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"Es gäbe zwei Orte, wo alle Wünsche in ihre eigene Erfüllung übergehen: den Himmel und die Hölle." Franz Josef Czernin Mit verblüffender sprachlicher Präzision und der systematischen Genauigkeit eines Naturforschers legt der große Mystiker des Abendlandes eine tiefgründige Beschreibung der jenseitigen Welt vor, die der Realität stets ganz nah bleibt und dabei doch unerwartete, utopische Räume von faszinierender Schönheit schafft, welche die 'wirkliche' Matrix zeigen, in der wir unseren Platz im Diesseits wie im Jenseits einnehmen. Swedenborgs Korrespondenzlehre einer Spiegelbeziehung von Himmel und Hölle beeinflusste bedeutende Künstler und Philosophen der damaligen Zeit - darunter William Blake, Arthur Schopenhauer, Anton Webern, Charles Baudelaire oder Paul Gauguin - und wirkt bis in die heutige Zeit hinein. Heute erinnert man sich kaum mehr an Swedenborg als den großen Naturwissenschaftler und Universalgelehrten, sondern als den verschrobenen Solitär der abendländischen Literatur und Mystik. Seine gerade durch ihre Akribie und Systematik so provozierend wie berauschend wirkende Beschreibung von Himmel und Hölle sorgte damals wie heute für viel Unverständnis. Doch ist die kritizistische Lesart nur eine unter vielen möglichen. Swedenborgs Darstellung der Geisterwelt ist gleichfalls ein Werk von außerordentlicher poetischer Kraft und subtiler Psychologie und es verwundert daher nicht, dass dieser eigenwillige Geist gerade in der späteren Rezeption einen enormen Einfluss auf Denker und Künstler wie August Strindberg, Goethe, Dostojewskij, Joseph Beuys oder Jorge Luis Borges ausgeübt hat.
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EMANUEL SWEDENBORG
(1688 - 1772) galt zu seiner Zeit als größter Universalgelehrter. Er wurde in christlichen Kreisen gerne als ‚Spiritist’ diffamiert. Sein populärstes Werk über die jenseitige Welt und ihre Bewohner ist Himmel und Hölle.
DR. HANS-JÜRGEN HUBE
(1933 - 2011) Studium der Germanistik, Nordistik und Altphilologie. Von 1974 - 1998 an der Humboldt-Universität Berlin/Nordeuropa-Institut. 1998 Emeritierung. 1999 - 2000 Universität Vilnius, Litauen.
Veröffentlichungen zur skandinavischen Sprachwissenschaft und Literaturgeschichte, literarische Übersetzungen sowie Herausgabe und Übersetzung nordischer Märchen, Sagen und Mythen.
„Es gäbe zwei Orte, wo alle Wünschein ihre eigene Erfüllung übergehen:den Himmel und die Hölle.“
Franz Josef Czernin
Mit verblüffender sprachlicher Präzision und der systematischen Genauigkeit eines Naturforschers legt der große Mystiker des Abendlandes eine tiefgründige Beschreibung der jenseitigen Welt vor, die der Realität stets ganz nah bleibt und dabei doch unerwartete, utopische Räume von faszinierender Schönheit schafft, welche die ‚wirkliche’ Matrix zeigen, in der wir unseren Platz im Diesseits wie im Jenseits einnehmen. Swedenborgs Korrespondenzlehre einer Spiegelbeziehung von Himmel und Hölle beeinflusste bedeutende Künstler und Philosophen der damaligen Zeit – darunter William Blake, Arthur Schopenhauer, Anton Webern, Charles Baudelaire oder Paul Gauguin – und wirkt bis in die heutige Zeit hinein.
Heute erinnert man sich kaum mehr an Swedenborg als den großen Naturwissenschaftler und Universalgelehrten, sondern als den verschrobenen Solitär der abendländischen Literatur und Mystik. Seine gerade durch ihre Akribie und Systematik so provozierend wie berauschend wirkende Beschreibung von Himmel und Hölle sorgte damals wie heute für viel Unverständnis. Doch ist die kritizistische Lesart nur eine unter vielen möglichen.Swedenborgs Darstellung der Geisterwelt ist gleichfalls ein Werk von außerordentlicher poetischer Kraft und subtiler Psychologie und es verwundert daher nicht, dass dieser eigenwillige Geist gerade in der späteren Rezeption einen enormen Einfluss auf Denker und Künstler wie August Strindberg, Goethe, Dostojewskij, Joseph Beuys oder Jorge Luis Borges ausgeübt hat.
Emanuel SwedenborgHimmel und Hölle
Emanuel Swedenborg
nach Gesehenem und Gehörtem
Herausgegen und umfangreich kommentiertvon Hans-J. Hube
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Alle Rechte vorbehalten
Copyright © by marixverlag GmbH, Wiesbaden 2013Der Text basiert auf der Ausgabe marixverlag, Wiesbaden 2013Der Text wurde behutsam revidiert nach der Ausgabe Zürich 1910, 5. AuflageKorrektorat: Stefanie Evita Schaefer, marixverlag GmbHCovergestaltung: Nicole Ehlers, marixverlag GmbHBildnachweis: akg-images GmbH, BerlineBook-Bearbeitung: Bookwire GmbH, Frankfurt am Main
ISBN: 978-3-8438-0114-0
www.marixverlag.de
Einführung
I. Allgemeines
Vom Himmel und von der Hölle
Der Herr ist der Gott des Himmels
Das Göttliche des Herrn bildet den Himmel
Im Himmel ist das Göttliche des Herrn die Liebe zu ihm und zum Nächsten
Der Himmel ist in zwei Reiche unterteilt
Es gibt drei Himmel
Die Himmel bestehen aus unzähligen Gesellschaften
Jede Gesellschaft ist ein Himmel in kleinerer Form und jeder Engel in kleinster
Der gesamte Himmel – zusammengefasst – stellt einen Menschen dar
In den Himmeln verkörpert jede Gesellschaft einen Menschen
Demnach hat jeder Engel vollkommene Menschengestalt
Es rührt vom Göttlich-Menschlichen des Herrn her, dass der Himmel in Gänze und seinen Teilen einen Menschen verkörpert
Gesammeltes aus den Himmlischen Geheimnissen über den Herrn und dessen Göttlich-Menschliches
Es gibt eine Entsprechung aller Himmelsteile mit allen menschlichen Körperteilen
Es gibt ein Entsprechungsverhältnis des Himmels zu allen Dingen der Erde
Von der Sonne im Himmel
Von Licht und Wärme im Himmel
Von den vier Hauptgegenden im Himmel
Von den Zustandsveränderungen bei den Engeln im Himmel
Von der Zeit im Himmel
Von den Stellvertretungen und Erscheinungen im Himmel
Von den Kleidern, mit denen die Engel angetan erscheinen
Von Wohnungen und Aufenthaltsorten der Engel
Vom Raum im Himmel
Form des Himmels, Zusammenkünfte und Kommunikation
Von den Regierungen im Himmel
Von Gottesdiensten im Himmel
Von der Macht der himmlischen Engel
Von der Redeweise der Engel
Wie die Engel mit dem Menschen reden
Von den Schriften im Himmel
Von der Weisheit der Engel des Himmels
Vom Unschuldszustand der Engel im Himmel
Die Art des Friedens im Himmel
Von der Verbindung des Himmels mit dem Menschengeschlecht
Die Verbindungen des Himmels mit dem Menschen durch das Wort
Himmel und Hölle sind aus dem Menschengeschlecht
Von Heiden oder Völkern außerhalb der Kirche im Himmel
Die Kinder im Himmel
Von den Weisen und Einfältigen im Himmel
Gesammeltes aus den »Himmlischen Geheimnissen« zu Wissenschaften
Von Reichen und Armen im Himmel
Von den Ehen im Himmel
Verrichtungen der Engel im Himmel
Von himmlischer Freude und Glückseligkeit
Von der unermesslichen Größe des Himmels
II. Von der Geisterwelt und vom Zustand des Menschen nach dem Tod
Was die Geisterwelt ist
Erweckung des Menschen von den Toten und sein Eintritt ins ewige Leben
Dass ein Mensch nach dem Tode vollkommene Menschengestalt hat
Ein Mensch hat nach dem Tod alle Sinne, Gedächtnis, Denken und Neigung wie auf Erden und lässt nichts zurück als seinen irdischen Leib
Ein Mensch ist nach dem Tod so, wie sein Leben auf Erden war
Die Ziele seines Lebens verwandeln sich bei jedem nach dem Tode in Entsprechendes
