Ich bin gleich da - Anne Köhler - E-Book
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Ich bin gleich da E-Book

Anne Köhler

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Beschreibung

Für Elsa ist Kochen viel mehr als nur ihr Beruf oder die bloße Zubereitung einer Mahlzeit. Nur in der Küche gelingt es ihr, ihre Sorgen hinter sich zu lassen und sich ein anderes Leben zu erträumen. Außerdem hat Elsa sich ein Ziel gesetzt: Sie will nach Norden ans Meer. Und damit möglichst weit weg von der Familie in Süddeutschland, weg von der schmerzhaften Leerstelle, die der Tod ihres Vaters in ihr Leben gerissen hat. Sensibel und berührend gelingt es Anne Köhler in ihrem Debütroman, von großen Gefühlen zu erzählen und sie in atmosphärisch einzigartigen Koch- und Küchenszenen aufgehen zu lassen. ›Ich bin gleich da‹ ist die Geschichte einer jungen Frau, die auf der Suche nach sich selbst ihrer Familie wieder näherkommt – und vielleicht auch einer glücklichen Liebe.

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Für Elsa ist Kochen viel mehr als nur ihr Beruf oder die bloße Zubereitung einer Mahlzeit. Nur in der Küche gelingt es ihr, ihre Sorgen hinter sich zu lassen und sich ein anderes Leben zu erträumen. Außerdem hat Elsa sich ein Ziel gesetzt: Sie will nach Norden ans Meer. Und damit möglichst weit weg von der Familie in Süddeutschland, weg von der schmerzhaften Leerstelle, die der Tod ihres Vaters in ihr Leben gerissen hat. Sensibel und berührend gelingt es Anne Köhler in ihrem Debütroman, von großen Gefühlen zu erzählen und sie in atmosphärisch einzigartigen Koch- und Küchenszenen aufgehen zu lassen. ›Ich bin gleich da‹ ist die Geschichte einer jungen Frau, die auf der Suche nach sich selbst ihrer Familie wieder näherkommt – und vielleicht auch einer glücklichen Liebe.  Anne Köhler wurde 1978 in Gießen geboren und lebt in Berlin. Sie studierte Architektur und Kunstgeschichte in Berlin sowie Kulturwissenschaften, Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus in Hildesheim. Seit 2006 arbeitet sie als freiberufliche Autorin und Texterin. Mit einem Auszug aus ›Ich bin gleich da‹ gehörte sie 2008 zu den Finalistinnen des 16.

ANNE KÖHLER

ICH BIN GLEICH DA

Roman

Von Anne Köhler ist außerdem im DuMont Buchverlag erschienen:

Nichts werden macht auch viel Arbeit

eBook 2016

DuMont Buchverlag, Köln

Alle Rechte vorbehalten

© 2015 DuMont Buchverlag, Köln

Umschlaggestaltung: Lübbeke Naumann Thoben, Köln

Umschlagabbildung: © Monika Halinowska/GettyImages

eBook-Konvertierung: CPI books GmbH, Leck

Für uns.

Mein Vater war Segler. Das sagte er jedenfalls. Von uns hat ihn nie jemand segeln gesehen. Als Kind habe ich es ein paarmal versucht. Ich habe Fachausdrücke gelernt. Er brauche einen Matrosen, habe ich gesagt. Er brauche einen Smutje oder wenigstens jemanden für den Ausguck oder zum Schrubben des Decks. Aber mein Vater fuhr immer allein zur See. Auf dem Meer lösen sich alle Sorgen auf, sagte er. Eine Woche im Jahr war dafür reserviert, dann fuhr er Richtung Norden, an die Küste, und wenn er zurückkam, war sein Blick weit in die Ferne gerichtet. Er brauche einen Maat, habe ich gesagt. Ich müsse zuerst das Wetter lesen lernen, alle Wolkengebilde und Formationen, sagte er, denn wer den Himmel nicht lesen kann, kann auch nicht zur See fahren. Ich lieh mir Bücher aus. Lernte Fachbegriffe. Wälzte Lexika und zeichnete Bilder voller Himmel und Wolken und beschriftete sie. Ich kannte Kumulus-, Zirrus- und Stratuswolken und ihre Bedeutung für die Wetteraussichten. In der Todesnacht meines Vaters war der Himmel sternenklar. Er war makellos.

