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»Aber dass einer mal so richtig literarisch wertvoll über alles kübelt, was frech aus den Hochglanzmagazinen herausschaut, das fehlt.« Harald Schmidt über deutsche Schriftsteller Harald Schmidt öffnet sich nach vielen Büchern nun auch privat dem Leser. Ein Journal der Abgründe, das den Leser zum Nachdenken zwingt.Dieses Buch kommt unerwartet. Bis dato lag über Harald Schmidts Privatleben ein dichter Schleier der Diskretion. Nun die Kehrtwende – ein zu allem entschlossener Autor spricht Klartext: über »das erste Mal«, in Ungarn, am Plattensee. Über seine Vorlieben: die Lomi-Lomi-Massage auf Kreuzfahrten. Über die größte Gefahr: das Umschlagen von Sex in Freundschaft. Überraschenderweise fallen auch Namen, wenn auch in anderen Zusammenhängen: Barbra Streisand, Andrea Kiewel, Camille Desmoulins, Andrea Nahles, Carla Bruni, Simone de Beauvoir und Gabriele Pauli.Und am Rande erfährt der Leser, was den 51-jährigen Familienvater Harald Schmidt heute interessiert: die kleinen Irrtümer der Banken, Frauen, die im Netz einkaufen, Gleitsichtbrillen und die Gefährlichkeit von Lego-Steinen für Erwachsene, die im Dunkeln barfuß durch die Wohnung laufen.
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Seitenzahl: 166
Harald Schmidt
Deutschlands größter TV-Star packt ausDie Focus-Kolumnen
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Titelseite
Über Harald Schmidt
Über dieses Buch
Inhaltsverzeichnis
Impressum
Hinweise zur Darstellung dieses E-Books
zur Kurzübersicht
Harald Schmidt, geboren 1957, Kabarettist, Schauspieler und Late-Night-Gastgeber.
»Tränen im Aquarium«, KiWi 318, 1993. »Warum?«, KiWi 452, 1997. »Wohin?«, KiWi 557, 1999. »Quadrupelfuge«, KiWi 704, 2002. »Avenue Montaigne«, KiWi 817, 2004. »Mulatten in gelben Sesseln. Die Tagebücher 1945-52«, KiWi 913, 2005. »Sex ist dem Jakobsweg sein Genitiv«, KiWi 1019, 2007.
zur Kurzübersicht
Harald Schmidt öffnet sich nach vielen Büchern nun auch privat dem Leser. Ein Journal der Abgründe, das den Leser zum Nachdenken zwingt.
Dieses Buch kommt unerwartet. Bis dato lag über Harald Schmidts Privatleben ein dichter Schleier der Diskretion. Nun die Kehrtwende – ein zu allem entschlossener Autor spricht Klartext: über »das erste Mal«, in Ungarn, am Plattensee. Über seine Vorlieben: die Lomi-Lomi-Massage auf Kreuzfahrten. Über die größte Gefahr: das Umschlagen von Sex in Freundschaft. Überraschenderweise fallen auch Namen, wenn auch in anderen Zusammenhängen: Barbra Streisand, Andrea Kiewel, Lucile Desmoulins, Andrea Nahles, Carla Bruni, Simone de Beau voir und Gabriele Pauli.
Und am Rande erfährt der Leser, was den 51-jährigen Familienvater Harald Schmidt heute interessiert: die kleinen Irrtümer der Banken, Frauen, die im Netz einkaufen, Gleitsichtbrillen und die Gefährlichkeit von Legosteinen für Erwachsene, die im Dunkeln barfuß durch die Wohnung laufen.
