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Das Portal nach Avalon ist geöffnet – und der Kampf beginnt! Die magischen Wesen unserer Welt werden von der Inquisition erbarmungslos verfolgt. In der Hoffnung, Mitstreiter für den Kampf gegen die Inquisition in der Heimat aller übernatürlichen Wesen zu finden, ist es Elliot Craig, Mensch, und Soleil Boulanger, Elfe, gelungen, das Portal nach Avalon zu öffnen. Doch die Avalonier interessieren sich nicht für das Schicksal ihrer entfernten Verwandten, denn sie selbst sind verstrickt in politischen Intrigen und Putschversuchen. Nur, wer die Krone des wahren Erben Avalons trägt, kann die magische Bevölkerung versöhnen. Doch diese ist schon lange verschollen. Werden Elliot und Soleil es schaffen, die Krone des Erben rechtzeitig zu finden und die Avalonier im Kampf gegen die Inquisition zu vereinen? Band 2 der packenden Urban-Fantasy-Trilogie von Mikkel Robrahn. Alle Bände der »Hidden Worlds«-Trilogie: Band 1: Der Kompass im Nebel Band 2: Die Krone des Erben Band 3: Das Schwert der Macht
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Seitenzahl: 497
Mikkel Robrahn
Hidden Worlds – Die Krone des Erben
(Band 2)
FISCHER E-Books
Für meine Mutter, Katrin Robrahn
Cecile sah auf das Kostbarste in ihrem Leben. Sie wollte ihn nicht wecken, nicht jetzt. Er schlief so friedlich und würde ihre Sorgen sofort spüren. Vorsichtig fuhr sie ihrem Sohn mit der Hand über die Wange.
»Ich komme zurück, versprochen«, flüsterte sie. »Bis dahin wird dein Dad auf dich aufpassen, Elliot.« Sie liebte den Namen. Ihr Großvater und ihr Vater hatten so geheißen und nun auch ihr Sohn. Sie nahm das Buch über den Drachen Rhegad in die Hand, ein letztes Mal, bevor sie aufbrach. Viele Abende hatte sie Elliot daraus vorgelesen, und er sollte es behalten. Eine Botschaft, wenn er sie brauchte, und eine tolle Geschichte, wenn ihm nach Unterhaltung war. Die Inquisition würde nicht verstehen, worum es ging, hoffte sie. Salazar Montanari hatte Cecile in der Bibliothek des Klosters erwischt, und damit war ihr Leben und das ihrer Familie in Gefahr.
Elliot schmatzte im Schlaf, und Cecile strich ihm über die Stirn. Sie wollte ihn nicht verlassen. Sie wollte hierbleiben und zusehen, wie ihr Sohn aufwuchs. Geburtstage und Weihnachten mit ihm feiern, bei seiner Einschulung dabei sein, die erste Freundin kennenlernen.
Sie war sich nicht sicher, ob es von dort, wo sie hinging, einen Weg zurückgab, aber sie würde es herausfinden und nun nicht länger zögern. Theodore hatte vor wenigen Stunden angerufen. Es gab Hinweise, dass die Inquisition ihr auf den Fersen war.
Sie griff nach dem Kompass in ihrer Jackentasche. Cecile hatte viel dafür riskiert, nicht nur ihr eigenes Leben, sondern auch das ihrer Liebsten. Sie würde auf den letzten Metern nicht aufgeben.
Es war Zeit. Sie beugte sich über das Bett und gab Elliot einen Kuss auf die Stirn. »Pass auf deinen Vater auf, okay?« Sie lächelte, obwohl Tränen über ihre Wangen glitten. Dann schlich sie aus dem Zimmer und schloss leise die Tür hinter sich. Die Liebe zu ihrem Sohn wollte sie zurückdrängen, aber sie kämpfte sich durch den Flur zur Haustür. Ihre olivgrüne Reisetasche stand bereits am Ende der Treppe.
Sie griff nach der Tasche, die sie mit frischen Klamotten vollgestopft hatte. Wahrscheinlich trug man auf Avalon ganz andere Sachen, ausgefallene Spitzenkleider oder robuste Lederschürzen, aber sie wollte etwas zum Wechseln haben.
Cecile warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. In einer Stunde traf sie sich mit einem Typen im Hafen von Edinburgh. Er hatte ihr versprochen, ihr ein kleines Motorboot zu besorgen. Es hatte die letzten Ersparnisse der Familie Craig gekostet, und John würde sie verfluchen, wenn er das entdeckte. Aber es war nötig, sie konnte hier nicht bleiben. Allein ihre Anwesenheit war eine zu große Gefahr für alle, und sie musste herausfinden, ob das Portal nach Avalon funktionierte. Mitnehmen konnte sie Elliot nicht, er würde die Reise nicht überstehen, dafür war sein Körper zu schwach, und John wollte sie nicht begleiten.
Ihre Hand wanderte gerade zum Türknauf, da hörte sie ein Räuspern hinter sich. Cecile schreckte zusammen und drehte sich um.
Es war John. Er hatte ein markantes Gesicht und einen gepflegten Dreitagebart. Seine Augen waren wach und aufmerksam. Der hastig übergeworfene Bademantel verriet, dass er bis eben noch geschlafen hatte.
»Willst du dich nicht verabschieden?« Die Stimme war ruhig, aber sie kannte ihn zu gut, um die Enttäuschung zu überhören.
»Ich … dachte …«, stammelte sie, »… es wäre so einfacher für uns beide.« Sie nahm es sich selbst nicht ab.
»Bitte bleib«, sagte John Craig, und seine Stimme brach wie ein Sektglas, das zu Boden fiel. Er fing an zu weinen.
Cecile spürte, wie sich ihr Hals zuschnürte und auch ihr wieder die Tränen in die Augen schossen. Sie ging hinüber zu ihrem Ehemann und nahm ihn in den Arm. Er erwiderte die Geste zögerlich. »Du weißt, dass ich nichts lieber würde, als bei euch zu bleiben. Aber es geht nicht. Ich stecke zu tief drin, und die Gefahr, dass ich euch mit reinziehe, ist zu groß. Ich muss herausfinden, was dran ist an Avalon. Vielleicht finden unsere Freunde dort eine sichere Heimat, wenn wir den Weg irgendwie öffnen können.«
John Craig schluchzte wie ein kleines Kind. »Ich weiß nicht, wie ich es ohne dich schaffen soll«, presste er hervor. »Es ist, als würde ich dich zum Sterben weggehen lassen.«
»Ich sterbe nicht, und wenn es mir gelingt, das Portal dauerhaft zu öffnen, bin ich zu Elliots nächstem Geburtstag zurück.«
»Glaubst du das wirklich?«
Cecile hatte Schriften gefunden, die besagten, dass es kein Spaziergang werden würde. »Ja«, log sie und küsste ihn. »Ich muss los.«
John umarmte sie ein letztes Mal, und sie hatte Angst, dass er sie nie wieder loslassen würde. Ihr Brustkorb wurde zusammengedrückt, als ränge sie mit einem Bären. Er strich mit seinen Lippen über ihr Ohr. »Ich werde ihm jeden Tag erzählen, was für eine mutige Mutter er hat.«
Cecile rang sich ein Lächeln ab. »Auf Wiedersehen.« Sie küsste ihn, drehte sich dann schnell um und verschwand durch die Tür. Hätte sie ihrem Mann noch einmal in die Augen geschaut, sie hätte es sich anders überlegt.
Es war Herbst, und ein kalter Wind fegte durch die engen Gassen von Edinburgh. Cecile schloss ihren Mantel und hängte sich die Reisetasche über die Schulter. Es war bereits dunkel, und das feuchte Laub auf den Gehwegen wurde von den Straßenlaternen angeleuchtet.
Cecile stellte sich an die Straße und passte ein Taxi ab. Sie setzte sich auf die Rückbank, legte ihre Tasche neben sich.
»Wohin?«, fragte der Taxifahrer. Es war ein alter, glatzköpfiger Herr mit Schnurrbart und Strickpullover, der sich vermutlich mit dem Job die Rente aufbesserte oder von zu Hause flüchtete. Vielleicht auch beides.
»Zum Hafen, bitte.«
Der Taxifahrer fuhr langsam an, und sie wagte einen letzten Blick auf das Haus, in dem sie die vergangenen Jahre gelebt hatte. Es waren schöne Zeiten gewesen. Sie hatten Partys veranstaltet, geheiratet und Elliot gezeugt – mit allem, was dazugehörte. John stand nicht in der Tür, und sie war ihm dankbar dafür. Es zerriss sie innerlich, von hier fortzufahren.
Aber leider musste das sein. Wenn die Inquisition so weitermachte, wäre in ein paar Jahrzehnten nichts mehr von der magischen Welt übrig. Das Merlin-Center, Theodore und viele ihrer Freunde hatten keine Zukunft in Schottland und auch nirgendwo sonst in dieser Welt. Die Kirche würde sie finden und langsam vernichten, wie einen Fluss, dem man mit einem Damm seine Quelle nahm.
Das Taxi fuhr durch die leeren Straßen, vorbei an alten Kirchen, dem Bahnhof und Statuen längst vergessener Helden.
»Haben Sie eine genaue Adresse?«, fragte der Mann hinter dem Steuer mit der Stimme eines herzlichen Großvaters.
»Lassen Sie mich einfach in der York Road raus«, antwortete Cecile und war froh, dass der Fahrer kein hohes Redebedürfnis hatte. Stattdessen dudelten Oldies aus dem Radio, und Cecile versuchte, nicht zu viel nachzudenken, was ihr jedoch nicht gut gelang.
