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Jetzt zum ersten Mal als E-Book verfügbar: Die Reihe "Hohlbein Classics" versammelt die frühen Werke von Wolfgang Hohlbein, die seinerzeit im Romanheft erschienen sind.
Damona King riß das Steuer des Wagens herum, trat hart auf die Bremse und stellte das Fahrzeug quer. Fünf Meter schwarz lackiertes Blech blockierte den Weg der Erscheinung. Der Mann, der auf die Straße trat, schien den Dodge gar nicht wahrzunehmen. Seine Bewegungen waren eckig und erfolgten wie in Trance. Er schaute nach rechts und links, machte dann einen Schritt auf die Fahrbahn und ging mit weit ausgreifenden Schritten los. Er nähert sich dem schwarzen Auto ... Schritt für Schritt ... und ging hindurch! Solche und ähnliche Dinge gehören in der Welt, in die es Damona King verschlagen hat, zum Selbstverständlichen. Wo diese Welt liegt? Im Nirgendwo.
"Die Spiegelwelt" erschien erstmals am 24.08.1981 unter dem Pseudonym Henry Wolf in der Reihe "Damona King".
Der Autor: Wolfgang Hohlbein ist der erfolgreichste deutschsprachige Fantasy-Autor mit einer Gesamtauflage von über 40 Millionen Büchern weltweit.
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Seitenzahl: 143
Jetzt zum ersten Mal als E-Book verfügbar: Die Reihe »Hohlbein Classics« versammelt die frühen Werke von Wolfgang Hohlbein, die seinerzeit im Romanheft erschienen sind.
Die Spiegelwelt
Ein Damona King Roman
Damona King riß das Steuer des Wagens herum, trat hart auf die Bremse und stellte das Fahrzeug quer. Fünf Meter schwarz lackiertes Blech blockierte den Weg der Erscheinung. Der Mann, der auf die Straße trat, schien den Dodge gar nicht wahrzunehmen. Seine Bewegungen waren eckig und erfolgten wie in Trance. Er schaute nach rechts und links, machte dann einen Schritt auf die Fahrbahn und ging mit weit ausgreifenden Schritten los. Er nähert sich dem schwarzen Auto ... Schritt für Schritt ... und ging hindurch! Solche und ähnliche Dinge gehören in der Welt, in die es Damona King verschlagen hat, zum Selbstverständlichen. Wo diese Welt liegt? Im Nirgendwo.
»Die Spiegelwelt« erschien erstmals am 24.08.1981 unter dem Pseudonym Henry Wolf in der Reihe »Damona King«.
Wolfgang Hohlbein ist der erfolgreichste deutschsprachige Fantasy-Autor mit einer Gesamtauflage von über 40 Millionen Büchern weltweit.
WOLFGANG
HOHLBEIN
Die Spiegelwelt
Ein Damona King Roman
BASTEI ENTERTAINMENT
Aktualisierte Neuausgabe der im Bastei Lübbe Verlag erschienenen Romanhefte aus der Reihe Damona King
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln
Lektorat/Projektmanagement: Esther Madaler
Covergestaltung: Christin Wilhelm, www.grafic4u.de unter Verwendung von © shutterstock/Natykach Nataliia; shutterstock/Dmitry Natashin
E-Book-Erstellung: Dörlemann Satz, Lemförde
ISBN 978-3-7325-1437-3
Gespensterkrimi von Henry Wolf
Die Stimme vibrierte durch das Nichts zwischen den Dimensionen. »Es ist geschehen!«
Vielleicht dauerte die Botschaft eine Stunde, vielleicht nur wenige Augenblicke; vielleicht eine Million Jahre oder eine Zeitspanne, die zu kurz war, als dass ein menschlicher Geist sie überhaupt erfassen konnte. Vergangenheit, Zukunft, Gegenwart – selbst das Verstreichen der Zeit an sich waren hier Illusion. Es gab nur das Jetzt, ein Jetzt das zeitlos und endlos zugleich war.
»Es ist geschehen!« sagte die Stimme noch einmal.
