Humanity: Tödliches Upgrade - Folge 3 - Till Berger - E-Book

Humanity: Tödliches Upgrade - Folge 3 E-Book

Till Berger

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Beschreibung

Hauptkommissar Elei Berisha, seine Frau Hannah und der Forscher Ray Kohagen entdecken eine Bedrohung in der revolutionären Link-Technologie des mächtigen H²-Konzerns: In den falschen Händen ist sie eine grausame neue Waffe! Die Ermittlungen werden zu einem Wettlauf gegen die Zeit. Ihr Gegner schreckt vor nichts zurück - und er ist technisch weit überlegen!

"Ich konnte die vier Bücher nicht aus der Hand legen - sie fesselten mich von der ersten bis zur letzten Seite und ließen mich nachdenklich und atemlos zurück. Die Reihe ist nicht nur super recherchiert (Till Berger ist Biologe), sondern auch sprachlich beeindruckend. Das Beste aber: Die Charaktere sind authentisch, tiefgründig und sind mir richtig ans Herz gewachsen. Ein absolutes Lesehighlight!" Petra Ivanov, Autorin der Kryo-Trilogie

Über die Serie:

Nanotechnologie, die Verstand und Technik verschmilzt.

Eine Handvoll Verbündeter im Kampf gegen eine tödliche Verschwörung.

Ein Rennen gegen die Zeit - das Schicksal der Menschheit steht auf dem Spiel!

Eine atemberaubende Thriller-Serie, eine fesselnde Reise durch Technologie, Macht und die Abgründe der menschlichen Seele. Bist du bereit, die Wahrheit zu enthüllen?

E-Books von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung!

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Inhalt

CoverGrußwort des VerlagsÜber diese FolgeHUMANITY – Tödliches UpgradeTitelDormanzReactioBig BrotherAbweichungNachrichtDistributionKontrolliertVerräterReiseUpgradeGekauftSchwachstelleElefantJoystoreSpinneHighZieländerungNN191Zu spätKäferSnoopySatellitDurchbruchInfektionSilbertablettGefahrenstufeSchwarze FabrikSondereinsatzkommandoDiffuserNeuronMaschineGemeinsamer FeindIn der nächsten FolgeÜber den AutorImpressum

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Über diese Folge

Hauptkommissar Elei Berisha, seine Frau Hannah und der Forscher Ray Kohagen entdecken eine Bedrohung in der revolutionären Link-Technologie des mächtigen H²-Konzerns: In den falschen Händen ist sie eine grausame neue Waffe! Die Ermittlungen werden zu einem Wettlauf gegen die Zeit. Ihr Gegner schreckt vor nichts zurück – und er ist technisch weit überlegen!

HUMANITY – Tödliches Upgrade

Nanotechnologie, die Verstand und Technik verschmilzt.

Eine Handvoll Verbündeter im Kampf gegen eine tödliche Verschwörung.

Ein Rennen gegen die Zeit – das Schicksal der Menschheit steht auf dem Spiel!

Vier atemberaubende Thriller-Folgen, eine fesselnde Reise durch Technologie, Macht und die Abgründe der menschlichen Seele. Bist du bereit, die Wahrheit zu enthüllen?

T I L L B E R G E R

Folge 3

Dormanz

Das Tal der Könige.

Die weitläufige QLiv-Lobby war in beruhigenden Brauntönen gehalten. Der Raum war leicht abgedunkelt, von der hohen Decke plätscherte seichte Entspannungsmusik.

Ray blickte durch eine breite Glasfront direkt auf die Haupthalle des auberginenförmigen Baus. Auch hier herrschte gedämpftes Licht. Der Boden der Haupthalle war ein Stockwerk nach unten versetzt und durch unzählige Dormanzapparate vereinnahmt. Die zylinderförmigen schwarzen Türme verloren sich weiter hinten im Halbdunkel. Jemand hatte die Halle mal das Tal der Könige genannt. Die moderne Entsprechung der Reinkarnationstempel, die sich die ägyptischen Könige in Form von Pyramiden hatten erbauen lassen. Ray fand den Vergleich gar nicht so unpassend. Die Einlagerung in einen der Dormanzapparate kostete durchaus ein königliches Vermögen.

Es gab allerdings einen entscheidenden Unterschied. Im alten Ägypten hatte man den Herrschern nach ihrem Tod das Gehirn aus der Nase gezogen und wie die anderen Organe in Tongefäßen gelagert. Ihre Körper waren aufwendig einbalsamiert worden, damit sie für das Jenseits unversehrt blieben.

Bei der modernen Entsprechung von QLiv wurde nur das Gehirn aufbewahrt. Der restliche Körper war für das digitale Jenseits überflüssig. In den Dormanzapparaten lagerten über viertausend Gehirne von Verstorbenen und warteten auf den Tag, an dem sie aus dem langen Schlaf geholt wurden. Und es wurden täglich mehr.

