Hohlbein Classics - Damonas schwarze Schwester - Wolfgang Hohlbein - E-Book

Hohlbein Classics - Damonas schwarze Schwester E-Book

Wolfgang Hohlbein

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Beschreibung

Jetzt zum ersten Mal als E-Book verfügbar: Die Reihe "Hohlbein Classics" versammelt die frühen Werke von Wolfgang Hohlbein, die seinerzeit im Romanheft erschienen sind.


Die Story: Damona King schob sich durch das Tor und betrat den freien Platz. Angestrengt hielt sie Ausschau nach ihrem Freund und Partner Mike Hunter. Er war nirgendwo zu sehen. Dafür fraß sich ihr Blick an einer unheimlichen Erscheinung fest. Damona hatte diese Frau schon mal gesehen, ja, sie glaubte sogar, sie genau zu kennen - mindestens ebensogut wie sich selbst. Es war - Damona King! Ihr Ebenbild. Das einzige, was die echte Damona von der falschen unterschied waren ihre magischen Kräfte. Während Damona I eine Weiße Hexe war, konnte diese unheimliche Doppelgängerin nur von der Hölle geschickt worden sein. Damona II war das Schwarze Ich der Konzernchefin!


"Damonas schwarze Schwester" erschien erstmals am 07.09.1981 unter dem Pseudonym Henry Wolf in der Reihe "Damona King".


Der Autor: Wolfgang Hohlbein ist der erfolgreichste deutschsprachige Fantasy-Autor mit einer Gesamtauflage von über 40 Millionen Büchern weltweit.

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Inhalt

CoverHohlbein ClassicsÜber diese FolgeÜber den AutorTitelImpressumDamonas schwarze SchwesterVorschau

Hohlbein Classics

Jetzt zum ersten Mal als E-Book verfügbar: Die Reihe »Hohlbein Classics« versammelt die frühen Werke von Wolfgang Hohlbein, die seinerzeit im Romanheft erschienen sind.

Über diese Folge

Damonas schwarze Schwester

Ein Damona King Roman

Damona King schob sich durch das Tor und betrat den freien Platz. Angestrengt hielt sie Ausschau nach ihrem Freund und Partner Mike Hunter. Er war nirgendwo zu sehen. Dafür fraß sich ihr Blick an einer unheimlichen Erscheinung fest. Damona hatte diese Frau schon mal gesehen, ja, sie glaubte sogar, sie genau zu kennen – mindestens ebensogut wie sich selbst. Es war – Damona King! Ihr Ebenbild. Das einzige, was die echte Damona von der falschen unterschied waren ihre magischen Kräfte. Während Damona I eine Weiße Hexe war, konnte diese unheimliche Doppelgängerin nur von der Hölle geschickt worden sein. Damona II war das Schwarze Ich der Konzernchefin!

»Damonas schwarze Schwester« erschien erstmals am 07.09.1981 unter dem Pseudonym Henry Wolf in der Reihe »Damona King«.

Über den Autor

Wolfgang Hohlbein ist der erfolgreichste deutschsprachige Fantasy-Autor mit einer Gesamtauflage von über 40 Millionen Büchern weltweit.

WOLFGANG

HOHLBEIN

Damonas schwarze Schwester

Ein Damona King Roman

BASTEI ENTERTAINMENT

Aktualisierte Neuausgabe der im Bastei Lübbe Verlag erschienenen Romanhefte aus der Reihe Damona King

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Lektorat/Projektmanagement: Esther Madaler

Covergestaltung: Christin Wilhelm, www.grafic4u.de unter Verwendung von © shutterstock/Natykach Nataliia; shutterstock/Dmitry Natashin

E-Book-Erstellung: Dörlemann Satz, Lemförde

ISBN 978-3-7325-1436-6

Damonas schwarze Schwester

Gespensterkrimi von Henry Wolf

Im unsicheren Licht der Dämmerung wirkten die Mauern von King’s Castle finster und drohend. Das Schloss erhob sich wie ein buckeliges Ungeheuer auf dem Hügel; ein schwarzer, düsterer Koloss, der das umliegende Land allein durch seine Anwesenheit beherrschte und dem man selbst jetzt noch etwas von der Wehrhaftigkeit anmerkte, die seinen Bewohnern über Jahrhunderte hinweg Schutz vor Feinden und Unwettern geboten hatte.