Die Schemen der Gebäude flogen an ihr vorbei, und dann kam das Auto zum Stehen. »Hier wären wir. Das macht siebzehn Pfund.«
Cecile bezahlte ihn mit einem fürstlichen Trinkgeld. Wo sie hinwollte, waren Pfund sowieso nichts wert. Also konnte sie es dem netten, schweigenden Mann geben. Sie stieg aus dem Taxi und atmete die frische, salzige Meeresluft ein, hörte auf das Rauschen der Wellen. Nur das Kreischen der Möwen fehlte, denn die Tiere schliefen gerade, was sie eigentlich auch tun sollte.
Das Taxi röhrte davon, und sie stand alleine in der dunklen Gasse. Mit einer Handbewegung schüttelte sie die Armbanduhr unter dem Ärmel hervor und versuchte, die Zeit abzulesen. Eine Viertelstunde noch, möglicherweise, so gut war das in der Nacht nicht zu erkennen.
Cecile lief los. Sie hatten sich am Pier verabredet. Ein alter Fischer würde dort mit dem Boot auf sie warten. Alles war bezahlt und besprochen. Sie wollte hinausfahren und dem Kompass folgen. Der Fischer sollte sich auch um Proviant und Sprit für mehrere Tage kümmern. Hoffentlich war er sein Geld wert.
Sie kam an einem Pub vorbei und vernahm von drinnen die fröhlichen Stimmen betrunkener Gäste. Zu einer anderen Zeit wäre sie jetzt hineingegangen und hätte mitgefeiert. Aber nicht heute.
Cecile lief die Kaimauer entlang und hörte zu ihrer Rechten das Meer. Die wogenden Wassermassen wurden beinahe von der Nacht verschluckt, nur der Mondschein spiegelte sich auf ihrer Oberfläche. Mit jedem Schritt wuchs die Aufregung in ihr. Was, wenn der Fischer nicht auftauchte? Wenn er sich entschieden hatte, heute Abend in einen Pub zu gehen, sich mit Whisky volllaufen zu lassen und die Seemannslieder seiner Jugend mitzugrölen?
Cecile kam am Treffpunkt an, eine Leiter führte hier direkt ins Meer. Wahrscheinlich war sie für Leute gedacht, die unfreiwillig hineingefallen waren, um möglichst schnell wieder herausklettern zu können. Cecile setzte sich auf die Mauer und starrte in die Dunkelheit. Hin und wieder fuhr ein Auto vorbei und erhellte mit den Scheinwerfern die Umgebung. In diesen Momenten sah sie auf den Boden. Sie wollte nicht kurz vor der Ziellinie von der Inquisition abgefangen werden. Früher hätte sie sich für solche Gedanken als paranoid abgestempelt, aber Salazar wollte sie mit allen Mitteln finden, das wusste sie. Seit dem Vorfall in der Bibliothek, bei dem Cecile das Regal umgeworfen und auf sein Bein hatte stürzen lassen, war er auf eine Gehhilfe angewiesen, und sie würde dafür zahlen müssen. Sollte er doch einfach zu Gott beten, dass der das Bein wieder richtete.
Zwei Betrunkene torkelten an ihr vorbei, würdigten sie keines Blickes. Trotzdem ballte Cecile in den Taschen ihres Mantels die Fäuste. Es war besser, vorbereitet zu sein.
Der Fischer war schon zehn Minuten zu spät, als sie endlich das Röhren eines alten Motors hörte. Das Geräusch kam nicht von der Straße, sondern vom Meer. Es war so unüberhörbar laut wie ein schreiendes Baby im Flugzeug.
Verdammt. Die ganze Nachbarschaft würde es mitbekommen.
Irgendwann sah sie Schemen auf dem Wasser, und ein kleines Boot zeichnete sich ab. Es war nicht groß und hatte höchstens Platz für drei Personen. Es wurde über einen Außenbootmotor angetrieben, und das ziemlich schnell. Zu schnell. Der Kahn kam immer näher, aber die Kaimauer wich nicht zurück. Natürlich nicht. Mit einem Krachen rammte das Gefährt die alte Steinwand und schabte daran entlang.
»Verdammte Makrele«, hörte sie jemanden fluchen. Es war der Mann, der am einen Ende des Bootes saß und das Schiff steuerte.
Cecile schüttelte den Kopf. Das fehlte ihr noch. Sie hatte es nicht geschafft, sich von ihrer Familie zu verabschieden, um dann zuzuschauen, wie ein unvorsichtiger Fischer ihr Boot und damit ihre Rettung an einer Mauer zerschellen ließ.
Ein Tau wurde hochgeworfen. »Halten Sie mal fest«, knurrte der Mann, und Cecile kam der Aufforderung nach. Schließlich war es ihr Boot. Der Alte mühte sich die Leiter hoch und fluchte bei jeder Stufe auf Poseidon und dessen Kinder. Als er den Aufstieg geschafft hatte, streckte er sich, als hätte er gerade das Bett verlassen. »Meine alten Knochen sind das einfach nicht mehr gewohnt.« Der Fischer trug einen gelben Regenmantel und hatte die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Der weiße Rauschebart wippte bei jeder Mundbewegung auf und ab. »Auch eine?«, fragte er, fummelte eine selbstgedrehte Zigarette aus der Jackentasche und zündete sie an.
»Nichtraucherin«, sagte Cecile knapp. Seit ihrer Schwangerschaft mit Elliot hatte sie dem Nikotin abgeschworen.
»Kann einfach nicht damit aufhören. Tiffany versteckt die Dinger schon, aber ich kauf mir einfach neue. Sie meint, die Teile bringen mich noch ins Grab, aber drauf geschissen, sterben tun wir alle irgendwann.«
Na toll, sie hatte ihre Familie hinter sich gelassen, um sich ein paar Kalendersprüche eines alten Mannes anzuhören. »Ist das Boot noch seetüchtig?«
Der Fischer lugte über die Kaimauer, um sich zu vergewissern. »Jawoll, schwimmt noch.«
»Proviant und Benzin?«
»Ich hoffe, Sie mögen Müsliriegel.« Er zog an der Fluppe, und das rote Glimmen erinnerte Cecile an die Nüstern eines Drachens, kurz bevor er Feuer spie. Einmal hatte sie einem solch besonderen Ereignis beiwohnen dürfen. Der Beweis dafür war in ihrer Tasche. Sie fingerte nach dem Kompass, der ihr den Weg nach Avalon zeigen sollte, und umschloss ihn. Er war das Ticket zur Heimat der phantastischen Welt, und wenn sie ihn verlöre, würde sie sich das nie verzeihen.
»Wasser?«
»Davon werden Sie da draußen genug haben.« Der Fischer lachte, dann bekam er einen Hustenanfall. Er klang krank, und seine blutunterlaufenen Augen verrieten, dass Tiffany allen Grund hatte, sich zu sorgen. »Sieben Liter Mineralwasser, wie bestellt«, schob er kleinlaut hinterher, nachdem Cecile nicht über seinen Witz lachte.
»Gut, dann wäre das alles, oder?«
Der Fischer zog wieder an der Zigarette und schwieg. Er blieb zu lange stumm für einen Mann, der jede Gelegenheit nutzte, seine Umgebung mit Weisheiten zu belehren. »Sie werden gesucht, oder?«
»Keine Fragen, das war die Bedingung«, sagte Cecile sofort.
Der Fischer hob abwehrend die Hände. »Ist mir scheißegal, ehrlich. Sie haben das Boot bezahlt, und Sie bekommen das Boot. Wollte Sie bloß warnen.«
Cecile nickte und signalisierte ihm damit, weiterzureden.
»Gestern hat es bei uns geklingelt. Tiffany ist an die Tür gegangen, ich war hinten in der Werkstatt und hab den Motor fertig gemacht. Als ich ins verdammte Wohnzimmer gekommen bin, scheiße, ich hab gedacht, jemand wäre gestorben. Sitzen da zwei Priester, Sie wissen schon, mit diesen weißen Kragen.«
Da war sie wieder, die Paranoia. Cecile hatte das Gefühl, von einem Gargoyle beobachtet zu werden, der irgendwo auf den Häusern auf sie wartete. Sie biss die Zähne zusammen.
»Na ja, also die beiden Typen saßen da mit Tiffany, sie hat ihnen Kaffee und Kuchen serviert. Der eine bestand auf Zucker, der andere wollte Milch. Ich glaub, es waren Italiener. Vielleicht auch Spanier. Keine Ahnung, irgendwas Südliches halt.«
»Kommen Sie auf den Punkt.« Cecile klang viel strenger als beabsichtigt, aber der Fischer nahm es ihr nicht übel.
»Die beiden haben gefragt, ob ich Sie kenne. Ich hab nein gesagt. Dann haben sie eine hübsche Summe geboten, die mir meinen Lebensabend versüßt hätte. Ich habe wieder nein gesagt. Dann haben sie gedroht, Rufus, meinen Dackel, am Gartenzaun aufzuhängen. Das fand ich nicht sehr christlich und hab sie rausgebeten. Als sie nicht hören wollten, hab ich die Schrotflinte aus dem Flur geholt. Die steht da immer im Schrank, falls mal was ist.« Er zog an der Zigarette. »Hätte ehrlich nicht gedacht, dass ich die mal für zwei Priester brauche.«
»Danke. Passen Sie auf Rufus und sich auf. Mit denen ist nicht zu spaßen.«
Der Fischer winkte ab. »Wir fahren für zwei Wochen raus aufs Land. Mal rauskommen, wie Tiffany es nennt. Danach ist über die Sache bestimmt schon Gras gewachsen, und wenn nicht …« Er klopfte sich auf seine rechte Jackentasche, in der sich ein Revolver abzeichnete. »Hab mich schon mit härteren Kerlen in den Spelunken hier im Hafen angelegt.«
Irgendwie war ihr der Alte doch ganz sympathisch. »Vielen Dank«, sagte sie noch mal und machte sich dann an den Abstieg. Das Boot lag unruhig im Wasser und wackelte unter ihrem Gewicht. Vorsichtig ließ sie sich beim Motor nieder und überprüfte kurz ihre Ausrüstung. Alles war vorhanden, wie abgesprochen.
