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Vom Aufstieg eines Helden zur Legende: Episch und actionreich erzählt der historische Abenteuerroman von Conn Iggulden die tragische Lebensgeschichte des Feldherren und Staatsmanns Perikles, der zum Löwen von Athen wurde. Im 5. Jahrhundert vor Christus ist Athen zur größten Macht der antiken Welt aufgestiegen, eine Heimat großer Krieger ebenso wie von Weisen und Philosophen. Für den jungen Perikles, den Sohn des Feldherren Xanthippus, ist seine Stadt vor allem ein Leuchtfeuer der Kunst und Freiheit – das ein mächtiges persisches Heer auszulöschen droht. Als der zahlenmäßig weit überlegene Feind Athen vom Land und von See her in die Zange zu nehmen beginnt, muss auch Perikles seinen Platz unter den Kriegern einnehmen. Die Zeit für einen neuen Helden ist gekommen: für einen Mann, der kämpft wie ein Löwe – und der doch so viel mehr will als nur einen militärischen Sieg … Vor dem Hintergrund von Heldenmut und dramatischen Schlachten lässt Conn Iggulden das antike Griechenland lebendig werden: hervorragend recherchiert und brillant erzählt. Entdecken Sie auch die historischen Abenteuerromane der Attika-Reihe: - Attika. Die Schlacht von Marathon - Attika. Die Verteidiger Athens
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Seitenzahl: 666
Conn Iggulden
Der Löwe von Athen
Historischer Roman
Übersetzt von Bernhard Stäber
Knaur eBooks
Im 5. Jahrhundert vor Christus ist Athen zur größten Macht der antiken Welt aufgestiegen, Heimat von Kampfgeist, Kunst und Freiheit. Als ein persisches Heer die Stadt vom Land und von See her in die Zange zu nehmen droht, muss auch der junge Perikles seinen Platz unter den Kriegern einnehmen. Die Zeit für einen neuen Helden ist gekommen: für einen Mann, der kämpft wie ein Löwe – und der doch so viel mehr will als nur einen militärischen Sieg …
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Widmung
Glossar
Prolog
Erster Teil
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
Zweiter Teil
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
Dritter Teil
28. Kapitel
29. Kapitel
30. Kapitel
31. Kapitel
32. Kapitel
33. Kapitel
34. Kapitel
35. Kapitel
36. Kapitel
37. Kapitel
38. Kapitel
Epilog
Historische Anmerkung
Für Michelle Whitehead.
»What remains of us is love.«
Philip Larkin
Unterstreichungen weisen auf betonte Silben im Altgriechischen hin.
Archon ἄρχων archon Anführer, Herrscher
Epistates ἐπιστάτης epistates Vorsitzender der athenischen Volksversammlung
Keleustes κελευστής keleustes Offizier einer Trireme
Lochagos λοχαγός lochagos Rang, der einem Kapitän entsprach
Phalanx Φάλαγξ falanx Truppenformation mit schwer bewaffneter Infanterie
Strategos στρατηγός strategos General, Befehlshaber
Trierarch τριήραρχος trierarch Kommandant einer Trireme
Agora Ἀγορά Agora öffentlicher Bereich, Markt
Areopag Ἄρειοςπάγος Areiospagos Fels des Ares, Hügel in Athen, der als Gerichtsort diente
Zypern Κύπρος Kypros die Insel Zypern
Platäa Πλάταια Plataia griechische Stadt in Böotien
Pnyx Πνύξ Pnyx »dicht gepackt«, Versammlungsort der athenischen Volksversammlung
Skyros Σκῦρος Skyros die Insel, auf der die Gebeine des Theseus gefunden wurden
Agariste Ἀγαρίστη Agariste Ehefrau von Xanthippos
Anaxagoras Ἀναξαγόρας Anaxagoras Freund von Perikles, Naturphilosoph
Aristides Ἀριστείδης Aristeides Strategos und eponymer Archon, 489 vor unserer Zeitrechnung
Kimon Κίμων Kimon Sohn des Miltiades
Eleni Ἑλένη Helene Tochter von Xanthippos und Agariste
Ephialtes Ἐφιάλτης Efialtes athenischer Politiker
Epikleos Ἐπικλέος Epikleos Freund von Xanthippos
Leotychides Λεωτυχίδας Leotychides spartanischer König
Perikles Περικλῆς Perikles Sohn von Xanthippos und Agariste
Tisamenos Τισαμενός Tisamenos Seher
Xanthippos Ξάνθιππος Xanthippos Strategos, Anführer
Xerxes Ξέρξης Xerxes persischer König
Zenon Zήνων Zenon Freund von Perikles, Naturphilosoph
Pausanias holte tief Luft und fühlte, wie sich Ruhe in ihm ausbreitete. Er wechselte einen Blick mit seinem Seher, dann richtete er sich aus der knienden Haltung auf und schritt die Halle ab. Ausnahmsweise war er einmal völlig alleine. Spartas königliche Halle war nach der morgendlichen Hitze kühl. Seine Rüstung klirrte und klapperte, während er durch den Mittelgang trat. Dank seiner Schutzgötter Ares und Apollo war er unverletzt. Er würde keine verkrüppelnde Entstellung behalten, kein Fieber würde ihm schleichend den Verstand stehlen. Da er in der Blüte seiner Jugend stand, hatte er sich bereits von den Strapazen des Feldzugs erholt. Natürlich sorgte ein Sieg dafür, Schmerzen und Hunger zu vermindern. Nur diejenigen, die eine große Schlacht verloren, mussten Erschöpfung durchleiden. Jene, die gewannen, stellten oft fest, dass sie gleich für zwei tanzen und trinken konnten.
Pausanias war zufrieden damit, dass er es geschafft hatte zu baden, ehe er vorgeladen wurde. Sein Haar war feucht, und ihm war trotz der Hitze kühl. Er war jedoch noch nicht lange zurück in Sparta. Seine persönlichen Heloten hatten immer noch seinen Umhang gereinigt, als der Bote kam. Das meiste an getrocknetem Blut und Staub war herausgebürstet worden, ebenso die salzigen Linien, die sein Schweiß zurückgelassen hatte. Es würde reichen. Im Gehen warf er eine Bahn des Stoffs, die mit einer eisernen Spange befestigt war, über seine Schulter.
Als Pausanias zuvor in das kalte Becken eingetaucht war, hatte er beobachtet, wie auf dem Wasser ein öliger Dreckfilm von ihm fortgetrieben war. Er hoffte noch immer, dass dies ein gutes Omen darstellte. Er hatte von den seltsamen Mustern aufgeblickt und plötzlich die blutunterlaufenen Augen und zitternden Hände seiner Heloten erblickt. Da begriff er es deutlicher als zuvor. Sie trauerten.
Er hätte sie fortschicken können, weil sie sich in seine Gedanken drängten; er hatte es jedoch nicht getan. Sie hatten ebenfalls in Platäa gekämpft, hatten Tausende der ihren an die persischen Fußtruppen verloren. Es war eine Art Wahnwitz gewesen, und er gab noch immer den Athenern die Schuld dafür. Sie hatten sie angespornt. Pausanias hatte Aristides davor gewarnt, Sklaven denken zu lassen, sie seien freie Männer!
Als er den langen Mittelgang abschritt, dachte er, dass die Heloten dieses Jahr nicht dezimiert werden mussten. In normalen Zeiten pflegten die jungen Spartaner sie durch die Straßen und in die Hügel zu jagen, wobei sie um die Anzahl der Tötungen und Trophäen wetteiferten. Doch als er sich im Becken zurückgelehnt hatte, war ihm der Gedanke gekommen, dass er etwas Neues in den Augen der Heloten gesehen hatte, etwas Beunruhigendes. Einen kurzen Moment lang hatte er gedacht, sie würden ihn betrachten wie wilde Hunde einen verwundeten Hirsch.
Er schüttelte den Kopf. Vielleicht würde er dennoch anordnen, sie zu dezimieren, um sie an ihre Stellung zu erinnern. Der verfluchte Aristides! Heloten waren zu zahlreich, um jemals frei zu sein. Es war ein Tanz auf Messers Schneide, den Sparta gewählt hatte – die ständige Bedrohung, die sie stark bleiben ließ.
Er ertappte sich bei seinen Gedanken. Er würde keine Tötungen anordnen. Seine Autorität hatte in dem Moment geendet, als er wieder spartanisches Herrschaftsgebiet betreten hatte. Nein, der Mann, der ihn zu sich beordert hatte, würde Entscheidungen dieser Art treffen.
Als Pausanias das Ende der Halle erreichte, ließ er sich auf ein Knie nieder und starrte auf die polierten Steinplatten. Irgendwie war er nicht überrascht, als sich die Stille ausdehnte. Der jüngere Mann wollte, dass er verstand, wer von ihnen an diesem Ort die Macht besaß. Pausanias schärfte sich ein, vorsichtig zu sein. Es gab mehrere Arten von Schlachtfeldern.
»Steh auf, Pausanias«, sagte Pleistarchos schließlich.
Der junge König hatte noch einen Monat bis zu seinem achtzehnten Geburtstag. Aber an den massigen Unterarmen, die mit dichtem schwarzem Haar übersät waren, konnte man sehen, dass er ein Sohn von Leonidas war. Pleistarchos hatte unbedingt das Kommando in Platäa haben wollen, aber Spartas Ephoren hatten es verboten. Sie hatten bereits ihren Schlachtenkönig bei den Thermopylen verloren. Sein Sohn war die kostbarste Ressource, die Sparta besaß.
