidt fand, daß es genug sei. "Wenn Ihre toten Eltern eine Botschaft an Sie haben, dann werden wir sie gleich hören können", versprach Schmidt und spulte das Tonband zurück. Dann schloß er den Verstärker an. Zunächst war nur Rauschen zu hören. Es klang, als ob ganz in der Nähe die Brandung des Meeres ge-wesen wäre, so weit hatte Schmidt den Lautstärkeregler aufgedreht. Und dann war plötzlich etwas zu hören, das wie eine Frauenstimme klang. "Mutter!" rief Anna. "Stellen Sie lauter, Herr Schmidt!" Schmidt gehorchte, während Thomas und Hans sich triumphierend angrinsten. Die Stimme war durch das permanente Rauschen und Knacken hindurch nur schwer zu verstehen und wirkte brüchig.
"Ich hatte also recht!"stieß Anna hervor. "Ihre Seele ist noch hier, in diesem Haus!" - "Verkauft das Haus, meine Kinder!" krächzte indessen die Stimme. "Verkauft das Haus, sonst kann meine Seele keine Ruhe finden!" - "Mutter!" rief Anna, aber dann kam nur noch Rauschen. Eine Weile saßen sie alle stumm im Kreis, dann sagte Schmidt: "Ich glaube, es kommt nichts mehr!" Er wollte das Gerät abschalten, aber Anna fuhr dazwischen. "Warten Sie!" befahl sie und lauschte angestrengt. "Da ist Vaters Stimme! Mein Gott, das ist Vater!" rief sie. "Ich höre nichts", erklärte Thomas. Aus dem Rauschen konnte man alles Mögliche heraushören, wenn man wollte. Anna horchte indessen angestrengt, bis sich ihre Gesichtszüge schließlich entspannten. "Sie sind sich nicht einig, was mit dem Haus geschehen soll", erklärte Anna dann. "Mutter will es verkaufen, doch das liegt nur daran, weil sie den psychischen Druck ihrer Söhne nicht ertragen kann. Sie hat ihnen ja auch früher immer schon leicht nachgegeben! Aber Vater will nicht nachgeben! Und ich auch nicht!" Sie atmete tief durch und sagte dann an Thomas gewandt: "Wenn es noch einer letz-ten Gewißheit bedurft hätte: Jetzt ist sie da! Ich werde mich mit Händen und Füßen einem Verkauf widersetzen!" Später knöpften die beiden Brüder sich den Mann namens Schmidt vor. "Ich habe keine Erklärung dafür!" stammelte dieser.
"Auf dem Band war nichts weiter als das, was ich dorthin präperiert hatte! Den Rest muß Ihre Schwester sich eingebildet haben!"
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(Erzählung nach einer zypriotischen Legende /6708 Zeichen)
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Im vierten Jahrhundert residierte in Larnaka auf Zypern ein Bischoff namens Lazarus. Er war ein hagerer, nachdenklich wirkender Mann mit grauen Haaren und ebenso grauen Augen, dessen Alter unmöglich zu bestimmen war. Seine Villa, im römischen Atrium-Stil errichtet, gehörte zu den prächtigsten der Stadt, doch er lebte sehr zurückgezogen. Niemand wußte genaueres über ihn, weder über sein Alter, noch über seine Herkunft oder seine Vergangenheit. Die Menschen begeg-neten ihm mit einer Mischung aus Respekt und Scheu. Die Scheu kam durch das Geheimnisvolle, daß Lazarus zu umgeben schien, der Respekt durch sein Amt und die Art und Weise, wie er es ausfüllte. Aber Lazarus blieb ein kühl wirkender, unnahbarer Mann. Seit Menschengedenken hatte er nicht ein einziges Mal ge-lächelt. Zumindest hatte ihn niemand dabei gesehen. Ein obskurer Wunderheiler, den er einmal seiner Gelenkschmerzen wegen konsultiert hatte, hatte später behauptet, daß ein Fluch über dem Bischoff liege. Ein Fluch, der erst von ihm genommen würde, wenn er wieder lächeln könnte. Seit der Kaiser den christli-chen Bischöffen auch die Gerichtsbarkeit übertragen hatte, hatte Lazarus sich auch als Richter einen guten Ruf erworben.
Einmal wurde ihm in dieser Eigenschaft ein zwölfjähriges, verdrecktes und in Lumpen gewandetes Mädchen vorgeführt, das beschuldigt wurde, einen Gemüsehändler bestohlen zu haben. Aber Lazarus sprach das Mädchen frei, da es für seine Schuld keinerlei Beweise gab. Der Gemüsehändler war außer sich.
"Schon zum dritten Mal hat sie mich bestohlen!" rief er. "Ich habe mir dieses schmuddelige Gesicht gemerkt!" Und dann spuckte er verächtlich aus. "Der Kaiser war nicht gut beraten, euch Christen zu Richtern zu machen! Kaum jeder dritte Bürger in unserer Stadt bekennt sich zu eurem Glauben, aber das Recht sollte für alle da sein!" - "So ist es", bestätigte Lazarus ruhig.