Vorwort
Familie, Gesellschaft, Alltag: Europa, soziologisch
Das Vati-Buch
Reindrängeln
Grundnahrungsmittel
Gefährliches Spielzeug
Schulfruchtprogramm
Im Kreißsaal
Frauenbefreiung
Renovierung
Heimtiere
Einwanderertest
Wiederbelebte Innenstädte
Kinderbücher
Liebe in Zeiten, als es noch Eisberge gab: Reisen, Urlaub, Bundesbahn
Urlaubsflirt
Bahnstreik
Weltumsegelung
Arktis eisfrei
Bahnpreise
Großflughafen NRW
Mannheim-Umsteiger
Kreuzfahrten
Paris-Saarbrücken
Wiesn und Wasen
Luxusjachten
Piraten
Hit the Road, Jack: Promis, Sport & Medien
Streisand
Künstlerleben
Fernsehgebühren
Androides iPhone
Schleichwerbung
Ivan und Ray
27 Millionen Euro
Sportreporter
Peking persönlich
Olympiafazit
Unser Capitano
Timo
Lifestyle, Fitness und andere Seniorensportarten: Deutschland, demographisch
Altes Deutschland
Gesunde Städte
Deutsche im Netz
Mutter 64
Duftende Treppenhäuser
Kassenpatienten
Boykott
Gleitsichtbrille
Heilpraktiker Doktor Dabic
Crocs
Einkaufsterror
Von Blue Chips bis Schimpansenbank: Ratgeber Wirtschaft und Finanzen
Börse philosophisch
8000?
Jahresendrallye
Rezession (1)
Crash?
Steuerfragen
Gesine-Zuschlag
Deutschland spart
Der Streubesitzer
Hilfe, mein Geld!
Das Fieber der VW-Aktie
Rezession (2)
Konsumscheck
One world, one school: Kultur, Bildung und Wissenschaft
Dumme Jungs
Buchmesse
Büchner-Preis
Erhörte Gebete
Schulhölle
Baden-Baden
Nike und Gérard
Bildungskatastrophe
E-Book
Shakespeare
Ewige Liebe und ein Hauch von Glamour: Politik & Politiker
Politiker werden
Franz sauer
Servus, Gabi!
Sarkozy, mon amour
Hillary Obama
Diätenwut
Erfolgsmodell SPD
Südsee
Bayerischer Ministerpräsident
Ja, wir können
2009
Buchhandlung Wittwer, Stuttgart, Schlossplatz:
»Grüß Gott, haben Sie das neue Buch von Rainald Goetz?«
»Ja, dahinten, bei Humor.«
Tschuldigung! Der Titel ist wirklich ein bisserl arg platt, aber ich konnte mich gegen das ZK des Verlages nicht durchsetzen.
Meine ursprüngliche Idee war Harry Tintenbiss und die Leber des Feuchten.
Meiner Ansicht nach eine schlaue Fortsetzung des letzten Bestsellers Sex ist dem Jakobsweg sein Genitiv.
Locker zusammengewürfelte Begriffe aus wirklichen Bestsellern, die der eilige Kunde eh nicht so genau wahrnimmt.
Es hat mich mit Freude erfüllt, dass bei meinem letzten Buch so viele meiner Empfehlung gefolgt sind und eine eigene Talkshow eröffnet haben. Das zeigt, dass Mut und Selbstvertrauen immer noch wichtiger sind als Talent und Ausbildung.
Heute, Anfang 2009, möchte ich Sie fragen: Warum haben Sie noch kein Buch geschrieben?
Ein Buch zu schreiben ist fast noch einfacher, als eine Talkshow zu moderieren. Natürlich reden wir hier nicht von ernsthaften, schweren Stoffen zwischen harten Deckeln. Diese Werke sind bereits alle geschrieben, und selbst wenn Ihnen so was wie die Buddenbrooks einfiele – was hätten Sie davon?
Irgendwann macht sich Dr. Breloer drüber her, und Sie können sich nicht mehr wehren.
Nein, wir reden hier von einem Taschenbuch, Kategorie Sachbuch. Diese Kategorie ist wichtig, um es auf die Bestsellerliste zu schaffen. In der Kategorie Belletristik (also mit Personen und Inhalt) ist es aussichtslos.
Taschenbuch/Belletristik ist alles, was vor zwei oder drei Jahren schon bei Hardcover/Belletristik abgeräumt hat. Und Hardcover ist komplett aussichtslos. Dort regieren die Paulo Köhlos und Karlos Rutz Zaffrons dieser Welt, also Weiberbücher zum Verschenken.
Ganz abgesehen von Rowling, Funke und Kolleginnen.