Stattdessen war es Pausanias gewesen, der Spartas Heer stellvertretend für den König angeführt hatte. Er hatte einen außerordentlichen, schier unmöglichen Sieg errungen, indem er die große Invasion beendet und endlich die Träume des persischen Königs zum Platzen gebracht hatte.
Pausanias schluckte mit jäher Erschöpfung. Sein Triumph hatte ihm kein Wohlwollen eingebracht, das konnte er sehen. Er hob seinen Kopf und begegnete dem kalten Blick des Königs. Was auch immer kommen mochte, es würde wenigstens schnell passieren. Athener schienen mit all ihrem Gerede zu drei Vierteln aus heißer Luft zu bestehen. Seine eigenen Landsleute gebrauchten Worte mit größerer Sorgfalt.
»Du hast deine Pflicht getan«, sagte Pleistarchos. Pausanias senkte zur Antwort seinen Kopf. Es war genug, und doch mehr, als der junge König hatte sagen wollen.
Zwei der Ephoren drückten ihre Unterstützung durch Nicken aus. Dass drei es nicht taten, spielte eine größere Rolle. Sie beobachteten nur den Mann, der jeden Spartiaten und Heloten zum Sieg geführt hatte.
»Ich werde die Namen der geehrten Toten verkünden«, sagte Pausanias in die Stille hinein. Die Heloten würden natürlich nicht aufgeführt werden, nur gefallene spartanische Krieger. Deren Anzahl war dank Apollos und Ares’ Segen wenigstens gering.
Pausanias versuchte in diesem Moment, dem grimmigen Stolz zu widerstehen, der trotz der förmlichen Worte in ihm aufstieg. Er war ein Teil dieses außergewöhnlichen Tages gewesen! Er hatte Männer in Staub und Chaos zurückgehalten, bis es an der Zeit gewesen war, sie wie einen goldenen Stein in der Flut einzusetzen, damit sie sich den persischen Generälen entgegenstemmten. Die Ephoren waren an jenem Tag nicht da gewesen. Der Sohn des Leonidas war nicht da gewesen!
Pausanias fühlte, wie sich ein Gewicht auf seine Schultern niederließ. Das war genau das Problem, mit dem sie konfrontiert waren, der Grund, warum sie starrten, als wollten sie ihn wie eine Frucht aufbrechen und seine Eingeweide begutachten. Die Ephoren hatten Pleistarchos verboten, Sparta zu verlassen – und damit hatten sie ihm den größten Sieg in der Geschichte des Stadtstaates verweigert. Der junge König musste sie dafür hassen, oder vielleicht …
Pausanias fühlte, wie sein Mund trocken wurde. Er war allein an diesen Ort beordert worden. Der Seher war nur mitgekommen, weil er zu dem Zeitpunkt bei ihm gewesen war. Würde es beiden gestattet werden, die Halle lebend zu verlassen? Er versuchte zu schlucken. Spartas Herz war Peitharchia, absoluter Gehorsam. Dieser Sohn des Leonidas hatte äußerste Qual ertragen, als er zusehen musste, wie das Heer seines Vaters von einem anderen als ihm selbst in den Krieg geführt wurde. Er hatte nicht ein Wort der Klage geäußert, wie Pausanias sich erinnerte. Es wies deutlich darauf hin, was für eine Art König er sein würde.
»Ich habe entschieden, was mit dir zu tun ist«, sagte Pleistarchos.
Pausanias fühlte, wie sich Kälte in ihn schlich. Wenn der junge König seinen Tod anordnete, würde er diesen Raum nicht verlassen. Ob durch seine eigene Hand oder die eines anderen, sein Leben war in den Händen eines jungen Mannes, der einen Groll gegen ihn hegte, in den Händen der Ephoren, die die Schlacht bedauerten, die sie alle gerettet hatte. Ob Sieg oder Niederlage, es schien, als hätte es keinen Weg zurück gegeben. Pausanias, der fühlte, dass sein Leben in der Waagschale hing, sprach schnell. »Majestät, Ephoren, ich möchte gerne das Orakel von Delphi besuchen, um zu erfahren, was die Zukunft bringt.«
Dies wurde gut aufgenommen. Selbst Spartas Ephoren pflegten keine Bitte zu ignorieren, mit der Beauftragten von Apollo selbst sprechen zu dürfen. Die pythische Priesterin saß über Dampf, der von der Unterwelt aufstieg, und sprach mit der Stimme des Gottes. Pausanias fühlte, wie sein Herz einen Sprung machte, als zwei der Ephoren Blicke tauschten.
König Pleistarchos schüttelte stirnrunzelnd den Kopf. »Vielleicht wirst du das tun, wenn deine Pflichten es dir erlauben. Aber zunächst einmal habe ich dich heute Abend hierherbeordert, um dir den Oberbefehl über die Flotte zu geben, Pausanias. Du wirst unsere Befehlsgewalt unter die Städte und ihre Schiffe bringen. Es gibt immer noch persische Stützpunkte. Sie dürfen nicht wieder aufgebaut werden oder noch einmal erstarken. Sparta führt an, Feldherr. Also führe an – und das weit weg von hier.«
Die Botschaft hinter seinen letzten Worten war deutlich genug. Pausanias fühlte, wie ihn Erleichterung durchströmte. Er hatte abwechselnd Stolz und Schrecken empfunden, und er spürte, wie er errötete, während sein Herz hämmerte. Es war eine gute Lösung. Der Sieger von Platäa würde sich weit von dem jungen König entfernen, der Spartas Streitmacht tatsächlich beherrschte. Es würde kein heikles Aufeinanderprallen von Loyalitäten geben, kein Risiko eines Bürgerkriegs. Menschen verehrten diejenigen, die sie anführten, Pausanias wusste das sehr gut. In diesem Moment hätte er den Ephoren das gesamte Heer entgegenschleudern können. Bestimmt mussten sie ihn fürchten. Er glaubte, dass er es in ihren Augen sah, in der Art, wie sie ihn beobachteten. Dennoch war er gehorsam.
»Ihr ehrt mich, Majestät«, sagte er. Es gefiel ihm, dass Pleistarchos lächelte. Er musste sich wegen der Rückkehr seines kampferfahrenen Feldherrn, der einen Sieg aufweisen konnte, Sorgen gemacht haben.
»Es ist mehr als nur eine Belohnung für deine Dienste, Pausanias«, sagte der junge König. »Athen trachtet nach der Herrschaft auf dem Meer, so wie wir an Land herrschen. Sie haben sich bei Delos versammelt, aber ich will nicht, dass sie unsere Verbündeten anführen. Sparta hat unter den Hellenen den Vorrang, und so wird es immer sein. Du wirst sechs Schiffe zu ihnen bringen, mit vollzähligen Besatzungen von Spartiaten und Heloten als Ruderer. Deine Befehlsgewalt ist dir von meiner Hand verliehen, um sie daran zu erinnern. Du wirst die Flotte der Verbündeten anführen, hast du verstanden?«
»Das habe ich, Majestät«, sagte Pausanias. Er konnte fühlen, wie seine Haut zuckte, wie sich ihm die Haare im Nacken aufrichteten. Er fragte sich, wie es den Athenern damit gehen würde.
Er erhob sich und war erfreut, als der junge König ihn bei den Schultern ergriff und ihn auf beide Wangen küsste. Es war ein Zeichen von königlicher Anerkennung und bedeutete, dass er überleben würde. Er fühlte, wie er als Reaktion darauf zu zittern begann. Der Schweiß ließ seine Haut glänzen.
»Deine Schiffe liegen im Hafen von Argos vor Anker, Pausanias. Du kannst als deine Befehlshaber einberufen, wen auch immer du willst. Ich überlasse das ganz deinem Ermessen.«
Pausanias verneigte sich zur Antwort. Natürlich. Der junge König trachtete danach, jeden loszuwerden, der Pausanias in seinem eigenen Recht auf die Herrschaft unterstützen könnte. Pausanias zwang sich zu kühler Praotes, der perfekten Gelassenheit spartanischer Männer. Er nahm die Hand des Königs in seine eigene und erhob sie über seinen Kopf.
»Du hast Sparta gut gedient«, sagte ein Ephor.
Es war keiner von denen, die irgendeine Form von Rückhalt für ihn gezeigt hatten, wie Pausanias bemerkte. Trotzdem verneigte er sich noch tiefer. Die fünf alten Männer sprachen immerhin für Spartas Götter und Könige.
Hocherhobenen Hauptes schritt Pausanias den langen Mittelgang zurück. Er sah, dass Tisamenos dort auf ihn wartete, beide Augenbrauen fragend hochgezogen. Der Seher war nicht sicher, in was für einer Stimmung Pausanias war, was auch immer man ihm gesagt hatte.
Pausanias klopfte ihm im Vorbeigehen auf die Schulter, wobei er sich ein knappes Lächeln erlaubte. »Komm mit, mein Freund, wir haben eine Menge zu tun.«
»Du bist also zufrieden?«, fragte Tisamenos.
Pausanias überlegte einen Moment und nickte. »Ja, es gibt gute Neuigkeiten. Sie haben mir die Flotte überlassen!«
»Angesichts großen Glücks denken Menschen niemals, dass sie dennoch straucheln könnten.«
Aischylos
Die Trireme traf den Strand im Dunkeln mit der Geschwindigkeit eines Läufers und schnitt mit einem zischenden Tosen durch den Kies. Beinahe wie ein Schatten der ersten folgte eine zweite. Eine nach der anderen kamen sie zum Halt und neigten sich zur Seite.