"Wenn hier noch römisches Recht gesprochen würde, dann hätte das Urteil heute anders ausgesehen und der Schmutzfink dort drüben wäre verurteilt und hart bestraft worden!" behauptete der Gemüsehändler. Lazarus schüttelte den Kopf. "Du irrst dich!" erklärte er. "Das Mädchen ist nicht verurteilt worden, weil hier noch immer römisches Recht gesprochen wird!" - "Pah!" machte der Gemüsehändler und zog wütend davon. Das Mädchen, das abwartend in einer Ecke gekauert hatte, wollte auch gehen, aber Lazarus bedeutete ihm mit einem Zeichen, zu bleiben. Als niemand mehr im Raum war, fragte der Bischoff: "Warum hast du den Gemüsehändler bestohlen?" - "Ich...", wollte das Mädchen beginnen, brach dann aber ab, als es in die eisgrauen Augen ihres Gegenübers blickte, die alles zu wissen schienen. Dann sagte es: "Weil ich Hunger hatte."
Der Bischoff nickte. "Hast du keine Eltern?" - "Sie sind an der Pestilenz gestorben. Seitdem lebe ich auf der Straße. Von dem, was ich erbetteln oder stehlen kann." Sie blickte ihn selbstbewußt an. "Willst du mich jetzt doch noch bestrafen?" - "Nein. Die Gerichtsverhandlung ist jetzt vorbei." - "Was willst du dann noch von mir? Warum läßt du mich nicht gehen?" - "Komm", sagte Lazarus. "Die Speisekammer meines Hauses ist gut gefüllt. Nimm dir, soviel du essen kannst!" Das Mädchen sah den Bischoff ungläubig an, doch der achtete nicht weiter auf sie, sondern ging in Richtung der Speisekammer. Das Mädchen folgte Lazarus und dieser ließ sie dann einige Zeit in der Kammer allein. Sie lud sich soviel auf, wie sie tragen konnte und kehrte dann in den großen Saal zurück, in dem der Bischoff Gericht gehalten hatte. Lazarus saß in sich zusam-mengesunken auf einem prächtig verzierten Stuhl. "Ich danke dir!" sagte das Mädchen. "Willst du nicht erst etwas essen, bevor du wieder gehst?" fragte Lazarus. Das Mädchen überlegte kurz, dann ging es zu dem großen Holztisch, legte die Sachen, die es sich genommen hatte, darauf ab und begann gierig seine Zähne in einen Brotlaib zu schlagen. Lazarus sah dem Mädchen dabei zu und als es den ersten Hunger gestillt hatte, bemerkte es dies und blickte auf.
"Meine Eltern waren auch Christen", berichtete es. "So wie du!" Lazarus'
Gesicht blieb bewegungslos. Das Mädchen fragte indessen: "Lebst du ganz allein hier in diesem riesigen Haus? Wo sind deine Bediensteten? Hast du keine Frau oder Kinder?" - "Ich hatte eine Frau, aber das ist lange her." - "Was ist mit ihr?" - "Sie ist gestorben. Aber das war lange, bevor ich Bischoff wurde. Und lange bevor ich nach Zypern kam..." Er sah das Mädchen nachdenklich an und sagte dann: "Du bist seit langem der erste Mensch, den ich in mein Haus ein-geladen habe!" - "Du mußt ein guter Mensch sein", sagte das Mädchen. "Obwohl du eine wichtige Persönlichkeit in der Stadt bist, hast du ein Herz für jeman-den wie mich! Leute wie du können sich nämlich gar nicht vorstellen, wie es ist, Hunger zu haben,im Dreck zu leben und nicht zu wissen, ob man den näch-sten Tag erlebt." Lazarus sah sie an. "Ich kann es mir vorstellen", sagte er.
"Ach, ja? Warst du denn auch einmal arm?" - "Schlimmer." - "Krank?" - "Ich war tot", sagte Lazarus und dem Mädchen blieb dabei der Bissen buchstäblich im Hals stecken. Ihre Eltern waren Christen gewesen und so kannte sie vermutlich die Geschichte von dem Lazarus, den Jesus von den Toten erweckt hatte. "Das kann nicht sein", flüsterte sie. "Du willst mich auf den Arm nehmen!" - "Es ist ein Geheimnis und die bist die erste, der ich es anvertraue." - "Du kannst nicht der Lazarus sein! Diese Geschichte hat sich vor Jahrhunderten begeben!
Kein Mensch könnte so lange leben!" - "Außer jenem Lazarus!" erwiderte der Bischoff. "Es scheint, als könnte ich nicht sterben, seit er mich berühr-te!" -"Dann sei froh!" meinte das Mädchen. "Du bist unsterblich wie die Götter der Heiden, wenn es wahr ist, was du mir erzählst!" Und bei sich dachte sie: Ich werde die letzte sein, die an seinen Worten zweifelt, solange ich von sei-nem Brot esse! "Ich bin müde", sagte Lazarus "So unendlich müde nach all den Jahrhunderten. Ich würde mich gerne hinlegen und einschlafen, um dann nie wieder aufzuwachen und so etwas wie Frieden zu finden..." - "Ein seltsamer Wunsch. Du wurdest zum Leben erweckt und wünschst dir den Tod!" Der Bischoff machte eine wegwerfende Bewegung. "Kümmere dich nicht um mein Geschwätz", sagte er. "Iß und bleib so lange du willst!"
