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Bangalore, Indien: Ray Kohagen forscht für den Tech-Konzern H² unermüdlich an der sogenannten Link-Technologie. Sein Ziel ist es, Gehirne zu digitalisieren und mit dem "Feld" zu verschmelzen. Denn in dieser virtuellen Sphäre, die die reale Welt simuliert, ist ewiges Leben möglich. Ray hofft, auf diese Weise auch seine verstorbene Frau wiederzusehen. In einem riskanten Selbstversuch taucht Ray erstmals ins Feld ein.
Währenddessen verfolgt Hauptkommissar Elei Berisha Spuren, die von dem Toten im Waldhaus zu Ray Kohagen führen. Er merkt zu spät, in welche Gefahr er sie beide damit bringt ...
"Ich konnte die vier Bücher nicht aus der Hand legen - sie fesselten mich von der ersten bis zur letzten Seite und ließen mich nachdenklich und atemlos zurück. Die Reihe ist nicht nur super recherchiert (Till Berger ist Biologe), sondern auch sprachlich beeindruckend. Das Beste aber: Die Charaktere sind authentisch, tiefgründig und sind mir richtig ans Herz gewachsen. Ein absolutes Lesehighlight!" Petra Ivanov, Autorin der Kryo-Trilogie
Über die Serie:
Nanotechnologie, die Verstand und Technik verschmilzt.
Eine Handvoll Verbündeter im Kampf gegen eine tödliche Verschwörung.
Ein Rennen gegen die Zeit - das Schicksal der Menschheit steht auf dem Spiel!
Eine atemberaubende Thriller-Serie, eine fesselnde Reise durch Technologie, Macht und die Abgründe der menschlichen Seele. Bist du bereit, die Wahrheit zu enthüllen?
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Seitenzahl: 240
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Bangalore, Indien: Ray Kohagen forscht für den Tech-Konzern H² unermüdlich an der sogenannten Link-Technologie. Sein Ziel ist es, Gehirne zu digitalisieren und mit dem »Feld« zu verschmelzen. Denn in dieser virtuellen Sphäre, die die reale Welt simuliert, ist ewiges Leben möglich. Ray hofft, auf diese Weise auch seine verstorbene Frau wiederzusehen. In einem riskanten Selbstversuch taucht Ray erstmals ins Feld ein.
Währenddessen verfolgt Hauptkommissar Elei Berisha Spuren, die von dem Toten im Waldhaus zu Ray Kohagen führen. Er merkt zu spät, in welche Gefahr er sie beide damit bringt …
Nanotechnologie, die Verstand und Technik verschmilzt.
Eine Handvoll Verbündeter im Kampf gegen eine tödliche Verschwörung.
Ein Rennen gegen die Zeit – das Schicksal der Menschheit steht auf dem Spiel!
Vier atemberaubende Thriller-Folgen, eine fesselnde Reise durch Technologie, Macht und die Abgründe der menschlichen Seele. Bist du bereit, die Wahrheit zu enthüllen?
T I L L B E R G E R
Folge 2
Der Tempel war erfüllt von murmelnden Gebeten und stickiger Luft. Eine altersschwache Klimaanlage kämpfte vergeblich gegen die Hitze, die mit dem steten Besucherstrom durch die Eingangstür strömte.
Der Dattatreya Tempel in Thyagaraja Nagar war wie viele andere Tempel in Bengaluru ein Kompromiss aus Spiritualität und dem sachlichen Rationalismus der Massenabfertigung. Entlang einer erhöhten Galerie zeugten Zeichnungen und Symbole aus der hinduistischen Mythologie von der religiösen Bedeutung dieser Stätte. Handläufe aus Chromstahl lenkten die Ströme der Gläubigen, als befänden sie sich beim Check-in eines Flughafens.
Ray kniete vor dem Altar des Brahma, einer der drei im Tempel aufgebahrten Gottheiten. Er hatte erwartet, darauf eine Statue vorzufinden. Soweit er wusste, wurde Brahma als ein Gott mit drei Köpfen und sechs Armen symbolisiert. Stattdessen befand er sich vor einer bogenförmigen Skulptur aus Silber und Gold, deren Bedeutung sich ihm verschloss. Direkt unter der Bogenmitte stand eine Schale für die Opfergaben.
Ray warf einen verstohlenen Blick zur Seite. Deependra kniete zwei Meter entfernt vor dem Shiva-Altar. Mit Dhoti, Kugelbauch und Schnurrbart passte er eindeutig besser an diesen Ort als Ray, der allein schon durch seine weiße Hautfarbe und die rot gelockten Haare als Fremdkörper auffiel.