»Ray, schön, dich zu sehen.«

Ein Mann im schwarzen Anzug kam auf ihn zu. Er wirkte ein wenig wie ein Bestatter. Sein Lächeln hatte den bedacht-anteilsamen Charakter, den man hinterbliebenen Familienmitgliedern entgegenbrachte. Aber es war auch persönlich und offen.

»Geoffrey!« Ray gab ihm die Hand. »Danke, dass ich sie besuchen kann.«

»Dafür sind wir doch da.«

Als die Dormanzanlage von QLiv gebaut worden war, hatte man keine Besuchsoption vorgesehen. Schließlich lagen hier nur Gehirne in verschlossenen Kisten. Aber es hatte sich herausgestellt, dass viele der Hinterbliebenen das Bedürfnis hatten, ihren schlafenden Verwandten oder Partnern manchmal nahe zu sein. Also hatte man Besuchsräume eingerichtet.

Ray hatte das Bedürfnis nie verstanden. Die Gehirne wurden auf einem minimalen Stoffwechselniveau gehalten und zeigten quasi keine neuronale Aktivität mehr. Es waren nur noch Organe, von denen man sich erhoffte, dass sich in ihrer Struktur noch das Wesen ihrer einstigen Besitzer verbarg.

Heute war Ray allerdings froh, Shirelaan besuchen zu können. Warum, konnte er nicht genau sagen. Möglicherweise weil er sich versichern wollte, dass ihr Gehirn tatsächlich noch da und stabil war. Vielleicht war es auch nur das schlechte Gewissen, das Deependra ihm eingeimpft hatte. Sein Schwiegervater war der Meinung, dass Shirelaans Seele durch die Erhaltung des Gehirns in einer Zwischenwelt gefangen war, wo weder Sterben noch Wiedergeburt möglich waren. In gewisser Weise hatte er damit ja auch recht. Natürlich zeigten die hier gelagerten Gehirne keine eigentliche Hirnaktivität mehr. Dennoch lebten ihre Zellen weiter, und niemand konnte mit absoluter Sicherheit sagen, was in den Hirnwindungen alles vor sich ging. Wissenschaftlich gesehen war es aber ausgeschlossen, dass es sich dabei um Gedanken oder Emotionen handelte. Trotzdem plagten Ray nach der Auseinandersetzung mit Deependra unangenehme Zweifel, die er nicht ganz zu fassen bekam.

Geoffrey begleitete ihn zu einem Aufzug an der Seite des Foyers, und sie fuhren auf die untere Ebene. Der Besuchsraum war ebenfalls in Dunkelbraun gehalten. Auch hier plätscherte beruhigende Musik aus einem Lautsprecher. Am Ende des kleinen Raums befand sich eine Vertiefung in der Wand, eine Art Erker, in dem sich von Vorhängen eingefasst eine Dormanzwabe befand. Es handelte sich um einen schwarzen, sechseckigen Zylinder von vierzig Zentimetern Durchmesser und knapp einem Meter Länge. Neben ihm stand eine Vase mit Blumengesteck.

»Der Akku reicht für vier Stunden, aber wir empfehlen, den Besuch trotzdem möglichst kurz zu halten«, informierte ihn Geoffrey.

Ray nickte. »Danke.«

Geoffrey zog sich leise zurück und schloss die Tür.

Ray stellte sich vor die Wabe. Auf ihrer Oberseite lag ein Bildschirm. Er zeigt 234 Minuten an. Ray strich über das Gehäuse. Das Metall fühlte sich kalt an. Im Innern der Dormanzwabe war es knapp über null Grad. Eine Mischung aus Sauerstoff und Nährstoffen strömte durch das Gehirn und schützte die Zellen mit zahlreichen Chemikalien vor Schäden. Im Gewebe befanden sich außerdem zweihundert Millionen QLinks. Ihre Aufgabe war es, die Gehirnprozesse in einem unstrukturierten Muster minimal zu stimulieren, damit es seine Funktion nicht einstellte und starb. In diesem Zustand konnte die Gehirnfunktion für voraussichtlich siebzig Jahre aufrechterhalten werden.

Das war alles, was von Shirelaan übrig geblieben war. Ein Gehirn in einer Kiste, angeschlossen an Schläuche und Sensoren.

Ray setzte sich und betrachtete das Gehäuse. Eine Zeit lang saß er nur still da und ließ die Musik auf sich herabplätschern. Er suchte nach den Gefühlen, die ihn sonst immer erfassten, wenn er an sie dachte. Doch er fand nichts. Wahrscheinlich war die Situation einfach zu surreal.

»Ich hole dich wieder zurück«, sagte er leise, nur um die Stille zu durchbrechen. Seine Stimme klang belegt.

Danach nahm die Musik den Raum wieder für sich ein. Nach einer Weile warf Ray einen Blick auf die Anzeige. Noch 215 Minuten. Er hatte zwanzig Minuten hier gesessen, ohne etwas zu tun oder zu denken. Ob es an der betäubend monotonen Musik lag oder an seiner inneren Leere, wusste er nicht, aber irgendwann begann er zu reden.

