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Nach zwei Nahtoderlebnissen durch einen Herzstillstand 1988, habe ich mir zur Aufgabe gestellt, sterbenden und trauernden Menschen eine Tür zu öffnen, damit sie Abschied und Tod von einer anderen Seite wahrnehmen können. Trauer wird nicht nur durch den Tod von Menschen oder Tieren ausgelöst. Jeder Abschied verursacht mehr oder weniger Trauer. Das kann vom Tod eines Lebewesens bis hin zu Wohnungswechsel, Verlust der Arbeitsstelle u.s.w. reichen. Ich habe gelernt, wie man mit Trauer umgehen kann, damit sie von "tief schmerzender Trauer" zur "süßen Trauer" werden kann.
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Seitenzahl: 148
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Nach zwei Nahtoderlebnissen durch einen Herzstillstand 1988, habe ich mir zur Aufgabe gestellt, sterbenden und trauernden Menschen eine Tür zu öffnen, damit sie Abschied und Tod von einer anderen Seite wahrnehmen können. Deshalb habe ich außer Trauergesprächen mindestens einen Artikel ins monatliche Infoblatt der „Arbeitsgemeinschaft Haus des Friedens“ gestellt, einige habe ich in diesem Buch eingefügt.
Nicht nur durch den Tod von Menschen wird Trauer ausgelöst, auch der Tod eines Tieres kann Trauer bewirken. Jeder Abschied verursacht mehr oder weniger Trauer. Das kann vom Tod eines Menschen oder Tieres, bis zum Verlassen des Elternhauses, Verlust der Arbeitsstelle u.s.w. reichen.
Ich habe gelernt, wie man mit Trauer umgehen kann, damit sie von „tief schmerzender Trauer“ zur „süßen Trauer“ werden kann.
Auf meiner Website www.hausdesfriedens.at erfahren Sie, welche Workshops ich zu diesem Thema anbiete, Sie können sich aber auch zu einem kostenlosen Trauergespräch per eMail bei mir melden.
Meine Tochter meinte einmal:
„Die Trauer ist eigentlich Egoismus.“
Sie hat recht, aber hat sich der Verstorbene,
den man so egoistisch vermisst, nicht verdient,
dass wir um ihn trauern?
In der Zeit der Trauer sind wir in Gedanken
und im Gebet besonders eng mit ihm verbunden
und können ihm vielleicht dadurch
zur ewigen Seligkeit verhelfen.
Für uns Hinterbliebene ist die Trauer,
Zeit zum Abschied nehmen.
Buch
Vorwort
Gott hat uns das Leben auferlegt
Nahtod Kurztod Todesnah
Der Tod Krönung des Lebens
Ich bin unsterblich
Loslassen
Ich trage dich immer im Herzen
Der kleine Prinz
Liebe - der einzige Weg in die Herrlichkeit
Falscher Ehrgeiz vieler Ärzte
Abschied für immer
Wann war der Todestag?
Abraham und Isaak
Der Herr segne Dich
Krankheit als Begegnung
Weshalb die Trauer schmerzt
Schuldgefühle
Der Tod meines Kletterpartners
Ein Schnippchen geschlagen
Das Trauerjahr
Fasching und Passion
Unsere trauernden Kinder
Tod eines Kleinkindes
Dankbarkeit hilft in der Trauer
Die Seele ist es, die ewig existiert
Abschied nehmen auf Distanz
Allerheiligen
Einsamkeit
Geschieden und wieder verheiratet
Frau Maria
Mahn - Wache
Hier könnte jeder Name stehen
Leben statt sterben
Hoffnung
Bewusst verabschieden
Ich darf mich verabschieden
Autorin
Meine anderen Bücher zu lesen
Quellennachweis
Ich gehe davon aus, dass Sie dieses Buch gekauft haben, weil Sie einen Angehörigen in der Trauer begleiten, oder weil sie gerade selber trauern. Wahrscheinlich ist es für beide Situationen am hilfreichsten, wenn ich auch über den Tod und das Danach nach meinen Ansichten und Wahrnehmungen schreibe. Sie werden dadurch verstehen, dass das Sterben, das heißt, der Tod ist ganz nahe, keine Angst verursachen muss. Sie werden dadurch auch merken, dass die Trauer nicht unbedingt nur Schmerz verursacht. Das Sterben, genauso wie die Trauer, können anstatt Panik oder untragbaren Schmerz, eine – ich nenne es, Süße erhalten oder Liebesgefühle auslösen.