Da lächelte das Mädchen. Und Lazarus konnte nicht anders, als seine harten Züge zu lockern. Er lächelte - und starb.
Später fand man nichts weiter, als ein leeres Gewand auf dem Stuhl.
"Nikolaus - was soll das denn!" rief die vierzehnjährige Tanja außer sich. Sie hatte gerade anderthalb Stunden das Bad blockiert, um sich die Haare zu stylen. Jetzt saß sie am Küchentisch und verdrehte genervt die Augen. "Das ist doch was für Kleinkinder!" - "Tanja!" versuchte ihre Mutter erfolglos zu besänftigen.
"Ja, ist doch war!" schimpfte das Mädchen. "Wir wollten heute ins Kino!"
"Wer ist 'wir'?" fragte die Mutter stirnrunzelnd.
"Na, unsere Clique!"
"Das Kino beginnt doch erst um acht! Da kommst du in jedem Fall noch pünktlich!"
"Wir wollten uns aber etwas früher treffen!"
"Dann kommst du eben etwas später!" Der Tonfall der Mutter machte jetzt deutlich, daß sie in dieser Sache nicht mit sich handeln lassen würde! Ihr Blick ging zu ihrer Linken, wo noch jemand saß, dem der Nikolaustag auf die Nerven zu gehen schien. Philipp war zwölf und würde zu spät zur Mannschaftssitzung seiner Fußballmannschaft kommen, die morgen ein entscheidendes Spiel vor sich hatte.
"Na, du bist ja nicht gerade begeistert", meinte die Mutter sanft.
"Natürlich nicht!" brummte Philipp. "Soll ich dir sagen, was passiert? Der Trainer wird mich morgen nicht aufstellen, wenn ich heute zu spät komme!"
"Er wird dich aufstellen!" war sich die Mutter sicher.
"Ja, du weißt es sicher am besten!" knurrte der Junge.
"Ich habe mit deinem Trainer telefoniert. Das geht schon in Ordnung. Er hat Verständnis dafür, daß so eine familiäre Nikolaus-Feier Vorrang hat!"
Philipp sah seine Mutter völlig entgeistert an. "Mama! Wie konntest du mich so blamieren!"
"Blamieren? Weshalb?"
"Wenn es durchdringt, daß ich wegen so einem Kinderkram zu spät gekommen bin, dann..."
"Nun hör mir mal gut zu!" sagte die Mutter, während Tanja sich an ihren Nägeln herumfeilte. "Das gilt auch für dich, mein Fräulein!" - "Ja,ja..." - "Für euch ist das vielleicht Kinderkram, aber denkt doch auch mal an eure kleine Schwe-ster! Für Christine ist der Nikolaus noch sehr wichtig! Was würde sie wohl denken, daß die ganze Familie reiß aus nimmt, wenn Papa nachher in sein Nikolauskostüm schlüpft, ums Haus poltert und an die Tür klopft?"
"Hm", brummte Philipp.
"Macht der Kleinen das bitte nicht kaputt, ja?"
"Wenn's sein muß!" murmelte Tanja und verdrehte dabei besonders kunstvoll die Augen.
"Es muß sein. Ihr hattet früher schließlich auch großen Spaß daran!"
Philipp wollte noch etwas sagen, aber in diesem Moment ging die Küchentür auf und Christine kam herein, und so schwieg er. "Kommt bald der Nikolaus?" fragte sie und dabei leuchte-ten ihre Augen hell und erwartungsfroh.
"Aber sicher!" war die Mutter zu vernehmen. "Horch mal!
Vielleicht hörst du ihn schon."
"Wo ist eigentlich Papa? Ich kann ihn nirgends finden!"
fragte die Kleine dann plötzlich.
"Er ist noch im Büro", erwiderte die Mutter.
"So spät?"
"Ja.Heute hat er länger zu tun."
"Dann verpaßt er ja den Nikolaus!"
"Der Nikolaus läßt ihm sicher ein Päckchen da, das wir ihm dann nachher geben können."
In diesem Moment polterte es rund um das Haus herum. Mal an dem einen, dann wieder an dem anderen Fenster. "Ist er das?"
fragte Christine, während Tanja leise seufzte. "Vermutlich!"
meinte die Mutter. Dann klopfte es auch schon an der Tür.
Christine legte ihre Hand in die der Mutter und war ganz aufgeregt. "Laß uns aufmachen!" forderte sie.