»Nichts wird wieder so sein, wie es war.«
Obgleich lautlos, war die Stimme mächtig. So mächtig, dass die gesamte Schöpfung im Klang der Worte zu erbeben schien.
ER spürte, dass die Worte ihm galten. ER musste antworten.
»Moron?«
Zustimmung. Wortlos, lautlos aber unwiderruflich.
»Das Tor wurde geöffnet. Keine Macht des Universums vermag es wieder zu schließen. Was geschehen muss, geschieht.«
Er zögerte. Und er spürte, wie ein neues, bohrendes Gefühl in ihm emporkroch. Angst?
Angst.
»Ihr kennt eure Aufgabe.« Die Worte kamen sanft, mit der Geduld eines Intellekts, der in unendlichen Zeitspannen zu rechnen gewohnt war.
»Erfüllt sie.«
Wieder vergingen Stunden/Jahre/Minuten/Jahrmillionen/Augenblicke, ehe die Stimme fortfuhr:
»Ihr könnt ihr nicht helfen. Niemand kann das. Selbst eurer Macht sind Grenzen gesetzt. «
Er begriff.
Trauer und Mitleid wehten aus dem Nichts zu ihm hinüber, ein Gefühl, das weit über menschliches Mitleid hinausging und mit dem unerschütterlichen Wissen gepaart war, hilflos zu sein ...
Nikolaos Triadi öffnete widerstrebend die Augen. Durch die schmalen, schießschartenähnlichen Fenster über ihm fiel heller, goldgetönter Sonnenschein in die Kammer. Die Luft war stickig und warm, und die dünne Leinendecke schien wie eine Zentnerlast auf ihm zu liegen. Trotzdem fror er.
Aber es war eine Kälte, deren Wurzeln tief in seinem Inneren lagen. Langsam, so, als koste ihn jede Bewegung unendliche Mühe, schlug er die Decke beiseite und stand auf. Der Steinboden war kalt und feucht, trotz der stickigen Wärme, die durch die Mauern hereinkroch. Er ging zu der einfachen, hölzernen Waschschüssel in der Ecke, spritzte sich eine Handvoll Wasser ins Gesicht und verließ die Kammer.
Eine seltsame, unnatürlich anmutende Stille hatte sich in den Gängen des Felsenklosters eingenistet. Selbst das Geräusch seiner nackten Fußsohlen auf dem Boden schien gedämpft. Es war, als klinge der Traum noch in ihm nach, als hätte diese fremde, unfassliche Welt des Schweigens und der Dunkelheit ihren Schatten bereits über Yor-Marathaar ausgebreitet. Aber Triadi wusste nur zu gut, dass das, was er erlebt hatte, kein Traum gewesen war.
Sie hatten auf dieses Zeichen gewartet, er und seine Brüder. Und vor ihnen hatten andere darauf gewartet, Generation um Generation. Sie hatten es gleichermaßen herbeigesehnt, wie sie sich davor gefürchtet hatten.
Triadi ging die steile, in den gewachsenen Fels gehauene Treppe hinunter, zögerte und wandte sich schließlich nach rechts, anstatt in die Richtung zu gehen, wo seine Brüder auf ihn warteten.
Warmer Wind wehte vom Tal herauf, als er ins Freie trat und sich über die Brüstung lehnte. Irgendwo zwitscherte ein Vogel, und das goldene Licht der gerade aufgegangenen Sonne schien die Welt in einen sanften, weichen Schimmer zu tauchen.
»Nichts wird wieder so sein, wie es war«, flüsterte Triadi die Worte, die die Stimme ihm im Traum zugeflüstert hatte. Der Wind trug sie mit sich, riss sie hinauf über die Wolken, hoch empor über eine Welt, die immer noch unbekümmert vor sich hindämmerte und keine Ahnung von dem Unheil hatte, das sich da irgendwo zusammenbraute.
