Humanity: Tödliches Upgrade - Folge 4 - Till Berger - E-Book

Humanity: Tödliches Upgrade - Folge 4 E-Book

Till Berger

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Beschreibung

Auf der ganzen Welt töten unbescholtene Bürger massenhaft ihre Mitmenschen! Die auf der Link-Technologie basierende neuartige Waffe entfaltet ihre grausame Wirkung. Die Zentrale von H² versinkt im Chaos, als Elei, Hannah und Ray sich im Showdown ihrem immer mächtiger werdenden Gegner stellen. Ihre Mission droht zu scheitern, als sie unerwartete Hilfe aus der virtuellen Welt des Felds erhalten ...

"Ich konnte die vier Bücher nicht aus der Hand legen - sie fesselten mich von der ersten bis zur letzten Seite und ließen mich nachdenklich und atemlos zurück. Die Reihe ist nicht nur super recherchiert (Till Berger ist Biologe), sondern auch sprachlich beeindruckend. Das Beste aber: Die Charaktere sind authentisch, tiefgründig und sind mir richtig ans Herz gewachsen. Ein absolutes Lesehighlight!" Petra Ivanov, Autorin der Kryo-Trilogie

Über die Serie:

Nanotechnologie, die Verstand und Technik verschmilzt.

Eine Handvoll Verbündeter im Kampf gegen eine tödliche Verschwörung.

Ein Rennen gegen die Zeit - das Schicksal der Menschheit steht auf dem Spiel!

Eine atemberaubende Thriller-Serie, eine fesselnde Reise durch Technologie, Macht und die Abgründe der menschlichen Seele. Bist du bereit, die Wahrheit zu enthüllen?

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Inhalt

CoverGrußwort des VerlagsÜber diese FolgeHUMANITY – Tödliches UpgradeTitelGeiselnSerumMesserMenschenfreundNaturgewaltBCIRauschenFisherman’s WharfZeitShirelaanQFluxKonstantinBestimmungSchlüsselKugelnPerfektEreignisAbschiedAuslöschungKriegManöverGeiselDobermännerKanonenkugelSzenarioInfiziertRechenzentrumLiebeErkenntnisHassFeindkontaktHölleEntscheidungFamilieAtemzugÜber den AutorLeseprobeImpressum

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Über diese Folge

Auf der ganzen Welt töten unbescholtene Bürger massenhaft ihre Mitmenschen! Die auf der Link-Technologie basierende neuartige Waffe entfaltet ihre grausame Wirkung. Die Zentrale von H² versinkt im Chaos, als Elei, Hannah und Ray sich im Showdown ihrem immer mächtiger werdenden Gegner stellen. Ihre Mission droht zu scheitern, als sie unerwartete Hilfe aus der virtuellen Welt des Felds erhalten …

HUMANITY – Tödliches Upgrade

Nanotechnologie, die Verstand und Technik verschmilzt.

Eine Handvoll Verbündeter im Kampf gegen eine tödliche Verschwörung.

Ein Rennen gegen die Zeit – das Schicksal der Menschheit steht auf dem Spiel!

Vier atemberaubende Thriller-Folgen, eine fesselnde Reise durch Technologie, Macht und die Abgründe der menschlichen Seele. Bist du bereit, die Wahrheit zu enthüllen?

T I L L B E R G E R

Folge 4

Geiseln

Maura Lopez wartete bereits im abhörsicheren Raum der Sicherheitszentrale. Alexis Durand trat ein und musterte sie. Die stellvertretende H2-Sicherheitschefin neigte dazu, in jeder Lebenslage ein ernstes Gesicht zu machen. Aber jetzt wirkte es regelrecht versteinert. Die grauen Haare, die sie zu einem engen Zopf zurückgebunden hatte, ließen sie wie eine Statue aussehen. Sie stand bewegungslos vor dem kleinen Konferenztisch und hatte die Hände auf dem Rücken verschränkt. Wortlos beobachtete sie, wie Durand hinter sich die Tür schloss.

»Was ist los?«, fragte er.

Lopez hatte ihm nicht verraten, worum es ging. Ihre Verschlossenheit und die Tatsache, dass sie sich im abhörsicheren Raum mit ihm treffen wollte, ließ nichts Gutes vermuten. Durand hoffte nur, dass sie kein Sicherheitsleck hatten. Nachdem es ihnen gelungen war, den Fokus der Ermittlungen in Mugos Todesfall vom Konzern abzulenken, konnte er nicht schon wieder schlechte Nachrichten brauchen.

»Sir, bei allem Respekt«, begann Lopez. Ihre Stimme klang angespannt. »Ich bin nur Ihre Stellvertreterin, aber wenn Sie auf dem Campus Sicherheitsmaßnahmen einleiten, sollte ich davon in Kenntnis gesetzt werden.«

Durand zog die Augenbrauen zusammen. »Wovon sprechen Sie? Welche Sicherheitsmaßnahmen?«

»Der Kontakt zur QLink-Produktion ist gesperrt worden. Wir können die Mitarbeiter nicht erreichen.«

»Haben Sie schon versucht, mit den lokalen Agenten in der Umschlagshalle Kontakt aufzunehmen?«

»Ja, aber der BND-Kontaktoffizier aus dem Kontrollzentrum meldet sich nicht. Es ist auch sonst niemand dort zu erreichen.«

Das klang tatsächlich nicht gut. Allerdings war es nicht das erste Mal, dass das Militär den Bereich abgeriegelt hatte. Besonders heute hatten maximale Sicherheitsbestimmungen geherrscht. Es konnte gut sein, dass sie nach der Auslieferung des Agens K den Bereich einfach noch nicht freigegeben hatten. Das betraf zwar in der Regel nur das Lager und die Umschlagshalle, aber theoretisch konnten sie auch die QLink-Produktion abschirmen. Allerdings erklärte das nicht, warum sich niemand aus dem Kontrollzentrum meldete. Das Militär und der BND waren rund um die Uhr präsent.