Cecile atmete ein letztes Mal tief durch, dann startete sie den Motor und steuerte das kleine Boot in die Schwärze der Nacht. Der Kompass würde sie leiten.
Elliot schreckte hoch.
»Schaut an, zeigen die Wadenwickel langsam Wirkung. Zum Glück habe ich Mondkrautpaste dazu getan«, murmelte eine Stimme, die so tief war, als würde ein Bär sprechen.
Beunruhigt blickte Elliot sich im Raum um. Es war ein einfaches Zimmer, mit Holz verkleidet, und er lag in einem Bett, der Körper unter einer blauen Steppdecke. Er wusste nicht, wo er war, aber es war ganz bestimmt nicht das Ritz-Carlton. Als er sah, wer da mit ihm geredet hatte, entspannten sich seine Muskeln langsam. Es war kein großer, bedrohlicher Grizzly, sondern ein gedrungener Zwerg. Vor Monaten hätte ihm der Anblick größere Angst gemacht als der einer tonnenschweren, verfilzten Bestie, aber Zwerge hatte er im Merlin-Center einige kennengelernt. Sie waren sture Geschöpfe, von denen, wenn man ihnen nicht dumm kam, keine Gefahr ausging. Und dieses Exemplar schien es gut mit ihm zu meinen.
Der Zwerg beugte sich über Elliots Beine und begutachtete sie wie ein Metzger eine Fleischlieferung. Das lange rote Haar war zu einem Zopf zusammengebunden, und im vollen Bart hingen Perlen und Kordeln. »Wir hatten schon Sorge, dass dich das Fieber dahinrafft. So oft bekommen wir keinen Besuch aus der Erdenwelt. Eigentlich nie. Deswegen wussten wir nicht, was mit dir los war. Die Elfe hat euren Übertritt gut weggesteckt, aber ihr Menschen seid ja eh ein bisschen anfälliger.« Der Zwerg wickelte mit seinen Pranken den Verband um Elliots Wade. Er musste Elliots weit aufgerissene Augen bemerkt haben, deutete sie aber falsch. »Ich weiß, Zwergenhände sind nicht dafür gemacht, Wadenwickel zu binden. Wir schwingen Hämmer in den Minen und fällen Bäume mit der Axt. Das war aber nichts für mich, ich wollte etwas Sinnvolles machen. Hättest mal die Blicke meiner Eltern sehen müssen, als ich gesagt hab: Tut mir leid, Mata und Pata, euer Erstgeborener wird Arzt! Da hätte ich auch gleich eine Elfe heiraten können. Zu ihrem Glück ist es nur eine Menschin geworden.« Er gluckste zufrieden und zog den Verband fester. »Ist das so in Ordnung?«
Elliot schwirrte der Kopf, und er hatte nur die Hälfte von dem verstanden, was der Zwerg da von sich gegeben hatte. »Wo bin ich?«, wollte er wissen. Seine Kehle war staubtrocken.
»Oh, in unserem Gästezimmer. Soleil haben wir im Büro untergebracht, damit du hier deine Ruhe hast.«
»Bin ich auf Avalon?«
Der Zwerg blickte vom Verband auf und sah ihn todernst an. Sein Gesicht war durchzogen von Falten und Furchen, und in der Nase steckte ein goldener Ring wie bei einem Stier. »Rhegad ist falsch abgebogen.«
Elliot seufzte.
»Entschuldige, nur ein Scherz. Natürlich bist du auf Avalon, wo denn sonst?« Der Zwerg gluckste wieder.
Edinburgh, London, New York, Madrid, Berlin. Elliot fielen, ohne nachzudenken, viele Orte ein, die weitaus wahrscheinlicher als eine Insel waren, die er nur aus einer Sagengeschichte kannte. »Wir haben es geschafft.«
»Das habt ihr, junger Mann, und ihr könnt wirklich stolz sein. Wir bekommen nicht oft Besuch, und ihr habt für viel Aufsehen gesorgt. Außerdem lässt sich Rhegad nur selten in Avanaat blicken. Alle wissen, dass es einen besonderen Grund hat, wenn die geflügelte Echse am Horizont auftaucht.«
»Avanaat?«
»Entschuldige«, sagte der Zwerg erneut und wischte sich die Finger an der weißen Schürze ab. »Die Hauptstadt der Insel. Viel Zivilisation wirst du außerhalb dieser Mauern nicht finden.«
Elliot rang die Ohnmacht nieder, die ihn mit aller Kraft zurück auf das Kissen ziehen wollte. Er hatte noch so viele Fragen. »Wer bist du?«
»Dinguld Splitter, mein Name. Ich bin einer von vier Ärzten in Avanaat«, sagte der Zwerg und hielt ihm eine seiner Pranken hin. Elliot wollte zugreifen, aber ihm fehlte die Kraft. »Lass, das war unbedacht von mir«, murmelte Dinguld, der Elliots klägliche Versuche beobachtete. »Du hast zwei Wochen kein Auge aufgemacht, wir mussten dir flüssige Nahrung zuführen, damit du uns nicht verhungerst.«
»Was ist passiert?«
»Gute Frage. Als der Pegasus mit seinen Hufen den Boden berührte, bist du vom Rücken des Tieres gerutscht und nicht mehr aufgewacht. Ich habe mich mit meinen Kollegen beraten, und wir vermuten, dass dein Körper den Übertritt schlichtweg nicht verkraftet hat. Du bist nicht so sehr an Magie gewöhnt wie deine Begleiterin.«
Elliot nickte kaum merklich und dachte an seinen ersten Trip mit einem Schnellreiseticket in die Highlands. Seine Gedärme zogen sich zusammen, und er würgte.
»Wo nichts drin ist, kann auch nichts rauskommen«, sagte Dinguld lächelnd, und er behielt recht.
Elliot übergab sich nicht, sein Magen war leer.
»Hunger?«
»Durst«, erwiderte Elliot und spürte seine rissigen Lippen.
»Ich hol dir einen Tee, etwas, das den Magen beruhigt. Wir sollten es langsam angehen.«
»Danke«, krächzte Elliot, und der Zwerg verschwand mit polternden Schritten durch die Tür.
Was war passiert?
Er hatte keine Erinnerung mehr. Er wusste nur, wie sie auf Ollys Rücken auf das Portal zugeflogen waren, dem Drachen hinterher. Aber danach war nichts. Keine Schwärze, keine Schemen, keine Bilder. Einfach nichts, und das machte ihm am meisten Angst.
Sein Kopf fühlte sich an, als hätten ihn Zwerge zu einem Bergwerk erklärt und die letzten Wochen nach Gold geschürft. Die Stirn pochte und war warm. Elliot hob einen Arm und roch vorsichtig an seiner Achsel. Sie stank wie das Fritteusenfett aus Bills Burgerbude. Immerhin war er am Leben, das konnte man von dem totfrittierten Zeug, das dort serviert wurde, nicht behaupten.
Durch ein Fenster drang Sonnenschein in die kleine Kammer, in der das Bett stand, in dem er lag. Der Raum war übersichtlich eingerichtet: ein Tisch, ein Stuhl, ein Spiegel. Es gab keine Familienfotos oder sonstige persönlichen Gegenstände, die Rückschlüsse auf die Bewohner des Hauses zuließen. Der Geruch erinnerte Elliot an ein Lagerfeuer.
»Wir haben es geschafft«, murmelte er. Entweder war das hier die Filmkulisse für einen mittelalterlichen Blockbuster, oder sie waren tatsächlich auf Avalon. Einer Insel, die man in keinem Weltatlas fand.
Er versuchte, sich im Bett weiter aufzurichten, aber jeder Muskel und jede Faser seines Körpers wehrte sich mit höllischen Schmerzen dagegen. Schweiß trat auf seine Stirn, und er gab auf.
Mit Gepolter und schweren Schritten kündigte Dinguld seine Rückkehr an. Die Tür schwang auf, und der Zwerg mit der weißen Schürze und dem feuerroten Haar trat herein. In der Hand trug er einen großen Krug, aus dem Dampf emporstieg.
»Bitteschön«, sagte der Zwerg und hielt ihm das Gebräu hin, das einen Duft von Kräutergärten im Zimmer verströmte.
Elliot wollte zugreifen, aber ihm fehlte noch immer die Kraft.
»Ich lerne es auch einfach nicht«, tadelte sich der Zwerg selbst. »Wir Kurzen sind nicht gerade für Empathie und Feinfühligkeit bekannt, aber ich gebe mir Mühe. Ich stelle es einfach neben dem Bett ab, und du greifst zu, wenn du kannst. Aber lass es nicht kalt werden, dann sind die magenberuhigenden Kräfte nicht mehr ganz so effektiv.«
»Okay«, seufzte Elliot matt.