»Weißt du, vielleicht haben wir einen ersten Durchbruch erzielt.« Er erzählte von der lebensechten Simulation am Pier. Von dem Symbol des Endlosknotens, das ihm an dessen Ende entgegengeleuchtet hatte. Und von der schwarzen Tentakelfläche, die ihn gejagt hatte. Dann berichtete er von der Sabotage, von Kariukis Tod und auch davon, dass er selbst beinahe umgebracht worden wäre. Er redete sich die Last der letzten beiden Tage von der Seele.

Als er geendet hatte, wurde es wieder still im Raum. Der Bildschirm zeigte 193 Minuten. Es war Zeit zu gehen. Aber es gab noch etwas, das er ihr sagen musste.

»Deependra weiß, dass du hier bist. Er hat mir fast den Kopf abgerissen. Er will, dass ich dein Gehirn verbrenne, damit du deinen Wiedergeburtszyklus abschließen kannst.« Er strich mit der Hand über die Wabe. »Ich verstehe ihn. Aber ich kann das einfach nicht tun. Ich will es nicht. Ich weiß, dass du noch da bist. Du bist noch da drin. Wie kann man von mir verlangen, dich zu verbrennen?«

Die Wabe gab keine Antwort.

»Ich hoffe, dass du das auch noch so siehst«, fuhr er fort. »Oder dass du mir zumindest verzeihst.«

Er küsste seine Finger und drückte sie gegen das kalte Metall. »Halte durch, meine Süße.«

Ein durchdringendes Alarmsignal ertönte. Er kam von der Dormanzwabe. Ray sah verwirrt auf den Bildschirm. Statt einer Zahl standen dort drei Buchstaben: »RAY«.

Die Tür wurde aufgerissen, und Geoffrey stürmte herein.

»Was ist passiert?«

Ray sah auf.

Geoffrey hastete zur Wabe. In diesem Moment verstummte der Alarm wieder. Ray sah auf den Bildschirm. Er zeigte erneut die verbleibenden Minuten an.

Reactio

Das Hauptgebäude des BND verfügte über zwei gewaltige Atrien mit endlosen weißen Marmorböden und kantigen Säulengängen, die den gewaltigen Raum auf sieben Stockwerken umrundeten. Offiziell hieß es, das Gebäude solle mit seiner Architektur Modernität und Transparenz vermitteln. Hannah vermutete jedoch, dass sich der Architekt Jan Kleihues damit einfach nur ein Denkmal hatte setzen wollen. Typisch Mann. Immer darauf bedacht, Größe und Überlegenheit zu demonstrieren. Hannah wollte gar nicht wissen, was diese Penisverlängerung damals gekostet haben musste.

Ihre Absatzschuhe klackerten auf dem auf Hochglanz polierten Boden, als sie das südliche Atrium auf dem Weg zu Anton Grabers Büro durchquerte. Der BND-Direktor hatte sie um eine persönliche Berichterstattung zu ihrem gestrigen Besuch bei Elei gebeten. Das war allerdings nur die schöne Form, seine Nachricht vom Morgen zu interpretieren. Marschbefehl hätte vielleicht besser gepasst. Die Tonalität der Nachricht hatte klargemacht, dass Hannahs Karriere auf Messers Schneide stand und Graber sich nicht die Mühe zu machen brauchte, sich mit Höflichkeiten aufzuhalten.

Aber Hannah war fest entschlossen, sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Zumal ihr ein weit größeres Problem Sorgen bereitete: Elei. Sie musste versuchen, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, ohne dabei selbst über die Klinge zu springen. Ihr Entschluss, erst mal zu warten und die Situation zu erfassen, hatte sich gefestigt. Sie musste zunächst wissen, was hier tatsächlich vorging, bevor sie etwas unternehmen konnte. Sonst wäre die Sache ein reiner Blindflug. Und der endete bekanntlich in einer Bruchlandung.

Sie war derart in ihre Gedanken vertieft, dass sie die näher kommenden Stimmen fast nicht bemerkt hätte.

»Endlich können wir dem Wichser eine Revanche geben«, hörte sie eine leicht quäkende Männerstimme.

Sie kam vom Ende des Atriums. Noch war niemand zu sehen, da der Gang um die Ecke zu den Fahrstühlen verlief, doch sie wusste genau, zu wem die Stimme gehörte. Instinktiv machte sie einen Bogen nach rechts und verschwand so leise, wie es ihre Schuhe zuließen, hinter einer der seitlichen Säulen.

»Das Arschloch wird sich wünschen, nie geboren worden zu sein«, stimmte ein anderer mit ein.