Hier gehe ich mehr auf die Trauer ein. Wenn Sie gerade jemanden das letzte Stück seines Lebens oder beim Sterben begleiten, empfehle ich Ihnen, mein Buch „Tod Krone des Leben“ zu lesen, da befasse ich mich intensiver mit Sterben und Tod.
Nun möchte ich beschreiben, weshalb ich mich befugt fühle, Sie in Ihrer Trauer zu begleiten und zu helfen, den Schmerz zu lindern.
In meiner Jugend wünschte ich mir oft, dass ich den Bauchtyphus, an dem ich mit acht Jahren erkrankt war, nicht überstanden hätte. Die Ärzte meinten damals, wenn ich zwei Stunden später ins Krankenhaus gebracht worden wäre, hätte ich nicht überlebt. Mit sechzehn wurde mir nach zwei Selbstmordversuchen bewusst, dass ich auf einmal Angst vorm Sterben hatte. Das blieb so, bis ich 1988 bei einem Unfall einen Herzstillstand und zwei Nahtoderlebnisse hatte. Seither habe ich eine Todessehnsucht, bin aber nicht suizidgefährdet. Im Gegenteil, das hat mich im März 1992 bewogen, ehrenamtlich als Sterbe- und Trauerbegleiterin zu dienen.
Ich wollte durch meine eigenen Todeserlebnisse und der anschließenden Todessehnsucht, den Sterbenden die Angst vor dem Tod nehmen und den Hinterbliebenen bei der Trauerbewältigung beistehen.
Mit der Trauer wurde ich in meinem bisherigen Leben oft konfrontiert. Am intensivsten durch den plötzlichen Tod meines Kletterpartners. Näheres beschreibe ich unter: „Der Tod meines Kletterpartners“.
Ich kann im Vorwort nicht alles unterbringen, was ich durch Trauer erfahren habe und Ihnen weitergeben kann, daher lesen Sie bitte in diesem Buch weiter.
Es liegt in der Natur des Menschen zu glauben, wir wurden geboren um zu leben. Höre ich aber auf die sanfte Stimme Gottes die mir sagt, dass nicht das Leben der Sinn unseres Daseins ist, sondern das, was danach kommt, dann ist mir klar warum es so wichtig ist, wie ich dieses Leben lebe oder gestalte.
Im Schöpfungsbericht steht, dass wir einmal Wesen waren ohne Ach und Weh. Gott hat uns mit dem Sündenfall nicht den Tod auferlegt, sondern das Leben - mit Kummer und Sorgen. Nun müssen wir unter Schmerzen die Kinder gebären und im Schweiße unseres Angesichts das Brot verdienen. In seiner Liebe zu uns Menschen, hat er uns aber die Liebe und die Freude dazugegeben.
Nicht zu vergessen - die Chance, durch unser hiesiges Leben die Herrlichkeit nach dem Tode wieder erfahren zu dürfen. Unser hiesiges Leben wertschätzend, sinnund tugendvoll gestalten. Ich glaube, dann kommen wir wieder dorthin, wo es kein Ach und Weh gibt – ins Paradies.
Wenn ich gefragt werde, ob es „Ein Leben Danach“ gibt, antworte ich jedes Mal: „Ich glaube, ich durfte die Schwelle des Lebens überschreiten und für einen Augenblick spüren, wie es danach sein wird. Nämlich ein Sein und kein Leben. Keine Wünsche, kein Verlangen, keinen Schmerz. Sogar die Freude fehlt. Doch gibt es den Zustand des Seins, eingebettet in unbeschreiblicher Geborgenheit und Schönheit.“
In der Bibel steht auch, dass wir das Menschsein leben müssen, um wieder ins Paradies gelangen zu dürfen. Viele Menschen sind der Meinung, dass wir das in einem Leben gar nicht schaffen. Andere wiederum glauben, dass wir vom Licht der Sonne angezogen werden, um mit Energie aufgeladen und wieder ins Leben geschickt zu werden. Eines haben alle diese Menschen gemeinsam, den Glauben an ein „Danach“, den Glauben an Gott!
Menschen die an kein „Danach“ glauben bedaure ich sehr, denn sie haben keine Hoffnung. Sie klammern sich an das Leben, der Tod ist für sie das Ende. Beim Schreiben wurde mir die Zweisinnigkeit des Wortes „Sein“ bewusst. „Sein“ als Existenz und „SEIN“ als Ausdruck für Gott.
