Idol - Gib mir dein Herz - Kristen Callihan - E-Book

Idol - Gib mir dein Herz E-Book

Kristen Callihan

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Beschreibung

Gabriel Scott - heiß wie die Sünde, kalt wie Eis ...

Sophie Darling kann ihr Glück kaum fassen, als sie für ihren Flug nach London ein Upgrade in die erste Klasse erhält - bis sie ihren Sitznachbarn kennenlernt. Gabriel Scott ist zwar der attraktivste Mann, den sie seit Langem gesehen hat, leider aber auch der unverschämteste. Und das ist noch nicht alles: Während des Flugs findet sie heraus, dass er niemand anders ist als der Manager der Rockband Kill John. Und somit womöglich bald ihr neuer Chef ...

"Das Setting, die Charaktere, die Romantik - perfekt! Ich wollte, dass dieses Buch niemals endet!" HEROES & HEARTBREAKERS

Band 2 der VIP-Reihe von NEW-YORK-TIMES-Bestseller-Autorin Kristen Callihan

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Seitenzahl: 546

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Inhalt

TitelZu diesem BuchZitate1. Kapitel2. Kapitel3. Kapitel4. Kapitel5. Kapitel6. Kapitel7. Kapitel8. Kapitel9. Kapitel10. Kapitel11. Kapitel12. Kapitel13. Kapitel14. Kapitel15. Kapitel16. Kapitel17. Kapitel18. Kapitel19. Kapitel20. Kapitel21. Kapitel22. Kapitel23. Kapitel24. Kapitel25. Kapitel26. Kapitel27. Kapitel28. KapitelEpilogAnmerkung der AutorinDanke!DanksagungDie AutorinKristen Callihan bei LYXImpressum

KRISTEN CALLIHAN

IDOL

Gib mir dein Herz

Roman

Ins Deutsche übertragen von Anika Klüver

Zu diesem Buch

Eiskalt und unnahbar – das ist Gabriel Scotts Ruf in der Musikbranche. Und als Manager einer der erfolgreichsten Rockbands der Welt tut er alles, um diesem gerecht zu werden. Er sorgt für diejenigen, die er zu seiner Familie zählt, ansonsten hält er sich von Beziehungen fern. Jemandem so tief zu vertrauen, ohne Mauern, ohne Schutzschilde – das kann er sich nicht vorstellen. Doch auf einem Flug nach London sitzt er – wenn auch nur unter Protest – neben der hübschen, aber unglaublich redseligen Sophie Darling. Die junge Frau ist einer der wenigen Menschen, die sich durch seine schroffe Art nicht einschüchtern lässt und direkt hinter seine Fassade blickt. Sie scheint als Einzige zu sehen, wie er wirklich ist und nicht den legendären Geschäftsmann. Und sosehr sich Gabriel während des Flugs gegen ihre Freundlichkeit und ihren Charme zur Wehr setzt, sosehr merkt er doch, dass seine Schutzmauern zu bröckeln beginnen und er Sophie Dinge anvertraut, die er sonst für sich behält. Doch dann erfährt er, aus welchem Grund Sophie nach England unterwegs ist: Sie wird für Kill John und damit für Gabriel arbeiten. Und wenn eines in seiner Welt nicht erlaubt ist, dann ist es eine Beziehung mit einer Angestellten …

Liebe ist, was man im Leben tut.

– Gabriel Scott

Liebe ist, mit wem man es im Leben tut.

– Sophie Darling

1. Kapitel

Sophie

Kennen Sie diese Leute, die einfach immer Glück zu haben scheinen? Diese Person, die eine Beförderung bekommt, nur weil sie zur Arbeit erschienen ist? Diese Person, die bei der Tombola einfach so den Hauptpreis gewinnt? Die Person, die einen Hundertdollarschein auf dem Boden findet? Tja, diese Person bin ich nicht. Und das gilt vermutlich für die meisten von uns. Das Glück ist eine wählerische Diva.

Aber heute? Heute hat mich das Glück endlich beachtet. Und ich will mich vor Dankbarkeit verneigen. Denn heute wurde ich für meinen Flug nach London in die erste Klasse hochgestuft. Vielleicht liegt es daran, dass der Flug überbucht ist. Und wer kann schon sagen, warum sie ausgerechnet mich ausgewählt haben, aber das haben sie. Die verdammte erste Klasse, Baby. Ich bin so überdreht, dass ich praktisch zu meinem Platz tanze.

Und was für ein wunderschöner Platz es ist. Der Sitz besteht aus gepolstertem cremefarbenem Leder und gemaserter Holzvertäfelung – obwohl ich vermute, dass es aus Sicherheitsgründen nur Holzimitat ist. Nicht dass das eine Rolle spielen würde. Es ist eine kleine eigenständige Kabine mit einem Fach für meine Tasche und meine Schuhe, einer Bar, einer richtigen Leselampe und einem Flachbildfernseher.

Ich lasse mich mit einem Seufzen auf den Sitz sinken. Es ist ein Fensterplatz, der durch eine mattierte Glasscheibe, die ich per Knopfdruck herunterlassen kann, vom Nachbarplatz getrennt ist. Man kann die beiden Sitze aber auch in eine gemütliche Doppelkabine umwandeln, indem man die glänzende Vertäfelung schließt, die den Bereich vom Gang trennt. Das Ganze erinnert mich an ein altmodisches luxuriöses Zugabteil.

Ich bin einer der ersten Passagiere an Bord, also gebe ich der Versuchung nach und gehe die ganzen tollen Sachen durch, die man für mich dagelassen hat: Pfefferminzbonbons, flauschige Socken, eine Schlafmaske und – uhh – ein kleiner Beutel mit Hautpflegeprodukten. Als Nächstes spiele ich mit meinem Sitz herum und fahre meine Trennwand hoch und runter –, zumindest bis sie einen seltsamen Klicklaut von sich gibt. Die Trennwand verharrt ein paar Zentimeter über dem Schlitz und weigert sich, wieder nach oben zu fahren.

Ich zucke zusammen und ziehe ruckartig die Hand weg. Dann beschäftige ich mich damit, meine Schuhe auszuziehen und mir die Speisekarte für die erste Klasse anzusehen. Sie ist lang, und alles sieht köstlich aus. Oh Mann, wie soll ich mich nach dieser Erfahrung je wieder an die beengten Sitze und den scheußlichen Fertigfraß der Economyklasse gewöhnen?

Ich überlege gerade, ob ich mir vor dem Flug einen Champagnercocktail oder ein Glas Weißwein gönnen soll, als ich eine Männerstimme vernehme. Sie ist tief, sehr britisch und äußerst verärgert.

»Was macht diese Frau auf meinem Platz?«

Mein Nacken verspannt sich, aber ich schaue nicht auf. Ich gehe davon aus, dass er mich meint. Seine Stimme kommt von irgendwo über meinem Kopf, und abgesehen von mir sitzen hier nur männliche Passagiere.

Und er liegt falsch, falsch, falsch. Ich sitze auf meinem Platz. Ich habe es zweimal überprüft, mich gezwickt, es erneut überprüft und mich dann endlich hingesetzt. Ich weiß, dass ich genau dort bin, wo ich sein soll – ich habe nur keine Ahnung, wie ich hier gelandet bin. Hey, ich war genauso überrascht wie alle anderen, als ich zum Ticketschalter ging und erfuhr, dass man mich in die erste Klasse verlegt hatte. Und jetzt werde ich auf keinen Fall in die Touristenklasse zurückkehren.

Ich umklammere die Speisekarte und tue so, als würde ich sie studieren. In Wahrheit belausche ich jedoch das Gespräch. Die Antwort der Flugbegleiterin ist so leise, dass ich sie nicht verstehen kann, aber für seine Erwiderung gilt das nicht.

»Ich habe für diesen Flug ausdrücklich zwei Sitze gebucht. Zwei. Aus dem einfachen Grund, dass ich nicht neben jemandem sitzen wollte.«

Tja, das ist … dekadent? Verrückt? Ich habe Mühe, nicht das Gesicht zu verziehen. Wer tut so was? Ist es wirklich so schrecklich, neben jemandem zu sitzen? War dieser Kerl jemals in der Economyklasse? Dort kann man die Nasenhaare seiner Sitznachbarn zählen. Hier ist mein Sitz so breit, dass ich gut dreißig Zentimeter von seinem dämlichen Sitz entfernt bin.

