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Perfektes Lesefutter für alle Teenies - lustig und mitten aus dem Leben
Mit vierzehn noch ungeküsst? Höchste Zeit, das zu ändern, findet Lena! Und die Klassenfahrt ist DIE Gelegenheit dafür. Das Problem: Um bei ihrem Schwarm Justin eine Chance zu haben, muss Lena eindeutig cooler werden. Also schreibt sie zusammen mit ihrer Freundin Amira eine Liste, die ihr dabei helfen soll. Doch auf einem matschigen Waldausflug und beim peinlichen Karaokeabend cool zu wirken, ist alles andere als einfach! Vor allem, wenn auch noch das Geläster der Klassenzicken und die dummen Sprüche von Justins Kumpels dazukommen.
Aber Lena gibt nicht auf, denn ein Kuss von Justin ist den ganzen Aufwand auf jeden Fall wert ... Oder? Denn plötzlich fängt Lenas Bauch bei jemand ganz anderem leise an zu kribbeln ...
Bestes Lesefutter von Yvonne Struck, der Autorin von Der blödeste Junge der Schule und ich und anderen Jugendromanen.
Eignet sich perfekt als Geschenk für alle zwischen 11 und 14 Jahren, die gerne witzige Geschichten mitten aus dem Alltag lesen.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 211
Cover
Weitere Titel der Autorin
Über die Autorin
Titel
Impressum
Tag 1
Tag 2
Tag 3
Tag 4
Tag 5
Danksagung
Jungs, meine Mutter und der ganze andere Mist
Jung sind Idioten. Mädchen auch.
Der blödeste Junge der Schule und ich
Yvonne Struck, geboren 1976 in Lübeck, hat schon als Kind gerne geschrieben und gewann mit 13 Jahren sogar einen Preis für ein Gedicht: eine coole Jeans! Heute lebt und arbeitet sie als Jugendbuchautorin in Kleve am Niederrhein und schreibt witzige Romane für Mädchen (und Jungen) ab 12 Jahren.
Yvonne Struck
Ich,die Jungsund die Sachmit demCoolsein
Mit Illustrationenvon Carolin Dendorfer
Vollständige eBook-Ausgabe
des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes
Boje in der Bastei Lübbe AG
Originalausgabe
Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover
Copyright © 2022 by Bastei Lübbe AG, Köln
Umschlaggestaltung: Tanja Østlyngen unter Verwendung von Motiven von © Roman Samborskyi/shutterstock, © VALUA STUDIO/shutterstock
Illustrationen: Carolin Dendorfer, München
Satz: Judith Knabe, Köln
eBook-Erstellung: Jilzov Digital Publishing, Düsseldorf
ISBN 978-3-7517-1845-5
boje-verlag.de
Endlich Klassenfahrt! Auf diesen Tag habe ich so lange gewartet!
Vor dem Busfenster zieht die Autobahn vorbei, und der Petersen schnappt sich immer wieder das Mikro, um über irgendwelche Sehenswürdigkeiten in der Landschaft zu labern. Als ob Amira und ich uns für irgendetwas da draußen interessieren würden! Das Einzige, was uns interessiert, sitzt IM Bus. Wir schielen immer wieder nach hinten, Amira zu Till und ich zu Justin, die zusammen mit den anderen Coolen in der letzten Reihe sitzen. Justin sieht so verdammt süß aus mit den braunen Haaren, die ihm wuschelig in die Stirn fallen … Und dazu diese blauen Augen!
Das Problem ist bloß: Bisher beachtet er mich kein bisschen. Dabei soll es auf dieser Klassenfahrt doch endlich klappen mit uns!
Guck her, flehe ich ihn innerlich an. Guck zu mir!
Doch er starrt die ganze Zeit aus dem Fenster.
Plötzlich dreht Justin den Kopf und guckt genau in meine Richtung. Ich glaube, mein Herz bleibt stehen!
Und jetzt fängt er auch noch an zu lächeln! Justin lächelt mir zu! Mir!!!
Mach was, Lena! Na los, lächele zurück!
Meine Mundwinkel zucken nach oben, doch im selben Augenblick sieht Justin wieder weg.
Mist, ich hab’s versaut!
War mein Lächeln zu aufdringlich? Oder zu verkrampft?
