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Jetzt zum ersten Mal als E-Book verfügbar: Die Reihe "Hohlbein Classics" versammelt die frühen Werke von Wolfgang Hohlbein, die seinerzeit im Romanheft erschienen sind.
Die Story: Als Mike Hunter und Damona King wieder in diese Welt zurückkehren, müssen sie eine schreckliche Feststellung machen. Das Schloß der Kings, Kings Castle, ist dem Erdboden gleichgemacht worden. Verzweifelt irrt Damona über das Trümmerfeld und trifft auf einen alten Mann, den sie sofort erkennt. Es ist Henry, der Butler, der schon ihren Eltern gedient hat. Sie geht zu ihm hin, will von ihm erfahren, wasgeschehen ist, doch der alte Mann behandelt sie wie eine Fremde. Damona bestürmt ihn mit Fragen, doch Henry kann keine Auskunft geben.Statt dessen gelingt es ihm, die fremde Besucherin im letzten Moment vor einer fürchterlichen Gefahr zu warnen. Es sind Wesen der Hölle, die plötzlich am Horizont auftauchten, Vögel und Menschen zugleich, die Jagd machen auf alles, was menschlich ist. Es sind Verkörperungen des Bösen!
"Luzifers Bestien" erschien erstmals am 11.01.1982 unter dem Pseudonym Henry Wolf in der Reihe "Damona King".
Der Autor: Wolfgang Hohlbein ist der erfolgreichste deutschsprachige Fantasy-Autor mit einer Gesamtauflage von über 40 Millionen Büchern weltweit.
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Seitenzahl: 133
Jetzt zum ersten Mal als E-Book verfügbar: Die Reihe »Hohlbein Classics« versammelt die frühen Werke von Wolfgang Hohlbein, die seinerzeit im Romanheft erschienen sind.
Luzifers Bestien
Ein Damona King Roman
Als Mike Hunter und Damona King wieder in diese Welt zurückkehren, müssen sie eine schreckliche Feststellung machen. Das Schloß der Kings, Kings Castle, ist dem Erdboden gleichgemacht worden. Verzweifelt irrt Damona über das Trümmerfeld und trifft auf einen alten Mann, den sie sofort erkennt. Es ist Henry, der Butler, der schon ihren Eltern gedient hat. Sie geht zu ihm hin, will von ihm erfahren, wasgeschehen ist, doch der alte Mann behandelt sie wie eine Fremde. Damona bestürmt ihn mit Fragen, doch Henry kann keine Auskunft geben.Statt dessen gelingt es ihm, die fremde Besucherin im letzten Moment vor einer fürchterlichen Gefahr zu warnen. Es sind Wesen der Hölle, die plötzlich am Horizont auftauchten, Vögel und Menschen zugleich, die Jagd machen auf alles, was menschlich ist. Es sind Verkörperungen des Bösen!
»Luzifers Bestien« erschien erstmals am 11.01.1982 unter dem Pseudonym Henry Wolf in der Reihe »Damona King«.
Wolfgang Hohlbein ist der erfolgreichste deutschsprachige Fantasy-Autor mit einer Gesamtauflage von über 40 Millionen Büchern weltweit.
WOLFGANG
HOHLBEIN
Luzifers Bestien
Ein Damona King Roman
BASTEI ENTERTAINMENT
Aktualisierte Neuausgabe der im Bastei Lübbe Verlag erschienenen Romanhefte aus der Reihe Damona King
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln
Lektorat/Projektmanagement: Esther Madaler
Covergestaltung: Christin Wilhelm, www.grafic4u.de unter Verwendung von © shutterstock/Natykach Nataliia; shutterstock/Dmitry Natashin
E-Book-Erstellung: Dörlemann Satz, Lemförde
ISBN 978-3-7325-1440-3
Gespensterkrimi von Henry Wolf
Und siehe!
Dereinst werden kommen die Tage Satans. Das Böse wird herrschen all überall auf Erden, und Lohn wird denen zuteil, die Satan, dem Herrn, treu ergeben waren.
Vorher aber werden herrschen Asmodis und Bastarda, die Statthalter des Bösen. Sie werden teilen die Erde unter sich, belohnen die, die ihnen dienen, und strafen die, die sich ihnen widersetzen.
Dann wird die Herrschaft des Hades beginnen.
Zittere, Mensch, denn die Tage des Hades sind furchtbar. Zittere, denn Asmodis und Bastarda werden herrschen mit Feuer und Schwert!