Vom ersten Zustand des Menschen nach dem Tod
Vom zweiten Zustand des Menschen nach dem Tode
Vom dritten Zustand des Menschen nach dem Tod: der des Unterrichtens derer, die in den Himmel kommen
Keiner kommt durch unvermittelte Barmherzigkeit in den Himmel
Es ist nicht so schwer, wie man glaubt, ein Leben zu führen, das uns in den Himmel bringt
III. Über die Hölle
Der Herr regiert die Höllen
Gott wirft keinen in die Hölle, vielmehr der Geist sich selbst
Alle in den Höllen sind dort im Bösen und Falschen wegen ihrer Eigen- und Weltliebe
Höllenfeuer und Zähneknirschen
Tücke und verruchte Kunstgriffe der bösen Geister
Äußere Erscheinung, Lage und Vielzahl der Höllen
Vom Gleichgewicht zwischen Himmel und Hölle
Der Mensch ist frei durch das Gleichgewicht zwischen Himmel und Hölle
IV. Gesammeltes aus den »Himmlischen Geheimnissen«:
Über die Freiheit des Menschen, seine Beeinflussung und von »übermittelnden« Geistern
Vom Einfluss (auf den Menschen)
Von den Trägern, den »übermittelnden« Geistern
Nachwort
Literaturverzeichnis
Im ganzen 18. Jahrhundert ist wohl kein so seltsamer Fall eines ähnlich in sich gekehrte Geistes vorgekommen wie der des Emanuel Swedenborg. Dieser Gelehrte, der seinen Zeitgenossen als ein Visionär und Prophet erschien, der ein imaginäres Leben im hellsten Licht des Himmels führte, hatte zweifellos das realste Leben, das überhaupt ein Mensch seines Zeitalters führen konnte, und nunmehr, da all seine königlichen und fürstlichen Gönner, wie beispielsweise der Braunschweiger Herzog, längst vergessen sind, hat er sich in den Geistern von Tausenden von Menschen nicht nur im alten Europa, sondern auch in der Neuen Welt ausgebreitet. Wie oft bei großen Männern wirkte er wie die Zusammensetzung mehrerer Personen, deren Fähigkeiten und Leistungen sich bei ihm in der Chemie, Optik, Physiologie, Mathematik und Astronomie realisierten, aber noch mehr in der Philosophie, Theologie und Mystik ihren Niederschlag fanden. Schon in jungen Jahren schien er ein Gelehrter zu sein, und seine außergewöhnlichste Begabung zeigte er beispielsweise als Ingenieur bei der Belagerung der Festung Fredrikshall1 im Jahre 1718, als er zwei Galeeren, fünf große Schiffe und eine Schaluppe im Dienst seines Königs etwa vierzig englische Meilen weit über Land schaffte. Beim Reichstag Schwedens von 1751 stammten die brauchbarsten Gedanken aus seiner Feder; sein ungewöhnliches Wissen, seine praktischen Lösungen, dazu noch der Ruf des zweiten Gesichts und außerordentliche religiöse Kenntnisse und Gaben ließen Königinnen, Edelleute, Schiffsherren, Geistliche und alle möglichen Leute in den Hafenstädten, durch die er auf seinen vielen Reisen kam, zu ihm kommen.
Zu Neujahr 1688 in Stockholm geboren, wuchs Emanuel Swedenborg im Professorenhaushalt seines Vaters Jesper Swedberg am Großen Markt in Uppsala auf. Im selben Jahr hatte Newton seine Principia veröffentlicht und die Lehre von der allgemeinen Gravitation begründet. Swedenborgs Vater, selbstbewusst und vertraut mit dem damaligen Kirchenwissen wie kaum ein anderer, lenkte bis weit ins nächste Jahrhundert hinein das Schicksal des Sohnes. Welches die Eindrücke waren, die der junge Emanuel vom Vater als »Geisterseher« und Prophet erlangte, ist oft diskutiert worden. Jesper Swedbergs Kirchenfrömmigkeit und sein Hang zu Übernatürlichem muss man sehen, wenn man Swedenborgs Jugend verstehen will. Im Elternhaus herrschte eine Art Super-Naturalismus; Wunder, Wahrzeichen und Visionen waren Alltagskost für den Vater2. Sicherlich hinterließ die etwas überhitzte Elternhaus-Atmosphäre ihre Spuren bei Emanuel, der viel später, als sich ihm Himmel und Hölle geöffnet hatten, hervorhob, dass er schon als Kind ekstatische Zustände erlebt, eine Art innere Vergeistigung gefunden hatte. Wenig Genaues ist bekannt über Swedenborgs früheste Entwicklung, wenig auch über seine ersten Studien, als er mit elf Jahren 1699 zur Universität in Uppsala kam. Hier scheinen altrömische Autoren sein Interesse geweckt zu haben, besondes Ovid, denn er disputierte 1709 über eine Anzahl römischer Maximen.
Entscheidend für Swedenborgs weitere Entwicklung wurde sein Schwager Erik Berzelius, und er war wohl der Einzige, der ihm richtig nahe stand. Als der Vater als Bischof nach Skara gerufen wurde, wohnte Swedenborg bei dem so viel älteren Berzelius, und durch ihn angeleitet, widmete er sich nun den Naturwissenschaften. Zweifel und Halbheiten liebte er schon damals nicht, und so meinte er, dass die damals aufblühende naturwissenschaftliche Forschung sein eigentliches Arbeitsgebiet sei. Doch statt beim Schweden Polhem in Stiernsund zu arbeiten, zog er es vor, in England, in der Heimat Newtons, intensive mathematische Studien zu treiben. Fünf Jahre dauerte seine ausländische Reise, 1710–1715, deren Kosten natürlich die vermögenden Eltern aufbrachten. Die ersten drei Jahre davon verbrachte er in London, beschäftigt mit wissenschaftlichen Studien und Spekulationen. In Briefen an Berzelius berichtete er, wie sehr ihn Newton beeindruckt habe, wie er persönlich die Astronomen Halley und Flamsteed kennen lernte, bei Uhr- und Instrumentenmachern logierte, um deren Kunst kennen zu lernen. Besessen war der junge Swedenborg von Ehrgeiz; die Welt sollte erfahren, wozu er fähig sei. Über Holland zog Swedenborg nach Paris, wo er zwei algebraische Aufsätze vorlegte. Im Herbst 1714 in Rostock, überraschte er Berzelius brieflich mit einer Liste seiner Erfindungen, die er sich in einsamen Stunden ausgedacht hatte, darunter waren die Luftpumpe, eine Wasseruhr, ein musikalisches Universalinstrument, ein Unterseeboot und eine Flugmaschine (»Currus volucris«).
In den ersten Jahren nach seiner Rückkunft betätigte sich Swedenborg, unterstützt von Christopher Polhem, als Ingenieur. Man traf sich auf Stiernsund, und im Herbst 1716, nachdem Swedenborg den König Karl XII. in Lund getroffen hatte, wurde er zum Assessor im Bergkollegium ernannt und hatte die Aufgabe, Polhem zu unterstützen. Im selben Jahr (1716) gab er seinen Daedalus Hyperboreus heraus. Doch vor ihm standen nun meist ganz praktische Ziele. Die Salzgewinnung in Bohuslän, die Docks in Karlskrona und ein Kanalbau wurden jetzt seine Aufgaben. Im Gespräch war auch eine Professur für Mechanik in Uppsala, aber dann orientierte er sich auf Geheiß des Königs auf die Einrichtung eines Observatoriums in einem Schlossflügel und die Gründung einer staatsunterstützten Wissenschaftsakadmie. 1719 aber kam es zum Bruch mit Polhem, ausgelöst durch eine unglückliche Liebesaffäre Swedenborgs mit Polhems Tochter Emerentia. Im Unterschied zu Polhem präsentierte Swedenborg seine Druckschriften in Mathematik und Astronomie ohne viel Skrupel. So wimmelte denn auch sein erstes Lehrbuch zur Algebra (1718) von Rechen- und Druckfehlern.
Wenig Anklang bei Fachleuten fand auch sein »Versuch, die östliche und westliche Länge des Mondes zu finden« (1718, lateinisch 1721). Ebenfalls eigensinnig, aber mit größerem Erfolg verbunden, war sein Buch über die Planeten. Am besten gelangen dem jungen Swedenborg Studien über Geologie, und er griff hier auch ein damals oft diskutiertes Thema der »Wasserverminderung«, d.h. Ebbe und Flut, auf. Das hatte praktische Bedeutung für die damalige Flussschifffahrt in Schweden.