Mit gesenktem Blick legte Deependra eine Blume vor den Altar. Er hatte sie wie Ray am Tempeleingang gekauft. Später würde sie durch einen der Mönche wieder eingesammelt und am Eingang erneut verkauft werden. Es war wie der Kreislauf des Lebens, hatte ihm Deependra mal erklärt. Es gab keinen Anfang und kein Ende. Alles wiederholte sich, verbrauchte sich, erneuerte sich.
Rays Schwiegervater legte die Hände vor der Brust zusammen und betete konzentriert. Er sah aus, als würde er Frieden und Trost darin finden. Ray wünschte sich manchmal, auch an etwas glauben zu können. Dass es eine höhere Macht gab, die über ihn wachte und seine Gebete erhörte. Aber als Wissenschaftler und Rationalist stand ihm der Luxus der Religion leider nicht zur Verfügung.
Er wandte sich wieder seinem Altar zu. Er legte seine Blume in die Schale und faltete die Hände vor der Brust. Ein rein symbolischer Akt, den er einzig und allein für seinen Schwiegervater vollzog. Es schien Deependra viel zu bedeuten, dass sie hier waren. Ein gemeinsames Gebet für Shirelaan. Ein stummer Aufruf an die Götter. Doch es gab nichts, worum Ray Brahma noch sonst irgendeine Gottheit hätte bitten können. Seine Frau war tot, daran gab es nichts mehr zu ändern.
Es fiel ihm schwer, an sie zu denken. Selbst nach zwei Jahren. Also schloss er nur die Augen und versuchte sich auf etwas anderes zu konzentrieren.
Als er wieder aufsah, richtete sich Deependra auf und verbeugte sich vor dem Altar. Ray tat es ihm gleich und war froh, wieder einen anderen Gedanken fassen zu können. Sie folgten stumm den Handläufen bis zum Ausgang. Hinter ihnen rückte die Schlange nach, und die Nächsten schoben sich zu den Altären. Andere Schicksale, andere Gebete, andere Hoffnungen.
Als sie durch die zweiflügelige Glastür traten, erwartete sie die drückende Hitze der indischen Millionenstadt. Dichter Verkehr erfüllte die Straßen mit Hektik und Lärm. Immerhin war der Geruch nicht mehr ganz so unerträglich, seit die elektrischen Rikschas und Mopeds einen Teil der stinkenden Zweitakter reduziert hatten. Doch der Dreck und die Fäkalien waren geblieben.
Deependra lächelte Ray an. »Tee?«, fragte er. »Ich kenne ein gutes Restaurant, das Kholi Mane, ist nicht weit von hier.«
Obwohl Ray durch Shirelaan ein einigermaßen passables Hindi beherrschte, sprach Deependra in der indischen lingua franca. Die englischen Worte purzelten schnell und wie kantige Steine aus seinem Mund. Englisch war zwar die Amtssprache des Subkontinents, aber kaum jemand sprach es von Geburt an. Dadurch war es den Eigenheiten der regionalen Sprachen ausgeliefert und folglich für Ausländer nur bedingt verständlich. Aber Ray arbeitete bereits seit gut vier Jahren in Bengaluru und hatte sich an den holprigen, aber durchaus sympathischen Akzent gewöhnt.
»Ja, wenn dir die Zeit noch reicht, sehr gern«, sagte er.
Das Lächeln seines Schwiegervaters wurde breiter. Er hatte ein rundes und freundliches Gesicht. So lange Ray sich zurückerinnern konnte, hatte es immer Zuversicht und Gelassenheit ausgestrahlt. Selbst als Shirelaan gestorben war. Damals hatte Deependra seine Familie gestützt und mit seinem unerschütterlichen Glauben zusammengehalten. Er hatte sich nicht anmerken lassen, dass die Welt in seinem Innern ebenfalls auseinandergebrochen war. Aber Ray hatte es ihm angesehen. Inzwischen hatte Deependra die zerbrochenen Teile aufgeräumt und sein Leben wieder in Ordnung gebracht. In Ray hingegen lag das Trümmerfeld noch da wie am ersten Tag.
»Mein nächster Termin ist erst morgen«, sagte Deependra in melodiösem Singsang. »Ich habe alle Zeit der Welt.«
Er klopfte Ray freundschaftlich auf die Schulter. Sie bahnten sich einen Weg durch die Menschenmasse, die sich zwischen Ladenfronten und den am Straßenrand geparkten Autos staute. Vor einem mobilen Chai-Latte-Stand machte Deependra einen Satz über einen Haufen weggeworfener Maisstärkebecher und trat hinaus auf die Straße. Ray überquerte den Abfallberg mit einem langen Schritt. Gemeinsam schlängelten sie sich durch den dichten Verkehr.
»Wie geht es Samabi?«, fragte Ray, als sie die andere Seite erreichten.