»Das tut mir so leid, Sir«, entgegnet die Flugbegleiterin in einem Tonfall, der fast nach einem Schnurren klingt. Was seltsam ist. Sie sollte verärgert sein. Vielleicht gehört das in der ersten Klasse dazu. Dort küsst man den Passagieren den Hintern, weil sie eine Menge Geld bezahlt haben, um hier zu sein.

»Der Flug ist überbucht, und alle Plätze sind vergeben.«

»Genau deswegen habe ich zwei Sitze gebucht«, schnauzt er.

Sie murmelt wieder etwas Beruhigendes. Ich kann sie nicht verstehen, weil sich zwei Männer, die an mir vorbeigehen, um zu ihren Plätzen zu gelangen, über Aktienoptionen unterhalten. Sobald sie weg sind, höre ich Mr Hochnäsig wieder reden.

»Das ist inakzeptabel.«

Ich nehme eine Bewegung zu meiner Rechten wahr und springe beinahe auf. Ich sehe die rote Uniform der Flugbegleiterin, als sie sich dicht heranbeugt und eine Hand nach dem Knopf für die Trennwand am Sitz des Mannes ausstreckt. Meine Wangen werden heiß, während sie zu einer Erklärung ansetzt. »Es gibt eine Trennwand, um die Privatsphäre …«

Sie hält inne, weil die Trennwand nicht hochfährt.

Ich vergrabe meine Nase in der Speisekarte.

»Sie funktioniert verdammt noch mal nicht?«, entfährt es Mr Hochnäsig.

Der Rest läuft in etwa so ab, wie man es erwarten würde. Er lässt eine Schimpftirade los, sie versucht, ihn zu beschwichtigen, ich verstecke mich zwischen Seite eins und zwei der Speisekarte.

»Vielleicht kann ich jemanden überreden, die Plätze zu tauschen?«, bietet die hilfsbereite Flugbegleiterin an.

Ja, bitte. Halsen Sie ihn jemand anders auf.

»Was macht das für einen Unterschied?«, schnauzt Mr Hochnäsig. »Es ging darum, dass ich einen leeren Sitz neben meinem habe.«

Ich würde liebend gern vorschlagen, dass er auf den nächsten Flug warten soll, um uns allen die Kopfschmerzen zu ersparen, aber so will es das Schicksal nicht. Die ausweglose Situation endet damit, dass sich der Idiot mit einem entnervten Seufzen auf seinen Sitz fallen lässt. Er muss groß sein, denn ich verspüre dabei einen deutlichen Luftzug.

Die Hitze seines finsteren Blicks ist greifbar, bis er sich endlich abwendet.

Mistkerl.

Ich werfe klatschend die Speisekarte hin und denke mir: Scheiß drauf, ich mache mir jetzt einen Spaß daraus. Was können sie schon tun? Sie beladen das Flugzeug, und mein Platz ist mir sicher.

Ich finde einen Streifen Kaugummi in meiner Handtasche und stecke ihn mir in den Mund. Nach ein paar Kaubewegungen verursache ich überragende Kaugummischmatzgeräusche. Erst dann drehe ich mich in seine Richtung.

Und erstarre mitten in der Kaubewegung, denn der Anblick des Mannes neben mir lähmt mich für eine Sekunde. Du meine Güte, niemand hat das Recht, so heiß und gleichzeitig so ein Idiot zu sein. Dieser Kerl ist zu hundert Prozent der umwerfendste Mann, den ich je gesehen habe. Und das ist seltsam, denn seine Gesichtszüge sind weder perfekt noch sanft. Nein, sie sind schneidig und stark – ein Kiefer, dessen Konturen scharf genug sind, um Stahl zu schneiden, ein festes Kinn, hohe Wangenknochen und eine kühne Nase, die fast zu groß ist, aber perfekt zu seinem Gesicht passt.

Ich hätte einen bleichgesichtigen, grauhaarigen Aristokraten erwartet, aber er ist braun gebrannt und sein kohlschwarzes Haar fällt ihm in die Stirn. Seine wie von Künstlerhand geformten Schmolllippen sind vor Ärger fest zusammengepresst, während er mit finsterem Blick auf die Zeitschrift in seiner Hand starrt.

Aber er spürt meinen Blick ebenso deutlich – die Tatsache, dass mein Mund offen steht wie der eines aufgespießten Fischs, ist vermutlich nicht hilfreich – und dreht sich herum, um mich böse anzufunkeln. Mir schlägt die volle Wucht dieser geballten männlichen Schönheit entgegen.

Seine Augen sind meerwasserblau. Er zieht die dichten, dunklen Augenbrauen zusammen, als würde sich in seinem Gesicht ein Sturm zusammenbrauen. Er ist kurz davor, mich wegzupusten. Gleichzeitig mit diesem Gedanken kommt mir ein weiterer: Ich sollte mir besser ordentlich Mühe geben.

»Herrgott«, stoße ich hervor und hebe eine Hand, um meine Augen abzuschirmen. »Das ist ja, als würde man direkt in die Sonne schauen.«

»Was?«, schnauzt er und zieht seine strahlend hellen Augen zusammen.

Oh, das wird ein Spaß!

»Hören Sie einfach auf, okay?« Ich blinzle ihn mit zusammengekniffenen Augen an. »Sie sind zu heiß. Das ist nicht auszuhalten.« Das stimmt, allerdings hätte ich unter normalen Umständen niemals den Mumm, so etwas zu sagen.

»Geht es Ihnen gut?«, fragt er in einem Tonfall, der nahelegt, dass er das Gegenteil denkt.

»Nein, Ihretwegen bin ich beinahe erblindet.« Ich wedele mit einer Hand herum. »Haben Sie einen Ausschalter? Kann man dieses Strahlen vielleicht dimmen?«

Er bläht die Nasenflügel, und seine Haut wird eine Nuance dunkler. »Na toll. Ich sitze neben einer Irren fest.«

»Sagen Sie mir nicht, dass Ihnen die blendende Auswirkung, die Sie auf die Welt haben, nicht bewusst ist.« Ich schenke ihm einen staunenden Blick aus weit aufgerissenen Augen. Zumindest hoffe ich, dass ich das tue.

Er zuckt zurück, als ich nach der Trennvorrichtung zwischen uns greife und mich ein wenig näher an ihn heranlehne. Verdammt, er riecht gut – nach teurem Rasierwasser und feiner Wolle.

»Vermutlich fallen Ihnen Frauen zu Füßen wie die Fliegen.«

»Wenigstens sind zu Boden gefallene Fliegen still«, murmelt er und blättert rabiat durch seine Zeitschrift. »Madam, tun Sie mir einen Gefallen und unterlassen Sie es, für den Rest des Fluges mit mir zu sprechen.«

»Sind Sie ein Herzog? Sie reden wie ein Herzog.«

Er dreht ruckartig den Kopf, als wollte er in meine Richtung schauen, schafft es aber, seinen Blick nach vorn gerichtet zu halten. Seine Lippen sind so fest zusammengepresst, dass sie an den Rändern weiß werden. Es ist eine Farce.

»Oh, oder vielleicht ein Prinz. Ich weiß!« Ich schnippe mit den Fingern. »Ein Märchenprinz!«

Er stößt einen Schwall Luft aus, als wäre er zwischen Gelächter und Empörung gefangen, würde sich aber eigentlich lieber der Empörung hingeben. Dann erstarrt er. Und ich verspüre einen kurzen Augenblick der Beklemmung, weil ihm gerade offensichtlich klar geworden ist, dass ich mich über ihn lustig mache. Bislang war mir nicht aufgefallen, wie gut gebaut dieser Kerl ist.

Er ist vermutlich über eins achtzig groß. Seine Beine sind lang und kräftig und stecken in einer dunkelgrauen Hose.

Herrgott, er trägt einen Pullunder: taubengrau und eng an seinen durchtrainierten Oberkörper geschmiegt. Er sollte darin wie ein totaler Trottel aussehen, aber nein … Die Kleidung betont seine starken Arme nur noch. Diese Muskeln dehnen sein weißes Hemd bis aufs Äußerste. Das ist unfair.