Triadi blinzelte, lehnte sich weiter über die Brüstung und starrte an den Flanken des Felsenklosters hinunter. Die Spalten und Felsformationen, die jäh aufklaffenden Schlünde, die Kamine und Steilwände schienen ihm schroffer und härter als zuvor. Feindlicher. Fast, als spüre die Natur bereits das Nahen des Bösen.
Triadi lächelte. Nicht die Natur hatte sich verändert. Sondern er. Er war es, der die Dinge plötzlich anders sah.
»Nichts wird wieder so sein, wie es war ...«
Er drehte sich um, schlurfte mit hängenden Schultern ins Innere des Felsenklosters zurück und ging zu seinen Brüdern. Aber seine Gedanken waren woanders.
Er dachte an Damona King, und zum ersten Mal, seit die sehenden Wächter die weiße Hexe in ihrem Kampf gegen das Böse unterstützten, erfüllte ihn dieser Gedanke nicht mit väterlicher Liebe und Stolz, sondern mit Trauer.
Er wusste, dass die junge Frau den schwersten Kampf ihres Lebens zu bestehen hatte. Einen Kampf, der so aussichtslos war, dass selbst Triadi und seine Brüder davor zurückgeschreckt wären.
Und er wusste auch, dass es nichts, absolut nichts gab, das er für sie tun konnte ...
***
So ähnlich, dachte Damona, musste sich ein Mensch fühlen, der eines Tages nach Hause kommt und feststellt, dass er zu einem Fremden in seinem eigenen Heim geworden ist.
Der schmale Holzsteg schien sich wie eine Brücke in eine fremde und bizarre Welt über die Sandbank zu erstrecken. Aber sie zögerte noch, ihn zu betreten. Über den Steg zu gehen, hieße, den Schritt in die andere Welt endgültig zu tun.
Endgültig?
Damona musste unwillkürlich auflachen, als ihr klar wurde, wie absurd dieser Gedanke war. Sie hatte den Schritt in das Land hinter den Spiegeln schon längst getan. Dass sie jetzt zögerte, war nur ein Zeichen ihrer Angst, ein alberner und naiver Versuch, sich vor der Wahrheit zu verkriechen, indem sie sie verleugnete.
Endgültig ... Es war nicht das erste Mal, dass Damona in eine fremde Welt verschlagen wurde. Sie hatte längst begreifen müssen, dass es außer der realen, fassbaren Welt der Menschen noch andere Welten gab: Welten, die der Erde zum Verwechseln ähnlich sahen und sich manchmal nur in winzigen Details von ihr unterschieden, Welten, deren geschichtliche Entwicklung an irgendeinem Punkt in der Vergangenheit eine andere Wendung genommen hatten, aber auch Welten, die ganz, ganz anders waren als alles, was sich Menschen vorstellen konnten. Aber irgendwie war dieser Übergang anders gewesen. Kein Sterblicher hätte diese Grenze jemals überschreiten dürfen. Und auch ihr wäre es nicht gelungen, wenn Ulthars Macht nicht für einen winzigen Augenblick erschüttert worden wäre.
Aber sie hatte es gespürt, als sie aus der Bewusstlosigkeit erwacht war – das Gefühl, dass hinter ihr eine Tür zugeschlagen wurde, das endgültige und unwiderrufliche Schließen einer Lücke im Netz der Schöpfung, als hätte irgendwo ein gigantisches und mächtiges Etwas die Bruchstelle entdeckt, durch die die Bewohner dieser Welt manchmal in andere, für sie verbotene Bereiche vorgedrungen waren, und mit einer fast beiläufigen Bewegung verschlossen.
Das Gefühl hatte etwas Endgültiges gehabt.
Damona atmete tief ein und trat mit entschlossenen Bewegungen auf den Steg hinaus. Das Holz knarrte unter ihrem Gewicht; irgendwo löste sich ein Gegenstand und fiel mit seltsam dumpfem Platschen ins Wasser.
