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Hexenkräfte gegen Asmodis, Teil 3 von 8
Mein Name ist Jane Morris. Manche nennen mich die weiße Hexe. Manche bevorzugen den Ausdruck Schamanin, aber das ist dasselbe.
Sie haben Recht.
Ich bin eine Schamanin und Hexe.
Allerdings verwende ich meine Kräfte im Sinne des Guten und gehöre nicht zu jenen Schwarzmagiern und Dämonenbeschwörern, die nichts anderes als ihre eigenen Ziele im Kopf haben.
Ganz zu schweigen von jenen, die gar nicht mehr Herr ihrer selbst, sondern Sklaven der Hölle sind.
Der Großteil der Menschheit ahnt es nicht, weil sie es vielleicht gar nicht wahrhaben will.
Aber wir sind in einem Zustand ständiger Bedrohung.
Die Mächte der Hölle lauern nur auf ihre Chance, unsere Welt in Besitz nehmen und ihrer eigenen Sphäre der Verdammnis einverleiben zu können.
Cover: STEVE MAYER
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Alfred Bekker und Silke Bekker
Die Abenteuer der Hexe Jane Morris
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by author
© 2012 der Digitalausgabe AlfredBekker/CassiopeiaPress
All rights reserved.
www.AlfredBekker.de
*
Einige Augenblicke lang war ich wie gelähmt gewesen.
Dann schloss ich das Fenster, verließ das Zimmer und ging hinaus auf den Flur. Lautlos glitten meine bloßen Füße über den kalten Steinboden.
Schließlich erreichte ich die Eingangshalle.
Als ich oben vom Treppenabsatz aus hinunterblickte, sah ich Sir Donald am Boden liegen.
Der Butler beugte sich über ihn.
„Was ist passiert?“, fragte ich ihn, während ich die Treppe hinunterging.
Walter drehte sich ruckartig herum.
Sein sonst regungsloses Gesicht drückte Erstaunen aus.
„Sie, Mrs. Morris?“
„Ich habe den Schrei gehört...“
„Sir Donald hat einen Herzanfall erlitten. Den Arzt habe ich bereits angerufen. Dr. Stanton ist auf dem Weg hier her.“ Ich näherte mich dem am Boden liegenden Lord Clathbourne.
Dabei spürte ich die Anwesenheit von magischen Energien.
Zumindest ganz leicht.
Wie das ferne Echo einer Explosion...
Sir Donald Clathbourne atmete schwer. Walter hatte ihm den Hemdkragen und die Knöpfe seiner Anzugweste geöffnet.
Offenbar war Sir Donald trotz der späten Stunde noch gar nicht im Bett gewesen.
Sir Donald stöhnte etwas auf.
Walter versuchte ihm aufzuhelfen.
Ich blickte sich um.
„Wo ist der Mann mit dem Dreispitz?“, fragte ich.
Sowohl Walter als auch Sir Donald bedachten mich mit einem Blick, den ich nicht zu deuten wusste.
„Hier ist niemand“, behauptete Walter.
„Ich habe ihn gesehen!“, erwiderte ich. „Durch das Fenster meines Zimmers...“
Das Wiehern eines Pferdes schrillte durch die gespenstische Stille.
Dann war das Getrappel galoppierender Hufe zu hören.
Ich schnellte zur Tür.
Ich muss es wissen!, durchzuckte es mich. Ich muss wissen, ob ich meinen Sinnen noch trauen kann!
Ich hatte die Tür noch nicht erreicht, da blieb ich plötzlich stehen. Ich erstarrte, blickte mit erstaunten Augen auf etwas Dunkles, das auf dem Fußboden lag. Es befand sich im Schatten, deshalb hatte ich es zunächst nicht bemerkt.
Ein Pentagramm!
Es war - genau, wie jenes, das ich in meinem Bett gefunden hatte - aus Knochen gelegt worden.
Ich hörte, wie das Geräusch des galoppierenden Pferdes schwächer wurde. So schnellte ich vor, schob den schweren Riegel zurück und öffnete die Tür. Kühl und feucht war es draußen. Der Wind, der mein dünnes Nachthemd wie nichts durchdrang, war eisig.
Barfuß ging ich über den kalten Stein, bis zur ersten Stufe des Portals.
Eine geradezu geisterhafte Szenerie bot sich mir da. Die wallenden Nebel wirkten wie eine formlose Masse, aus der sich immer neue Fabelgestalten zu bilden schien. Gestalten, die dem Reich der Alpträume entstiegen zu sein schienen.
Angestrengt starrte ich in die Dunkelheit.
Das Geräusch der Pferdehufen verlor sich.
Einen Augenblick lang glaubte ich noch, einen schwarzen Umriss durch die hellgrauen Nebelschwaden hindurchschimmern zu sehen. Aber ich war mir nicht vollends sicher.
So sehr ich mich auch anstrengte, es war niemand zu sehen.
„Mrs. Morris!“, rief Walter mir nach.
Doch ich achtete nicht auf den kahlköpfigen Butler.
