Hydra - Diane Neisius - E-Book

Hydra E-Book

Diane Neisius

0,0

Beschreibung

"Hydra" ist eine in sich abgeschlossene Geschichte, die in derselben Galaxie wie in "Renegatinnen" spielt, zur selben Zeit, aber in einem anderen Quadranten. Die Elbin Silmarien lebt unter Menschen. Nach außen hin perfekt in eine fast spießige Mittelschichts-Bevölkerung integriert, selbstständig und wohlhabend, führt sie ein Doppelleben. In Wirklichkeit ist sie die "Hydra", einer der gefürchtetsten Sniper-Attentäter im gesamten Sektor. Die Ziele ihrer Auftraggeber sind Industrieanlagen auf verschiedenen Planeten, die sie in der Verkleidung einer Wanderarbeiterin auf's Korn nimmt und zerstört. Natürlich versuchen die superreichen Eigentümer der imperialen Industriekonzerne, dem Treiben der Hydra ein Ende zu setzen und hetzen ihr einen Liquidator der imperialen Exekutive auf den Hals. Und auch die Verwandten der Elbin, die anfangs glauben, sie retten zu müssen, suchen nach der Verschwundenen, um sie nach Hause zu holen, bemerken aber schnell, dass die kleine Silmarien nicht mehr nach den Grundsätzen ihres Volkes lebt. Langsam zieht die Schlinge sich immer enger...

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 233

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis

Hydra

Liquidator

Kato

Schatten der Vergangenheit

Verwandte

Ziele

Verborgen

Schlinge

Unterwegs

Jäger

Neue Heimat

Unerwartete Begegnung

Alte Gewohnheiten

Schachzüge

Angst und Analyse

Vortex

Disput

Zu spät

Deal

Ein Geschenk

Epilog

Hydra

Die Hydra lag auf der Lauer, lang ausgestreckt auf dem schmutzigen Boden hinter einem Blaster, der länger war als sie selbst. Seit Tagen hatte sie diesen Platz im obersten Stockwerk eines abbruchreifen Hochhauses in der namenlosen Stadt ausgekundschaftet, nachdem sie vorher wochenlang unauffällig nach so etwas auf der Suche gewesen war. Niemand hätte in der Elbin, die sich unter dem weiten grauen Kapuzenumhang eines Wanderarbeiters verbarg, einen der gefürchtetsten Sniper des gesamten Sektors vermutet.

Auch wenn es noch dunkel war, war sie in gewisser Hinsicht wegen der Aussicht hier. Die war auch bei Tag nicht schön, denn über die heruntergekommenen Stadtviertel hinweg sah man auf ein riesiges Industriegelände, das bis zum Horizont reichte. Doch auch das Zimmer selbst war nicht sehr ansehnlich: das breite Fenster fehlte offensichtlich seit langem, wie Wasserflecken an der Decke und die sich vom rissigen Putz abrollenden verblaßten Farbreste verrieten. Vom Mobiliar waren nur verrottete Kunststoffteile undefinierbaren Zweckes übriggeblieben.

Der Ort erfüllte keinen erkennbaren Nutzen mehr, außer seiner günstigen Lage und dass er die Hydra vor unerwünschten Beobachtern verbarg.

Silmarien, so war ihr bürgerlicher Name, schmunzelte bei dem Gedanken, dass ihre menschlichen Nachbarn in dem friedlichen Wohnviertel auf dem Planeten im Nachbarsektor, auf dem sie ihren Unterschlupf hatte, sie hier sehen könnten, wenn sie in den makellosen Bungalows mit den gepflegten Moosgärten und zurechtgestutzten Farnbäumen ihre Grillparties veranstalteten. Viele ihrer Nachbarn arbeiteten außerplanetar, und so fiel auch nicht auf, dass sie selbst zuweilen für Wochen anderswo - nun, arbeitete.

Die Elbin hatte sich an ihrem Wohnort perfekt den örtlichen Gebräuchen angepaßt, was unverzichtbar war, wenn man als Fremde in einer menschlichen Siedlung akzeptiert werden wollte. Sie trug die unbequeme figurbetonte Kleidung der Menschenfrauen, ging zu den öden Grillparties, lachte zu den geschmacklosen Scherzen einer Spezies, die sich ständig in der Paarungszeit befand, und tat interessiert an dem bedeutungslosen Tratsch über andere Nachbarn. Gar nicht zu reden von dem nutzlosen Imponiergehabe der Menschenmännchen ihr gegenüber. Das einzige, was sie an jenem Ort wirklich mochte, war allein in ihrem Garten zu sein und dem Plätschern des Brunnens unter den Farnwedeln zu lauschen, weil es sie an ihre verlorene Heimat erinnerte.