Damona blieb stehen. Die Wellen bewegten sich sonderbar träge und schwerfällig. Für einen Augenblick hatte sie das Gefühl, die Zeitlupenaufnahme einer Meeresbrandung zu betrachten. Sie kniete nieder, beugte sich vor und tauchte die Finger ins Wasser. Es war überraschend warm und es fühlte sich kaum wie normales Wasser, sondern eher wie eine zähflüssige, sirupartige Flüssigkeit an. Damonas Hand bewegte sich gegen ihren Willen, als die nächste Welle heranrollte.
Sie stand stirnrunzelnd auf, betrachtete die glitzernde Flüssigkeit auf ihren Fingerspitzen und ging weiter. Diese Welt würde noch mehr Überraschungen und Rätsel für sie bereit haben. Und sie hatte das Gefühl, dass die wenigsten angenehmer Natur sein würden.
Ein eisiger Schauer lief ihr über den Rücken, als sie an die vergangene Nacht dachte. Sie hatte die Nacht hier auf Coney Island verbracht, um nicht irgendwo in einer unbekannten Welt voller unbekannter Gefahren von der Dunkelheit überrascht zu werden. Obwohl alles, was sie in den letzten Tagen auf der ehemaligen Vergnügungshalbinsel erlebt hatte, nur unangenehme Erinnerungen in ihr wachrief, schreckte sie instinktiv davor zurück, das Festland zu betreten. Coney Island bot trotz all seiner Schrecken den Schutz des Vertrauten, Bekannten. Es gab genug leer stehende Gebäude, in denen sie übernachten konnte. Seltsamerweise befand sich diese spiegelverkehrte Ausgabe des Vergnügungsparks in einem viel weniger fortgeschrittenen Stadium des Zerfalls. Auch hier waren die Zeichen des beginnenden Zusammenbruchs deutlich – abblätternde Farben, zerbrochene Fensterscheiben, fingerdicke Staubschichten auf dem Boden, Holzwände und Balken, die sich unter dem Gewicht der Jahre zu biegen begannen. Aber es war, als wäre die Zeit hier vor dreißig oder vierzig Jahren einfach stehen geblieben. So oder ähnlich musste Coney Island ausgesehen haben, kurz nachdem es aufgegeben worden war.
Damona hatte schließlich in einer verlassenen Geisterbahn Schutz vor der hereinbrechenden Nacht gesucht. Der Eingang war mit Brettern vernagelt gewesen, aber es war nicht sonderlich schwer, sie zu entfernen.
Dahinter lag das Nichts ...
Selbst jetzt spürte sie noch ein beklemmendes Gefühl, als sie an das schockierende Bild dachte. Die Schienen, auf denen die Wagen durch die Pappmachetunnel der Geisterbahn liefen, endeten abrupt wenige Zentimeter jenseits des Durchgangs. Dahinter lag ...
Es hatte lange gedauert, bis sie begriffen hatte, dass sie nicht einfach vor einem Abgrund oder am Eingang eines ungeheuer großen Raumes stand. Die reale Welt endete jenseits des torbogenförmigen Durchgangs. So, als wäre die Schöpfung an dieser Stelle einfach nicht zu Ende geführt worden. Sie hatte es nicht gewagt, den Raum zu betreten.
Ein weiteres Rätsel dieser spiegelverkehrten Welt, dachte sie, während sie das Ende des Steges erreichte und den schmalen Sandstrand überquerte. Der feinkörnige, weiße Sand knirschte unter ihren Füßen, als sie zur Uferböschung hinaufging.
Am Ende einer zerbröckelnden Asphaltstraße, die vom Highway zum Strand hinunterführte, stand ein uralter Dodge Station Car. Damona blieb unwillkürlich stehen und hielt nach dem Fahrer Ausschau. Der Wagen war das erste sichtbare Zeichen von menschlichem Leben, das sie seit ihrer unfreiwilligen Ankunft hier sah.
Aber es gab in weitem Umkreis nicht die geringste Spur eines Menschen. Der Strand schien genauso leer und ausgestorben wie die Halbinsel hinter ihr.
Und wie wahrscheinlich diese ganze Welt, wisperte eine Stimme in ihren Gedanken. Irgendwie war Damona fest davon überzeugt, das einzige menschliche Wesen hier zu sein. Vielleicht sogar das einzige lebende Wesen überhaupt.