1721 fuhr Swedenborg nach Holland und Deutschland, wo er Gruben und Schmelzöfen besuchte; seine feldgeologischen Forschungen ließ er in Leipzig als Miscellanea observata circa res naturales (1722) erscheinen. Überhaupt, die meisten Werke erschienen nun im Ausland, denn der heimische Klerus sträubte sich bald gegen Swedenborgs Schriften, die nach der Meinung der Orthodoxie nicht zur Veröffentlichung in Schweden geeignet seien. So hat Swedenborg meist seine Werke auf eigene Kosten oder teils auf die des Braunschweiger Herzogs oder anderer Fürsten zu Dresden, Leipzig, London oder Amsterdam drucken lassen.
Am wenigsten bekannt ist das nun folgende Jahrzehnt in Swedenborgs Leben. 1734 erschien eine Art allumfassende Welterklärung in einem gewaltigen Folioband Principia rerum naturalium. Diese »Grundlagen der Naturlehre« gehörten als erster Band zu einer Buchreihe, den Opera philosophica et mineralia, 1739 in Dresden veröffentlicht, und diese »Philosophischen und mineralogischen Arbeiten« gelangten sehr bald auf den Index der verbotenen Bücher des Vatikans. Das Universum, erklärte Swedenborg in den Principia, sei nichts als eine Maschine »ipse mundus pure mechanicus est«. Man könne die Natur mit der geometrischen Methode restlos erklären, und dasselbe gelte auch für die menschliche Seele. Diese habe eine räumliche Ausdehnung und gehorche – wie alles – den Gesetzen der Mechanik. Genau wie die Materie in höherer Bedeutung habe die Seele ihr eigenes unzerstörbares Dasein; und beim Tod würden ihre Partikel von den Engeln eingesammelt. Tota in minimis existit natura (»Die Natur existiert im Kleinsten«), hatte schon Malpighi, den Doktrinen eines Hippokrates, Leukippos und Lucretius nacheifernd, geschrieben. Männer der Anatomie wie Swammerdam, Leeuwenhoek, Winslow, Heister und Boerhaven hatten dem Skalpell und dem Mikroskop wenig zu entdecken übrig gelassen. Und Linné stellte auf seinem Wissenschaftsfeld den hübschen Satz auf »Die Natur bleibt sich immer selbst gleich«, während Locke und Hugo Grotius auch moralische Schlussfolgerungen gezogen hatten.
Bei diesen rein auf die Naturwissenschaft orientierten Aussagen hätte auch Swedenborg bleiben können. Er hatte hiermit eine für seine Zeit bemerkenswerte mechanistische Welterklärung ausgearbeitet, wo die Grenzen zwischen Geist und Materie fließend geworden waren. Doch Swedenborg suchte eine ganz andere Lösung seines psychophysischen Problems. Mitte der dreißiger Jahre des 18. Jahrhunderts schien er sich von den mühevollen empirischen Forschungen loszusagen. Immer mehr gelangte er zu abenteuerlichen, von seiner klaren Vernunft geprägten Vorstellungen. Ausgehend vom Bibelwort schrieb er über das Paradies, grübelte nach über die Natur der Engel, untersuchte die Vorstellungen über Himmel und Hölle. In der Mitte dieses Jahrzehnts, gerade an der Schwelle des Aufklärungszeitalters in Europa, entwickelte sich für ihn die Frage der menschlichen Seele in ihrem Verhältnis zum Göttlichen zum Schwerpunkt seiner Interessen. Dann, in seinem vierundfünfzigsten Jahr stehend, ergriff ihn Ekstase bei der Aufgabe, die geistige Bedeutung der sinnlichen Welt zu erklären.
Hatte Swedenborg vordem Universum und Seele mit mechanistischen Termini zu erklären versucht, veränderte er nun seine Sichtweise gründlich, vergeistigte einfach alles, auch die Materie. Er näherte sich nun theosophischen Fragestellungen, doch es dauerte noch ein Jahrzehnt, bis sich ihm nach langem Grübeln und manchen Forschungen Himmel und Hölle öffneten, bis er Antwort fand auf alle seine Fragen.
In Europa zerfiel das scholastische Weltbild. Die Konturen neuer Gedankenmodelle für die Natur und für den Menschen als gesellschaftliches Wesen wurden gezogen. Voll Selbstvertrauen sahen auch schwedische Naturforscher, wie alles voranschritt, wie neue Entdeckungen fast täglich gemacht wurden. Vernunft und Erfahrung hießen ihre neuen Leitbilder. Alles das spielte sich in einem Milieu ab, in dem die mühsam erworbene kirchliche Einheit untergraben wurde. Man äußerte neuartige Gedanken in theologischen Fragen, und der Pietismus, der u.a. aus Deutschland nach Schweden gelangt war, verehrte ein neuartiges subjektives religiöses Fühlen, ganz im Gegensatz zur kirchlichen Orthodoxie in Skandinavien.
Offene Kritik an anerkannten Normen wurde geübt. Die Vernunft räumte auf mit traditionellen Wahnvorstellungen und mit dem Aberglauben – Gedanken, die seit Jahrhunderten die Menschheit am Denken in kühnen Dimensionen gehindert hatten. In England und im Frankreich Ludwigs XIV. blühte die vorsichtige cartesianische Bibelkritik, die nur ein Vorgeschmack war für die bald einsetzende voraussetzungslose Untersuchung der heiligen Texte, die u.a. von Spinoza betrieben wurde. Fontenelle und Pierre Bayle schrieben für die Salons unterhaltsame Bücher und griffen darin den Glauben an Prophetien und Mirakel aller Art an.
Die ausländischen Vorbilder inspirierten auch die Denker im karolinischen Schweden. Alter Teufelsglaube und abergläubische Vorstellungen von Geistern und Hexen wurden nun in einem neuen, aufklärerischen Licht gesehen, die immer noch vorkommenden Hexenprozesse wurden daheim eingedämmt.
Im Frühjahr 1736 reiste Swedenborg ins Ausland, um ungestört an seinem neuen Forschungsgebiet, der menschlichen Seele, arbeiten zu können. Soeben war der Vater, Jesper Svedberg, gestorben, und Swedenborg, wirtschaftlich unabhängig, begab sich nach Paris, wo er eine Zeit lang blieb, dann nach Italien und Holland. Er vertiefte sich in die neue moderne anatomische Literatur und studierte auch das mikroskopistische Weltbild Malpighis, Swammerdams und Leeuwenhoeks. Seinem großen Werk, zwei Bände erschienen 1740 und 1741, gab er den Titel Oeconomia regni animalis, und dieses Werk vom Aufbau des Seelenreichs war eine beschwerliche Lektüre, verwickelt und schon von theosophischen Fragestellungen durchsetzt. Dennoch findet man darin stets auch einen rationalistischen Denkansatz. So meint Swedenborg, im Prinzip könne es möglich sein, die Seele durch ein Mikroskop zu studieren, und er zeichnet sogar ein Bild der »Seelenmembrane«, durch deren Zuckungen sich die psychischen Impulse durch den Körper fortpflanzen. Bald drang er vor zu seiner bemerkenswerten Korrespondenzlehre, einem Eckpfeiler in Swedenborgs Vorstellungswelt. Wir finden sie auch in unserem vorliegenden Werk über Himmel und Hölle bis ins Detail ausgearbeitet.
Ende 1743, als Swedenborg, gedrängt durch seine Arbeiten an seinem großen Werk Regnum animale, in Holland lebte, begann die große religiöse Krise in seinem Leben. Träume, Visionen und Exstasen lösten einander ab. In seinem erst 1859 veröffentlichten Traumbuch schilderte er, was mit ihm geschah: Es zeugt von seinen Seelenkämpfen, dem Wunsch, sein altes Ich aufzugeben, von seinem wissenschaftlichen Ehrgeiz und seiner Passion für Frauen. Immer tiefer drang er ins Christentum ein, wollte ein neuer Mensch werden, und zu Ostern 1744, so berichtet er, sah er Christus in einer großen nächtlichen Vision. Doch erst ein Jahr später, 1745, als er in London weilte, hatte er die entscheidende Offenbarung: Gott der Herr habe ihn, so erklärte er, dazu ausersehen, den geistigen Gehalt der Schrift den Menschen auszulegen. In derselben Nacht, so erfahren wir, öffnete sich für ihn die Welt der Geister: Himmel und Hölle.