»Ich werde dem nachgehen«, sagte er.

»Wollen Sie damit etwa sagen, dass das nicht auf Ihren Befehl zurückgeht?«

»Nein, natürlich nicht. Darüber hätte ich Sie selbstverständlich informiert.«

Lopez’ steinernes Gesicht weichte etwas auf und zeigte nun Besorgnis. »Dann haben wir ein Problem. So wie es aussieht, sind auch alle Ausgänge nach draußen versperrt. Niemand kann den Campus verlassen. Es haben sich bereits Dutzende Menschen vor den Pforten versammelt, die nach Hause wollen. Meine Sicherheitsfreigabe reicht aber nicht aus, um die Türen wieder zu öffnen.«

»Davon habe ich nichts gewusst«, sagte Durand alarmiert.

»Könnte das auch der BND gewesen sein? Haben die eine Autorisierung, von der ich nichts weiß?«

»Nein«, sagte Durand entschieden. »Im zivilen Bereich haben die keine Befugnisse. Außer Sandberg hat sie ihnen erteilt. Aber davon würde ich wissen.«

»Wo ist er?«, fragte sie. »Seine Bridge ist seit einer Stunde offline.«

»Im Neuron, wo er immer ist. Er hat gesagt, dass er nicht gestört werden will.«

Lopez blickte ihn unbehaglich an. »Ich denke, darauf können wir jetzt keine Rücksicht nehmen.«

Durand stockte. Vor seinen Augen materialisierte sich eine Person. Auch Lopez schien sie zu sehen. Sie warfen sich einen erstaunten Blick zu. In einem abhörsicheren Raum sollte eine virtuelle Verbindung unmöglich sein. Und doch projizierte ihre Bridge ein Hologramm auf ihre Netzhaut. Die Silhouette gewann rasch an Konturen. Vor ihnen erschien … Melissa Ross.

Durand war lange genug im Geschäft, um aus dem Besuch die richtigen Schlüsse zu ziehen. Das Erscheinen der NANINT-Chefin bedeutete zwei Dinge. Erstens, dass sie das Gespräch mitgehört hatte. Zweitens, dass sie es geschafft hatte, die für elektromagnetische Wellen undurchdringliche Abschirmung zu überwinden. Durand hielt sich jedoch nicht mit der Frage auf, wie ihr das gelungen war.

»Was tun Sie hier?«, fragte er.

»Hallo, Durand«, sagte sie. Ihre Stimme klang seltsam mechanisch. »Die Sicherheitsvorkehrungen gehen auf mich zurück. Das ganze Gelände ist abgeriegelt.«

»Warum?«

»Ich habe das Agens freigesetzt. Die Menschen auf dem Campus sind nun meine Geiseln.«

Durand glaubte, sich verhört zu haben. Hatte die BND-Offizierin gerade von Geiseln gesprochen? Und von welchem Agens sprach sie? Sie konnte doch unmöglich den Kampfstoff meinen.

»Bitte wiederholen Sie das«, sagte er hölzern. Er musste sich einfach verhört haben. Alles andere wäre zu absurd gewesen.

»Sie haben mich schon richtig verstanden«, sagte Ross. »Ich möchte, dass Sie die Belegschaft anweisen, sich ruhig zu verhalten und sich in die Schutzräume zu begeben. Würden Sie das für mich tun?«

Durand sah die Projektion entgeistert an. »Sind Sie verrückt geworden?«

Ross verzog keine Miene. »Ich dachte mir bereits, dass Sie nicht kooperieren würden. Aber das ist auch nicht nötig.«

Durand wechselte einen Blick mit Lopez, die genauso wenig zu verstehen schien, was gerade passierte. In diesem Moment erklang eine Stimme durch die Audiosticks.

Fassungslos zuckte Durand zusammen. Es war seine eigene Stimme.

»Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter«, sprach sie. »Aufgrund einer unangekündigten Sicherheitsübung bleiben die Ausgänge für die nächsten zwei Stunden geschlossen. Die Übung erfolgt in Zusammenarbeit mit den örtlichen Behörden. Wir möchten Sie bitten, sich umgehend in die ihnen zugewiesenen Schutzräume zu begeben und auf weitere Anweisungen zu warten. Wir bitten Sie für die Umstände um Entschuldigung.«

»Was wollen Sie damit erreichen?«, fragte Durand die Projektion.

Die virtuelle Melissa Ross sah ihn ungerührt an. »Ihre Anwesenheit wird nun nicht länger benötigt.«

»Was soll das heißen?«

»Das Agens hat sich über den gesamten Campus verteilt. Es ist vorerst aber noch blockiert. Bei Frau Lopez habe ich es jedoch soeben aktiviert. Auf Wiedersehen, Herr Durand!«

Die Projektion verschwand. Durand bemerkte eine Bewegung. Sein Kopf schnellte zu Lopez. Sie hatte den Lauf ihrer Waffe direkt auf seine Stirn gerichtet.

»Lopez«, sagte er entgeistert. »Nein!«

Das Letzte, was er sah, was das Blitzen des Mündungsfeuers, als seine Stellvertreterin den Abzug drückte.