Selbst wenn Ihnen Feuilletontaugliches zum Thema Analrasur oder Dauerständer einfiele, würde ich es eher unter Sachbuch laufen lassen. Denn unter seriöser Literatur ist das Thema Muschi erst mal durch Charlotte ausgelutscht. Und zwar auf absehbare Zeit.
Dass Feuchtgebiete nicht in meinem Verlag erschienen ist, hat mich geschmerzt. Schließlich erscheint bei uns auch Maxim Biller, ein Autor mit ähnlichen Schwerpunkten. Der gute Maxim! Ich habe nie verstanden, warum die Justiz ihn dazu verurteilt hat, in seinem letzten Buch so ziemlich alles bis auf die Satzzeichen zu schwärzen. Können denn die paar Hundert Exemplare, die von nicht beleidigten Verwandten und treuen Freunden gekauft werden, wirklich ein Persönlichkeitsrecht verletzen?
Seit Maxim diesen Stress hatte, lese ich seine Kolumne in der FAS mit noch größerer Aufmerksamkeit. Sie wirkt immer so, als würde jemand versuchen, bei SingStar mit Kafka mitzuhalten.
Wenn Sie also Ihr erstes eigenes Taschenbuch in Angriff nehmen, können Sie durchaus alles verbraten, was einst bei der Schülerzeitung abgelehnt wurde. Auch Briefwechsel mit Kollegen aus andren Dritten Programmen werden vollumfänglich gedruckt.
Das Einfachste zum Start ist, Sie verheizen Ihre Fernsehshow noch mal als Buch. Denn das ist natürlich unerlässlich: Ihr Gesicht muss vom Fernseher bekannt sein.
In Verlagskreisen gilt als Faustregel, dass eine TV-Fresse drei Begabungen finanziert. Verkaufsmäßig. Immer hilfreich: ein möglichst witziges Zitat für die Rückseite oder als Pepperl vorne drauf von einem Kollegen.
Ich werde ständig nach solchen Zitaten gefragt und schreibe auch immer gerne was drauf.
Noch nie konnte ich mir vorstellen, dass es was nützt. Trotzdem wird es ständig angefragt.
Ja, und dann steht einer Autorenkarriere eigentlich nichts mehr im Weg. Sie sitzen in Talkshows, bei hippen Jugendradios, gehen auf Lesetour, und alle, die sich nach Lesungen ein Autogramm holen, wollen Sex mit Ihnen.
»Könnten Sie den Kinderwagen etwas mehr an die Seite stellen?«
Das Gegreine über den demographischen Wandel in Deutschland gehört zu den verlässlichsten Dauerbrennern in den Medien. Die zahlreichen Varianten, in denen das Thema erscheint, haben natürlich damit zu tun, dass die Autorinnen und Autoren nur zu genau wissen, worüber sie schreiben.
Allgemein kann man sagen, dass es sich um Menschen mit desaströsem Familienleben handelt. Liebevoll formuliert. Wissenschaftlich stichhaltig werden unsere Medien von folgenden Gruppen kontrolliert:
Schwule
Singles
Alleinerziehende
Sie in HH, er in F
Ehen on the rocks
Diese Gruppen, die natürlich untereinander durchlässig sind, liefern im Schnitt zwei Titelgeschichten, Leitartikel oder Essays pro Woche mit folgenden Überschriften:
Deutschland ohne Kinder. Haben wir alle versagt?
Zug der Kinder – wenn Papi in Garmisch wohnt und Mutti in Kiel
Gay and Grey. Homosexuelle über 60 auf der Frankfurter Buchmesse
Alice wohnt hier nicht mehr. Bewegte Frauen erklären, warum sie die Emanzipation für veraltet halten
Manchmal muss ich einfach weinen. Geschiedene Frauen erzählen, wie sie nach 25 Jahren Ehe mit 7000 Euro Unterhalt zurechtkommen müssen
Angebumst und ausgelutscht. Ein Medienjournalist schildert sein persönliches Schicksal seit der WM 2006
Ein Schamhaar in der Zahnbürste. Die entwürdigende Situation von zweifelnden Vätern beim heimlichen DNA-Test
Endstation Schule. Warum in Deutschland kein Unterricht mehr stattfindet
Wüste Deutschland. Was uns droht, wenn dieTürkei nicht sofort EU-Mitglied wird. Von Heribert Prantl
Bei Müttern muss ich kotzen. Sechs erfolgreiche Frauen schildern, warum sie ganz bewusst auf Kinder verzichten. Mit einem Gastbeitrag von Ursula von der Leyen
In jüngster Zeit schiebt sich allerdings eine Figur nach vorne, die das Zeug zur Ikone hat: Daddy Weichei, überwiegend Männer zwischen 35 und 45, die zum ersten Mal Vater wurden.