Swedenborg der Geisterseher, wie er nun genannt wurde, war gerade 57 Jahre alt geworden und lebte von nun an in einem seltsamen Reich, hingerissen oder gar verrückt, und viele haben gemeint, er sei nun doch wahnsinnig geworden. Von einem psychiatrischen Standpunkt aus hat es bislang zahlreiche sich stets widersprechende Diagnosen über seinen Geisteszustand gegeben, und auch die Parapsychologie hat sich seiner angenommen. Doch Swedenborgs Ideenwelt, mit der Genauigkeit eines Naturforschers beschrieben, mag die Einbildung eines kranken Gehirns sein oder nicht – es ist eine grandiose, verblüffende Weltsicht, die er nun vor uns entrollt. Ja, seine Arbeiten der späten Jahre, zu denen auch unser hier vorliegendes Werk zählt, sind keinesfalls Anhäufungen von chaotischen Visionen und Phantasien, sondern sie verfolgen stets eine klare, rationale Absicht, ordnen sich ein in ein großes System der eigenartigen Swedenborg’schen Lehre. Unvollendet erschien 1745 in London sein erstaunliches Werk De cultu et amore Dei, »Über den Umgang mit der Liebe zu Gott«, ein ebenfalls streckenweise pedantisch trockenes Werk, in dem himmlische Schutzengel beispielsweise Adam und Eva über die Natur der Seele und über ihr Verhältnis zu Gott unterrichten.
1747 reichte Swedenborg seinen Abschied vom Dienst im schwedischen Bergkollegium ein, lebte nunmehr lange Zeit in Amsterdam und London, wo er – unbemerkt von der Welt – in einem einfachen möblierten Zimmer hauste, täglich seine Texte schrieb und Korrektur las. Vielleicht aus Angst vor der schwedischen kirchlichen Orthodoxie, die seine Lehre nicht gutheißen konnte, hatte er sein Haus in der Hornsgasse zu Stockholm mit seinen zwei hübschen Lusthäusern unbewohnt gelassen, lebte stattdessen als Einsiedler und Hagestolz, und die Bibel war das einzige Buch in seinem Londoner Arbeitsraum. In Sapientia angelica de divino amore et de divina sapientia (»Engelsweisheit über die göttliche Liebe und die göttliche Weisheit«, 1763) hat Swedenborg, ebenso wie in Vera christiana religio (»Die wahre christliche Religion«, 1771), zuletzt schon über 80 Jahre alt, sein theologisches Lehrsystem zusammengefasst. Sein Diarium spirituale, worin er von 1747 an Tagebuch führte, erschien erst lange nach seinem Tod. Seine Geisteswelt, mit glasklarer Präzision beschrieben, handelt nicht von irgendeiner unfassbaren Vereinigung mit dem Göttlichen in der traditionellen Deutung der christlichen Mystik. Der Geisterseher Swedenborg weiß nichts von einer beseligenden Verzückung dem Göttlichen gegenüber. Kraft seiner Visionen ist er eher ein Entdeckungsreisender, ein rational denkender Theologe und Systembauer. Rationalist blieb er bei allen seinen erstaunlichen Darlegungen über den Himmel und die Hölle. Swedenborgs Himmel ist eher eine »merkantilistische Traumgesellschaft, in der die Engel in munterem Arbeitseifer zum Nutzen des Staates agieren«, schrieb der Historiker Sven Lindroth. Der Begriff Usus, nützliches Handeln, ist ein Schlüsselwort in allen Schriften Swedenborgs. Seine Höllenszenen verweisen deutlich darauf, wohin Egoismus im Persönlichen und Gesellschaftlichen führen kann. Im Frühjahr 1772 starb Swedenborg gleichsam als Emigrant in London, ängstlich besorgt, mit den herrschenden Instanzen in Schweden und Europa nicht in Konflikt zu kommen, wie ihm dies der Prozess in Stockholm unter Einflussnahme des Domkapitels, des Justizkanzlers und sogar Seiner Majestät nachdrücklich vor Augen geführt hatte. Nicht umsonst veröffentlichte er seine Werke im Ausland, in Holland, England und Deutschland, und auf Latein. Im Nachwort soll auf einige Aspekte seiner Aufsehen erregenden Arbeiten unter einem eher geistesgeschichtlichen und kulturhistorischen Gesichtspunkt eingegangen werden. Swedenborg ist ein Vertreter der großen rationalistischen Tradition des 17. und 18. Jahrhunderts, und seine Gesellschaftsmoral ist geprägt von der klaren Welt der Aufklärung seines Zeitalters.
Äußerst geeignet für den, der sich in Swedenborgs verblüffender Gedankenwelt zunächst zurechtfinden will, ist das vorliegende Werk De coelo et ejus mirabilibus et de inferno, ex auditis et visis, »Über den Himmel und seine Wunder und über die Hölle, aus Gehörtem und Gesehenem«, das 1758 in London erschien. Wir lesen dieses Werk hier in einer bearbeiteten Übersetzung von J.F.J. Tafel, einem seiner deutschen Anhänger. Ein Nachwort, ein Literaturverzeichnis und Anmerkungen sollen aus der Sicht eines skandinavistisch geprägten Verehrers des nordischen Kultur- und Geisteslebens diese Ausgabe vervollständigen.
Hans-Jürgen Hube
1. Vor den Festungsgräben von Fredrikshall an der norwegischen Grenze fand Schwedenkönig Karl XII., Swedenborgs Gönner, am 11. 12. 1718 einen mysteriösen Tod.
2. Über den Vater: Henry William Tottie, Jesper Svedbergs lif och verksamhet. Uppsala 1886.
1.Als der Herr von der Vollendung des Zeitlaufs, der die letzte Zeit der Kirche ist, vor den Jüngern sprach, erklärte er am Ende seiner Vorhersage über ihre aufeinander folgenden Weltzustände in Hinblick auf Liebe und Glauben das Folgende:
»Gleich nach der Trübsal jener Tage wird die Sonne sich verfinstern und der Mond wird seinen Schein nicht geben, und die Sterne werden vom Himmel fallen, und die Kräfte der Himmel werden erschüttert werden. Und dann wird erscheinen das Zeichen des Menschensohnes am Himmel, und alsdann werden wehklagen alle Stämme der Erde: und sie werden sehen den Menschensohn kommend in des Himmels Wolken mit vieler Macht und Herrlichkeit. Und er wird seine Engel aussenden mit Posaunen und großer Stimme, und sie werden seine Auserwählten versammeln von den vier Winden, vom einen Äußersten der Himmel bis zum anderen«: Matthäus 24/29-313.
Diejenigen, die diese Worte nach dem Buchstabensinn verstehen, glauben nicht anders, als dass in der letzten Zeit, welche ja auch das »Jüngste Gericht« heißt, alle diese Dinge, wie sie in jenem Sinn beschrieben sind, geschehen werden: dass also nicht nur Sonne und Mond sich verfinstern und die Sterne vom Himmel fallen werden, sondern auch das Zeichen des Herrn am Himmel erscheinen wird. Dass sie ihn nicht nur in den Wolken und zugleich Engel mit Posaunen sehen werden, sondern auch, dass die ganze sichtbare Welt – nach anderen Vorhersagen – vergehen und dann ein neuer Himmel sowie eine neue Erde entstehen werden.
In dieser Meinung sind heutzutage die meisten innerhalb der Kirche.4 Die aber das glauben, kennen nicht die Geheimnisse, die im einzelnen Wort verborgen liegen. In jedem einzelnen Wort befindet sich nämlich noch ein innerer Sinn, unter dem aber nicht natürliche und weltliche Dinge, wie die, die im »Buchstabensinn« gemeint sind, sondern geistige und himmlische Dinge verstanden werden.
Und zwar gilt dies nicht bloß vom Sinn mehrerer Wörter, sondern auch von jedem gesonderten Wort5; denn das biblische Wort ist in lauter Entsprechungen geschrieben worden, eben deshalb, damit sich im Detail noch ein innerer Sinn ergibt.
Wie dieser Sinn beschaffen ist, kann aus all dem deutlich werden, was über ihn in meinen »Himmlischen Geheimnissen«gesagt und gezeigt worden ist. Das man übrigens auch aus ihnen gesammelt finden kann in meiner Auslegung vom »Weißen Pferd«, von dem ja in der Offenbarung die Rede ist. Nach demselben übertragenen Sinngehalt wäre dann auch zu verstehen, was der Herr in der oben angeführten Stelle von seiner »Ankunft in den Wolken des Himmels« gemeint hat.
Durch die Sonne, die sich verfinstert, soll hier der Herr hinsichtlich der Liebe bezeichnet werden; der Mond aber bezieht sich auf den Herrn hinsichtlich des Glaubens; die Sterne symbolisieren die Erkenntnisse über Gutes und Wahres oder über Liebe und Glauben; das Zeichen des Menschensohnes am Himmel aber versinnbildlicht das Erscheinen des Göttlich-Wahren; die Stämme der Erde, die da alle »wehklagen« werden, beziehen sich auf alle Dinge des Wahren und Guten oder des Glaubens und der Liebe; die »Ankunft« des Herrn in den Wolken des Himmels aber bedeutet die Macht und die Herrlichkeit seiner Gegenwart im (Bibel-)Wort und auch die Offenbarung. Ja, die Wolken sind einesteils im buchstäblichen Sinn des Wortes gemeint, und andererseits drücken sie im inneren Sinn des Wortes gleichsam die Herrlichkeit Gottes aus; aber die Engel mit Posaunen und großer Stimme sollen in übertragener Bedeutung den Himmel bezeichnen, aus dem das Göttlich-Wahre uns zufließt.