Deependra lächelte. »Es geht ihr ausgezeichnet, zum großen Glück. Sie richtet gerade das Haus neu ein. Du musst bald vorbeikommen, du würdest es nicht wiedererkennen.«
»Das werde ich sehr gern«, sagte Ray.
Sie drückten sich erneut durch einen Strom aus Menschen und traten in eine Seitengasse. Sie war schmaler und dunkler, dafür gab es hier keinen Verkehr. Mehrere Verkaufsstände mit großen Säcken an Masalapulver in satten Gelb-, Rot- und Brauntönen säumten den Weg. Currygerüche erfüllten die Luft und verdrängten zumindest teilweise den Gestank der angrenzenden Straße.
»Nächstes Wochenende wäre gut«, meinte Deependra. »Da feiern wir das Dashahara. Das würde dir bestimmt gefallen.«
»Tut mir leid, das geht leider nicht«, sagte Ray. »Ich kann die nächsten zwei Wochen nicht hier weg.«
Deependra hielt an und betrachtete Ray. »Du stürzt dich seit Shirelaans Tod nur noch in die Arbeit. Wenn du so weitermachst, bekommst du auch noch bald einen Herzinfarkt!«
Der Infarkt, ertönte das Echo in Rays Kopf. Shirelaan hatte von Geburt an ein schwaches Herz gehabt. Es war keine sehr ausgeprägte Schwäche gewesen, und mit den gegenwärtigen medizinischen Möglichkeiten hatte es auch keinen Anlass gegeben, sich deshalb Sorgen zu machen. Umso unvorbereiteter war es gekommen, als sich vor zwei Jahren eines ihrer Herzkranzgefäße verschlossen hatte. Sie war bei der Arbeit einfach umgekippt und nicht wieder aufgestanden. Damals war sie in Berlin gewesen, Ray hier in Indien. Er hatte nichts mitbekommen. Kein Stich in der Magengrube, kein Aufschrecken, keine Seelenverbindung, die ihn über das schreckliche Ereignis informiert hätte. Nichts. Sie war einfach gestorben, und er hatte es nicht bemerkt.
»Keine Sorge«, sagte Ray. »Es ist nur gerade sehr viel los.«
Sein Schwiegervater wirkte nicht überzeugt. »Du hast zu viele Patienten. Du solltest dich etwas mehr um dich selbst kümmern.«
»Danke, Deependra, aber es ist wirklich alles okay. Meine Arbeit tut mir gut.«
»Nein, das tut sie nicht, Ray«, widersprach Deependra. »Du ertränkst damit einfach nur deinen Kummer. Ich sehe den Schmerz in deinem Gesicht. Er ist noch immer da. Samabi und ich haben mit Shirelaans Tod abgeschlossen. Wir haben um sie getrauert, und dann haben wir losgelassen. Du musst das auch tun, Ray. Sonst vergiftet es dich noch.«
Ray nickte. »Ich weiß es wirklich zu schätzen, dass du dir um mich Sorgen machst. Aber ich bin auf dem Weg. Ich brauche einfach nur etwas mehr Zeit.«
»Es tut mir leid, Ray, aber das glaube ich nicht«, beharrte Deependra.
Ray sah ihn verwundert an. »Warum nicht?«
Deependra deutete auf den Talisman um Rays Hals. »Du trägst noch immer den Shrivatsa.«
Der Anhänger lag zwar versteckt unter seinem Hemd, aber die Kette um den Hals war deutlich zu sehen. Der Shrivatsa war ein handtellergroßer Endlosknoten, ein etwa drei Millimeter dickes Band aus Metall, das in einem Stück zehn kleine Quadrate zu einer sechseckigen Struktur verband, die weder einen Anfang noch ein Ende hatte. In der Mitte war ein kleiner Edelstein. Der Anhänger war ein altes indisches Symbol für Glück. Aber es stand auch für den ewigen Kreislauf des Lebens. Es war Shirelaans Bekenntnis für ihre ewige Verbundenheit gewesen. Bis zum Tod. Und darüber hinaus. Daran hatte sie fest geglaubt.
»Das ist nur eine Erinnerung«, sagte Ray.