Stattdessen ging ich weiter, die eiskalte Treppe hinab. Die Kälte stieg mir die Beine empor und erfasste schon nach wenigen Augenblicken jede Faser meines Körpers. Ich presste die Lippen aufeinander.
Dann blickte ich auf den Boden.
Durch die offenstehende Tür fiel genügend Licht nach draußen, um die Hufspuren im aufgeweichten Boden zu sehen.
Ich ging geradewegs darauf zu, beugte mich dann nieder und fühlte mit der Hand nach den Vertiefungen.
Dachte ich es mir doch. Magische Energien! An dem, was meine Hände fühlten, konnte es keinen Zweifel geben!
Ein Kribbeln durchlief mich.
So ähnlich wie ein elektrischer Strom.
„Mrs. Morris!“, rief Walter. Ich hörte seine Schritte die Steinstufen hinuntereilen. Der Butler fasste mich am Arm und zog mich empor. „Kommen Sie herein!“
„Was fällt Ihnen ein!“
„Hören Sie...“ Er atmete tief durch und stockte. Zum ersten Mal sah ich so etwas wie eine Regung im Gesicht des Butlers.
Er hat Angst!, dachte ich.
Seine Augen wichen meinem Blick aus. Walter sah hinaus in die Nacht, so als würde er etwas suchen.
Etwas oder jemanden.
Dann blickte er mich ernst an. „Sie werden sich den Tod holen, Mrs. Morris!“
*
Walter hatte Sir Donald in den Salon gebracht. Der Herr von Clathbourne Manor lag dort auf einem Diwan, den ein Vorfahre des Lords von Clathbourne aus Indien mitgebracht hatte. Ich zog mir schnell etwas an. Ein Paar Jeans und einen Pullover. An Schlaf war jetzt ohnehin nicht mehr zu denken.
Ich war gerade fertig, als ich hörte, wie ein Wagen vorfuhr.
Ich blickte aus dem Fenster.
Es war ein Geländewagen.
Der hochgewachsene, dunkelhaarige Mann, der aus dem Fahrzeug gestiegen war, hatte eine Arzttasche in der Hand. Ich schätzte ihn auf höchstens dreißig Jahre alt.
Die Haustür öffnete sich. Der Butler trat hinaus und wechselte ein paar Worte mit ihm.
Ich ging hinunter in den Empfangsraum.
Das erste, was ihr auffiel, war, dass das aus Hasenknochen gebildete Pentagramm verschwunden war. Jemand hatte die Knochen weggeräumt - aus welchem Grund auch immer.
Ein Flur führte zum Salon. Walter wartete dort.
„Was ist mit Sir Donald?“, fragte ich den Butler.
„Dr. Stanton untersucht ihn gerade“, berichtete Walter.
Ich sah den Butler einige Augenblicke lang prüfend an.
„Haben Sie den Mann mit dem Dreispitz wirklich nicht gesehen?“
„Mrs. Morris, mir ist im Moment nicht nach Scherzen zu Mute.“
„In der Nähe der Tür lagen Knochen auf dem Boden. Es war genau so, wie am Abend, als ich meine Bettdecke aufschlug. Die Knochen bildeten ein Pentagramm...“
„Mrs. Morris, meine Gedanken sind im Moment bei meiner Herrschaft. Nirgendwo sonst. Ich bete dafür, dass Sir Donald überlebt. Es liegt mir fern, Sie maßregeln zu wollen, aber ich muss schon sagen, dass mich Ihre Fragen sehr befremden!“ Seine Stimme klirrte wie Eis.
Abweisend.
Eine Mauer der Ignoranz.
Er wollte mir nicht wirklich mehr zu dem Vorfall dieses Abends sagen.
Ich spürte instinktiv, dass ich gegen eine Mauer anzurennen versuchte. Natürlich vergeblich. Aber ich spürte auch sehr deutlich, dass es irgendein düsteres Geheimnis in den uralten Mauern von Clathbourne Manor gab. Ein Geheimnis, über das ich vielleicht besser Bescheid wusste, wollte ich nicht selbst in Gefahr geraten. Ein Kribbeln machte sich in meiner Bauchgegend bemerkbar. Es war ein unangenehmes Gefühl der Anspannung.
An was für einen Ort bin ich hier nur geraten! , ging es mir durch den Kopf.
Schließlich öffnete sich die Tür zum Salon.
Der junge Arzt trat heraus. Das weiche Licht, das im Flur herrschte unterstrich die Ebenmäßigkeit seiner Züge. Seine Augen waren grün. Ihre Farbe erinnerte mich unwillkürlich an das Rauschen des Meeres und den Geruch von Seetang.
„Sir Donald hat Glück gehabt“, sagte Dr. Stanton. „Ich habe ihm ein Medikament verabreicht. Morgen früh sehe ich noch mal nach ihm. Auf jeden Fall ist es kein Infarkt...“
„Das beruhigt mich sehr“, erklärte Walter.
Dr. Stanton sah zu mir hinüber.
Für einen Moment trafen sich unsere Blicke.
Stanton trat auf mich zu und reichte mir die Hand.
„Mein Name ist Jim Stanton. Ich habe hier in der Gegend meine Praxis“, erklärte er.
Er lächelte.