Zittere, wenn die Tage des Hades beginnen!
Das Buch Hades (Prophezeiungen IV/Asmodis 1-3)
Der Grabstein ragte schräg aus dem schneebedeckten Boden. Die Schrift auf dem grauen, bröckeligen Marmor war kaum noch zu entziffern. Ein paar verwilderte Blumen und graues, kränkliches Moos bezeugten, dass sich früher einmal jemand um das Grab gekümmert haben musste. Aber das war lange her. Das Grab war eingesunken, und der Stein war eigentlich nur durch ein Wunder stehen geblieben. Wahrscheinlich würde in ein paar Jahren nichts mehr von der Anwesenheit des Grabes künden. Der Frost würde den Boden aufbrechen, den Stein umwerfen, und Wind und Jahreszeiten würden ihn mit Erde und Laub bedecken und ihn schließlich vollständig verschwinden lassen.
Mike seufzte leise. Die Sonne war mittlerweile völlig aufgegangen; ein rubinroter Ball, der den Horizont in Flammen setzte und das Land mit Kaskaden von Rot und dunklem Orange übergoss. Mit ihrer Wanderung waren die Schatten länger geworden. Die Risse und Schründe, die die Zeit in die Oberfläche des Steins gegraben hatte, waren deutlich hervorgetreten, und der lange, spitze Schatten des Steines wies jetzt wie ein mahnender Zeigefinger auf die Silhouette der Burg.
Mike wusste nicht, was ihn härter getroffen hatte – der Stein, dieses Grab, das gegen alle Logik da war, oder der Anblick des Schlosses.
Kings Castle war eine Ruine. Jemand – oder etwas – hatte das Schloss zerstört. Gründlich, methodisch und vollkommen.
Er drehte sich um, riss seinen Blick fast gewaltsam von der schwarzen Silhouette des Schlosses los und rammte die Hände in die Jackentaschen. Es war kalt geworden. Der Wind, der ihnen schon bei ihrer Ankunft entgegengeweht hatte, brächte eine erste Vorahnung des beginnenden Winters mit sich, drang durch seine dünne Sommerjacke und ließ ihn frösteln.
»Wir müssen gehen«, sagte er leise.
Damona antwortete nicht. Sie kniete zusammengekauert vor dem Grab, starrte aus brennenden Augen auf die verwitterte Schrift und bemühte sich krampfhaft, die Tränen zurückzuhalten. Ihre Lippen zitterten.
Mike schüttelte wortlos den Kopf, kauerte sich neben sie und berührte ihre Wange. Ihre Haut fühlte sich gleichzeitig kalt und fiebrig an.
»Wir müssen gehen«, sagte er noch einmal. Die Worte kamen nur schwer über seine Lippen. Er konnte sich vorstellen, was in Damona vorging.
»Ich ... verstehe das nicht«, sagte sie mühsam. »Das ist ...«
»Vielleicht findet sich für alles eine logische Erklärung«, murmelte Mike, aber die Worte taten ihm beinahe im gleichen Moment schon wieder leid. Für das, was sie nach ihrer Rückkehr aus dem Schattenschloss vorgefunden hatten, gab es keine logische Erklärung. Dieses Grab ... der Zustand von Kings Castle ... die bedrückende, gespenstische Atmosphäre, die über dem Land lag ... all das hatte sie getroffen wie ein Hammerschlag.
Zuerst hatte er geglaubt, dass sich jemand hier einen geschmacklosen Scherz erlaubt hatte. Aber mittlerweile wusste er, dass das nicht stimmte. Sein Blick wanderte wieder zu der Schrift auf dem Grabstein.
JA ES F. KI G stand in verwitterten Lettern darauf. Darunter eine unleserliche Zeile, die Geburts- und Sterbedatum des hier Beerdigten beinhaltete. James F. King – Damonas Vater! Der Mann, der den King-Konzern gegründet, der Damonas Mutter vor dem Scheiterhaufen gerettet und so ihre Geburt überhaupt erst ermöglicht hatte. Mikes Finger tasteten wieder über den Stein, glitten an den kaum sichtbaren Linien entlang.