Das Morgengrauen breitete sich am Horizont aus. Ihr fernes Zielobjekt war nun deutlicher an seinem Platz zu sehen (die Hydra nahm niemals Aufträge an, bei denen es um die Tötung von Lebewesen ging). Es war ein Verteilerkasten auf dem Freigelände eines riesigen Firmenareals des örtlichen planetaren Konzerns. Der Kasten war zwischen den lagernden Plastahl- und Duralbauteilen nur schlecht beleuchtet, und deswegen mußte sie auf das Tageslicht warten. Lange vorher hatte sie ihn ausgekundschaftet und festgestellt, dass er nur eine gewöhnliche Armierung gegen die Witterung hatte und nicht gepanzert war. So weit im Inneren des Konzerngeländes, mehrere Kilometer von dem nächsten Sicherheitszaun nach außen entfernt, erwartete offenbar niemand einen Anschlag.

Nun hieß es warten. Warten auf den richtigen Zeitpunkt war das Wichtigste in ihrem Beruf.

Silmariens Auftraggeber für diesen Job war die örtliche Gewerkschaft der Wanderarbeiter, die ihren Verhandlungen mit dem Konzern mehr Nachdruck verleihen wollte. Dergleichen kam öfter vor, aber das spielte keine Rolle für die Hydra. Sie arbeitete für den, der sie bezahlen konnte. Ihr jugendlicher Idealismus und das Engagement für vermeintliche gerechte Sachen waren ihr schon vor langer Zeit auf denkbar brutale Weise ausgetrieben worden. Der gleiche Konzern, dem sie heute einen Verteiler in Brand schoß, konnte sie schon morgen dafür engagieren, bei der Konkurrenz einen Gastank zu sprengen. Ihre einzige unausgesprochene Bedingung für einen Job war, dass sie kein Lebewesen mehr töten mußte.

Das Licht wurde jetzt besser, und die Geräusche tief unten in der Straße kündeten von der erwachenden Geschäftigkeit einer großen Stadt. Bald würde auch die Abbrucharbeit an einem nicht weit entfernt stehenden ähnlichen Hochhaus fortgesetzt werden. Die lauten Geräusche würden den Abschußknall ihrer Waffe weit weniger auffällig machen.

Aber noch hieß es warten. Es war noch nicht soweit.

Silmarien schaltete den Zielcomputer ein. Sie brauchte den Entfernungsmesser nicht, da sie die Koordinaten des Ziels und ihres Standortes genau kannte. Der Laserpuls einer Messung war immer verräterisch, wie kurz er auch war. Auch wenn niemand Sabotage an einem einfachen Schaltkasten mitten auf einem Lagergelände erwarten sollte, konnte man nie vorsichtig genug sein. Denn dies war nicht irgendein Verteiler. Er lag genau über dem unterirdischen Verteilerknoten, der fast das halbe Firmensegment mit Energie versorgte. Ein gut gezielter Schuß dort hinein konnte einen Schwelbrand in den Kabelschächten verursachen, der nur schwer zu löschen war und wochenlang einen teilweisen Produktionsausfall zur Folge hatte. Die Karten des Geländes, die ihr Agent auf Neu Vegas 7 besorgt hatte, waren nicht verfälscht, das hatte sie von vielen Punkten um das Gelände herum aus überprüft. Die Entfernung betrug genau 12839 Meter.

Langsam wurde es Zeit. Den über zwei Meter langen Blaster hatte Silmarien schon in der Nacht aufgebaut und gründlichdurchgecheckt. Sie überprüfte noch einmal alle Verbindungen des Zielcomputers, zu den Dämpfern in der Waffe selbst, zu den Schallunterdrückerboxen, die sie in dem verrotteten Raum aufgestellt hatte, und zu dem engen Schutzanzug, den sie unter ihrem Umhang trug. Die Schockwelle beim Abschuß eines Drachenspeers war mörderisch und konnte beim Schützen innere Organe verletzen, wenn man nicht vorsichtig war. Besonders beim Schießen aus dem Inneren eines Gebäudes heraus.

Drachenspeer war natürlich ein menschliches Wort, eine unvollkommene Übersetzung des richtigen elbischen Namens. Es klang mythisch, und Drachenspeere waren im menschlichen Imperium so selten zu finden, dass die meisten Zeitgenossen sie für eine Legende hielten. Sie waren einst auf der elbischen Heimatwelt für die Abwehr landender Invasionsshuttles auf weite Entfernungen hin konstruiert worden. Deshalb war die Geschwindigkeit der Geschosse hoch genug, um sie auf kleineren Planeten in eine Umlaufbahn zu tragen. Und daher resultierte auch der heftige Abschuß.

Die Elbin zog die Kapuze des Schutzanzuges fest zu und vergaß auch die Stöpsel für die Ohren und das Schutzvisier für die Augen nicht. Von jetzt an kontrollierte der Zielcomputer, welche Außengeräusche sie hören konnte. Später würde er im Moment der Zündung synchron die Dämpfer aktivieren, den Schutzanzug erstarren lassen sowie die Hörstöpsel abschalten und die Schallunterdrücker auslösen. Silmarien zog die gepolsterte Schulterstütze des Blasters zu sich heran und schmiegte sich bequem in das Halbrund. Beinahe automatisch griffen ihre behandschuhten Finger in die bereitliegende Tasche nach einer Patrone.