Dabei ist nicht die Rede von den Angehörigen des Prekariats, Raspelbirne und ein Ring in jedem Ohr, die im Unterschichtenfernsehen (Paul Nolte) vor laufender Kamera ins adipöse Gewebe der Frauen schluchzen, wenn diese in einer Lautstärke entbinden, die selbst mein RTL nicht wollen kann.
Nein, gemeint sind vielmehr die Protagonisten der Generation Umhängetasche/Rucksack, die einen aus sichtslosen Platz im Mittelfeld unseres Mediensystems gerne gegen Väterurlaub tauschen.
Kein Schritt wird mehr ohne Kind gemacht. Eine vierspurige Stadtautobahn ist für das Rad mit Kinderanhänger gerade breit genug. Hat man je etwas Blöderes gesehen als einen Mann mit Fahrradhelm, dem das Kind vor der Brust baumelt?
Oft treffen sich die Daddy Weicheis zum Frühstück in einschlägigen Szenecafés. Kinder, die dabei nicht durch den Laden toben und ohne einen Anflug von Manieren auf alles patschen, was auf dem Tisch steht, gelten als verhaltensauffällig. Wenn der Ford Galaxy mit integrierten Kindersitzen auf den Parkplatz am Großmarkt biegt, fehlt eigentlich nur noch der Aufkleber: Jetzt ist Papi sterilisiert.
Ja, ich habe verheulte Augen! Nein, seit Wochen ist der einzige Augenblick am Tag, den ich wirklich ganz für mich habe, die Rasur. Und wenn ich abends todmüde auf der Couch eine ganze Schachtel Pralinen verdrücke (mmmmmmh), dann ist das verdammt noch mal nur ein winzig kleines Trostpflästerchen gegen den Frust. Ihr Väter da draußen, geht es Euch auch so?
Egal, ob Du Sven, Dirk oder Patrick heißt: Hast Du gewusst, dass Vater sein, das superdupertollste Gefühl der Welt, das wir gegen kein noch so geiles Männerwochenende eintauschen würden, auch bedeutet: Plötzlich passen wir nicht mehr in unsere Lieblingsjeans!? Trotz bleifreiem Bier bildet sich der Bauch nicht zurück!? Und wo sind unsere Kerlsabende geblieben: lecker Pizza bestellen, in dicken Wollsocken zu dritt unter einer Decke kuscheln und bei Leslie-Nielsen-DVDs Rotz und Wasser heulen?
Damit kein Missverständnis aufkommt: Die Geburt unserer Zwillinge Cheyenne und Blue-Bayou war das Mega-Erlebnis in meinem Leben. Pillepalle, was ich bis dahin erlebt hatte. Als sie mir den Mutterkuchen aufs Gesicht legten, schoss mir das Wasser waagrecht aus den Augen. Hey, Alter, das sind Momente, die vergisst Du nicht. Aber verdammt noch mal: Warum haben diese Hammerevents bisher nur Frauen aufgeschrieben und sich damit ’nen Arsch voll Kohle verdient? Egal, ob Amazon oder Bahnhofsbuchhandlung: Überall quillt Dir ein Mami-Buch entgegen wie abgelaufener Joghurt!
Auch wir Männer können nicht wirklich schreiben. Aber uns haben die Hormone genauso das Hirn vernebelt, dass wir alles ins Laptop hacken, was uns zwischen vergessenem Windeleimer und gequetschter Pofalte bei Linksschläfern durch den Hüttenkäse wabert, den sie vor dem ersten Ultraschallfoto Hirn nannten.