Hieraus soll deutlich werden: dass unter jenen Worten des Herrn das zu verstehen ist: Am Ende der Kirche, wenn keine Liebe und darum auch kein Glaube mehr da sind, kann der Herr das biblische Wort nach dessen innerem Sinn aufschließen und die Geheimnisse des Himmels somit offenbaren.
Ja, diese Geheimnisse, die im Folgenden dargestellt werden sollen, betreffen Himmel und Hölle, aber sie eröffnen uns zugleich Erkenntnisse über das weitere Leben des Menschen nach seinem Tod!
Der Kirchenmensch weiß heutzutage kaum etwas Rechtes von Himmel und Hölle und von seinem Leben nach dem Tod, obwohl sich doch alles im (Bibel-)Wort genau beschrieben findet! Ja, viele, die innerhalb der Kirche geboren sind, leugnen Himmel und Hölle sogar, indem sie in ihrem Herzen sprechen:
»Wer ist von da zurückgekommen und hat davon erzählt?«
Damit nun solches Leugnen, das vorzüglich bei den Weltklugen herrscht, nicht auch die anstecken und verderben möge, die einfältigen Herzens und einfältigen Glaubens sind, ist mir aufgetragen worden, mit den Engeln zusammen zu sein, mit ihnen zu reden wie ein Mensch mit einem anderen und auch Dinge in Himmeln und desgleichen in Höllen zu beschauen, und zwar nun schon seit dreizehn Jahren! Und ich will nun diese Phänomene nach dem Gesehenen und dem Gehörten beschreiben, in der Hoffnung, dass so die große Unkenntnis aufgeklärt und der Unglaube zerstreut werden mögen. Eine solche unmittelbare Offenbarung ist heutzutage wirklich zeitgemäß, weil sie ja auch erklärt, was eigentlich unter der Ankunft des Herrn zu verstehen ist!
2.Zuerst sollte man wissen, wer denn der Gott des Himmels ist, weil all das Übrige davon abhängt. Im ganzen Himmel wird kein anderer als »Gott des Himmels« anerkannt als der Herr allein. Die dort Befindlichen sagen – wie er’s selber einst gelehrt hat –, dass er eins mit dem Vater und dass der Vater in ihm sei. Ja, er sei eigentlich im Vater, und wer ihn sehe, erblicke den Vater, und alles Heilige gehe aus ihm hervor.
Vgl. Johannes 10/30,38; 14/10,11; 16/13-15.
Ich sprach hierüber des Öfteren mit den Engeln, und sie sagten beharrlich, sie könnten im Himmel das Göttliche nicht in dreierlei (Personen) trennen, weil sie wüssten und wahrnähmen, dass das Göttliche eins ist und dass es eins ist im Herrn. Sie erzählten auch, dass die, die von der Kirche aus der Erdenwelt hergekommen seien und bei denen die Vorstellung von »drei göttlichen Wesen« herrsche, gar nicht in den Himmel aufgenommen werden können, weil nämlich deren Denken immerzu von einem zum anderen hin und her irre und weil es dort (auf Erden) nicht erlaubt sei, drei zu denken und eins zu nennen.6 Im Himmel rede jeder genau, was er denke, denn dort finde stets das »denkende Reden« oder das »redende Denken« statt. Deshalb könnten also solche, die auf der Erde das Göttliche in drei Personen unterschieden und sich von jeder eine gesonderte Vorstellung gebildet und diese nicht im Herrn zu einer verdichtet hätten, einfach nicht aufgenommen werden!
Denn im Himmel finde eine Art Gemeinschaftlich-Machen aller Gedanken statt. Würde daher einer dorthin kommen, der an drei (Wesen) denkt, aber eines nur ausspricht, so würde man ihn sogleich erkennen und ausstoßen!
Nun, es ist jedoch gut zu wissen, dass alle, die nicht Wahres vom Guten oder Glauben von Liebe getrennt hatten, im »anderen Leben«, wenn sie belehrt worden sind, die himmlische Idee des Herrn annehmen, dass »er der Gott des Alls« ist. Anders aber treiben’s die, die den Glauben vom Leben getrennt haben, soll heißen, die nicht nach den Vorschriften des »wahren Glaubens« lebten.
3.Die innerhalb der Kirche den Herrn geleugnet und bloß den Vater anerkannt und in solchem Glauben sich stark gemacht hatten, sind gänzlich außerhalb des Himmels. Und weil bei ihnen keinerlei Einfließen aus dem Himmel stattfindet, wo der Herr allein angebetet wird, so werden sie stufenweise ihrer Kraft beraubt, über irgendetwas noch etwas Wahres zu denken. Und sie werden endlich stumm oder reden Törichtes. Und schwanken beim Gehen, und ihre Arme hängen herab und wackeln hin und her, als hätten sie keine Kraft mehr in den Gelenken. Die aber das Göttliche des Herrn negiert und bloß sein Menschsein anerkannt hatten, wie die Socinianer7, sind gleichfalls außerhalb des Himmels und werden nach vorn etwas rechts davon hingebracht und in die (Höllen?-)Tiefe hinabgelassen und so gänzlich von den Übrigen aus der Christenheit abgesondert.
Die aber, die sagten, sie glaubten bloß an etwas Unsichtbar-Göttliches, das sie das Seiende des Alls nannten, aus dem alles entstanden sei, und den Glauben an den Herrn verwarfen, wurden als solche Leute befunden, die eigentlich an gar keinen Gott glaubten, weil das Unsichtbar-Göttliche ihnen wie die Natur in ihren ersten Tagen erscheint, als es keinen Glauben und keine Liebe geben konnte, weil es davon kein Denkbild gibt. Diese Leute werden meist denen zugerechnet, die man Naturalisten8 genannt hat.
Anders steht es mit denen, die bloß außerhalb der Kirche geboren wurden und somit als Heiden anzusprechen sind. Und von ihnen soll im Folgenden die Rede sein!
4.Alle Kinder, aus denen der dritte Teil des Himmels besteht, werden zur Überzeugung und zum Glauben geführt, dass der Herr ihrVater ist, und später, dass er der Herr aller, somit der Gott des Himmels und der Erde ist. Dass in den Himmeln die Kinder heranwachsen und durch Erkenntnisse bis zur engelsgleichen Einsicht und Weisheit vervollkommnet werden, wird man im Folgenden übrigens noch sehen können!
5.Der Herr ist derGott des Himmels, und das können die Angehörigen der Kirche nicht bezweifeln, denn er selbst lehrte ja, dass alles, was der Vater hat,sein ist: Matthäus 11/27; Johannes 16/15; 17/2. Und dass er alle Gewalt im Himmel und auf Erden hat: Matthäus 28/18. Im »Himmel so auch auf Erden« heißt es, denn derjenige, der den Himmel regiert, beherrscht auch die Erde – das eine hängt vom anderen ab.
Himmel und Erde regieren – das heißt, sie empfangen von ihm alles Gute, also die Sache der Liebe, und alles Wahre, also die Sache des Glaubens! Mithin erhalten sie alle Einsichten und alle Weisheiten und so alle Seligkeit, mit einem Wort, das ewige Leben.9 Dies lehrte auch der Herr, indem er sagte:
»Wer an den Sohn glaubt, hat das ewige Leben; wer aber dem Sohn nicht glaubt, wird das Leben nicht sehen«: Johannes 3/36. Und an anderer Stelle: »Ich bin die Auferstehung und das Leben; wer an mich glaubt, wird leben, wenn er auch stirbt; jeder, der lebt und an mich glaubt, wird in Ewigkeit nicht sterben«: Johannes 11/24,25. Und an einer weiteren Stelle: »Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben«: Johannes 14/6.
6.Es waren da einigeGeister, die – solange sie auf der Welt lebten –, den Vater zwar anerkannt, vom Herrn aber keine andere Vorstellung als die von einemMenschen gehabt hatten. Sie hatten daher gar nicht geglaubt, dass er derGott des Himmels ist.