Serum

Der BND verfügte über Hunderte unterirdischer Kellerräume, die seinerzeit der Aktenaufbewahrung gedient hatten. Seit es keinen Papierkram mehr gab, waren die meisten davon umfunktioniert worden. In der Regel wurden sie als Büros genutzt, um der aus allen Nähten platzenden Behörde mehr Platz zu verschaffen.

Es gab aber auch Ausnahmen. Der Raum, in dem sich Elei, Hannah und Kohagen befanden, war zu einem gut gesicherten Gefängnis umgebaut worden. Grabers Leute hatten sich wirklich alle Mühe gegeben. Sogar die Fußleisten waren entfernt worden, damit sie nicht als Waffe genutzt werden konnten. Auch die Schrauben am Gitter des Lüftungsschachts waren verklebt. Die engen Luftkanäle boten zwar keine Fluchtmöglichkeit, aber in den Händen eines ausgebildeten Agenten konnte auch schon eine einzelne Schraube zum Problem werden.

Die Sicherheitsmaßnahmen ihres Gefängnisses waren allerdings nicht der Grund, warum Elei sich Sorgen machte. Es hätte durchaus sein können, dass Graber erst mal an einem neutralen Ort mit ihnen reden wollte. Um sich zu vergewissern, dass er mit ihnen zusammenarbeiten konnte. Aber das war hier eindeutig nicht der Fall. Es gab keine Kameras. Das bedeutete: Was hier gleich geschehen würde, sollte keiner erfahren. So wie Konstantins und Lars’ Besuch beim Waldhaus. Elei sah Hannah an, dass sie seine Besorgnis teilte. Aber sie sprachen nicht darüber. Es brachte nichts, auch den Forscher noch nervös zu machen.

Nur drei Minuten nachdem man sie hier eingesperrt hatte, pochte es an der Tür.

Ein Mann rief barsch: »An die hintere Wand stellen. Mit dem Rücken zur Tür.«

Vermutlich hatten sie draußen einen Radio-Scanner aufgestellt. Dadurch wurde ihre Position im Raum so genau angezeigt, als trennte sie nur eine Glasscheibe. Elei wusste, dass sie die Tür erst öffnen würden, wenn sie dem Befehl gehorchten. Er nickte Hannah und dem Forscher zu, und sie taten wie befohlen.

Hinter ihnen betraten mehrere Personen den Raum. An den Schritten zählte Elei drei Soldaten und zwei Zivilisten. Er drehte sich um und sah direkt in den Lauf eines GK7-Sturmgewehrs.

»Keine Bewegung«, blaffte ihn der KSK-Mann an. Sein Gesicht war hinter einer Maske verborgen. »Nicht mal atmen, Freundchen.«

Elei ignorierte ihn und konzentrierte sich auf den Mann hinter ihm. Anton Graber. Der BND-Präsident wirkte angespannt. Ein dünner Schweißfilm lag auf seiner Halbglatze. Er war in Begleitung eines weiteren Mannes in Zivil. Der Kerl war klein und trug einen Pony-Haarschnitt, was ihn gleichzeitig bubenhaft und leicht psychopathisch wirken ließ. In der Hand hielt er einen grauen Koffer.

Nicht gut, dachte Elei.

»Schon in Ordnung«, sagte Graber. Er klang keineswegs feierlich, wie er es in dieser Situation hätte sein können. Stattdessen war sein Ton nüchtern und sachlich.

»Was soll das hier?«, fragte Hannah, die sich nun ebenfalls umgedreht hatte. »Warum haben Sie uns gefangen genommen?«

Graber bedeutete ihr mit einem erhobenen Finger, zu schweigen. Dann befahl er einem Soldaten, Kohagen in die Mitte des Raums zu stellen. Der Soldat zerrte den Forscher von der Wand weg und stieß ihn nach vorn.

»Halten Sie ihm Ihre Waffe an den Kopf«, befahl Graber.

Der Soldat hob sein Gewehr und hielt den Lauf vor Kohagens Stirn. Der Forscher zuckte leicht zusammen, wich aber nicht zurück.

»Drei Fragen«, sagte Graber. »Warum haben Sie das Agens gestohlen? Wo ist es jetzt? Und wie lautet der Terminalcode?«

Das war also der Grund, warum Graber sie hatte festnehmen lassen. Er glaubte noch immer, dass sie zur Gegenseite gehörten.

Der Forscher verengte die Augen. »Sie sprechen von den freigesetzten QLinks auf dem Campus? Auf was sind sie programmiert?«

Der BND-Präsident funkelte ihn zornig an. »Wagen Sie es nicht, mich zu verarschen. Ich gebe Ihnen genau diese eine Chance. Also seien Sie kein Idiot. Noch mal, wo ist Agens K?«

Kohagen ließ sich von Grabers Ton nicht einschüchtern. »Den Namen habe ich heute zum ersten Mal gehört. Von Neumann. Was haben Sie von Sandberg herstellen lassen?«

Der BND-Präsident trat einen Schritt näher und baute sich bedrohlich vor dem Forscher auf. »Sie sind seit acht Jahren Geschäftsleitungsmitglied, ein enger Vertrauter Sandbergs, Mitentwickler der QLinks und haben in den letzten vier Jahren jeden Tag mit Kariuki Mugo über eine verschlüsselte Verbindung gesprochen. Und Sie wollen wirklich behaupten, dass Sie nichts damit zu tun haben?«

Grabers Einschüchterungsversuch schlug nicht an. Im Gegenteil. Kohagens Augen loderten wütend auf. »Glauben Sie wirklich, ich hätte den Tod meiner Frau einfach so hingenommen, wenn ich gewusst hätte, was hier wirklich läuft? Dass Shirelaan nur sterben musste, weil Sie Ihre verdammten Waffen produzieren wollten?«

Für einen Augenblick starrten sich die Männer hasserfüllt an.