Kurz darauf marschierten zwei Männer an ihr vorbei. Lars und Konstantin. Ehemalige Agenten, die mit Elei am gescheiterten Einsatz in Libyen beteiligt gewesen waren. Seit einigen Jahren waren sie in Berlin in die Spionageabwehr eingeteilt und gehörten zu Grabers engerem Kreis. Zwei breitschultrige Kerle mit unterirdisch wenig Manieren und noch weniger Anstand und Ehrgefühl.

»Meinst du, wir dürfen ihm auch ein bisschen wehtun?«, fragte Konstantin.

»Ich habe nicht gehört, dass was dagegenspricht«, grinste Lars.

»Ich hoffe, die Drecksratte wehrt sich.«

»Der pisst sich doch gleich in die Hose, wenn er uns sieht.«

Keuchendes Lachen hallte durch das Atrium, während sich die Männer entfernten.

Hannah war sofort klar, um wen es ging. Elei stand seit der Sache in Libyen bei vielen auf der Abschussliste. Aber niemand hasste ihn so sehr wie Lars und Konstantin. Sie hatten damals zwei ihrer besten Kumpels verloren und schworen seither Rache.

Offenbar hatte Graber beschlossen, auf Nummer sicher zu gehen. Er hatte die beiden Schlägertypen von der Leine gelassen, um seine Botschaft an Elei zu untermauern.

Hannahs Plan, die Lage erst einmal zu analysieren, löste sich augenblicklich in Luft auf. Die Situation schien zu eskalieren, noch bevor sie richtig begonnen hatte. Aber Grabers Plan, Elei mit Druck zum Schweigen zu bringen, würde nicht aufgehen. Sie kannte Elei. Er war kein Mensch, der sich unter Druck zusammenstauchen ließ. Actio gleich Reactio. Die Folge wäre nur, dass ihr Mann in den Gegenangriff überging. Selbst wenn das bedeutete, dass er gegen den ganzen Staat antreten musste. Und Hannah kannte auch Graber. Wenn er sich durch Elei bedroht sah, würden die beiden Schläger bestimmt nicht das letzte Mittel sein, um ihn zum Schweigen zu bringen.

Sie musste Elei warnen. Sie schaltete ihre Bridge aus und zog eine Prepaid-Smartwatch aus der Tasche, die sie am Morgen in einem Lebara-Store gekauft hatte.

Sie musste davon ausgehen, dass Graber ihr nur sehr bedingt vertraute. Sie an seiner Stelle würde es jedenfalls nicht tun. Schließlich hatte der BND-Chef niemand Geringeren als ihren Mann im Fadenkreuz. Ein offensichtlicher Interessenskonflikt.

Es war folglich wahrscheinlich, dass ihre Aktivitäten im BND-Netzwerk überwacht würden. Hannah vermutete, dass sie die Smartwatch für einen guten Tag benutzen konnte, ohne dass das Gerät auf dem Radar des BND auftauchte.

Sie wählte Eleis Nummer. Doch statt eine Verbindung herzustellen, meldete die Smartwatch, dass er offline war. Sie hinterließ eine Nachricht, in der sie den Besuch von Lars und Konstantin ankündigte und ihn nochmals beschwor, sich um Himmels willen ruhig zu verhalten.

Danach lehnte sie sich gegen die kalte Säule und kaute auf der Unterlippe herum. Sie fällte einen Entschluss. Sie konnte Elei nicht sich selbst überlassen, so viel war klar. Falls es hart auf hart kam, musste sie etwas in der Hand haben, um seine Story stützen zu können.

Und sie wusste auch, wo sie danach suchen musste.

Big Brother

Elei verfolgte auf seinem Tablet, wie Raymond Kohagen den H²-Campus über einen Seitenausgang auf der südwestlichen Seite des Rings verließ. Der Forscher hatte sich für knapp zwei Stunden auf dem Gelände aufgehalten. Der rote Punkt des Peilsenders war direkt zum Neuron gewandert, wo Kohagen vermutlich mit Sandberg gesprochen hatte. Danach hatte er sich zu einem anderen Gebäude bewegt, das auf den Satellitenbildern wie eine liegende Aubergine aussah.

Das Internet gab nicht viel über das Gebäude her. Elei fand lediglich in einer Reddit-Gruppe etwas darüber, die sich »watch out h+« nannte. Darin schrieb ein Kommentator, dass es sich um eine Art technisch hoch entwickeltes Mausoleum handle, in dem Verstorbene in Kryotanks eingefroren seien, damit sie mit einer zukünftigen Technologie irgendwann wiederbelebt werden könnten. Andere Kommentatoren behaupteten, dass nicht die ganzen Körper, sondern nur die Gehirne der Toten aufbewahrt würden. Ob es sich dabei um begründete Vermutungen handelte oder um reine Spekulationen, ließ sich auf die Schnelle nicht überprüfen. Erneut musste Elei feststellen, wie sehr ihm Winnies Big-Data-Analysen fehlten.