Auf dem dritten Schiff warfen die Steuermänner ihr Gewicht gegen die doppelten Lenkstangen, um es auf freien Strand hin auszurichten. Unter ihren Füßen schlugen die Rudergänger, neunzig auf jeder Seite, die Wellen zu Schaum. Sie hatten diese Küste, so gut sie konnten, ausgekundschaftet, aber in der Nacht führte keines der Schiffe Lampen mit sich. Diejenigen, die sich auf den Bänken abschufteten, konnten gar nichts sehen. Ein Hoplit lehnte sich weit über den Bug hinaus, bereit, einen Warnruf auszustoßen. Er achtete nicht auf die Gischt, die über ihm zusammenschlug.
Als der dritte Kiel auf Grund traf, schnitt er durch blanke Uferbänke und zog sie dabei zurück. Der erste Stoß beim Kontakt mit dem festen Boden warf die Männer um, sodass sie hinfielen, wo auch immer sie auf Deck gekniet hatten. Einer ging mit einem erstickten Schrei über Bord, landete im seichten Wasser und rollte sich panisch in Sicherheit. Kies hob sich wie eine Bugwelle unter ihm und drückte ihn beiseite. Er blieb zurück und schnaufte erleichtert den Sternen über ihm zu.
Das athenische Kriegsschiff lief weiter auf Grund, höher und höher das Ufer hinauf, bis sein gewaltiges Gewicht und seine Geschwindigkeit plötzlich abfielen. Die hölzernen Planken knackten und ächzten, und die Trireme hielt an. Sie war außerhalb ihres Elements: schwerfällig, wo sie eben noch schnell gewesen war, tot, wo sie Leben in sich gehabt hatte.
Das Deck neigte sich langsam auf seinem Kiel dem Land zu. Seile und Leitern rollten sich wie festliche Bänder ab, und Männer sprangen nach unten. Die Ruderer auf beiden Seiten hatten ihre wertvollen Ruder, für die sie Sorge trugen, schnell eingezogen, um nicht mitansehen zu müssen, wie sie zu Feuerholz zersplittert wurden. Sie strömten ebenfalls über Bord und liefen mit knirschenden Schritten über Sand und Steine. Die Ufersteigung war hier sanft, weswegen Kimon diesen Ort ausgewählt hatte. An einem anderen Tag wäre es ihre Aufgabe gewesen, kleinere Boote zu Wasser zu lassen, um Seile zu welchen Galeeren auch immer zu schaffen, die noch schwammen. Sie hätten die Schiffe wieder den Einschnitt entlang und bis ins seichte Wasser gezogen, bis zu dem glücklichen Moment, in dem die See wieder ihr Eigentum beanspruchte. Doch nicht dieses Mal.
Kimon hatte seine drei Schiffe wie Speere gegen das Ufer geschleudert. Alle Athener hatten gelernt, wie man ruderte, und sich gegenseitig abgewechselt, wie die Mannschaft der Argos Jahrhunderte zuvor. An Land angekommen, nahmen sie ihre Waffen und Schilde auf, packten sie fest mit gemurmelten Dankesworten an die Götter. Kimon hatte die Stärke der Ruderer gesehen, ihre kräftigen Schultern und Beine, die besagten, dass sie liefen wie Katzen und kletterten wie Berberaffen. Er hatte darauf bestanden, dass seine Hopliten ganze Tage an den Rudern verbrachten und Kondition aufbauten. Im Gegenzug dazu hatte er die Ruderer im Umgang mit Speer und Schild trainiert. Sie alle hatten gerudert; sie alle hatten gekämpft.
Die Hopliten versammelten sich ein wenig abseits von den dunklen Schiffsrümpfen. Ihre Ausrüstung hatte ein kleines Vermögen gekostet, daher trugen sie alle einen Teil des Wohlstands ihrer jeweiligen Familien mit sich. Ein guter Schild konnte dem Lohn von drei Monaten entsprechen, ein Jahr lang angespart – die Schale vermessen und zugeschnitten, dann bemalt mit einem persönlichen Wappen. Die Beinschützer, die mit Metallfedern an den Schienbeinen befestigt waren, mussten ebenfalls von einem Handwerksmeister angefertigt werden. Verzierte Helme kosteten noch einmal genauso viel. Einige trugen Schwerter an ihren Gürteln, aber die hauptsächliche Waffe war immer der lange Doryspeer.
Jede einzelne Ausstattung war eine athenische Kostbarkeit, gekennzeichnet mit Familiennamen, bewacht und eingeölt, von jeder Schlacht zurück nach Hause gebracht. Für jene, die im Kampf fielen, wurden die Bronzestücke eingesammelt. Mit der Zeit wurden sie an einen ältesten Sohn weitergereicht oder verkauft, damit eine Witwe ihren Lebensunterhalt hatte.
Als Kimon sich auf den Kies fallen ließ, sah er unter den Sternen nichts anderes als intakte Ordnung. Seine Männer standen in Reih und Glied, tauschten mit gedämpften Stimmen Grüße und Bemerkungen aus und waren bereit zu marschieren. Zufrieden nickte er. Die Hopliten bewegten sich gut mit Speeren, wie es sich für Männer gehörte, die dies seit ihrer Kindheit erprobt hatten. Jede der furchterregenden Waffen wies an ihrer Spitze eine blattförmige Klinge aus Eisen auf, die so dick wie eine Panzerung war. Sie wurde an ihrem anderen Ende durch eine schwere Eisenspitze ausbalanciert. In den Händen eines kompetenten Mannes waren diese Speere die Zertrümmerer von Reitertruppen, Zerstörer der persischen Unsterblichen, das von Stacheln strotzende Rückgrat des Schildwalls der Hopliten. In Platäa und Marathon hatten sie ihren Wert gezeigt. In Eion, wo sie eine persische Festung gebrandschatzt hatten, ebenfalls.
Perikles beobachtete, wie Kimon abseits von ihnen stand, dunkel und sehr still im Licht der Sterne, obwohl sein Umhang in der Brise wehte. Perikles selbst stand bei Attikos, einem Mann, der mindestens doppelt so alt wie er selbst war, aber von seiner Sippe und seinem Demos in Athen herstammte. Attikos zitterte im Wind, der von der See her wehte. Seine Zähne klapperten, sodass er über das Geräusch hinweg zu summen begann. Er wirkte manchmal mehr wie ein Affe als ein Mensch, da er viel kleiner als Perikles war und ständig durch die Nase schnaufte. Attikos gab sein Alter nicht zu, aber er kannte sein Gewerbe, und er verehrte Perikles’ Vater. Manchmal fragte Perikles sich, ob Xanthippos den Mann mitgeschickt hatte, um für seine Sicherheit zu sorgen.
»Reine Zeitverschwendung, hier herumzustehen und mir die Eier abzufrieren«, brummte Attikos mit kaum vernehmbarer Stimme. »Hörst du den Klang? Eier, die auf Kies landen. Ich würde nach ihnen Ausschau halten, wenn es nicht so dunkel wäre. Ich muss sie hierlassen, bis wir wieder zurückkommen. Wenn ich sie überhaupt finden kann. Dann ist da mein Rücken, der sich beim Runterspringen wie ein rot glühendes Eisen anfühlt. Genauso war’s in Eion. Das wird nur noch schlimmer werden …«
Perikles schüttelte den Kopf. Attikos murmelte vor sich hin, wenn er nervös war. Ihm zu sagen, dass er damit aufhören solle, wirkte eine Zeit lang, aber dann fing er wieder damit an, ohne es mitzubekommen, wie ein Kind, das im Schlaf redete.
Perikles bevorzugte Stille. Er wusste, dass er für das hier bereit war. Er würde mit den anderen marschieren, wenn Kimon den Befehl dazu gab. Er fühlte die Schwere seines Schildes und seines Speers. Es war ein gutes Gewicht. Er würde nicht vom Kampf zurückschrecken, auch wenn seine Eingeweide schmerzten und sich seine Blase sein Bein hinab entleeren wollte. Bis der Moment kam, loszuziehen, musste er immer ein Gefühl von Übelkeit aushalten, einen Krampf in seinem Bauch. Da half es überhaupt nicht, dass Attikos von seinen endlosen körperlichen Leiden murmelte. Der Mann hatte sowohl bei Marathon als auch bei Platäa gekämpft und neue Narben aufgegabelt, um sie seiner Sammlung hinzuzufügen. Für eine bronzene Obolus-Münze pflegte er sie jedem zu zeigen, der danach fragte.
Ein Schauder fuhr durch Perikles, raute die Haut auf seinen Armen und nackten Beinen auf und ließ ihm die Haare sich wie Insektenflügel aufstellen. Er sagte sich, dass es nur der Seewind war, die Feuchtigkeit. In Wahrheit war es mehr, weil er die Rüstung seines Bruders trug. Er hatte mitangesehen, wie Ariphron getötet worden war, als er sie trug, nicht weit von einem Ufer wie diesem hier, am gleichen Meer. Perikles hatte versucht, die Wunde seines Bruders geschlossen zu halten, aber seine Finger waren auf den fahlen Lippen abgeglitten. Das Blut hatte ihm seinen Bruder gestohlen.
Während Attikos weiter vor sich hin murmelte, lockerte Perikles den Griff um seinen Speer. Seine Finger fühlten sich nass an. Es musste die Gischt sein, oder Schweiß. Es konnte nicht das Leben seines Bruders sein, das seine Finger zusammenkleben ließ, das konnte es nicht sein. Dennoch hob er nicht die Hände, um sie zu betrachten.