Sie gingen zur Haustür und öffneten. Draußen stand der Nikolaus in seinem roten Gewand. Der weiße Bart umrahmte sein gütiges Gesicht. Für jeden hatte er ein Päckchen und ein paar teils ermunternde, teils ermahnende Worte. Die kleine Christine stand mit großen Augen und offenem Mund da und staunte über das Päckchen in ihren Händen, während Philipp verstohlen zur Uhr blickte. Schließlich verabschiedete sich der Nikolaus wieder. Tanja und Philipp nahmen sich kaum Zeit dazu, ihre Geschenke aufzumachen und liefen dann auch schon zu ihren Verabredungen.
Als sie gegangen waren, wandte Christine sich mit vertraulichem Tonfall an ihre Mutter. "Du, der Nikolaus war doch Papa, nicht wahr? Ich hab's an der Stimme erkannt! Ich wollte das gerade nicht so sagen, um Tanja und Philipp den Spaß nicht zu verderben..."
Seit dem Tod seiner Frau war Herr Wolff ein seltsamer alter Mann geworden, dessen Bissigkeit seinem Nachnamen alle Ehre machte. Kaum ein Jahr hatte es gedauert, da war sein Haar vollständig ergraut und seine Augen hatten ein feindseliges, mißtrauisches Funkeln bekommen. Als eine Nachbarin nach ihm sehen wollte, hatte er erst nach langem, ausdauern-dem Klingeln die Tür geöffnet und dabei ein Luftgewehr im Anschlag ge-habt. Da stand es für alle fest: Herr Wolff war verrückt geworden. In der Folgezeit verkaufte er die Gärtnerei, die er dreißig Jahre lang be-trieben hatte und begann damit, um sein Wohnhaus eine mannshohe Mauer aus Sandstein zu ziehen.
"Ein bißchen seltsam war er ja immer schon", begannen die Leute über ihn zu reden. "Wußten Sie, daß er seine Gewächshäuser immer mit einer Alarmanlage gesichert hatte?" -"Ach!" -"Ja, das muß man sich mal vor-stellen! Als ob ein Einbrecher es auf Tulpenzwiebeln abgesehen haben könnte!" -"Schon seltsam. Der Postbote hat mir erzählt, daß er nicht einmal mehr die Tür öffnet, um ein Einschreiben anzunehmen!"
Herr Wolff verbrachte seine Tage zumeist im Obergeschoß seines Hauses. An eines der Fenster hatte er sich einen Spiegel montiert, um sehen zu können, wer sich an der Tür befand. Er öffnete jedoch so gut wie nie. Wer konnte da schließlich schon an der Tür sehen? Der auf-dringliche Prediger einer obskuren Sekte vielleicht, ein Verkäufer von Zeitschriftenabonnements oder Versicherungen, möglicherweise sogar einer dieser gefürchteten Trickbetrüger, vor denen im Fernsehen immer gewarnt wurde. Wer auch immer es war, besser er öffnete nicht.
Eines Nachts wurde Herr Wolff dann gar mitten in der Nacht durch heftiges Klingeln und Klopfen geweckt.
Wutentbrannt fuhr er von seinem Bett hoch. Am Fenster stand sicher-heitshalber das Luftgewehr. Für alle Fälle. Man konnte ja schließlich nie wissen. "Aufmachen!" rief von unten eine Stimme. "So machen Sie doch auf!"
Na, dir werde ich's zeigen! schoß es Herrn Wolff ärgerlich durch den Kopf. Er schlurfte zum Fenster, riß es auf und blickte hinaus. Im Schein der Straßenlaterne sah er undeutlich eine Gestalt. "Ich kaufe nichts!" rief er unwirsch hinunter und knallte das Fenster wieder zu.
Er machte das so heftig, daß man Angst um die Scheibe bekommen mußte.
"Ich wollte nur sagen...", drang gerade noch von unten hinauf. Es war eine helle Stimme. Ein Kind. Wahrscheinlich haben die es mit ihren Streichen mal wieder auf mich abgesehen! dachte Herr Wolff ärgerlich.
Und das um diese Zeit! Das die überhaupt noch auf die Straße durften!
Unverantwortlich!
Herr Wolff ging seufzend in Richtung Bett.
"Kein Wunder, daß die Kinder von heute nur dummes Zeug im Kopf haben, wenn die Eltern nicht auf sie achten!" murmelte er halblaut vor sich hin.
Kaum lag Herr Wolff wieder im Bett, da ging das Geklingel erneut los.
Jetzt wurde es Herrn Wolff zu bunt. Sein Blick ging zum Luftgewehr, aber dann kam ihm ein anderer Gedanke. Er ging in die Küche und holte eine Salatschüssel aus dem Schrank. Warte nur! Ich werd's dir schon zeigen! dachte er grimmig. Eine kleine Dusche würde den nächtlichen Störenfried sicher ein für allemal vertreiben!
Herr Wolff stellte die Schüssel unter den Wasserhahn und drehte auf.
Aber es kam kaum genug für ein halbes Glas heraus, dann verebbte der Wasserstrom. Nicht ein einziger Tropfen kam noch. Herr Wolff fluchte leise vor sich hin. Er ging ins Bad, das im Erdgeschoß lag, um es dort zu versuchen. Auch dort versiegte das Wasser sehr schnell. Er hatte jetzt zwar insgesamt eine Schüssel voll beisammen, aber wenn kein Tropfen mehr aus dem Kran kam, war das alles an Wasser, was ihm noch blieb.