Elei sagte: »Wir stehen auf derselben Seite, Graber. Wir sind freiwillig mit Ihren Leuten mitgekommen, weil wir wichtige Informationen haben. Hören Sie sich an, was der Professor zu sagen hat.«

Graber warf ihm einen giftigen Blick zu.

»Er hat recht«, schaltete sich auch Hannah ein. »Elei und Professor Kohagen haben vielleicht eine Möglichkeit gefunden, wie wir Sandberg aufhalten können.«

Also doch Sandberg. Der BND schien somit bereits zu wissen, dass der Milliardär der Drahtzieher war.

Graber bedachte sie mit einem verächtlichen Blick. »Frau Berisha, wenn Sie ihr Kind jemals wiedersehen wollen, dann werden Sie ab jetzt kein Wort mehr sagen. Haben wir uns verstanden?«

Sein Tonfall ließ keinen Zweifel daran, dass er das ernst meinte.

Hannah biss wütend die Zähne zusammen, aber sie schwieg.

Graber richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Kohagen: »Also gut. Sprechen Sie, ich geben Ihnen eine Minute.«

Der Forscher ließ die angespannten Schultern sinken. »Ich habe keinen Terminalcode für die freigesetzten Links«, sagte er. »Es gibt jedoch eine andere Möglichkeit. Ich kann dafür sorgen, dass Q ihr Agens neutralisiert. Aber dafür muss ich auf ein Interface.«

Graber sah ihn skeptisch an. »Wie soll das gehen? Und warum brauchen Sie ein Interface?«

»Shirelaan hat mir im Feld einen privaten Raum eingerichtet. Nach dem, was wir wissen, handelt es sich um einen Zugang zu Q. Über diesen kann ich den Algorithmus wieder aktivieren, den Sie von ihr haben abschalten lassen. NN191, das Artificial Intelligence Alignment.«

Der BND-Präsident machte schmale Augen: »Sie sprechen von einem Zugang zu Q. Was meinen Sie damit?«

»Eine Hintertür in der Programmstruktur. Das machen praktisch alle Softwareentwickler. Nur dass Shirelaan ihn an einem Ort versteckt hat, wo ihn niemand suchen würde.«

»Und auf diese Hintertür sind Sie wann genau gestoßen? Ich dachte, Sie wüssten von nichts.«

»Vor zwei Tagen. Bei einem Testlauf am Institut, als ich mich mit meinen Links über ein Interface mit dem Feld verbunden habe.«

»Ach wirklich?«, fragte Graber voller Skepsis.

Kohagen bemerkte den Unterton. »Wir haben erhebliche Fortschritte gemacht. Das ist jetzt schwierig zu erklären. Lassen Sie mich auf eines Ihrer Interfaces. Dann werden Sie sehen, dass es stimmt.«

Doch der BND-Präsident schüttelte nur den Kopf. »Genug mit dem Bullshit, Kohagen. Ich weiß, dass Sie noch meilenweit davon entfernt sind, mit Ihren Links eine funktionierende Verbindung ins Feld zu machen. Der Testlauf, von dem Sie sprechen, war nur ein Systemfehler, weiter nichts.«

»Sie wissen vom Testlauf?«

»Natürlich. Glauben Sie etwa, ich würde Sie unbeobachtet mit einer so gefährlichen Technologie rumspielen lassen? Ich habe eine Ihrer Mitarbeiterinnen rekrutiert. Sie hat mich über jeden Ihrer Schritte informiert.«

Der Forscher war für einen Augenblick sprachlos. Dann trat ein Ausdruck der Erkenntnis in sein Gesicht. »Kausalia«, sagte er.

»Wer sonst?«, bestätigte Graber. »Sie war ihr perfekter Schatten. Sie können sich ihre Lügen also sparen. Außerdem konnte Ihre Frau gar keine Hintertür eingerichtet haben. Der Zugang zu Q ist quantenverschlüsselt.«

»Die Quantenverschlüsselung scheint nicht so unknackbar zu sein, wie Sie meinen«, bemerkte Elei. »Oder warum kommunizieren Sie nur noch über Funk?«

Graber wandte sich an Konstantin: »Wenn der Kerl noch ein einziges Wort sagt, schießt du ihm ins Knie.«

Zu Kohagen sagte er: »Glauben Sie mir, ich erkenne einen Lügner, wenn er vor mir steht. Und Sie machen es mir gerade ziemlich einfach. Ihre Geschichte ist derart bescheuert, dass ich fast ein bisschen beleidigt bin.«

Elei schaltete sich erneut ein. Konstantin war zwar ein Arschloch, aber Elei war ziemlich sicher, dass er nicht auf ihn schießen würde. Nicht nach den Ereignissen in der dunklen Fabrik. Seine Haltung war subtil anders geworden. Ihm fehlte die Aggressivität, die er sonst mit seinem massigen Körper zur Schau stellte.

»Professor Kohagen arbeitet nicht mit Sandberg zusammen«, sagte er. »Das ist unlogisch. Schimmel wollte ihn töten. Konstantin kann das bestätigen. Sie können gar nicht zur selben Seite gehören.«

Graber sah zu Konstantin. Der zog seine Waffe und richtete sie auf Eleis Bein. Unschlüssig sah er wieder zu seinem Chef.