Er saß in seinem Auto südöstlich des Campus auf einem kleinen Edeka-Parkplatz. Sein alter Kumpel aus dem BND hatte recht behalten, der Peilsender an Kohagens Gürtel schien bisher nicht entdeckt worden zu sein. Er sendete ein als Bridge getarntes Funksignal aus, das im allgegenwärtigen Datenstrom unterging. Der rote Punkt bewegte sich an dem Ring entlang auf der Mollstraße nach Westen.

Elei startete den Wagen und steuerte ihn in den dichten Verkehr. Als er Kohagen wenig später durch die Windschutzscheibe erblickte, erreichte der die Kreuzung zur Otto-Braun-Straße und blieb am Bordstein stehen. Elei hielt am Straßenrand an und suchte die Umgebung nach möglichen Verfolgern ab. Nachdem der Forscher am Flughafen von drei H²-Sicherheitsleuten abgeholt worden war, wäre zu erwarten gewesen, dass er auch jetzt über einen Personenschutz verfügte. Aber Elei konnte niemanden entdecken, der auch nur annähernd als Sicherheitspersonal durchging. Also hatte sich der Forscher entweder alleine davongemacht, oder seine Bewacher folgten ihm wie Elei in einem Auto.

Kohagen winkte sich ein Community-Taxi heran. Das gelbe Fahrzeug in der Form eines eckigen Fünfsitzers aus der Jahrtausendwende hielt vor ihm an. Kohagen sprach mit dem Fahrer durch das Beifahrerfenster.

Berlin war eine Stadt des Fortschritts. Aber auch ein Zentrum für Freigeister, Verschwörungstheoretiker, Technologiegegner, Nostalgiker und alle Arten von Leuten, die sich nicht auf Schritt auf Tritt von Big-Brother überwachen lassen wollten. Dementsprechend existierten neben dem Netz aus selbstfahrenden D-Cab-Taxis auch sogenannte analoge Angebote, die – abgesehen von den überall vorhandenen Sicherheitskameras – keine digitalen Spuren der Reiserouten ihrer Passagiere sammelten. Dass sich Kohagen als Mitarbeiter eines Technologiekonzerns eines dieser analogen Taxis nahm, bestätigte Eleis Vermutung. Der Forscher wollte sich unbemerkt davonmachen.

Nach ein paar gewechselten Worten stieg Kohagen ein, und das Taxi fuhr in östlicher Richtung davon. Elei folgte ihm in rund hundert Metern Distanz. Während der Fahrt prüfte er die Umgebung, konnte jedoch kein Fahrzeug entdecken, das den Weg des Taxis nachvollzog. In der Nähe der U-Bahn-Station des Tierparks hielt das Community-Taxi an, und Kohagen stieg aus.

Elei beobachtete, wie er dem gelben Auto nachsah, bis es verschwunden war. Dann hob Kohagen erneut die Hand und winkte ein anderes Community-Taxi zu sich. Das Fahrzeug hielt vor ihm am Straßenrand. Dieses Mal handelte es sich um eine dieser Familienkutschen, die man früher Kombi genannt hatte. Kohagen stieg ein und ließ sich kurz darauf beim Schloss Köpenick absetzen, wo er die Prozedur wiederholte und ein drittes Taxi bestieg. Offenbar versuchte er, seine Spur so gut wie möglich zu verschleiern.

Elei fragte sich, was Kohagens Ziel war, hatte aber aufgrund der eingeschlagenen Richtung bereits eine Ahnung.

Das dritte Taxi fuhr weiter nach Osten in den Bezirk Treptow-Köpenick. Die Hausfassaden wichen dichten Baumbeständen. Da der Verkehr in dieser Gegend deutlich abnahm, vergrößerte Elei den Abstand. Nach vier Kilometern durch den Wald folgte ein unscheinbares kleines Dorf, nach dessen Ende das Taxi auf eine Waldstraße Richtung Süden abbog. Spätestens jetzt war klar, welches Ziel Kohagen ansteuerte.

Elei folgte dem roten Punkt tiefer in den Wald hinein. Das Taxi verlor sich in immer schmaleren Straßen, bis es schließlich sein Ziel erreichte. Das Waldhaus von H². Der Tatort, an dem sich Kariuki Mugo drei Tage zuvor selbst verstümmelt und anschließend eine Gabel in den Hals gerammt hatte.

Das Taxi hielt in etwa fünfzig Metern Entfernung in einer Wegausbuchtung, auf der im Satellitenbild ein großer Stapel aus geschlagenem Holz sowie verschiedene Werkzeuge für Waldarbeiten zu sehen waren. Kurz darauf bewegte sich der rote Punkt deutlich langsamer Richtung Waldhaus. Kohagen ging das letzte Stück zu Fuß.

Elei schloss zum Taxi auf und kam direkt dahinter zum Stehen. Der Holzstapel war noch immer da, nur das Werkzeug war inzwischen weggeräumt worden. Elei stieg aus und ging zum Taxi. Der Fahrer kurbelte von Hand die Scheibe seines mindestens fünfzig Jahre alten Mercedes herunter.