Seine Schultern sind so breit, dass sie die großen Sitze in der ersten Klasse klein wirken lassen. Gleichzeitig ist er lang und drahtig. Ich schätze, die wohlgeformten Muskeln unter diesen feinen und schicken Klamotten würden einem ebenfalls das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Verdammt.

Ich betrachte ihn von oben bis unten und bemerke, wie er seine großen Hände zu Fäusten ballt. Ich befürchte nicht, dass er mir etwas antun wird. Sein Verhalten schreit förmlich »aufgeblasenes Arschloch«, aber er kommt mir nicht wie ein Schläger vor. Bei seiner Diskussion mit der Flugbegleiterin hat er nicht mal richtig die Stimme erhoben.

Trotzdem schlägt mein Herz schneller, als er mir langsam sein Gesicht zuwendet. Ein bösartiges Lächeln verzerrt seinen üppigen Mund.

Schau nicht hin. Er wird dich in einen Strudel aus Attraktivität ziehen, aus dem es kein Entkommen gibt.

»Sie haben mich ertappt«, vertraut er mir mit einer Stimme an, die wie warme Butter auf Toast ist. »Märchenprinz, zu Ihnen Diensten. Vergeben Sie mir, dass ich Ihnen gegenüber so kurz angebunden war, Madam, aber ich befinde mich auf einer Mission von höchster Wichtigkeit.« Er lehnt sich näher an mich heran und schaut sich um, bevor er sich wieder mir zuwendet. »Ich suche nach meiner Braut, verstehen Sie? Leider tragen Sie keinen gläsernen Schuh, also können Sie es nicht sein.«

Wir werfen beide einen Blick auf meine nackten Füße und die roten Chucks, die auf dem Boden liegen. Er schüttelt den Kopf. »Sie verstehen sicher, dass ich mich weiterhin auf meine Suche konzentrieren muss.«

Er schenkt mir ein breites – wenn auch falsches – Lächeln, wodurch in einer Wange ein Grübchen entsteht, und mir stockt der Atem. Verdammt hoch zwei.

»Wow.« Ich seufze verträumt. »Wenn Sie lächeln, ist es sogar noch schlimmer. Sie sollten wirklich mit einem Warnhinweis ausgestattet sein, Sonnenschein.«

Sein Lächeln verschwindet schlagartig, und er öffnet den Mund, um etwas zu erwidern, doch plötzlich steht die Flugbegleiterin neben ihm.

»Mr Scott, hätten Sie vor dem Start gern ein Getränk? Champagner? Pellegrino vielleicht?«

Ich bin fast überrascht, dass sie sich nicht selbst angeboten hat. Aber die Andeutung ist nicht zu übersehen. Die Art, wie sie sich über ihn lehnt, eine Hand in der Nähe seiner Schulter auf dem Sitz und ihren Rücken durchgedrückt, um ihm ihre Brüste ins Gesicht zu schieben, ist eindeutig. Ich kann der Frau keinen Vorwurf machen. Der Kerl hat einfach eine gewisse Wirkung.

Er beachtet sie kaum. »Nein, danke.«

»Sind Sie sicher? Vielleicht einen Kaffee? Tee?«

Er zieht eine Augenbraue auf diese überhebliche Art hoch, die nur ein Brite zustande bringt. »Ich möchte nichts.«

»Champagner klingt toll«, sage ich.

Doch die Flugbegleiterin lässt ihre Beute nicht aus den Augen. »Diese Verwechslung tut mir wirklich leid, Mr Scott. Ich habe meine Vorgesetzten darüber informiert und sie werden alles in ihrer Macht Stehende tun, um Ihnen entgegenzukommen.«

»Das ist mittlerweile irrelevant, aber danke.« Er greift bereits wieder nach seiner Zeitschrift, auf dessen Titelseite ein schicker Sportwagen prangt. Typisch.

»Tja, wenn Sie irgendetwas brauchen …«

»Ich weiß nicht, wie es bei ihm aussieht«, falle ich ihr ins Wort, »aber ich hätte gern ein … Hey! Hallo?« Ich winke, während sie mit übertriebenem Schwung in den Hüften davonschlendert. »Verzeihung?«

Ich kann spüren, wie er schmunzelt, und werfe ihm einen Blick zu. »Das ist Ihre Schuld, wissen Sie?«

»Meine Schuld?« Er zieht die Augenbrauen hoch, wendet den Blick aber nicht von seiner Zeitschrift ab. »Wie in aller Welt kommen Sie denn darauf?«

»Ihr absurd gutes Aussehen hat sie für alle anderen blind gemacht, Sonnenschein.«

Seine Miene ist ausdruckslos, aber seine Lippen zucken. »Wenn ich doch nur die Macht hätte, Frauen sprachlos zu machen.«

Ich kann nicht anders, ich muss grinsen. »Oh, ich wette, das fänden Sie großartig. All wir hilflosen Frauen könnten nur noch lächeln und nicken. Allerdings befürchte ich, dass das bei mir niemals funktionieren würde.«

»Natürlich nicht«, erwidert er trocken. »Ich sitze neben der Frau fest, die offenbar an einem unheilbaren Fall von verbalem Durchfall leidet.«

»Sagt der Mann mit sozialer Verstopfung.«

Er erstarrt wieder und reißt die Augen auf. Und dann entfährt ihm ein unterdrücktes Schnauben, das sich in ein ersticktes Lachen verwandelt. »Herrgott.« Er zwickt sich in den Nasenrücken und ringt um Fassung. »Ich bin verflucht.«

Ich lächle und will ebenfalls lachen, halte mich aber zurück. »Schon gut.« Ich tätschle seinen Unterarm. »In etwa sieben Stunden wird alles vorbei sein.«

Er stöhnt und hebt den Kopf. Die Belustigung in seinen Augen ist echt und deswegen umso gefährlicher. »Das werde ich nicht überleben …«

Das Flugzeug ruckelt ein wenig, während es sich vom Gate entfernt. Und Mr Sonnenschein wird erst blass, dann grün und schließlich grau im Gesicht. Der Mann hat Flugangst. Aber er würde lieber mit dem Flugzeug abstürzen, als das zuzugeben.

Toll. Vermutlich wird er hyperventilieren, bis wir unsere Flughöhe erreicht haben. Vielleicht liegt es daran, dass meine Mom ebenfalls Flugangst hat. Vielleicht würde ich auch nur gern denken, dass sich Mr Sonnenschein so schrecklich verhalten hat, weil er Angst hat und nicht weil er ein gewaltiges Arschloch ist. Aber ich beschließe, ihm zu helfen. Und natürlich will ich dabei auch noch ein bisschen mehr Spaß haben.

Gabriel

Ich bin in der Hölle. Ich kenne diesen Ort gut: eine lange schmale Röhre mit wackligen Flügeln. Eine Todesfalle mit fünfhundert Sitzen, abgestandener Luft und dröhnenden Motoren. Ich bin schon oft hier gewesen. Aber diesmal ist der Teufel persönlich mein Sitznachbar.

Ich bin schon lange genug in der Unterhaltungsindustrie tätig, um zu wissen, dass der Teufel immer in einer attraktiven Gestalt auftaucht. Damit lassen sich ahnungslose Trottel besser in die Falle locken. Diese spezielle Teufelin sieht aus, als käme sie direkt aus den Fünfzigern. Sie hat platinblondes Haar, das ihr engelsgleiches Gesicht umspielt, große braune Augen, knallrote Lippen und eine Sanduhrfigur, die ich nach Kräften zu ignorieren versuche.

Diese Brüste zu ignorieren ist nicht leicht. Wann immer sie redet, scheinen diese üppigen Wölbungen zu hüpfen, als hätten sie ihren eigenen Kopf. Und trotz der Tatsache, dass diese seltsame, schwatzhafte Frau nie die Klappe hält, laufe ich Gefahr, von einem fantastischen Vorbau hypnotisiert zu werden, der zweifellos in Doppel-D-Körbchen steckt.

Gott, und sie plappert immer weiter. Wie ein albtraumhafter Jabberwocky, der darauf aus ist, mich in den Wahnsinn zu treiben.

