Ich hab dein Kind im Traum gesehen - Anita Falk - E-Book

Ich hab dein Kind im Traum gesehen E-Book

Anita Falk

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Beschreibung

In der völlig neuen Romanreihe "Fürstenkrone" kommt wirklich jeder auf seine Kosten, sowohl die Leserin der Adelsgeschichten als auch jene, die eigentlich die herzerwärmenden Mami-Storys bevorzugt. Romane aus dem Hochadel, die die Herzen der Leserinnen höherschlagen lassen. Wer möchte nicht wissen, welche geheimen Wünsche die Adelswelt bewegen? Die Leserschaft ist fasziniert und genießt "diese" Wirklichkeit. "Fürstenkrone" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken. Die Limousine Klaus Mahlers kämpfte sich die Serpentinenstraße zur Burg hinauf. Der junge Baron war alles andere als guter Laune. Die Gespräche mit seinen Geschäftsfreunden in der Schweiz waren nicht so gut gelaufen, wie er es sich vorgestellt hatte, und dann hatte er auch noch eine Wagenpanne auf der Autobahn gehabt. Er sehnte sich nach einer starken Tasse Kaffee und der Ruhe seines Arbeitszimmers. Baron Klaus lenkte seinen Wagen über die Brücke, passierte das Tor und brachte ihn vor dem Portal zum Stehen. Als er ausstieg, ließ er den Zündschlüssel stecken. Er griff in den Fond nach seiner Aktenmappe und schlug die Tür zu. »Herr Baron, wir haben Sie noch gar nicht zurückerwartet«, sagte der Butler überrascht, als Klaus die Halle betrat. Er nahm ihm die Aktenmappe ab. »Ich hoffe, ich bin dennoch willkommen«, erwiderte Klaus. »Aber, Herr Baron!« »Bitte sorgen Sie dafür, dass mein Gepäck nach oben gebracht wird, Hermann. Ach ja, und dann hätte ich gern eine Tasse wirklich starken Kaffee. Er soll mir in meinem Arbeitszimmer serviert werden, ich mach mich nur rasch noch etwas frisch.« Klaus wandte sich der Treppe zu, drehte sich aber wieder um. »Ist meine Mutter in der Burg?« »Die Frau Baronin hat sich etwas hingelegt, Herr Baron«, entgegnete der Butler.

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Seitenzahl: 114

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Fürstenkrone – 205 –

Ich hab dein Kind im Traum gesehen

Kann Bianca Baron Klaus im von ihrer Liebe überzeugen?

Anita Falk

Die Limousine Klaus Mahlers kämpfte sich die Serpentinenstraße zur Burg hinauf. Der junge Baron war alles andere als guter Laune. Die Gespräche mit seinen Geschäftsfreunden in der Schweiz waren nicht so gut gelaufen, wie er es sich vorgestellt hatte, und dann hatte er auch noch eine Wagenpanne auf der Autobahn gehabt. Er sehnte sich nach einer starken Tasse Kaffee und der Ruhe seines Arbeitszimmers.

Baron Klaus lenkte seinen Wagen über die Brücke, passierte das Tor und brachte ihn vor dem Portal zum Stehen. Als er ausstieg, ließ er den Zündschlüssel stecken. Er griff in den Fond nach seiner Aktenmappe und schlug die Tür zu.

»Herr Baron, wir haben Sie noch gar nicht zurückerwartet«, sagte der Butler überrascht, als Klaus die Halle betrat. Er nahm ihm die Aktenmappe ab.

»Ich hoffe, ich bin dennoch willkommen«, erwiderte Klaus.