Elei hielt ihm die Dienstmarke hin. Er hatte die Plastikkarte immer bei sich, falls er auf jemanden traf, der keine Bridge trug. Adler hatte vergessen, sie ihm bei der Suspendierung abzunehmen. Elei hatte sich keine Mühe gemacht, ihn darauf aufmerksam zu machen.

Da der Fahrer des analogen Taxis berufsbedingt keine moderne Kommunikationstechnologie tragen durfte, stellte er keine Fragen, als er auf die hingehaltene Karte blickte.

»LKA Berlin«, sagte Elei. »Wie lange sollen Sie auf Ihren Gast warten?«

Der Fahrer zuckte mit den Schultern. »Nicht länger als eine halbe Stunde, hat er gemeint.«

»Hat er schon bezahlt?«

»Ja, im Voraus. Für ’ne halbe Stunde.«

»Okay«, sagte Elei. »Fahren Sie zurück. Ich übernehme ab hier.«

Der Fahrer sah ihn finster an. Offenbar gefiel es ihm nicht, von einem Vertreter des Systems Anweisungen zu erhalten. Doch er sagte nichts und startete den Motor. Das Geräusch der Zündung hallte wie eine stotternde Vuvuzela durch den Wald. Dann ertönte das Brummen der Zylinder, und das Taxi machte sich auf den Rückweg in die Stadt.

Elei folgte dem restlichen Weg bis zum Waldhaus. Am Rand der Lichtung hielt er sich zunächst hinter Büschen verborgen, um nicht entdeckt zu werden. Die Tatortbänder und alle anderen Spuren des Polizeieinsatzes waren verschwunden. Das Haus lag still und friedlich vor ihm. Der Brunnen auf dem Vorplatz plätscherte leicht. Es roch nach feuchtem Moos.

Elei näherte sich in der Deckung des Dickichts der Haustür. Die Klebebänder zur Versiegelung der Eingangstür waren durchtrennt worden.

Abweichung

»Was haben Sie?«, fragte Melissa, als sie das Sitzungszimmer betrat.

Samuel Ludwig schreckte auf und sah sich nach ihr um. Sie nahm ein erhöhtes Stresslevel beim Chefkontrolleur der QLink-Produktion wahr. Die weiße Haut des Agenten war feucht, und die hervorstehenden Augen geweitet. Sein Geruch wies Anteile von Ammoniak und Buttersäure auf, beides Stoffe, die durch stressbedingten Schweiß entstanden. Etwas schien den Mann zu beunruhigen.

Vor ihm schwebte eine Projektion mit Tabellen und Grafiken in der Luft. Dazwischen drehte sich die Darstellung eines Armorbehälters, eines hüfthohen Zylinders aus hochrobusten Graphen, der für den Transport von Agens K eingesetzt wurde.

»Bitte schließen Sie die Tür«, sagte er.

Melissa tat wie geheißen. Die Hintergrundgeräusche des Kontrollzentrums verstummten. Nur das dumpfe Brummen der in die Umschlagshalle einfahrenden Lastwagen war noch zu hören. Sie trat neben ihn und betrachtete die Projektion.

»Das sind Daten zum Ladegewicht von Agens K«, stellte sie fest.

»Ich denke, wir haben ein Problem«, sagte Ludwig.

»Inwiefern?«

Ludwig drehte sich zu ihr um. »Das Ladegewicht der Transportkisten zeigt eine Abweichung zum berechneten Sollwert. Jede Kiste hat vierzig Gramm zu viel.«

»Und?«, fragte Melissa. »Auf ein Gewicht von zweihundert Kilo scheint mir das nicht besonders viel zu sein. Das könnten vielleicht Schwankungen beim Polstermaterial sein.«

»Das habe ich zuerst auch gedacht. Aber wir verwenden dafür Polyurethan. Auf die Füllmenge gesehen hat das nur Abweichungen von zwei bis drei Gramm. Außerdem müssten verpackungsbedingte Schwankungen in beide Richtungen gehen. Aber die Abweichung ist bei allen Kisten dieselbe. Immer vierzig Gramm mehr als berechnet.«

»Ihre Schlussfolgerung?«, fragte Melissa.

»Die Kisten und die Armorbehälter sind hochpräzise Spezialanfertigungen. Jedes Exemplar wurde drüben in Kreuzberg durch Lockheed Martin mit exakt derselben Rohstoffmenge gedruckt. Ich habe das Gewicht von allen Komponenten mit einer Hochpräzisionswaage überprüft. Das Transportmaterial entspricht wie erwartet den Sollwerten. Nichts ist schwerer, als es in den technischen Daten angegeben ist.« Er sah sie einen bedeutungsschweren Moment lang an.

»Sie gehen davon aus, dass Gewichtsunterschied auf die Ladung zurückzuführen ist«, folgerte Melissa.

Ludwig nickte langsam.