»Hören Sie …« Wieder hüpfen ihre Brüste, während sie die roten Lippen spitzt. »Ich kenne Ihr Spiel, und bei mir wird es nicht funktionieren.«

Ich hebe den Blick. »Was?«

»Kommen Sie mir nicht mit ›Was?‹ in Ihrem einwandfreien britischen Akzent. Ich werde dem nicht erliegen.« Sie fuchtelt mit einem schlanken Finger vor meiner Nase herum. »Mir ist egal, wie sexy Ihre Stimme ist, es wird nicht funktionieren.«

Ich werde nicht lächeln. Auf keinen Fall. »Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden, aber wenn ich Sie wäre, würde ich mir gleich nach der Landung medizinische Hilfe suchen.«

»Pfft. Sie tun so, als hätten Sie Flugangst, weil Sie hoffen, dass ich dann Mitleid mit Ihnen haben werde.«

Ein hässliches Gefühl macht sich in meinem Magen breit, und ich balle die Hände zu Fäusten, damit ich nicht schreie – nicht dass ich überhaupt eine Chance hätte, zu Wort zu kommen. Sie plappert immer noch unablässig Unsinn.

»Sie denken, wenn Sie hier sitzen und ganz angespannt und wie gelähmt aussehen, werde ich Ihnen einen Blowjob anbieten, um Sie von alldem abzulenken.«

Ich erstarre innerlich, als ich das Wort »Blowjob« vernehme. »Was?«

»Tja, das können Sie vergessen.«

Ignoriere deinen Schwanz. Ignoriere ihn. Er ist ein Idiot. Konzentriere dich auf das aktuelle Problem. »Sie sind geistesgestört. Komplett geistesgestört.«

»Und Sie sind ein gut aussehender, aber ausgefuchster Mistkerl. Zu Ihrem Pech genügt gutes Aussehen nicht. Ich werde es nicht tun.«

Ich lehne mich so nah an sie heran, wie ich es wage. »Hören Sie, selbst wenn ich Ihren Mund irgendwo in meiner Nähe haben wollte, warum in aller Welt sollte ich Sie hier um einen Blowjob bitten?« Ich winke mit einer Hand in Richtung des Gangs. »Wenn alle anderen Personen an Bord dieses Flugzeugs zusehen könnten. Wer tut so was?«

»Ich nicht«, erwidert sie mit einem angewiderten Blick. »Aber netter Versprecher. Sie haben offensichtlich über die Logistik nachgedacht.«

Ich darf die Verrückte nicht erdrosseln. Ich beiße die Zähne so fest zusammen, dass es wehtut, und rede Klartext mit ihr. »Madam, falls diese Todesfalle von einem Beförderungsmittel als Feuerball der Verdammnis auf die Erde zurasen würde und Ihr Mund an meinem Schwanz das letzte bisschen Sex wäre, das ich je bekommen würde, würde ich meinen Sicherheitsgurt lösen und mich in den Tod stürzen.«

Sie blinzelt, und ihre braunen Augen werden groß wie die einer Eule, wirken aber kein bisschen entrüstet. »Das sind eine Menge Worte, Sonnenschein. Aber ich denke, Sie lügen. Sie wollen es unbedingt.«

Mein Mund bewegt sich wie der eines Fischs, der verzweifelt nach Luft schnappt. Mir fällt keine einzige Erwiderung ein, was nur selten vorkommt. Mit den meisten Leuten rede ich gar nicht, aber ich bin durchaus in der Lage, einen Rüffel zu erteilen, wenn die Situation es erfordert.

Über unseren Köpfen ertönt ein leises Läuten. Ich schaue auf und stellte fest, dass die leuchtenden Hinweisschilder für das Anlegen der Sicherheitsgurte ausgeschaltet worden sind. Wir sind jetzt gerade und stabil.

Als ich meine Aufmerksamkeit wieder auf die Teufelin richte, hat sie ihre Nase in einer Zeitschrift vergraben und blättert fröhlich durch die Seiten. Ein winziges selbstgefälliges Lächeln umspielt ihre Mundwinkel.

Es trifft mich wie ein Schlag in die Magengrube: Sie hat mich einmal mehr auf den Arm genommen. Sie hat mich vom Start abgelenkt. So effektiv, dass ich gar nicht gemerkt habe, wie das Flugzeug vom Boden abgehoben hat. Jetzt schwanke ich zwischen widerwilliger Bewunderung, unbehaglicher Dankbarkeit und einem brennenden Verlangen nach Rache.

Der Wunsch nach Rache hallt in meinem Kopf am lautesten wider, und ich beiße mir von innen in die Wange, um nicht zu grinsen. Ich lehne mich vor, dringe in ihren Bereich ein und ignoriere den Duft von Zitronentorte, der sie umweht.

Sie versteift sich sofort, reißt den Kopf zurück und setzt sich kerzengerade hin. Ich liebe es.

»Also gut«, murmle ich leise in ihr Ohr, während sie erschauert und sich windet, um mir zu entkommen. »Sie haben mich erwischt. Ich will orale Befriedigung. Dringend. Wären Sie so lieb, mir Linderung zu verschaffen?«

Sie schnappt nach Luft, und ihre samtige Haut wird blass. »Machen Sie Witze?«

»Das hatten wir doch schon.« Ich greife unter den Sicherheitsgurt, um meinen Gürtel zu öffnen. »Ich verspüre ein Bedürfnis, und Sie sind diejenige, die es befriedigen muss.«

»Wow, einen Moment mal, Freundchen.« Sie presst ihre Hand auf meine Brust und zuckt dann schnell zurück, als hätte der Körperkontakt sie verbrannt.

Seltsamerweise war die Berührung tatsächlich irgendwie warm, und ich spüre den Abdruck ihrer Hand durch die Schichten meiner Kleidung. Ich ignoriere das ebenfalls und wackle anzüglich mit den Augenbrauen. »Keine Sorge. Ich habe einen Plan. Tun Sie einfach so, als hätten Sie Kopfschmerzen und müssten Ihren Kopf auf meinem Schoß ausruhen. Ich werde eine Decke über Sie legen, um das Licht abzuhalten. Auf diese Weise wird sich niemand über Ihr Stöhnen wundern.«

Ich habe meinen Gürtel geöffnet und tue so, als würde ich jetzt meinen Schwanz aus der Hose holen. »Oder noch besser: Ich schließe die Tür zu unserem Abteil, dann haben wir vollkommene Privatsphäre. Auf diese Weise können Sie es mir so richtig besorgen.«

Ein Würgelaut entringt sich ihrem Mund. »Sie … widerlicher … Ich glaube das nicht …«

»Ach, kommen Sie schon, Liebes. Saugen Sie mal dran, ja? Nur ein kleines neckendes Lecken an der Spitze?«

Mist. Das hätte ich nicht sagen sollen. Mein Schwanz regt sich und scheint die Idee ganz toll zu finden. Ihre geöffneten Lippen sind rot und weich und voll … Reiß dich zusammen, du Schwachkopf.

Ich grinse breit und lehne mich dicht an sie heran, während sie knallrot anläuft. »Ein paar kleine Auf- und Abbewegungen. Ich bin so geladen, dass es maximal fünf Minuten dauern wird.«

Ein ersticktes Geräusch stirbt in ihrer Kehle, und ich gebe ein gequältes Wimmern von mir. »Erlösen Sie mich von meinem Leid, Sie flittchenhaftes Mädchen.«

Das genügt. Sie reißt die Augen auf. »Flittchen? Flittchen?!?« Sie stößt ihre Nase gegen meine und zieht die Augen zu wütenden dunklen Schlitzen zusammen. »Ich soll Ihnen einen blasen? Sie wichtigtuerischer, überheblicher …«

»Diese beiden Wörter bedeuten im Grunde genommen das Gleiche, Süße.«

»Idiotischer …« Sie verstummt, zieht sich ein Stück zurück und betrachtet mein Gesicht. Und dann lächelt sie. Es ist ein absolut zufriedenes Lächeln, und mir wird angesichts der Geschwindigkeit, mit der sie ihre Emotionen umschalten kann, ein wenig schwindelig. »Oh, gut gespielt, Sonnenschein«, sagt sie gedehnt und grinst. »Gut gespielt. Sie haben sich was bei mir abgeschaut, was?«

Ich kann ihr nicht in die Augen schauen, sonst wird sie mich erwischen. Diese Frau mag die unerträglichste Person sein, der ich je an Bord eines Flugzeugs begegnet bin, aber sie ist eindeutig intelligent. »Ach, das war gespielt?«

Sie schnaubt. »Sie sollten mir jetzt zum Dank einen Drink ausgeben.«

»In der ersten Klasse sind die Drinks gratis, Plappermäulchen.«

»Es geht ums Prinzip.«

Ich würde ihr eine ganze Flasche von dem Champagner bestellen, den sie will, wenn sie dann aufhören würde zu reden, aber Alkohol löst normalerweise die Zunge. Bei dem Gedanken daran, dass sie sogar noch mehr reden könnte, erschaudere ich.