Ich sollte langsam mal wieder anfangen zu atmen!
Warum bin ich eigentlich so panisch?
Justin hat mich angelächelt! Und das auch noch verdammt lange! Das hat doch was zu bedeuten!
Ich stoße Amira in die Seite. »Justin hat mich angelächelt«, flüstere ich.
»Echt?« Ihre Augen werden groß.
»Sag nicht, du hast das verpasst!«
»Sorry.« Sie sieht aus, als würde es ihr echt leidtun. Und das tut es auch, das weiß ich! Denn obwohl wir äußerlich so verschieden sind (ich: helle Haut und braune Haare, sie: dunkle Haut und Afro-Locken), ticken wir innerlich total gleich. Deshalb sind wir ja auch schon seit der Fünften beste Freundinnen.
Wie blöd, dass sie Justins Lächeln verpasst hat!
»Gerade eben hat er …«, beginne ich, doch plötzlich drückt Amira meine Hand.
»Lena! Er sieht schon wieder her!«
Mein Kopf fährt herum. Oh nein, das war zu auffällig, so wie Justin grinst! Hitze schießt in meine Wangen, garantiert werde ich gerade knallrot. Auch das noch!
Dann ist der Moment vorbei, und er guckt wieder aus dem Fenster.
Amira neben mir kichert. »Wahnsinn! Der hat mit dir geflirtet!«
»Meinst du echt?«
»Na klar! Heute Abend wirst du es ja sehen!«
Heute Abend … Bis eben war ich mir ehrlich gesagt nicht ganz sicher, ob ich mich wirklich traue, unseren Plan durchzuziehen. Aber jetzt, wo Justin mich angelächelt hat … Da wäre ich ja blöd, wenn ich nicht mitmachen würde!
Heute Abend wollen wir nämlich zu den Jungs ins Zimmer schleichen. Amira setzt sich neben Till und ich mich neben Justin … Romantisches Dämmerlicht … Wir rücken immer näher an die beiden ran … Sie sehen uns tief in die Augen … Und dann kriegen wir beide hoffentlich endlich unseren ersten Kuss!
(Peinlicherweise sind Amira und ich mit vierzehn nämlich noch absolut ungeküsst. Aber nicht mehr lange!) Heute Abend … Justin und ich …
Amira stößt mich in die Seite. »Lena? Du bist doch noch dabei?«
»Na klar«, murmele ich. Und träume weiter von meinem ersten Kuss.
Ich presse mein Ohr an die glatte, kalte Tür des Jungszimmers.
Die Zeit nach der Ankunft hat sich ewig hingezogen, erst die langweilige Ansprache von dem Jugendherbergstypen, Zimmerverteilung, Betten beziehen … Und beim Abendbrot saßen die Jungs weit weg von uns.
Aber egal, jetzt sind wir endlich hier! Nur eine Tür trennt mich von Justin!
»Und?«, flüstert Amira.
Ich lausche noch einen Moment, dann drehe ich mich zu ihr um. Ihre Handytaschenlampe ist auf die Tür gerichtet und ihr Gesicht im Schatten kaum zu erkennen.
»Nichts«, flüstere ich zurück. »Sollen wir anklopfen?«
»Anklopfen? Wir sind doch nicht die Lehrer!« Mit einem Schritt ist Amira neben mir. »Wir gehen da jetzt rein, Lena!«
Damit drückt sie die Türklinke runter.
Die Tür ist immer noch zu. Blöderweise hat Amira vergessen, dass man zum Öffnen auch noch eine Türkarte an die Klinke halten muss, dabei hat der Typ von der Jugendherberge das vorhin ausführlich erklärt. Gleich nachdem er gesagt hat, dass die Mädchen keine »Hygieneartikel« ins Klo schmeißen sollen. Dass er damit Tampons und Binden meinte, haben wir erst kapiert, nachdem er mit knallrotem Kopf was von »speziellen Tagen im Monat« gemurmelt hatte. Oh Mann! Kein Wunder eigentlich, dass Amira gleich seine komplette Rede wieder vergessen hat.
Jedenfalls, nach der Aktion mit der Türklinke wissen die Jungs, dass jemand zu ihnen reinwill. Und zwar jemand, der KEIN Lehrer ist, denn erstens klopfen die an, und zweitens passt ihre Türkarte für alle Räume.