»Ich weiß, aber meine Tochter hat ihn dir zur Hochzeit geschenkt. Sie hat dir damit das Versprechen fürs Leben gegeben. Statt eines Rings. Das hat in eurer Kultur eine wichtige Bedeutung, nicht?«
»Ja, ich denke schon.«
»Ganz bestimmt. Es bedeutet, dass du noch immer an sie vergeben bist. Das ist nicht gut, mein Sohn. Du musst die Trauer endlich zulassen. Es akzeptieren. Nur so kannst du loslassen und dein Leben weiterführen. Naee shuruaat, in jedem Ende steckt ein Neuanfang. Shirelaan ist jetzt in die Ewigkeit übergegangen. Vielleicht wurde sie auch bereits wiedergeboren, wer weiß! Auf jeden Fall ist sie irgendwo da draußen. Und sie würde wollen, dass du dein Leben weiterlebst. Dass du glücklich bist.«
Ray sagte nichts. Er wollte Deependra nicht vor den Kopf stoßen. Shirelaans Eltern hatten ihn ohne Wenn und Aber in die Familie aufgenommen, obwohl sie sich einen indischen Mann für sie gewünscht hatten. Aber trotz ihrer traditionellen Wurzeln waren sie weltoffen und nicht voreingenommen gewesen. Es waren die freundlichsten und liebenswertesten Menschen, die Ray je getroffen hatte. Aber die Seele, der Geist oder wie auch immer man es nannte, waren nur elektrochemische Prozesse im Gehirn. Es waren Milliarden elektrischer Impulse, die ein individuelles Informationsmuster schufen, das das Bewusstsein und die Identität eines Menschen formte. Wenn man starb, hörten die Impulse auf abzulaufen, und das Informationsmuster verschwand. Es war von einem Moment auf den anderen weg. Für immer. Die Materie löste sich auf und wurde Teil von etwas Neuem. Das, was man Seele nannte, kam nicht mehr zurück. Man hörte einfach auf zu existieren.
»Hast du deshalb gebetet?«, fragte Ray. »Dass sie als etwas Gutes wiedergeboren wird?«
Sein Schwiegervater schüttelte energisch den Kopf. »Nein. Das weiß ich auf jeden Fall. Ihr Schicksal hängt nur von ihrem Karma ab. Beten für die Toten bringt überhaupt nichts. Ich habe für dich gebetet.«
»Für mich?«
Deependra nickte. »Ich habe zu Shiva gebetet, dass er dir hilft, loszulassen und deine Fesseln zu zerstören. Ich habe zu Brahma gebetet, dass er dir hilft, einen Neuanfang zu machen. Ich habe zu Vishnu gebetet, dass er dir hilft, in deinem neuen Lebensabschnitt Klarheit und Harmonie zu erlagen.«
»Oh«, sagte Ray verlegen. »Das ist nett von dir.« Es klang unbeholfen, aber er wusste nicht, was er sonst hätte sagen sollen.
Deependra lächelte. »Das muss dir nicht unangenehm sein. Ich weiß, dass du an all das nicht glaubst. Aber das macht nichts. Wie sagt man in eurer Kultur so schön? Wenn es nichts nützt, so schadet es auch nichts, richtig?«
Ray nickte: »Ja, da hast du wohl recht.«
Sie setzte ihren Weg fort. Für eine kurze Zeit gingen sie stumm nebeneinanderher. Sie erreichten das Ende der Straße und kamen an eine Kreuzung. Erneut wurden sie von Straßenlärm begrüßt. Gemeinsam mit dem allgegenwärtigen Geruch von Abfall und Dreck, den die Stadt aus jeder Ritze ausschwitzte. Immerhin gab es hier weniger Leute, sodass sie einigermaßen gut vorankamen.
»Sind Shrirelaans Sachen noch immer in deiner Wohnung?«, fragte Deependra nach einer Weile.
»Ja, natürlich. Weshalb?«
»Noch immer in den Kartons?«
Ray nickte. »Ja, wie das meiste. Mir fehlt einfach die Zeit, mich einzurichten.«
»Darf ich dir helfen?«
»Das ist nett von dir«, setzte Ray an. »Aber es ist wirklich nicht nötig. Du hast sicher genug zu tun.«
»Es gibt noch einige Andenken und Bilder, die sie in eurer Wohnung hatte. Samabi und ich würden uns freuen, wenn wir einige davon zu uns nehmen dürfen. Natürlich nur, falls das für dich in Ordnung ist.«
»Aber sicher«, sagte Ray. »Ihr könnt mitnehmen, was ihr möchtet.«
Deependra lächelte. »Danke. Wann kann ich bei dir vorbeikommen? Vielleicht heute Abend?«
Ray ließ den Blick über die Straße schweifen. Ein seltsames Gefühl erfasste ihn. Genau genommen hatte er es schon gehabt, als sie aus der Gasse getreten waren. Nur dass er es erst jetzt richtig wahrnahm. Er fühlte sich beobachtet. Er musterte die Fahrzeuge, die auf der Straße vorbeifuhren und miteinander um jeden Zentimeter rangen, konnte aber nichts entdecken. Dann blickte er zur gegenüberliegenden Seite.
Dort sah er ihn. Es war ein Typ in einem in die Jahre gekommenen Jeep. Er ließ einen Arm lässig aus dem Seitenfenster hängen und starrte Ray über eine nach unten geschobene Sonnenbrille an. Er wirkte eindeutig wie ein Einheimischer. Allerdings trug er einen Vollbart, was für diese Region eher untypisch war. Als er bemerkte, dass Ray ihn ebenfalls ansah, schob er die Sonnenbrille hoch und zog den Kopf zurück.