Noch nicht. Es war noch etwas zu früh.

Der Computer aktivierte die Mikrodrohnen, die schon in der Nacht ausgesetzt worden waren. Auf eine Entfernung von mehr als 12 Kilometern mußte das Geschoß selbst bei seiner hohen Geschwindigkeit mehr als hundert Meter hoch in die Luft steigen, bevor es sich auf sein Ziel hinuntersenkte. In den höheren Schichten der Atmosphäre waren die meteorologischen Bedingen zuweilen anders als am Boden. Der Zielcomputer berechnete all das durch die Meßergebnisse der Drohnen in die Gegebenheiten des Planeten und seiner Rotation mit ein. Die Schützin sah es, als die Anzeige auf dem kleinen Display erschien. Der Zielpunkt war unruhig und zuckte auf dem vergrößerten Bild des Verteilerkastens hin und her. Die Luft war im Morgengrauen turbulent. Später, kurz vor Sonnenaufgang, begann meist ein gleichmäßiger Wind zu wehen.

Aber noch war es zu früh dafür.

Der Himmel war jetzt erfüllt von einer fahlen Blässe. Nebenan begannen die Abbruchbagger zu brummen. Silmarien nahm die Patrone und führte sie in den dicken Lauf ein. Beiläufig sicherte sie den mechanischen Verschluß. Einige der Symbole auf dem Display änderten sich.

Die Patronen sahen altmodisch aus, aber die metastabilen Kristallflocken in den Hülsen waren ein verläßlicher Energiespeicher für das verwendete Treibgas. Bei ihrem Phasenübergang wurde keine verräterische elektromagnetische Welle ausgesandt so wie bei einer Plasmazündung, es gab nichts, was das Ziel schneller als das Geschoß erreichte und vor der nahenden Nemesis warnen konnte.

Das Geschoß selbst war aus dem Echtmetall Wolfram, weil es innerhalb der Atmosphäre durch die Reibung bis zur Weißglut aufgeheizt wurde und dabei nicht weich werden durfte. Die Elbin hätte ihr Kostbarstes gegeben, um einen echten Alarcanar aus ihrer Heimat zu bekommen, aber das war unmöglich. Sogar zuhause waren die unterkalibrigen Pfeilgeschosse aus dem monokristallinen schweren Alluin, die wirklich weit flogen und sogar die Rumpfpanzerungen von Raumschiffen durchschlugen, eine unbezahlbare Kostbarkeit, die wie der Staatsschatz bewacht wurden. Unerreichbar, selbst wenn sie nach Hause hätte gehen können.

Aber wenn es jetzt bald soweit war, würde hier auch ein hohles Übungsgeschoß aus Wolfram seinen Dienst tun.

Sie preßte sich gegen die Schulterstütze, hielt sie mit der linken Hand fest, während die Rechte den Griff umfaßte. Der Augenblick war jetzt nahe. Mit der sprichwörtlichen Geschicklichkeit der Elben übernahm sie die Feinpositionierung der Waffe selbst. Der Computer registrierte es und der Zielpunkt auf dem Display änderte die Farbe, schwankte und zuckte aber immer noch. Die Luft hoch oben beruhigte sich langsam, immer wieder durch plötzliche Böen unterbrochen. Es kam jetzt vollkommen auf die richtige Gelegenheit an.

Langsam pendelte sich Silmarien auf den launischen Morgenwind über der Stadt ein. Es war wie ein Tanz, ein Rhythmus, der seine eigenen Regeln hatte, den die Tänzerin noch erraten mußte, während sie bereits dem Publikum vortanzte. Eine leichte Erschütterung des Bodens sagte ihr, dass der Abbruch des Nebenhauses für den heutigen Tage fortgesetzt wurde.

Nur einen Augenblick noch...

Langsam, ganz sachte tastete ihr Finger nach dem Abzug, berührte ihn zuerst fast zärtlich. Sie kannte den Druckpunkt ihres Blasters genau.

Fast hypnotisch war der Anblick des tänzelnden Zielpunktes. Die Zuckungen wurden schwächer. Ein vertikales Zittern verriet, dass nebenan ein größeres Gebäudeteil vom Bagger abgebrochen worden war und in die darunterliegenden Geschosse stürzte. Wenn nun noch der Wind...

Aber der blieb launisch und unstet und schob die berechnete Flugbahn des Geschosses auf dem Display weiter hin und her. Das Nachbarhaus krachte und polterte. Geduld...

Der Zielpunkt verschob sich horizontal ein ganzes Stück und verharrte unruhig. Instinktiv führte Silmarien die Masse des Blasters um eine Winzigkeit nach. Das Tänzeln wurde für einen Moment langsamer, stoppte schließlich fast.