Diesen Geistern wurde deshalb erlaubt, herumzuwandern und dort, wo sie es wollten, zu untersuchen, ob es noch einenanderen Himmel gebe als den des Herrn. Sie suchten auch wirklich einige Tage hindurch und fanden nirgends einen weiteren. Sie gehörten zu denen, die die Seligkeit des Himmels mit ihrerHerrlichkeit und ihremHerrschertrieb gleichsetzten. Und weil sie ihren Wunsch nicht erlangen konnten und weil ihnen gesagt wurde, der Himmel bestehe nicht aus dergleichen, da wurden sie unwirsch und wollten einen solchen Himmel haben, in dem sie über andere herrschen konnten. Und sie verlangten eine solche Herrlichkeit, durch die sie – wie auf Erden – über andere herausragen würden.
7.Die Engel heißen – zusammen genommen – »der Himmel«, weil sie ihn nämlich bilden; dennoch ist es das aus dem Herrn hervorgehende Göttliche, das bei den Engeln einfließt und von ihnen aufgenommen wird, das den Himmel im Allgemeinen und im Besonderen ausmacht. Das vom Herrn ausgehende Göttliche ist das »Gute der Liebe« und das »Wahre des Glaubens«; in dem Maße also, wie sie Gutes und Wahres vom Herrn aufnehmen, sind sieEngel und insoweit sind sie quasi »der Himmel«.
8.Ein jeder in den Himmeln weiß und glaubt, ja fühlt [percipit], dass er nichts Gutes aus sichselbst will und tut und nichts Wahres aus sich selbst denkt und glaubt, sondern aus dem Göttlichen, somit aus dem Herrn, und dass das Gute und das Wahre aus ihm selbst nichts Gutes und Wahres ist, weil ein Leben aus dem Göttlichen nicht darin ist. Die Engel des innersten Himmels nehmen den Einfluss auch deutlich wahr und empfinden ihn, und in dem Maße, wie sie ihn aufnehmen, ist ihnen auch bewusst, im Himmel zu sein [videntur sibi in caelo esse]. Denn in dieser Hinsicht sind sie in Liebe und Glauben und ebenso im Licht der Einsicht und Weisheit und der daraus entspringendenhimmlischen Freude.
Und weil dieses alles aus dem Göttlichen des Herrn hervorgeht und darin für die Engel derHimmel liegt, so ist offensichtlich, dass das Göttliche des Herrn den Himmel ausmacht und es nicht die Engel mit irgendetwas von ihrem Eigenen sind.10 Daher kommt es, dass im(Bibel-)Wort der Himmel »Wohnung des Herrn« oder »sein Thron« heißt und dass von denen, die darin sind, gesagt wird, sie seien »im Herrn«. Wie aber das Göttliche aus dem Herrn hervorgeht und den Himmel erfüllt, wird im Folgenden gesagt.
9.Die Engel gehen kraft ihrer Weisheit noch weiter; sie sagen nicht nur, dass alles Gute und Wahre vom Herrn stamme, sondern auch alles, was zum Leben gehöre; sie begründen dies damit, dass nichts aus sich selbst entstehen kann, sondern aus einem ihm Vorausgehenden, und dass somit alles aus einem Ersten entsteht, das sie das eigentliche Sein allen Lebens nennen, und dass in gleicher Weise alles bestehe, weil das Bestehen ein beständiges Entstehen ist. Und was nicht fortwährend durch Mittelglieder im Zusammenhang mit dem ersten gehalten wird, das fällt bald zusammen und wird gänzlich zerstreut. Sie sagen überdies, dass es nur einen einzigenQuell des Lebens gebe und das Leben des Menschen bloß ein Bächlein aus ihm sei, das, sofern es nicht von seinem Quell her fortwährend gespeist wird, bald versiegen müsse.
Ferner sagen sie, dass aus jenem einzigen Quell des Lebens, welcher der Herr ist, nichts als Göttlich-Gutes und Göttlich-Wahres hervorgehe und dass diese jeden – je nach Aufnahmefähigkeit – anregen. In denen indessen, welche diese im Glauben und im Lebenswandel aufnehmen, sei derHimmel. Diejenigen dagegen, die dies zurückstoßen oder ersticken, verkehren es in eine Hölle, denn sie verwandeln Gutes in Böses und Wahres in Falsches, somit das Leben in den Tod. Dass alles zum Leben Gehörende vom Herrn stammt, begründen sie auch damit, dass alles im Weltall sich aufs Gute und Wahre beziehe, auf das Leben des Menschen, das zugleich einLeben seiner Liebe ist. Da nun alles Gute und Wahre von oben kommt, folgt hieraus, dass auch alles dem Leben Zugehörende von daher kommt.
Da die Engel dies glauben, lehnen sie auch jeglichenDank ab für das Gute, das sie tun, ja sie werden unwillig und treten zurück, wenn jemand ihnen Gutes zuschreibt. Sie wundern sich, dass jemand glauben könne, er sei weiseaus sich und tue Gutes aus sich selbst, denn: Gutes tun um seiner selbst willen nennen sie nicht etwas Gutes, weil man es aus sich selbst heraus tut. Aber Gutes tun um des Guten willen, das nennen sie Gutes aus dem Göttlichen, und dieses Gute allein mache den Himmel aus, weil dieses Gute der Herr sei.
10.Die Geister, die – als sie noch auf der Welt lebten – sich in dem Glauben bestärkt sahen, das Gute, das sie tun, und das Wahre, das sie glauben, komme aus ihnen selbst oder sei ihnen als das Ihrige zugeeignet worden – und in diesem Glauben wiegen sich all die, die sich ein Verdienst auf gute Taten und Gerechtigkeit zuschreiben – diese werden nicht in den Himmel aufgenommen. Ja, die Engel fliehen sogar vor ihnen, betrachten sie als stumpfsinnige Wesen und Diebe; als stumpfsinnige, weil sie in einem fort bloß auf sich und nicht aufs Göttliche sehen, als Diebe, weil sie dem Herrn entziehen, was ihm gehört. Diese sind gegen den himmlischen Glauben, dass das Göttliche des Herrn bei den Engeln den Himmel ausmacht.
11.Dass die, die im Himmel und in der Kirche sind, im Herrn sind und der Herr in ihnen, lehrt auch der Herr, wenn er sagt:
»Bleibet in mir und ich in euch; wie eine Rebe nicht Frucht bringen kann aus sich selbst, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht in mir bleibet. Ich bin der Weinstock, ihr die Reben; wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viele Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun«: Johannes 15/4-7.
12.Hieraus kann man nun erkennen, dass der Herr bei den Engeln des Himmels in den Seinigen wohnt und dass er dasEin und Alles des Himmels ist.
13.Das vom Herrn ausgehende Göttliche wird im Himmel dasGöttlich-Wahre genannt, und zwar aus einem im folgenden anzuführenden Grund: Es fließt nämlich vom Herrn aus seiner göttlichen Liebe in den Himmel ein. Göttliche Liebe und das daraus entspringende GöttlichWahre verhalten sich vergleichsweise wie Feuer und Sonnenlicht auf der Welt: die Liebe ist wie das Feuer der Sonne und das Wahre daraus wie das Licht aus der Sonne. Aufgrund dieserEntsprechung bezeichnet auch das Feuer die Liebe und das Licht das aus ihr hervorgehende Wahre.11 Hieraus kann deutlich werden, welches das aus der göttlichen Liebe des Herrn hervorgehende Göttlich-Wahre eigentlich ist: dass es sich nämlich in seiner Wesenheit um das Göttlich-Gute handelt, verbunden mit dem GöttlichWahren. Und weil es so verbunden ist, belebt es alles zum Himmel Gehörende, gerade so, wie die mit dem Licht verbundene Sonnenwärme auf der Welt alle Teile des Erdkörpers befruchtet, wie dies etwa zur Zeit des Frühlings und des Sommers geschieht. Oder anders: Wenn die Wärme nicht mit dem Licht verbunden und das Licht kalt ist, dann erstarrt alles und liegt wiegestorben darnieder. Jenes Göttlich-Gute, das mit der Wärme verglichen wurde, ist also das Gute der Liebe bei den Engeln. Und das Göttlich-Wahre, das mit dem Licht verglichen wurde, ist dasjenige, wodurch und woraus das Gute der Liebe sich bildet.
14.Also, das Göttliche, das den Himmel bildet, ist demnach die Liebe, weil sie einegeistige Verbindung darstellt: sie verknüpft die Engel mit dem Herrn und verbindet sie zugleich auch untereinander, ja sie verbindet sie so, dass sie vor dem Auge des Herrnalle wie eins sind. Überdies ist die Liebe daseigentliche Sein des Lebens bei jedem, weshalb aus ihr Engel und Mensch ihr Leben beziehen. Dass aus der Liebe die innerste Lebenskraft [vitale] des Menschen stammt, kann ein jeder wissen, der nachdenkt. Denn in ihrer Gegenwart erwärmt er sich, infolge ihrer Abwesenheit aber erkaltet er, und ist sie ihm gänzlich entzogen, so stirbt er. Man muss jedoch zudem noch wissen, dass bei jedem Wesen sein Leben genau so beschaffen ist wie seine Liebe.