Die Frau stand hinter den Zinnen des Turmes; wenig mehr als ein schwarzer Schatten gegen die niedrig hängenden Wolken. Wind spielte mit ihrem schulterlangen, schwarzen Haar, zupfte an ihrer Kleidung und bauschte den karmesinroten Umhang, der ihre Schultern wie ein Paar übergroßer, gefalteter Fledermausschwingen umgab. Obwohl die Sonne schon vor einer halben Stunde aufgegangen war, schien es nicht richtig hell zu werden. Irgendetwas Dunkles, Bedrohliches und Kaltes hüllte das Schloss ein, lastete wie unsichtbarer Nebel über Innenhöfen und Wehrgängen und erfüllte die Hallen und Gänge mit wispernden Schatten. Die freundliche, gelöste Atmosphäre war verflogen und hatte einem schleichenden Gefühl der Bedrohung Platz gemacht. King’s Castle schien sich über Nacht verändert zu haben.

Die Frau bewegte sich unruhig. Ihr Umhang raschelte leise, und das Geräusch ihrer Schritte erinnerte an das behutsame Heranpirschen einer Raubkatze. Ihr Blick glitt über die sanft abfallenden Wiesen, tastete sich über den Waldrand und verlor sich schließlich irgendwo in der Ferne. Ein kleines, böses Lächeln glomm in ihren Augen auf.

Dann, von einer Sekunde auf die andere, verschwand sie. Der Turm war leer, als hätte es die schlanke, düstere Gestalt nie gegeben.

Aber irgendetwas schien mit dem Schloss geschehen zu sein. Vielleicht waren die Schatten ein wenig härter und drohender geworden, vielleicht hatte sich der Gesamteindruck ein wenig mehr in Richtung jener unsichtbaren Grenze verschoben, die im Empfinden der Menschen den Unterschied zwischen Gut und Böse ausmacht.

Die schmalen Fenster wirkten plötzlich wie dunkle, augenlose Höhlen, die drohend über das Land starrten, und der gemauerte Torbogen erinnerte mit einem Mal an das gierig aufgerissene Maul eines bizarren Ungeheuers, das auf seine ahnungslosen Opfer lauert ...

***

Der LTU-Tristar kam mit einem sanften, kaum merklichen Wippen zum Stehen. Das helle Singen der Triebwerke, das während der letzten viereinhalb Stunden ein monotones Hintergrundgeräusch zu den Gesprächen der Passagiere geliefert hatte, verstummte abrupt. Über den Köpfen der Reisenden erloschen die Leuchtanzeigen, die die Passagiere aufgefordert hatten, sich anzuschnallen und das Rauchen einzustellen.

»Zu Hause«, sagte Mike Hunter. Seiner Stimme war die Erleichterung anzuhören, die er mit diesem Wort verband. Er löste den Verschluss seines Sicherheitsgurtes, beugte sich im Sitz vor und sah einen Moment lang durch das Fenster auf das regenfeuchte Flugfeld des Londoner Flughafens hinaus.

»Noch nicht ganz«, sagte Damona King leise. »Du wirst dich noch eine Weile gedulden müssen, ehe wir in King’s Castle sind.«

»Jedenfalls freue ich mich darauf, wieder englischen Boden unter den Füßen zu haben«, gab Mike zurück. Er seufzte demonstrativ, stand auf und klaubte die beiden Koffer mit ihrem Handgepäck aus dem Netz. Damona erhob sich ebenfalls, griff nach ihrer Reisetasche und trat auf den schmalen Mittelgang hinaus. Die Stewardessen hatten bereits beiderseits des Ausstiegs Aufstellung genommen und ein berufsmäßiges Lächeln aufgesetzt, während ihre männlichen Kollegen durch die Maschine gingen und sich davon überzeugten, dass keiner der Reisenden etwas in der Maschine vergaß.

»Tut es dir leid, dass wir gleich nach Hause geflogen sind?« fragte Mike.