Es klingelte noch immer und Herr Wolffs innere Sicherungen waren kurz vor dem Durchschmoren. Wütend darüber, daß er sich mit seiner Bestra-fungsaktion nur selbst schaden würde, stellte er die Wasserschüssel auf einer Kommode ab und lief zur Tür.
Er schloß auf und blickte dann einen Augenblick später auf den Rücken der Nachbartochter.
Sie drehte sich herum.
"Ach, schön daß Sie doch aufmachen. Ich wollte Ihnen nur sagen, daß es in unserer Straße einen Rohrbruch gibt. Das Wasser sprudelt aus dem Bürgersteig und wahrscheinlich wird jeden Moment die Leitung zugedreht.
Ich gehe jetzt von Haus zu Haus, um den Leuten zu sagen, daß sie die Badewannen vollaufen lassen sollen, um morgen früh wenigstens etwas Wasser für die Toilettenspülung zu haben!"
"Oh, nein! Der hat mir gerade noch gefehlt!" seufzte Huber, der Filialleiter eines großen Bekleidungshauses. Einen Moment lang stand sein Mund vor Entsetzen weit offen. Erst die Stimme von Peter, dem neuen Lehrling, der sich in seinem dunklen Anzug noch sichtlich unwohl fühlte, riß Huber aus seiner Starre.
"Was ist denn los, Herr Huber?"
Huber seufzte. "Der Mann mit der Halbglatze ist von der Gewerbeaufsicht! Der wird hier alles durchschnüffeln und sich jeden Winkel zeigen lassen! Als ob wir im Augenblick nicht schon genug Streß hätten!" Huber sah Peter einen Moment lang schweigend an, dann fragte der Filialleiter: "Wieviele Feuerlöscher haben wir eigentlich?"
"Einen", erwiderte Peter.
"Einen in jeder Etage."
"Nein, einen insgesamt."
Huber schaute drein, als hätte ihm gerade jemand einen Eimer kaltes Wasser ins Gesicht geschüttet. "Das ist nicht wahr!" flüsterte er.
"Doch!" erwiderte Peter und deutete quer durch den Raum.
"Dahinten hängt er! Sehen Sie!"
"Dieser Kerl von der Gewerbeaufsicht wird mich in der Luft zerfetzen! Wenn wir die Sicherheitsbestimmungen nicht erfüllen, kann er sogar den Laden für eine Weile schließen!"
Und dann war der Mann mit der Halbglatze auch schon herangekommen. Er begrüßte Huber mit einem kalten Lächeln und einem laschen Händedruck.
"Guten Tag, Herr Steiner", flüsterte Huber äußerst eilfertig, während ihm der Schweiß ausbrach. Hatte er nicht die Anweisung gegeben, für die anderen Etagen ebenfalls Feuerlöscher zu besorgen, so wie es der Vorschrift entsprach?
Na, warte, wenn ich den erwische, der das verschlampt hat!
ging es ihm grimmig durch den Kopf. Aber dann war er sich auf einmal gar nicht mehr sicher, ob er wirklich einem der Ange-stellten angewiesen hatte, Feuerlöscher zu besorgen. Zu-mindest konnte er sich nicht mehr genau erinnern, wen er beauftragt hatte - und das war schon ein äußerst bedenkliches Zeichen. Huber fragte: "Eine Tasse Kaffee, Herr Steiner?"
"Eigentlich habe ich nicht viel Zeit..."
"Ach, das sitzt sicher drin!" Huber formte die Hände zu einem Trichter und rief quer durch den Raum: "Frau Merkel!
Herr Steiner ist da! Machen Sie ihm doch bitte einen Kaffee!"
"Das ist wirklich nicht nötig!" meinte Steiner.
Frau Merkel hatte sofort geschaltet und war herbeigeeilt um Steiner sanft aber bestimmt in Richtung Büro abzuführen.
Huber beugte sich indessen zu Peter. "Jetzt hilft nur noch beten!"
Fünf Minuten ließ Steiner sich im Büro für die Tasse Kaffee Zeit, dann war er nicht mehr zu halten. "Haben Sie irgend etwas zu verbergen, oder weshalb versuchen Sie dauernd, mich hier aufzuhalten, Herr Huber?"
"Ich versuche nur, freundlich zu sein!"
"Das letzte Mal war der Notausgang mit einem Stapel Kartons versperrt, von dem Ihre Mitarbeiter gerade knapp die Hälfte davongeschafft hatten, ehe Sie mich aus ihrem Kaffee-Gefäng-nis entlassen hatten und ich am Ort des Geschehens eintraf.
Glauben Sie, ich merke mir so etwas nicht?"
"Herr Steiner..."
"Was ist es diesmal, was Sie zu verschleiern versuchen?
Fehlen vielleicht ein paar Feuerlöscher?"
