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Wir lernen die Geschichte kennen, die einmal dazu führen wird, dass es, viele Jahre später, zur Gründung von 'Sophienlust' kommen wird. Der Weg dahin schildert eine ergreifende, spannende Familiengeschichte, die sich immer wieder, wenn keiner damit rechnet, dramatisch zuspitzt und dann wieder die schönste Harmonie der Welt ausstrahlt. Das Elternhaus Montand ist markant – hier liegen die Wurzeln für das spätere Kinderheim, aber das kann zu diesem frühen Zeitpunkt noch keiner ahnen. Eine wundervolle Vorgeschichte, die die Herzen aller Sophienlust-Fans höherschlagen lässt. Schon den ganzen Tag über jagten dicke Wolken über den Himmel. Es war schwül und die Luft drückend. Man konnte spüren, dass ein Gewitter im Anmarsch war. Sogar die Vögel zwitscherten nur noch vereinzelt, als wollten sie sich auf Blitz und Donner vorbereiten. Denise Montand stand am Fenster im Wohnzimmer ihres Elternhauses und starrte nach draußen. »Wenn es so düster bleibt, werde ich mich nicht mit Thomas treffen«, murmelte sie vor sich hin. In ihrer Stimme lag weder Enttäuschung noch Resignation, dass sie ihren Freund heute vermutlich nicht sehen konnte. »Du hast ja noch eine ganze Stunde«, sagte Dr. Pierre Montand beruhigend und grinste den Rücken seiner Tochter schelmisch an. Er kannte Denise gut und lange genug, um diese feinen Regungen, die kunstvoll abgestimmten Nuancen in ihrer Stimme richtig deuten zu können. »Sag doch ab, wenn du ihn nicht sehen willst«, fügte er hinzu, und sein Grinsen wurde breiter. Denise drehte sich hastig zu ihrem Vater um. »Wie kommst du denn da drauf?«, fragte sie, und in ihrer Stimme schwang Ärger mit. »Ich habe ihm versprochen, dass wir uns heute sehen, und wenn es irgendwie geht, dann halte ich mein Versprechen.« Abwehrend hob Pierre beide Hände und verbannte das Grinsen eilig aus seinem Gesicht. »Ich bin ja schon still.
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Schon den ganzen Tag über jagten dicke Wolken über den Himmel. Es war schwül und die Luft drückend. Man konnte spüren, dass ein Gewitter im Anmarsch war. Sogar die Vögel zwitscherten nur noch vereinzelt, als wollten sie sich auf Blitz und Donner vorbereiten.
Denise Montand stand am Fenster im Wohnzimmer ihres Elternhauses und starrte nach draußen. »Wenn es so düster bleibt, werde ich mich nicht mit Thomas treffen«, murmelte sie vor sich hin. In ihrer Stimme lag weder Enttäuschung noch Resignation, dass sie ihren Freund heute vermutlich nicht sehen konnte.
»Du hast ja noch eine ganze Stunde«, sagte Dr. Pierre Montand beruhigend und grinste den Rücken seiner Tochter schelmisch an. Er kannte Denise gut und lange genug, um diese feinen Regungen, die kunstvoll abgestimmten Nuancen in ihrer Stimme richtig deuten zu können. »Sag doch ab, wenn du ihn nicht sehen willst«, fügte er hinzu, und sein Grinsen wurde breiter.
Denise drehte sich hastig zu ihrem Vater um. »Wie kommst du denn da drauf?«, fragte sie, und in ihrer Stimme schwang Ärger mit. »Ich habe ihm versprochen, dass wir uns heute sehen, und wenn es irgendwie geht, dann halte ich mein Versprechen.«
Abwehrend hob Pierre beide Hände und verbannte das Grinsen eilig aus seinem Gesicht. »Ich bin ja schon still. Aber du musst doch zugeben, dass …«
»Ich gebe gar nichts zu«, fuhr Denise ihren Vater an. »Ich verlange Beweise, sonst ist eine besondere Wiedergutmachung angebracht.« Jetzt grinste sie und in ihren schönen blauen Augen tanzten tausend Teufelchen.