Graber ließ es auf sich beruhen, zumindest für den Moment. Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Kohagen und schürzte abschätzend die Lippen. »Vielleicht haben Sie recht, vielleicht auch nicht. Aber es gibt einen schnellen Weg, das herauszufinden.«

Er gab dem mageren Mann mit dem Pony-Haarschnitt ein Signal. Der Mann ließ den grauen Koffer aufschnappen. Im Inneren kam das zum Vorschein, was Elei bereits befürchtet hatte: ein in schwarzen Schaumstoff eingebettetes Fläschchen mit einer milchigen Flüssigkeit.

Xylobephanac. Eine bewusstseinserweiternde Droge auf Psilocybin-Basis. Das Serum hatte die Eigenschaft, jeden Menschen zum Reden zu bringen. Ganz egal, wie sehr er sich dagegen wehrte. Die Substanz hatte erhebliche Nebenwirkungen und war deshalb offiziell verboten. Aber der BND wendete sie in gewissen Fällen dennoch an. Die Gesundheit der Befragten hatte nicht immer Priorität. Elei hatte das Serum selbst noch nie benutzt. Der Zweck heiligte nicht jedes Mittel.

»Leider müssen wir bei Augmentierten wie Ihnen etwas Stärkeres nehmen.« Graber tippte sich gegen die Stirn. »Da könnten die Links dazwischenfunken. Dumm ist nur, dass ihr Kreislauf dabei kollabieren könnte. Das kann manchmal ganz schön schiefgehen.« Er lächelte den Professor verschlagen an. »Wie Sie ja bereits selbst rausgefunden haben, hat Ihre Frau das leider nicht überlebt.«

Kohagen schnellte vor, um ihn anzugreifen, wurde aber von einem Soldaten festgehalten.

Graber lächelte kalt. »Also, Herr Professor. Was wählen Sie? Reden Sie freiwillig, oder brauchen Sie etwas Unterstützung? Es ist Ihre Entscheidung.«

Der Forscher warf ihm einen vernichtenden Blick zu. »Dafür werden Sie bezahlen, Sie erbärmliches Stück Scheiße!«

Graber gab sich unbeeindruckt und sagte zum Mann mit dem grauen Koffer: »Geben Sie es ihm. Und beeilen Sie sich. Ich erwarte Ihren Bericht spätestens …« Er sah auf seine Uhr. »… um achtzehn Uhr dreißig.«

Er winkte Konstantin zu sich und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Der Agent wirkte für den Bruchteil einer Sekunde überrascht, dann nickte er.

Was auch immer Graber gesagt hatte, es konnte nichts Gutes bedeuten. Die Entscheidung dazu dürfte bereits gefallen sein, noch bevor sie den Fuß auf das BND-Gebäude gesetzt hatten. Es wäre zwecklos gewesen, den Geheimdienstchef jetzt noch überzeugen zu wollen. Sie mussten einen anderen Weg finden, Marie zu retten und Sandberg zu stoppen.

Graber sagte zu einem der KSK-Soldaten. »Die beiden anderen werden abgeführt.«

»Verstanden. Wo sollen sie hingebracht werden?«

»Das wird Konstantin Ihnen zeigen.«

Graber wandte sich um und verließ den Raum.

»Was soll das?«, protestierte Hannah. »Das können Sie nicht machen!«

Graber drehte sich in der Tür nochmals um. »Sie waren eine gute Mitarbeiterin, Hannah. Aber Sie haben sich leider für die falsche Seite entschieden.«

Hannah starrte ihn verständnislos an. »Was soll das heißen?«

Graber lächelte nur mitleidsvoll. »Das soll heißen, dass Sie und Barisha für eine sehr lange Zeit kein Tageslicht mehr sehen werden.«

»Was ist mit Marie?«

Grabers Lächeln verschwand. »Tja, so leid es mir tut, aber für Ihre Tochter dürfte es ohnehin schon zu spät sein.«

»Nein!«, entfuhr es Hannah. »Bitte, machen Sie mit uns, was Sie wollen, aber retten Sie meine Tochter!«

Der Geheimdienstchef schüttelte nur den Kopf, als hätte er es mit einem begriffsstutzigen Kind zu tun. Ohne ein weiteres Wort verließ er den Raum.

»Anton, bitte, das können Sie nicht tun!«, rief ihm Hannah verzweifelt hinterher. Doch Graber war bereits verschwunden.

Messer

Marie bemerkte im Augenwinkel eine Bewegung. Sie stand vom Boden auf und trat an die Glasfront des Sitzungszimmers. Draußen war es bereits dunkel geworden. Die Laternen in einem kleinen Park beleuchteten verlassene Gehwege. Dahinter waren die Lichter von Häusern zu sehen, die zum Teil ganz seltsame Formen hatten. Eines ähnelte einem aufgestellten Ei, ein anderes war verdreht wie ein Korkenzieher, ein drittes sah aus wie ein verzogenes Fußballstadion. Weiter hinten begrenzte eine riesige Gebäudefront den Blick. Überall brannten Lichter, und manchmal konnte Marie hinter den Fenstern Bewegungen erkennen.

Jetzt richtete sie ihre Aufmerksamkeit aber ganz auf den Park. Nach einigen Sekunden entdeckte sie, was sie gesehen hatte. Ein Mann lief in der Nähe unter einer Laterne durch. Marie beobachtete seinen Weg. Er kam in ihre Richtung und würde bald den Gehweg direkt vor ihrem Fenster erreichen.