15.Nun gibt es ja im Himmel zwei unterschiedliche Arten von Liebe: eine Liebe zum Herrn und eine Liebe gegenüber den Nächsten. Iminnersten oder dritten Himmel herrscht die Liebe zum Herrn, und im zweiten oder mittleren Himmel aber die Liebe gegenüber den Nächsten. Beide gehen vom Herrn aus, und beide bilden also den Himmel. Wie beide Arten von Liebe sich unterscheiden und wie sie sich verbinden, stellt sich im Himmel in hellem Licht dar, erscheint indessen auf Erden ziemlich dunkel.
Im Himmel wird unter »den Herrn lieben« nicht verstanden, ihn seiner Person nach zu lieben, vielmehr das Gute zu lieben, das aus ihm stammt. Und das »Gute lieben« heißt: das Gute aus Liebe zu wollen und zu tun! Und unter »den Nächsten lieben« wird nicht verstanden, den Mitmenschen seinerPerson nach zu lieben, sondern das Wahre zu lieben, das aus dem(Bibel-)Wort kommt. Jedenfalls: das Wahre zu lieben heißt, das Wahre zu wollen und zu tun. Hieraus wird klar, dass jene beiden Arten von Liebe sich unterscheiden wie das Gute und das Wahre, dass sie sich aber verbinden wie das Gute mit dem Wahren. Allein, dies geht schwer in den Kopf eines Menschen hinein, der gar nicht weiß, was Liebe heißt, was das Gute und was der Nächste überhaupt ist.12
16.Ich sprach hierüber einige Male mit Engeln, die sagten mir, sie wunderten sich, dass die Kirchenmenschen gar nicht wüssten, dass den Herrn zu lieben und den Nächsten zu lieben doch heiße, das Gute und Wahre zu lieben und es auch tun zu wollen, während sie doch wissen könnten, dass ein jeder seine spezielle Liebe durch sein Wollen und sein Tun bezeugt, dass er weiß, was der andere will, und so wiedergeliebt und mit ihm verbunden wird, und nicht etwa dadurch, dass er ihn bloß liebt und dennoch seinen Willen nicht einsetzt, was an sich eine Art desNichtliebens ist!
Und auch dies – sagen die Engel – könnten sie wissen, dass das vom Herrn ausgehende Gute seinEbenbild sei, weil er darin ist, und dass die Ebenbilder auch mit ihm verbunden würden, die das Gute und Wahre zur Sache ihres Lebens machten, und zwar durch ihren Willen und ihre Tat. Denn das Wollen sei ja gleichbedeutend mit Lieben!
Dass dem so ist, lehrt auch der Herr im biblischenWort, indem er sagt:
»Wer meine Gebote hat und sie tut, der ist es, der mich liebt, und ich werde ihn lieben und Wohnung bei ihm nehmen«: Johannes 14/21,23; und an anderer Stelle heißt es: »Wenn ihr meine Gebote haltet, so werdet ihr in meiner Liebe bleiben«: Johannes 15/10,12.
17.Das vom Herrn ausgehende Göttliche, das die Engel anregt und den Himmel ausmacht, ist Liebe … und das bezeugt ja auch jegliche Erfahrung im Himmel! Denn alle dort sind letztlich Ausgestaltungen der Liebe und der Nächstenliebe. Sie erscheinen in unaussprechlicher Schönheit, und ihre Liebe leuchtet aus ihrem Antlitz, aus ihrer Rede und aus den einzelnen Äußerungen ihres Lebens hervor. Überdies gibt es auch geistige Strömungen [sphaerae] des Lebens, die aus jedem Engel und jedem Geist hervorquellen und sie gleichsam umwallen, mittels derer sie zuweilen in großer Entfernung erkannt werden, wie sie nämlich beschaffen sind hinsichtlich der Neigungen, die zu ihrer Liebe gehören.
Denn dieseSphären strömen quasi aus Leben, Neigung und Denken – oder aus der Liebe und dem aus dieser hervorgehenden Glauben bei einem jeden! Die aus den Engeln hervorgehendenSphären sind so voller Liebe, dass sie das innerste Leben derer, bei denen sie sind, ergreifen. Sie wurden mehrmals von mir empfunden und regten mich sehr an.
Ja, dass es die Liebe ist, aus der die Engel ihr Leben beziehen, wird auch aus dem Umstand klar, dass sich gleichsam jeder im »anderen Leben« seiner Herzensneigung zukehrt. Die in Liebe zum Herrn und in Nächstenliebe sind, wenden sich nämlich ständig dem Herrn zu. Die aber in Liebezu sich selbst leben, wenden sich ständig vom Herrn ab: Dies geschieht bei jeder Wendung ihres Leibes.
Denn im »anderen Leben« verhalten sich die Räume gemäß den Zuständen ihres Inneren, ebenso die Himmelsgegenden, die hier nicht hinsichtlich ihrer Lage festgelegt sind wie auf Erden, sondern entsprechend der Richtung ihres Gesichts bestimmt werden. Jedoch sind es nicht etwa die Engel, die sich dem Herrn zuwenden, vielmehr ist es der Herr, der sich denen zuwendet, die all das tätig lieben, was aus ihm stammt. Doch hierüber mehr im Folgenden, wo von den Himmelsgegenden im »anderen Leben« die Rede sein wird.
18.Das Göttliche des Herrn im Himmel ist die Liebe, weil sie das Aufnahmegefäß aller Güter des Himmels ist, die da sind: Friede, Einsicht, Weisheit und Seligkeit, denn die Liebe nimmt alles und jedes in sich auf, was mit ihr übereinstimmt, sie sehnt sich danach, sucht es auf und zieht eswie von selbst in sich hinein. Stets will sie dadurch bereichert und vervollkommnet werden, was dem Menschen auch gut bekannt ist, denn die Liebe bei ihm sucht und nimmt sich aus den Feldern seines Gedächtnisses all das heraus, was mit ihr übereinstimmt, und sammelt es, stellt es als Richtschnur auf, damit es ihr Eigenes sei, und unterwirft es sich, damit es ihr diene. Das Übrige aber, das eben nicht mit ihr übereinstimmt, verwirft sie und entfernt es.
Dass der Liebe die Fähigkeit innewohnt, die mit ihr übereinstimmenden Wahrheiten in sich aufzunehmen, sowie das Verlangen, sie mit sich zu vereinen, war auch deutlich an solchen Geistern zu ersehen, die in den Himmelerhoben wurden. Obwohl sie auf Erden einfältig waren, überkam sie doch Engelweisheit und sie spürten die Wonnen des Himmels, sobald sie unter die Engel gelangt waren. Und dies geschah, weil sie das Gute und das Wahre um des Guten und Wahren willen geliebt und in ihr Leben eingepflanzt hatten, weil sie hierdurch fähig geworden waren, den Himmel mit all seiner Unaussprechlichkeit in sich aufzunehmen.
Diejenigen Leute hingegen, die in der Liebezu sich und zurWelt leben, haben nicht die Fähigkeit, sie aufzunehmen. Sie haben eine Abneigung dagegen, stoßen sie von sich und entfliehen ihr bei erster Berührung und Einflussnahme. Und sie gesellen sich zu solchen in der Hölle, die mit ihnen in einer gleichen Art von Liebe verquickt sind.
Nun, es fanden sich Geister, die zweifelten, ob dergleichen wirklich der himmlischen Liebe innewohne, und die wissen wollten, ob dem wirklich so sei. Und sie wurden unter einstweiliger Entfernung aller Hindernisse wirklich in den Zustand derhimmlischen Liebe versetzt und nach vorn hin in eine solche Ferne gebracht, wo der Engelhimmel sich befindet. Und von dort aus sprachen sie mit mir und sagten, sie fühlten eine Seligkeit, die inniger sei, als sie sie mit Worten ausdrücken könnten, ja, sie bedauerten sehr, dass sie in ihren vorigen Zustand zurückkehren müssten.
Auch andere wurden in den Himmel erhoben, und je mehr sie es innerlich fühlten oder höher gehoben wurden, desto mehr traten sie in eine neue Einsicht und Weisheit ein, so dass sie Dinge erfassen konnten, die ihnen früher unbegreiflich gewesen waren.
Hieraus ersieht man, dass die vom Herrn ausgehende Liebe gleichsam dasAufnahmegefäß des Himmels und aller Dinge in ihm ist.