Ob sie uns jetzt die Tür aufmachen?
Die Tür ist immer noch zu.
Dafür ruft eine Jungsstimme: »Lasst uns schlafen!« (Könnte Justin oder auch Till sein.)
»Wir schlafen nämlich gerade tief und fest!« (Das war garantiert Lennard.)
Und dann hört man Mädchengekicher.
Oh nein, da sind schon welche drin!
»Fabienne?«, flüstert Amira.
Ich nicke, obwohl sie das im Dunkeln wahrscheinlich gar nicht sieht. Es kann nur Fabienne sein! Ausgerechnet! Fabienne und ihre beste Freundin Nadja sind die coolsten Mädchen der Klasse und damit tausendmal cooler als Amira und ich.
Und jetzt?
»Wer ist da überhaupt?«, fragt Lennard durch die Tür.
Vielleicht sollten wir besser gar nichts sagen?
Doch Amira antwortet schon: »Hier sind Lena und Amira.«
Ich halte die Luft an. Hoffentlich war das kein Fehler!
»Was wollt ihr denn hier?« Das ist eindeutig Fabiennes Stimme. Im Super-Ironie-Modus.
Okay, es war ein Fehler! Am besten, wir verschwinden ganz schnell wieder.
»Amira …«, flüstere ich, doch sie ist schon wieder schneller.
»Warum lasst ihr uns nicht einfach rein?«, ruft sie durch die Tür.
»Weil ihr uncool seid!«, ruft Fabienne zurück.
Im Zimmer explodiert Gelächter. Fabienne gackert besonders laut.
»Rückzug«, zische ich.
»Aber …«
»Wir blamieren uns doch nur! Die lassen uns eh nicht rein!«
Amira seufzt. Aber sie kommt mit.
Wir schleichen den dunklen Flur entlang, zurück zu unserem Zimmer.
Das war’s dann wohl. Brav schlafen statt Spaß im Jungszimmer. Wie man das halt so macht als uncooles Mädchen.
Und das alles nur wegen der doofen Fabienne!
In unserem Zimmer riecht es nach staubigem Holz, und aus dem Stockbett von Paula und Selina hört man leises Schnarchen. Die schlafen schon, war ja klar.
Im Dunkeln taste ich mich zu unserem Bett und lasse mich auf die untere Matratze fallen. Einen Moment später knarrt und wackelt es, dann raschelt es über mir. Und dann flüstert Amira von oben: »Till steht nicht auf mich. Jetzt weiß ich es wenigstens.« Sie klingt echt traurig.
»Ach Quatsch!«
»Warum hat er dann nichts gesagt?«
»Fabienne hat doch die ganze Zeit geredet«, antworte ich wenig überzeugend.
»Oh Mann, warum musste die auch sagen, dass wir uncool sind? Die haben uns ausgelacht, Lena!«
»Scheiße«, sage ich.
»Ja. Scheiße.«
Sind Amira und ich wirklich so uncool?
Okay, wir sind nicht so cool wie Fabienne, das stimmt. Die ist immer top gestylt: perfektes Make-up, perfekte Frisur und sexy Klamotten. Und das auch noch in der siebten Stunde, wenn ich schon total verschwitzt bin und nur nach Hause will.
Fabienne wird auch nicht knallrot, wenn ein Junge sie ansieht, oder stottert rum, wenn sie angesprochen wird. Stattdessen bringt sie noch einen coolen Spruch.
Damit ist sie das genaue Gegenteil von mir.
»Du hast recht, Amira«, murmele ich. »Wir sind uncool.«
»Sag ich ja!«
Wir seufzen.
»Aber Justin hat mich vorhin im Bus eindeutig angelächelt«, sage ich. »Und das heißt doch was! Oder?«
Amira schweigt. Dann fragt sie: »Glaubst du ehrlich, wir haben gegen Fabienne eine Chance?«
Wir seufzen noch einmal.
»Es gibt nur eine Lösung«, sagt Amira dann. »Wir müssen auch cool werden.«
»Haha. Guter Witz.«
»Nein, im Ernst, wir müssen …«
»Ruhe!«, meckert da Paulas Stimme aus der anderen Ecke des Zimmers. »Ich will schlafen!«
Oh Mann, die ist echt so eine Streberin!