Dinguld stellte das Getränk auf dem kleinen Beistelltisch neben dem Bett ab und sah seinen Patienten mit hochgezogener Stirn an. »Immer wieder spannend, wie sich die Geschichte wiederholt«, sagte er. »Das letzte Mal, als wir Besuch aus der Erdenwelt hatten, war es eine Frau. Sie habe ich auch in diesem Bett aufgepäppelt.«
Elliot nickte, hörte aber nur mit einem Ohr hin. In Gedanken war er ganz woanders. Sie hatten es nach Avalon geschafft, aber niemand hatte ihnen gesagt, was sie dann tun sollten.
»Hatte dieselben Symptome, weißt du. Sie war allerdings auch ein bisschen älter und robuster, kam besser damit zurecht. Aber deswegen wusste ich jetzt schon, was zu tun war.«
»Danke«, flüsterte Elliot, und sein Blick schweifte zum Fenster. Er war dem Zwerg wirklich dankbar, jedoch fehlte ihm die Kraft für angeregte Unterhaltungen. Sein Hirn konnte all die Worte noch gar nicht verarbeiten.
»Na klar, gehörst ja quasi zur Familie. Ich lass dir mal deine Ruhe und sag Soleil Bescheid, sobald sie zurück ist. Sie wird sich sehr freuen, schließlich ist sie die letzten zwei Wochen kaum von deiner Seite gewichen.« Grinsend verschwand Dinguld aus dem Zimmer.
Der Arzt war schon längst den Flur entlang, als Elliot langsam den Kopf drehte. In seinem Hirn hatte ein Funken eine stotternde Maschine angeschmissen, die nun zu rattern begann. Was hatte Dinguld eben gesagt? Elliot überkam es wie eine Gänsehaut. Er hatte irgendwas Wichtiges überhört. Irgendetwas, wo er hätte nachhaken und um eine Konkretisierung bitten müssen. Das Nachdenken strengte ihn aber genauso an wie das wasserfallartige Palaver seines Pflegers, und sein Kopf sank zurück auf das Kissen. Seine Augen beobachteten noch, wie der Dampf aus dem Krug sich in die Luft schlängelte, dann fielen sie zu. Elliot versank in einem tiefen, erholsamen Schlaf.
Als er die Augen wieder aufschlug, sah er in ein vertrautes Gesicht. Soleil Boulanger saß auf einem Schemel neben dem Bett. Sie trug ihr langes, blondes Haar offen und hatte sich ein grünes, schlichtes Baumwollkleid übergeworfen.
»Soleil«, flüsterte Elliot.
»Du bist wirklich wach, der Quacksalber hat keinen Mist erzählt«, sagte sie, und ihre steinharte Miene wurde von einem Lächeln durchbrochen.
»Ja«, murmelte er. »Aber bitte nicht so schnell reden.« Elliot biss die Zähne zusammen, richtete sich auf und stemmte sich mit dem Rücken gegen das Kopfteil des Bettes. Sein Körper brannte immer noch wie nach einem Brennnesselbad, aber es ließ sich besser ertragen. Mit fahrigem, zittrigem Griff wanderte die Hand zum Krug und umschloss den Henkel. Es kostete Elliot alle Kraft, die er aufbringen konnte, aber er führte das Gefäß zu seinen Lippen und trank gierig einen großen Schluck.
Er prustete und spuckte die Hälfte über sein Bettzeug.
»Langsam, dein Körper ist das nicht mehr gewohnt, gib ihm etwas Zeit.« Soleil nahm ihm den Krug ab. »Schön, dass du wieder zu Kräften kommst, zwischendurch sah es echt schlecht aus.«
»Wie schlecht?«
Soleil zuckte mit den Schultern. »Dinguld wurde nicht müde zu erzählen, dass er selten einen so hoffnungslosen Fall in seinem Bett liegen hatte. Aber ich glaube, das hat er nur getan, damit alle umso beeindruckter sind, wenn du ins Leben zurückfindest. Das Haus wird seit unserer Ankunft belagert, alle warten auf deine Genesung.«
Elliot spürte den Drang in sich aufkommen, einfach die Augen wieder zu schließen. »Alle?«
Soleil nickte. »Wir sind hier momentan so begehrt wie Oben-ohne-Fotos der Queen bei Paparazzi.«
»Ein komischer Vergleich«, murmelte Elliot und bewegte vorsichtig die Beine. Ein kribbelndes Gefühl breitete sich in seinen Zehen aus. »Was ist passiert?«
»Nachdem wir vor den Toren Avanaats gelandet sind, bist du direkt von Ollys Rücken gekippt. Ich dachte erst, du wärst tot, aber zum Glück hattest du einfach nur das Bewusstsein verloren. Rhegad hatte Olly den Weg gezeigt und ist dann über Avanaat weggeflogen, das hatte natürlich für Aufmerksamkeit gesorgt.«
»So einen Drachen am Horizont bemerkt man«, flüsterte Elliot und versuchte Dingulds Worte wiederzugeben.
»Genau. Auf jeden Fall hatte sich schnell eine große Meute angesammelt, die uns angestarrt hat, als wären wir Marsmenschen. Im Grunde sind wir das für sie ja auch, aber egal. Auf jeden Fall war Dinguld als erster Arzt vor Ort und ließ dich in sein Haus bringen, wo er auch schon –«, sie stockte mitten im Satz.
»Wo er was?«, fragte Elliot, der immer noch Mühe hatte, allem zu folgen.
»Wo er seine ganzen Arzneien lagert«, sagte Soleil etwas lahm.
Elliot erkannte die Lüge, aber ihm fehlten Kraft und Muße nachzuhaken. »Olly?«
»In den Ställen der Stadtwache. Mach dir um den keine Sorgen, man kümmert sich gut um ihn, ich besuche ihn jeden Tag.«
»Und was machen wir?«, fragte Elliot und wusste selbst nicht so richtig, wie er die Frage meinte.
Soleil überlegte einen Moment. »Warten, bis du gesund bist, danach werden wir zu einer Anhörung beim Parlament müssen.«
»Par-was?«
»Das Parlament von Avanaat«, sagte Soleil, als wäre damit alles erklärt. »Unsere Ankunft hat für einigen Wirbel gesorgt. Viel Politik, aber mach dir darüber keine Gedanken. Werde erst mal richtig fit.« Sie klopfte ihm auf die Seite, wie sie es bei Olly immer machten, und Elliot verzog das Gesicht.
»Ich kann es kaum abwarten«, sagte er. »Hast du ihnen schon erzählt, was passiert ist? Wissen sie Bescheid über die Inquisition?«
»Klar«, erwiderte Soleil, und ihre Miene wurde wieder ernst. »Das war das Erste, was ich ihnen entgegengebrüllt habe, als Olly mit seinen vier Hufen das Gras berührt hat. Die Inquisition hat das Merlin-Center eingenommen, habe ich immer wieder gebrüllt. Du hättest ihre Gesichter sehen sollen, als hätte ich rückwärts oder in fremden Zungen gesprochen.« Sie machte eine kurze Pause. »Was gar nicht so unwahrscheinlich wäre, wenn ich jetzt drüber nachdenke. Zum Glück sprechen sie eine Sprache auf Avalon, die unserer ziemlich nahe kommt.«
»Wie meinst du das?«
»Sprichwörter und bestimmte Begriffe sind natürlich schwierig. Ich habe einer Frau auf dem Markt zu erklären versucht, wie wir im Supermarkt kontaktlos zahlen können. Aber schon bei dem Wort Supermarkt habe ich gemerkt, dass da Hopfen und Malz verloren ist. Übrigens ein Sprichwort, das man hier versteht.«
Elliot nickte. Das war gut, er musste keine neue Sprache erlernen.
»Natürlich haben die einzelnen Völker noch ihre eigenen Sprachen, aber man hat sich auf Englisch quasi als Staatssprache geeinigt. Dinguld hat mir erklärt, dass das auf eine Zeit zurückgeht, in der das Portal in die Erdenwelt noch offen war und ein reger Austausch zwischen Avalon und unserer Welt bestand. Reisende schleppten nicht nur Krankheiten, sondern auch ihre Sprachen mit ein.«
»Was ist der Plan?«
»Gesund werden, Elliot«, sagte sie streng. »Danach schauen wir weiter.«
»Kommen wir überhaupt zurück? Wir müssen alle vor Theodore warnen, das Merlin-Center retten.« Er dachte an seinen Vater, hoffentlich ließ man ihn aus der Sache raus.
Soleils Gesicht wurde kreidebleich. »Das Portal hat sich hinter uns geschlossen, der Kompass ist entweder in den Tiefen des Ozeans verschwunden oder zerstört.«
Elliot erinnerte sich, wie er ihn ins Meer geworfen hatte, um das Portal zu öffnen. »Wie sollen wir dann die anderen retten? Meinen Vater, deine Familie?«
»Das müssen wir herausfinden. Wir werden schon einen Weg finden. Es gibt zahlreiche Legenden über Seefahrer, die hier im Hafen ablegten und nie zurückkamen.«
»Weil sie abgesoffen sind?«
»Dinguld ist sich sicher, dass sie einen Weg in die Erdenwelt gefunden haben.«
»Das erscheint mir ein wenig dünn an Informationen. Wir können uns schlecht einen Kahn nehmen und aufs Meer hinausfahren, in der Hoffnung, wieder bei uns zu Hause rauszukommen.«
»Das letzte Mal hat uns ein selbstgeschriebenes Kinderbuch deiner Mutter gereicht«, antwortete Soleil und lachte.