Damona schüttelte den Kopf. Ursprünglich hatten sie vorgehabt, nach dem geschäftlichen Teil ihres Amerika-Aufenthaltes noch ein oder zwei Wochen irgendwo in der nordamerikanischen Wildnis unterzutauchen und einen improvisierten Abenteuer-Urlaub zu machen. Aber diesen Plan hatten sie gefasst, bevor einer von ihnen den Namen Ulthar gehört hatte.

Der Spiegelmeister war ein für alle Mal besiegt, aber sowohl Mike als auch Damona war die Lust auf weitere Abenteuer gründlich vergangen.

»Nicht im Geringsten«, sagte sie nach einer Weile. »Verkriechen wir uns ein paar Tage auf King’s Castle und machen es uns gemütlich.«

Mike zog eine Grimasse. »Verkriechen ist gut«, sagte er. »Wenn du wüsstest, wie viel Arbeit in meinem Schreibtisch auf mich wartet ...«

»Ich weiß es zwar nicht, aber ich verspreche dir, dass ich ihn höchstpersönlich zunagele, wenn du ihn auch nur anrührst«, sagte Damona ernst. »Für die nächsten acht Tage ist alles, was auch nur nach Arbeit aussieht, tabu.«

»Sei nicht albern«, widersprach Mike. »Du weißt, dass der Konzern ...«

»Der Konzern wird nicht gleich zusammenbrechen«, unterbrach ihn Damona energisch. »Außerdem kommt Romano am Montag zurück. Er wird sich schon um alles kümmern.«

»Meinst du nicht, dass er sich auch ein paar Tage Ruhe verdient hat?«

Damona lächelte. Romano in Urlaub zu schicken, käme einer tödlichen Beleidigung gleich. Romano Tozzi gehörte zu den Menschen, die in ihrem Beruf vollkommen aufgingen und nur dann wirklich glücklich waren, wenn sie bis über beide Ohren in Arbeit steckten.

Aber Mike verstand natürlich, dass Damona eine Erholungspause brauchte. Nach allem, was auf Coney Island und der Spiegelwelt passiert war, musste sie mit ihren Kräften am Ende sein. Auch eine Hexe brauchte von Zeit zu Zeit Ruhe.

Mike wusste von Damonas Erlebnissen im Land hinter den Spiegeln eigentlich nur das, was sie ihm selbst erzählt hatte, und das war wenig genug. Damona schien nicht gerne über ihre Erlebnisse in der schwarzen Kristallfestung zu reden, und Mike respektierte dieses Verhalten.

Dabei war er eigentlich selbst dabei gewesen. Er – oder besser gesagt sein Spiegelbild; ein dunkler, absolut negativer Doppelgänger, der nach einem Blick in Ulthars magischen Spiegel entstanden war. Mike selbst war während dieser Zeit – genau wie Romano Tozzi und Hunderte anderer unschuldiger Opfer – in Ulthars magischem Labyrinth gefangen gewesen.

Die Erinnerung an diese Zeit ließ ihn frösteln.

»Ihre Karte bitte.«

Die Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Mike sah verwirrt auf, blinzelte und sah in das geduldige Lächeln einer Stewardess.

»Ihre Bordkarte, Sir.«

»Oh ja, sicher ...« Mike griff hastig in die Jackentasche, suchte eine Zeit lang darin herum und förderte schließlich einen zerknitterten Zettel zu Tage.

England begrüßte sie mit regenfeuchter Luft und klammer, herbstlicher Kälte, als sie die Maschine verließen. Mike blieb am Fuß der Gangway stehen, reckte sich und atmete demonstrativ ein, als wäre die nach Kerosin und Großstadt riechende Luft das Köstlichste, das er je geschmeckt hatte.

Zwei große, signalrot gespritzte Busse kamen über das Flugfeld auf die Maschine zugekrochen. Mike und Damona warteten, bis der erste Ansturm auf die Sitzplätze vorüber war, ehe sie selbst die Busse bestiegen. Nach dem fast fünfstündigen Flug war Damona beinahe froh, einen Augenblick lang auf den Beinen stehen zu können. Vor allen Dingen, als sie daran dachte, dass ihnen noch einmal anderthalb Stunden Flugzeit bevorstanden, ehe sie endgültig zu Hause waren.