Das Bett raschelt und wackelt, und dann schiebt Amira sich neben mich auf die Matratze.
»Irgendwie müssen wir es schaffen, cool zu werden«, flüstert sie mir ins Ohr. »Sonst wird das nie was mit Till und Justin!«
»Und wie soll das gehen?«
»Na ja … Die Frage ist doch: Was ist eigentlich so cool an Fabienne und Nadja?«
»Alles«, sage ich. »Sie sehen super aus, sie haben immer eine coole Antwort …«
»Warte mal!« Amira wedelt mit ihrem Handy. »Wir schreiben eine Liste! Dann wissen wir wenigstens, was wir anders machen müssen.«
»Ich weiß nicht«, sage ich.
»Jetzt komm schon, Lena! Oder willst du Justin etwa Fabienne überlassen?«
»Nein! Natürlich nicht!«
Liste von Amira und Lena, um cool zu werden:
Punkt eins: Cool aussehen. (Stichwort: Haare, Make-up, Klamotten … einfach alles! Seufz …)
Punkt zwei: Immer eine coole Antwort haben! (Kein Rumstottern und Rotwerden mehr …)
Punkt drei: Sich immer cool benehmen! (Siehe Punkt zwei.)
Punkt vier: Nicht mit uncoolen Leuten reden! (Davon gibt es in unserer Klasse leider viel zu viele! Und zwei davon schlafen mit uns in einem Zimmer. Noch mal seufz.)
Punkt fünf: Zu den Coolen gehören! (Yeah!)
Wenn wir irgendwann einmal Punkt fünf abhaken können, haben wir es geschafft. So in einer Milliarde Jahren oder so.
Ich werde durch ein komisches Geräusch geweckt. Das klingt wie … Oh nein! Fabienne gackert schon wieder, genau wie gestern Abend!
Moment mal, wie kommt die in unser Zimmer?
Ich reiße schlagartig die Augen auf, doch Fabienne ist nirgendwo zu sehen. Dafür steht Paula vor ihrem Stockbett. Sie trägt einen Donald-Duck-Pyjama. Wie alt ist die? Fünf?
Und wieso gackert es immer noch? Eigentlich klingt das auch gar nicht wie Fabienne, mehr nach Ente oder so …
»Mach mal den bescheuerten Wecker aus«, schimpft Amira über mir.
»Das ist ein Wecker?«, stöhne ich.
Mit zwei Schritten ist Paula neben mir und hält mir ihr Handy vors Gesicht. »Donald Duck!«, sagt sie strahlend. »Cool, was?«
Als Antwort ziehe ich mir das Kissen über den Kopf.
Aber selbst so höre ich ihre nervige Stimme noch sagen: »Davon krieg ich morgens gleich gute Laune!«
ICH NICHT!!!
Das Gackern hat aufgehört. Aber als ich vorsichtig unter dem Kissen rauslinse, steht Paula immer noch vor meinem Bett.
»Wusstet ihr, dass es hinter der Jugendherberge auch einen Teich mit Enten gibt?«
»Oh, Enten. Toll.« Amiras Stimme trieft vor Ironie.
»Ich liebe Enten! Du nicht?«, fragt Paula.
Amira schnaubt nur. Und ich auch unter dem Kissen. Was soll an einem Ententeich bitte toll sein? Der ist doch nur dafür da, dass alte Omas mit ihrem Rollator drum herumschleichen.
»Es gibt da auch Ziegen«, mischt sich jetzt Selina ein. »Und Kaninchen! Die kann man sogar streicheln!«
Kaninchen? Plötzlich muss ich an Mümmelchen denken, mein Kaninchen zu Hause. Mein kleiner Bruder Moritz hat versprochen, ihn gut zu versorgen. Hoffentlich macht er das auch wirklich!
Durch den Spalt unter dem Kissen sehe ich, wie die Hinterteile von Paula und Selina aus der Tür wackeln. Dann kann ich ja wieder auftauchen.
Amiras Füße und Beine erscheinen auf der Leiter und dann nach und nach der Rest von ihr. »Ein Streichelzoo für Grundschulkinder! Total kindisch, oder?«
Ich zucke mit den Schultern. Die Kaninchen würde ich schon gerne sehen, aber das sage ich lieber nicht laut. Jetzt, wo wir gerade cool werden wollen!