Er erinnerte sich daran, dass sie für das hier trainiert hatten. Der Befehl war von der Versammlung von Athen ausgegangen – jede persische Festung und Besatzung in der Ägäis ausfindig zu machen und zu zerstören. Die gesamte Flotte war in Schiffen zu dritt und im Dutzend ausgefahren, jagte den Feind und stellte sicher, dass er niemals Frieden finden würde. Persien reichte bis zum Meer. Sie würden keine sichere Stellung mehr dort haben – nicht auf den Inseln, noch nicht einmal an der Küste von Thrakien.
Kimon hatte etwa sechshundert Mann um seinen Namen und Rang als Strategos versammelt, den er sich bei Salamis verdient hatte. Neunzig von ihnen waren erfahrene Hopliten, und der Rest war besser ausgebildet, als es irgendwelche Runderer je gewesen waren. Vor einem Monat waren sie an einem Streifen der thrakischen Küste an Land gegangen, die seit einem Jahrhundert von den Persern gehalten wurde. Kimon hatte ihn ausgewählt, eine Festung und ein Symbol persischen Einflusses. Da hatte es Mauern gegeben, mit einem in der Nähe verlaufenden Fluss. Perikles erinnerte sich daran, wie Kimon in die Ferne geblickt und das Land um den Stützpunkt herum eingeschätzt hatte.
Der Oberbefehlshaber hatte sich natürlich geweigert, zu kapitulieren. Als Antwort darauf hatten die Athener die Boten getötet, die er ausgesandt hatte, und dann alle Straßen um seine ummauerte Festung blockiert. Kimon hatte ihnen in dieser Nacht seinen Plan erklärt. Perikles konnte noch immer sehen, wie sein Blick auf ihm ruhte und ihn abschätzte.
»Als Achilles vor Troia stand«, hatte Kimon gesagt, »da war ihm klar, dass ein Mann auf den Tod zurennen sollte, anstatt ihn einfach nur hinzunehmen. Er sollte ihn ausfindig machen, Blut von seinem Bart ins Angesicht des Todes spritzen und lachen! Nur so kann er die Art Berühmtheit gewinnen, die uns zu mehr macht als zu Seemännern oder Bauern oder Töpfern. Nur dann können wir echten Ruhm erlangen – Kleos, wo Menschen und Götter zusammentreffen.«
Perikles schluckte. Kimon sollte wissen, dass er jemand war, dem er vertrauen konnte. Er war neunzehn Jahre alt. Er wusste, dass er den ganzen Tag über rennen konnte, um dann die ganze Nacht durch zu trinken, zu kämpfen oder Liebe zu machen. Er ertappte sich dabei, dass er bei dem Gedanken an Letzteres grinste. Die Aussicht wäre eine feine Sache. Er hatte einen Monat lang noch nicht einmal eine Frau zu Gesicht bekommen. Trotzdem, er war stark und gesund – und der Sohn eines großen Helden. Er war ein Athener. Er war für das hier gemacht.
Irgendwie drohte die Realität ihn zu entmutigen, wie ein schrecklicher Traum, der so wirklich war, dass er fühlen konnte, wie der Sand unter seinen Sandalen knirschte. Er hatte in der persischen Festung keinen Kleos gefunden. Er und die anderen hatten sich auf eine lange Belagerung eingerichtet, hatten darauf gewartet, dass der Hunger die Bewohner mürbe machte. Wochen waren in Langeweile und mit Schwertübungen verstrichen. Kimon hatte mit allen Schreinern und Schiffszimmermännern gesprochen, die das Land um die Festung herum auskundschafteten. Das Kriegshandwerk war zu etwas anderem geworden, als er jede Nacht an die Mauern herankroch, um sie zu untersuchen. Perikles erbebte, als er sich die Angst, dass sie entdeckt werden könnten, ins Gedächtnis zurückrief.
Die Perser hatten beim Verlegen ihrer Mauersteine minderwertigen Mörtel verwendet. Drei Tage und Nächte lang stauten Kimons Männer den Fluss und lenkten ihn in eine neue Richtung, gegen das Fundament der persischen Festung. In nur wenigen Stunden war ein kompletter Abschnitt eingestürzt. Die Mauern zerfielen wie Bollwerke aus Sand.
Perikles hatte mit all den anderen gejubelt, als sie vorwärts auf den Feind zugestürmt waren. Doch was sie vorfanden, hatte ihre Stimmen wie auch ihr Lachen verklingen lassen. Die Perser hatten es im Inneren der Festung von Eion vorgezogen, lieber zu sterben, als sich gefangen nehmen zu lassen. Der Oberbefehlshaber hatte in den letzten Augenblicken seine Familie getötet und sich dann das Messer an den eigenen Hals gesetzt. Perikles schluckte bei dem Gedanken an das auf dem Marmor verspritzte Blut, das in seiner Erinnerung heller war, als es das jemals hätte sein können. Seitdem hatte er nicht mehr sein Schwert im Zorn gezogen.
Sie hatten Reichtümer in Eion vorgefunden – und das war ebenfalls ein Sieg, wie einen Edelstein aus einer Messerscheide zu brechen. Aber noch wichtiger war: Persien würde hier keinen sicheren Hafen mehr besitzen, würde nicht mehr in der Lage sein, das umliegende Land zu dominieren. Dennoch empfand Perikles nicht, dass er sich bewiesen hatte. Er fürchtete immer noch, dass dies eine Schwäche darstellte, wie ein Sprung in einem Schild.
Weder Kimon noch Attikos wirkten nervös, nicht auf die Art, wie er es war. Er ballte seine Fäuste und sagte sich, dass die Entscheidung getroffen worden war. Der Kies verschob sich unter seinen Füßen, und er machte einen Schritt, um seine Haltung zu verändern. Er würde mit den Übrigen in den Kampf ziehen, und wenn notwendig, dann würde er sterben. Es war einfach. Er konnte sein Leben wegwerfen, für Kleos und den Namen seines Vaters. Kein Sohn von Xanthippos konnte Schande über die Familie bringen.
Er fühlte, wie ihn Erleichterung überkam. Er mochte sterben, aber was war der Tod schon? Gar nichts. Bei Salamis hatte er am Ufer den toten Hund seines Vaters aufgefunden. Seine Augen waren weiß gewesen, wie er sich erinnerte, verfärbt vom Mond oder vom Meersalz. Genauso war es mit Menschen. Wenn die Götter ihren Anteil zurücknahmen, blieb nur Fleisch zurück.
Perikles schritt die Dünen hinauf. Nur der keuchende Atem der anderen um ihn herum und das Klirren von Metall durchbrachen die stille Dunkelheit. Anfangs war das Vorankommen über lockeres Gestein und Gestrüpp leicht. Einige der Männer stolperten beim Vorangehen in die Hügel über Stellen mit Salbei oder Dornbüschen. Im Vergleich zu ihnen berührte Perikles den Boden nur leicht, als ob Wurzeln allein keinen Anspruch auf ihn besitzen würden. Er wollte auf keinen Fall jemanden enttäuschen. Sein Vater hatte bei Marathon standgehalten, und er hatte gewonnen. Ansehen blieb bei einem Mann, wie eine Narbe. Perikles war entschlossen, den Tod über Geringschätzung zu wählen. Das war eine Gewissheit. Seine Mutter mochte ihn »berühmt« genannt haben, doch es gab verschiedene Arten von Ruhm. Er würde nicht in Schande leben. Er rief sich das ins Gedächtnis, während er mit den anderen über nicht einsehbaren Boden kletterte.
Plötzlich fluchte Attikos hinter ihm, obwohl Kimon den Befehl gegeben hatte, sich still zu verhalten. Keiner von ihnen wusste tatsächlich, was auf Skyros zu erwarten war. Im Lauf der Zeit hatte die Insel einen Ruf als gefährlicher, sogar verfluchter Ort erhalten. Niemals wurden hier Netze von Fischerbooten ausgeworfen, obwohl die Wasser reich an Sardellen und Tintenfischen waren. Es gab Gerüchte von einzelnen Männern, die von vorbeifahrenden Schiffen gesichtet worden waren – vielleicht Schäfer oder Abtrünnige. Geschichten von Händlern machten die Runde, über Handelsschiffe, die bis zur Wasseroberfläche niedergebrannt waren. Über Plünderer, die von Skyros her kamen, über in verkohlte Balken verwandelte Küstendörfer, die Frauen alle geraubt. Der schlechte Ruf beschützte die Insel. Die meisten machten einen weiten Bogen um sie, anstatt zu riskieren, dass kleine Boote sich aufs Meer hinausstahlen, um an Bord zu gehen und die Schiffe in Brand zu setzen. Diebe, Piraten und Mörder hatten Skyros zu ihrer Zuflucht gemacht. Doch es war nicht wegen ihnen, dass Kimon seine Mannschaften an diesen Ort gebracht hatte. Nicht, dass er es ihnen verwehrt hätte, sie aus ihren Löchern zu zerren, wenn sich die Gelegenheit ergeben mochte. Perikles hatte einen Eifer in ihm gesehen, eine Sehnsucht danach, die Macht zu nutzen, die ihm verliehen worden war. Kimon würde niemals mit einem Leben voll ruhiger Pflichterfüllung zufrieden sein. Er war jemand, der Ruhm ersehnte, auf welche Weise auch immer er ihn erwerben würde. Perikles fühlte die Ehre, einer seiner Erwählten zu sein, beinahe wie einen Schmerz. Er würde ihn nicht im Stich lassen. Kimon würde lernen, dass er auf ihn zählen konnte wie auf eine gute Klinge.