In diesem Moment kommt die Flugbegleiterin, die mich gemustert hat, als wäre ich ein Steak, mit schwingenden Hüften an meinen Platz. Sie balanciert ein Glas Champagner auf einem silbernen Tablett und schenkt mir ein breites Lächeln. »Mr Scott, Ihr Champagner.«

»Oh, um Himmels willen«, murmelt meine gesprächige Nachbarin leise.

Keine Miene zu verziehen, egal in welcher Situation ich mich befinde, ist für mich normalerweise Routine. Aber momentan muss ich mich seltsamerweise richtig anstrengen. Etwas an meiner Peinigerin bringt meinen inneren Fünfjährigen hervor, und ich will sie an den Haaren ziehen wie ein ungezogener Schuljunge auf dem Pausenhof. Aber das tue ich nicht. Ich nehme den Drink entgegen, den die Flugbegleiterin vor mich stellt.

»Danke«, sage ich zu ihr, während ich das Glas an Plappermäulchen weiterreiche. »Allerdings hat meine Sitznachbarin das bestellt, nicht ich.«

Die Flugbegleiterin wird blass. »Oh. Das … Das tut mir so leid«, sagt sie zu der Frau neben mir – und ich sollte sie wirklich mal nach ihrem Namen fragen oder vielleicht lieber nicht. Eine Fortsetzung dieser Unterhaltung ist keine gute Idee. Sie mag unterhaltsam sein, aber sie ist immer noch verrückt. Und ich mag keine unvorhersehbaren Elemente.

»Mir war nicht klar. Ich dachte, …« Die Flugbegleiterin weiß offensichtlich nicht mehr, was sie sagen soll, und verstummt.

»Ist schon gut.« Meine Sitznachbarin lehnt sich zu mir herüber und dringt in meinen Bereich ein, während sie der Flugbegleiterin ein verständnisvolles Lächeln schenkt und ich von einem weiteren Hauch ihres Dufts nach süßen Zitronen und warmer Frau überfallen werde. »Unser Sonnenschein hier hat mich so aus der Fassung gebracht, dass ich beinahe meine Kreditkarte hervorgeholt und angeboten hätte, ihn für Sex zu bezahlen.«

Ich verschlucke mich an meiner eigenen Spucke. »Verdammt noch mal.«

Die Flugbegleiterin läuft magentarot an. »Ja. Ähm. Kann ich Ihnen sonst noch etwas bringen?«

Einen Fallschirm.

»Für mich nichts mehr«, sagt die Irre zu meiner Linken und trinkt fröhlich einen Schluck Champagner.

»Ein Sodawasser mit Eis«, sage ich. Mittlerweile würde ich am liebsten um eine ganze Flasche Gin bitten. Aber Alkohol verschlimmert meine Flugangst. Atme einfach, entspann dich und bring diesen Höllenflug hinter dich.

Die Flugbegleiterin schenkt mir einen mitfühlenden Blick. Neben mir ertönt ein zufriedenes Summen. Ich warte auf die nächste Salve Ungeheuerlichkeiten und bin dann seltsamerweise enttäuscht, als ich feststelle, dass meine Nachbarin ihr Handy und ihre Kopfhörer hervorholt. Sie hat also vor, sich Kopfhörer in die Ohren zu stecken und abzuschalten. Brillant. Genau, was ich brauche. Ich bin dankbar dafür.

Ich greife nach meiner Zeitschrift und starre auf das Foto eines roten Lambo Centenario. Ich besitze das gleiche Modell in grafitfarben. Ich blättere die Seite um. Ruckartig.

Mehr mädchenhaftes Summen erfolgt, gerade laut genug, um das Dröhnen der Motoren zu übertönen. Wundervoll, sie singt mit. Die verdammte Frau hat mich mit einem bizarren Fall von Unreife infiziert, denn ich bin versucht, sie zu piksen und sie darauf hinzuweisen, dass sie schief singt, wenn auch nur, um zu hören, was sie darauf erwidern wird. Die Idee erfüllt mich mit einer seltsamen Vorfreude. Allerdings erkenne ich das Lied.

Enttäuschung überfällt mich so plötzlich, dass es einer Art Schock gleichkommt. Das hatte ich nicht erwartet. Nicht so heftig. Denn sie hört ein Lied von Kill John und liebt es offensichtlich. Ich liebe Kill John auch. Sie sind momentan die erfolgreichste Band der Welt, und sie sind ein Teil von mir. Sie sind mit mir und meinem Leben durch Blut, Schweiß und Tränen verbunden.

Denn ich manage die Band. Killian, Jax, Whip und Rye sind meine Jungs. Ich würde alles für sie tun. Aber ich würde mich niemals freiwillig mit einem ihrer Fans anfreunden. Niemals.

Diese Lektion habe ich schon früh gelernt. Fans, egal wer sie sind, rasten komplett aus, wenn sie erfahren, dass ich Kill John manage. Ich weigere mich, den Fans über mich Kontakte zur Band zur verschaffen.

Ein weiterer schiefer Ton kommt über Plappermäulchens Lippen. Sie wippt mit dem Kopf, hat die Augen geschlossen, und auf ihrem Gesicht prangt ein Ausdruck reiner Glückseligkeit. Ich wende mich ab. Nein, ich bin nicht enttäuscht. Ich bin erleichtert.

Das sage ich mir immer wieder, als mein Sodawasser kommt und ich es mit mehr Begeisterung als üblich trinke. Ich. Bin. Erleichtert.

2. Kapitel

Sophie

Ich habe mich von meinem sexy Sitznachbarn zurückgezogen und in Sicherheit gebracht. Das musste ich tun. Ich hatte zu viel Spaß dabei, ihn zu piesacken, und ich kenne die Anzeichen. Ich hätte mich schon bald in diesen kratzbürstigen Mann verguckt. Er ist zu heiß und zu ernst, um ihm zu widerstehen. Man sollte meinen, dass Ernsthaftigkeit nicht besonders attraktiv ist, aber irgendwie macht mich die Vorstellung, dass er mich übers Knie legen könnte …

Ja. Also habe ich eine kluge Entscheidung getroffen und mir meine Kopfhörer in die Ohren gesteckt. Jetzt höre ich Musik und blättere dabei durch die Vogue.

Er hat das Gleiche getan und seine Autozeitschrift gelesen, bevor er sie zur Seite gelegt hat, um seinen Laptop hervorzuholen. Keinen Blick auf seinen Bildschirm zu werfen ist die reinste Folter. Was macht so ein Kerl beruflich? Vielleicht ist er wirklich ein Herzog. Ich schwöre, dass er alle Anforderungen erfüllt. Oder ist er vielleicht Milliardär? Aber ich schätze, diese Männertypen hätten beide ihr eigenes Flugzeug.

Ich verliere jegliches Zeitgefühl, während ich mir vorstelle, wie Sonnenschein über irgendein englisches Herrenhaus herrscht oder unbeholfene Jungfrauen in seinem Privathubschrauber durch die Gegend fliegt. Dann rollt plötzlich jemand einen Wagen vorbei, um uns mit Cocktails zu versorgen. Offensichtlich ziehen reiche Leute es vor, auf Flugreisen betrunken zu sein. Außerdem gibt es Hors d’œuvres. Und obwohl Mr Fröhlich offenbar nichts davon will, nehme ich meine Kopfhörer ab und bin bereit, mich auf das Angebot zu stürzen.

»Oh, ja bitte«, sage ich.

Neben mir schnaubt Sonnenschein leise.

Ich ignoriere ihn. Ich liebe Essen. Ich. Liebe. Es. Und dieses Zeug sieht wirklich gut aus. Die Flugbegleiterin reicht mir ein Silbertablett mit einer Auswahl an Käse, gemischten Nüssen, winzigen Melonenbällchen, die mit Prosciutto umwickelt sind, und Kompott aus gerösteten Tomaten auf Toast. Fantastisch.