Amira kramt in ihrem Rucksack. »Kommst du mit duschen?«
Ich verziehe das Gesicht. Duschen heißt aufstehen. Ich hasse aufstehen!
Amira dreht sich mit der Kulturtasche in der Hand zu mir um.
»Komm schon! Denk an unseren Plan!«
Okay, ungeduscht und schlafmuffelig zum Frühstück zu gehen ist eindeutig uncool. Stöhnend stehe ich auf, suche mein Duschzeug zusammen und schleiche hinter Amira her.
Amira hat die letzte freie Dusche gekriegt, und ich muss warten.
Die gute Nachricht ist, dass die Duschen von hier aus ganz okay aussehen.
Die schlechte: Vor den Spiegeln im Vorraum und damit direkt neben mir stehen Fabienne und Nadja. Ausgerechnet! Fabienne massiert sich gerade irgendein Zeug in die Spitzen, während Nadja kopfüber ihre Haare föhnt und irgendwas Kompliziertes mit einer Bürste macht. Und auf der Ablage vor ihnen ist eine ganze Palette von Stylingprodukten aufgereiht.
Hm, vielleicht doch gar nicht so schlecht, dass ich hier stehe … Ich sage nur: Punkt eins auf unserer Liste! (Wer cool sein will, muss cool aussehen.)
So unauffällig wie möglich schiebe ich mich näher heran und versuche, die Schrift auf den Spraydosen, Tiegeln und Tuben zu entziffern. Hitzeschutzspray, Haaröl, Anti-Frizz, Haarwachs, Haarspray, Moisture Cream for daily Use, Wonder-Teint-Foundation und (noch geschlossen) ein riesiger silberner Make-up-Koffer …
»Was glotzt du so?« Fabienne sieht mich misstrauisch an. Unter ihren Augen klebt eine türkis leuchtende Augenmaske.
»Äh … nichts«, stammele ich.
»Das sah aber gerade anders aus!«
»Ähm … Ich …« Warum fällt mir nie eine coole Antwort ein? (Punkt zwei auf der Liste, Lena! Denk an Punkt zwei!)
Fabienne starrt mich immer noch an, und meine Wangen werden immer heißer.
Ein Duschvorhang rattert zur Seite. Das ist die Rettung, nichts wie hin!
Ich flitze los, aber die Fliesen sind total nass, und meine Füße rutschen weg. Ich rudere mit den Armen, jetzt bloß nicht hinfallen!!! Stattdessen schliddere ich direkt in die Arme von Paula, die gerade mit umgewickeltem Handtuch aus der Dusche kommt.
»Holla!«, ruft sie. »Willst du kuscheln, oder was?«
Wenn Blicke töten könnten, müsste der Typ von der Jugendherberge jetzt einen Leichenwagen rufen!
Fabiennes und Nadjas Gackern hallt von den Wänden. Okay, drei Leichenwagen!
Aber da ich leider keine Superheldin mit Laserblick bin, sondern nur eine Vierzehnjährige mit knallroter Birne, schiebe ich stattdessen Paula beiseite und ziehe laut ratternd den Duschvorhang hinter mir zu.
(So viel zu Punkt drei: Sich immer cool benehmen. Oh Mann!)
Fertig mit Duschen. Ob Fabienne und Nadja immer noch im Vorraum sind?
Ich sammle meine zwei armseligen Stylingprodukte (Duschgel und Shampoo) wieder ein und ziehe so leise wie möglich den Duschvorhang zur Seite.
Sie sind noch da, und zwischen ihnen steht jetzt der geöffnete Make-up-Koffer. Fabienne tuscht sich gerade die Wimpern, und Nadja trägt Lippenstift auf ihren Kussmund auf. Beide starren angestrengt in den Spiegel und scheinen zum Glück nicht zu bemerken, dass hinter ihnen ein Mädchen mit Handtuchkleid und nassen, verfilzten Haaren auftaucht. (Ich.)
Schnell raus hier!
Aber nicht zu schnell. (Ich will ja nicht wieder ausrutschen!)
Zurück im Zimmer. Amira steht vor dem Waschbecken und putzt sich die Zähne. Paula und Selina sind zum Glück nirgendwo zu sehen.