Die drei Reihen von Hopliten zogen über den ersten Hügel und auf der anderen Seite wieder hinab, sodass das Glitzern der Sterne auf dem Meer langsam hinter ihnen verschwand. Zweihundert Ruderer gingen mit ihnen, der Rest blieb zurück, um die kostbaren Schiffe zu bewachen. Triremen brannten nur zu gut, aber Kimon überließ nichts dem Zufall. Wie Perikles nahm er seine Verantwortung ernst.
Skyros bestand ganz aus Hügeln, mit sehr wenig Frischwasser und wild davonflitzenden Hasen. Perikles dachte, dass sich bestimmt niemand einen so verlassenen Ort aussuchen würde, um sich hier durchzuschlagen, es sei denn, der Rest der Welt war ihm verwehrt. Oder weil man auf Skyros ohne Gesetze leben konnte, er wusste es nicht. Sein Vater meinte, dass manche Männer zu schwach seien, um innerhalb von Grenzen zu leben. Perikles schüttelte den Kopf. Als er noch jünger gewesen war, hatte er gedacht, dass Xanthippos alles wusste, was es zu wissen gab. Er hatte sich geirrt.
Er reckte in der Dunkelheit den Hals nach hier und da, es gab jedoch weder Anzeichen von Wohnorten noch von Einwohnern. Perikles verlagerte seinen Speer in der Hand, als jemand von hinten an ihm rüttelte. Attikos sagte ihm mit lauter Stimme, dass er aufpassen solle, wohin er das Ding steckte, und drohte ihm damit, es dorthin zu rammen, wo es noch dunkler war. Perikles biss die Zähne zusammen und blieb still, wie es ihm befohlen worden war. Hunderte von Männern machten Geräusche, wenn sie sich bewegten; es war unvermeidbar. Da gab es keinen Grund, es mit unnützem Geschwätz noch schlimmer zu machen.
Inzwischen war es spät in der Nacht, mit einer sinkenden Mondsichel und nur ein paar Stunden bis zur Morgendämmerung. Die Seeräuber mussten irgendwo auf der Insel schlafen. Zu Fuß unterwegs und im Dunkeln erschien Skyros viel größer als am hellen Tag. Wenn Kimon zu lange suchen musste, würde die Sonne aufgehen, und ihr ganzes Überraschungsmoment würde umsonst gewesen sein.
Ein paar der Jüngeren waren vorangegangen, ohne Rüstung oder Waffen, die sie verlangsamten. Als seien sie selbst langbeinige Hasen, waren sie im Unterholz verschwunden und hatten kaum Fenchel und Salbei zum Rascheln gebracht, als sie hindurchliefen. Perikles wartete darauf, dass sie zurückkehrten, während er einen weiteren Hügel erklomm und dabei trotz der nächtlichen Kälte zu schwitzen begann.
Er dachte, dass er irgendwo in der Ferne ein wieherndes Geräusch hörte, einen Warnruf. Ob es auf der Insel kleine Pferde gab? Er nahm an, dass Plünderer und Wilde die Tiere ebenso wertschätzten wie auch alle anderen. Es war hart, etwas zu bauen, wenn man keine Pferde oder wilde Esel besaß, die man an Geschirr gewöhnt hatte. Athen hatte immer noch nur ein paar, weil es alle an hungrige persische Soldaten verloren hatte. Wenn es eine sich ordentlich vermehrende Herde auf Skyros gab … er schob den Gedanken für einen späteren Zeitpunkt zur Seite.
In den tiefen Schatten des Tals konnte Perikles nicht mehr länger die Gesichter derjenigen sehen, die sich um ihn herum befanden. Attikos war an seine Seite gekommen, und sie kletterten eine Weile in schweigender Kameradschaft hügelan, wobei sie jeden Schritt und Griff genau setzten, während der Hang steiler wurde. Sowohl er selbst als auch Attikos trugen ihre Helme hoch auf ihren Köpfen und ließen sie auf ihren Haarschöpfen ruhen. Attikos trug seinen Schild an seinem linken Arm und lehnte sich auf den Rand. Während er aufwärts kletterte, wirkte er damit beinahe, als würde er eine gepanzerte Prothese tragen. Perikles’ Schild lag ihm immer noch über den Schultern. Wenn er dort war, fühlte er sich mit ihm unverletzbar.
Sie mühten sich mit dem Aufstieg ab, als der Boden rauer wurde und sich kleine Steine lösten und fielen. Bei Tageslicht hätten die Männer den besten Pfad gewählt, aber alles, was sie in der Nacht tun konnten, war zusammenzubleiben, egal, wie beschwerlich das Vorwärtskommen noch werden würde.
Perikles keuchte und versuchte seine Atemgeräusche unter Kontrolle zu bekommen, als der Boden sich zu einem weiten Hügelkamm verflachte. Irritiert bemerkte er, dass Attikos nicht halb so schwer atmete. Der ältere Mann schien mit körperlicher Anstrengung gut fertigzuwerden, als könnte er für immer weitermarschieren oder -klettern. Oder sie schmerzte ihn genauso, doch er zeigte es weniger. Wie auch immer, Perikles versuchte es ihm gleichzutun, obwohl ihm der Schweiß in dicken Tropfen hinunterrann.
Es gab hier immer noch keine Felswände, nur rollende Hügel, wo Eidechsen oder brütende Vögel die Gegenwart der Hopliten flohen. Die gesamte vorderste Linie hielt an, als ein Schatten zu plötzlichem Leben hochschreckte. Ein paar senkten sogar ihre Speere, als der unmissverständliche Klang von Hufen zu ihnen vordrang. Irgendein Pferd, das eben noch geschlafen hatte, raste aufgebracht wiehernd und mit ausschlagenden Hinterbeinen den Hügel hinab und davon. Das Geräusch war weithin zu hören, und Perikles konnte nur den Kopf schütteln. Sicher würde das Pferd wie ein bellender Hund jeden auf der Insel über die Anwesenheit von Fremden alarmieren.
Als sie den Hügel etwa zur Hälfte hinabgestiegen waren, klärten sich für Perikles die Schatten vor ihm, denn er begriff, was er da immer noch nur schemenhaft ausmachen konnte. Er ließ sich auf ein Knie nieder, mit Attikos neben ihm. Der Rest von Kimons Hopliten tat es ihnen gleich, und hinter ihnen hielten alle Ruderer an. Sie blickten in ein viel weiteres Tal als zuvor hinab. Da unten gab es keine Lichter, aber Perikles meinte, dass er die Umrisse von Häusern ausmachen konnte, sogar den helleren Streifen von einer Art Straße, in dem sich das Mondlicht fing. Es sah mehr nach einer tatsächlichen Stadt als nach einem rohen Feldlager für Mörder und Verbannte aus.
Perikles konnte gemurmelte Fragen von den Männern hören. Er hatte sich nicht geirrt, den Göttern sei Dank. Sie aufgrund eines falschen Alarms anzuhalten wäre beschämend gewesen. Perikles fiel auf, dass er irgendwo in der Ferne Wasser fließen hörte. Ein Bach also, oder irgendeine uralte Quelle. Es musste einen Grund dafür geben, dass die Bewohner von Skyros diese Gegend ausgewählt hatten. Langsam drehte er den Kopf und betrachtete den kesselförmigen Höhenzug um sie herum. Vielleicht blieb der Rauch ihrer Feuer vorbeikommenden Schiffen verborgen. Oder vielleicht lebten sie von rohem Essen; er konnte es nicht wissen.
Rechts von ihm ging Kimon die Reihe entlang und passierte drei Ränge mit dreißig Hopliten. Sie hatten ihr Gefühl, voneinander getrennte Besatzungen zu sein, beibehalten, wenn sie am Ende des Tages auch alle ihm unterstellt waren. Da er wusste, wie eifersüchtig die Männer werden konnten, bevorzugte er kein bestimmtes Schiff. Man konnte ihn auf jedem von ihnen auf dem offenen Deck schlafend antreffen. Perikles bewunderte Kimon – und die Dinge, die er gesehen hatte. Während Perikles gezwungen gewesen war, mit seiner evakuierten Familie auf der Insel Salamis zu hocken, hatte Kimon Schwadronen von Schiffen kommandiert und persische Schiffe geentert. Er hatte damals bestimmt Kleos gekannt. Es lag in seinen Augen, in seiner Stimme. In seiner Gegenwart wurde Perikles daran erinnert, dass er seinen eigenen Ruhm immer noch verdienen musste.
Kimon hielt bei ihm an. Der Strategos trug einen Helm, Beinschienen und einen Brustharnisch über einer dicken Leinentunika, die seine Beine unbedeckt ließ. Er trug einen Schild, als wöge er gar nichts. Der Kammbusch seines Helms war schwarz und weiß, aber er selbst sah wie jeder der anderen aus. Perikles erkannte ihn jedoch.
»Was kannst du sehen?«, fragte Kimon leise, während er in die Nacht starrte.
Perikles, der begriff, dass seine Augen besser als die des Mannes waren, den er verehrte, blinzelte. »Da unten sind Häuser – einhundert vielleicht, oder etwas mehr. Ein Pfad und eine Kreuzung, eine Art fließendes Gewässer.«
»Ich kann es hören«, erwiderte Kimon.
