Ich hatte keine Hoffnung mehr - Anita Falk - E-Book

Ich hatte keine Hoffnung mehr E-Book

Anita Falk

0,0

Beschreibung

In der völlig neuen Romanreihe "Fürstenkrone" kommt wirklich jeder auf seine Kosten, sowohl die Leserin der Adelsgeschichten als auch jene, die eigentlich die herzerwärmenden Mami-Storys bevorzugt. Romane aus dem Hochadel, die die Herzen der Leserinnen höherschlagen lassen. Wer möchte nicht wissen, welche geheimen Wünsche die Adelswelt bewegen? Die Leserschaft ist fasziniert und genießt "diese" Wirklichkeit. "Fürstenkrone" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken. Stefanie von Mühlen stieß weit das Südfenster ihres Wohnzimmers auf und atmete die reine, klare Mailuft ein. Sie lebte seit drei Tagen auf Schloss Radatz, und es erschien ihr immer noch, als sei sie unversehens in einen Garten Eden geraten. Selten zuvor hatte sie sich so frei gefühlt wie hier. Es war wundervoll, am Morgen zu erwachen, ohne daran zu denken, dass sie abends ein Konzert geben musste. Wenn sie jetzt am Flügel saß, so spielte sie nur für sich. Unten im Park erklang das Wiehern eines Pferdes. Stefanie lehnte sich aus dem Fenster. »Hallo!«, rief sie und winkte, als sie in dem Reiter Armin erkannte. Er rief ihr etwas zu, aber der Turm war zu hoch. Es war ihr unmöglich, seine Worte zu verstehen. Kurz entschlossen fuhr sie sich mit den Fingern durch die Haare und lief aus dem Zimmer. Ihre Pumps klapperten auf den steinernen Stufen der Turmtreppe, als sie hinuntereilte. In der kleinen düsteren Halle des Turms hielt Stefanie einen Augenblick an, um Luft zu schöpfen. Wieder strich sie mit den Fingern ihre blonden Locken glatt, dann öffnete sie das schwere Portal und trat hinaus. Armin war inzwischen abgesessen. Seinen Wallach am Zügel, kam er Stefanie entgegen. Wie gewöhnlich während des Tages trug er Arbeitskleidung. »Guten Morgen, Frau von Mühlen«, sagte er.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 122

Veröffentlichungsjahr: 2021

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Fürstenkrone – 211 –

Ich hatte keine Hoffnung mehr

Entscheidet sich Stefanie für die Liebe?

Anita Falk

Stefanie von Mühlen stieß weit das Südfenster ihres Wohnzimmers auf und atmete die reine, klare Mailuft ein. Sie lebte seit drei Tagen auf Schloss Radatz, und es erschien ihr immer noch, als sei sie unversehens in einen Garten Eden geraten. Selten zuvor hatte sie sich so frei gefühlt wie hier. Es war wundervoll, am Morgen zu erwachen, ohne daran zu denken, dass sie abends ein Konzert geben musste. Wenn sie jetzt am Flügel saß, so spielte sie nur für sich.

Unten im Park erklang das Wiehern eines Pferdes. Stefanie lehnte sich aus dem Fenster. »Hallo!«, rief sie und winkte, als sie in dem Reiter Armin erkannte.

Er rief ihr etwas zu, aber der Turm war zu hoch. Es war ihr unmöglich, seine Worte zu verstehen. Kurz entschlossen fuhr sie sich mit den Fingern durch die Haare und lief aus dem Zimmer. Ihre Pumps klapperten auf den steinernen Stufen der Turmtreppe, als sie hinuntereilte.

In der kleinen düsteren Halle des Turms hielt Stefanie einen Augenblick an, um Luft zu schöpfen. Wieder strich sie mit den Fingern ihre blonden Locken glatt, dann öffnete sie das schwere Portal und trat hinaus.

Armin war inzwischen abgesessen. Seinen Wallach am Zügel, kam er Stefanie entgegen. Wie gewöhnlich während des Tages trug er Arbeitskleidung. »Guten Morgen, Frau von Mühlen«, sagte er. »Tut mir leid, dass Sie meinetwegen extra die Treppe hinuntergelaufen sind. Eigentlich wollte ich nach oben kommen.«

»Ich laufe gern«, erklärte Stefanie. Sie streckte die Hand aus und ließ den Wallach an ihren Fingern schnuppern. »Schade, dass ich nicht an Zuckerstückchen gedacht habe.« Ohne Furcht tätschelte sie den schönen Hals des Pferdes.