Ob die beiden vor dem Frühstück noch mal zu den Kaninchen gegangen sind?
»Wsch hscht d db?«, fragt Amira mit Zahnbürste im Mund.
»Was?«
Sie spuckt Zahnpasta ins Becken und spült sich den Mund aus.
»Was hast du dabei?«, fragt sie. »An Stylingzeug, meine ich.«
»Nicht viel«, gestehe ich.
Ein Kulturtaschenvergleich ergibt: Zusammen besitzen wir einen Kamm und eine Bürste, je zweimal Duschgel, Shampoo, Seife und Deo, Volumenschaum (ich) und Glättungscreme (Amira), zwei Pickel-Abdeckstifte (einen hellen von mir, einen dunklen von Amira), eine schwarze Wimperntusche (von Amira, schon ziemlich eingetrocknet) und zwei Labellos (einmal Kirsche, einmal Orange). Wohl kaum das richtige Equipment, um stylingmäßig mit Fabienne und Nadja mitzuhalten.
»Hast du gesehen, was Fabienne und Nadja im Duschraum alles dabeihatten?«, frage ich.
Amira schüttelt den Kopf. »Ich bin schnell an denen vorbeigegangen. Was hatten die denn so?«
»Die hatten einfach alles«, sage ich. Wir sehen uns an und seufzen.
Wir haben das Letzte aus dem Krümel-Mascara herausgeholt und den Labello so dick aufgetragen, dass unsere Lippen glänzen. Jetzt wollen wir uns schicke Frisuren machen. Nachdem unsere Cool-Liste gestern Abend fertig war, haben wir nämlich noch die halbe Nacht Stylingvideos auf Amiras Handy geguckt.
Wir haben versucht, uns die Haare hochzustecken, aber irgendwie sah das in den Videos tausendmal besser aus! Meine Hochsteckfrisur löst sich jetzt schon wieder auf und hängt nur noch auf halber Höhe, und Amiras schwarze Locken stehen krisselig-wild in alle Richtungen ab. Nur leider nicht auf so coole Art wie die Afro-Locken bei der Frau in dem Video – es sieht eher aus, als hätte Amira in die Steckdose gefasst.
Wir sehen uns an und seufzen. Dann ziehen wir die Haargummis und Spangen wieder aus unseren Haaren.
So viel zu Punkt eins auf der Liste …
Wir sind superpünktlich beim Frühstück, aber von den Jungs ist noch nichts zu sehen. Dafür sind Selina und Paula schon da. Sie sitzen alleine an einem Tisch und winken wie wild zu uns herüber.
»Nicht hinsehen«, zischt Amira und steuert mich in Richtung Büffet. Als ob ich mich zu den Streberinnen setzen würde! Punkt vier auf der Liste ist schließlich: Nicht mit uncoolen Leuten reden.
Das Frühstücksbüffet sieht echt lecker aus, und wir laden uns die Teller voll. Ob ich auch noch Müsli nehmen soll? Ich hab morgens immer einen Bärenhunger!
Amiras Ellenbogen pikst mich so plötzlich in die Seite, dass ich fast den Milchkrug fallen lasse. »Da sind sie!«
»Was? Wo?«
»Nicht hinsehen! Denk an Punkt drei! Immer cool benehmen!« Amira zieht mich hinter das riesige Gestrüpp aus Trockenblumen, das aus irgendeinem Grund mitten auf dem Frühstücksbüffet steht. Sich hinter Blumen zu verstecken ist also cooles Benehmen? Ich weiß ja nicht …
»Da drüben«, flüstert Amira, »am Tisch neben Paula und Selina.«
Ich linse vorsichtig zwischen zwei schrumpeligen Blüten hindurch. Tatsächlich, dahinten sitzen die Jungs!
Und jetzt? Sollen wir uns dazusetzen? Neben Justin ist noch ein Stuhl frei. Aber eben nur einer.
Ob man auch zu fünft an einem Tisch sitzen darf?
»Lennard! Justin! Ti-ill!«, flötet es plötzlich von hinten.
»Scheiße«, flüstert Amira, und im selben Moment schweben Fabienne und Nadja in einer Wolke aus Parfüm an uns vorbei. Sie sehen fantastisch aus, so als kämen sie gerade von einem Fotoshooting. Und sie steuern direkt den Tisch der Jungs an.