Prolog

Zwischen Weiden und Kastanien schmiegen sich ein paar Häuser an das Ostufer des Sees, andere ziehen sich in losen Abständen den Weg hinauf bis zum Waldrand. Dort, in der Mitte eines von dichten Hecken eingefassten Wiesenrondells, steht unter einer Eiche das Wahrzeichen des Dorfes. Der große Felsklotz passt zum Wesen der Weidenheimer: grobschlächtig, witterungsbeständig, schnörkellos. Er markiert den Mittelpunkt des Landkreises. In einem Schaukasten zeigen Bilder den stolzen Ortsvorsteher von Weidenheim beim Anbringen der kupfernen Plakette mit den genauen Koordinaten. Seit der Aufstellung hat man Limberg, der kleinen Stadt auf der anderen Seeseite, endlich eine Attraktion entgegenzusetzen.

Jetzt dreht sich jedoch alles um das Maifeuer. Vor Tagen schon hat man auf einem Feld das Holz aufgeschichtet. Bis in die Morgenstunden wird es brennen. Wer dann noch dort ist, springt Hand in Hand mit seiner Liebsten über die Glut und hat ein Jahr lang Glück. Das ist eine Gewissheit. Ebenso gewiss ist, dass im Schutz der Nacht die Kobolde aus ihren Winkeln kriechen und ihr Unwesen treiben werden. Kaum jemand bleibt verschont.

Im letzten Jahr ist der Ortsvorsteher am Morgen nach der Walpurgisnacht siegessicher über seinen Hof geschritten und hat die unversehrten Vorhängeschlösser an den Scheunentoren begutachtet. Dann, als er den Blick hob, sah er die Unterhosen mit Leoparden-Print, die ihm seine Frau in der Hoffnung steigenden Temperaments geschenkt hatte, am höchsten Mast aufgeknüpft flattern und darunter an der Scheunenwand eine riesenhafte Kreide-Karikatur seiner selbst, entblößt vor der Dorfgemeinschaft stehend.

Jedes Jahr tragen die Weidenheimer also am letzten Apriltag Blumenkübel und -tröge in die Scheunen, ziehen die Mülltonnen hinterher, stellen Autos, Fahrräder und Geräte dort unter. Sie zurren die Strohballen fest, verbarrikadieren die Tore, überprüfen Riegel und Schlösser. Sie bringen die Frühlingsdekoration in die Häuser, schrauben die Türschilder ab, schließen alle Fenster. Sie machen sich schick. Die Verheirateten, die Singles, Jugendliche und Kinder. Die Nacht zum Ersten Mai ist für alle da. Sie kommen zum Feuer, auch die Menschen aus den umliegenden Dörfern, sogar ein paar Limberger.

Jost sieht, wie die anderen ihr Hab und Gut in Sicherheit bringen. Er selbst lässt an seinem Haus alles so, wie es ist. Wer die Kobolde herausfordert, wird erst recht zur Zielscheibe. Jost zieht eine schwarze Hose und einen schwarzen Pullover an. Er küsst seine Frau Ursel, die sich in einem luftigen Sommerkleid von ihm verabschiedet, um zur Generalprobe ihrer Tanzgruppe zu gehen. Sie wird heute am Maifeuer auftreten, um Mitternacht, wenn die Dorfjugend die Trommeln schlägt und die Menschen das Maisingen anstimmen.

Josts Sohn David und seine Freunde sind schon losgezogen. Elli, die Tochter, wartet auf Jost im Schuppen, ebenfalls in schwarz gekleidet. Sie sieht erwachsen aus. Vermutlich wird es ihre letzte gemeinsame Mission sein, denkt Jost.

Die Leute aus den umliegenden Dörfern unternehmen in der Walpurgisnacht gerne den Versuch, das Wahrzeichen Weidenheims umzustoßen oder mit Sprühfarben zu verunstalten. Jost will das verhindern und ihnen mit Elli auflauern.