»Aber, Herr Baron!«

»Bitte sorgen Sie dafür, dass mein Gepäck nach oben gebracht wird, Hermann. Ach ja, und dann hätte ich gern eine Tasse wirklich starken Kaffee. Er soll mir in meinem Arbeitszimmer serviert werden, ich mach mich nur rasch noch etwas frisch.« Klaus wandte sich der Treppe zu, drehte sich aber wieder um. »Ist meine Mutter in der Burg?«

»Die Frau Baronin hat sich etwas hingelegt, Herr Baron«, entgegnete der Butler. »Sie fühlte sich nach dem Mittagessen nicht ganz wohl. Aber ich glaube, es ist nichts Ernstes, die Hitze macht ihr nur zu schaffen.«

»Ich werde …« Baron Klaus erstarrte. Bianca Mangold war aus der Bibliothek getreten. »Sie?«, stieß er hervor. »Was tun Sie denn auf Felseneck?«

Bianca war genauso erschrocken. Sie hatte ja nicht erwartet, dem Baron so ohne jede Vorwarnung plötzlich gegenüberzustehen. »Ich ..., ich arbeite hier, Baron Mahler«, brachte sie mühsam hervor.

»Als was arbeiten Sie hier?«, fragte Klaus unfreundlich. Er bemerkte nicht den überraschten Blick des Butlers.

»Ihre Mutter hat mich als Bibliothekarin eingestellt«, erwiderte Bianca. Sie hatte ihre Fassung zurückgewonnen. »Ich hatte mich um diese Stelle schon vor einigen Wochen beworben.« Offen blickte sie ihm ins Gesicht.

»Das haben Sie ja fein eingefädelt«, bemerkte der Baron. »Auf Staab ist es Ihnen nicht gelungen, nun glauben Sie, mich auf meinem eigenen Grund und Boden einwickeln zu können.«

»Ich kann Sie nicht daran hindern, nur das Schlechteste von mir zu denken, Baron Mahler«, sagte Bianca den Tränen nah. »Mein Stiefbruder scheint ganze Arbeit geleistet zu haben. Er hat mich von jeher verleumdet.«

»Ich kenne Gunnar wahrscheinlich besser als Sie«, meinte Klaus. »Er mag seine Fehler haben, aber er würde mich niemals anlügen. Und dass Sie hier sind, Frau Mangold, bestätigt nur, was er mir von Ihnen sagte. Sie …«

»Was ist hier eigentlich los?«, fragte Baronin Franziska von der Treppe her. Langsam kam sie in die Halle hinunter. »Das hört sich ja ganz wie ein Streit an!« Ihr Blick ging von Bianca zu ihrem Sohn. »Ich habe dich noch nicht erwartet, Klaus«, sagte sie. »Schön, dass du schon da bist!« Sie bot ihm ihre Wange zum Kuss.

»Es hat in der Schweiz Schwierigkeiten gegeben, Mutter«, entgegnete der junge Baron. »Ich erzähle dir nachher davon.« Er wandte seinen Blick wieder Bianca zu. »Wie ich hörte, hast du Frau Mangold eingestellt!«

»Ja«, sagte die Baronin. »Ihr scheint euch zu kennen!«

Die Lippen des Barons umspielte ein leicht verächtliches Lächeln. »Kennen ist wohl etwas zu viel gesagt«, erwiderte er. »Wir sind einander schon begegnet! Frau Mangold ist Gunnars Schwester, das heißt, die Stiefschwester.«

»Na, das nenne ich eine Überraschung«, meinte die Baronin verblüfft. »Frau Mangold, warum haben Sie mir denn nichts davon gesagt?«

»Ich hielt es nicht für sonderlich wichtig, zudem vergesse ich gern, etwas mit Graf Staab zu tun zu haben«, erwiderte Bianca. »Er gehört nicht zu den Leuten, für die ich eine besondere Zuneigung empfinde.«

»Sie haben es gerade nötig, so über meinen Freund zu sprechen, Frau Mangold!«, sagte Klaus erregt.

Biancas Gesicht wurde noch einen Schein fahler. »Was wissen Sie denn schon von Gunnar«, antwortete sie kaum hörbar.