»Beweis Nummer eins ist der Umstand, dass du gelassen am Fenster stehst und die Wolken beobachtest. Beweis Nummer zwei ist die Tatsache, dass du bereitwillig auf meine Scherze eingehst anstatt unglücklich am Telefon zu hängen und deinem Liebsten zu versichern, wie furchtbar traurig du bist, weil du vermutlich heute nicht kommen kannst. Beweis Nummer drei ist, dass du nicht einen Moment lang auf die Idee gekommen bist, Thomas könnte dich hier in deinem Zuhause besuchen, was eigentlich das normalste von der Welt wäre.«
»Ertappt.« Gespielt schuldbewusst senkte Denise den Blick. »Und jetzt? Was soll ich jetzt machen?«
»Dann sag ihm doch gleich ab und wir können alle drei gemütlich in unseren wohlverdienten Feierabend gehen. Deine Mutter würde gern die Lasagne in den Backofen schieben und ich finde, es ist an der Zeit für meine Feierabendlektüre. Also was ist, Prinzessin?«
»Ich warte noch eine halbe Stunde, und wenn der Himmel dann noch immer so dunkel ist, werde ich Thomas anrufen und ihm absagen, wie du es vorgeschlagen has.«
»Eine weise Entscheidung.« Pierre zog sich wieder in seine tiefen Gedanken zurück, und Denise starrte weiter aus dem Fenster. Doch der Himmel hatte ein Einsehen. Es kam ein heftiger Wind auf, der die Wolken auseinandertrieb. Bald blitzten einige vorwitzige Sonnenstrahlen zwischen den dunklen Wolkenbergen hindurch und signalisierten damit, dass der Spuk jetzt erst mal gebannt war. Einerseits atmete Denise erleichtert auf, dass ihr Treffen mit Thomas nun doch noch stattfinden sollte. Gleichzeitig jedoch ging ihr in rasender Geschwindigkeit durch den Kopf, was sie mit diesem schönen Abend noch alles anfangen könnte, wenn nicht diese Verabredung alles boykottiert hätte.
Seufzend wandte sie sich vom Fenster ab. »Dann werde ich mal gehen«, murmelte sie resigniert. »Ich weiß nicht, was der Abend bringen wird. Thomas will unsere Fahrt am Wochenende besprechen. Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist.«
»Lass es auf dich zukommen, Prinzessin«, sagte ihr Vater beruhigend. Er hatte nichts gegen Thomas, nur dass er ihn mochte, konnte er auch nicht behaupten. Nicht nach allem, was der junge Mann in den letzten Wochen veranstaltet hatte, um seine menschliche Unreife zu bestätigen. »Wir warten nicht mit dem Abendessen auf dich. Aber gib bitte Bescheid, falls du die Nacht …«
»Bitte, Pap, lass das«, fuhr Denise ihn erschrocken an. »Du weißt, dass ich das nie tun würde, schon gar nicht beim Stand dieser Bekanntschaft.«
»Ah, und trotzdem willst du mit ihm übers Wochenende wegfahren? Wie soll das zusammenpassen?« Pierre furchte die Stirn. »Euer ständiger Wetterwechsel macht langsam sogar mir zu schaffen. Ich finde, da sollte endlich eine Entscheidung her. Das hält ja kein Pferd aus.«
»Die Entscheidung wird bald kommen. Ich denke, so lange, wie es gedauert hat, wird es nicht mehr dauern.«
»Und wie wird die Entscheidung ausfallen?«, mischte sich nun auch Eva Montand ein, die gerade aus der Küche gekommen war. »Ich hab leider nicht mitgezählt, wie oft du dich bereits von ihm getrennt hast. Die große Liebe kann er wohl nicht sein.«
»Ach Mama, das kann keiner beurteilen. Ich weiß selbst nicht, weshalb ich noch immer so an ihm hänge. Ich sage ja nicht, dass ich ihn heiraten will. Doch ein kleines bisschen Hoffnung hab ich schon noch, dass sich bei uns alles einrenken wird. Er kann so lieb sein, und wenn er mich treuherzig anschaut und sagt, dass ihm alles so leidtut, würde ich ihn am liebsten in den Arm nehmen und trösten.«
»Ah ja«, meinte Pierre nur und ließ seine Zeitung sinken. »Ich hoffe, meine liebste Eva, dass du solche Gefühle mir gegenüber nicht hegst, sonst müsste ich befürchten, dass bei uns etwas aus dem Ruder läuft.«
Eva lachte. »Nein, mein Liebster, dieses Gefühl hatte ich bei dir nur ein einziges Mal, das war, als ich versehentlich den Vorschlaghammer hab fallen lassen und er ist auf deinem großen Zeh gelandet, der daraufhin gebrochen war.«
»Das war aber auch berechtigt. Ich hatte furchtbare Schmerzen, und du hast dich halb totgelacht, bis du gemerkt hast, dass es mir völlig ernst war mit meinem Gejammer.«
Eva ging rasch zu ihrem Mann und nahm ihn in die Arme. »Armer schwarzer Kater«, flüsterte sie ihm zu und küsste ihn auf die Wange. Dann ließ sie ihn wieder los. »Ich wünsche dir einen schönen Abend, mein Kind, und prüfe dich genau. Noch kannst du das Wochenende absagen«, gab sie zu bedenken.