»Ihnen entgeht was«, sage ich zu ihm, als wir wieder allein sind. »Dieses Zeug ist ziemlich gut.« Ich schiebe mir ein Melonenbällchen in den Mund und unterdrücke ein Stöhnen. Jetzt ist es offiziell: Ich hasse die erste Klasse. Sie hat mich für alle zukünftigen Flugreisen verdorben. Diese armen Trottel in der Holzklasse.

»Später wird es Ihnen leidtun«, sagt er, ohne von seiner Arbeit aufzuschauen. »Wenn Ihr Magen voll ist und diese Blechröhre anfängt, aufgrund der unvermeidlichen Turbulenzen auf- und abzuschlingern.« Es gelingt ihm kaum, ein Schaudern zu unterdrücken.

»Und es passiert immer während des Abendessens.« Ich nehme einen Bissen von dem cremigen weißen Käse. »Ist Ihnen das schon mal aufgefallen?«

»Nicht unbedingt.«

»Vielleicht planen sie die Turbulenzen extra so, dass sie mit dem Servieren des Essens zusammenfallen.« Ich runzle die Stirn. »Das würde mich nicht überraschen.«

Er gibt ein unverbindliches Geräusch von sich.

Dieser Kerl ist echt eine Spaßkanone.

»Es würde Sie nicht umbringen, sich mal zu entspannen, wissen Sie?«

Mit einem Seufzen klappt er seinen Laptop zu und räumt ihn weg. »Warum denken Sie, dass ich mich nie entspanne?« Er fixiert mich mit seinen umwerfenden blauen Augen. Herrgott, es ist wirklich schwer, ihn direkt anzusehen. Mir stockt sofort der Atem, und meine Oberschenkel verkrampfen. Eine normale Reaktion auf Attraktivität. Das ist alles.

Trotzdem ist es ätzend, dass meine Stimme plötzlich ganz belegt klingt, als ich antworte. »Ich vermute, diese angespannten Falten zwischen Ihren Augenbrauen kommen nicht vom Lachen.«

Besagte Falten vertiefen sich, als er mich böse anstarrt.

Ich muss lächeln. »Keine Sorge, trotz Ihres griesgrämigen Verhaltens sehen Sie tatsächlich ziemlich jung aus.«

Er schüttelt einmal kurz den Kopf, als würde er versuchen, ihn frei zu bekommen. »War in diesem Wortschwall irgendwo ein Kompliment versteckt?«

»Jemand, der so heiß ist wie Sie, braucht keine Komplimente mehr. Wie alt sind Sie überhaupt?« Ich übertreibe ein wenig, aber ihn zu necken, macht so viel Spaß, dass ich einfach nicht anders kann.

»Das ist eine recht persönliche Frage. Ich habe Sie schließlich auch nicht nach Ihrem Alter …«

»Ich bin fünfundzwanzig«, informiere ich ihn fröhlich.

Seine Lippen zucken, und ich weiß, dass er versucht, seine kühle Fassade aufrechtzuerhalten. Aber die Kapitulation in seinen Augen ist warm. »Ich bin neunundzwanzig.«

»Sie sind neunundzwanzig, verhalten sich aber, als wären Sie neunzig.«

»Sie versuchen ganz bewusst, mich zu provozieren, oder?«

»Vielleicht sollten Sie einfach meine ursprüngliche Frage beantworten. Entspannen Sie sich jemals, Sonnenschein?«

»Was muss ich tun, damit Sie aufhören, mich so zu nennen?«

Seine Stimme ist so köstlich – heiser und doch klar, tief und doch leicht. Ich will ein Telefonbuch auftreiben und ihn bitten, daraus vorzulesen. Ich schiebe den Gedanken beiseite. »Sie werden mir Ihren Namen verraten müssen. Und mir fällt auf, dass Sie die Frage immer noch nicht beantwortet haben.«

Sein Stirnrunzeln wird tiefer. Es ist irgendwie süß. Auch wenn er mich vermutlich anschnauzen würde, wenn ich ihm das sagen würde. Das Stirnrunzeln weicht einem viel zu offensichtlichen Zögern, als würde er einen inneren Kampf austragen.

»Hören Sie, …« Ich zucke mit den Schultern und esse ein weiteres Melonenbällchen. »Wenn Sie ihn mir nicht verraten wollen, ist das in Ordnung. Eine Menge Leute sind auf seltsame Weise paranoid.«

»Ich bin nicht paranoid.«

Trottel.

»Klar. Ich verstehe schon. Ich könnte eine internationale Hackerin mit angesehenen Fähigkeiten sein, die nur darauf wartet, Ihre privaten Geschäfte anzuzapfen. Ich brauche nur einen Namen und schon kann es losgehen.«

»Ich hätte eher vermutet, dass Sie vor irgendetwas auf der Flucht sind«, sagt er, bevor er sein Glas leert und es dann finster anstarrt.

»Rufen Sie einfach die Flugbegleiterin her und lassen Sie sich einen Cocktail bringen«, schlage ich vor.

Stattdessen greift er nach einer der Gratiswasserflaschen, die wir in unseren kleinen persönlichen Bars haben. Er öffnet sie mit einer entschiedenen Drehung des Handgelenks und kippt das Wasser hinunter, als käme er gerade aus der Wüste gekrochen. Ich schaue absolut nicht hin. Nicht viel. Diese Kehle. Wie kann eine Kehle so sexy sein? Er nimmt sicher Tabletten oder so was.

Ich stopfe mir einen Toast mit Tomatenkompott in den Mund und kaue kräftig.

»Gabriel.«

Seine plötzliche Antwort sorgt dafür, dass ich ihn wieder anschaue. Er starrt stur geradeaus, als hätte er nicht gesprochen, aber als ich ihn ansehe, dreht er sich zu mir herum. »Mein Name. Er lautet Gabriel Scott.«

Ich bin noch nie im Leben jemandem begegnet, dem es so unangenehm war, mir seinen Namen zu nennen. Vielleicht ist er ein Spion. Ich meine das nur halb scherzhaft.

»Gabriel«, wiederhole ich und bemerke, wie er beinahe erschaudert, als ich den Namen sage. Ich weiß nicht, ob es ihm unangenehm ist oder ob es einen anderen Grund dafür gibt, aber ich habe das Gefühl, als hätte ich gerade ein dunkles Geheimnis erfahren.

Offenbar steigt mir der Champagner langsam zu Kopf. Ich schiebe das Glas weg und greife nach meiner eigenen Wasserflasche.

»Ich bin Sophie«, sage ich, kann ihm jedoch aus irgendeinem Grund nicht direkt in die Augen schauen. »Sophie Darling.«

Er blinzelt und bewegt seinen festen, starken Körper ein winziges Stück näher an mich heran, bevor er innehält, als wäre ihm sein Verhalten plötzlich bewusst geworden. »Darling?«

Ich habe schon längst den Überblick darüber verloren, wie viele Männer versucht haben, meinen Namen wie eine Anmache klingen zu lassen. Er tut es nicht. Tatsächlich hört er sich regelrecht skeptisch an, aber irgendwie klingt es trotzdem wie ein Kosewort. Nein, kein Kosewort. Die Art, wie er meinen Namen sagt, ist nicht süß. Er lässt ihn verboten klingen, als würde mein eigener Name meine Haut mit schweren Händen liebkosen.

Verdammter Mist. Ich kann mich nicht in diesen Kerl vergucken. Er ist ein Idiot. Ein heißer Idiot, aber trotzdem. Selbst wenn ich darüber hinwegsehen könnte, wird er aus meinem Leben verschwinden, sobald wir landen. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass er förmlich wegrennen wird. Natürlich auf würdevolle Weise.

»Das bin ich«, bestätige ich mit falscher Leichtigkeit. »Sophie Darling.«

Ein weiterer Laut grollt in seiner Kehle. Dieses Mal klingt es wie: »Gott steh mir bei.«

Allerdings wäre es möglich, dass ich das falsch interpretiere.