Jetzt.

Fast beiläufig betätigte sie den Abzug. Die Welt wurde still und sie spürte nur den festen Druck des Anzuges auf der Haut, als der Zielcomputer auslöste und die Schutzmaßnahmen aktivierte. Ein Gefühl zu taumeln durchflutete sie für einen Sekundenbruchteil. Die Schockwelle fegte durch das Zimmer und riß den losen Putz von den Wänden. Als die Ohrstöpsel sie wieder hören ließen, nahm die Elbin noch das Rieseln und Bröckeln im Zimmer wahr. Nebenan polterten und dröhnten die abgebrochenen Betonteile des Nachbarhauses noch immer aufeinander.

Im Display sah sie auf den Zielpunkt, der beim Abschuß stehengeblieben war. Das Geschoß brauchte einige Sekunden für den Weg, war bei dieser Vergrößerung aber nicht zu erkennen, da es zu hoch flog. Selbstverständlich zeigte der Zielcomputer auch die Flugzeit an. Gespannt beobachtete Silmarien den Verteilerkasten.

Plötzlich erschien ein kleiner schwarzer Kreis auf der Fläche. Etwas tief rechts von der Mitte, aber noch gut im Ziel. Staub stieg hinter dem Kasten auf, einige Splitter des Geschosses hatten die Rückwand also durchschlagen. Das war sehr gut, denn es bedeutete Schaden und Verbrennungen im Innern.

Eine Minute später kräuselte sich ein dünner Faden Rauch aus dem runden Loch. Ein zweiter Schuß würde nicht nötig sein.

Rodowan war der verantwortliche Schichtführer bei der Abbruchfirma und sah mit Unbehagen auf die Betonbrocken auf der Straße. Weiter oben war vor einer halben Stunde ein Teil des 42. Stockwerkes eingebrochen, als sich ein Pfeiler darüber gelöst hatte und hineingestürzt war. Der Suspensorbagger war von Teilen einer Wand getroffen worden und möglicherweise beschädigt. All das kostete wieder Zeit. Zeit, Zeit, Zeit, die er nicht hatte, diese hartnäckige Ruine trieb ihn noch in den Wahnsinn.

Nur beiläufig nahm er wahr, wie eine Gestalt im grauen Umhang aus dem Gebäudeeingang gegenüber in die Schatten einer Nebenstraße huschte. Ein Wanderarbeiter, ein armer Kerl, der wahrscheinlich nicht einmal genug Geld für eines der vergitterten Betten in den Sammelunterkünften hatte und deshalb wie die Obdachlosen der Stadt in einer der zahlreichen Ruinen übernachten mußte. In dem länglichen schwarzen Koffer, den er trug, hatte er vermutlich seinen gesamten Besitz.

Wen kümmerte schon ein Wanderarbeiter. Rodowan hatte jetzt wirklich andere Sorgen.

In der Energiezentrale auf dem Konzerngelände bemerkte eine Kontroll-KI genau 51.3 Minuten nach dem plötzlichen Kurzschluß, dass das aufgetretene Problem in Verteiler Nr. 5 weit massiver als zunächst angenommen war und löste einen allgemeinen Alarm aus.

Liquidator

Liquidator Johanson war unzufrieden. Natürlich war er wieder zu spät gerufen worden.

Mißmutig scharrte er mit der Stiefelspitze im Schutt des Hochhauses, das schon beinahe bis zum Erdboden abgerissen war. Synthmetal City unterlag den rapiden Veränderungen jeder Stadt, die Privatbesitz eines Konzernes war. Imperiale Ermittler sah man nicht gerne hier, wo sie nach Meinung der Konzernspitze nichts zu suchen hatten. Gesetze und Vorschriften wurden ignoriert, sofern sie nicht unmittelbar den Gewinninteressen des Konzernes dienten. Aber es gab staatliche Institutionen, die man auch hier nicht ohne weiteres abwimmeln konnte. Die Liquidatoren der Exekutive mit ihren weitreichenden Vollmachten gehörten dazu.

Denn Liquidatoren erschienen nie allein, sondern stets in Begleitung einer kleinen, aber schlagkräftigen Raumflotte. Die direkte Drohung eines orbitalen Bombardements hatte in der Geschichte des Imperiums schon ungezählten Planeten schnell die überfälligen Abgaben abgenötigt.

Johanson wandte sich von dem Hochhausstumpf ab, in dem keine Spuren mehr zu holen waren, trat Betonbröckchen auf der Straße beiseite und ging auf den wartenden Schweber zu.

„Quetschen sie aus dem Gesindel heraus, wohin der Schutt gebracht wird, und nehmen sie dort Proben“, wies er einen seiner Assistenten barsch an. „Und lassen sie sich nicht abwimmeln. Bauschutt wird hier recycelt. Es muß eine Zwischendeponie geben.“

Er vermied es, zu dem unmittelbar nebenan im Bau befindlichen Gebäude aufzusehen, wo die imperialen Sicherheitsvorschriften für Bauarbeiter ganz offen mißachtet wurden.