»Das ist nicht gut«, murmelte Elliot. »Die Inquisition weiß nun, wie man einen Kompass herstellt, der nach Avalon führt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis hier die Hölle los ist.«
»Ich bin mir sicher, dass die Mönche es anders ausdrücken würden, aber ja, die Angst ist berechtigt. Voraussetzung wäre allerdings, dass Gertrude mit ihnen zusammenarbeitet, und sie schien mir sehr resolut. Außerdem müssten sie avalonisches Gold auftreiben.«
»Das Gold macht mir keine Sorgen. Ich habe den Verdacht, dass die Keller des Vatikans voll mit Kriegsbeute sind. Aber mit Gertrude hast du recht. Sie wird sich nicht so einfach dem Willen der Inquisition beugen, sie müssten schon mit Panzern in das Gebirge rollen, um sie zu einer Zusammenarbeit zu zwingen«, überlegte Elliot und massierte seine Schläfen. Er hatte immer noch unfassbare Kopfschmerzen, aber sein Verstand wurde langsam klarer und wacher.
Soleil ließ sich am Bettende nieder. »Wir haben noch Zeit, denke ich. Selbst wenn, Avanaat ist durchaus wehrhaft.«
»Du hast dich schon umgeschaut?«
»Glaubst du, ich hock hier rum und langweile mich?«, fragte die Elfe und fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. »Ich hab nach Olly geschaut und mich mit dem Ort vertraut gemacht. Am ersten Tag bin ich ohne Kapuze vor die Tür gegangen und kam kaum voran. Ständig hat mich jemand am Arm festgehalten und gefragt, ob ich jemanden mit diesem und jenem Namen in der Erdenwelt kenne. Sie wollen wissen, ob es noch Verwandte dort drüben gibt.«
»Und die Stadt, wie ist die?«
Soleil zuckte mit den Schultern. »Wie man sich so eine Stadt eben vorstellt. Es gibt eine Mauer, einen Hafen, diverse Schänken und einen Markt. Fernseher oder Autos suchst du hier aber vergebens.«
»Braucht man ja auch nicht, wenn einem Magie zur Verfügung steht«, antwortete Elliot und streckte die kribbelnden Beine.
»Nun, auch die wirst du hier nicht finden.«
Elliot riss seine Augen auf. Bis vor kurzem hätte er so reagiert, wenn ihm jemand gesagt hätte, dass Magie existierte. Er konnte sich noch gut an Zeiten erinnern, in denen er gar nicht an solchen Hokuspokus geglaubt hatte.
»Die Magie ist mit der Blutlinie Merlins ausgestorben«, sagte Soleil und sah zum Fenster. »Natürlich waren Alchemisten und Tüftler eifrig, aber einen Feuerball werfenden Zauberer habe ich nicht gesehen.«
»Das hätte im Kampf gegen die Inquisition geholfen«, seufzte Elliot. »Feuer mit Feuer bekämpfen.«
»Es ist, wie es ist, sagte meine Großmutter immer. Manches kann man nicht ändern. Außer man sitzt im Parlament und entscheidet über die Geschicke der Stadt.«
»Das Parlament hat hier das Sagen?«
Soleil nickte. »Sie wollten mich gleich am ersten Tag befragen, aber Dinguld hat sie des Hauses verwiesen. Wir sollten erst richtig genesen, befragen könnte man uns immer noch, meinte er zu ihnen.«
»Wer sind sie?«
»Politiker«, antwortete die Elfe und machte eine wegwerfende Geste. »Aber das wirst du noch früh genug selbst herausfinden.«
Elliot hatte bisher nie mit Politikern zu tun gehabt und konnte sich nichts unter dieser Bemerkung vorstellen. Im Vereinigten Königreich zählten sie nicht zu den beliebtesten Berufsgruppen, so viel stand fest. »Keine Königin, kein König?«
»Hätte man sich gut vorstellen können, oder? Aber nein, selbst in diesen entlegenen Teil der Welt, der ja gar nicht so richtig dazugehört, hat die Demokratie ihren Weg gefunden.«
»Das ist gut.« Elliot kratzte sich an der Stirn. »Glaube ich.«
»Immerhin kein verrückter Monarch, der alles Fremdartige von der Burgmauer wirft«, erwiderte Soleil knapp, dann sah sie ihn ernst an. »Hat Dinguld es dir schon verraten?«
Elliot hasste diese Frage, denn es gab nur eine logische Antwort. »Was verraten?«
Sie fokussierte ihn mit ihren klaren, wachen Augen. »Wenn du das fragst, hat er es wohl noch nicht gesagt.«
»Was denn?«
Sie schüttelte nur den Kopf. »Nein, ich bin nicht die richtige Person dafür.«
»Du wirst jetzt sagen, was los ist«, bettelte er. »Gibt es Infos, was mit dem Merlin-Center nach unserer Flucht passiert ist? Hat die Inquisition es niedergebrannt?«
Soleil hatte anscheinend gemerkt, dass sie sich mit ihren Andeutungen in eine Sackgasse manövriert hatte. Zögerlich schüttelte sie den Kopf. »Nein, es geht nicht um das Merlin-Center, Elliot. Ich bin echt nicht die Person, die es dir sagen sollte. Warum ist Dinguld nicht gleich mit der Sprache rausgerückt? Egal, es geht um deine Mutter, Cecile. Du weißt noch, was Rhegad damals zu uns gesagt hat?«
Elliot schüttelte langsam den Kopf. Gesprächsfetzen jagten durch sein Hirn wie Blitze in einem Sturm. »Wahrscheinlich so etwas wie folgt mir.«
»Das auch, aber ich meinte, dass deine Mutter auf dich wartet.«
Stimmt, da war etwas. Der Drache hatte ihm erzählt, dass sie sich auf Avalon aufhielt. Plötzlich waren seine Schmerzen wie weggefegt. »Wo müssen wir nach ihr suchen?«, fragte er hektisch und versuchte aufzustehen, aber Soleil drückte ihn mit einer Hand zurück ins Bett. Sie brauchte nicht viel Kraft, und Elliot war nicht in der Lage, sich zu wehren.
»Du musst gar nicht suchen. Sie wohnt hier, in diesem Haus, und bald sollte sie zurück sein.«
Elliot wollte weiter nachhaken, aber Soleil ließ ihm keine Gelegenheit. Sie verließ den Raum mit der Behauptung, nach Olly sehen zu müssen. Elliot blieb nichts anderes übrig, als ans Bett gefesselt abzuwarten. Sein ganzes Leben lang hatte er sich gewünscht, seine Mutter kennenzulernen. In seiner Vorstellung waren die Umstände jedoch andere gewesen. Das Szenario, dass er auf einer phantastischen Insel aus der Sagenwelt verletzt in einem Haus liegen würde, war ihm nie in den Kopf gekommen. In der Regel hatte er sich vorgestellt, wie er auf die nächste Bahn wartete und von einer fremden Frau angesprochen wurde. Aber es nützte ja nichts, er musste es so nehmen, wie es kam.
Am frühen Abend, zumindest vermutete Elliot das aufgrund des schwächer werdenden Sonnenlichts, das durch das Fenster fiel, kam Dinguld mit zwei Krücken in das Zimmer.
»Erzähl mir alles über meine Mutter«, forderte Elliot sofort, aber der Zwerg winkte ab.
»Das kann sie selbst machen. Sie weiß noch nichts von deiner Genesung. Hier, damit solltest du wieder halbwegs mobil sein«, sagte der Arzt und reichte ihm die Gehhilfen. Es waren einfache, geschnitzte Stöcke mit einer Mulde, um sie unter die Achseln zu klemmen, und zwei Griffen. Jedes orthopädische Fachgeschäft hätte sie höchstens als Brennholz rausgegeben, aber Elliot war dankbar.
Er richtete sich auf und setzte sich auf die Bettkante. Dann klemmte er sich die Krücken unter die Arme und stellte sich mit der Hilfe des kräftigen Zwergs auf. Ein Schwindelgefühl überkam ihn, und er wackelte wie ein Seiltänzer, hielt aber das Gleichgewicht.
»Geht’s?«
»Wird schon klappen, denke ich«, murmelte Elliot wenig überzeugt. »Lass mich einfach liegen, wenn ich umkippe.«
Der Zwerg prustete. Es klang wie ein Hirsch in der Brunft. »Sehr gut. Es ist wichtig, dass du dich wieder bewegst. Wenn du zu lange im Bett liegst, werden deine Muskeln noch kümmerlicher, als sie ohnehin schon sind, und das kannst du dir auf Avalon nicht erlauben. Bedeutet schnell den Tod!«
Elliot entschied sich, den abfälligen Kommentar über seine körperliche Verfassung zu ignorieren, und wackelte vorsichtig los. Die Beine zitterten, und die Krücken fingen schnell an, unangenehm in den Achselhöhlen zu drücken. Die Versuchung, sich nach hinten auf das Bett fallen zu lassen, war groß, aber er gab nicht auf. Mit kleinen Trippelschritten gelangte er zur gegenüberliegenden Wand. Dinguld, der eine Hand an Elliots Rücken gelegt hatte, um im Notfall schnell zugreifen zu können, öffnete die Tür, und gemeinsam traten sie auf den Flur.
Er war lang und dunkel, regelrecht schmucklos und spartanisch. Holzlatten reihten sich aneinander. Es gab keine Spiegel, Gemälde oder Kronleuchter.
»Das mit der Elektrizität habt ihr noch nicht herausgefunden?«, fragte Elliot.