Wie aus Verärgerung schüttelte er den Kopf. Bei Tageslicht hatte er keine Probleme mit seinen Augen gehabt, wie Perikles sich erinnerte. Manche Menschen sahen in der Nacht besser als andere, das war alles. Es ließ ihn sich nützlich vorkommen, und seine Brust schwoll an.
»Wir haben sie also gefunden«, murmelte Kimon.
Perikles nickte. »Ich kann nicht sehen, dass sich etwas regt.«
Er nahm wahr, wie Kimon sich mit dem Handrücken über die Bartstoppeln an seinem Kinn fuhr. Dies war der Moment, der über Leben entscheiden würde – über die seiner eigenen Hopliten und die der Plünderer von Skyros.
»Ich denke nicht, dass ich sie in Ruhe lassen kann«, sagte Kimon. »Sie kennen diese Insel besser als wir. Ich will nicht, dass sie sich morgen bewaffnen und auf uns losgehen, während wir nach dem Grab suchen.«
Perikles war erfreut, dass er in die Unterhaltung miteinbezogen wurde. Er war sich nicht sicher, ob Kimon seinen Rat annehmen würde, aber die Gelegenheit war da.
»Wir haben eine Verpflichtung gegenüber den Städten und Inseln, die sie plündern«, sagte er. »Wir können sie nicht am Leben lassen.«
Kimons Helm wandte sich ihm zu, um ihn für einem Moment der Ruhe und des Schweigens zu betrachten, dann klopfte der Strategos ihm auf die Schulter. »Du hast recht«, sagte er. »Wir gehen es an – aber vorsichtig. Auch Ratten beißen, wenn sie in die Ecke gedrängt werden. Du hast die Befehlsgewalt über den linken Flügel, Perikles. Nimm drei Ränge zu je fünfzehn und … die Hälfte der Ruderer. Lass keine Wildheit in deinen Männern zu. Was auch immer wir da unten vorfinden, wenn wir es ohne eine einzige Wunde überstehen, bin ich zufrieden. Geht den Feind mit der Vorsicht an, die ihr bei einer Schlachtlinie zeigen würdest. Haltet die Schilde hoch – und dicht beieinander. Nutzt Speere, wenn ihr könnt. Schlag mit dem Schildbuckel zu, wenn du dein Schwert ziehst, um sie zurückzustoßen.«
Es waren grundlegende Anweisungen, von der Art, wie sie jeder Strategos neuen Rekruten zu geben pflegte. Dennoch war Perikles dankbar. Langsam richtete er sich auf, um unter den Sternen zu stehen, wobei er sich plötzlich unwohl fühlte. Ihm wurde klar, dass er im Begriff war, gegen Männer zu kämpfen, bis entweder sie tot waren oder er selbst. Es fühlte sich richtig an, die einfachsten Dinge durchzugehen, wenn der Verstand aussetzte. Das war es, weshalb sie so hart trainiert hatten, bis sie schweißüberströmt gewesen waren. Weil zu töten schwierige und brutale Arbeit war. Nur wenige kamen gut damit zurecht – und sie wurden entweder Helden oder wurden gejagt wie Löwen.
»Ich werde dich nicht enttäuschen«, sagte er zu Kimon.
»Ich auch nicht, Strategos«, murmelte Attikos neben ihm.
Perikles fühlte, wie sein Stolz einen Anflug von Ärger bekam, weil Attikos sich ausgerechnet jetzt einmischte, als er Kimon seinen Wert zeigen wollte. Er rollte mit den Augen, aber Kimon hatte sich bereits abgewandt und lief zu seiner Stellung zurück.
»Gebt die Befehle weiter – aber leise«, sagte Perikles den Männern hinter ihm. »Wir greifen als linker Flügel an – schnell und still.«
Er räusperte sich und erinnerte sich daran, wie sein Vater Männer behandelt hatte, die älter und erfahrener waren als er selbst. Strenge war der Schlüssel. Er hoffte, dass sie ihm das Beben in seiner Stimme nicht anhören konnten, aber es war ihm irgendwie nicht möglich, es loszuwerden.
»Ich ziehe jedem Mann die Haut ab, der einen Kampfschrei brüllt«, sagte Perikles ihnen. Ein paar von ihnen grinsten. Er hoffte, sie taten es aus Nervosität und nicht, weil ihnen ein junger Offizier ihre Arbeit erklärte.
»Passt gefälligst auf, ihr verschissenen Gockel«, sagte Attikos deutlich. »Sonst rede ich selbst mit euch hinterher.«
Perikles schloss die Augen. Attikos hatte in einem entscheidenden Moment seine Autorität untergraben. Das konnte nicht unerwidert bleiben. Er spürte, wie ihm die Wangen glühend heiß wurden, aber Kimon hatte sich bereits in Bewegung gesetzt, und sie waren drauf und dran, zurückzubleiben.
»Danke, Attikos«, schnappte er und meinte es als Rüffel.
»Gern geschehen, Kyrios«, erwiderte Attikos. »Keine Sorge, ich bring dich da sicher durch.«
Ein Hund bellte, eine Reihe tiefer Laute, die zu einem wilden Geheul anwuchsen. Als Perikles den Talboden erreichte, sprang etwas Verschwommenes zwischen den Gebäuden hervor, ganz Schatten und reißende Pfoten. Einer der Hopliten fluchte, als das Tier auf ihn losging, mehr in Furcht vor dessen Zähnen als vor irgendeinem Mann, dem er entgegentreten mochte. Das Heulen erstickte, als jemand den Hund mit einem Speer aufspießte. Schnappende Wut verwandelte sich in Kreischen, und Perikles zuckte zusammen. Die ganze Insel musste das gehört haben.
»Haltet euch an eure Befehle«, grollte er. »Gleichmäßiges Tempo.«
Sie alle kannten ihre Arbeit besser als er, aber wenigstens hatte er ihnen keine Gelegenheit gegeben, an ihm zu zweifeln. Perikles hörte das Schaben von Schilden, die zusammentrafen, indem sie sich wie Schuppen überlappten, sodass sie als eine Schlachtlinie vordrangen. Sie würde nur so lange andauern, bis sie die Hütten der Diebe und Piraten erreichten, aber sie würden auch nicht in einen plötzlichen Hinterhalt geraten. Zu kämpfen war bereits ein gefährliches Geschäft, sagte sein Vater immer. Es gab keinen Grund, es durch Unachtsamkeit noch härter zu machen.
Mehr Hunde nahmen das Gebelle und Geheul des ersten auf. Ein weiterer griff an und wurde niedergehauen, als er sich seine Zähne an einem Schildrand brach. Dennoch gab es kein Zeichen von Verteidigern. Perikles starrte und blinzelte, strengte sich an zu sehen. Die Häuser waren alle dunkel. War der Ort verlassen? Die Hunde hätten ein Teil von einem wilden Rudel sein können. Es wäre ein feiner Witz, wenn sie nach all der Vorsicht bei ihrem Vordringen die gesamte Stätte menschenleer vorfanden.
Perikles gab den Befehl anzuhalten. Kimon war außer Sichtweite, vertraute ihm aber dennoch, verließ sich auf ihn. Es würde keine Fehler geben, nicht solange er das Kommando hatte. Perikles konnte keinen großen Teil seines Lebens kontrollieren, aber für diese eine Nacht, für dieses Vorwärtskommen und diese Männer – nun, sie gehörten ihm, und er würde sie nicht hängen lassen.
»Zu dritt«, schnappte er. »Legt eure Speere zu eurer rechten Seite hin – drinnen nützen sie euch nichts. Speere runter, hab ich gesagt. Zieht die Schwerter. Rasch jetzt! Geht schnell rein auf mein Kommando. Durchsucht jeden Raum – und hütet euch vor Angriffen. Irgendwas stimmt hier nicht. Sie …«
Perikles brach die Reihe von Anweisungen ab und fuhr herum. Die Stimme einer Frau hatte aufgeschrien, oder die eines Kindes. Sie war über die Geräusche der Krieger hinweg erklungen, und er wartete ab. Da drüben, er war sich beinahe sicher. Er deutete auf ein Gebäude, dann auf das Paar, das am nächsten bei ihm stand. »Ihr zwei, geht mit Attikos. Wer auch immer dieses Geräusch gemacht hat, findet ihn und bringt ihn zu mir. Der Rest von euch, worauf wartet ihr? Rückt zu dritt vor.«
Die Hopliten hätten sich ebenso schnell formieren können, wenn er ihre Anordnung zu viert oder zu sechst befohlen hätte. Sie alle kannten ihre Gruppen und konnten sich selbst in der Mitte einer Schlacht auf ein Dutzend verschiedener Arten aufstellen. Das bedeutete, dass die Lochagoi oder der Strategos die Angriffslinien nach Belieben anpassen konnten, indem sie auswählten, wohin sie die größte Kampfstärke schickten. Nur die volle Phalanx arbeitete als einzige Formation, wenn sie gegen einen Feind drängte.
Als die ersten Türen eingetreten wurden, ertappte Perikles sich dabei, dass er grinste, sowohl aus Nervosität wie auch aus Aufregung. Dennoch spielte sich die Szene in seiner Vorstellung auf großartige Weise ab. Athenische Hopliten mit Helmen und in Rüstungen würden in einem kleinen Heim wie der wiedergeborene Achill wirken – unantastbar, schnell und tödlich. Wenn sich tatsächlich Plünderer in den Hütten versteckten, dann würden sie sicher abgeschlachtet werden. Trotzdem nagte etwas an ihm, sodass ihm das Herz in der Brust hämmerte. Diese Leute kannten ihren Ort. Er war ihr Zuhause, und er fragte sich, ob etwas übersehen worden war.