Er war nicht hier, um überfällige Steuern einzutreiben, und die kleinlichen Betrügereien eines geizigen Konzerns interessierten ihn noch weniger. Der Liquidator jagte einen Saboteur, der langsam lästig wurde. Jemand, der unter dem Decknamen „Hydra“ seit ein paar Jahren Anschläge von schmerzlicher Effizienz verübte. Und diese Anschläge begannen, jemand anderem mit Einfluß und Besitz, der weit über ihm in der Hierarchie der Exekutive stand, unnötige Kosten zu verursachen. Das wiederum brachte das Räderwerk der imperialen Gesetzeshüter sehr schnell in Bewegung.

Und wieder einmal kam er zur Sicherung wichtiger Beweise zu spät. Die Konzerne versuchten immer, Probleme so lange es ging geheim zu halten, und wenn er dann endlich unterrichtet wurde, waren wichtige Spuren bereits verloren.

„Zum Shuttle“, wies er den Piloten des Schwebers an, als er einstieg. „Und prüfen Sie, ob diese Krämerseelen endlich die Aufzeichnungen der Satelliten vom Zeitpunkt des Anschlags abgeliefert haben.“

Das Imperium der Menschheit, das per Selbstdefinition die gesamte Galaxie umfaßte, die noch immer die Milchstraße genannt wurde, war mit seinen über 100 Milliarden Sonnensystemen, von denen etwas weniger als ein Prozent bewohnt waren, ein verwaltungstechnischer Alptraum. Regiert wurde es von 12 hochentwickelten Welten im dichtbesiedelten galaktischen Kern aus, doch je weiter man nach außen in der galaktischen Scheibe kam, desto weniger hochentwickelt waren die Welten und desto weniger funktionierten die imperialen Verwaltungsstrukturen. Im Bereich der Labyrinthsektoren und des äußeren Randes gab niemand mehr einen Pfifferling auf das Imperium, schon gar nicht die ganzen nichtmenschlichen Spezies, die sich dorthin zurückgezogen hatten.

Das Amt eines Liquidators der Exekutive war ursprünglich geschaffen worden, um in diesen Randbereichen zumindest hin und wieder für Ordnung zu sorgen. Deswegen hatten die Liquidatoren auch solch außerordentliche Sondervollmachten. Sie konnten ohne Angabe von Gründen Elitesoldaten der imperialen Marines bis zur Stufe M7 anfordern; die imperiale Flotte mußte ihnen auf Anforderung Flottenverbände bis zu einer gewissen Größe zur Verfügung stellen, und sie waren befugt, ganze planetare Verwaltungen bis hin zu Gouverneuren ohne Verfahren des Amtes zu entheben. All das, damit die Macht des Imperiums auch in den Außengebieten durchgesetzt werden konnte. Zumindest theoretisch.

Liquidator Johanson hatte seinen Rang nicht nur aufgrund seiner besonderen Tüchtigkeit bekommen (denn tüchtig war er, er war einer der jüngsten Chefs der planetaren Miliz der Kernwelt Core-8 gewesen). Man mußte auch die Aufmerksamkeit der richtigen Leute innerhalb der Exekutive erregen. Was im allgemeinen bedeutete, dass man diesen Leuten von da an den einen oder anderen persönlichen Gefallen schuldete, wenn man seinen Job behalten und weiter Karriere machen wollte. Mit Recht und Gesetz hatte all das erst in zweiter Linie zu tun. In der Geschichte der Menschheit hatte es höchst selten Staatsgebilde gegeben, in denen begabte und gut ausgebildete Menschen regulär durch ehrliche Arbeit reich werden konnten oder Ansehen erwarben. Auch das Imperium gehörte nicht dazu.

Die Dateien mit den Satellitendaten wurden erst in seine Arbeitskonsole hochgeladen, als Johanson dem Verwaltungsbeamten gegenüber die Worte „Sicherheitsvorschriften“ und „Baustelle“ fallen ließ. Es waren Terabytes von Bildern, die aus dem niedrigen Orbit von Überwachungssatelliten aller Art gemacht worden waren. Mit ein paar knappen Bewegungen grenzte er auf seinem Rechner Ort und Zeit auf ein passendes Intervall ein und startete die Suche. Sein Suchagent wußte bereits, nach welchem Muster er in den Aufnahmen Ausschau hielt.

Er wandte sich dem zweiten Hologramm zu, das den Straßenabschnitt, den er zuvor besucht hatte, in einer 3D-Rekonstruktion zum Zeitpunkt des Anschlages zeigte. Der Liquidator hatte den weit davon entfernten ausgebrannten Sicherungskasten genau untersucht. Das Einschußloch auf der Vorderseite und die Wolframsplitter im Inneren ließen keinen Zweifel daran, dass hier ein Sniper mit einer großkalibrigen Waffe zugeschlagen hatte.