Klaus ging nicht auf ihre letzten Worte ein. »Ich muss dich dringend sprechen, Mutter«, sagte er. »Hermann sagte mir, du würdest dich nicht wohlfühlen.«

»Oh, das ist schon wieder vorbei!« Die Baronin lächelte. »Du kennst ihn ja, ich muss nur ein wenig husten, und er denkt, ich hätte eine Lungenentzündung. Ich …« Sie hatte für einen Augenblick Bianca vergessen gehabt. Erschrocken blickte sie jetzt zu der Bibliothekstür, die sich hinter der jungen Frau geschlossen hatte.

Klaus folgte ihrem Blick. »Ich hätte mich doch um die Bewerbungen kümmern sollen«, sagte er, »dann wäre so etwas nicht passiert.«

»Frau Mangold ist ein wirklich reizendes, zuvorkommendes Mädchen«, verteidigte die Baronin Bianca. »Du hast wirklich allen Grund, dich nachher bei ihr zu entschuldigen.«

»Fragt sich, ob du auch noch so darüber denkst, wenn ich dir erzählt habe, was ich von ihr weiß«, meinte Baron Klaus. Er hakte seine Mutter unter und führte sie in sein Arbeitszimmer.

Bianca hatte sich in der Bibliothek in einen Sessel geworfen. Minutenlang saß sie, ohne sich zu rühren, da und blickte die gegenüberliegende Bücherwand an, sah aber nicht einen einzigen Buchrücken. Wie oft hatte sie sich während der fünf Tage, die sie jetzt auf Felseneck arbeitete, ihre erste Begegnung mit Baron Mahler vorgestellt. Natürlich hatte sie damit gerechnet, dass er verblüfft sein würde, und doch hatte sie gehofft, etwas von jener Wärme zu spüren, die bei ihrem ersten Zusammentreffen bei der Hütte da gewesen war. Jetzt sagte sie sich, dass sie keine Berechtigung gehabt hatte, etwas Derartiges zu hoffen. Ihr Stiefbruder hatte dazu viel zu gründliche Arbeit geleistet. Hass auf Gunnar glomm wieder in ihr auf.

Bianca stand auf und stieg die Treppe zum ersten Stock hinauf. Dort oben hatte sie begonnen, die ältesten Bücher durchzusehen und zu katalogisieren. Ganz mechanisch nahm sie wieder ihre Arbeit auf. Sie merkte nicht einmal, dass sie weinte. Erst als eine Träne auf ein Buch tropfte, hob sie den Kopf und wischte sich mit der Hand übers Gesicht.

Wahrscheinlich werde ich noch heute packen müssen, dachte sie. Helgas Worte fielen ihr ein. Wie einfach hatte damals alles ausgesehen! Sicher würde Baronin Franziska jedes Wort glauben, das ihr Sohn ihr jetzt über sie sagte. Warum sollte sie auch nicht? Sie war seine Mutter! Wenn er felsenfest davon überzeugt war, dass Gunnar ihn nicht angelogen hatte, fiel es ihm sicher leicht, auch seine Mutter davon zu überzeugen.

Ich hätte ihr gleich am Anfang alles sagen müssen, dachte Bianca. Jetzt wird sie denken, ich hätte sie hintergangen, weil ich ihr verschwiegen habe, dass ich Gunnars Stiefschwester bin. Verzweifelt schlug sie die Hände vors Gesicht.

Die Stunden verrannen. Bianca hatte gehofft, dass die Baronin nach der Unterredung mit ihrem Sohn zu ihr kommen würde, doch man schien sie total vergessen zu haben. Die Kaffeezeit war längst vorbei. Weder hatte man sie geholt noch ihr etwas in die Bibliothek gebracht.

Bianca schlug das Heft, in das sie die Bücher vorläufig eintrug, zu und legte es in einen Schrank. Dann trat sie an eines der Fenster und blickte in den Hof hinaus. Eine fremde Limousine stand vor dem Portal. Scheinbar war Besuch gekommen.

Sie verließ die Bibliothek. Die Halle war leer. Leise, als hätte sie Angst, von jemandem gehört zu werden, stieg sie die Treppe hinauf. Einen Augenblick verharrte sie vor dem Porträt des kleinen Barons, dann ging sie weiter.