»Berry wird es Ihnen noch einmal verzeihen«, scherzte Armin. »Eigentlich wollte ich Sie fragen, ob Sie heute Nachmittag etwas Zeit und Lust hätten, mit mir auszureiten. Ich würde Ihnen gern etwas von unserem Besitz zeigen. Sie erwähnten neulich, dass Sie früher geritten sind.«

»Es ist schon einige Zeit her«, antwortete Stefanie. »Ich musste es aufgeben, weil die Gefahr zu stürzen doch ziemlich groß ist.« Sie schaute auf ihre Hände. »Das Schlimmste, was mir passieren könnte, wäre Hände oder die Finger zu brechen. Gut, Brüche heilen, doch gewöhnlich bleibt etwas zurück.« Sie hob den Kopf und blickte ihm ins Gesicht. »Sicher halten Sie mich für feige, Graf Radatz!«

»Keineswegs«, versicherte der Graf. »Ein Sturz könnte schließlich das Ende Ihrer Karriere bedeuten. Ich verstehe das sehr gut. Und wir sind ja auch nicht darauf angewiesen, unbedingt zu Pferd einen Ausflug zu machen. Wir könnten auch fahren.« Erwartungsvoll sah er sie an.

Stefanie überlegte. Sie freute sich darauf, etwas länger als bisher mit Graf Armin zusammen sein zu können. Ein Ausflug mit dem Wagen war nicht zu verachten, aber zu Pferd war es sicher romantischer. »Ich riskiere es«, sagte sie. »Bestimmt haben Sie auch ein sanftes Pferd in Ihrem Stall.«

»Da wäre die Stute Clarissa«, erwiderte Graf Armin erfreut. »Sie ist immerhin schon dreizehn und aus dem Alter der Jugendtorheiten heraus.« Er berührte Stefanies Schulter leicht mit den Fingerspitzen. »Aber ich will Sie keineswegs überreden, leichtsinnig zu sein.«

»Keine Angst, ich weiß sehr gut, auf was ich mich einlasse«, erklärte Stefanie. »Und wenn die Stute wirklich so sanft ist wie Sie sagen, ist es bestimmt kein großes Risiko.«

»Ich freue mich auf unseren Ausflug«, sagte Graf Armin warm.

»Ich mich auch«, versicherte das junge Mädchen. »Irgendwann müssen Sie mir auch einmal die Ställe zeigen. Ich habe Tiere sehr gern, gleich, ob es Kühe, Schafe oder Hühner sind.«

»Ich werde daran danken!« Graf Armin saß wieder auf. »Leider ruft mich jetzt die Pflicht. Der Tierarzt kommt in fünfzehn Minuten, um nach einem unserer Kälber zu sehen. Bis heute Nachmittag, Frau von Mühlen! Ich hole Sie so gegen zwei Uhr ab!« Grüßend hob er die Reitgerte, dann ritt er auf Berry davon.

*

Die Wohnung, die Stefanie von Mühlen gemietet hatte, erstreckte sich über die beiden obersten Stockwerke des gewaltigen Schloss­turms. Im unteren gab es eine geräumige Küche und ein großes, sonniges Wohnzimmer, darüber lagen zwei Schlafzimmer, Bad und Toilette. Eine schmale Stiege führte weiter zum Söller hinauf, der wie ein Dachgarten angelegt worden war. Es gab einen Tisch, Stühle, eine breite Liege und einige wetterfeste Pflanzen. Unterhalb der Zinnen zog sich um den ganzen Söller ein schmales Blumenbeet, in dem Narzissen, Tulpen und Hyazinthen blühten.

Stefanie stand vor dem bodenlangen Spiegel in ihrem Schlafzimmer und kleidete sich für den Ausritt mit Graf Armin an. Sie hatte zwar keinen Reitdress nach Schloss Radatz mitgebracht, aber Hosen und Pullover taten es für den Anfang auch. Falls der junge Graf, wie sie hoffte, sie allerdings bitten würde, öfters mit ihr auszureiten, wollte sie nach Bad Berleburg fahren und einen Reitanzug kaufen.