Ihr Blick verfolgte ihn. Dabei hatte sie ein mattes Gefühl im Bauch. Am Anfang hatte sie bei jedem Passanten heftig gewinkt und laut um Hilfe gerufen. Aber niemand hatte auf sie reagiert. Sie befand sich einige Meter über dem Boden, und die Leute konnten sie vermutlich weder sehen noch hören. Die Dunkelheit machte das nicht besser, denn auch in ihrem Gefängnis brannte kein Licht.

Sie wandte sich vom Fenster ab. Ein erneuter Versuch, auf sich aufmerksam zu machen, war hoffnungslos. Ihr Blick schweifte zum tausendsten Mal über das Sitzungszimmer. Es bestand aus einem großen weißen Tisch und hellgrauen Ledersesseln. Durch das schwache Licht von draußen waren sie jetzt nur als grau-gelbe Umrisse zu sehen.

Sie kauerte sich wieder auf den Boden und wippte mit angewinkelten Beinen vor und zurück. Sie wusste nicht, wie lange sie schon hier war, aber sie hatte schrecklichen Hunger und Durst. Seit die Frau mit den kalten Augen sie hier eingeschlossen hatte, war niemand mehr zu ihr gekommen. Irgendwann hatte sie pinkeln müssen und ihre Notdurft in einer Ecke des Zimmers verrichtet. Seither roch es säuerlich nach Urin.

Sie hätte gern etwas geschlafen, aber sie wagte es nicht, die Augen zu schließen. Die Bilder von Onkel Luis Tod verfolgten sie noch immer. Der Gedanke daran ließ sie jedes Mal wimmern. Immer wieder sah sie dieses fürchterliche metallische Rieseninsekt ihren Patenonkel anspringen. Warum hatte der schreckliche Mann das getan? Was wollten die Leute von ihr? Und warum war sie hier?

Marie starrte auf die Tür und hätte alles darum gegeben, wenn Mama und Papa hereingestürzt kämen. Tränen füllten ihre Augen, als sie erneut begriff, dass das nicht passieren würde. Sie war alleine. Niemand würde kommen und sie hier rausholen.

In diesem Moment wurde die Tür geöffnet. Eine kurze Flamme der Hoffnung flackerte in ihr auf. Aber sie erlosch gleich wieder. Es waren nicht ihre Eltern, die eintraten. Ihr Besuch hatte das Licht des Gangs im Rücken, und das Gesicht lag im Dunkeln. Aber Marie erkannte sie sofort. Es war die Frau mit den toten Augen.

Wieder sprach sie kein Wort und blieb für einige Sekunden in der Tür stehen. Auch Marie schwieg und beobachtete sie. Schließlich setzte sich die Frau in Bewegung. Sie schloss die Tür hinter sich und kam auf Marie zu. Rasch stand Marie auf und wich einige Schritte zurück, bis sie mit dem Rücken gegen die Scheibe stieß.

Die Frau blieb dort stehen, wo Marie gesessen hatte. Ohne ihren Blick von ihr abzuwenden, zog sie etwas aus der Hosentasche und ging in die Knie.

Sie legte es langsam vor sich auf den Boden und stand wieder auf. Marie starrte den Gegenstand an. Es war ein Messer. Es sah ganz ähnlich aus wie Papas Polizeimesser, nur dass es einen roten Griff hatte und etwas länger war.

Verwirrt sah Marie wieder zu der Frau auf. Das schattenhafte Gesicht war für einige Sekunden auf sie gerichtet. Die Augen waren nicht zu erkennen, aber Marie spürte das Bohren in ihrem Blick. Dann drehte sich die Frau wieder um und verließ den Raum.

Marie atmete scharf ein. Ihre Peinigerin war einfach hinausgegangen – ohne die Tür hinter sich zu schließen. Mit angehaltenem Atem starrte Marie auf den Ausgang. Doch die Frau kam nicht zurück. Die Tür blieb offen und gab den Blick in den hell erleuchteten weißen Gang frei.

Menschenfreund

Ein KSK-Soldat fesselte Eleis Hände mit einem Kabelbinder hinter dem Rücken, während zwei weitere Männer ihn und Hannah mit ihren Gewehren anvisierten. Ein vierter Mann hielt Kohagen in Schach. Neben ihm verfolgte der kleine Kerl mit der Spritze den Vorgang mit erregtem Blick.

Als der Soldat auch Hannahs Hände hinter dem Rücken verschnürte, keuchte sie kurz auf. Dem Ponykopf schien das zu gefallen. Seine Augen weiteten sich begeistert. Der Typ schien ein erstklassiger Psychopath zu sein. Diesem Sadisten würde es sicher auch gefallen, den Professor leiden zu lassen. Sie mussten schnell einen Weg finden, sich zu befreien. Sonst würde es für keinen von ihnen gut ausgehen. Allerdings waren die Soldaten absolute Profis. So leicht würden sie keine Chance bekommen. Elei hatte jedoch noch ein Ass im Ärmel. Ob es aber ausgespielt werden konnte, hing leider nicht von ihm ab.

»Wie kannst du das nur zulassen?«, fuhr Hannah Konstantin an, der die Arbeit der Soldaten genau beobachtete.