»Ich weiß, Mama, und ich werde mich ganz genau prüfen. Ich weiß aber jetzt schon, dass ich es bereuen würde, wenn ich es nicht versuche, mit ihm zusammenzukommen. Wenn ich es versuche, werde ich es bestimmt genauso bereuen«, fügte sie leise hinzu. Dann griff sie nach der Hundeleine, rief nach Sam, und wenig später waren beide unterwegs.
Thomas arbeitete noch, seine Büroräume waren hell erleuchtet. Er schaute nicht auf, als Denise eintrat, vermutlich war er so vertieft in seine Arbeit, dass er sie nicht einmal gehört hatte.
»Ich bin da, Thomas.« Denises Stimme klang etwas unsicher und ziemlich leise.
Endlich kehrte Thomas in die Gegenwart zurück. Er sprang auf und lief auf sie zu, um sie zu umarmen. »Ich hab dich gar nicht kommen hören. Was wollen wir unternehmen?«, fragte er hektisch. Verzweifelt versuchte er, ihrem Blick auszuweichen.
»Eigentlich nichts«, antwortete Denise verwirrt. Mit so einer seltsamen Begrüßung hatte sie nicht gerechnet. »Ich kann dir vielleicht ein wenig helfen bei deiner Arbeit, oder wir setzen uns nach hinten aufs Sofa und reden über die vergangene Woche. Spazierengehen wird sich nicht lohnen, ich hab vorhin schon wieder dunkle Wolken gesehen, die bald bei uns sein werden.«
»Wie du möchtest.« Er machte die Schreibtischlampe aus, dann nahm er ihre Hand und zog sie mit sich aufs Sofa. Für einen kurzen Moment blitzte in seinem Kopf die Erinnerung an seine letzte Begegnung mit Irina auf, bei der er ebenfalls hier auf dem Sofa gelandet war, allerdings in inniger Umarmung und heißen Berührungen.
»Wie war euer Urlaub?«
Denise rutschte ein Stückchen von ihm ab. »Es war eine wunderschöne Woche«, antwortete sie ehrlich. »Wir haben viel unternommen und die gesamte Bergwelt unsicher gemacht.« Sie versuchte zu lachen, doch irgendwie wurde nur ein undefinierbarer Laut daraus. »Ich habe eine Flaschenpost gefunden«, sagte sie und ärgerte sich im nächsten Moment über sich selbst, weil sie das eigentlich für sich hatte behalten wollen.
»Eine Flaschenpost?«, wiederholte er nur und grinste. »Da hast du dich sicher sehr gefreut.« Man konnte ihm ansehen, dass es ihn nicht sonderlich interessierte, was sie ihm erzählte. »Was hast du mit der Flasche gemacht? Es war hoffentlich ein guter Wein drin.«
Denise rückte noch ein Stückchen weiter von ihm ab. »Nein, es war kein Wein drin, sondern ein Brief. Durch diese Flasche habe ich einen sehr netten Bauern kennengelernt, der mir sagte, was es mit der Flasche auf sich hat.« Gespannt wartete sie, ob er weiter fragen würde.
»Das ist schön«, murmelte Thomas nur und drehte sich zu ihr um. Ein Lächeln lag auf seinem Gesicht, das ihr signalisierte, was er gerade über ihre Erzählung dachte, nämlich nichts. »Hast du über unser Wochenende nachgedacht?«, wechselte er das Thema? »Klappt es dieses Mal? Mein Auto ist repariert und startklar. Jetzt kommt es auf dich an.«
Denise fühlte sich auf einmal regelrecht in die Enge getrieben. Sie hatte ihm diesen Ausflug mehrmals versprochen, sie konnte jetzt nicht einfach sagen, dass sie keine Lust mehr hatte. »Ich … ja, wir haben es abgemacht, und ich halte mich dran.« Ihr wurde ganz übel bei der Vorstellung, dass sie zwei Tage und zwei Nächte mit ihm verbringen sollte. Plötzlich spürte sie ein unangenehmes Gefühl in sich, sie stellte sich vor, wie schrecklich langweilig ihr die Zeit werden würde.