»Ray?«, meldete sich Deependra.
Er wandte sich um. »Wie?«
»Ich habe gefragt, ob ich heute Abend bei dir vorbeikommen kann.«
»Heute? Das ist schlecht«, sagte Ray.
Deependras Gesicht verwandelte sich wieder in das des besorgten Schwiegervaters.
Bevor er etwas erwidern konnte, fügte Ray hinzu: »Würde dir auch morgen früh passen? Ich hab meinen ersten Termin erst um neun.«
Deependra nickte zufrieden. »Gerne, also um halb acht?«
Ray sah wieder zum Mann im Wagen. Der hatte den Jeep gestartet und lenkte das Auto in den dichten Verkehr.
»Ja, um halb acht passt perfekt«, sagte er abwesend.
Der Jeep fädelte sich ein und nahm an Geschwindigkeit zu. Der Mann drehte den Kopf und sah nochmals zu Ray. Ihre Blicke trafen sich ein zweites Mal. Dann gab er Gas und verschwand im Strom der Fahrzeuge.
Der Schlag war nur eine vage Erinnerung. Ein kaum hörbares Echo, das verhallt war, noch bevor das Bewusstsein Notiz davon nehmen konnte.
Ein unangenehmes Gefühl machte sich bemerkbar. Es war schwer zu deuten. Es stammte von einer Art Oberfläche, einer Begrenzung, wie er sich bewusst wurde. Etwas, das das Innere vom Äußeren trennte. Sein Inneres von allem anderen.
Eine Stimme erklang. Sie schien von weither zu kommen und erreichte ihn als lang gezogenen, dumpfen Hall. »…lei … hööö … ich …«
Er versuchte die Augen zu öffnen, konnte aber nichts als weißen Nebel erkennen. Doch, da war etwas. Wie ein Tintenfleck, der sich auf Löschpapier ausbreitete, wuchs vor ihm eine Form an. Sie bildete eine Gestalt aus. Ein Gesicht. Daneben eine Hand. Sie schnellte auf ihn zu.
Instinktiv riss Elei den Arm hoch und schnappte danach.
»Denk nicht mal dran«, krächzte er benommen. Der weiße Nebel riss auf wie eine auseinandertreibende Wolkendecke. Keinen halben Meter über sich erkannte er Luis Gesicht.
»Elei«, rief er. Er wandte den Kopf zur Seite: »Er ist wach!«
Elei bemerkte, wie Bewegung um ihn herum entstand.
Lui sah ihn wieder an. Über seinem zerzausten Haar tauchten weitere Gestalten auf, die besorgt und leicht unschlüssig auf ihn herabblickten. Sie trugen Polizeiuniformen.
»Elei«, wiederholte Lui, »alles in Ordnung mit dir?«
In Eleis peripherem Sichtfeld tanzten noch immer verschwommene Punkte. Er kniff mehrmals die Augen zusammen, bis sie verschwanden.
»Was ist passiert?«, fragte er schwach. Er versuchte, den Kopf zu heben, aber ein Stechen im Hinterkopf zwang ihn wieder zurück.
»Sachte, Amico«, sagte Lui. »Du wurdest niedergeschlagen und hast eine ganz schöne Beule am Kopf. Sieht übel aus.«
Erschrocken stemmte sich Elei auf die Ellbogen. Der pulsierende Schmerz brandete erneut auf, aber er ignorierte ihn. Er sah sich um. Er lag mitten auf einer Straße. Dicht vor ihm standen zwei Streifenwagen. Er reckte den Kopf zur Seite. Zur Linken lag ein privater Vorplatz aus Pflastersteinen, dahinter folgte eine Hecke, über deren Rand die Spitze eines Dachgiebels zu sehen war. Auf der anderen Straßenseite lag das Haus mit den weißen Sichtbacksteinen. Schimmels Haus. Vor dessen Garage stand noch immer Eleis Fahrzeug, das den kleinen Kompaktwagen von H² blockierte.
»Was ist mit der Frau?«, fragte er.
»Die in der Klinik?«
»Ja, ist sie in Sicherheit?«
»Ich hab eine Streife hingeschickt. Sie sollte bald dort ankommen.«
Elei richtete sich noch etwas mehr auf. Lui rückte ein Stück zurück, um ihm Platz zu machen.
»Wie lange liege ich schon hier?«, fragte er.