»Neunzehnhundertsiebenundfünfzig«, murmelte Damona. »Es heißt neunzehnhundertsiebenundfünfzig. Versuch jetzt nicht, mich zu belügen.« Sie stand mit einem Ruck auf, starrte die schwarze Silhouette der Burg an und lächelte schmerzlich. »Der Mann, der dort liegt, ist gestorben, bevor ich geboren wurde.«
Mike erhob sich schwerfällig. »Unsinn«, sagte er ohne rechte Überzeugung. »Du lebst doch, oder?«
Statt einer Antwort deutete Damona auf die Burg. »Und das da? Wie erklärst du dir das?«
Mike zögerte. Es gab eine logische Erklärung, zumindest für die Zerstörung der Burg. Aber die Antwort war auch nicht besser als die, die er vorher gefunden hatte.
»Wir waren lange weg«, murmelte er.
»Nicht so lange.«
»Vielleicht gehorcht die Zeit im Totenreich anderen Gesetzen als hier«, sagte er lahm. »Vielleicht ist irgendeine Katastrophe geschehen, während wir drüben waren.«
»Vielleicht ist gut«, sagte Damona. Sie drehte sich mit einem Ruck um und starrte ihn an. In ihren Augen schimmerten Tränen. »Wir müssen nachsehen, ob ... ob noch jemand lebt«, sagte sie schließlich mühsam.
Mike schüttelte den Kopf. »Ich halte es nicht für klug, jetzt dort hinaufzugehen.«
Damona verzog abfällig die Lippen.
»Du kannst ja hierbleiben. Ich gehe jedenfalls hinauf. Ich muss wissen, was mit Henry und Thomas ist.« Sie fuhr herum und begann mit schnellen Schritten den Hügel hinaufzulaufen.
Mike zögerte nur eine Sekunde, ehe er ihr folgte. Er konnte sich nur zu gut vorstellen, wie es in Damona aussah. Kings Castle war für sie mehr gewesen als ein Gebäude, in dem man einfach lebt. Sie war dort geboren, dort aufgewachsen. Alles, was sie liebte, hing irgendwie mit Kings Castle zusammen. Kings Castle war ihre Heimat. Ein Stück von ihr. Wer immer es zerstört hatte, hatte einen Teil von ihr umgebracht.
Damona lief schnell. Ihre Schritte hinterließen eine Doppelreihe kleiner, schmaler Abdrücke in der frischen Schneedecke. Das schwarze Haar wehte hinter ihr her; eine winzige, zerbrechliche Gestalt, die auf die mächtige schwarze Silhouette der Burg zustürmte. Irgendwie, fand Mike, strahlte das Bild eine unglaubliche Einsamkeit aus.
Er hetzte hinterher, aber Damonas Vorsprung war bereits zu groß. Er würde sie nicht mehr einholen, bevor sie die Burg erreicht hatte.
»Damona! Bleib stehen!«
Sie reagierte nicht. Im Gegenteil – ihre Schritte schienen sich noch zu beschleunigen. Es war, als würde sie vor ihm fliehen.
Ohne dass er einen rationalen Grund dafür hätte angeben können, wusste er plötzlich, dass sie in eine Falle lief. Er rannte schneller. Die eisige Luft brannte in seinen Lungen. Seine Füße versanken bis zu den Knöcheln im weichen Schnee. Er stolperte, fiel der Länge nach hin und rappelte sich mühsam wieder auf.
Er sah gerade noch, wie Damona durch das Hauptportal verschwand.
Aber er sah auch, wie sich die gigantischen Torflügel hinter ihr schlossen. Er sprang hoch, rief verzweifelt ihren Namen und jagte auf das Tor zu.
Er schaffte es nicht. Die Flügel schlossen sich vor ihm, schlugen mit dumpfem Geräusch aufeinander und rasteten ein.
Irgendwo hinter den meterdicken Mauern ertönte ein leises, boshaftes Lachen.
***
Standish ließ den Wagen mit ausgeschaltetem Motor den Hang hinunterrollen. Für jemand, der sich in dieser Gegend nicht so gut auskannte wie er, wäre ein solches Vorgehen zu einem lebensgefährlichen Wagnis geworden. Der Hang war steil: mit Felsbrocken, verfilztem Gestrüpp und heimtückischen Schlaglöchern übersät, und auf der rechten Seite gähnte ein beinahe zehn Meter tiefer Abgrund. Aber Standish war hier zu Hause; er kannte jeden Fußbreit Boden auswendig, und er hätte den Wagen auch mit verbundenen Augen hinter die alte Mühle lenken können.