19.Dass die Liebe zum Herrn und die Liebe gegenüber den Nächsten alle göttlichen Wahrheiten in sich einschließt, kann aus dem klar werden, was der Herr selbst von diesen beiden Arten der Liebe gesagt hat, indem er sprach:
»Du sollst deinen Gott lieben von ganzem Herzen und von deiner ganzen Seele! Dies ist das erste und größte Gebot; das zweite, das diesem gleichgesetzt ist, lautet: du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst! An diesen zwei Geboten hängen das Gesetz und die Propheten!«: Matthäus 22/37-40.
Demnach: das Gesetz und die Propheten sind das ganze biblische Wort, somit alles Göttlich-Wahre.
20.Weil im Himmel unendliche Mannigfaltigkeiten sind und nicht eine Gesellschaft der anderen, ja nicht einmal ein Engel dem anderen ganz ähnlich ist, so wird der Himmel im Allgemeinen, im Besonderen und auch im Einzelnen genau unterschieden. Im Allgemeinen besteht er aus zwei Reichen. Im Besonderen weist er drei Himmel auf, und im Einzelnen unzählige Gesellschaften: von jedem wird in dem nun Folgenden die Rede sein.Reiche heißen sie deswegen, weil ja der Himmel dasReich Gottes genannt wird.
21.Es gibt Engel, die das vom Herrn ausgehende Göttliche mehr innerlich und solche, die es weniger innerlich aufnehmen. Die es mehr innerlich auffassen, heißen himmlische Engel, die es aber weniger innerlich wahrnehmen, heißen geistige Engel. Daher wird der Himmel unterteilt in zwei Reiche, von denen eines dashimmlische Reich, das andere dasgeistige Reich genannt wird.
22.Die Engel, die das himmlische Reich ausmachen, werden – weil sie das Göttliche des Herrn mehr innerlich aufnehmen – innigere und auch höhere Engel genannt; und infolgedessen werden auch die Himmel, die aus ihnen bestehen, innigere und höhere genannt. Sie heißen höhere und niedrigere, weil ja das Innerliche und das Äußerliche so bezeichnet wird.
23.Diejenige Liebe, in der die leben, die sich im himmlischen Reich befinden, nennt man »die himmlische Liebe«; und die Liebe, in der die sind, die sich im geistigen Reich befinden, wird »die geistige Liebe« genannt; die himmlische Liebe ist die Liebe zum Herrn, und die geistige Liebe ist die tätige Liebe (Liebtätigkeit) gegenüber dem Nächsten. Und weil alles Gute gleichsam Sacheeiner Liebe ist, weil das, was jemand liebt, ihm gut erscheint, darum heißt auch das Gute des einen Reichs das »himmlische Gute« und das des anderen das »geistige Gute«.
Hieraus ergibt sich auch, worin sich beide Reiche unterscheiden: nämlich genauso wie das Gute der Liebe zum Herrn wie das Gute der tätigen Liebe gegenüber dem Nächsten; und weil jenes Gute mehr »innerliches Gute« ist und jene Liebe mehr »innigere Liebe« ist, darum sind also die himmlischen Engel weitaus »innigere« Engel und heißen die »höheren«13.
24.Das himmlische Reich wird auch das priesterliche Reich des Herrn genannt undim (Bibel-)Wort »seine Wohnung«, und das geistige Reich heißt »sein königliches Reich« und imWort »sein Thron«; nach seinem Himmlisch-Göttlichen wurde auch der Herr in der Welt Jesus und nach dem Geistig-Göttlichen Christus genannt.
25.Die Engel im himmlischen Reich des Herrn übertreffen weit an Weisheit und Herrlichkeit die Engel, die sich im geistigen Reich befinden, und dies darum, weil sie das Göttliche des Herrn inniger aufnehmen; denn sie sind stärker in der Liebe zu ihm und daher ihm näher und enger mit ihm verbunden. Diese Engel sind so beschaffen, weil sie die göttlichen Wahrheitensogleich im Leben aufgenommen haben und weiter aufnehmen und nicht – wie die geistigen – nach vorangegangenen Gedächtnisübungen und Grübeleien. Deshalb sind diese ihren Herzen fest eingeschrieben und fühlen sich als solche, und sie schauen gleichsam in sich hinein, und nie stellen sie darüber Berechnungen an [ratiocinantur], ob etwas so sei oder nicht so sei. Sie sind solche, die bei Jeremia so beschrieben worden sind:
»Ich werde mein Gesetz in ihren Geist geben, und in ihr Herz es schreiben: nicht mehr wird jemand seinen Freund, noch jemand seinen Bruder lehren, sprechend: Erkennet den Jehova; sie werden mich erkennen vom Kleinsten derselben bis zum Größten derselben«: Jeremia 31/33,34. Und bei Jesaja heißen sie »von Jehova Belehrte«: Jesaja 54/13. Dass die von Jehova Belehrten die vom Herrn Belehrten sind, lehrt der Herr selbst bei Johannes 6/45,46.
26.Es wurde hier schon gesagt, sie hätten Weisheit und Herrlichkeit vor den Übrigen, weil sie die göttlichen Wahrheitensogleich im Leben aufnehmen; sobald sie nämlich solches hören, wollen sie solche auch und handeln danach, ohne es im Gedächtnis festzulegen, um dann nachzugrübeln, ob es denn so sei.
Die so geartet sind, wissen sogleich durch den Einfluss des Herrn, ob das Wahre, das sie hören, wirklichwahr ist, denn der Herr fließt unmittelbar in das Wollen des Menschen und mittelbar durch das Wollen in sein Denken ein. Oder – was dasselbe ist –: der Herr fließt unmittelbar ins Gute und mittelbar durch das Gute ins Wahre ein. Denn Gutes nennt man doch dasjenige, was Sache desWillens und aus diesem heraus derTat ist!
Wahres hingegen nennt man, was Sache des Gedächtnisses und aus diesem heraus des Denkens ist. Aber es wird alles Wahre inGutes verwandelt und der Liebe eingepflanzt, sobald es in den Willen eingeht; solange aber das Wahre bloß im Gedächtnis und aus diesem im Denken ist, ist es nicht das Gute, und es lebt auch nicht, noch wird es dem Menschen zugeeignet, weil der Mensch eben ein Mensch kraft seines Willens und Verstands ist: aus diesem ersten schöpft er und nicht kraft des vom Willen getrennten Verstands!
27.Weil nun ein solcher Unterschied besteht zwischen den Engeln des himmlischen Reiches und den Engeln des geistigen Reiches, so sind sie auch nicht beisammen, noch haben sie Umgang miteinander: es findet bloß eine Gemeinschaft statt durch die zwischen ihnen stehenden Engelgesellschaften, die auch die geistig-himmlischen Gemeinschaften [coelestes spirituales] heißen; durch diese fließt das himmlische Reich in das geistige ein; daher kommt es, dass der Himmel, obgleich er in zwei Reiche aufgeteilt ist, dennoch als ein einziger wahrgenommen wird. Der Herr sorgt auch stets für solche vermittelnde Engel, durch die eine Gemeinschaft und eine Verbindung also stattfindet.
28.Weil im Folgenden von den Engeln des einen und des anderen Reiches noch umfänglich erzählt wird, sollen die Einzelheiten hier übergangen werden!
29.Ja, es gibt drei Himmel, und diese sind untereinander völlig verschieden. Der innerste oder dritte, der mittlere oder zweite, und der unterste oder erste; sie folgen aufeinander und bestehen untereinander etwa so wie das Oberste des Menschen, das das Haupt heißt, sein Mittleres, das der Leib ist, und das Unterste, das die Füße sind; oder etwa so, wie der oberste Teil eines Hauses, sein mittlerer Abschnitt und sein unterster Bau, in solcher Ordnung ist auch das Göttliche angeordnet, das vom Herrn ausgeht und herabsteigt; daher ist infolge einer solchen Ordnungsnotwendigkeit der Himmel in drei Teile gegliedert.
30.Das Innere [interiora] des Menschen, also das seines Gemütes [mentis] und Charakters [animi], befindet sich in einer ähnlichen Ordnung: er hat ein Innerstes, ein Mittleres und ein Letztes [ultimum]; denn in den Menschen sind – als er geschaffen wurde – alle Stufen der göttlichen Ordnung angelegt worden, so dass er zum göttlichen System im Bild [in forma] und zu einem Himmel in kleinster Gestalt [effigie] wurde. Darum auch steht der Mensch in Gemeinschaft mit den Himmeln nach seinem ; und er kommt auch nach seinem Tod unter die Engel: Entweder unter die Engel des innersten Himmels oder des mittleren oder des letzten Himmels, je nachdem, wie er das Göttlich-Gute und Göttlich-Wahre vom Herrn aufnimmt, solange er auf Erden lebt.
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