Anscheinend darf man zu fünft an einem Tisch sitzen. Also nicht dass Fabienne und Nadja die Lehrer oder irgendwen von der Jugendherberge gefragt hätten. Sie haben es einfach gemacht.
Jetzt textet Fabienne Justin und Lennard voll, und Nadja säuselt Till irgendwas ins Ohr.
Amira neben mir sieht aus, als würde sie gleich explodieren.
Also genau so, wie ich mich fühle.
WARUM haben wir die Jungs nicht als Erste angesprochen?
Das Problem ist: Allein bei dem Gedanken, ganz cool zu Justin hinzuschlendern und ihn anzusprechen (oder sich womöglich einfach dazuzusetzen!), wird mir abwechselnd heiß und kalt. So viel zu Punkt drei. Und zu allen anderen Punkten auf der Liste.
Wir gehen gaaanz langsam am Tisch der Jungs vorbei, aber keiner beachtet uns. Justin sieht so gut aus in seinem engen T-Shirt …
Fabienne zieht die perfekt geschminkten Augenbrauen hoch. Schnell weitergehen, bevor die noch einen blöden Spruch bringt!
Wir setzen uns an den letzten freien Tisch ganz hinten in der Ecke.
Herr Petersen und Frau Klein am Nachbartisch lächeln zu uns rüber. »Guten Appetit!«, nuschelt Herr Petersen mit vollem Mund. Auf seiner Wange klebt ein fetter Krümel.
»Danke, gleichfalls«, antwortet Amira mit falschem Lächeln, während ich mich hinter meiner Teetasse verstecke. (Gilt Punkt vier – nicht mit uncoolen Leuten reden – eigentlich auch für Lehrer?)
Die zwei Stühle am Tisch von Paula und Selina sind inzwischen auch besetzt. Mit Simon und Kai, den beiden Klassennerds. Na super, alle Mädels der Klasse sitzen mit Jungs an einem Tisch, nur wir nicht! Wir sitzen quasi bei den Lehrern auf dem Schoß.
Also nicht dass ich mit Kai und Simon zusammensitzen will! Kai ist klein, blass und pickelig, und Simon trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift: »Ich bin kein Klugscheißer. Ich weiß es wirklich besser!« Das sagt ja wohl alles.
Aber trotzdem: Es muss sich dringend was ändern bei Amira und mir!
Es geht los! Nur womit, ist nicht ganz klar. Es regnet in Strömen, und die Klasse drängelt sich unter dem Vordach der Jugendherberge. Die am Rand fluchen, weil entweder eine Schulter oder ihr Hintern nass wird. In meinem Fall beides, weil ich genau an der Ecke stehe. Und Herr Petersen und Frau Klein stecken unter einem riesigen Regenschirm die Köpfe zusammen.
»Alle wieder rein! Zurück in die Lobby!« Frau Klein macht Handbewegungen, als wollte sie Hühner vor sich her scheuchen.
Schieben, drängeln, quetschen. Dann sind wir wieder drin. Neben dem Rezeptionstresen, wo man die Schlüsselkarten, Postkarten, Süßigkeiten und so was kriegt, gibt es hier auch eine Chill-Ecke mit fünf orangen Sitzsäcken. Die sind aber leider schon besetzt, als Amira und ich endlich reinkommen, und zwar mit Justin, Till, Lennard und leider auch Fabienne und Nadja.
Justin sagt irgendetwas, und Fabienne kichert so laut, dass man es trotz des Stimmenlärms durch die ganze Lobby hört.
Ich glaube, mir wird schlecht.
Höchste Zeit, dass Amira und ich uns was einfallen lassen!
Der Jugendherbergstyp hinter der Rezeption rümpft den Walross- Schnauzbart. »Hier können Sie aber nicht bleiben!«
»Das wissen wir«, ruft Herr Petersen über achtundzwanzig Schülerköpfe hinweg.
»Okay, Leute! Ihr seht ja selber, was für ein Wetter draußen ist! Deswegen muss der Stadtrundgang leider ausfallen.«
»Oooohhhh«, machen alle, aber es hört sich kein bisschen traurig an.