In Gedanken lachte sie auf, als sie daran dachte, was Wolfgang Schramm wohl sagen würde, falls er je dahinterkam, dass sie ausgeritten war. Er hatte ihr jeden Sport verboten, bei dem sie Gefahr lief, sich die Hände zu brechen. Eigentlich ließ sie sich von ihm ganz schön tyrannisieren.

Die kleine Rokokouhr auf der Fensterbank schlug dreiviertel zwei. Stefanie setzte sich vor den Toilettentisch und befestigte ihre Haare im Nacken mit einer Spange. Rasch betupfte sie sich noch mit ein wenig Eau de Cologne, dann war sie fertig. Vor sich hin summend verließ sie das Schlafzimmer und stieg die Turmtreppe hinunter.

Es war ein heißer Nachmittag. Die Sonne flimmerte auf den mit buntem Kies bestreuten Wegen. Von Graf Armin war noch nichts zu sehen. Stefanie ging um den Turm herum und trat an das Seeufer. Bis auf die Gartenmöbel und einen Sonnenschirm war die ins Wasser hineinragende Terrasse leer. Erwartungsvoll schwammen die Schwäne auf das Ufer zu. Bedauernd hob Stefanie ihre Schultern und wies ihre leeren Hände vor. Die Hälse hoheitsvoll gereckt, glitten die Schwäne über das Wasser wieder davon.

»Sind Sie immer so pünktlich, Frau von Mühlen?«, fragte Armin hinter ihr.

Stefanie drehte sich um. »Ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, es wäre so«, sagte sie und ging zu den beiden Pferden, die der junge Graf an den Zügeln führte. Neben dem Wallach Berry stand eine helle Stute. Das junge Mädchen hatte für beide Zuckerstückchen mitgebracht.

»So verwöhnt werde ich nie«, behauptete Graf Armin, als er sah, wie Stefanie gleichmäßig die Zuckerstückchen unter den Pferden aufteilte.

»Ich werde Ihnen das nächste Mal auch Zucker mitbringen«, versprach Stefanie lächelnd.

»Welch eine Drohung!« Graf Armin half dem jungen Mädchen galant beim Aufsitzen. »Soll ich Clarissa erst ein Weilchen am Zügel führen?«, fragte er besorgt.

»Nein, es geht schon«, erwiderte Stefanie. Selbstbewusst nahm sie die Zügel in die Hand. »Ich werde mir Mühe geben, nicht hinunterzustürzen.«

»Ich bin überzeugt, dass Sie nicht fallen werden«, meinte Graf Armin und schwang sich in Berrys Sattel.

Hintereinander ritten sie um das Schloss herum zur Auffahrt und galoppierten dann an ihrem Rand entlang zum Tor. Wie gewöhnlich stand es offen. Graf Armin lenkte seinen Wallach nach rechts. Stefanie folgte ihm einen breiten, von uralten Eichen und Kiefern gesäumten Pfad hinunter, der parallel der Parkmauer verlief.

Vor ihnen lichteten sich plötzlich die Bäume. Das Tal lag in seiner ganzen Schönheit vor ihnen. Graf Armin zügelte seinen Wallach unter einer Eiche und blickte sich nach Stefanie um. Neben ihm brachte sie die Stute zum Stehen. Er griff hinüber und hielt Clarissa vorsorglich am Zügel fest.

»So weit das Auge reicht, war früher alles unser Land«, sagte er zu Stefanie. »Heut gehört ein großer Teil von ihm einigen Bauern. Bereits zu Zeiten meines Großvaters wurde ein Stück nach dem anderen verkauft.«

»Es muss schwer sein, einen Besitz wie Schloss Radatz zu erhalten«, meinte das Mädchen. »Ich kann mir vorstellen, dass ständig etwas renoviert und repariert werden muss.«

»Leider!« Graf Armin seufzte. »Wir haben Glück, dass das Gut noch groß genug ist, um Gewinn abzuwerfen. Aber fast jeder Cent, den wir verdienen, wird durch die ständigen Renovierungsarbeitenwieder aufgefressen. Ich …« Er unterbrach sich. »Ich muss verrückt sein, mit Ihnen darüber zu sprechen. Ich wollte Ihnen das Gut zeigen und Sie nicht mit meinen Sorgen langweilen.«

»Ich interessiere mich für alles«, sagte Stefanie.