Er hat Schwierigkeiten, Elli beherzt zu umarmen. Seiner Frau geht es nicht anders. Sie lieben ihre Tochter vorbehaltlos, und doch versteifen sie sich in ihren Armen, als ob sie Angst hätten, etwas an ihr zu zerbrechen. Seit ihrer Geburt ist das so. Viel zu früh war die Fruchtblase geplatzt, er und Ursel hatten sich noch nicht einmal für einen Namen entschieden. Klein, dünn und schrumpelig hat das namenlose Baby im Brutkasten ums Überleben gekämpft. Ursel wurde wegen einer Infektion von ihr abgeschirmt und auch Jost hat man nur bis zum Glaskasten an sie herangelassen. Diesen erzwungenen Abstand haben sie später nicht mehr aufholen können. Ihre Hände versuchen seither, das Defizit auszugleichen, legen sich auf Ellis Arm, streichen ihr über den Schopf, klopfen ihr auf die Schulter. Elli scheint es nichts auszumachen. Die ersten Wochen ihres Lebens hat sie hinter Glas verbracht, und manchmal hat Jost den Eindruck, als sei sie auch nach dem Verlassen des Brutkastens ein wenig von der Welt abgeschnitten geblieben. Er erinnert sich daran, wie anders die erste Zeit mit seinem Sohn David gewesen ist, wie Ursel ihn immer in einem Tuch um den eigenen Körper gebunden getragen hat, so dicht bei sich wie möglich.

Die fehlende körperliche Nähe zu Elli hat Jost immer versucht, mit besonderer Aufmerksamkeit auszugleichen. Er hat ihre Kinderwelt früh mit Geheimnissen angefüllt. Gleichzeitig mit dem Lesen und Schreiben hat sie das Morsealphabet gelernt. Es gibt den Punkt »dit«, den Strich »dah« und die Pause, die man auch als »Schweigen« bezeichnet. Bis heute benutzen Jost und Elli akustische Signale oder Morselampen. Bei gutem Wetter steht Elli abends am Fenster und er blinkt ihr vom Garten aus eine Gute Nacht herauf. Bei schlechtem Wetter klopft sie in ihrem Zimmer auf die Bodendielen. Unter ihr im Arbeitszimmer schlägt Jost die Antwort mit einer Taste auf dem Klavier an. Er spielt Wörter und ganze Sätze darauf, vom Morsen versteht er viel.

Während der Notdienst-Wochenenden seiner Zahnarztpraxis, wenn er in der Nähe des Telefons bleiben musste, hat Jost sich mit Elli durch die Filmgeschichte gearbeitet. Zuerst die Cartoons: Tom und Jerry, Tweety und Sylvester, Elmer Fudd und Bugs Bunny. In den letzten Jahren dann sind die Banditen, Gauner und Ganoven, Agenten und Spione an der Reihe gewesen. Chronologisch sind sie von Butch Cassidy und Sundance Kid über Johnny Hooker und Henry Gondorff bis hin zu James Bond und Dr.No vorgedrungen.

Seit einigen Monaten hat Ellis Enthusiasmus diesbezüglich deutlich nachgelassen. Als Jost ihr von der Mission für die Walpurgisnacht erzählt hat, ist ihm ihr Zögern nicht entgangen. Sie ist vierzehn und findet sich vermutlich zu alt, um mit ihrem Vater in der Dunkelheit im Gebüsch zu sitzen. Bald ist sie seinen Abenteuergeschichten entwachsen.

Jahre ist es her, dass sie ihn nach den aufgeklebten Silberstreifen auf den teureren Produkten im Supermarkt gefragt hat. Erschrocken hat sie schließlich wissen wollen, warum sie selbst keine Diebstahlsicherung habe. Er hat sie beruhigt. Sie sei versteckt unter der Haut, an der Neige des Halses, zwischen Ohr und Schlüsselbein, hat er gesagt und ihr die Hand dorthin gelegt, bis es warm wurde. Eine der seltenen zärtlichen Gesten zwischen ihnen.

Im Schutz der Dämmerung machen Vater und Tochter sich auf den Weg. Die Angreifer können nur vom Dorf oder vom Wald her auftauchen, deshalb trennen sich Jost und Elli. Er versteckt sich am Waldrand, Elli duckt sich hinter eine Hecke, an welcher der Weg ins Dorf vorbeiführt. Jeder hat eine kleine Morselampe bei sich, damit er dem anderen ein Zeichen geben kann, wenn er etwas Ungewöhnliches hört oder sieht. Bei einem »SOS« eilt der andere zu Hilfe, bei einem »?« blinkt er ein »OK« zurück als Signal, dass alles ruhig ist. Eine einzelne Laterne neben dem Wahrzeichen spendet spärliches Licht.