"Gehen wir", murmelte Huber kleinlaut.
Das Erdgeschoß überstand die Inspizierung ohne größere Beanstandungen. Als es hinauf in den ersten Stock ging, schwitzte Huber, als er an den fehlenden Feuerlöscher dachte.
"Na, dann wollen wir mal sehen", meinte Steiner mit bewegungslosem Gesicht. Er ließ den Blick schweifen - und Huber ebenfalls. "Da ist er ja, der Feuerlöscher für diese Etage!" sagte Steiner. "Ich hatte schon den Verdacht, daß Sie diese Vorschrift nicht so genau nehmen. Die meisten tun das und dabei ist es so gefährlich!" - "Ja, ja", erwiderte Huber, der noch gar nicht fassen konnte, daß neben dem Notausgang ein Feuerlöscher an der Wand hing. Und als auch in den näch-sten beiden Etagen der Feuerlöscher an seinem Ort hing und Steiner sogar so etwas wie ein zufriedenes Gesicht bekam, staunte Huber noch mehr. Aber verrückt geworden war er nicht, schließlich sah ja auch der Beamte vom Gewerbeaufsichtsamt die Feuerlöscher. In der obersten Etage trafen sie auf Peter, den Lehrling.
"Habe ich Sie nicht gerade schonmal gesehen, junger Mann?"
fragte Steiner. Peter schwitzte, sein Kopf war hochrot.
"Ja, in unserem Job muß man gewissermaßen überall sein", erwiderte Peter, nachdem er wieder Luft bekam.
"Lassen Sie es etwas ruhiger angehen, bevor Sie sich noch überanstrengen!" sagte Steiner mit angestrengter Herzlichkeit, bevor er sich zum Gehen wamdte.
Huber drehte sich zu Peter herum und raunte: "Woher kommen die vielen Feuerlöscher? Der da vorne zum Beispiel! Da hat doch schon seit Jahren keiner gehangen!" - "Das ist der aus dem Erdgeschoß!" erwiderte Peter. "Und bevor unser Freund dort wieder anlangt, muß ich das Ding schnell über die Not-treppe wieder an seinen Ort bringen."
Sie waren seit drei Monaten verheiratet und seit drei Wochen wohnten sie in dem kleinen Bungalow mit dem großen Garten. Er mochte Gärten, sie weniger, denn sie war ein Stadtkind und hatte keine Beziehung zu solchen Dingen - allerdings auch keine negative. Wenn er einen Garten haben wollte war es in Ordnung. Und wenn sie mal Kinder hatten, war es für die sicher auch schön, auf dem Rasen zu spielen oder sich in denm Sträuchern zu verstecken. Als er allerdings eines Tages von einem Trödelmarkt mit einem leibhaftigen Gartenzwerg nach Hause kam, konnte sie nur fassungslos den Kopf schütteln. Der Zwerg hatte ein gütiges, fast leutseliges Lächeln in seinem rotbäckigen Gesicht. Seine Augen leuchteten blau und strahl-ten eine Fröhlichkeit aus, die weit über ein natürliches Maß hinaus ging. "Das ist doch nicht dein Ernst!" stieß sie hervor, nachdem er das fast einen Meter hohe Ungetüm im Wohnzimmer abgestellt hatte.
"Warum nicht? Der macht sich bestimmt gut in unserem Garten!"
"Schatz! Das ist doch Kitsch!"
"Na, und?"
"Ich finde ihn spießig."
"Er war unwahrscheinlich günstig. Fast umsonst!" Er nannte ihr den Preis. Der Zwerg war tatsächlich unwahrscheinlich günstig. "Ich habe ihn einem Paar abgekauft - so ungefähr in unserem Alter. Die schienen gar nicht zu wissen, wieviel so ein Gartenzwerg wert ist - oder sie wollten es unbedingt los-werden." Plötzlich stockte er einen Moment lang. Er erinnerte sich an das seltsam verkrampfte Lächeln, das er im Gesicht der beiden gesehen hatte. Ein richtig angestrengtes, starres Lächeln... Es war die Stimme seiner Frau, die ihn wieder in den Augenblick riß.
"Dieser Zwerg kommt nicht in den Garten! Das kannst du mir nicht antun."
"Du wirst dich dran gewöhnen!"
"Nein!"
"Und ob!"
Sie stemmte die Arme in die Hüften und wurde richtig ärgerlich. "Aber das Ding sieht furchtbar aus! Und ich möchte den Nachbarn begegnen können, ohne einen roten Kopf bekommen zu müssen!"
"Du brauchst ja nicht hinzusehen, wenn er dich stört!"
"Ach! Ich dachte eigentlich, wir wollten alle wichtigen Dinge gemeinsam entscheiden!" fauchte sie wie eine Katze und verdrehte die Augen dabei.
"Und ein Gartenzwerg ist so wichtig, ja?"
"Ja!"
Die Sache wuchs sich zum ersten Krach in ihrer jungen Ehe aus. Die Worte flogen hin und her und brachten die Gemüter langsam aber sicher in die Nähe des Siedepunkts.