Ein Kreischen erklang zu seiner Rechten. Perikles drehte den Kopf, lauschte, versuchte zu verstehen. Die Ruderer standen noch immer hinter ihm. Sie hatten es nicht besonders eilig, anzugreifen, so viel konnte er ahnen. Die meisten Männer bevorzugten es, ihre Stellung ohne einen Befehl fürs Vorrücken zu halten, zumindest, wenn die Alternative darin bestand, durch Türöffnungen in komplette Dunkelheit zu treten und nie zu wissen, was sie hinter jeder erwartete. Perikles konnte sie nicht den Hopliten hinterherschicken, nicht, solange er nicht einen besseren Eindruck davon besaß, womit sie zu rechnen hatten – oder bis sie in einen Hinterhalt getappt waren. Nur fünfundvierzig Hopliten waren durch die Ansammlung von Hütten gebrochen. Weiter entfernt konnte er Schreie und den Klang von Metall auf Holz hören, als Kimon die zweite Flanke hereinbrachte. Wen auch immer sie in der Mitte abfingen, war sicher hilflos, aber dennoch setzte ihm das Gefühl zu, dass etwas nicht stimmte. Perikles musste etwas sehen können, aber es würde Feinde wie Mücken anziehen, wenn er jetzt eine Lampe entzündete. Wenn sie hier waren.
Er hörte, wie Attikos zurückkehrte, ehe er ihn sehen konnte.
»Beiß mich noch mal, und ich hau dich um«, knurrte Attikos. Er und ein anderer Mann hielten eine sich windende Gestalt zwischen sich. Sie musste den Befehl ignoriert haben, denn Perikles hörte, wie Attikos vor Schmerzen zischte. Der ältere Mann hob zur Erwiderung seinen Arm, doch Perikles packte sein Handgelenk und hielt ihn zurück.
»Wir müssen sie befragen«, sagte er.
Attikos schüttelte sich frei. Er murmelte etwas, woraufhin sie versuchte, ihn zu treten, sodass er fluchend und lachend zurückzuckte.
Einer der anderen Hopliten hatte immer noch das lange Haar der Frau in seinem Griff, ein dichtes Büschel, das er um seine Faust gewickelt hatte. Perikles winkte ihn fort, und der Mann ließ sie mit großer Vorsicht los. Er stellte sich weiter weg, bevor sie sich auf ihn stürzen konnte. Eigentlich bewunderte Perikles ihre rasende Wut, obwohl sie so hilflos wie eine Katze und in größerer Gefahr war. Sie würden ihr augenblicklich die Kehle durchschneiden, wenn er den Befehl dazu gab. Danach zu urteilen, wie Attikos an seinen Fingern lutschte und sie anstierte, würde er es vielleicht ohnehin tun.
»Wie viele Männer leben hier?«, fragte Perikles.
Die Frau ignorierte die Frage, stattdessen blickte sie sich um. Offensichtlich versuchte sie einzuschätzen, ob sie sich davonmachen konnte. Da drei Männer jeden Fluchtweg blockierten, sackte sie in sich zusammen.
»Sprichst du Griechisch?«, wollte Perikles von ihr wissen. »Wenn nicht, hast du keinen Nutzen für mich.«
»Ich bin aus Theben«, sagte sie. »Und du? Ich kann den Dialekt von Athenern hören.«
»Gut«, erwiderte er erleichtert. »Wenn du hier eine Gefangene bist, kannst du mir dann sagen, wie viele Männer es hier gibt? Wir können dich von hier fortbringen, so weit bis nach Athen, wenn du uns hilfst.«
»Warum sollte ich euch helfen?«, fragte sie. Ohne Vorwarnung erhob sie ihre Stimme zu einem lauten Ruf in die Dunkelheit. »Wenn mein Ehemann nur einen Funken Verstand hat, bleibt er …«
Attikos trat vor und schlug ihr ins Gesicht, sodass sie zu Boden stürzte.
»Wir haben dir nicht gesagt, dass du schreien sollst, Schätzchen, oder?«, herrschte er sie an.
Perikles war wütend. Er hatte Attikos nicht verboten, sie anzurühren, aber er hatte gedacht, der ältere Mann hätte ihn auch so verstanden. Es fühlte sich wie Ungehorsam an.
Er konnte hören, wie andere Gruppen zurückkehrten. Den Geräuschen nach trieben sie Frauen und Kinder zusammen, einige von ihnen wehklagten bereits. Entnervt von der Seltsamkeit des Ganzen schüttelte er den Kopf. Er konnte seine Gefangene im Dunkeln kaum sehen. Als sie zu Boden gestürzt war, war ihr das Haar um den Kopf geschleudert worden und wie ein Vorhang über ihr Gesicht gefallen. Er sah, wie sich etwas Fahles unter diesem Haar verlagerte, als ihr Arm zum Gürtel zuckte. Jäh sprang sie mit starken Beinen auf und stürzte sich geradewegs auf Attikos. Er brüllte vor Schmerz auf, als sie zustieß. Sein wilder Gegenschlag erwischte sie seitlich am Kopf. Benommen fiel sie hin, während er das Messer aus seinem Oberschenkel zog.
»Das Miststück!«, schrie er mit zum Schlag erhobener Schwertklinge.
Perikles trat ihm entgegen. »Es liegt an mir, sie zu befragen. Tritt zurück – und leg das weg.«
Attikos schnaufte schwer, mehr aus Wut als aus Schmerz. Er war kurz davor, auf ihn loszugehen, das konnte Perikles fühlen. Der junge Mann erwiderte seinen Blick in völligem Selbstvertrauen. Wenn Attikos seinen Befehl verweigerte, würde Perikles ihn töten, das war ihm klar. Er war neunzehn, geübt und schnell. Er zweifelte nicht an sich. Endlich drang etwas von dieser Gewissheit zu dem Mann durch, dem er gegenüberstand. Attikos senkte den Kopf und trat beiseite. Dennoch beobachtete Perikles ihn, für den Fall, dass er es sich anders überlegte. Er hatte viel zu oft gegen seinen Bruder gekämpft, um sich von einem Trick oder einer vorgetäuschten Kapitulation täuschen zu lassen. In diesem Moment vermisste er Ariphron mit frischem, plötzlichem Schmerz. Er lag kalt und tot in einem Grab, aber er lehrte ihn immer noch Lektionen.
»Genau genommen, Attikos – durchsuch wieder die Hütten und finde mir irgendjemand anderen, der hier am Leben ist.«
Attikos machte auf dem Absatz kehrt und verschwand, noch bevor Perikles zu sprechen aufgehört hatte. Er ließ ihn mit hundert Ruderern hinter sich zurück, die auf Befehle warteten – und mit einer bewusstlosen Gefangenen zu seinen Füßen. Auf dem Weg um sie herum versammelten die Hopliten mit Stößen eine Gruppe von Frauen und Kindern.
»Fessle ihr die Hände«, wies Perikles einen der Ruderer an. »Sie ist eine Griechin, wenn sie auch aus Theben ist. Geht schonend mit ihr um. Sie ist eine von uns, und vielleicht hat man sie grausam behandelt.«
Es war eine noble Geste, und er war stolz darauf, wie er sie dargeboten hatte. Er musste die derbe Bemerkung überhören, die ein weiterer seiner Männer machte. Wenn er auf jede einzelne reagierte, würde er nie etwas erledigt bekommen.
Perikles hob den Kopf und wandte sich an die Schar der Gefangenen. »Wo sind eure Männer?«
Einige von ihnen hatten zu weinen begonnen, und der Ruderer hinter ihm murmelte eine weitere Bemerkung, die ihn erröten ließ. Perikles unterdrückte seine Verärgerung. In seinen Augen waren Hopliten anständige Männer, die für die Stadt kämpften und dann einen Sitz als Juroren einnahmen. Als ehrliche, sogar edle Männer waren sie ein Teil des Traums von Athen. Die Ruderer schienen nicht vom selben Schlag zu sein. Er ballte seine Faust. Er würde die Bastarde dazu anspornen oder eine eiserne Klinge an jeden ihrer Hälse halten. Sie würden diese Frauen nicht belästigen, nicht, solange er ihnen befahl.
»Ihr Frauen, ihr seid nicht alleine hier!«, rief er erneut. »Wo sind eure Männer?«
Er bemerkte, dass er sie jetzt riechen konnte, ein Geruch nach Kräutern und ungewaschener Haut. Es war nicht mehr lange hin bis zur Morgendämmerung. Er dachte, mit mehr Licht wären ihre Armut und ihre Schmutzigkeit noch deutlicher gewesen. Gerade als er zu ihnen hinüberblickte, erschien das erste Anzeichen von Grau in der Dunkelheit. Es konnten nicht mehr als etwa achtzig sein. Er stellte sich vor, dass jede der Frauen von einem anderen Ort geraubt worden war. Es würde immer Männer geben, die wegen irgendeines Verbrechens von ihren Heimatstädten ausgestoßen wurden, die man wie Hunde ins Exil trieb. Sie mochten zweifellos ihren Weg nach Skyros finden, aber nicht die Frauen. Sie mussten entführt worden sein, oder sie waren hier geboren worden.
Eine Anzahl von ihnen lief mit kleinen Kindern oder trug sie an der Hüfte, schluchzend und mit vor Angst geweiteten Augen. Sie waren keine Bedrohung, aber da blieb immer noch das Rätsel um ihre Männer.