»Nicht lange«, antwortete Lui. »Wir haben noch vor fünf Minuten miteinander telefoniert. Als wir angekommen sind, warst du schon hier auf dem Boden.«
In Luis Gesicht lag ein Ausdruck von Besorgnis. Und in ihm formte sich die stumme Frage, was zum Teufel hier passiert war. Elei sah zur Tür von Schimmels Haus. Sie war verschlossen. Schimmel musste ihn aus dem Keller hinaufgezogen und auf die Straße gelegt haben. Der Kerl hatte sich die Mühe gemacht, seine fast neunzig Kilo zwei Dutzend Stufen hochzuschleifen und ihn dann nach draußen zu ziehen, über fünf Meter Gehweg und zwei weitere Meter Straße. Spätestens hier hatte ihn jeder sehen können. Ein erheblicher Zeitaufwand, wenn man bedachte, dass die Polizei unterwegs war. Und ein ziemliches Risiko. Dafür konnte es nur einen Grund gegeben haben.
»Wart ihr schon drin?«, fragte Elei.
»Wo?«
»In Schimmels Haus.«
»Nein«, sagte Lui. »Wir sind ja gerade erst angekommen.«
»Scheiße!« Elei richtete sich ganz auf und stemmte sich mit einem Ächzen hoch. Sein Körper fühlte sich an, als wäre er von einem Hochhaus gestürzt. Lui half ihm auf.
»Wir müssen sofort rein. Vielleicht ist er noch da.«
»Wer?«, fragte einer der Streifenpolizisten. Neben seinem Kopf projizierte die Bridge Namen und Dienstgrad des Mannes. Marvin Bader, Polizeimeister.
»Schimmel«, sagte Elei. »Zwei Mann kommen mit mir vorne rein. Lui, du gehst mit zwei Männern zur Hintertür.«
Elei fasste sich ans Holster. Zu seiner Überraschung befand sich seine Waffe noch an ihrem Platz. Er nahm sie in die Hand und überprüfte sie. Zog den Schlitten zurück, um zu sehen, ob etwas verklemmt oder manipuliert war. Alles in Ordnung. In der Patronenkammer lag eine Kugel. Er zog das Magazin raus. Voll. Alles so, wie es sein sollte.
Lui legte ihm eine Hand auf den Arm. »Elei, du solltest ins Krankenhaus, du hast vielleicht eine Gehirnerschütterung.«
»Geht schon«, sagte Elei.
»Das ist unvernünftig«, beharrte Lui. »Du solltest zumindest hierbleiben und uns das machen lassen.«
»Ich lass mich später untersuchen, versprochen.«
Er marschierte zum Eingang von Schimmels Haus. Lui und die Streifenpolizisten folgten ihm.
»Hinten befindet sich eine Verandatür«, sagte er zu Lui. »Gib mir ein Zeichen, wenn ihr dort seid. Wir gehen gleichzeitig rein.«
Lui nickte und gab zweien der Streifenpolizisten einen Wink, ihm zu folgen. Sie gingen zum Gartentor und bahnten sich einen Weg durchs kniehohe Gras. Elei stellte sich neben die Haustür. Die beiden anderen Polizisten zogen ihre Waffen. Einer ging auf der anderen Seite der Tür in Position, die Waffe im Anschlag und leicht nach unten gerichtet. Es war Bader. Der andere Mann warf einen Blick durchs Küchenfenster. Er sah zu Elei und schüttelte den Kopf.
Elei schaute über die Schulter. Lui war mit seinen Männern bereits im Garten verschwunden. Er hörte das Rascheln des Grases. Nach zwanzig Sekunden projizierte die Bridge eine Nachricht auf seine Netzhaut. »Bereit.«
Elei tippte die Nachricht an und diktierte seine Antwort: »Jetzt.« Er gab Bader ein Zeichen. Der Polizist nickte zur Bestätigung. Elei drehte den Knauf. Die Tür war unverschlossen. Bader machte einen Schritt zurück und trat gegen die Tür. Sie flog auf. Elei schwenkte seine SFP9 in einem weiten Bogen durch den Eingang. Es war niemand zu sehen.
»Eingang gesichert«, sagte er.
Durch die Tür zum Wohnzimmer sah er Lui mit gezogener Waffe durch die offene Verandatür treten. Hinter ihm folgten die beiden Polizisten. Lui sah sich um. »Wohnzimmer gesichert.«
Bader schritt an Elei vorbei und bezog links am Durchgang zur Küche Stellung. Obwohl von draußen nichts zu sehen gewesen war, wiederholten sie die Prozedur auch hier. Dieses Mal mit vertauschten Rollen. Bader sicherte den Raum, Elei gab ihm Deckung. Wie erwartet war der Raum leer. Die vor Dreck starrende Küche lag verlassen vor ihnen. Von Schimmel fehlte jede Spur.
Fünf Sekunden später hatten sie sich im Eingang versammelt. Elei dirigierte drei Streifenpolizisten mit einer Geste nach oben. Die Männer arbeiteten sich in den ersten Stock vor, während Elei, Lui und Bader das Erdgeschoss und die Tür zum Keller im Blick hielten. Nach einer halben Minute kamen sie wieder runter.