Dann schwieg sie plötzlich. Ihr Gesicht zeigte fassungslose Verwunderung, während sie in Richtung des Zwerges deutete.
"Sieh doch mal...", flüsterte sie in einem Tonfall, als ob sie einem Gespenst gegenübergestanden hätte. Er drehte sich herum und sah es dann ebenfalls. Das Gesicht des Gartenzwerges hatte sich verändert. Aus dem leutseligen Lächeln war ein wölfisches Zähnefletschen geworden. Die Augen leuchteten nicht mehr fröhlich, sondern haßerfüllt. Aus Schmalz war Gift geworden.
Sie schwiegen einen Augenblick und wechselten einen Blick.
Dann umarmten sie sich. Und als sie wieder zu dem Zwerg sahen, hatte sich dessen Gesicht wieder entspannt.
"Ich habe mir wohl etwas eingebildet", flüsterte sie und atmete tief durch. "Jedenfalls sollte das dumme Ding es nicht wert sein, daß wir uns seinetwegen streiten."
"Du hast recht. Ich bringe ihn wieder weg."
Ihr Zeigefinger verschloß ihm den Mund."Nein", sagte sie.
"Wenn er dir so wichtig ist, dann stell ihn im Garten auf.
Das ist mein Ernst." Zunächst blieb der Gartenzwerg jedoch im Wohnzimmer stehen. Der jungen Mann konnte sich angeblich nicht entscheiden, an welcher Stelle des Gartens er das Ding, wie sie es nannte, aufstellen sollte.
In Wahrheit fühlte er dasselbe Unbehagen wie seine Frau.
Über die Veränderungen, die sie beide im Gesicht des Zwerges beobachtet hatten, sprachen sie jedoch nicht. Einbildung, es mußte Einbildung sein - so dachte jeder von ihnen.
Aber es war keine Einbildung. Das Gesicht des Zwerges spiegelte auf geheimnisvolle Weise ihrer beider Stimmung wieder. Einmal hatte sie eine heftige Auseinandersetzung mit einem aufdringlichen Türverkaufer. Als sie hinterher ins Wohnzimmer kam, sah sie den Mund des Zwerges zu einer zähne-fletschenden Grimasse verzogen.
Sie stritten sich nicht mehr, ja sie begannen sogar, nur noch in gedämpftem Tonfall zu sprechen, um ja keine Reaktion des Gartenzwerges herauszufordern. Am Anfang war es ganz an-genehm, mit der Zeit wurde es jedoch zur Qual. Sie lächelten nur noch, besonders, wenn sie Besuch hatten. Mit der Zeit, so schien es, wurde der Zwerg immer empfindlicher. Während zu Anfang ein Streit vonnöten war, um eine Reaktion hervorzuru-fen, so reagierte inzwischen bereits auf ein leichtes Stirn-runzeln. Sie hätte den Zwerg am liebsten in den Keller gestellt, fürchtete aber, daß das einen neuen Streit provozier-te. Schließlich war es ja sein Zwerg.
Er wollte den Zwerg ebenfalls in den Keller stellen, als ihm vor lauter aufgesetzter Fröhlichkeit fast der Kragen platzte. Aber während er sich voller Haßgedanken dem Zwerg näherte, fletschte dieser so grimmig die Zähne, daß der junge Mann sein Vorhaben aufgab.
Beim Abendbrot sagte er dann zu seiner Frau: "Was hältst du davon, wenn wir das Ding verkaufen?"
Einige Tage später konnte man auf dem Trödelmarkt ein junges Paar beobachten, das einen Gartenzwerg zu verkaufen versuchte. Die beiden lächelten sehr angestrengt und fast so breit wie der Gartenzwerg, den sie feilboten.
Sie saßen zu Hunderttausenden auf den Hochspannungsdrähten, auf den wenigen Bäumen und auf dem nackten Acker und machten dabei einen Höl-lenlärm. Es waren ausnahmslos Krähen. Manchmal stob ein Schwarm von ihnen hoch, nicht jedoch um sich gen Horizont davonzumachen, sondern nur, um wenige Meter weiter erneut zu landen. Drei Männer standen am Rand des Ackers, um sich dieses außergewöhnliche Schauspiel anzusehen. Aber ihre Gesichter zeigten nicht so etwas wie Neugier, sondern einen Aus-druck wachsender Verzweifelung. Einer von ihnen war der Bürgermeister des nahen Küstendorfs, der zweite der Bauer, dem der Acker gehörte und bei dem dritten handelte es sich um einen Vogelkundler. "Sehen Sie selbst!" sagte der Bürgermeister an den Vogelkundler gewandt und deu-tete dabei auf das unendliche Heer der Vögel. "So etwas haben auch Sie noch nicht gesehen! Habe ich recht?"
Der Vogelkundler rückte sich seine Brille zurecht und nickte dann nachdenklich. "Das ist wirklich außergewöhnlich", mußte er anerkennen.
Der Bürgermeister machte ein paar Schritte nach vorne auf den Acker.