Die Splitter des Geschosses gaben leider nicht mehr viel her, nicht einmal das Kaliber ließ sich genau bestimmen. Glücklicherweise war das Fundament des Kastens bei den Aufräumarbeiten noch nicht vollständig abgetragen worden. So hatte Johanson die Richtung, aus der geschossen worden war, bestimmen können, und nach und nach alle in Frage kommende Verstecke ausgeschlossen. Bis nur zwei verlassene Hochhäuser in mehr als 12 Kilometer Entfernung übrig geblieben waren, genau an dem Straßenabschnitt von heute morgen, die jetzt für weitere Untersuchungen leider nicht mehr zur Verfügung standen.

12 Kilometer waren weit, selbst für die Technologie der Kernwelten des Imperiums. Man konnte schließlich nicht mit einem Artilleriegeschütz im Schlepptau durch eine Stadt voller Zivilisten laufen, und es noch weniger durch die Kontrollen am Raumhafen bringen. Es mußte einen großkalibrigen Blaster geben, der eine solche Reichweite hatte. Bereits die vorher von ihm untersuchten Anschlagsziele hatten Hinweise darauf ergeben.

Ein leises akustisches Signal ließ ihn zu dem ersten Hologramm über der Konsole herumfahren. Nacheinander erschienen Bilder, die einen nächtlichen Stadtteil zeigten, in sichtbarem Licht und Infrarot. Spektralaufnahmen eines Wettersatelliten waren darunter.

„Gut“, sagte er zu der Konsole, „Vergrößerung der Ausschnitte, die das Häuserpaar zeigen.“ Das erste der Bilder wurde riesig, und der bekannte Straßenabschnitt schien Johanson beinahe anzuspringen. Nur eines der beiden Hochhäuser hatte noch ein intaktes Dach, das andere war bereits im Abbruch befindlich und schon deutlich niedriger.

„Dach vergrößern.“

Das Dach war leider leer. Nun, so dumm würde jemand wie die Hydra nicht sein.

„Suche mir alle Ansichten der oberen Stockwerke dieses Hauses. Besondere Merkmale herausfiltern, so wie Licht in den Fensterhöhlen, Gegenstände, die auf anderen Bildern nicht zu sehen sind, Personen, Bewegungen, alles, was nicht in ein unbewohntes Haus gehört.“

Drei Bilder sprangen in den Vordergrund. Der Liquidator vergrößerte und betrachtete eingehend die Bereiche, die der Agent markiert hatte. Eins war ein Stofffetzen, der aus einem der Fenster hing und vom Wind bewegt wurde. In einem anderen Fenster hatte ein Vogel sein Nest.

Auf dem dritten Bild war zunächst nichts zu sehen, bis auf einen Bildfehler, den der Suchagent markierte. Ein kurzer Strich aus weißen Pixeln. Nur...

Der Strich lag nicht auf dem Bildraster. Es war eindeutig ein Objekt, das dort nicht hingehörte.

„Haben wir noch andere Ansichten mit dieser Zeitmarkierung?“

Seine Stimme wurde leiser vor Spannung. Eine Spur. Was war das? Ein Reflex? Streulicht von einem Laser?

Andere Bilder schoben sich aus dem holografischen Stapel nach vorn. Eine Seitenansicht aus großer Entfernung war darunter, die die Front zeigte. Bei sehr starker Vergrößerung war dort ebenfalls ein heller Punkt. Zwei verschiedene Winkel, das konnte kein Reflex sein. Etwas leuchtete auf dem Bild. Aber was?

„Spektraldaten? Was ist auf Ansichten mit direkt benachbarten Zeitmarkierungen?“ Liquidator Johanson war ein ruhiger Mann, aber jetzt regte sich das Jagdfieber des Ermittlers in ihm.

Zwei Sekunden vorher war auf einer Schrägansicht nichts von dem Strich zu sehen. Fünf Sekunden später auf einer stark vergrößerten Aufnahme ebenfalls nicht. Sollte das etwa Mündungsfeuer einer Railgun sein?

„Spektraldaten mit dem Zeitstempel. Alle, die das Gebiet enthalten. Suche nach Daten, die nicht zum Rest der anderen Daten passen. Suche nach elektromagnetischen Pulsen.“

Eine Spektralmessung eines Wettersatelliten schob sich nach vorn. Der Suchagent markierte die Linien, die nicht zur atmosphärischen Zusammensetzung und dem Niederschlag (plus der unvermeidlichen Industrieabgase) paßten, die für diesen Teil des Planeten normal waren.

„Isolieren und Referenzspektrum finden.“ Der Mann spürte, dass er der Lösung nahe war.

Vor dem Bilderstapel des Hologrammes leuchtete eine Grafik auf. Helium. Das Bild zeigte eine Plasmazunge aus Helium.