»Trotzdem reiten wir jetzt lieber weiter, sonst brummt Ihnen nachher der Kopf.« Armin gab Stefanie den Zügel zurück. »Wir müssen hier entlang!« Er wies nach rechts.

Eine Weile ritten sie schweigend nebeneinander her. Noch immer ging es leicht bergab. Plötzlich war das Plätschern eines Baches zu hören. Kurz darauf tauchte vor ihnen eine uralte Holzbrücke auf, die einen flachen Wasserlauf überspannte, der unter der Parkmauer hervorkam und sich zum Tal hinunter ergoss.

»Wir müssen einzeln die Brücke überqueren«, sagte Armin von Radatz. »Wenn es Ihnen recht ist, reite ich zuerst hinüber.«

»Gut!« Stefanie zügelte Clarissa. Sie beobachtete, wie er auf Berry über die Brücke trabte. Die Holzbohlen schienen unter den Hufen des Wallachs regelrecht zu erbeben. Wie von Schmerzen gepeinigt ächzten und knirschten sie.

»So, jetzt Sie!« Graf Armin blieb am anderen Ufer stehen.

Langsam setzte Clarissa ihre Vorberdeine auf die Brücke. Die Geräusche, die das Holz von sich gab, schienen ihr nicht zu behagen. Erschreckt machte sie einige Schritte zurück. »Komm schon, Clarissa!«, forderte Stefanie die Stute auf.

»Soll ich Ihnen helfen?«, rief Graf Armin. Er sprang aus dem Sattel und schlang Berrys Zügel um eine Kiefer.

»Nein, ich schaffe es schon allein«, antwortete Stefanie. »Also, Clarissa, auf!« Sie tätschelte den Hals der Stute. Clarissa setzte erneut die Vorderbeine auf die Brücke. »Na, komm schon«, wiederholte das junge Mädchen, als die Stute nicht weiterwollte, und trieb sie mit leichtem Schenkeldruck an. Clarissa wieherte anklagend auf, setzte dann aber ein Bein vor das andere.

»Sie ist ein bisschen ängstlich«, meinte Graf Armin. Er ging Stefanie entgegen.

»Nicht nur sie«, erwiderte das junge Mädchen. »Ich dachte auch, die Brücke könnte jeden Moment zusammenbrechen. Sicher gibt es doch auch noch einen anderen Weg zum Gut.«

»Ja, eine Fahrstraße, aber sie ist ziemlich langweilig, deshalb habe ich diesen Weg gewählt.« Armin blickte zurück. »Die Brücke ist erst im letzten Jahr repariert worden. Es konnte nichts passieren. Ich würde Sie nie absichtlich einer Gefahr aussetzen.« Wie absichtslos berührte er ihre Hand.

Stefanie zuckte nicht zurück. »Das glaube ich Ihnen gern«, sagte sie. Ihre Augen blitzten schalkhaft auf, als sie hinzufügte: »Schließlich wollen Sie sich nicht sofort wieder einen neuen Mieter suchen.«

»Halten Sie mich wirklich für so herzlos, dass ich nur daran denke?«, fragte Armin.

»Eigentlich nicht«, erwiderte Stefanie.

»Mir fällt ein Stein vom Herzen!« Armin presste seine Hand gegen die Brust. »Reiten wir weiter, sonst sehen Sie heute nicht mehr viel vom Gut.« Er ging zu seinem Wallach, machte ihn los und saß auf. »Dort vorn mündet der Weg in die Straße. Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten. Entweder, wir reiten den letzten Rest der Strecke entlang der Straße, oder wir überqueren sie nur und traben durch den Wald. Was ist Ihnen lieber?«

»Reiten wir durch den Wald«, schlug Stefanie vor. Mutig geworden, ritt sie diesmal voraus.

An diesem Tag kamen sie nur bis zu den Stallungen. Graf Armin machte Stefanie mit dem Stallmeister und seinen Helfern bekannt. Er erzählte ihr von seinem Plan, Vollblutpferde zu züchten, und zeigte ihr die beiden Fohlen, die er vor knapp einem halben Jahr gekauft hatte.

»Sie sind wunderschön!« Stefanies Augen folgten den beiden schwarzen Fohlen, die vergnügt über die Koppel galoppierten. »Sie haben sicher ein schönes Stück Geld gekostet.« Sie wandte sich dem Grafen zu, der neben ihr am Gatter stand.