Sie stellte ihre Reisetasche ab, lehnte sich gegen die Rückseite eines der hohen, lederbezogenen Sitze und schloss für einen Moment die Augen. Eigentlich sollte sie froh sein, heil aus dem haarsträubenden Abenteuer herausgekommen zu sein. Aber die erwartete Hochstimmung – oder wenigstens Erleichterung – stellte sich nicht ein. Im Gegenteil – sie fühlte sich niedergeschlagen, deprimiert und erschöpft. Aber es war keine rein körperliche Erschöpfung, sondern etwas, das sehr viel tiefer ging und seine Ursachen irgendwo in ihrer Seele hatte.

Mike berührte sie sanft an der Schulter. »Fühlst du dich nicht wohl?«

Damona versuchte zu lächeln, aber der Reaktion auf Mikes Gesicht nach zu schließen misslang das Vorhaben kläglich. »Ich bin müde, das ist alles.«

Mike nickte verständnisvoll. »Wenn du willst, bleiben wir die Nacht in London und reisen erst morgen weiter«, sagte er. »Vielleicht suchen wir uns irgendein gemütliches kleines Hotel in der Stadt.« Damona überlegte einen Moment. Der Vorschlag hörte sich verlockend an. Aber dann schüttelte sie doch den Kopf. Vielleicht würden ihre Depressionen von selbst verschwinden, wenn sie in die gewohnte Umgebung von King’s Castle zurückkehrten.

Mike zuckte die Achseln. »Wie du willst. Es war nur gut gemeint.«

Der Bus hielt, und Mike und Damona schlenderten eingekeilt in eine lärmende, ungeduldige Menschenmenge auf das Abfertigungsgebäude zu.

Die Zollformalitäten nahmen nur wenige Minuten in Anspruch. Damona und Mike reisten prinzipiell nur mit einem Minimum an Gepäck – die beiden Handkoffer und die Reisetasche waren alles. Nachdem ihre Pässe kontrolliert worden waren, durchquerten sie mit schnellen Schritten die riesige Halle und verließen das Gebäude durch einen Nebenausgang.

»Ich hoffe, die Maschine ist startklar«, murmelte Mike, während sie quer über den Rasen auf eine Ansammlung niedriger, dunkel gestrichener Gebäude zugingen. »Ich habe keine Lust, jetzt noch einmal stundenlang zu warten.«

»Du hast doch das Telegramm geschickt?«

Mike nickte grimmig. »Sicher. Aber es wäre nicht das erste Mal, dass irgendein Trottel seinen wohlverdienten Büroschlaf schläft und dann ganz überrascht ist, wenn ich vor der Tür stehe.« Er zog den Kopf zwischen die Schultern, als ein eisiger Windstoß über das Rollfeld fuhr. Es begann zu regnen, und das ferne Grollen eines heraufziehenden Gewitters mischte sich unter die Geräusche des Flughafens.

Sie begannen zu laufen und erreichten den Hangar im gleichen Augenblick, in dem das Unwetter mit ganzer Macht losbrach. Als Mike die Tür hinter sich zuschob, schienen die Flughafengebäude hinter einem grauen, treibenden Schleier zu verschwimmen. Die Temperaturen fielen innerhalb weniger Augenblicke um mehrere Grade.

»Willkommen in der Heimat«, sagte Mike sarkastisch. »England empfängt uns mit seiner besten Seite.« Er stellte die beiden Koffer ab, schlug seinen Jackenkragen herunter und sah sich aufmerksam in der Halle um.

Die zweimotorige Cessna des King-Konzerns war bereits vor das Tor gerollt worden. Techniker in orangegelben Monturen bemühten sich um die Maschine. Aus dem Hintergrund der weitläufigen Halle war das dumpfe Dröhnen eines Probe laufenden Motors zu hören.

»Dein Telegramm scheint angekommen zu sein«, sagte Damona spöttisch.