Sie ging auf der Uferböschung entlang, betrat den Highway und näherte sich vorsichtig dem Wagen. Die Tür auf der Beifahrerseite stand offen. Das Fenster war halb heruntergelassen, und der Zündschlüssel steckte noch im Schloss, als wäre der Besitzer nur kurz weggegangen, um sofort zurückzukommen.
Damona umrundete den Dodge einmal und betrachtete ihn eingehend. Modelle wie dieses waren schon nicht mehr gebaut worden, als sie selbst noch nicht einmal geboren war. Trotzdem machte der Wagen einen relativ neuen Eindruck. Der Lack wies nicht den geringsten Kratzer auf, und der Chrom auf Radkappen, Stoßstangen und Türgriffen glänzte so makellos, als wäre er erst vor Sekunden frisch poliert worden.
Damona zögerte nicht lange. Der Wagen würde wahrscheinlich noch in hundert Jahren hier stehen, ohne dass sich jemand um ihn kümmerte. Sie schob die Tür zu, umrundete das Fahrzeug noch einmal und ließ sich auf den Fahrersitz fallen.
Das Steuer befand sich auf der falschen Seite.
Damona seufzte, zog die Tür hinter sich ins Schloss und rückte ächzend auf den vermeintlichen Beifahrersitz hinüber. Fehler wie dieser würden ihr noch öfter unterlaufen. Es war nicht leicht, Gewohnheiten, die sich ein Leben lang eingeprägt hatten, von einer Minute zur anderen zu ändern.
Sie versuchte zu starten, griff automatisch nach einem nicht vorhandenen Sicherheitsgurt und lächelte flüchtig. Der Dodge war vierzig Jahre alt. Damals hatte noch niemand an Dinge wie Sicherheitsgurte gedacht.
Damona drehte den Zündschlüssel gegen den Uhrzeigersinn, trat mit dem rechten Fuß die Kupplung durch und legte vorsichtig den Gang ein. Der Motor heulte protestierend auf und machte einen wilden Satz, als sie viel zu hastig Gas gab und die Kupplung mit einem Ruck kommen ließ. Es war gar nicht so leicht, mit dem linken Fuß Gas und Bremse zu bedienen und mit rechts zu kuppeln. Damona war eine erfahrene Autofahrerin, aber alles in ihr sträubte sich dagegen, einen Wagen genau andersherum als gewohnt zu bedienen.
Der Dodge schaukelte und bockte wie ein Boot im Sturm, als sie auf den Highway einbog und nach Süden fuhr. Sie hatten New York in südlicher Richtung verlassen, um nach Coney Island hinauszukommen. Also musste sie – den spiegelverkehrten Gesetzen dieser Welt gehorchend – auch wieder in südlicher Richtung zurückfahren. Allmählich bekam sie eine ungefähre Vorstellung von den Schwierigkeiten, die ein längerer Aufenthalt in dieser seitenverkehrten Umgebung mit sich bringen würde.
Am linken Straßenrand tauchte ein Schild auf:
Manhatten-Island 7 Miles (City-Limit 15 Miles)
Als sie die Tafel passiert hatte, sah sie plötzlich das Gespenst.
***
Das Wesen war nicht ganz einen Meter groß. Sein Körper erinnerte vage an eine Kreuzung zwischen Eidechse und Mensch, aber ihm fehlte die grazile Feingliedrigkeit dieser kleinen Echsen. Und in seinen Augen funkelte eine böse, mordlustige Intelligenz.
Ulthar wich den zuschnappenden Kiefern im letzten Augenblick aus. Die fingerlangen Reißzähne schlugen ins Leere. Das dumpfe, an eine zuschnappende Bärenfalle erinnernde Geräusch, mit dem die Kiefer der Bestie aufeinanderschlugen, vermischte sich mit seinem wütenden Fauchen.
Der Magier kroch mit schmerzverzerrtem Gesicht von dem tobenden Ungeheuer weg und erwartete den nächsten Angriff des Killer-Dämons.