»Das ist ja wunderbar.« Zwei kräftige Arme schlangen sich von der Seite her um sie und zogen sie zu sich heran. Sie hörte seinen Atem, der sich ziemlich schwer anhörte und immer heftiger wurde.
Hastig machte sich Denise von ihm los. »Ich glaube, ich sollte nach Hause gehen, ehe das Unwetter ausbricht«, versicherte sie hastig, weil sie plötzlich Angst hatte, sich gegen seine Umklammerung nicht wehren zu können. Wie sollte das erst gehen, wenn sie mit ihm allein im Zimmer war, in dem es womöglich nur ein Doppelbett gab?
»Wann möchtest du eigentlich mit deinem Führerschein weitermachen? Die theoretische Prüfung steht noch an, aber da habe ich keinen Zweifel, dass du sie schaffst. Wenn wir von unserem Kurzurlaub zurück sind, musst du mir Termine nennen, wann du Zeit hast zum Üben.«
Erleichtert atmete Denise auf. Sie war so dankbar für den Themenwechsel, dass sie ihn dafür am liebsten in den Arm genommen hätte. Doch das würde er dieses Mal garantiert falsch verstehen. »Ich werde heute Abend noch darüber nachdenken und dir am Wochenende die Termine sagen. Ich muss sie auch mit meinen Eltern absprechen, falls sie etwas unternehmen möchten.«
»Das ist in Ordnung«, antwortete Thomas. Er warf einen forschenden Blick zum Fenster. »Du hast recht, es regnet schon wieder wie aus Gießkannen. Ich denke, ich werde jetzt auch Feierabend machen und dich mit dem Auto nach Hause bringen.« Er erhob sich, eine Geste, die erkennen ließ, dass er dieses Mal keinen Widerspruch duldete. Das war auch gut so, denn es blitzte und donnerte, dass man denken konnte, die Welt würde gleich untergehen.
Thomas konnte nur in langsamem Schritttempo fahren, weil der Wasserspiegel auf der Straße inzwischen so hoch war, dass sein Auto mit Sicherheit gerutscht wäre. Beide waren froh, als sie endlich am Haus der Montands angekommen waren. »Willst du nicht noch einen Augenblick lang sitzen bleiben? Schau dir Sam an, die schaut auch nicht gerade begeistert aus dem Fenster.« Er lachte.
Denise lachte mit, doch sie hielt es auf einmal nicht mehr im Auto aus. »Das macht uns nichts aus, nicht wahr, Sam. Es ist frisches Regenwasser, und weiter als bis auf die Haut geht es ohnehin nicht.« Sie sprang aus dem Auto, öffnete die rückwärtige Türe und wartete, bis ihr Haus draußen war. Dann warf sie Thomas noch eine Kusshand zu und folgte eilig Sam, die bereits an der Haustüre war.
Dort drehte sie sich noch einmal um und winkte Thomas, der sein Auto jetzt auch wieder startete. Mit aufgeblendeten Scheinwerfern fuhr er langsam davon.
Erleichtert seufzte Denise auf, als sie endlich im Haus war. »Ich geh gleich duschen«, rief sie ins Wohnzimmer. »Kann mal jemand den Hund abtrocknen, ehe alles hier nass wird?«
Pierre Montand kam aus dem Wohnzimmer gelaufen. Offensichtlich hatte er gerade gelesen, denn er trug noch immer seine Brille auf der Nase. »Wird gemacht, Prinzessin. Lauf schnell unter die Dusche, damit du mir nicht noch krank wirst.«
»Passt schon.« Denise gab ihrem Vater einen raschen Kuss auf die Wange, dann lief sie nach oben. Sie war so glücklich, wieder zu Hause zu sein, dass sie leise vor sich hin sang. Ja, es war schön, jung zu sein, und es war schön, die Tochter von Eva und Pierre Montand zu sein.
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