Mike nickte wortlos und winkte einem der Techniker. Der Mann legte seinen Schraubenschlüssel aus der Hand, wischte sich die Hände an der Hose ab und setzte ein ölverschmiertes Grinsen auf. »Miss King! Mister Hunter! Schön, dass Sie wieder im Lande sind. Ihre Maschine ist fertig.«

»Schon durchgecheckt?«

»Selbstverständlich. Vollgetankt und startbereit. Sie können in fünf Minuten aufsteigen – wenn das Wetter mitspielt.«

Mike reichte dem Mann einen der beiden Koffer und trug den anderen und Damonas Tasche zur Cessna hinüber. Der Regen wurde mit jedem Augenblick stärker. Die Tropfen hämmerten in unablässigem Stakkato auf das Wellblechdach des Hangars, und der Donner wurde lauter und drohender.

»Ich glaube, ich besorge mir noch schnell den neuesten Wetterbericht«, sagte Mike besorgt. »Ich habe keine Lust, in ein Unwetter hineinzufliegen.«

»Das hier ist nur ein Ausläufer«, sagte der Techniker. »Es kriselt schon den ganzen Tag, aber das Schlimmste spielt sich weiter südlich ab. Über dem Kanal muss es heiß hergehen.«

»Trotzdem.« Mike sprang leichtfüßig auf die Tragfläche hinauf, klappte das Kanzeldach hoch und reichte Damona die Hand, um ihr beim Einsteigen behilflich zu sein. »Ich springe noch einmal rasch ins Büro und hole mir den letzten Wetterbericht.«

Damona kletterte ins Cockpit der Cessna und begann routinemäßig, die Instrumente zu überprüfen.

»Das ist alles schon klar«, grinste der Monteur. »Sie müssen nur noch die Starterlaubnis vom Tower einholen.«

»Erledigen Sie das, während ich mich um das Wetter kümmere.« Mike drehte sich herum, sprang auf den Hallenboden zurück und verschwand mit schnellen Schritten zwischen den dicht beieinander abgestellten Flugzeugen.

***

Die Glaskugel war so groß wie eine Kinderfaust. Weißliche Nebelschwaden schienen dicht unter ihrer Oberfläche dahinzutreiben, und dort, wo die untere Wölbung der Kugel die Tischplatte berührte, hatte sich eine dünne Raureifschicht gebildet.

Das Gesicht der Frau schien zu einer unbeweglichen Maske erstarrt zu sein. Zwischen ihren Brauen stand eine strenge Falte und die Augen blickten mit einer Mischung aus Konzentration und kaum unterdrückter Ungeduld auf die Glaskugel. Eine knisternde, unsichtbare Aura der Macht schien die reglose Gestalt zu umgeben, eine Macht, die selbst Wärme und Licht aus dem Raum zu verbannen schien und das Zimmer zu einer finsteren, feuchtkalten Höhle werden ließ.

Der Nebel ballte sich im Inneren der Kugel zusammen, formte rasch vergängliche Umrisse und Figuren und trieb wieder auseinander. Allmählich veränderte sich die Farbe des Glases. Es wurde milchig, dann schwarz und schließlich blau, dann grün. Winzige Gestalten erschienen auf der gewölbten Oberfläche und verschwanden wieder, wurden von neuen Bildern abgelöst, Bilder, die Menschen und Landschaften zeigten und sich in immer rascherer Folge abwechselten.

Schließlich stabilisierte sich das Bild. Die Kugel zeigte jetzt eine hohe, halb runde Halle, in der ameisengroße Menschen zwischen bunten Spielzeugflugzeugen umherhasteten.

Die Frau lächelte. Ihre Finger bewegten sich sacht, fuhren in kreisenden Bewegungen über das kühle Glas der Kugel. Das Bild wuchs, als drehe ein unsichtbarer Kameramann am Zoom-Objektiv seiner Kamera. Die Wände der Halle glitten rechts und links aus dem Ausschnitt, während im Zentrum ein flaches, zweimotoriges Sportflugzeug heranwuchs. Es war eine Cessna – ein schnittiges, in den schwarz-goldenen Farben des King-Konzerns gestrichenes Sportflugzeug, unter dessen aufgeklappter Kanzel eine dunkelhaarige Gestalt zu erkennen war.

Damona King.

***

»Alles in Ordnung«, sagte Mike, als er aus dem Büro des Flugleiters zurückkam. »Es ist wirklich nur ein kleiner Ausläufer. In zehn Minuten fliegen wir durch strahlenden Sonnenschein.« Er nickte aufmunternd nach oben, überzeugte sich davon, dass das Gepäck sicher und ordentlich verstaut war und drückte den beiden Technikern jeweils eine Fünf-Pfund-Note in die Hand. Die Männer bedankten sich und eilten nach vorne, um die Hangartore zu öffnen.