Wem die Feststellbremse am IT-Kinderwagen beim Lösen den Mittelhandknochen zertrümmert hat, der darf das auch über zwei Kapitel gestreckt auf den Markt werfen. Ab jetzt wird zurückgeschrieben!
Von rechts über den doppelt durchgezogenen fetten Strich auf die Abbiegespur ziehen – die Individualisten unter uns wissen, dass die StVO da ist, um interpretiert zu werden.
Ähnlich wie die Noten einer Mozart-Sonate oder die Worte eines Goethe-Gedichts erst durch künstlerisch wertvolle Entpapierisierung unser Herz erreichen. Oder auch der klassische Sechser im Fußball, der bei Bedarf einen Zehner geben kann, vorausgesetzt, der Linksverteidiger interpretiert seine Rolle offensiv. Buchstabentreue war gestern, Interpretation ist das Gebot der Stunde. Arschloch! Brutal wie eine Vollbremsung muss hier zurück zum Thema des Reindrängelns auf unseren Autobahnen gekehrt werden. Denn fluchen und in die Mücken steigen ist eins, wenn links von einem dichtgemacht wird.
Der professionelle Reindrängler hat drei potenzielle Partner, wenn er kurz vor der Böschung rüberwill.
Der Penner. Sitzt ver pennt hinter seinem Steuer,
Ohren zugestöpselt, leicht verträumtes Trommeln der Fingerspitzen auf dem Lenkrad. Chris de Burgh? U2? Helmut Lotti? Egal. Der Penner lässt einen heiligendammesken Abstand zum Vordermann, hat sich bereits nach Verlassen der häuslichen Garage auf die richtige Spur eingeordnet und lässt Sie unbemerkt rüber. Fast ein bisschen langweilig.
Der Dichtmacher. Hat den Blick stur nach vorn gerichtet, klebt an der hinteren Stoßstange des Vordermanns und riskiert eher einen Auffahrunfall, als auch nur einen Nanometer Platz zu machen. Überwiegender Fahrzeugtyp: Mittelklassewagen, für den er noch 70 Euro mehr will als auf der Schwackeliste. Accessoire: selbsttönende Sonnenbrille aus den Endsiebzigern mit abblätternder Bügellegierung. Zwischen Staubeginn und -ende muss er mindestens zweimal den Saugnapf vom Billignavi wieder dran machen. Aggressionspotenzial: sehr, sehr hoch.
3. Der Terminator. Fast ausschließlich in nagelneuen Lkws mit extrem cooler Aufmachung anzutreffen. Lässt Sie etwa bis zur Hälfte Ihrer Kühlerhaube rein, dann kommt eine Lichthupe, verglichen damit ist Flutlicht Candlelight. Scheibe schwarz, Reifen zermalmend, Bremsweg fehlt. Sie denken nur noch eins: Steven Spielberg, Duell.
PS: Wir wollen nicht verschweigen, dass es auch den Entspannten gibt, der einen lässig rüberwinkt. Aber mal ehrlich: Wollen wir den?
Das Volk kann sich keine Milch leisten? Soll es doch Champagner trinken! Für Zynismus und Menschenverachtung ist hier kein Platz, aber ein wenig erstaunt es doch, dass nach dem Milchschock die große Butterwut ausgeblieben ist. Hatte man uns nicht zum 1. August Preiserhöhungen bis zu 50 Prozent versprochen? Und das bei Produkten, deren Preise nun wirklich jeder im Kopf hat, aus der sogenannten »weißen Linie« (hahaha!): Milch, Butter, Joghurt.
Das weiß jeder, der in einschlägigen Fernsehsendungen einmal Politiker er lebt hat, die aus Gründen der Volksnähe wissen mussten, was ein Liter Kartoffeln oder eine Tonne Joghurt kostet. Anders als beim Grundnahrungsmittel Benzin blieb bei dieser Preiserhöhung nicht nur der Volkszorn aus. Auch in den Erzeugnissen unseres Qualitätsjournalismus (erkennbar an Nichtübertragung von Tour de France sowie Nichterwerb von Fernsehsendern) wurde um Verständnis geworben.