»Nun, Ms Darling«, sagt er und benutzt wieder diese klare, ernste Stimme, die er vermutlich auch anwendet, um widerspenstigen Untergebenen die Hölle heißzumachen. »Um Ihre vorangegangene Frage zu beantworten: Sie haben recht. Ich entspanne mich im Allgemeinen nicht.«

»Wow, Sie haben einfach so zugegeben, dass Sie ein Langweiler sind.«

»Dieser Begriff ergibt in diesem Zusammenhang überhaupt keinen Sinn. Wer denkt sich diese albernen Beleidigungen aus?« Er stiehlt einen Tomatentoast von meinem Teller. »Ich denke, das können Sie besser.«

Ich sehe zu, wie er sich den Toast in den Mund steckt und kaut. Um seine Augenwinkel herum bilden sich Fältchen. Es ist so subtil, dass es die meisten Leute wahrscheinlich gar nicht bemerken würden. Für mich fühlt es sich gerade wie ein breites, selbstzufriedenes Grinsen an.

»Sie wollen, dass ich Sie beleidige?«, bringe ich hervor.

»Seien Sie wenigstens ein klein wenig kreativer, wenn Sie es tun.« Er holt seinen Laptop wieder aus der Tasche und beachtet mich nicht mehr. »Geben Sie mir etwas, das ich nicht schon gehört habe.«

Etwas an diesem Kerl aktiviert mein Echsenhirn auf die schlimmstmögliche Weise. Denn plötzlich lehne ich mich vor und murmle in sein Ohr. »Ich denke, Sie sind die Inkarnation von Rough Roger. Und eines Tages wird es Ihre Hand einfach nicht mehr bringen.«

Er hebt ruckartig den Kopf, als hätte ich ihn in den Hintern gekniffen. Ich höre, wie er kurz nach Luft schnappt, und weigere mich, Erregung zu verspüren. Selbst wenn sein berauschender Duft um mich herumweht. Die lederne Armlehne knarrt unter meinem Ellbogen, als ich mich zurückziehe.

Er starrt mich von der Seite aus an. »Rough Roger?«

»Sie haben hier doch Internet. Schlagen Sie es nach, Sonnenschein.«

Nun bin ich damit an der Reihe, selbstzufrieden zu grinsen und meine Nase in meiner Zeitschrift zu vergraben.

Das Dröhnen der Motoren füllt die Stille zwischen uns aus, und ich höre das deutliche Klicken seiner Tastatur, gefolgt von einem erstickten Laut in seiner Kehle.

Mein Grinsen wird noch breiter. Ich weiß, dass er gerade die Definition eines Kerls gelesen hat, der sich so oft und so verzweifelt einen runterholt, dass er sein bestes Stück wund gerieben hat. Leider ist dieses Bild sexuell gesehen viel zu verstörend, um sich damit wohlzufühlen.

Neben mir vernehme ich seine leise, angespannte und leicht heisere Stimme. »Gut gespielt, Ms Darling.«

Vor der Schlafenszeit ermuntert man uns höflich dazu, die Lounge der ersten Klasse zu besuchen – ja, in diesem Flugzeug gibt es eine gottverdammte Lounge. Ich meine, ich wusste von Flugzeugbars … so wie man von Einhörnern und Schlümpfen weiß. Aber es am eigenen Leib zu erfahren ist ziemlich abgefahren.

Ich erklimme die Wendeltreppe in den oberen Bereich der Maschine, um mich mit meinen Mitpassagieren an eine Bartheke zu setzen und verwässerte Cocktails zu trinken. Selbst Sonnenschein kommt mit, auch wenn er sich am Rand aufhält und nur ein Glas Eiswasser bestellt.

»Sie bereiten die Kabine vor«, erklärt mir ein älterer Mann in einem leicht knittrigen Anzug, während wir an unseren Drinks nippen.

»Wofür?« Ich werfe mir eine kandierte Pekannuss in den Mund und nehme einen weiteren Schluck von meinem Cosmopolitan. Wenn man schon mal in zehntausend Metern Höhe in einer Barlounge herumsitzt, kann man ebenso gut das volle Sex and the City-Programm durchziehen.

Er lehnt sich näher heran, und sein Blick gleitet für eine kurze Sekunde zu dem Bereich unterhalb meines Halses. »Die Betten.«

»Oh, richtig.« Ich werde munter. »Das werde ich genießen.«

»Der Komfort und die Privatsphäre sind unschlagbar«, sagt er mit einem Nicken, bevor er sogar noch näher heranrückt. »Wissen Sie, ich habe eine Einzelkabine. Aber sie ist groß genug für zwei.«

Für eine Sekunde starre ich ihn einfach nur an. »Machen Sie mir ernsthaft in einer Flugzeugbar ein sexuelles Angebot?«

Er zuckt mit den Schultern. »Ich habe mitbekommen, wie Ihr Sitznachbar einen Aufstand veranstaltet hat. Klingt, als wäre er ein echter Idiot. Ich dachte, Sie würden vielleicht angenehmere Gesellschaft vorziehen.«

Ich will mich gerade dafür entschuldigen, dass ich voreilige Schlüsse gezogen habe, als er eine Augenbraue hochzieht und anzüglich grinst. »Aber wenn Sie es lieber als sexuelles Angebot ansehen würden, werde ich nicht widersprechen.«

»Ich bevorzuge meinen ursprünglichen Sitznachbarn«, erwidere ich trocken.

Er schnaubt. »Wie schockierend.«

Ich will ihn gerade fragen, was zum Teufel das soll, als sich eine muskulöse Schulter zwischen uns schiebt. Ich kenne diesen Arm, diesen Geruch. Es ist der teure Duft eines überheblichen Manns. Gabriel starrt auf den Kerl hinunter. Die Menge an Verachtung und Ablehnung, die er in einen Blick packen kann, ist beeindruckend.

»Eigentlich«, sagt er, »bin ich eher ein Arschloch als ein Idiot.« Er lässt ein gepresstes Lächeln aufblitzen, das mehr von einem Zähnefletschen hat, doch sein gelangweilter Tonfall verändert sich nicht. »Was bedeutet, dass ich ein ziemlicher Experte im Umgang mit lästigen kleinen Scheißern bin.«

Ich verschlucke mich fast an meinem Drink.

Mr Anzug versucht, Gabriels Blick standzuhalten, versagt dabei aber. Er schleicht davon und murmelt noch: »Arschloch.«

»Ich dachte, das hätten wir bereits geklärt«, sagt Gabriel zu mir.

»Sie sind so stolz darauf, ein Arschloch zu sein.« Ich verpasse ihm einen Knuff gegen die Schulter. »Und doch sind Sie jetzt hier und retten mich vor Lüstlingen.«

»Wohl kaum«, murmelt er in sein Glas. »Ich habe meine eigene Ehre verteidigt. Und es war zudem noch recht langweilig. Ich hatte gedacht, er würde sich stärker zur Wehr setzen.«

»Warum?«, fühle ich mich genötigt zu fragen, obwohl ich eigentlich bloß überrascht bin, dass er mit mir redet, denn das hier ist unsere einzige Gelegenheit, uns in neutrale Ecken zurückzuziehen.

Er trinkt einen Schluck Wasser, bevor er antwortet. »Er ist der Geschäftsführer eines der fünfhundert umsatzstärksten Unternehmen der Welt und hat den Ruf, ein erbarmungsloser Bluthund zu sein.« Er verzieht die Lippen zu einem spöttischen Grinsen. »Er erinnert eher an ein Wiesel, wenn Sie mich fragen.«

Ich starre ihn an. »Woher wissen Sie das?«

Endlich sieht er mich an, und einmal mehr trifft mich der Blick aus diesen strahlend blauen Augen. »Ich habe gerade einen Artikel über ihn im Forbes Magazine gelesen.«

Ich stoße ein kleines hilfloses Lachen aus. Ich bin also nicht mehr in Kansas. »Tja«, sage ich, »vielleicht finden Sie später noch jemanden, mit dem Sie sich richtig duellieren können.«

Nun verschluckt er sich beinahe an seinem Getränk, doch er erholt sich schnell. Mit präzisen Bewegungen stellt er sein Glas ab und zupft seine Manschetten zurecht. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich mit Ihnen gerade alle Hände voll zu tun habe.«

»Oh, ein Kompliment.«

Er schaut auf mich herunter und blinzelt langsam, wobei seine dunklen Wimpern beinahe seine Wangen berühren. Dann schockiert er mich so sehr, dass ich erstarre, denn er lehnt sich so dicht an mich heran, dass seine Lippen die Wölbung meiner Ohrmuschel streifen. »Ja, Plappermäulchen, das war eins.«

Als er sich zurückzieht, ist mir vom tiefen Grollen seiner Stimme immer noch ganz schwindelig – dieses Grollen kriecht kitzelnd an meiner Wirbelsäule hinunter und breitet sich zwischen meinen Schenkeln aus. »Trinken Sie nicht zu viel, sonst bekommen Sie Kopfschmerzen«, rät er mir, bevor er davongeht, um nach unten zurückzukehren.