Der Zwerg sah ihn an, als überlegte er, seinen Patienten wegen geistiger Umnachtung sofort zurück ins Bett zu schicken, erwiderte aber nichts.
»Nur ein Scherz«, murmelte Elliot und kämpfte sich mit den Krücken weiter den Flur entlang.
»Hier rein.« Dinguld lotste ihn in ein großes Zimmer.
Ein schwerer Tisch stand in der Mitte mit sechs Stühlen, und in einem Kamin lag die schwarzgraue Asche lange vergangener Winternächte. Es roch muffig, war aber nichts, was sich nicht mit ein bisschen Durchzug und regelmäßigem Lüften beheben ließe. Die Wände waren zugestellt mit Regalen, und Elliot ahnte beim Überfliegen der Buchrücken, dass es sich um Dingulds Recherchematerial handelte. Bücher über Knochenbrüche, Vergiftungen, abgetrennte Gliedmaßen, Verbrennungen.
»Steht da auch etwas über meine Krankheit drin?«
Der Zwerg schüttelte den Kopf. »Wegen zwei Menschen werde ich nicht gleich ein Buch schreiben.«
»Zwei?«, fragte Elliot.
»Deine Mutter hatte ganz ähnliche Symptome, als sie zu uns kam. Sie lag allerdings nur eine Woche im Bett, ein zähes Stück!«
»Danke«, murmelte Elliot und wollte sich auf einen der Holzstühle niederlassen. Er brauchte dringend eine Pause von der Anstrengung.
»Warte«, sagte der Zwerg und zog einen Stuhl vor, so dass sich Elliot nur nach hinten fallen lassen musste. »Alles okay?«
Elliot, der sich wie ein nasser Sack Kartoffeln auf den Stuhl plumpsen ließ, verzog das Gesicht. Sein Atem ging schnell, das Herz war die Anstrengung nicht mehr gewohnt. Er nickte. »Geht gleich wieder«, keuchte er. »Wann ist meine Mutter hier aufgetaucht?«
Der Zwerg kratzte sich am Kinn. »Siebzehn oder achtzehn Jahre müsste das jetzt her sein. So genau weiß ich das leider nicht mehr, aber verrate ihr das auf keinen Fall!«
Elliot zuckte mit den Schultern. Warum sollte er das auch seiner Mutter erzählen? »Und, wie ist sie so?«
»Eine tolle Frau«, schoss es aus Dinguld heraus. »Aber genug mit dem Verhör, du wirst sie gleich selbst kennenlernen. Ich mach eine Suppe, und du läufst nicht weg, okay?«
Nun konnte sich auch Elliot ein Lachen nicht verkneifen. »Wäre ein Wunder, wenn ich vor Einbruch der Nacht an der Haustür ankäme, bei meinem Tempo.«
Dinguld verschwand aus dem Zimmer, und Elliot war wieder alleine. Er lehnte die Krücken gegen den Tisch. Durch das Fenster hörte er gedämpfte Stimmen und Lärm von der Straße. Menschen, vielleicht aber auch Zwerge oder Elfen. Es klang wie in jeder anderen Stadt. Nur das Stottern und Röhren von Motoren fehlte. Es war Elliot unvorstellbar, dort rauszugehen. Sein ganzer Körper war von der kurzen Anstrengung schweißgebadet, und seine Hände zitterten wie nach einem Eisbad. Er erinnerte sich nicht, sich jemals so hundeelend gefühlt zu haben.
Elliot gab sich größte Mühe, sich zu beruhigen, aber es klappte nicht. Hier waren sie also endlich, auf Avalon, und er würde jeden Moment seine Mutter kennenlernen.
»Noch ein Stück Brot dazu?«, hörte er den Zwerg aus der Küche rufen.
»Ja«, krächzte Elliot und hoffte, dass man ihn bis dorthin hören konnte.
Augenblicke später tischte Dinguld ein kleines Menü auf.
»Geierfleischsuppe mit Sommerbeeren und Kümmelbrot«, referierte der Arzt und wischte sich die Hände an der Schürze ab.
»Geierfleisch?«
»Oh, keine Sorge, es ist sehr mager, und dein Magen wird es gut verkraften.«
»Aasgeier?«, fragte Elliot misstrauisch. Bei der Vorstellung, eines dieser Viecher zu essen, verging ihm sofort der Appetit.
»Keine Ahnung, was ein Aasgeier ist, aber das hier ist vom Donnergeier. Gar nicht so einfach, einen von ihnen zu erwischen. Sie jagen nur bei Gewitter, und das Tier hat mich ein halbes Vermögen auf dem Markt gekostet, aber das war es mir wert. Ihr Fleisch ist für seine Bekömmlichkeit bekannt.«
»Verstehe«, murmelte Elliot und griff mit fahriger Hand zum Holzlöffel. Er tunkte ihn in die Schale und hatte große Mühe, nicht alles zu verschütten. In der Mulde des Löffels schwammen ein kalkfarbiges Stück Geierfleisch und ein paar rote Beeren in trüber Flüssigkeit. Er schloss die Augen und gab sich einen Ruck. Nach den ersten Bissen stellte Elliot fest, dass es weitaus besser schmeckte, als er erwartet hatte. Das Geierfleisch hatte er sich wie totes Kaninchen vorgestellt, das seit Tagen in der prallen Sonne auf dem Asphalt gelegen hatte. Es war eher mit trockenem Hühnchen zu vergleichen, faserig und mild. Die Beeren waren süß und die Suppe kräftig. Eine ungewöhnliche Mischung, aber wenn man zwei Wochen Koma hinter sich gebracht hatte, gar nicht so übel.
»Und?«
»Köstlich«, übertrieb Elliot und führte den nächsten Löffel zum Mund.
Er hatte seine Schale zur Hälfte geleert, als er Lärm aus dem Flur vernahm. Eine Tür fiel zu.
»Dinguld, ich habe Soleil getroffen, sie meinte –« Eine Frau erschien im Türrahmen und hörte augenblicklich auf zu reden, als sie Elliot sah. Ihre überraschte Miene verwandelte sich in ein warmes, herzliches Lächeln.
Elliot erkannte sofort, dass es seine Mutter war. Sie hatte immer noch ihre langen, lockigen Haare, die er von den Fotos kannte. Auch an ihrer sportlichen Figur hatte sich nichts geändert. Natürlich war sie älter, aber es bestand kein Zweifel. Nur diese mittelalterliche Kleidung, eine graue Leinenhose und eine grüne Tunika mit gelben Stickereien, hatte sie damals nicht getragen.
»Elliot«, flüsterte sie, und ihre Augen fingen an zu glänzen.
Der nickte nur, unmöglich in der Lage, irgendwas zu sagen. Ein dicker Pfropfen hatte sich in seinem Hals gebildet.
Einen Moment herrschte angespannte Stille im Zimmer. Dinguld, der gerade noch redselig gewesen war, schien die Luft anzuhalten, dann rannte die Frau auf ihren Sohn zu und nahm ihn in den Arm. Elliot erwiderte die Umarmung und fing an zu weinen. Sein ganzes Leben hatte er sich nichts anderes gewünscht. Wenn seine Mutter zurückkam, würde alles besser werden. Sein Dad würde sich endlich wieder zusammenreißen, sie könnten eine neue Wohnung suchen, ein gemeinsames Leben anfangen.
»Endlich«, schluchzte sie. Ihre Arme hatte sie eng um ihren Sohn geschlungen, und für einen Augenblick dachte Elliot, sie würde ihn nie mehr loslassen. »Das wird alles ändern.«
»Jetzt lass den Jungen doch mal los, sonst muss ich den gleich wieder verarzten«, murmelte Dinguld.
»Entschuldige«, nuschelte Cecile und ließ Elliot los. Elliot schloss die Augen und nahm sich vor, diesen Moment des Wiedersehens nie zu vergessen, ihn abzuspeichern und zu archivieren, damit er da war, wenn er ihn brauchte.
»Warum bist du gegangen?« Jahrelang hatte Elliot darüber nachgedacht, was er sagen würde, wenn er seine Mutter endlich träfe, und immer wieder hatte sich diese eine Frage aufgedrängt. Sein Vater hatte es ihm nie verraten, nur durch Theodore hatte er erste Anhaltspunkte bekommen. Klar, mittlerweile wusste er, dass sie gegangen war, um Avalon zu finden und die phantastischen Wesen vor der Inquisition zu retten. Aber er wollte es aus ihrem Mund hören.
»Ich hatte keine Wahl«, sagte sie und streichelte ihm durch das Haar. »Die Inquisition hatte von meinen Plänen Wind bekommen, sie wussten, nach was ich gesucht habe. Es war eine Zeit, in der dich die reine Erwähnung Avalons auf den Scheiterhaufen bringen konnte. Natürlich nicht in aller Öffentlichkeit, wie im Mittelalter, aber ganz sicher verborgen in den Verliesen des Magna Carcarem, dem geheimen Gefängnis der Inquisition in Rom. Irgendein Vögelchen hat geträllert, wo wir lebten, und durch Soleil weiß ich mittlerweile, welcher Vogel es war.«
»Theodore«, murmelte Elliot, und seine Mutter nickte.
»Hätte ich dem alten Kauz nie zugetraut.«
»Die Kirche hatte ihn auf der Gehaltsliste.« Unwillkürlich verkrampften sich Elliots Hände zu Fäusten.