Fazit: Lieber mal den Sonntagsausflug zum Milchsee oder auf den Butterberg streichen und dafür 20 Euro für einen Becher Joghurt zahlen. Grundnahrungsmittel werden knapp (Globalisierung!), wenn man bedenkt, was allein der Asiate an Milch wegkübelt, obwohl er sie gar nicht verträgt. Hinzu kommt, dass man 1970 für ein halbes Pfund Butter 22 Minuten arbeiten musste, heute nur noch vier. Wer aber nur vier Minuten arbeitet, sollte auf Butter lieber ganz verzichten, wegen des Todesstoffs Cholesterin. Man sieht: Wo die Vernunft regiert, hat der Populismus keine Chance. Zudem geben die Deutschen nur einen Bruchteil ihres Vermögens für Milchprodukte aus. Auch der Verfasser dieser Zeilen geht häufig noch mal schnell Milch holen und kommt mit einer Flasche Wodka wieder aus dem Supermarkt. Diese ist noch dazu mit einem würdelosen klobigen Diebstahlschutz auf dem Verschluss gesichert, der vor allem bei Kindern Unverständnis auslöst, weil die doch »ganz oft Leute sehen, die schnell aus der Flasche was trinken und die dann wieder ins Regal stellen«. Dem deutschen Verbraucher kann es also schnuppe sein, was das Nahrungsmittelkartell für das Barrel Rohmilch verlangt. Wir trinken den Kaffee schwarz und tunken das Weißbrot in Olivenöl.
Der Chef einer großen chinesischen Zulieferfabrik für Spielwaren hat sich erhängt. Das kommt bei deutschen Führungskräften zum Glück selten vor. Hier wechselt man eher in den Aufsichtsrat, falls es mal zu Fehlern in der Geschäftsführung kommt.
Die Firma des bedauernswerten Chinesen ist einer der großen Zulieferer von Mattel. Und der amerikanische Weltmarktführer hat jetzt zum zweiten Mal innerhalb von 14 Tagen nach einer internen Qualitätskontrolle Spielzeug zurückgerufen. Freiwillig. Zu hoher Bleigehalt in Farben und zu locker sitzende Magnete an Puppen, die verschluckt werden könnten. Für deutsche Eltern besteht allerdings kein Grund zur Sorge, wenn ihre Kinder fast magnetisch am Kühlschrank kleben. Fast immer ist es nur der Wunsch nach stark gezuckerten Fruchtsäften oder Schokoladenaufstrichen, der die Kleinen an dem Kühlschrank rütteln lässt.
Nicht alle verhalten sich dabei so vorbildlich wie der CEO von Mattel, Bob Eckert. In ganzseitigen Annoncen (»Weil Ihre Kinder auch unsere Kinder sind«) gibt er uns sein persönliches Versprechen, dass dieses Problem (Blei und Magnete) »mit Integrität und Verantwortungsbewusstsein« beseitigt wird. Thank you, Bob.
Wie aber sieht es aus mit den Herstellern von Seilen, Wolldecken und Bauklötzen? Für Kinder nahezu ungefährlich, können sie für ahnungslose Eltern zu reinsten Todesfallen werden. Hat sich jemals ein Hersteller für Seile entschuldigt, die vor einer Treppe gespannt werden, damit Plastikpferdchen nicht von der Koppel springen? In Knöchelhöhe sind sie für einen normalen Familienvater nicht wahrnehmbar. Auf dem hastigen morgendlichen Weg nach unten in die Küche wirken sie stärker als ein Bremsfallschirm. Wo ist der Warnhinweis auf Wolldecken, dass es sich hierbei um die improvisierte Bedachung einer Höhle im Wohnzimmer handeln kann? Wer sich angesichts der Bilder aus dem Nahen oder auch Fernen Osten fassungslos langsam nach hinten setzt, wo bis gerade noch ein Stuhl stand (oder zumindest bis gestern), kracht plötzlich samt Decke, die über zwei Stuhllehnen gespannt war, auf den Boden. Im Glücksfall schlägt er mit dem Kopf auf eine Spieluhr, die »La, le, lu« spielt. Weniger Glückliche durchbohren sich das Trommelfell mit einem 20 Zentimeter langen Stock, der senkrecht auf einer Holzscheibe steht und auf dem weitere bunte (bleifreie!) Holzscheiben mit Loch in der Mitte der Größe nach sortiert werden können.