»Sorry, Hannah«, sagte er. »Aber das hast du dir selbst eingebrockt.«

»Wie kannst du das sagen?«, fragte sie entgeistert. »Du warst doch selbst dabei!«

Konstantin wandte sich an den Soldaten hinter ihnen. »Wenn einer von den beiden noch ein Wort sagt, lassen Sie ihn Ihren Kolben schmecken.«

»Verstanden«, bestätigte der Soldat und zupfte nochmals prüfend an Eleis Fessel. »Die Gefangenen sind verpackt.«

»Dann los. Aufs Dach mit ihnen!«, befahl Konstantin.

Unter dem wachsamen Blick des Agenten führten die Soldaten Hannah und Elei aus dem Raum. Elei warf Kohagen einen letzten Blick zu. Er versuchte, Zuversicht hineinzulegen.

Noch ist nichts verloren, wollte er damit sagen.

Aber der Forscher schien es nicht zu bemerken. Er nickte nur resigniert.

»Wartet kurz«, sagte Konstantin auf dem Gang und ging nochmals zurück in den Raum.

Er wechselte mit dem Psychopathen einige Worte, aber sie waren zu leise, als dass Elei sie hätte verstehen können.

Dann trat Konstantin wieder in den Gang und schloss die Tür.

»Gehen wir.«

Einer der Soldaten ging voraus, die beiden anderen und der Agent folgten ihnen. Die Männer achteten darauf, immer zwei Armlängen Sicherheitsabstand zu ihnen zu halten.

Die grauen Gänge im Untergeschoss des BND-Hauptsitzes waren menschenleer. Vermutlich hatten die Mitarbeiter die Anweisung erhalten, in ihren Büros zu bleiben. Zumindest hätte Elei das so angeordnet. Jede unbedarft aus einem Raum stolpernde Person hätte die Möglichkeit für ein Befreiungsmanöver geboten.

Er tauschte einen kurzen Blick mit Hannah aus. Ihre Augen waren wachsam und konzentriert. Sie nickte ihm kaum merklich zu. Mehr war nicht nötig. Also wusste auch sie, dass sie noch eine Karte in Reserve hatten. Jetzt kam es nur darauf an, sie zum richtigen Zeitpunkt ziehen zu können.

Die Soldaten führten sie an das Ende eines Gangs zu zwei Aufzügen. Doch statt auf einen der Knöpfe zu drücken, öffnete der Soldat vor ihnen den Zugang zum Treppenhaus. Elei und Hannah wurden zahllose Stockwerke hinaufdirigiert. Anerkennend musste Elei zugeben, dass ihre Kontrolle absolut lückenlos war. Eine Flucht war undenkbar.

Nach etwa zwei Minuten erreichten sie das Ende des Treppenhauses. Der Soldat vor ihnen öffnete eine Tür, und sie traten auf das Flachdach hinaus.

Draußen empfing sie kühle Abendluft. Das schwache Mondlicht ließ zahlreiche technische Anlagen und rauschende Lüftungsschächte erkennen. Dahinter zog sich das Lichtermeer der Stadt bis zum Horizont. Etwa zwanzig Meter vor ihnen machte Elei einen Helikopterlandeplatz aus. Aber es stand keine Maschine darauf.

»Ihr könnt jetzt gehen«, hörten sie Konstantins Stimme hinter sich.

»Verstanden«, sagte einer der Soldaten.

Das Stapfen schwerer Stiefel ertönte. Kurz darauf fiel die Tür des Dachzugangs ins Schloss.

»Das also ist Grabers Plan? Uns hier auf dem Dach erschießen zu lassen?«, fragte Hannah.

»Dreht euch um«, sagte der Agent.

Sie taten wie geheißen. Konstantin stand einige Meter entfernt vor dem Dachzugang und hielt seine Waffe auf sie gerichtet.

»Du wirst uns nicht erschießen«, sagte Elei. »Zumindest nicht sofort.«

»Ach ja?«, fragte Konstantin. Sein Gesicht war im Mondlicht kaum zu erkennen. »Und was sollte mich davon abhalten?«

»Du hast mir vorhin nicht ins Bein geschossen. Warum nicht? Der Konstantin, den ich vor vier Jahren kannte, hätte das, ohne zu zögern, getan.«

Der Agent spuckte aus. »Du weißt einen Scheiß über mich.«

»Sieht ganz so aus«, gab Elei zu. »Also was ist? Warum stehen wir hier? Sicher nicht, weil du plötzlich zum Menschenfreund geworden bist.«

»Du hast eine ganz schön große Klappe für jemanden, der in eine Knarre schaut.«

»Das liegt daran, dass du ausnahmsweise mal dein Gehirn eingeschaltet hast.«

Konstantin sagte nichts.

»Du weißt, dass wir auf derselben Seite stehen«, fuhr Elei fort. »Graber will uns tot sehen. Jemanden hier im Inland zu beseitigen ist ein ziemliches Risiko. Das wird eine Untersuchung geben. Fragen werden gestellt. Dafür muss es schon einen sehr guten Grund geben.«

»Der da wäre?«, fragte der Agent.