Die Dorfbewohner umringen das Feuer. Es sorgt für Wärme. Mehr noch das Bier und die Kurzen, die man im Zelt ausschenkt. Es ist eine geschäftige Nacht, in der es leicht ist, unterzutauchen. Musik bringt die Körper in Bewegung, der Alkohol das Blut in Wallung, kleine Grüppchen oder Paare ziehen sich in die Dunkelheit zurück. Es ist die Nacht der ersten Küsse, der Streiche, der kurzen Affären und Tändeleien, des Rauschs.

Es kribbelt in den Fingerspitzen. Josts Hand krampft sich um die Morselampe, er fällt. Die Welt stürzt auf ihn herab, dreht sich, jetzt liegt er auf ihrer Oberfläche. Der Waldboden pulsiert, ein Herzschlag, der eigentlich in seinem Brustkorb sein sollte. Der Schmerz ballt sich in der Brust und explodiert nach allen Seiten hin, weit über den Körper hinaus, versickert in der Erde. Jost versucht, nach seiner Tochter zu rufen, aber kein Ton verlässt seinen Mund, nichts an seinem Körper gehorcht ihm. Er drückt auf der Signallampe herum. Er macht sich keine Sorgen. Elli wird jeden Moment kommen. Er versucht, sich zu entspannen, und meint, mit jedem Ausatmen tiefer in den Boden zu sinken, der sich seltsam weich anfühlt. Müde lässt Jost sich immer tiefer ins Dunkel sinken.

Dass Elli für eine Weile nicht in ihrem Versteck war, wird ihr Vater gar nicht merken. Sie läuft zurück vom Feuer zum Wald, weicht Stimmen und Geräuschen aus, einem Liebespaar bei der Laterne, drei torkelnden Gestalten im Halbdunkel am Hang. Feuchtigkeit steigt vom Boden auf, es riecht nach Erde und dem See. Stimmen dringen unnatürlich laut an sie heran und fallen erst hinter ihr zurück, als sie sich dem Wahrzeichen wieder nähert. Ihre Signallampe liegt noch hinter der Hecke. Sie blinkt ein Fragezeichen:

. . — — . .

Keine Antwort.

Elli blickt zu der Baumgruppe, hinter der ihr Vater vorhin verschwunden ist, und setzt sich in Bewegung. Sie erreicht das Zentrum des Wiesenrondells. Der Mittelpunktfelsen steht unversehrt unter der Eiche. Elli wird langsamer, ihr eigener Atem klingt laut und fremd. Mit einem Mal legt sich ihr die Nacht schwer auf die Glieder. Goldader, Goldammer, Goldamsel, sagt sie im Kopf auf, so hat sie es zur Beruhigung von ihrem Vater gelernt, Goldangel, Goldapfel, Goldbach. Sie nähert sich den Bäumen, geht über die gemähte Rasenkante, die Wiese wächst wilder, Geäst mischt sich dazwischen und greift nach ihren Füßen. Zaghaft setzt sie Fuß vor Fuß, wie man im Sport die Mannschaften auswählt, Ferse an großen Zeh: tip, top, tip, top, tip, top, tip, top, tip, top, tip, top, tip, top, tip, top, tip, top, tip, top, tip, top. Dann sieht sie ihren Vater. Eine Hand liegt auf seiner Brust, der andere Arm ist nach oben abgewinkelt und umarmt einen Baumstamm. Elli beugt sich zu ihm hinunter, fasst ins feuchte Gras. Sie streicht ihm über die Hand und erschrickt. Sie legt ihm das Ohr an die Brust, kann aber keinen Herzschlag hören.