Schon mal nachts barfuß auf Legosteine getreten? Oder im Bad die Holzente auf Rädern erwischt (Steiß auf Kacheln, Kopf an Bidetkante)? Ganz zu schweigen von den psychischen Schäden durch Zehn-kleine-Krabbelfinger-CDs im Stau bei Regen. Die Hersteller sind gefordert, nur noch ein Jahr bis Peking.
PS: Kann es sein, dass es in Beijing zwar neun Millionen Fahrräder gibt, aber auf Katie Meluas CD nur zwei Rhythmen?
Schon wieder gute Nachrichten aus Norwegen. Würden nur zehn Prozent der Kinder lebenslang täglich 25 Gramm mehr Obst essen, wären sie anschließend so pumperlgsund, dass die Kosten für Gratisobst an Schulen sich wieder amortisiert hätten. Was mathematisch verwirrend und logisch gaga klingt, ist im wirklichen Leben ganz einfach: Leute, esst mehr Obst! Fünf verschiedene Sorten, 650 Gramm pro Tag. Aus diesem Grund startet am 13. Oktober die Aktion »5 am Tag«. Was zunächst Insiderberichte aus dem Sexleben von Rockstars erwarten lässt, soll in Wahrheit tonnenweise Frischobst vor allem in Ganztagsschulen befördern. Denn an unseren Schulkiosken sieht es schlimm aus. Der zuckersüße Nahrungsmüll, der dort häufig von Hausmeisterehepaaren verdealt wird, löst erstaunlicherweise wenig Empörung bei den Eltern aus. Zu viele lose Blätter, zu schwere Ranzen, zu leichte Hausaufgaben – kein noch so kleines Detail bleibt auf Elternabenden undiskutiert. Aber dass die Nachkommenschaft überzuckert und verfettet aus der großen Pause zurückkehrt, scheint nicht zu stören.
Es wäre aber interessant zu sehen, ob das Angebot von stark verbilligtem oder gar kostenlosem Obst bei den kleinen Rackern eine Chance gegen Cola und Schokoriegel hätte, wie von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung erhofft. Denn Obst hat einen Nachteil: Es schmeckt nicht! Gut, das mag jetzt eine persönliche Meinung sein, aber man wäscht doch nur ab und zu mal lustlos einen Apfel, weil er so gesund ist. Worauf haben wir denn beim Fußball wirklich Bock: auf die Familienpackung Erdnussflips oder auf eine leckere Birne? Mir tun beim Hotelfrühstück Menschen leid, die sich eine Papaya stückeln, während ich mir nach Weißwürstchen, Rührei mit Speck und Frikadellen noch zwei Schokoecken gönne. Ab und zu mal einen Obstsalat, weil er schon geschnippelt ist und nicht gewaschen werden muss. Aber meistens bin ich froh, wenn drei Fruchtfliegen aus ihm aufsteigen und ich ein Hygieneargument habe: Wusste ich doch, dass das Zeug hier schon ewig rumsteht. Von Bekannten, die nach schlampig gewaschenen Himbeeren auf dem Welcome-Teller ihres Lieblingshotels gleich paarweise zur Wurmkur antreten durften, will ich gar nicht reden. Trotzdem: Obst ist gesund, und wir wünschen der Aktion »5 am Tag« allen erdenklichen Erfolg.
Diesmal England. Der Inselstaat ist uns meilenweit voraus, im »politischen Willen, die physiologisch normalen Geburtsabläufe zu unterstützen – ein tolles Vorbild für Deutschland«. So zu lesen im Ressort Wissen der »Süddeutschen Zeitung«. Praktischerweise unmittelbar neben einem Artikel, der vermeldet, dass die Zahl der Selbsttötungen erstmals unter 10000 gesunken ist. In Deutschland. Auch ein Erfolg der Agenda 2010? Oder bereits ein Signal, dass Kurt Beck mit seiner Weiterentwicklung richtig liegt?