»Stattdessen«, sagt Frau Klein, »stattdessen werden wir in ein Einkaufszentrum fahren, aber ich möchte euch …«
Der Rest geht in lautem Jubeln, Pfeifen und Johlen unter. Am allerlautesten jubeln natürlich Amira und ich. Ein Einkaufszentrum! Da gibt es doch bestimmt einen dm oder Rossmann oder so was! Genau das, was wir für Punkt eins auf der Liste brauchen.
Das Einkaufszentrum ist riesig. Und damit meine ich: RIIIIEEEEESIG!!!
Amira und ich sind einfach losgegangen, in irgendeine Richtung, bloß weg von den anderen. Jetzt haben wir zwei Stunden Zeit. Zwei Stunden, um cool zu werden oder wenigstens so auszusehen.
Wir latschen seit einer halben Ewigkeit durch irgendwelche Gänge, in denen es nur schweineteure Klamotten gibt, die nicht mal meine Mutter anziehen würde.
»Lass uns zurück zu den Rolltreppen gehen. Da gibt es doch bestimmt so eine Übersicht, wo welche Läden sind«, sage ich. »Amira? Alles klar bei dir?«
Sie ist plötzlich stehen geblieben, und ihre Augen leuchten ganz komisch. »Lena! Da vorne!«
Hat sie einen Herzanfall? Einen Fieberwahn? Oder einen Promi entdeckt?
Viel besser! Einen dm! Und zwar einen mit Gratis-Schminkaktion, weil die Filiale neu eröffnet hat!
Wie cool ist das denn?
Nichts wie rein!
Eine Frau im Eingang hält mir einen Luftballon entgegen.
Was glaubt die, wie alt ich bin? Drei?
Ich schüttele energisch den Kopf und sage: »Wir wollen zur Schminkaktion!«
Wehe, sie fragt jetzt, ob wir dafür schon alt genug sind oder so was!
Aber die Frau lächelt nur und zeigt auf eine Schlange weiter hinten im Laden.
War ja eigentlich klar, dass wir nicht die Einzigen sind, die die Schminkaktion cool finden! Aber wenigstens ist kein Mädchen aus unserer Klasse dabei.
Wir warten.
Amira angelt einen knallroten Lippenstift aus dem Regal neben uns. »Was meinst du?«
Ich schüttele den Kopf. »Too much. Das sieht doch voll billig aus.«
»Stimmt.« Amira stellt den Lippenstift wieder zurück und fährt mit dem Finger die Reihe der Lippenstifte entlang.
»Der hier?« Ich zeige auf einen rosafarbenen, aber dieses Mal schüttelt Amira den Kopf.
»Den sieht man ja gar nicht. Ein bisschen auffallen muss es schon.«
»Dann vielleicht der? Der fällt garantiert auf!«
Ich halte einen goldenen Lippenstift mit Glitzer hoch, und wir kriegen einen Kicheranfall.
»Wer von euch will zuerst?«, fragt die Schminkfrau. (Auf ihrem Namensschild steht »Kiara«.)
Amira und ich sehen uns an.
»Mach du«, sage ich.
Amira strahlt und setzt sich auf den Stuhl vor dem Schminktisch.
»Ich könnte dir etwas in Kupfertönen machen«, sagt Kiara. Sie zeigt auf eine Lidschattenpalette mit Farben, die alle irgendwie nach Erde aussehen. Amira verzieht das Gesicht.
»… oder sonst hätte ich noch den Glamour-Queen-Look. Aber …«
»Glamour Queen!«, ruft Amira. »Auf jeden Fall Glamour Queen!«
Hätte ich auch genommen. Das klingt doch schon voll cool!
»Das ist aber eigentlich eher was für den dramatischen Auftritt am Abend«, sagt Kiara, »mit Metallic-Tönen und so.«
»Cool!«, ruft Amira. »Das will ich!«
»Okay. Aber erst mal die Foundation. Hm … Ich hab zwar zwei dunkle hier, aber ich glaube, die sind beide nicht dein Hautton. Warte mal.« Kiara verschwindet irgendwo hinten im Laden. Amira sieht mich an und zieht die Augenbrauen hoch.
Na, das fängt ja gut an!
»Du auch?« Vor mir steht die zweite Schminkfrau (Martina).
»Ja. Ja, klar!«
»Okay.«