„Tod, was kommt danach“ war das Thema vor einigen Jahren in der Zeitschrift Dialog. Geschrieben wurde über Nahtoderlebnisse und die Meinung war, dass all jene Menschen, die so ein Erlebnis haben durften nicht wirklich tot waren, sonst würden sie ja jetzt nicht mehr leben.
Ich glaube, es gibt einen Unterschied zwischen Minutenoder Sekundentod und Nahtoderlebnis bzw. Todesnaherlebnis. Der Kurztod, Minuten- oder Sekundentod entsteht bei Herzstillstand, je nachdem, wie lange dieser Herzstillstand anhält. Also überlebt man den Tod. Nahtoderlebnis bzw. Todesnaherlebnis bedeutet wie die Worte schon sagen, dass man dem Tod sehr nahe war, aber nicht tot war. Das Herz hatte nicht aufgehört zu schlagen. Üblicherweise wird im Sprachgebrauch jedoch kein Unterschied gemacht. All das wird als Nahtod- oder Todesnaherlebnis bezeichnet.
Obwohl ich selber im März 1988 bei einem Unfall den Tod überlebt habe, kann ich nicht sagen, ob es Einbildung, oder welch anderer Vorgang im Körper es war, dass ich fühlte oder glaubte, tot zu sein. Ich war eingehüllt in die Liebe Gottes. Ich fühlte plötzlich keinen Schmerz mehr und auch meinen Körper konnte ich nicht spüren. Ich war irgendwo oben und dachte: „Wo bin ich da, bin ich in den Wolken?“ Schnell habe ich mich geistig von meinen Kindern verabschiedet, weil mein Körper schon tot war und das Hirn das letzte ist, das abstirbt. Gleichzeitig fühlte ich das, was ich „die Geborgenheit Gottes“ nenne. Ich war sehr bestürzt, als mich Gott wieder auf die Erde fallen ließ. „Ich habe die Tür nicht zugemacht“, sagte ich ganz spontan zu der Kriminalbeamtin, die mich, als ich nach einigen Tagen wieder klar denken konnte im Krankenhaus zu dem Unfall einvernommen hatte.
Ich glaube nur eines zu wissen, dass hinter allem ein Sinn steckt. Wir sehen ihn nur oft nicht oder erst später. Der Sinn, dass ich den Tod überlebt habe, war meiner Meinung nach jener, dadurch Menschen „die Tür zum Himmel“ öffnen zu können. Jetzt beim Schreiben wird mir der Zusammenhang klar, warum ich sagte: „Ich habe die Tür nicht zugemacht.“
Wenn ich mit Menschen über den Tod und das Danach spreche, so ist es oft meine Begeisterung und die Freude in meinen Augen, die dem Gesprächspartner eine andere Ansichtsweise über den Tod vermitteln. Mir wird von Christen oft gesagt, dass ihnen die Lehre über die Auferstehung Christi keine Beziehung zum Jenseits vermittelt, doch meine Ausstrahlung wenn ich über den Tod rede, macht spürbar was uns im Jenseits erwartet.
Ich glaube, und das sagt wohl auch die christliche Lehre, wie ich mein Leben lebe, dementsprechend wird es mir im Jenseits ergehen. Deshalb bin ich noch mehr bemüht als vor dem Unfall, Gott wahr-zu-nehmen und nach seinem Willen zu leben.
Mein Leben war schon im Mutterleib bestimmt diesen Weg zu gehen. Wahrscheinlich sogar schon vorher. Es ist bemerkenswert von vier Kindern das einzige Wunschkind zu sein, obwohl ich nicht das älteste bin. Mit sechs Wochen fast verhungert, mit acht Jahren fast an Typhus gestorben zu sein und anschließend bis zur Pubertät eine Todessehnsucht zu spüren. Erst in der Pubertät, als ich mir zwei Mal das Leben nehmen wollte und die dreißig Stück Schmerztabletten wieder gewollt erbrochen habe, wurde mir bewusst: „Ich habe Angst vorm Sterben. Was kommt danach? Bin ich einsam? Ist es dunkel?“ Durch die Erziehung wurde ich oft von der Wahrnehmung Gottes abgedrängt. Ich musste „schlagfertig“ sein, schnell denkend und reagierend, geschäftstüchtig und gewandt.
