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Herz auf Taille, Erich Kästners erstes Buch, brachte ihm über Nacht Erfolg und Anerkennung - und eine große, treue Leserschaft. Die darin versammelten Gedichte voller Biss, Witz und Wärme haben bis heute nichts von ihrer Gültigkeit verloren - im Gegenteil! 'Das ist das gedichtete, dicht gewordene, zusammengeballte Leben, das uns umgibt!' Mannheimer Volksstimme (1928)
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Seitenzahl: 56
Vorwort von Erich Kästner zum Neudruck 1965:
Der vorliegende Neudruck enthält, textgetreu und unterm alten Titel, meine erste Gedichtsammlung sowie zahlreiche ganzseitige Illustrationen und Vignetten der im Frühjahr 1928 erschienenen Erstauflage. Erich Ohsers (e. o. plauens) ganzseitige Illustrationen haben übrigens ihre »Geschichte«. Sie fielen in der zweiten Auflage, im Herbst 1928, fort. Sie fielen damals, da sie derb und deutlich waren, dem mimosenhaften Zartgefühl jener treudeutschen Sorte Sortimenter zum Opfer, die sich 1933 als ganz und gar nicht zimperlich entpuppen sollte.
Das Buch ist siebenunddreißig Jahre alt, und die Gedichte sind noch älter. Ich hatte sie als Leipziger Student geschrieben und in die literarische Welt hinausgeschickt. Sie waren im Tagebuch, im Simplicissimus, in der Vossischen Zeitung, in der Weltbühne, in der Jugend und anderswo längst erschienen, als mir Curt Weller, ein grasgrüner Verleger, nicht viel älter als ich selber, ein Kriegsflieger mit Beinprothese, im Café Merkur, dem Literatencafé an der Pleiße, vorschlug, die verstreuten Beiträge zu sammeln und bei Curt Weller & Co. als Buch zu veröffentlichen. Erich Ohser, noch jünger als wir, dem Schlosserhandwerk entlaufen, Schüler der Akademie, übernahm mit heiterem Feuereifer den graphischen Teil. Der Titel wurde gesucht und gefunden. Herz auf Taille, das passte zur modischen Linie, zum Bubikopf, zum kurzen Rock, zur überlangen Zigarettenspitze, zum Onestep und zum Charleston. Herz à la mode, das bedeutete Skepsis, Einschränkung des Gefühls. Scheu vor der Demaskierung, Selbstironie als Selbstschutz.
Das Buch erschien und hatte, bei Freund und Feind, Erfolg. Nur so sei zur Zeit Lyrik möglich, schrieb man. Und man schrieb, es sei überhaupt keine Lyrik. Nun, es war Anklage, Elegie, Satire, Feuilleton, Glosse, Ulk, Frivolität, Epistel, Pamphlet und Bänkeltext. Und wenn’s keine Lyrik war, konnten wir den Kritikern auch nicht helfen! Man musste sie nicht einmal bedauern. Es gab ja doch Lyrik, schlechte und sogar gute, zur Genüge!
Ganz und gar verschwand das literarische Unbehagen erst, als das Schlagwort »Gebrauchslyrik« auftauchte. Mit diesem Etikett war die bedrohte Etikette wiederhergestellt. Und die Platzanweiser atmeten erleichtert auf. Aber das politische Unbehagen wuchs. Mit der »Gebrauchslyrik« schien man sich abgefunden zu haben, doch keineswegs mit dem Gebrauche, den ich und andere davon machten. Zeitgedichte gegen Zeitgeschichte, ein ungleicher Wettkampf! Sein Ausgang konnte nicht zweifelhaft sein. Als Ende 1932 der vierte Band, Gesang zwischen den Stühlen, erschien, kam er gerade noch zur Bücherverbrennung zurecht.