Als sie den zweiten Stock erreicht hatte, hörte sie, wie in der Halle Stimmen erklangen. Sie blickte über die Galerie nach unten. Die Baronin und zwei fremde Damen gingen zum Portal. Freundliches Lachen wehte ihr entgegen. Es trieb ihr wieder die Tränen in die Augen. Rasch flüchtete sie in die Sicherheit ihres Zimmers.

Bianca mochte etwa eine halbe Stunde auf ihrem Zimmer gewesen sein, als es klopfte. »Moment, bitte!«, rief sie, sprang auf und warf einen flüchtigen Blick in den Spiegel, bevor sie die Tür öffnete.

»Hier stecken Sie also«, sagte Baronin Franziska freundlich. Sie warf einen prüfenden Blick in Biancas Gesicht. »Warum haben Sie geweint?«, fragte sie. »Es gab doch keinen Grund. Männer besitzen manchmal erstaunlich wenig Taktgefühl!« Sie schob sich ins Zimmer und schloss die Tür.

»Sind Sie mir denn nicht böse?«, fragte Bianca fassungslos.

»Lieben Sie meinen Sohn?« Baronin Franziska sah ihr in die Augen. »Sind Sie deshalb hier?«

»Ja, ich liebe Ihren Sohn«, erwiderte Bianca, ohne dem Blick der alten Dame auszuweichen.

Die Baronin lachte. »Soll ich Ihnen etwas sagen, Frau Mangold? Es imponiert mir, dass Sie meinem Sohn gefolgt sind!«

Bianca war es, als würde ihr ein Zentner Steine von der Seele genommen. Sie bot der Baronin Platz an und setzte sich ihr gegenüber ans Fenster. Obwohl die Baronin nicht danach gefragt hatte, begann sie ihr von der ersten Begegnung mit Klaus zu erzählen. »Ich fühlte, dass ich Ihrem Sohn nicht gleichgültig bin. Wie er mich angesehen hat, so sieht man nur eine Frau an, für die man etwas empfindet … Und am nächsten Tag war alles vorbei! Gunnar hatte es geschafft, alles zunichtezumachen.«

»Warum hasst Ihr Stiefbruder Sie so?«, fragte die Baronin. »Haben Sie ihm einen Grund dazu gegeben?«

»Er hasste mich von Anfang an«, erwiderte Bianca. »Ich war drei, als meine Mutter seinen Vater heiratete. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie er mich bei jeder Gelegenheit quälte. Meine Mutter und ich waren für ihn nur Eindringlinge. Ich glaube, das hat auch die Ehe meiner Mutter und meines Stiefvaters belastet. Meine Mutter war nicht völlig mittellos, auch wenn Gunnar es gern so darstellt. Mein Vater hat uns einiges hinterlassen. Mein Stiefvater hat dieses Geld so gut angelegt, dass meine Ausbildung davon bezahlt werden konnte und auch noch etwas übrig ist.«

»Scheinbar weiß mein Sohn davon überhaupt nichts«, sagte die Baronin. »Das scheint ihm Gunnar völlig verschwiegen zu haben.« Sie nahm Biancas Hände. »Ich möchte Sie nicht quälen, mein Kind, aber da ist noch diese Geschichte mit dem jungen Mann, der Selbstmord beging.«

»Es gab ihn wirklich«, erwiderte Bianca. »Aber sein Selbstmord hat nichts mit mir zu tun. Wir waren miteinander befreundet. Niemand ahnte, dass er gewissermaßen ein Doppelleben führte und seine Firma um hohe Beträge betrog. Eines Tages kam es heraus. Er erhängte sich auf dem Dachboden seiner Firma.«

»Schlimm so etwas«, sagte die Baronin betroffen, dann lächelte sie. »Aber es ist auch schlimm, dass Gunnar sich nicht scheut, diesen Selbstmord Ihnen in die Schuhe zu schieben. Ich verstehe ihn nicht. Aus der Zeit kindlicher Eifersuchtsgefühle sollte er eigentlich in seinem Alter heraus sein.«