Als ich jedoch immer mehr und mehr merkte, die Lebensweise meiner Eltern und meiner Geschwister ist nicht identisch mit meiner, habe ich mich immer mehr zurückgezogen. Als dann noch ein Freund und Kletterpartner verunglückte weil ich Schicksal spielen wollte, fühlte ich mich für seinen Tod verantwortlich. Dabei litt ich unsagbar daran, meinen Fehler nicht mehr rückgängig und meine Worte nicht mehr ungesagt machen zu können. Ich glaubte keine Möglichkeit zu haben, um mich bei ihm zu entschuldigen. Nach seinem Tod konnte ich ein Jahr lang kein lautes Wort aussprechen. Alle Ärzte die ich aufsuchte, weil keine Medikamente wirkten, meinten, es sei eine Kehlkopfentzündung. Nach einem Jahr war die „Sprachlosigkeit“ vorbei. Das Trauerjahr dauert auch etwa ein Jahr. Heute weiß ich, dass ich mich mit der Sprachlosigkeit unbewusst dafür bestrafte, dass ich Worte ausgesprochen hatte, die ich bitter bereute. Die Schuldgefühle waren es, die mich sprachlos werden ließen.
Nach dem Tod meines Kletterpartners veränderte ich meine anerzogenen Eigenschaften in jene, wie sie für mich richtig waren und heute noch sind. Das glaube ich war der Grund, dass ich mich oft verletzen ließ, um nichts zu sagen was ich bereuen würde, wenn ich oder ein anderer Mensch stirbt. Das war aber wahrscheinlich auch der Grund, weshalb ich beim Unfall einen Schritt ins Jenseits tun durfte.
Diese Erfahrungen sind es immer wieder, die Sterbenden Hoffnung machen und Mut geben. Aber nicht nur Sterbenden, auch anderen Menschen z.B. bei Begleitgesprächen dienen meine Wahrnehmungen und Erkenntnisse dafür, ihr Leben „bewusster“ zu gestalten.
Ich bin der Meinung, dass ich beim Herzstillstand hinter den Vorhang des Lebens bzw. Todes sehen durfte, weil Gott mir damit etwas bewusst machen wollte. Das höre ich auch oft von anderen Menschen mit Nahtod-Erlebnissen. Viele sagen dazu, dass sie bisher niemandem davon erzählt hätten, aus Angst man würde sie für geistesgestört erklären. Doch alle mit denen ich gesprochen habe, haben durch dieses Erlebnis ihre Lebensweise verändert. Das erfahre ich auch oft von den Menschen, die ich in ihrer Trauer begleite. Die Begegnung mit dem Tod hat ihr Bewusstsein verändert.
Meine Tochter war fünfzehn Jahre alt. Nach dem plötzlichen Tod eines ihr bekannten jungen Mannes aus meinem Heimatort, anschließend dem frühen Tod ihrer Tante (die Frau meines Bruders) durch Krebs und zuletzt dem Tod eines Freundes meiner Tochter, hatte sie selber einen schweren Unfall durch ein Wunder überlebt. Ich hatte ihr zwei Tage vorher eine Winterjacke gekauft, obwohl es erst Oktober war. Nachdem sie ihr so gut gefiel, nicht weil ihr kalt war, erklärte sie mir damals, zog sie diese Jacke an. Dadurch wurden einige Wirbel nur angeknackst, sonst wäre sie tot oder gelähmt. Drei Mädchen waren in dem Auto, das meine Nichte lenkte und 120 km/h fuhr. Die drei Mädchen waren nicht angegurtet. Die Gendarmerie zeigte mir die Fotos von der Unglückstelle und von dem zusammengedrückten Auto, mit den Worten: „Da muss ein Wunder geschehen sein, dass diese Mädchen den Sturz überlebt haben.“ Die drei Mädchen sind der Meinung, dass es die drei Verstorbenen waren, die sie beschützt haben. Meine Tochter erzählte mir, dass sie durch einen dunklen Tunnel getrudelt ist, bei dem vorne ein helles Licht war und davor drei Silhouetten. Eine davon sagte: „Du darfst noch nicht hinein, du hast noch etwas zu tun.“ Meine Tochter hat statt der künstlerischen Laufbahn die helfende eingeschlagen, sie wurde Sozialarbeiterin.
Es kam noch ein Argument hinzu, worüber wir beide vor kurzem erst wieder unsere Meinungen austauschten (was wir beide sehr oft und mit Freude tun), nämlich, welche Hilfe für Bewusstseinsänderung es statt der Todesstrafe gibt. Sie will es durch die Arbeit mit Strafentlassenen erfahren bzw. ermitteln.
Zurzeit leben wir als Gesellschaft, für die Sterben und Tod eine Schande oder Strafe, für - ich weiß nicht was -ist. Aber alle Menschen, nicht nur die bösen oder schlechten, sterben. Der Fortschritt hat uns so viel Erleichterung beschert, dass wir das Gefühl haben, das ach so interessante Leben soll doch nie aufhören.