Gedichte altern anders als wir. Wir werden älter, indem wir uns von Tag zu Tag und von Jahr zu Jahr verändern. Gedichte altern, ohne dass ihnen auch nur ein Haar ausfällt. Sie sehen aus wie ehedem. Als meine Kollegin Oda S. eines schönen Tages von einer ihr scheinbar völlig Unbekannten aufs herzlichste begrüßt worden war, wandte sich Oda an mich und fragte: »Wer war denn das?« »Blandine E.«, sagte ich, »sie war zwölf Jahre in Hollywood. Kennst du sie denn nicht?« »Das war Blandine?«, rief Oda verblüfft. »Nie hätte ich sie wiedererkannt! Sie hat sich ja überhaupt nicht verändert!«
Ob es meinen alten Lesern mit meinen alten Gedichten ähnlich ergehen wird?
Erich Kästner
München, 1965
Jahrgang 1899
Wir haben die Frauen zu Bett gebracht,
als die Männer in Frankreich standen.
Wir hatten uns das viel schöner gedacht.
Wir waren nur Konfirmanden.
Dann holte man uns zum Militär,
bloß so als Kanonenfutter.
In der Schule wurden die Bänke leer,
zu Hause weinte die Mutter.
Dann gab es ein bisschen Revolution
und schneite Kartoffelflocken;
dann kamen die Frauen, wie früher schon,
und dann kamen die Gonokokken.
Inzwischen verlor der Alte sein Geld,
da wurden wir Nachtstudenten.
Bei Tag waren wir bureau-angestellt
und rechneten mit Prozenten.
Dann hätte sie fast ein Kind gehabt,
ob von dir, ob von mir – was weiß ich!
Das hat ihr ein Freund von uns ausgeschabt.
Und nächstens werden wir dreißig.
Wir haben sogar ein Examen gemacht
und das Meiste schon wieder vergessen.
Jetzt sind wir allein bei Tag und bei Nacht
und haben nichts Rechtes zu fressen!
Wir haben der Welt in die Schnauze geguckt,
anstatt mit Puppen zu spielen.
Wir haben der Welt auf die Weste gespuckt,
soweit wir vor Ypern nicht fielen.
Man hat unsern Körper und hat unsern Geist
ein wenig zu wenig gekräftigt.
Man hat uns zu lange, zu früh und zumeist
in der Weltgeschichte beschäftigt!
Die Alten behaupten, es würde nun Zeit
für uns zum Säen und Ernten.
Noch einen Moment. Bald sind wir bereit.
Noch einen Moment. Bald ist es so weit!
Dann zeigen wir euch, was wir lernten!
Anmerkung: Die ganzseitigen Bilder dürfen über das Sofa gehängt werden!
Der Herr ohne Gedächtnis
Er griff dem Leben in die Taschen
und trieb mit Tod und Teufel Spaß.
Sein Maul war (bildlich) ungewaschen.
Er trank aus ziemlich allen Flaschen
und nahm bei Nacht den Sternen Maß.
Er stand auf dem Balkon des Jahres,
sah Scheußliches und Wunderbares,
und er vergaß.
Er kannte mehr als tausend Damen.
Die zeigten ihm ihr Herz en face.
Er spielte mit in tausend Dramen.
Er reiste unter tausend Namen
und sah durch Wände wie durch Glas.
Er lebte oft von Überresten.
Er wohnte manchmal in Palästen.
Und er vergaß.
Er war Friseur. Und Kohlenträger.
Er wurde krank. Und er genas.
Er schoss am Kongo Bettvorleger
und am Isonzo Alpenjäger
und biss beinahe selbst ins Gras.
Er fuhr auf Dampfern, die zerbrachen.
Er hustete in allen Sprachen.
Und er vergaß.
Und wenn sie ihn mit Blicken maßen,
in denen leichtes Grauen saß,
floh er auf Inseln mit Oasen.
Zu Menschen, welche Menschen fraßen,
indes er aus der Bibel las.
Oft reicht die Trauer nur für Späße …
Er hoffte, dass man ihn vergäße,
wie er die anderen vergaß.
Und so geschah’s.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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