»Was würde ein Zusatzgewicht von vierzig Gramm bedeuten?«, fragte sie.

»Da es sich um Nanomaterial handelt, haben die Links fast kein Eigengewicht. Das Gewicht von Agens K beträgt pro Transportbox insgesamt nur drei Komma sechs Gramm. Ein Zusatzgewicht von vierzig Gramm würde mehr als eine Verzehnfachung der Ladung bedeuten.«

Melissa musterte den Mann eindringlich. Seine Augen zuckten unruhig, aber er hielt ihrem Blick stand.

»Danke. Gut, dass Sie das so genau geprüft haben«, sagte sie schließlich. »Haben Sie schon mit Schimmel über die möglichen Ursachen gesprochen?«

»Nein, ich wollte es erst Ihnen zeigen.«

»Das haben Sie richtig gemacht, Ludwig. Wir müssen das umgehend klären. Schimmel ist in der Lagerhalle. Gehen wir zu ihm.«

»Warum lassen wir ihn nicht zu uns kommen?«, fragte Ludwig.

»Wenn wir einen Zivilisten in die Kommandozentrale bringen, würde das beim KSK Fragen aufwerfen. Die Ladung ist unser Verantwortungsbereich. Ich will zuerst wissen, was hier vor sich geht, bevor wir das Militär informieren.«

Sie verließen die Kommandozentrale und durchquerten die Umschlagshalle, in der sich inzwischen drei der insgesamt fünf Sattelschlepper eingefunden hatten. Die Fahrzeuge trugen die Logos von Logistikunternehmen und wirkten äußerlich wie gewöhnliche Lastwagen. Unter der harmlosen Lackierung steckte jedoch die dicke Panzerung von Militärfahrzeugen.

Die Lastwagen waren nebeneinander abgestellt und nahmen den Großteil der Halle ein. Ihre Ladeflächen waren geöffnet. Unter Aufsicht von H²-Mitarbeitern und KSK-Soldaten trugen autonome Logistikroboter die metallenen Transportboxen heran. In jeder von ihnen befanden sich neun Armorbehälter mit jeweils zehn Einheiten Agens K.

Melissa marschierte mit Ludwig im Schlepptau in die angrenzende Lagerhalle. Auch hier surrten Logistikroboter in breiten Gängen zwischen den deckenhohen Regalen umher und zogen Agens-K-Ladungen aus ihren Lagerplätzen. In jedem der dreißig Meter langen Gänge hatten Soldaten Posten bezogen und beobachteten konzentriert jeden Arbeitsschritt.

Jonas Schimmel befand sich in Reihe B-16, dem hintersten Gang der Lagerhalle.

»Was macht er hier?«, fragte Ludwig. »In diesen Reihen gibt es doch nur Rohmaterial.«

Melissa gab keine Antwort. Stattdessen schickte sie mit einer Geste einen Soldaten weg, der den Forscher vom Anfang des Gangs aus beobachtete. Der KSK-Mann nickte kaum merklich und zog sich zurück.

Sie gingen auf Schimmel zu. Er stand alleine da und beobachtete, wie ein Logistikroboter eine Transportkiste für Materialanlieferungen aus einem Lagerplatz holte und vor ihm abstellte.

»Herr Schimmel?«, sprach Melissa ihn an, während sie auf ihn zukamen.

Der Forscher drehte sich zu ihnen um. »Ja?«

Melissa forderte Ludwig auf, seine Beobachtung zu schildern.

»Haben Sie eine Erklärung für die Abweichung?«, fragte Melissa, als er geendet hatte.

Wortlos öffnete Schimmel eine Projektion und teilte sie mit Melissa und Ludwig. Es handelte sich um dieselben Daten, die Ludwig kurz zuvor angesehen hatte. »Ihnen muss ein Fehler unterlaufen sein«, sagte er. »Das Soll-Gewicht entspricht exakt den aktuellen Messwerten.« Er zeigte auf die entsprechenden Zahlenreihen.

Ludwig trat einen Schritt näher und betrachtete die Daten. Seine Augen weiteten sich. »Das kann nicht sein«, stammelte er und sah zu Melissa. »Ich habe die Daten mehrfach überprüft. Das Ergebnis war eindeutig. Sie haben es doch selbst gesehen!«

»Nur oberflächlich«, sagte Melissa. »Sind Sie sicher, dass Sie sich nicht vielleicht doch getäuscht haben? Wir stehen hier alle unter großem Druck. Da können Fehler passieren.«

Ludwig schnaubte empört. »Nein«, protestierte er. »Ich habe mich ganz bestimmt nicht geirrt.«

»Wie erklären Sie sich dann, dass die Daten hier keine Abweichungen zeigen?«

Auf Ludwigs Stirn bildeten sich feine Schweißperlen. »Ich … ich weiß, was ich gesehen habe«, stammelte er. »Das sind nicht mehr dieselben Daten.«

Schimmel trat einen Schritt näher. »Die Daten sind quantenverschlüsselt. Eine Manipulation ist ausgeschlossen. Sie müssen sich geirrt haben.«

Ludwig sah wieder zu Melissa. Seine Pupillen waren geweitet. Sie nahm eine weitere Aussonderung von Stresshormonen wahr.