Armin nickte. »Ich habe einige Hektar Wald verkaufen müssen, um sie zu bezahlen. Natürlich war der Kauf ein Risiko. Es ist jetzt noch nicht abzusehen, ob die Fohlen halten werden, was sie versprechen, doch an zwei erwachsene Tiere war nicht zu denken.«

»Wann werden Sie es wissen?«, fragte Stefanie und blickte wieder den Jährlingen nach, die wie Kinder miteinander spielten.

»Ich schätze in drei bis vier Jahren!« Armin atmete tief durch. »Geduld ist zwar nicht meine starke Seite, aber in diesem Fall bleibt mir nichts anderes übrig, als geduldig zu sein.« Er schaute zum Himmel hinauf. »Sieht aus, als wenn es bald regnen würde. Wird besser sein, wir fahren zurück. Mein Wagen steht im Hof.«

»Schade, ich wäre gern noch etwas geblieben«, sagte Stefanie. Sie kräuselte missbilligend die Nase, als sie die dunklen Wolken sah, die sich am Himmel zusammenzogen.

»Das nächste Mal zeige ich Ihnen mehr«, versprach Armin. Ein kalter Tropfen traf sie. »Kommen Sie, es fängt schon an!« Er ergriff Stefanies Hand und rannte mit ihr in den Hof. Fürsorglich schob er sie unter ein überspringendes Dach, während er weiter zu seinem Wagen lief.

Fast unmittelbar öffnete der Himmel seine Schleusen zu einem wahren Wolkenbruch. Der Regen peitschte auch unter das Dach und durchnäßte Stefanie innerhalb von Sekunden bis auf die Haut. Kurz vor ihr hielt der Wagen. Graf Armin öffnete von innen die Tür. Rasch stieg sie ein und schlug sie hinter sich zu.

»Wir sehen aus, als wenn man uns aus dem Wasser gezogen hätte«, meinte sie belustigt und blickte erst ihn, dann sich an. »Und kalt ist es geworden.« Fröstelnd schauerte sie zusammen.

»Sie werden schön wütend auf mich sein!« Armin nahm eine Wolldecke vom Rücksitz und reichte sie ihr. »Hoffentlich erkälten Sie sich nicht.«

»Unkraut vergeht nicht«, erklärte Stefanie unbekümmert. Sie wickelte sich in die Decke. »Und warum sollte ich wütend auf Sie sein? Sie haben doch den Regen nicht bestellt.«

»Ohne mich würden Sie jetzt im Trockenen sitzen«, sagte Armin schuldbewusst. Er stopfte die Decke in ihrem Rücken fest. »Schon besser?«

»Ja, viel besser«, erwiderte Stefanie. Es gefiel ihr, dass er sich so um sie sorgte. »Es war trotz allem ein schöner Ausflug.« Sie lachte leise auf. Fragend blickte Armin sie an. »Mein Manager wäre nicht begeistert, wenn er wüsste, dass ich einen ganzen Nachmittag damit verbracht habe, durch die Gegend zu reiten und mir etwas anzusehen. Wenn es nach ihm ginge, würde ich von morgens bis Mitternacht am Flügel sitzen. Er will nicht einsehen, dass ich nicht ununterbrochen spielen kann.«

»Ich will ehrlich sein, Frau von Mühlen, ich mag Herrn Schramm nicht«, sagte Armin aufrichtig.

»Das habe ich schon gemerkt, als wir nach meinem Konzert in Lüdenscheid noch etwas zusammensaßen«, antwortete Stefanie. »Sie brauchen deswegen kein schlechtes Gewissen zu haben. Die Antipathie ist gegenseitig. Wolfgang hat mich sogar vor Ihnen gewarnt.«

»Und warum haben Sie seine Warnung nicht beachtet?«, fragte Armin gespannt. Er ließ Stefanie nicht aus den Augen, deshalb bemerkte er auch die leichte Röte, die plötzlich ihre Wangen färbte.

»Weil ich unbedingt hier wohnen wollte«, sagte das junge Mädchen. Es wandte sein Gesicht dem Seitenfenster zu. »Der Regen lässt etwas nach. Fahren wir, bevor es wieder schlimmer wird.«