Quaraan fauchte wütend. Seine kleinen, heimtückischen Augen funkelten boshaft. Das Wesen schien eingesehen zu haben, dass Ulthar auf normalem Wege nicht zu besiegen war. Der Killer-Dämon besaß Körperkräfte, mit denen er einen Elefantenbullen hätte niederringen können. Aber den unsichtbaren Gewalten, mit denen er hier konfrontiert wurde, war er trotz allem nicht gewachsen.
Der kleine, schuppige Kopf ruckte in einer wütenden Bewegung herum, während er abwechselnd Ulthar und die schlanke, dunkelhaarige Frau musterte, deren übersinnliche Kräfte ihn immer wieder von seinem Opfer zurückrissen.
»Vernichte ihn«, stöhnte Ulthar. Seine Stimme zitterte, aber es war nicht festzustellen, ob sie von Hass oder Schmerz entstellt war. Wahrscheinlich von beidem. Quaraans Zähne hatten sich tief in seine Schulter gegraben, ehe sein erster Angriff abgeschlagen worden war. Blut lief aus Ulthars zerfetztem Hemd, tropfte an seinem Armstumpf entlang und bildete eine langsam größer werdende Lache unter seinem Körper. Aber das lodernde, fanatische Feuer in seinen Augen war ungebrochen. Im Gegenteil – der heimtückische Angriff schien seine Entschlossenheit noch gesteigert zu haben.
Quaraan zischte drohend. Sein Schädel pendelte wie der Kopf einer angreifenden Kobra hin Und her, während er sich dem neuen Gegner zuwandte.
»Vernichte ihn!« schrie Ulthar noch einmal. Er richtete sich mühsam auf Hände und Knie auf, versuchte auf die Beine zu kommen und sackte mit schmerzverzerrtem Gesicht zurück. Die Wunde an seiner Schulter begann stärker zu bluten.
Aber sein Befehl war gehört worden. Hinter der Stirn der jungen Frau ballten sich unbegreifliche Energien zusammen.
Quaraan schrie gellend auf, als die PSI-Kräfte seiner Gegnerin erbarmungslos zuschlugen. Er fiel hintenüber, wurde haltlos durch die Luft geschleudert und mit brutaler Wucht auf den Steinboden geschmettert. Roter Nebel wallte vor seinen Augen, und in seinem Mund war plötzlich scharfer, bitterer Blutgeschmack. Der Geschmack der Niederlage.
Ein helles, grausames Lachen drang durch den Vorhang aus Schmerz und aufkommender Bewusstlosigkeit. Seine Gegnerin bewegte sich, tänzelte leichtfüßig auf ihn zu und hob fast beiläufig die Hand. Sengender Schmerz brannte sich in Quaraans Körper und schmetterte ihn abermals zu Boden.
Aber so leicht war der Killer-Dämon nicht zu besiegen. Er schüttelte sich, sprang auf und ging seinerseits zum Angriff über. Sein kleiner, gepanzerter Körper schnellte wie eine Stahlfeder durch die Luft.
Mensch und Ungeheuer gingen zu Boden, als Quaraan seine Gegnerin ansprang. Der fürchterliche Rachen des Killers klaffte auf.
Aber die Kiefer schlossen sich nie.
Quaraans Zähne glitten harmlos von dem unsichtbaren Schutzfeld ab, das Damona Kings Hexenkräfte errichtet hatten. Er fauchte, bäumte sich auf und schlug mit allen vier Pfoten und dem stachelbewehrten Schwanz nach dem Körper seiner Gegnerin.
Die einzige Reaktion bestand in einem wütenden Kniestoß, der ihn wie einen Gummiball durch die Luft fliegen und gegen die Wand krachen ließ.
Diesmal klang sein Fauchen eher kläglich.
Damona King stand mit einer geschmeidigen Bewegung auf. Ein hartes, grausames Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. Ihre dunklen Augen richteten sich mit hypnotischer Kraft auf das kleine Echsenwesen.