Keinen Funkenflug einer Railgun.

Ein enggebündelter Plasmastrahl, dessen Spektrallinien eine erhebliche Druckverbreiterung zeigten. Es sah aus wie ein defokussierter Plasmaschneider. Wieso hielt jemand so etwas aus dem Fenster? Und wieso nur eine Sekunde oder weniger?

Ein Plasmablitz mit hohem Druck...

„Ach.“ Fast hätte Johanson sich an die Stirn getippt. „Natürlich.

Ein gasgetriebener Blaster, mit Helium als Treibgas unter hohem Druck und extremer Temperatur“, murmelte er vor sich hin. „Physikagent“, kommandierte er laut in die Konsole. Ein drittes Hologramm erschien.

„Übernimm die extrahierten Spektraldaten und extrapoliere den Druck bei der Annahme, dass es aus einen Rohr mit etwa 20mm Durchmesser ausgestoßen wird. Ich will besonders die geschätzte initiale Austrittsgeschwindigkeit haben.“

Das Programm zeigte sofort eine Zahl.

Sechs Kilometer pro Sekunde.

Natürlich. Jemand hatte aus dem obersten Stockwerk des Gebäudes ein Wolframprojektil aus einem Stoßwellenrohr in Blastergröße abgeschossen. Das erklärte auch die unglaubliche Reichweite. Und dieser Jemand war niemand anders als die gesuchte Hydra.

Der Liquidator hatte das Gefühl von Zufriedenheit, als er einen Haufen Routinearbeiten an die holografischen Agenten in seiner Konsole verteilte. Endlich war er einen Schritt weiter. Alle relevanten Bilddaten wurden als Texturen in sein 3D-Modell integriert. Mit Hilfe der 3D-Grafik der zwei Meter langen Plasmazunge wurde die Flugbahn des Geschosses rekonstruiert. Der Suchagent hatte eine neue Aufgabe, nämlich in allen verfügbaren Quellen nach Hinweisen auf Blaster mit den ermittelten Leistungsdaten zu suchen. Naturgemäß dauerte eine solche Suche sehr lange, da das Shuttle, in dem sich Johansons Arbeitsraum befand, große Datenbanken besaß und auch auf die Daten des Raumhafens von Synthmetal City, auf dem es noch immer stand, zugriff.

Obwohl es auch eine bequeme Ruhekoje in dem Arbeitsraum gab, war der Liquidator längst im Sitzen vor der Konsole eingeschlafen, als das Hologramm anzeigte: „Waffe mit Suchparameter in Legende über die Elben. Name des Blasters bedeutet übersetzt ‚Drachenspeer‘.“

Kato

„Kato.“ Die Elbin trat in das kleine Büro ihres Agenten im Geschäftsviertel auf Neu Vegas 7. „Schön, Dich zu sehen. Wie geht es denn Deiner Mutter?“

Sie umarmte den Menschen, der von seinem Sitz hinter dem modernen Schreibtisch aufgestanden war. Die kleine Agentur residierte in hellen Räumen im oberen Drittel eines der Wolkenkratzer von Vegas City, denn die Geschäfte liefen gut. Wozu sie selbst nicht unerheblich beitrug.

Kato war eines der wenigen Wesen, das sie so nahe an sich heranließ. Er stammte von demjenigen Subtyp der Menschen, die eine Lidfalte über den Augen hatte (die beiden anderen Subspezies waren sehr hellhäutig und sehr dunkelhäutig und ohne Besonderheiten an den Sinnesorganen; Silmarien fragte sich, warum sich die Menschen-Subtypen in den Jahrtausenden ihrer Kultur nie stärker miteinander vermischt hatten, denn anders als Lichtelben und Dunkelelfen konnten sie fruchtbare Nachkommen miteinander haben).

„Komm‘ erstmal rein, setz Dich doch.“ Der Mann rückte einen Stuhl für sie zurecht. Es war Teil eines Rituals, das unbewußt sehr viele Menschen befolgten.

„Mama geht es gut, es gefällt ihr sehr in der Seniorenresidenz, in der ich ihr mit Deiner Hilfe den Platz gekauft habe“, erklärte er. „Das Personal ist sehr nett, und es gibt dort Leute in ihrem Alter, so dass sie nicht allein ist. Ich habe hier leider viel zu tun und kann sie nicht so oft besuchen, wie ich sollte.“

Sein leicht bekümmertes Gesicht war ehrlich. „Und jetzt erzähl, wie war es denn bei Dir?“

Die Frau stellte den länglichen schwarzen Koffer mit ihrem, nennen wir es Arbeitsgerät, auf den Boden und glitt mit einer katzenhaft geschmeidigen Bewegung auf die Sitzgelegenheit.

Sie schlug die Beine in eine Haltung übereinander, die sie sich von den Menschenfrauen abgeschaut hatte. In einem engen Rock konnte man ohnehin nicht anders bequem sitzen.