Der vordere schüttelte den Kopf.
»Der Keller«, sagte Elei.
Er gab Bader ein Zeichen, und sie postierten sich vor der Kellertür. Auf ein Kopfnicken hin stieß Bader sie auf. Unten erwartete sie völlige Dunkelheit. Elei bedeutete den anderen, sich hinter dem Türrahmen zu halten. Sollte Schimmel unten mit einer Waffe auf sie warten, wären sie ein leichtes Ziel. Bader zog eine Stablampe aus seiner Gürteltasche und gab sie Elei. Er schob sich in den Türrahmen, ging in die Hocke und warf einen raschen Blick nach unten. Es war niemand zu sehen.
»Frei«, sagte Elei. Sie drangen weiter vor. Es roch nach Feuchtigkeit und nassem Stein. Unten waren alle Türen verschlossen. Sie sicherten einen Raum nach dem anderen. Erst den Vorratsraum, dann die Waschküche, schließlich den Heizungsraum. Nirgends auch nur eine Spur von Schimmel. Die Tür, hinter der die Frau gelegen hatte, wurde als letzte aufgetreten.
Wie Elei bereits vermutet hatte, war auch der Raum leer. Durch das Oberlicht drangen schwache Sonnenstrahlen herein. Elei erkannte sofort, dass er mit seiner Befürchtung richtiggelegen hatte. Das karge Licht streifte die Vorderkante des Tischs, der im Halbschatten unter dem Fenster stand. Es war die einzige Kontur im Raum. Dort, wo die Liege gestanden hatte, traf das Licht nur nackten Betonboden.
Elei schaltete die Lampe ein. Unter dem Schein der Glühbirne wirkte der Raum nicht mehr wie die Folterkammer, die er nur Minuten zuvor gesehen hatte. Es waren bloß vier etwas heruntergekommene Wände, ein Betonboden, eine Betondecke, ein Oberlicht, ein alter Tisch und eine Glühbirne. Harmlos. Ein unbenutzter Kellerraum. Mehr nicht.
»Er hat die Spuren beseitigt«, sagte Elei.
»Welche Spuren?«, fragte Lui, der neben ihm in den Türrahmen trat.
»Er hat die Frau hier festgehalten. Vermutlich einige Tage.« Er zeigte in die Mitte des Raums. »Sie war da auf einer Liege festgebunden.«
»Scheiße«, sagte Lui. »Was hat er mit ihr gemacht?«
»Weiß ich nicht«, antwortete Elei. »Sie war kaum noch bei Bewusstsein. Ruf die Tüvs. Die sollen hier alles gründlich durchsuchen. Schimmel kann in der kurzen Zeit unmöglich alle Spuren vernichtet haben.«
Elei ließ Bader und einen seiner Kollegen vor dem Raum Posten beziehen und ging mit Lui und den anderen wieder hinauf. Oben angekommen, erschien am linken Rand seines Sichtfelds ein Anruf von Adler. Elei warf einen kurzen Blick zu Lui und nahm ihn an.
»Sagen Sie mir nicht, dass Sie gerade einen Einsatz bei einem H²-Mitarbeiter leiten!«, eröffnete der Polizeidirektor das Gespräch. Seine Worte kamen wie gestanzt aus dem Mund, jedes einzelne unter kaum kontrollierbarem Ärger hervorgepresst.
»Doch«, sagte Elei. »Das tue ich.«
Am anderen Ende wurde es kurz still. Von der direkten Antwort offenbar überrascht, schienen Adler die Worte zu fehlen. Oder er dachte darüber nach, wie er reagieren sollte.
»Na gut«, fuhr er in beherrschtem Ton fort. »Darüber, dass sie meine Anweisung ignoriert haben, reden wir später. Was ist passiert?«
Elei schilderte in knappen Worten die Geschehnisse. Angefangen beim Zweck seines Besuchs über Schimmels Angriff, das Auffinden der Gefangenen, ihren besorgniserregenden Zustand bis hin zu den beseitigten Spuren in der Folterkammer.
»Okay«, sagte Adler, nachdem Elei geendet hatte. »Das ist eine ganz neue Ausgangslage.«
Elei war klar, was er damit meinte. Die Tatsache, dass Schimmel die Frau in seinem Privathaus gefangen gehalten hatte, ließ vermuten, dass das Ganze nichts mit dem Konzern zu tun hatte. Ein Einzeltäter mit einem vielleicht persönlichen Motiv. Keine Verbindung zu H². Falls das zutraf, war der Konzern aus dem Schneider. Und damit wäre auch sein politischer Würgegriff beendet.
»Schimmel ist also verschwunden?«, fragte Adler.