»Die Kugel in Mugos Kopf«, übernahm Hannah. »Eine Technologie, mit der man Menschen gegen ihren Willen steuern kann. So wie das gerade bei Melissa Ross passiert.«

»Kohagen vermutet, dass es sich dabei um Gehirn-Interfaces handelt«, sagte Elei. »Mit den Dingern macht man aus jedem den perfekten Manchurian-Kandidaten. Totale Kontrolle. Wer das in der Hand hat, hat praktisch uneingeschränkte Macht.«

»Möglicherweise will Graber ja die Karten neu mischen«, nahm Hannah den Ball wieder auf. »Vielleicht plant er einen stillen Staatsstreich. Mit den richtigen Leuten unter seiner Kontrolle wäre das kein Problem. Und niemand bekäme auch nur das Geringste davon mit.«

»Schon möglich«, sagte Konstantin. »Aber warum sollte mich das jetzt daran hindern, jedem von euch eine Kugel in den Kopf zu jagen?«

»So eine Sache müsste natürlich absolut geheim bleiben«, sagte Elei. »Nur die engsten Vertrauten dürfen darin eingeweiht sein. Bisher wissen außer Graber nur wir drei davon. Hannah und ich sollen verschwinden. Und du weißt selbst, dass du auch nicht zu Grabers erlesenem Kreis gehören wirst. Für ihn bist du nur ein kleiner Handlanger. Du wirst der Nächste sein, der übers Messer springt. Deshalb stehen wir jetzt hier und halten dieses nette Schwätzchen. Nicht wahr?«

Konstantin trat einen Schritt vor. »Tja, Elei, vielleicht habe ich mich darin getäuscht, dass du eine Verrätersau bist. Aber in einer Sache lag ich bestimmt nicht falsch: dass du ein ausgemachtes Arschloch bist.«

»Damit kann ich leben«, entgegnete Elei.

Der Agent trat nochmals näher, die Waffe noch immer auf Eleis Kopf gerichtet.

»Ihr habt vielleicht recht. Ich traue Graber in dieser Sache auch nicht so richtig. Aber warum sollte es mir etwas bringen, mit euch zusammenzuarbeiten?«

»Das ist die falsche Frage, Konstantin«, entgegnete Elei. »Du solltest eher fragen, was es dir bringt, uns zu töten, wenn du selbst auf der Abschussliste stehst. Aber auch das ist nicht der eigentliche Punkt. Graber ist das Problem. Seine Herangehensweise ist falsch. Und seine Motive sind es auch. Wenn du uns jetzt tötest und Kohagen diesem Psychopathen überlässt, vergibst du die einzige Chance, Sandberg zu stoppen.«

»Woher soll ich wissen, dass euer Professor dazu in der Lage ist?«

»Du warst in der Fabrik mit dabei«, sagte Hannah. »Du hast gesehen, welche Angst Sandberg vor ihm hat. Die wollen ihn nicht umsonst tot sehen.«

Konstantin legte den Kopf leicht schief. »Na ja, dafür kann es viele Gründe geben. Aber selbst wenn ihr recht habt: Wer sagt mir, dass ich euch trauen kann?«

»Konstantin«, sagte Hannah. Ihr Ton war jetzt beschwörend. »Unsere Tochter ist da drin. Es geht um ihr Leben. Glaubst du wirklich, dass wir irgendwelche Spielchen spielen? Also bitte, steck jetzt endlich deine Knarre weg und binde uns los!«

Der Agent schwieg. Nur das Surren der Lüftungsanlagen war zu hören. In der Ferne heulte eine Polizeisirene auf und verstummte wieder.

Konstantin ließ die Pistole sinken. »Also gut. Ich denke, ich werde mich auf eine zeitweilige Zusammenarbeit einlassen.«

Elei nickte ihm zu. »Gute Entscheidung.«

Konstantins lächelte grimmig. »Aber wenn ihr versucht, mich zu verarschen, mache ich euch fertig, klar?«

»Wir haben einen Deal«, sagte Elei. »Jetzt müssen wir zum Professor, bevor sich der Psychopath an ihm vergreift.«

Konstantin steckte die Waffe weg und zwinkerte Elei zu. »Ich habe Hagen gesagt, dass er mit dem Serum auf mich warten soll. Aber lange wird er sich bestimmt nicht gedulden.«

Er ließ ein Messer aufschnappen und löste die Fesseln.

»Wo sind die Soldaten?«, fragte Elei.

»Zurück bei ihrer Einheit. Der Weg ist frei.«

»Dann los!«

Sie eilten hinunter und zurück zum Verhörraum. Die Gänge waren wie zuvor menschenleer. Sie erreichten ihr Ziel in einer knappen Minute.

»Ich gehe zuerst rein«, flüsterte Konstantin. »Es ist noch einer der KSK-Männer dort. Wenn er mich allein kommen sieht, schöpft er keinen Verdacht.«

Er klopfte kurz an und trat ein.

»Da sind Sie ja endlich«, erklang Ponykopfs nasale Stimme.

Es folgte ein kurzes Gespräch, in dem Konstantin erklärte, dass das Serum jetzt gespritzt werden könne, dann folgte ein dumpfer Schlag.

»Verdammt, was soll das?«, rief Ponykopf.

Hannah und Elei traten ein. Der Soldat lag regungslos auf dem Boden.

»Ist er …?«, begann Hannah.

Konstantin, der den Psychopathen am Kragen festhielt, sagte: »Der macht nur ein Schläfchen.«

Elei schloss die Tür. Kohagen war mit Kabelbindern an einen Stuhl gefesselt. Neben ihm stand der Koffer mit dem Serum. Es war bereits in die Spritze aufgezogen worden.

»Gott sei Dank!«, sagt der Forscher erleichtert. »Sie haben ja wirklich neun Leben.«

»Das kann man von Ihnen aber auch sagen«, meinte Elei.

»Damit werden Sie nicht durchkommen«, keifte Ponykopf.

»Schnauze«, sagte Elei. »Oder Sie können das Serum gern selbst ausprobieren.«

Sie befreiten den Forscher und verschnürten Ponykopf und den Soldaten zu unbeweglichen Paketen.