Der Gesang war lauter geworden, als er hinter dem baufälligen Gebäude angekommen war. Gleichzeitig schien seine Tonlage drohender als noch vor Augenblicken zu sein. Eigentlich, überlegte Standish, hörte es sich kaum mehr wie Gesang aus menschlichen Kehlen an. Das, was durch die dünnen Bretterwände der Mühle drang, erinnerte ihn eher an das Wimmern wilder Tiere.
Oder das Schreien gequälter Seelen.
Standish zuckte zusammen. Er wusste selbst nicht, wie er auf diesen Gedanken kam. Aber er war einmal da, und er war beunruhigend.
Er öffnete lautlos die Wagentür, stieg aus und näherte sich dem Gebäude. Durch Ritzen und Spalten in dem altersschwachen Holz drang rötlicher Kerzenschein. Flackerndes Licht, das einen eigentümlichen Kontrast zu dem schauerlichen Gesang der Betenden bildete.
Betende?
Standish verzog abfällig das Gesicht. Das, was die Anhänger dieses grauenhaften Kultes dort drinnen trieben, mochte alles Mögliche sein – beten war es bestimmt nicht.
Er näherte sich dem Gebäude von der Rückseite her. Seine Kreppsohlen verursachten ein kaum hörbares Geräusch auf dem feuchten Kies. Sicher würde niemand dort drinnen etwas von seiner Annäherung merken. Und man würde ihn auch nicht sehen. Er hatte dunkle Kleidung angezogen, und in seinem Rücken war nichts als die schwarze Wand des Waldes. Er hatte jeden Schritt genau geplant. Niemand würde etwas davon merken, dass er hier war. Jedenfalls nicht, bevor es zu spät war.
Der Gesang wurde jetzt lauter, schwang in eine seltsame, dissonante Tonlage hinauf, die in den Ohren schmerzte und irgendetwas in Standish zum Erschauern brachte. Er hätte nie geglaubt, dass menschliche Stimmen zu so etwas fähig waren.
Für einen flüchtigen Moment stieg ein Bild in ihm auf: Ein zartes, blasses Mädchengesicht, das von schwarzem Haar eingerahmt war. Große, unschuldige Augen, in denen selbst im letzten Moment keine Angst, sondern nur Unglauben gestanden hatte.
Dann verschwand das Bild hinter einem Vorhang aus Blut und Qualm. Für zwei, drei Sekunden roch er wieder den Gestank verbrannten Fleisches, gellten wieder die Schreie in seinen Ohren, ehe er sich von der schrecklichen Vision losreißen konnte.
Noch nicht, dachte er. Jetzt noch nicht. Er musste sich noch gedulden. Aber er würde seine Rache haben. Bald.
Er erreichte die Mühle, presste sich eng gegen die Wand und spähte durch einen Spalt ins Innere des Gebäudes. Im ersten Moment sah er nichts außer flackerndem rotem Licht und einer Reihe gebückter Schatten. Der Gesang sank zu einem Murmeln herab und verstummte schließlich ganz. Das einzige Geräusch war jetzt das leise Plätschern des Baches hinter der Mühle und das Quietschen des Mühlrads, das sich immer noch drehte, obwohl längst nichts mehr da war, was es mit seiner Kraft antreiben konnte.
Eine der knienden Gestalten erhob sich, blieb einen Moment lang mit gebeugtem Haupt stehen und ging dann langsam durch die Reihen der anderen nach vorne. Standish konnte sein Gesicht in der flackernden Beleuchtung nicht erkennen, aber er hatte den Eindruck, dass der Mann unglaublich alt sein musste. Er trug einen langen, lose fallenden Mantel, auf dem schwarzmagische Zeichen und Muster eingraviert waren. Seinen Kopf krönte ein bizarres Diadem, das in zwei spitzen, nach vorn und oben gebogenen Hörnern auslief.
Standish griff langsam unter seine Jacke und zog das Paket heraus. Es sah harmlos aus – ein in Papier eingeschlagener Styroporkasten mit einer normalen Flasche, in der eine farblose Flüssigkeit schwappte. Und doch schlummerte darin der Tod.
Aber noch war es nicht so weit. Er musste warten, bis er sie alle erwischen konnte. Früher oder später würden sie ihre schwarze Messe beendet haben und sich zum Ausgang drängen. Dann. Dann ...