Jetzt rennt Elli. Sie rennt über die Wiese, das feuchte Gras, der Schmerz in der Lunge, in der Seite, den Füßen, am liebsten würde sie mit dem Rennen nie wieder aufhören, stoppt aber an dem Haus, das dem Mittelpunkt des Landkreises am nächsten liegt. Irgendwer öffnet, irgendetwas sagt Elli, die Welt bewegt sich in atemberaubender Geschwindigkeit, nur Elli steht still. Plötzlich sind viele Leute da: Polizisten, der Dorfarzt, ein Rettungswagen, Sanitäter, ein Notarzt mit seinem Wagen, Feuerwehrleute mit Scheinwerfern, eine Familie, die Elli nicht kennt, ihre Mutter und ihr Bruder David, eine weitere Familie, die Elli nicht kennt, alle stehen da oder laufen herum und machen Lärm in dem noch dunkel daliegenden Waldstück, ein regelrechtes Getöse, und Elli kann nur mit Mühe den Impuls unterdrücken, zu ihrem Vater zu laufen und ihm die Ohren zuzuhalten. Äste brechen, Gestrüpp knistert, Leute reden, Köpfe werden geschüttelt, Sirenen ausgeschaltet, Auslöser klacken, Lichter blitzen, Davids Arm liegt um Ursels Schultern, nur ein paar Meter von Elli entfernt. Und Elli steht da und in ihren Ohren pfeift es, alle Geräusche schwellen an und vermischen sich, so muss es sein, wenn das Trommelfell platzt, vielleicht ist niemand taub, sondern Taube hören nur nichts mehr von außen, weil das Pfeifen in ihrem Innern so laut ist, dass man es nicht aushält und deshalb ganz mit dem Hören Schluss macht.

Und mit einem Mal sind alle wieder weg. Elli steht allein auf der Wiese unter dem Baum, dem berechneten Mittelpunkt des Landkreises, und in der Eiche zwitschert ein Vogel. Die Walpurgisnacht ist vorüber. Im Morgengrauen hängen in den Kronen der Bäume am See vierzehn Fahrräder an Seilen wie gestrandete Papierdrachen, die Vogelscheuche auf dem Feld am Ortseingang trägt das Pfarrersgewand, in sechzehn Häusern geht die Sonne nicht auf, weil die Scheiben mit schwarzen Planen zugeklebt wurden. Weidenheim ist um einen Einwohner ärmer.

Teil 1

Phantomschmerzen

Die Sonne tauchte hinter die Baumwipfel. Ein einzelner Strahl blitzte aus den spärlich stehenden Stämmen am Waldrand hervor, strich warm über Elsas Wange und glitt zwischen die Bäume zurück. Sie stieß Rauch durch die Nasenlöcher. Es war die letzte Gelegenheit für eine ungestörte Zigarette, bevor im Restaurant das Abendgeschäft begann. Gegen siebzehn Uhr, wenn die Vorbereitungen für den nächsten Schub in der Küche abgeschlossen waren, brachte sie den Müll in den Hinterhof. Sie hatte die Küchenhilfen Emra und Zahid nicht lange bitten müssen, diese Pflicht an sie abzutreten. Für eine Schachtel Zigaretten stellten die beiden keine Fragen.

Elsa genoss die stillen Minuten an der frischen Luft, zog sich hinter Glascontainer und Restmülltonne zurück, blickte zum Wald und rauchte. Heute gleich drei Zigaretten hintereinander, mit tiefen Zügen. Es war der 29.April. Immer wieder wurde ihr Blick zu der Stelle gezogen, wo sich zwischen Wald und Stadt die Felder aufspannten. Irgendwo dort würde morgen das Maifeuer entzündet werden– eine Tradition, der man auch hier im Norden Deutschlands nicht entkam. Hätte er nicht an einem anderen Tag sterben können?, dachte Elsa nicht zum ersten Mal, an irgendeinem Tag ohne Signalfeuer auf den Feldern? Schon die Osterfeuer ließen jedes Jahr die Erinnerung aufflackern, alte Gefühle. In diesen Tagen bis zum Maifeuer schlief Elsa kaum. Nach stundenlangem Herumwälzen übermannte sie mit viel Glück im Morgengrauen ein unruhiger Halbschlaf. Seit zwei Wochen dauerte dieser Zustand bereits an. Die Innenseite ihrer Lider brannte. Sie sah die Tabakschwaden in der Luft verwehen. Jetzt, wo das direkte Sonnenlicht verschwunden war, wurde es schlagartig kühl.

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