Silmarien hatte keine Ähnlichkeit mehr mit der heruntergekommenen Wanderarbeiterin in dem weiten grauen Kapuzenumhang, die sie noch vor wenigen Stunden scheinbar gewesen war.

Glücklicherweise gab es auf Neu Vegas 7 Orbital sehr diskrete Unterkünfte mit Ausgängen auf verschiedenen Decks der Station, die gegen eine geringe „Gebühr“ auch die Aufzeichnungen der Überwachungskameras „verloren“. Einige hatten sogar eine Art „Kostümservice“. Nach Neu Vegas 7 reisten eine Menge Leute, die inkognito bei Glücksspiel und anderen halbseidenen Geschäften bleiben wollten, nicht nur sie, die sich für ihre Missionen unauffällig in eine Wanderarbeiterin verwandeln mußte.

Allerdings war die Regel nicht, wie bei ihr außerhalb von Vegas unerkannt zu bleiben, sondern für den Aufenthalt auf dem Planeten selbst. Was für den Vorgang des Wechsels der Tarnung selbst allerdings überhaupt keine Rolle spielte.

„Hm, das steht Dir“, sagte Kato. Sein Grinsen ließ die Augen noch schmaler erscheinen, als sie durch die Lidfalte ohnehin waren. Er ließ den Blick mit gespielter Bewunderung über das engsitzende graue Kostüm einer Geschäftsfrau gleiten, das Silmarien für die Reise von ihrem Wohnort hierher nach Neu Vegas benutzte. Beide wußten, dass der junge Mensch keinerlei Hintergedanken mit seiner Bemerkung verband. Die Elbin war siebenmal so alt wie er, kannte ihn schon seit seiner Geburt und hatte ihn heranwachsen sehen.

Elben schlossen nicht leicht Freundschaft mit den kurzlebigen Menschen. So etwas ergab sich mehr als die Freundschaft zu einer ganzen Familie. In Silmariens Fall war es Yoko gewesen, die Großmutter von Kato, vor fast hundert Jahren. Sie hatte der jungen Elbin geholfen in der schwierigen Zeit, als diese aus dem Gefängnis entlassen worden war, und sich darum gekümmert, dass sie Zugang zu den Rehabilitationsmaßnahmen bekam, die ihr als unfreiwilliger Inhaberin eines imperialen Passes gesetzlich zustanden. Man konnte leicht meinen, dass zwanzig Jahre Eingesperrtsein für die Elbin, die mehr als zehnmal so lange leben würde wie Menschen, keine schwere Strafe gewesen war. Aber von den zwanzig Jahren mußte doch jeder einzelne Tag gelebt werden, allein unter Wesen, die sie als Fremde und Alien betrachteten. In allen Gefängnissen gab es Übergriffe, auch sexueller Art, und auch wenn eine direkte Paarung zwischen Elben und Menschen physisch nicht möglich war, waren die Insassen einer Strafanstalt zu allen Zeiten erfinderisch genug gewesen, sich verwandte Formen der Erniedrigung für Außenseiter auszudenken.

Silmarien war nach ihrer Entlassung in erbärmlicher Verfassung gewesen. Und Yoko hatte sich um sie gekümmert, war zur Freundin und Wahlverwandten geworden. Die Elbin hatte sie durch die Jahrzehnte altern sehen, und die Menschenfrau war mit 95 Jahren in ihren Armen gestorben. Katos Mutter Yoriko hatte den leeren Platz eingenommen, und nach ihr Kato. Yoriko war nun ebenfalls alt, lebte aber noch. Silmarien vermied es, sie zu oft zu sehen, denn sie wollte nicht noch einmal jemand, der ihr nahe stand, am Lebensende so kläglich verfallen und verenden sehen.

„Ich hoffe, sie haben bezahlt.“ Die Elbin kam nun ohne weitere Umschweife zum Geschäft. „Es war kniffelig, aber ich habe das Problem ganz gut gelöst, glaube ich. Sehr kleines Ziel, ziemlich große Entfernung, im Morgengrauen, es war fast am Limit.“

„Oh ja, sie haben sofort die volle zweite Hälfte des Betrages überwiesen“, erklärte ihr Gegenüber. „Und durch meine Kanäle habe ich gerüchteweise gehört, dass sie überaus zufrieden waren. Der Konzern muß recht kleinlaut bei den weiteren Verhandlungen gewesen sein. Die haben drei Wochen gebraucht, um den Schwelbrand in den Kabelschächten zu löschen, einschließlich eines vollen Produktionsausfalles in der gesamten Zeit, und konnten den Ladetermin für einen Megafrachter auf der Sagittariusroute nicht halten. Das wird einiges an Konventionalstrafen gekostet haben. Ganz abgesehen vom materiellen Schaden durch den Brand. Macht sich nicht gut in der Bilanz.“