Der Bauer folgte ihm, während der Vogelkundler sich zunächst die Hosen-beine umkrempelte. "Es ist wie eine Invasion!" stieß der Bürgermeister seufzend hervor. "Im Dorf ist es nicht ganz so schlimm, aber auch dort ist nicht mehr viel Platz auf den Strommasten."
"Vor allem muß man hinschauen, wo man hintritt", ergänzte der Bauer.
"Außerdem ist es nicht schlecht, eine Mütze zu tragen. Manchmal kommt was von oben runter!"
Die drei Männer gingen zwischen den Krähen her, die sich von der Anwesenheit der Menschen nicht sonderlich einschüchtern ließen.
"Wir hoffen, daß Sie irgendeinen Anhaltspunkt finden, was die Tiere hier her ziehen könnte", meinte der Bürgermeister an den Vogelkundler gewandt. Er mußte sich schon ziemlich Mühe geben, um das Geschrei der Krähen zu übertönen.
Der Vogelkundler blieb stehen und ließ den Blück über die unermeßliche Schar der schwarzen Vögel kreise. Er sah ratlos aus und schüttelte leicht den Kopf. "Mir ist kein einziger Fall bekannt, der sich hiermit vergleichen ließe", meinte er ehrfurchtsvoll.
"Wie gesagt", gab der Bürgermeister zurück. "Im Dorf ist es nicht ganz so schlimm, aber auch dort wird der Autoverkehr beeinträchtigt.
Viele Leute wollen ihre Kinder nicht mehr nach draußen lassen. Die Schule fällt aus. Die Touristen kommen nicht mehr... Es muß schnell-stens etwas geschehen!"
"Ich verstehe", meinte der Vogelkundler. "Das Zentrum ist dieser Acker, nicht wahr?" - "Ja." - "Ich werde ein paar Bodenproben nehmen und analysieren lassen." - "Tun Sie das!" seufzte der Bürgermeister.
Jetzt mischte sich der Bauer wieder ein. "Wir haben wirklich schon alles versucht", erklärte er. "Wir haben Vogelscheuchen aufgestellt, Krach gemacht, alles was man sich nur denken kann. Aber es werden von Tag zu Tag mehr Krähen. Unsere Nachbarn haben versucht, sie mit Schrot zu vertreiben..." - "Und?" fragte der Vogelkundler.
Der Bauer hob die Schultern. "Es sind zu viele!" stieß er er hervor.
Der Vogelkundler kratzte sich nachdenklich am Kinn. Schließlich meinte er: "Sie haben doch die Küste ganz in der Nähe..." - "Richtig", sagte der Bürgermeister.
"Versuchen Sie es mit Fischereiabfällen."
"Ich verstehe nicht..."
"Kippen Sie das Zeug auf den Acker. Krähen können Fisch nämlich nicht ausstehen!" Ein triumphierendes Lächeln ging kurz über die Lippen des Vogelkundlers. "Sie werden sehen! Die Krähen sind innerhalb eines halben Tages verschwunden!"
Der Rat des Experten wurde befolgt, auch wenn es bei dem Bauzern, dem der Acker gehörte dagegen zunächst einige Bedenken gab. "Das gibt doch einen bestialischen Gestank!" meinte er. "Wir werden tagelang kein Fen-ster öffnen können, ohne daß man sich hinterher übergeben müßte!"
"Ach, ein eifriger Güllefahrer wie du ist doch einiges gewöhnt", meinte der Bürgermeister dazu. "Außerdem ist es im Interesse der Allge-meinheit." Im Laufe des nächsten Tages wurden Lastwagenladungen von Fischereiabfälle auf dem Acker abgeladen und durch das Dorf ging eine Welle von Optimismus. Und tatsächlich! Es machte den Anschein, als ob die ersten Gruppen von Krähen aufstiegen, gen Horizont flogen und nicht wiederkehrten. Am Abend waren kaum noch welche von ihnen auf dem Acker.
Am nächsten Morgen jedoch war dieser erneut von Vögeln übervölkert.
Diesmal jedoch nicht von Krähen, sondern von Möwen, die von dem penetranten Fischgeruch angelockt worden waren.
"Frederike Grams - wohnt die auch bei Ihnen?" fragte der Postbote, nachdem Peter Grams die Post in Empfang genommen und den Erhalt eines Einschreibebriefs mit seiner Unterschrift bestätigt hatte.
Peter nickte und lächelte versonnen.
"Ja, die wohnt auch hier", bestätigte er.
"Aber Ihre Frau heißt doch Julia - oder verwechsle ich da jetzt was?"
"Nein, das stimmt."
Peter nahm den Brief an Frederike Grams entgegen, verabschiedete sich vom Postboten und machte sich dann auf den Weg in die Küche.
Unterwegs kam ihm seine Frau entgegen. Julia preßte einen Finger auf ihren Mund und zischte: "Pschscht!"
"Was ist denn?" erkundigte sich Peter mit gedämpftem Ton-fall.
"Sie schläft!" flüsterte Julia.
Peter atmete auf. "Gott sei Dank!"