Cecile nickte. »Er wird nicht der Einzige gewesen sein, da bin ich sicher. Erst hat die Inquisition den Weg nach Avalon abgeschnitten und dann einen Großteil der nicht-menschlichen Völker enteignet und verarmen lassen. Im Nachhinein frage ich mich, wie ich so blind sein konnte: Indem sie das Merlin-Center offen gelassen und unter ihre Kontrolle gebracht hatten, wussten sie zu jeder Zeit, was passiert. Hätten sie es dem Feuer übergeben, wäre ein Großteil der Elfen, Zwerge und anderen Völker im Untergrund verschwunden.«
»Aber warum hast du uns nicht mitgenommen? Dad wusste doch auch über Avalon Bescheid.«
Sie schenkte ihm ein warmes Lächeln. »Ich konnte doch kein Baby mit durch ein magisches Portal nehmen. Du hast selbst erfahren, was das mit einem Menschen macht. Damals hättest du es unmöglich überlebt.«
»Da liegt sie richtig, fürchte ich«, warf Dinguld ein.
»Bis wann ist er wieder fit?«, fragte Cecile und wandte sich an den Zwerg. »Er muss unbedingt vor dem Parlament aussagen, noch vor den Wahlen.«
»Drei Wochen, dann sollte er wieder ganz der Alte sein«, murmelte Dinguld und kratzte sich am Kinn.
»So lange können wir nicht warten«, antwortete sie harsch. »Die Wahlen der Stadtbezirksvertretung sind in anderthalb Wochen. Es ist wichtig, dass ganz Avanaat seine Geschichte hört. Es wird den Verzweifelten neuen Mut geben, und die Wahl könnte zu unseren Gunsten ausgehen.«
»In zwei Tagen ist er zumindest wieder mobil, aber –«
»Gut, das genügt«, schnitt Cecile ihm das Wort ab.
»Um was geht es denn?« Elliot war von dem plötzlichen Themenwechsel überrascht, und seine Mutter klang mit einem Mal kühler und distanzierter.
»Die Wahlen stehen an, und mit euch könnte es das erste Mal sein, dass die Liga des Volkes endlich die Mehrheit im Parlament erlangt.«
»Liga des Volkes?« Elliot schwirrte schon wieder der Kopf. Aus einem Koma auf einer Insel aufzuwachen, die nicht zu der eigenen Welt gehörte, war eine wirklich anstrengende Sache.
»Im avalonischen Parlament sitzen zwei Parteien: die Liga des Volkes und die Erben Merlins. Die Erben Merlins sind ein verdammter, erzkonservativer Haufen reicher Leute, die vorgeben, die alten Traditionen und Gebräuche hochzuhalten. Alles soll bleiben, wie es ist, sie schüren Angst vor allem Neuen. Das tun sie aber nicht, weil ihnen so viel an der Kultur dieser Insel läge, nein, sie beschützen einfach nur ihren Reichtum.«
Elliot nickte kaum merklich. Das waren keine guten Nachrichten. »Verstehe.«
»Du und Soleil, ihr seid der Beweis, dass es einen Weg auf die Erdenwelt gibt. Als ich hier aufschlug, hielt man es für einen Zufall, eine Laune der Natur. Aber ihr widerlegt diese Theorie.« Cecile packte ihren Sohn an den Schultern. »Wir werden diesen eingestaubten Laden ordentlich aufräumen.«
»Schatz«, protestierte Dinguld und tätschelte ihr die Hüfte. »Ich verstehe ja, dass du dich freust, deinen Sohn wiederzusehen, aber er ist immer noch mein Patient, und ich muss dich bitten, ihn nicht so zu überfordern. Was soll er jetzt mit den ganzen Informationen anfangen? Lass ihn doch erst mal ankommen, beim Barte Merlins.«
Erst da begriff Elliot, in welcher Beziehung die beiden zueinanderstanden. Sie waren keine Mitbewohner oder Freunde, sondern ein Paar. Es fühlte sich an wie ein Magenhieb von einem Profiboxer. Elliot spürte, wie sich seine Gesichtszüge zu einer Maske zementierten. »Ich sollte mich ausruhen, ich fühle mich nicht gut.« Ihm war schlagartig die Lust auf Gesellschaft vergangen. Vor allem auf die Gesellschaft seiner Mutter.
»Sag ich doch.« Dinguld entging die fröstelnde Note in Elliots Worten. »Komm, ich bring dich zurück in dein Zimmer.«
Elliot wuchtete sich mit Dingulds Hilfe auf die Krücken und ließ seine Mutter wortlos im Esszimmer stehen.
»Danke«, murmelte er, als er wieder auf der Kante des Bettes saß. »Ich will alleine sein.«
»Kein Problem, das ist eh das Beste, also wenn es um deine Genesung geht.«
Als der Zwerg die Tür hinter sich schloss und Elliot endlich wieder alleine war, ließ er all die Tränen und Trauer zu, die sich wie durch einen zerstörten Staudamm ihren Weg bahnten. Elliot versuchte nicht, sie zurückzuhalten. Sein ganzes Leben hatte er von diesem einen Augenblick geträumt und wurde nun so herb enttäuscht. Cecile hatte nicht mal danach gefragt, wie es ihrem Mann, der jetzt wohl nicht mehr ihr Mann war, und ihm ergangen war. Sie hatte keinen Gedanken daran verschwendet, was sie die letzten Jahre verpasst hatte. Alles, was sie interessierte, waren irgendwelche verdammten Wahlen und die Zukunft einer Welt, die Elliot nicht einmal kannte.
Er ließ sich nach hinten fallen und starrte an die mit Holzplanken vertäfelte Decke. Das hier war ganz anders als in seiner Vorstellung. Seine Mutter. Avalon. Sein ganzes Leben.
Er blieb den Abend mit seinen Gedanken alleine, bis er irgendwann wegdämmerte.
Am nächsten Morgen weckte ihn Dinguld. Die Tür flog auf, als wäre ein Stier dagegengedonnert. »Guten Morgen, wollte nur nach meinem Patienten sehen. Gut geschlafen?« Der Zwerg trug wieder die weiße Schürze über der Kleidung und sah mehr nach Schlachter als nach Arzt aus.
Elliot nickte. Die Wut vom vergangenen Abend war verflogen, geblieben war nur die Schwere in seinem Kopf.
»Es war gut, dass du gestern gesagt hast, dass du dich nicht wohlfühlst. Cecile, also deine Mutter, meine ich, kann manchmal sehr energisch sein, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat. Wir waren mal wandern in den Echobergen, und sie wollte die Spitze unbedingt noch vor Sonnenuntergang erreichen. Dass ich mit meinen Stummelbeinen kaum hinterherkam, war ihr ziemlich egal«, schilderte Dinguld und hob eines seiner Beine an.
»Wie lange seid ihr schon zusammen?«
Jetzt schien auch der Zwerg zu begreifen. »Ich … wir«, stammelte er. »Stimmt, du wusstest davon ja gar nichts. Tut mir leid, das war gestern wohl alles ein bisschen viel für dich.«
Elliot reagierte nicht, sondern sah ihn nur forschend an.
»Als sie hierherkam, habe ich sie aufgenommen, genau wie Soleil und dich. Ihr drei seid die Einzigen seit gut einem Jahrhundert, die durch das Portal gekommen sind, und irgendwie alle drei unter meinem Dach gelandet. Die anderen Ärzte hatten sich geweigert, hatten Angst vor einer Seuche, die deine Mutter nach Avalon eingeschleppt haben könnte. Aberglaube, wenn du mich fragst, nichts, was ein medizinisch Gelehrter von sich geben sollte. Auf jeden Fall ist sie geblieben, auch nachdem sie gesund war, und irgendwann ist es dann passiert.«
Das reichte Elliot nicht. »Wann?«
Der Zwerg starrte an die Decke, schien seinem bohrenden Blick ausweichen zu wollen. »Vielleicht nach einem Jahr, eher zwei. Sie hatte schon ihren Job in der Verwaltung des Bergwerks angenommen. Es war ein schöner Sommerabend, und –«
»Okay, danke«, würgte Elliot ihn ab. Mehr wollte er nicht hören. Er wusste, was er wissen musste. Zwei Jahre waren eine lange Zeit in einer fremden Welt. »Hat sie überhaupt jemals versucht zurückzukehren?«
»Seit dem Tag, an dem sie hier angekommen ist, geht es ihr um nichts anderes. Die Liga des Volkes setzt sich für eine Expedition ein, um eine Route übers Meer zu finden. Sie sind der Meinung, dass Avalon so abgeschottet eingehen wird wie eine verwelkende Rose. Irgendwann sind alle Blutlinien miteinander gekreuzt. Außerdem wollen sie ihre Verwandten zurückholen. Die Gräueltaten der Inquisition kennt hier jedes Kind. Schlaf endlich, sonst holen dich die Männer in den Roben, hat meine Mutter immer gesagt. Glaub mir, das ist nichts, was einem Kind beim Einschlafen hilft«, erklärte Dinguld und lachte mit seinem ganzen Körper.