Mike kletterte ächzend auf den Pilotensitz und griff nach oben, um die Plexiglaskanzel herunterzulassen. »Startfreigabe haben wir auch schon«, sagte er aufgeräumt. »Caveman hat alles erledigt.«

»Du solltest dich bei ihm entschuldigen«, sagte Damona.

Mike ließ die Kanzel einrasten, kämpfte fünf Sekunden lang fluchend mit seinem Sicherheitsgurt und schaltete die Zündung ein. Auf dem Armaturenbrett leuchtete ein halbes Dutzend verschiedenfarbiger Lämpchen auf.

»Wofür entschuldigen?« fragte er, ohne Damona anzusehen.

»Für die Bemerkung, die du vorhin über gewisse Leute und ihren Büroschlaf gemacht hast.«

Mike grinste. »Ich wusste nicht, dass Caveman Dienst hat. Bei dem klappt alles. Ein tüchtiger Mann. Wir sollten ihn engagieren.«

»Wozu?«

Mike zückte mit den Achseln, sah flüchtig auf die verwirrende Anzahl von Instrumenten vor sich und drückte den Anlasserknopf. Die sechshundert PS der Cessna erwachten zu grollendem Leben.

»Warum auch nicht. Tüchtige Männer kann man immer gebrauchen«, schrie Mike über den Lärm der Motoren hinweg. »Außerdem glaube ich nicht, dass Caveman hier sehr glücklich ist. Er wirkt ziemlich verbissen. Wahrscheinlich kann er sich nicht damit abfinden, dass seine Karriere hier zu Ende sein soll. Er war einmal ein tüchtiger Ingenieur.«

»Was heißt war?«

Die Hangartore rollten quietschend nach oben. Die Techniker traten beiseite, und Mike schob den Gashebel um wenige Zentimeter nach vorne. Das Flugzeug setzte sich rüttelnd in Bewegung.

»Er ist es immer noch, soweit ich das beurteilen kann. Aber da war einmal eine dumme Sache, vor ein paar Jahren. Keine Ahnung, was. Ich glaube, er ist mit seinem Vorgesetzten aneinandergeraten und hat ihm eine runtergehauen. Irgendetwas in dieser Art. Jedenfalls war seine Karriere in diesem Moment zu Ende.«

»Hört sich an, als wäre er selbst schuld an seinem Schicksal«, sagte Damona.

Mike blinzelte verwirrt. Die Worte passten eigentlich nicht zu Damona. Nicht zu der Damona, die er kannte.

Ein helles Piepsen aus dem Funkempfänger unterbrach seinen Gedankengang. Er ließ den Steuerknüppel los, griff nach dem Mikro und drückte die Sprechtaste. »KK-zero-one an Tower. Kommen.«

Die Stimme des Flugdienstleiters war kaum zu verstehen. Statisches Knistern und kratzende Störgeräusche überlagerten die Verbindung, und Mike hatte Mühe, die Worte aus dem Lärm herauszuhören.

»Hier Tower. KK-zero-one, Sie haben Startfreigabe. Nehmen Sie Startbahn siebzehn.«

»Verstanden, Tower. KK-zero-one Ende und aus.« Mike hängte das Mikrofon zurück, griff mit der Linken nach dem Steuerknüppel und gab gleichzeitig Gas.

»Ich sage doch, dass auf Caveman Verlass ist«, sagte er triumphierend.

Damona gab ein ärgerliches Geräusch von sich. »Das Funkgerät hat jedenfalls besser funktioniert, bevor er die Maschine durchgecheckt hat«, sagte sie gereizt.

Mike sah sie konsterniert an. »Ist dir eine Laus über die Leber gelaufen?« fragte er. Die Worte taten ihm fast sofort wieder leid, aber Damona schien an seinem rüden Ton keinen Anstoß zu nehmen.

»Entschuldige«, sagte er sanft.

»Flieg lieber los. Ich habe keine Lust, auf diesem verdammten Flugplatz Wurzeln zu schlagen.«