Ein Geräusch hinter seinem Rücken ließ Standish zusammenfahren. Er drehte sich um, zog mit der Linken die Pistole aus der Tasche und suchte mit zusammengekniffenen Augen den Himmel ab. Für einen winzigen Moment hatte er das Gefühl, einen riesigen, verzerrten Schatten niederstoßen zu sehen.
Aber der Himmel war leer. Und das Geräusch wiederholte sich nicht. Wahrscheinlich hatten ihm seine überreizten Nerven einen Streich gespielt.
Er wandte sich wieder der Mühle zu und verfolgte mit angehaltenem Atem, was darin vorging.
Der Alte hatte das entgegengesetzte Ende des Innenraumes erreicht und hinter einem niedrigen, schwarzen Altar Aufstellung genommen. Hinter ihm prangte ein riesiges, schwarzes »H« an der Wand, darunter etwas, das Standish an ein umgedrehtes Kreuz erinnerte.
»So höret die Worte, die da im Buche Hades niedergeschrieben sind«, sagte der Alte. Seine Stimme klang dünn und zitternd, aber sie drang trotzdem bis in die hintersten Winkel des Raumes. Standish hatte den Eindruck, dass die Knienden bei den Worten des Alten ehrfürchtig zusammenfuhren. »Denn es werden kommen Zeiten der Prüfung für die, die da an die Macht des Bösen glauben. Aber Satan steht seinen Dienern bei. Verlieret nicht den Mut, auch wenn der Kampf lange und schwer wird. Denn die, die da fallen für die Sache der Hölle, werden aufstehen am Tage Harmageddon und ewiges Leben und ewige Macht genießen.« Der Alte brach ab, trat einen Schritt zurück und sah auf die gesenkten Köpfe der schwarzen Gemeinde herunter. Standish bemerkte erst jetzt, dass er die Worte aus einem mächtigen, in braunes Leder eingeschlagenen Buch vorgelesen hatte, das vor ihm auf dem Altar lag.
Standish bewegte sich unruhig. Erneut hatte er das Gefühl, beobachtet zu werden. Aber diesmal drehte er sich nicht um. Wenn er anfing, sich selbst in Panik zu versetzen, hatte er schon so gut wie verloren. Und das, was er jetzt am nötigsten brauchte, war ein klarer Kopf und ruhige Nerven.
»Der Feind«, fuhr der Alte fort, »hat zwei seiner mächtigsten Kämpfer zu uns geschickt. Unsere Aufgabe wird es sein, sie aufzuspüren und zu vernichten.«
Ein unruhiges Murren ging durch die Versammlung. Der Oberpriester sprach jetzt frei, und offensichtlich erwartete er eine Reaktion auf seine Worte. Aber keiner der Versammelten wagte es, auch nur den Kopf zu heben.
Irgendwo hinter Standish knackte ein Zweig. Und diesmal war er sicher, sich nicht verhört zu haben.
Er fuhr herum, presste das Päckchen schützend vor die Brust und riss gleichzeitig die Pistole hoch.
Seine Reaktion kam einen Sekundenbruchteil zu spät.
Ein riesiger, geflügelter Schatten stürzte sich aus der Dunkelheit heraus auf ihn. Messerscharfe Krallen hackten nach seinem Gesicht, rissen einen blutigen Kratzer in seine Schläfe und hämmerten neben ihm in das Holz. Ein krächzender Aufschrei zerschnitt die Luft.
Standish ließ sich instinktiv fallen, schlug mit der Pistole zu und spürte, wie er etwas Hartes traf.
Der Schrei wiederholte sich, und hinter seinem Rücken wurden aufgeregte Stimmen laut. Er sprang zur Seite, stolperte und fiel schwer gegen die morsche Bretterwand. Das ganze Gebäude schien unter dem Aufprall zu erzittern, und für einen Moment hatte Standish fast Angst, durch die Wand zu brechen. Aber sie hielt.
Doch die Gefahr war keineswegs gebannt. Neben ihm wuchs ein großer, dunkler Schatten vor dem Himmel empor. Riesige Schwingen peitschten die Luft, schlugen nach seinem Gesicht und warfen ihn abermals zu Boden. Dolchspitze Krallen bohrten sich in seinen Oberarm. Er schrie vor Schmerz auf, warf sich zurück und ließ die Pistole fallen. Zum dritten Mal zerriss der krächzende Schrei die Luft. Diesmal klang er triumphierend.