»Lasst uns in Ruhe!«, schrie eine von ihnen. Sie besaß die Stimme eines alten Weibs.
Perikles zögerte, weil er mit einem Mal befürchtete, dass Athene in der schattenhaften Menge stand. Es war gefährlich, mit Frauen umzugehen, wenn die Göttin unter ihnen wandeln mochte. Er schluckte. Er wiederholte sich einmal mehr, auch wenn es sich schwach anhörte. »Ich werde euch nicht noch einmal fragen«, sagte er. »Wo sind eure Männer?«
»Sie sind ausgezogen, um zu jagen, aber sie werden zurückkommen«, schrie eine. »Sie werden euch umbringen, wenn ihr auch nur eine von uns anrührt!«
Er konnte die Angst in ihrer Stimme vernehmen. Attikos war schwer humpelnd an seine Seite zurückgekehrt. Perikles fiel auf, dass er den Mann erkennen konnte. Um sie herum war endlich die Morgendämmerung in all ihrer grauen Pracht angebrochen.
»Zum Jagen ausgezogen, im Dunkeln?«, hörte er Attikos murmeln. »Das glaub ich nicht. Hier gibt’s doch sowieso nicht viel zu jagen, nicht in dieser Gegend. Es sei denn, sie meint diese kleinen Pferde …«
Der ältere Mann verstummte allmählich, und Perikles weiteten sich die Augen. Die Männer jagten nicht auf dem Land. Sie waren draußen auf dem Meer, entweder auf der Suche nach Fischen oder nach einer anderen Art Beute.
Perikles blickte auf, als Kimon sich näherte. Er straffte sich und sah, dass Attikos es ihm gleichtat.
»Ich kann niemanden außer Frauen und Kindern finden. Ihr?«
Perikles schüttelte den Kopf. »Hier sieht es genauso aus. Ich glaube, die Männer sind fort, um nach Schiffen Ausschau zu halten, die sie angreifen können.«
Kimon nickte. »Dann sind sie vielleicht auf Tage hinaus nicht zurück. Es spielt keine Rolle. Lass ein paar Wachen mit denen da zurück … Männer, denen du trauen kannst.« Er sagte diese letzten Worte mit einer eigenartigen Betonung, die Perikles erröten ließ.
»Ich kann hierbleiben, Kyrios«, sagte Attikos.
Er hatte sich an Kimon gewandt, aber es war Perikles, der antwortete. »Nein, ich brauche dich bei mir, Attikos. Ich werde diejenigen auswählen, die wir zurücklassen müssen.« Perikles fühlte den unterdrückten Zorn des Mannes mehr, als ihn zu sehen, als er sich wieder an Kimon wandte. »Du wirst das Grab suchen gehen?«
Kimon war die seltsame Spannung zwischen den beiden Männern nicht entgangen. Tatsächlich entging ihm nur sehr wenig, aber er sah keine Schwäche in Perikles, also vertraute er darauf, dass dieser seine eigenen Probleme löste. Einen kurzen Moment später senkte er den Kopf. »Das ist der Grund, weshalb wir hierhergekommen sind. Nicht wegen zerlumpter Piraten oder ihrer Frauen. Theseus starb auf Skyros. Wenn es hier wirklich eine Grabstätte gibt, dann könnte es seine sein. Und wenn es wirklich seine ist, dann will ich seine Knochen zurück nach Athen bringen, für ein gebührendes Begräbnis. Er war ein athenischer König. Sein Vater gab der Ägäis ihren Namen!«
Die Frau zu ihren Füßen regte sich. Als sie mitbekam, dass man sie gefesselt hatte, begann sie sich zu winden. Perikles sah, dass sie ein wenig älter als er selbst war, mit Haar, das nie geschnitten worden war und ihr in einer dichten Masse bis zur Hüfte hing. Sie war schmutzig, aber er fühlte etwas Eigenartiges, als ihre Augen auf die seinen trafen. Ihr Gesicht schwoll bereits an, auf einer Seite hatte sie einen großen Bluterguss, der bis zu ihrem Auge reichte.
»Unsere Kerle werden euch umbringen, wenn sie nach Hause kommen«, sagte sie.
Kimon lachte leise auf. »Du bist Griechin? Dann schau dich mal um. Mach schon, hier ist es ja jetzt nicht mehr ganz dunkel. Siehst du meine Hopliten und die Ruderer? Du denkst, deine Männer werden es mit uns aufnehmen? Das glaube ich nicht. Wenn sie auch nur einen Funken Verstand haben, bleiben sie außer Sichtweite, bis wir wieder fort sind. Wir haben wirklich kein Interesse an irgendeiner von euch.«
»Sie werden euch umbringen«, wiederholte sie und spuckte auf den Boden zu ihren Füßen. Selbst in ihrem Zorn gab sie acht, die Spucke nicht seine Sandale berühren zu lassen, wie Perikles auffiel.
Überwältigt von ihrer Frechheit trat Attikos mit erhobener Hand vor.
»Zurück mit dir, Attikos!«, grollte Perikles. »Ich schwöre dir, wenn du diese Frau noch mal schlägst, lass ich dich für eine Woche auf See an den Schiffsbug binden.«
»Kyrios, sie …«
»Kein Wort mehr!«, schnappte Perikles. Er wandte sich der Frau zu, als sei die Sache erledigt und kein weiterer Wortwechsel mehr nötig. Ihre Mundwinkel zuckten, als sie sah, wie Attikos sich zügelte, was sie unter dem Vorhang ihres Haars zu verbergen versuchte.
»Was wollt ihr hier?«, fragte sie Kimon mit deutlich sichtbarer Neugier.
»Sag mir erst deinen Namen.«
»Thetis«, erwiderte sie achselzuckend.
»Wie die Mutter von Achill?«
Sie nickte, und Kimon lächelte. »Das ist ein alter Name – ein mächtiger Name. Also, Thetis, wir suchen nach einem Grabmal … vielleicht einem Tempel. Alt und untergegangen und wahrscheinlich überwachsen. Irgendwo auf der Insel. Mein Vater sagte, er hätte von einem hier gehört.«
Er wartete, während die Frau überlegte. Ihr Blick war während seiner Beschreibung aufgeblitzt, und Kimon fiel auf, dass er vor Spannung den Atem anhielt. »Du hast etwas in der Art gesehen?«, fragte er.
Sie zuckte die Achseln. »Vielleicht. Es gibt da ein altes Grabmal auf der Nordseite, hoch in den Hügeln. Ein paar von den Kindern spielen dort herum.«
»Kannst du mir sagen, wie man da hinkommt?«, fragte Kimon. »Das ist es, wofür wir gekommen sind. Nichts anderes zählt für mich.«
Seine Stimme war plötzlich freundlicher geworden, als würde er ein wildes Reh beruhigen. Sie konnte offenbar nicht wegsehen, und zu seiner Überraschung fühlte Perikles einen eifersüchtigen Stich in der Brust. Er war derjenige gewesen, der sie vor Attikos gerettet hatte! Er war derjenige, der ungebunden war, während Kimon in Athen eine junge Frau hatte, die bereits schwanger mit seinem ersten Kind war. Und doch ruhte der dunkle Blick der Frau nur auf seinem Freund.
»Ich kann dir den Ort zeigen«, sagte sie.
Bei Sonnenaufgang führte die junge Frau die Griechen die andere Seite des Tals hinauf. Kimon hatte dem immer noch humpelnden Attikos befohlen, sie festzuhalten. Aus Bosheit drückte er ihren Arm äußerst fest. Perikles sah die bleichen Abdrücke seiner Finger, wollte aber nichts sagen, solange das Risiko bestand, dass Thetis wegrennen und sie weit weg von den anderen zurücklassen mochte. Obwohl Attikos seine Beinwunde verbunden hatte, schien sie ihm Schmerzen zu bereiten. Er murmelte im Gehen Thetis Verwünschungen und Drohungen zu, sodass sie sich von ihm wegdrehte.
Das Vorwärtskommen in dem dichten Untergehölz und vorbei an Olivenbäumen, so alt wie die Insel selbst, war anstrengend. Zwei weitere Male schreckten sie eines der drahtigen kleinen Ponys auf, das beim Anblick bewaffneter Männer davongaloppierte. Es hätte beinahe ein schöner Anblick sein können, wenn ihr Vorhaben nicht so schwerwiegend gewesen wäre. Mit dem Lauf der Sonne im Blick eilten sie voran.
Als Kimon die Gelegenheit ergriffen hatte, das Grabmal aufzusuchen, hatte er den Großteil seiner Streitmacht zurückgelassen. Perikles biss sich bei dem Gedanken daran auf die Unterlippe. Kimon war fast ein Dutzend Jahre älter als er, aber es war immer noch der Fehler eines jungen Mannes. Sie hatten nur sechs Hopliten mit sich genommen. Der Rest wartete im Tal oder war zurückgeschickt worden, um die Schiffe zu bewachen.
Auf einem Ziegenpfad, kaum mehr als eine sich windende Linie am Boden, erreichte Thetis den Hügelkamm. Sie zögerte nicht, sondern überquerte ihn geradewegs, wobei sie eine Hand ausstreckte, um auf dem steilen Abhang das Gleichgewicht zu behalten. Attikos, dessen verletztes Bein einknickte, riss sie hart zurück, was sie einen Schrei ausstoßen ließ. In finsterem Zorn beobachtete Perikles, wie sie herumfuhr, um Attikos zu schlagen, und dieser einmal mehr mit der Faust ausholte.
»Attikos!«, brüllte Perikles.