Als mein Vater siebenundachtzig Jahre alt war, tanzte er wie ein Fünfzigjähriger. Gestorben ist er mit zweiundneunzig Jahren. Mit fünfundsiebzig jammerte er mit schmerzverzerrter Stimme, so oft ich ihn anrief über seine Schmerzen in den Knien und sagte, dass er gar nicht mehr leben möchte. Er erzählte mir, dass der Hausarzt immer nur sagt: „Na ja, wir sind halt schon alt, da kann man nichts machen.“ Der Hausarzt war damals ca. vierzig Jahre alt. Zu dieser Zeit lebte ich in Kärnten und mein Vater in Niederösterreich. Ich rief den Hausarzt in Niederösterreich an und möchte fast wortgetreu wiederholen, was ich damals zu ihm sagte:
„Guten Tag Herr Doktor, ich heiße Ilse Jedlicka und bin die Tochter ihres Patienten Ludwig Girsch. Mein Vater klagt bei jedem Gespräch über seine Fußschmerzen und kann ohne Stock nicht mehr gehen. Er erzählte mir, dass sie immer zu ihm sagen: „Wir sind halt schon alt.“ Herr Doktor, mein Vater ist alt, aber weder sie noch ich sind alt und wissen gar nicht, was alt sein heißt. Deshalb bitte, sagen sie nicht mehr, wir sind halt schon alt zu ihm. Aber sagen sie mir, gibt es trotz des Alters, Papa ist 75 Jahre alt, eine Hilfe? Ich bin nämlich der Meinung, nachdem mein Vater fast sein Leben lang in die Krankenkasse eingezahlt hat, hat er wohl ein Recht, wenn es in diesem Alter noch eine Möglichkeit gibt, Schmerzen zu lindern oder zu heilen, dieses in Anspruch zu nehmen. Mein Vater ist Groß- und Urgroßvater und ich möchte, dass wir alle Freude an Gesprächen mit ihm haben können. Dass wir, wo wir selber im Berufsleben und im Stress des Alltags stehen, zum alten Vater gehen können und er uns die Ruhe vermittelt, die Väter, wenn sie schon Großväter sind, vermitteln. Auch wenn es nur kurze Zeit ist, die mein Vater durch eine Operation schmerzfrei erleben darf, jeder Tag ohne Schmerzen ist ein gewonnener Tag.“
Ich habe dazwischen schon Atem geholt. Auch dem Arzt habe ich Gelegenheit gegeben seine Meinung zu äußern. Beim nächsten Besuch meines Vaters bekam er die Überweisung ins Krankenhaus. Es wurde ihm eine Hüfte operiert. Papa hatte Angst beide auf einmal operieren zu lassen. Ein Jahr danach die zweite Hüfte. Nach den Operationen tanzte er wie ein Junger. Vom Sterben wollte er nichts mehr wissen.
Eines Nachmittags wurde ich von der Leiterin eines Seniorenheimes angerufen, eine ihrer Bewohnerinnen, eine sechsundneunzig jährige Dame, war bis vor kurzem noch sehr agil, ist aber jetzt krank und wird nicht mehr gesund werden. Diese Frau hätte aber Angst vor dem Sterben. Da sie eine sehr nette Frau ist, möchte ihr die Leiterin helfen. Sie meinte, ob ich mit der sterbenden sechsundneunzig jährigen Frau sprechen könnte. Ich war gerade mitten im Wohnungsrenovieren. Die Wohnung war ein Schutthaufen und wo noch Platz war, arbeiteten die Handwerker, die ich keinen Moment aus den Augen lassen durfte, weil so viel verkehrt lief. Trotzdem setzte ich mich ins Auto und fuhr von der Pragerstraße im 21. Bezirk, in die Baumgartnerstraße im 15. Bezirk. Erst sprach ich mit der Heimleiterin, dann mit der jungen Pflegerin die gerade Dienst in dem Trakt hatte, wo die besagte alte Dame wohnte.
Nun stellte ich mich bei dieser Dame vor. Ich begann ein Gespräch mit ihr und schon nach kurzer Zeit ihres Erzählens hielten wir uns bei der Hand, obwohl ich den Eindruck hatte, sie dürfte eine stolze Frau gewesen sein. Ich horchte während ihres Erzählens über ihre Vergangenheit in sie hinein. Ich selber erzählte ihr von