»Habt ihr denn keine Angst, dass die Inquisition hier einfallen könnte? Sie wissen, wie man den Kompass herstellt.«
»Avanaat ist eine wehrhafte Stadt. Tausende Bewohner, die alle wenigstens einen Hammer oder eine Axt daheim haben. Auf jeden Fall würden wir es ihnen nicht einfach machen, und ich bin sicher, dass Rhegad auch noch ein Wörtchen mitsprechen würde. Der ist kein Freund der Kirche.«
»Okay«, murmelte Elliot. So lange die Inquisition nicht auf die Idee kam, hier mit Maschinenpistolen und Kampfhubschraubern aufzutauchen, sah es ganz gut für sie aus. »Ist meine Mutter da?«
Dinguld schüttelte den Kopf. »Hat noch vor den ersten Sonnenstrahlen das Haus verlassen. Momentan ist Wahlkampf, da sehe ich sie seltener als ein Stollentroll die Sonne.« Der Arzt kratzte sich am Kinn. »Wie fühlst du dich? Noch Schmerzen in den Beinen?«
Elliot schüttelte den Kopf. Tatsächlich fühlte er sich einigermaßen normal. Sein Körper war immer noch geschwächt wie nach einer langen Grippe, aber die Kopfschmerzen waren verschwunden, und das ekelhafte Kribbeln in seinen Beinen hatte nachgelassen. »Wird langsam wieder, glaube ich.«
»Gut, wir müssen dich bewegen. Dein Körper hat zwei Wochen auf der faulen Haut gelegen. Soleil macht noch ein paar Erledigungen auf dem Markt für mich, danach wird sie sich um dich kümmern. Ich habe heute ein paar Hausbesuche.«
Eine Stunde später stand Soleil in dem muffigen Zimmer. Sie trug wieder eines der hier offenbar beliebten Baumwollkleider und hatte die Arme in die Hüfte gestemmt. »So, jetzt wollen wir mal dafür sorgen, dass du wieder zu Kräften kommst. Ich will schließlich nicht den Rest meines Lebens in diesem Haus verbringen.«
Sie half ihm auf, und Elliot ging ohne seine provisorischen Krücken ein paar wackelige Schritte durch den Raum.
»Das sieht doch schon gar nicht so schlecht aus.«
»Du sollst nicht lügen«, erwiderte Elliot und lachte. »Hast du ein Schnellreiseticket? Dann kann ich mich ins nächste Krankenhaus teleportieren.« Er wollte sich am liebsten wieder ins Bett legen und dort auf sein Lebensende warten. Aber Soleil ließ nicht locker.
»Tja, da habe ich schlechte Neuigkeiten für dich. Schnellreisetickets funktionieren hier nicht, warum auch immer. Man sollte doch meinen, in einer magischen Welt wäre es kein Problem, schnell von A nach B zu kommen, aber nein, hier ist noch Beinarbeit angesagt. Also schön weiterüben!«
»Na super. Als wären die Strapazen bis hierher nicht schon anstrengend genug gewesen«, jammerte Elliot.
Nachdem seine Schritte sicherer geworden waren, gingen sie im Flur auf und ab. Nach zwei Stunden machten sie Pause. Elliot ließ sich an dem Tisch im Wohnzimmer nieder, an dem er am Tag zuvor seine Mutter kennengelernt hatte. Soleil brachte ihnen große Krüge mit einer sauer riechenden Flüssigkeit.
»Sicher, dass das genießbar ist?«, fragte Elliot.
»Trink, es schmeckt wie Limonade«, befahl Soleil und nippte selbst an ihrem Gefäß.
Elliot kam der Aufforderung nach, und tatsächlich erinnerte es ihn an die gezuckerten Süßgetränke aus dem Supermarkt, bloß ohne Kohlensäure. »Wie ist meine Mutter so?«, fragte er und nahm einen weiteren Schluck.
»Ehrlich gesagt, hab ich nicht viele Worte mit ihr gewechselt, seit wir hier sind«, erwiderte Soleil und fuhr sich mit einer Hand durch das lange, blonde Haar. »Sie geht früh und kommt spät. Euer erstes Treffen schien etwas enttäuschend gewesen zu sein, oder täusche ich mich da?«
Elliot zuckte mit den Schultern und starrte aus dem Fenster. Schemen schoben sich vorbei, es war laut und die Sonne brannte durch das Glas. »Ich hab wohl einfach zu viel erwartet. Aber sie hatte kein Interesse an mir, nur daran, was ich für diesen Wahlkampf bedeute.«
»Ich glaube, bei so einer Sache können die Erwartungen gar nicht hoch genug sein. Ich meine, sie ist deine verdammte Mutter. Und dann noch die Sache mit Dinguld.«
»Sie sind also wirklich ein richtiges Paar?«
»Zumindest schlafen sie in einem Zimmer«, erwiderte Soleil geradeheraus. »Ich kann sie irgendwo verstehen, in der Fremde will man nicht einsam sein.«
»Ich auch«, seufzte Elliot. Er konnte seiner Mutter keinen Vorwurf machen, jedenfalls nicht in der Sache.
Sie übten den Rest des Tages und auch noch den darauffolgenden. Cecile hatte keine Anstalten gemacht, ihren Sohn aufzusuchen. Manchmal wurde er wach, wenn sie spätnachts heimkam und über den Flur lief. Er überlegte, ob er zu ihr gehen sollte, wusste aber nicht, was er hätte sagen sollen. Es war wie ein Schwamm in seinem Kopf, der jeden rationalen Gedanken aufsaugte und verhinderte, dass er endlich Durchblick hatte.
Am dritten Tag stand Soleil mit einem braunen Kapuzenumhang vor seinem Bett.
»Was soll das werden?«, fragte Elliot und zeigte auf das Teil.
»Wir gehen heute an die frische Luft«, erklärte Soleil und hielt ihm den Umhang entgegen. Elliot fand nicht, dass er zu seiner grauen Baumwollhose und dem blauen Leinenhemd noch einen braunen Mantel benötigte. »Damit sehe ich aus wie ein verdammter Freak, der sich verkleidet und Mittelaltermärkte besucht.«
»Nun, im Grunde machen wir genau das. Und mit Verlaub, so ganz normal bist du auch nicht.«
Elliot runzelte die Stirn.
»Der Umhang soll verhindern, dass wir an jeder Ecke angesprochen werden. Ein neues Gesicht fällt hier schnell auf, vor allem das eines Menschen. Jeder in Avanaat weiß, dass wir hier sind, und sie alle wollen wissen, wie es bei uns drüben ist.«
Elliot nahm den Kapuzenumhang und hängte ihn sich um. Er fühlte sich, als würde er zum Fasching gehen. Vorsichtig stemmte er sich in die Höhe, was mittlerweile sehr gut alleine funktionierte, und gemeinsam gingen sie langsam in Richtung Haustür.
»Kapuze über«, befahl Soleil und zog ihre eigene tief ins Gesicht. »Hak dich ein.« Sie hielt ihm einen Arm hin, und Elliot kam der Aufforderung gerne nach.
»Okay, bereit«, sagte er, und die Elfe zog die Haustür auf. Das einfallende Sonnenlicht hätte Elliot geblendet, wäre die Kapuze nicht so tief ins Gesicht gezogen. Er schaute auf eine sandige Straße, gegenüber war eine Häuserfront mit Läden. Sie waren aus Steinen gebaut, hatten nur eine Etage und spitze Dächer, die mit grauen Pfannen bedeckt waren. Die Gebäude standen eng an eng, und Elliot hoffte, dass Avanaat eine engagierte Feuerwehr hatte. Wenn hier ein Feuer ausbräche, würde es schnell auf die anderen Häuser übergreifen. Pferdegespanne zogen vorbei, wirbelten Dreck auf, und es herrschte ein dichtes Gedränge. In der Spanne eines Herzschlages sah Elliot Zwerge, Elfen, Gnome, Halblinge, Trolle und zahlreiche andere Gestalten, die er nicht zuordnen konnte. Gehörnte Wesen mit behaarten Beinen und Hufen statt Füßen. Aber keine Menschen.
»Komm«, sagte Soleil und zog ihn hinaus. Sie schlossen sich dem Strom aus Körpern an und ließen sich langsam treiben. Elliot war überfordert von den ganzen Eindrücken. Ungeduldig schob sich ein Trupp Zwerge an ihnen vorbei, die Spitzhacken geschultert hatten und in robuste Lederkleidung gehüllt waren. Sie passierten Stände, die sich mit Leinentüchern gegen die stechende Sonne abschirmten, und gebrannte Mandeln und Kastanien feilboten.
»Wo wollen wir hin?«
»Zum Hafen«, sagte Soleil. »Es ist wunderschön dort.« Schon auf der Erdenwelt hatte sie ihre Liebe zu Seen und dem Meer mit ihm geteilt. Sie zog ihn am Arm die Straße entlang, und Elliot spürte, wie ihm der Schweiß aus allen Poren drang. Einerseits war es höllisch heiß unter der Kapuze, es mussten mindestens dreißig Grad sein, andererseits war jeder Schritt eine kleine, strategische Unternehmung. Nach ein paar Wendungen und Gabelungen hatte Elliot komplett die Übersicht verloren. Er achtete nur auf seine Füße und darauf, nicht angerempelt zu werden. Die Bewohner von Avanaat interessierten sich nicht für die beiden Personen unter den Umhängen, sondern gingen ihren eigenen Erledigungen nach. Viele transportierten in Bündeln und Säcken Waren wie Holz und Erze.
»Was ist das?« Zwischen den Dächern sah er große Bäume, die sich in den Himmel erstreckten. Sie waren riesig, und in ihren Kronen entdeckte er Häuser, Brücken und Lichterketten.
»Dort wohnt die Elfengemeinschaft«, erklärte Soleil. »Sie halten nicht viel davon, unten im Dreck zu hausen, wie sie sagen. Noch weniger Verständnis haben sie für Trolle und Zwerge, die am liebsten in Stollen unter der Erde leben.«
Sie schoben sich weiter durch die engen Gassen, und bevor er das Meer sah, roch er es. Sekunden später standen sie am Pier eines großen Hafens.
»Ist es nicht wunderschön?«, flüsterte Soleil.