»Ich war acht, als meine Mutter bei einem Unfall ums Leben kam. Mein Stiefvater war kein schlechter Mensch, wahrscheinlich hat er es sogar gut mit mir gemeint, trotzdem war er wie blind in allem, was seinen Sohn betraf. Er glaubte jede Lüge, die über mich erzählt wurde. Ich galt als schwer erziehbar und man tat alles, um mich zu bessern.« Bianca fuhr sich mit beiden Händen übers Gesicht und strich ihre Haare nach hinten. »Mit der Zeit wurde ich zu einer Eigenbrötlerin, versuchte, meinen Kopf durchzusetzen, mied die Gesellschaft der anderen.« Sie seufzte auf. »Es ist kein Kunststück, aus einem Kind einen Menschen zu machen, der nur noch mit seinen Träumen lebt und dem alles andere gleich ist.«

»Ich werde mit meinem Sohn noch einmal sprechen«, erklärte Baronin Franziska resolut. »Er muss einsehen, dass jede Geschichte zwei Seiten hat.«

»Ich möchte nicht, dass er sich gezwungen fühlt, mich akzeptieren zu müssen«, widersprach Bianca. »Soll er selbst herausfinden, dass er sich geirrt hat.«

Die Baronin überlegte. »Gut«, stimmte sie schließlich zu. »Aber seien Sie meinem Sohn nicht böse. Nach seiner gescheiterten Ehe ist er nun einmal sehr misstrauisch allen Frauen gegenüber. Wie sagt man so schön, ein gebranntes Kind scheut das Feuer. Nur so kann ich mir erklären, dass er bedenkenlos den Worten Ihres Stiefbruders Glauben schenkte.«

»Dazu kommt, dass Gunnar sein Freund ist«, sagte Bianca.

»Ja, natürlich!« Die Baronin stand auf. »Was halten Sie von einem kurzen Spaziergang?«, fragte sie. »Und dann ist auch bald Zeit für das Abendessen. Klaus ist in die Firma gefahren, ich glaube nicht, dass er sobald zurückkommt. Wir werden wahrscheinlich beim Essen nur zu zweit sein.«

Während des Spazierganges fand Bianca ihre innere Ruhe zurück. Sie überlegte, dass es vielleicht doch besser war, wenn sie versuchte, mit dem jungen Baron zu sprechen. Seine Mutter wollte sie nach wie vor nicht einschalten, doch ihr musste es eigentlich gelingen, ihn wenigstens dazu zu bringen, über alles nachzudenken.

Die Baronin ging an diesem Abend zeitig zu Bett. Bianca wünschte ihr eine gute Nacht und eilte in ihr Zimmer hinauf, um sich eine Jacke zu holen. So heiß es am Tag gewesen war, jetzt wehte ein kühler Wind, und sie wusste nicht, wie lange sie auf den Baron würde warten müssen.

Durch einen Seiteneingang verließ sie die Burg und schlenderte über den Hof. Sie spürte, dass der Butler, der sie nach draußen hatte gehen sehen, am Hallenfenster stand und ihr nachblickte. Ob er dem übrigen Personal von der Szene in der Halle erzählt hatte? Weder Anneliese noch eines der anderen Hausmädchen hatte sich etwas anmerken lassen.

Langsam wurde es dunkel. Bianca zog ihre Jacke enger um die Schultern. Sie fröstelte. Kurz überlegte sie, dann ging sie durch das Tor und überquerte den Graben. Jetzt fühlte sie sich etwas sicherer und nicht mehr den Blicken anderer ausgesetzt.

Bianca ging bis zum Felsabsturz. Sie lehnte sich an die halbhohe Mauer und schaute auf die Serpentinenstraße hinunter. Die Lichter von St. Anna schienen zu ihr herauf. Bei Nacht wirkte der kleine Ort noch romantischer als am Tag. Unwillkürlich suchte sie das Haus der Galls. Es war von dieser Seite aus nicht zu sehen.