»Jemand muss das manipuliert haben!«

»Das halte ich für unwahrscheinlich«, sagte Melissa. »Ich schlage vor, dass Sie Ihre Messungen nochmals wiederholen. Bis dahin teilen Sie Ihre Vermutungen mit niemandem, verstanden?«

»Das sind keine Vermutungen«, widersprach Ludwig empört. »Ich habe die Gewichtsunterschiede mehrfach überprüft. Ein Irrtum ist ausgeschlossen. Hier muss etwas manipuliert worden sein!«

»Sind Sie sich da wirklich ganz sicher?«, fragte Melissa.

»Natürlich bin ich mir sicher!«

Schimmel trat noch einen Schritt näher, sodass er direkt vor Ludwig stand. »Was ist da eigentlich über Ihnen?«

Reflexe gehörten zu den berechenbarsten Eigenschaften von Menschen. Instinktiv sah Ludwig nach oben. Schimmels Hand schnellte hervor und zertrümmerte seinen Kehlkopf. Die Bewegung kam so rasch, dass der Chefkontrolleur zunächst nicht reagierte. Dann fasste er sich an den Hals und stieß ein ersticktes Keuchen aus. Doch er brachte kein Geräusch zustande. Der Schlag hatte seine Luftröhre zerquetscht. Seine Beine sackten zusammen, und Melissa und Schimmel stützten ihn zu beiden Seiten.

Dann zogen sie den Sterbenden zu der Kiste und ließen ihn geräuschlos kopfüber hineingleiten.

Nachricht

Elei drückte leise die Eingangstür nach innen. Die gut geölten Angeln ließen sie geräuschlos aufgehen. Im Eingang brannte die Deckenlampe. Auch aus den angrenzenden beiden Räume drang Licht. Kohagen schien sich offenbar keine Sorgen zu machen, beobachtet zu werden.

Auf dem Boden des Gangs waren noch immer die verwischten Spuren von Kariuki Mugos Blut zu sehen. Nur die Fähnchen der Tüvs waren verschwunden. Elei horchte. Es war nichts zu hören. Er trat ein und schloss vorsichtig die Tür.

Leise schlich er an der Garderobe vorbei. Als er einen Blick um die Ecke ins Wohnzimmer werfen wollte, ertönte ein leichtes Ächzen. Es wirkte angestrengt.

Elei verharrte. Einige Sekunden später war ein holziges Knarren zu vernehmen. Elei wagte einen Blick um die Ecke und entdeckte Kohagen. Er kniete mitten im Raum auf dem Boden. Der Forscher hatte ihm den Rücken zugewandt. Der weiße, von Blutspritzern durchtränkte Teppich war zur Seite geschlagen. Mit einer Gabel hob Kohagen eine der darunterliegenden Dielen an. Er zog sie ganz heraus und legte sie zur Seite. Dann stützte er die Hände auf die Knie und saß einen Moment lang reglos vor der neu geschaffenen Öffnung.

Der Rücken des Forschers versperrte Elei teilweise die Sicht. Er konnte aber erkennen, dass unter der Diele ein Hohlraum lag. Ein Geheimversteck.

Elei trat leise näher, um seitlich an Kohagen vorbeizusehen. Dieser griff in den Hohlraum und holte ein Stück Papier heraus. Es handelte sich um ein einzelnes Blatt. Es war mit Blutflecken übersät. Jemand hatte mit zittriger Schrift einige Sätze darauf geschrieben.

Der Forscher richtete sich langsam auf und begann zu lesen. Der Inhalt schien nicht das zu sein, was er erwartet hatte. Er brummte etwas Unverständliches und fuhr sich mit einer ratlosen Geste durch die krausen roten Haare.

»Nicht das, wonach Sie gesucht haben?«, fragte Elei.

Der Forscher fuhr herum. In seinem Gesicht lagen Verwirrung und Entsetzen.

»Wer sind Sie?«, fragte er.

Elei zog seinen Dienstausweis hervor und hielt ihn dem Forscher hin. »Hauptkommissar Berisha, LKA. Was genau tun Sie hier? Das ist ein abgesperrter Tatort.«

Kohagen ignorierte den Ausweis. »Sie sind der Kommissar, der Kariukis Tod untersucht.«

Elei wies auf das Blatt in der Hand des Forschers. »Das ist Beweismaterial. Legen Sie es auf den Sekretär. Wir wollen ja nicht, dass noch mehr von Ihren Fingerabdrücken draufkommen.«

Kohagen machte keine Anstalten, das Papier wegzulegen. »Sie wurden suspendiert«, sagte er. »Was machen Sie hier?«