»Ja, er ist weg.«
»Und was ist mit der Frau?«
»Sie dürfte inzwischen im Krankenhaus sein. Wir haben eine Streife hingeschickt. Ich gehe jetzt zu ihr.«
»Machen Sie das. Vernehmen Sie sie, sobald das möglich ist. Wir brauchen ihre Zeugenaussage. Das wird darüber entscheiden, wie es weitergeht.«
»Wir sollten Schimmel zur Fahndung ausschreiben.«
Wieder blieb es am anderen Ende kurz still. Dann sagte Adler: »In Ordnung. Ich leite das in die Wege. Halten Sie mich auf dem Laufenden. In spätestens zwei Stunden erwarte ich einen Bericht von Ihnen.«
»Okay.«
»Und noch etwas, Berisha«, fügte Adler hinzu.
»Ja?«
»Machen Sie noch mal so einen Alleingang, und Sie sind gefeuert.«
Wenn man in einen der ursprünglichen Stadtteile wie den Banashankari eingetaucht war, fühlte sich das Betreten des Bagmane Tech Park an wie die Landung auf einem fremden Planeten. Die monumentalen Gebäudekomplexe mit den gepflegten Plätzen und Parklandschaften hätten kaum einen größeren Kontrast zu den überfüllten, chaotischen und von Dreck starrenden Straßen des alten Bengaluru bieten können. Ray hatte nach dem Treffen mit Deependra einen Volocopter vom Voloport der indischen Landesbank genommen, der ihn über die Flugroute nach Richmond Town und Indiranagar direkt zum Tech Park gebracht hatte.
Als die Uber-Drohne das Verwaltungsgebäude des Parks erreicht hatte, wurde das Surren der Rotoren etwas tiefer. In etwa dreihundert Metern Höhe kam der Volocopter zum Stehen. Ray beobachtete, wie sich die Drohne zu den begrünten Dächern der Tech-Konzerne herabsenkte, sie passierte und schließlich zwischen den spiegelnden Gebäudefronten von Oracle, Infosys und Dell dem Dach des Verwaltungsgebäudes entgegenglitt.
Der Volocopter setzte weich auf dem Landeplatz auf. Die elektronische Stimme des Bordcomputers verabschiedete sich mit einem angenehmem britisch-englischen Akzent, und eine Flügeltür schwang automatisch auf. Ray stieg aus. Die zahlreichen Rotoren, die an einem ringförmigen Geäst aus weißen Verstrebungen befestigt waren, linderten die sengende Hitze mit einem leichten Luftzug.
Der Voloport des Tech-Parks war auf das Dach des Verwaltungsgebäudes aufgesetzt worden und bestand aus drei Landeplätzen und einem kleinen gläsernen Pavillon mit einem Schalter und zwei Fahrstühlen. Ray grüßte den Mann hinter dem Schalter und ließ sich vom Fahrstuhl zum Erdgeschoss bringen.
Vor dem Verwaltungsgebäude erstreckte sich ein weitläufiger Platz, an dessen Enden sich allerlei architektonisch ausgefallene Fassaden in den Himmel erhoben. Das Center for Neurological Disorders lag am nördlichen Ende des Platzes. Es handelte sich um einen schlichten Glasbau mit elf Stockwerken, der sich zwischen den restlichen Gebäuden wie ein unscheinbarer Winzling ausnahm. Ray bahnte sich einen Weg zwischen von Palmen besetzten Grüninseln hindurch auf das Gebäude zu.
Als er durch die Drehtür in die Lobby des CND trat, erwartete ihn eine Wand aus kühler Luft. Vor dem Empfangstresen, der sich über fast die gesamte Breite des Empfangsbereichs der Klinik erstreckte, stand Kausalia Malhotra und sprach mit einem dahintersitzenden medizinischen Praxisangestellten. Mit einer Größe von knapp eins fünfzig überragte sie den Tresen nur unwesentlich. Ihr weißer Arztkittel reichte ihr bis unter die Knie. Allerdings kompensierte sie ihre geringe Körpergröße mit einem an Unnahbarkeit grenzenden Selbstbewusstsein, das die Kompetenz und Erfahrung einer Fachärztin mit zwei Doktortiteln in Neurologie und innerer Medizin zum Ausdruck brachte. Die kurzen grauen Haare, die ihrem ansonsten feinen Gesicht einen resoluten Ausdruck verliehen, trugen ein Übriges dazu bei. Als sie Ray bemerkte, sprach sie ein paar letzte Worte zum Praxisangestellten und wandte sich ihm zu.
»Da bist du ja endlich. Ich habe schon fast eine Vermisstenanzeige geschaltet«, frotzelte sie.
Ray hob die Augenbrauen. »Bin ich zu spät?«
Sie lächelte. »Nein, ich hab nur noch nie erlebt, dass du länger als eine Viertelstunde Pause machst.«