Ich hasse es, das zuzugeben, aber mit ihm verschwindet auch die ganze Aufregung, die mit dem Aufenthalt in dieser Bar verbunden war. Jetzt ist es nur noch eine neue Situation, die schal geworden ist. Ich schiebe meinen halb ausgetrunkenen Drink weg und springe vom Barhocker.

Unten hat man inzwischen die Sitze in den kleinen Kabinen in Betten umgewandelt. Ich unterdrücke ein freudiges Quietschen. Es ist ein richtiges Bett mit großen Kissen und einer strahlend weißen Bettdecke mit scharlachroten Rändern. Auf jedem Kissen liegt eine einzelne rote Rose. Ich schwöre, ich bin kurz davor, auf- und abzuhüpfen, doch dann erhasche ich einen Blick auf Mr Fröhlich, der an der Schwelle unserer Kabine steht. Er hat die Hände in die schmalen Hüften gestemmt und die Augenbrauen so weit zusammengezogen, dass sie sich fast berühren.

»Was ist los?«, frage ich ihn. »Sind die Laken nicht richtig unter die Matratzen geschoben?«

Er wirft mir einen Seitenblick zu und richtet seine Aufmerksamkeit dann wieder auf die Betten. »Ich hatte darum gebeten, dass mein Sitz nicht umgebaut wird. Und die Flugbegleiterin hat die Situation offensichtlich komplett falsch verstanden.«

Ich schaue hin und merke endlich, wovon er redet. Die Existenz eines Betts hat mich so glücklich gemacht, dass mir nicht aufgefallen ist, dass unsere beiden Sitze zu einem Doppelbett umgebaut worden sind. Es gibt sogar ein Tablett mit einem Eiskübel, in dem eine Champagnerflasche steht.

Ich muss lachen, bevor ich es zurückhalten kann. »Das Flitterwochenspezial?«

»Sie finden das witzig?« Er bläht vor Wut die Nasenflügel. Allerdings schaut er nicht mich an, sondern zerstört im Geiste einfach das Bett mit seinem Laserblick.

»Ehrliche Antwort? Ja, ich finde es witzig.« Ich ziehe meine Schuhe aus und krabbele über das Bett. Es ist so fest, dass es fast steif wirkt, und in der Mitte ist eine kleine Erhebung. Aber ich werde mich nicht beschweren. Ich setze mich im Schneidersitz auf meine Seite und schaue zu seiner alles überschattenden Gestalt auf – er ist immer noch nicht vollständig in die Kabine getreten. »Kommen Sie schon. Sie müssen zugeben, dass es schon ein bisschen witzig ist.«

»Ich werde gar nichts zugeben«, stößt er abgehackt hervor. Doch dann senkt er die Schultern, tritt in die Kabine und dreht sich herum, um die Schiebetür mit einem deutlichen Klicken zu schließen. »Und dann hat diese Frau auch noch mit mir geflirtet.«

Er klingt so angewidert, dass ich erneut lachen muss. »Ich kann Ihnen nicht folgen.«

Er setzt sich auf seine Seite des Betts und zieht seine Schuhe aus. Seine Miene ist immer noch finster. »Die Flugbegleiterin geht mittlerweile eindeutig davon aus, dass wir zusammen sind, und doch hat sie vor einem Augenblick noch versucht …« Er verstummt und errötet ganz leicht, was irgendwie süß ist, fast so, als wäre ihm das peinlich. Trotzdem muss ich nachhaken.

»Sie hat Sie im Gang angebaggert?« In mir steigt schneller und heißer Zorn auf – es ist keine Eifersucht. Es geht ums Prinzip.

Er schnaubt, schaut auf das Bett, rümpft angewidert die Nase und wendet ihm wieder den Rücken zu.

»Dieses kleine Flittchen«, sage ich und starre auf die Tür.

Daraufhin wirft er mir einen Blick über seine breite Schulter zu. Ein Schimmern schleicht sich in seine Augen. »Sind Sie eifersüchtig, Ms Darling?«

»Hey, Sie haben doch darauf hingewiesen, wie verkorkst das war!«

»Wie beleidigend es war«, korrigiert er mich. »Sie geht davon aus, dass ich ein Mann bin, der nichts gegen einen Seitensprung einzuwenden hat. Und dann denkt sie offensichtlich auch noch, ich wäre von so anrüchigem Charakter, dass ich es vor den Augen meiner aktuellen Geliebten tun würde.«

»Sind Sie sicher, dass Sie kein Herzog sind?«

Ich kann beinahe sehen, wie er die Augen verdreht, obwohl er in die andere Richtung schaut. »Ich werde sie herrufen.«

»Nein, das werden Sie nicht tun.« Ich richte mich auf die Knie auf.

Er dreht sich halb herum und hebt dabei einen seiner breiten Oberschenkel auf das Bett. In seiner Miene spiegelt sich Verwirrung. »Warum sollte ich das nicht tun?«

»Weil dieses Bett das bislang Coolste an diesem Flug ist und ich nicht will, dass es abgebaut wird.«

Einer seiner Mundwinkel zuckt leicht nach oben. »Die werden ein Einzelbett für Sie aufbauen.«

Ja, und diese hinterlistige Flugbegleiterin wird die ganze Zeit über in sich hineinschmunzeln. »Wenn Sie diese Frau bitten, das Bett abzubauen, geben Sie ihr damit nur die Gelegenheit für weitere Flirtversuche.«

Er zieht die Augen zusammen.

»Es sei denn natürlich, Sie wollen das«, sage ich leichthin. Nein. Ich bin kein bisschen eifersüchtig.

»Sie ist nicht mein Typ«, meint er mit einem Schnauben.

»Sie haben tatsächlich einen Typ?« Die Worte platzen aus mir heraus, bevor ich es verhindern kann.

»Ja«, sagt er gedehnt. »Ruhig, würdevoll und diskret.«

»Lügner.«

Nun dreht er sich vollständig herum, um mich anzusehen. »Wie bitte?«

Ich krieche unter die Decke. Sie hat genau das richtige Gewicht und den richtigen Weichheitsgrad. Schön. »Sie haben mich schon verstanden. Sie haben das gesagt, um mich in meine Schranken zu weisen. Aber ich beiße nicht.«

»Sie bilden sich Dinge ein«, brummt er, während er sich zurücklehnt und mit sichtlichem Widerwillen seine Beine aufs Bett legt. »Und Sie sind nervtötend.«

»Sie bekommen mich nur nicht in den Griff. Und das ärgert Sie.«

Ich hole die süße kleine Schlafmaske aus dem Set, das mir zur Verfügung gestellt wurde, und ziehe sie mit einem zufriedenen Seufzen auf. Ich werde ihn einfach für den Rest der Reise ignorieren. Kein Problem. Nun herrscht zwischen uns Stille, und das Dröhnen der Motoren ist wieder mit voller Kraft zu hören.

Seine raue Stimme beendet die Pattsituation. »Werden Sie etwas von diesem Champagner trinken?«

»Nein. Mir wurde auf nörgelnde Weise angeraten, nicht zu viel zu trinken, erinnern Sie sich?«

Ein leises Schnauben erklingt. Dann schwankt das Bett, als er sich näher heranlehnt und nach dem Tablett greift. Ein Klirren ertönt, das Bett schwankt erneut, und dann beruhigt sich alles wieder.

»Ich bin noch nie einer Person begegnet, die ich nicht in den Griff bekommen konnte«, kommt ein paar Sekunden später seine knappe Erwiderung.

Ich mache mir nicht die Mühe, die Maske abzunehmen, und strecke eine Hand in seine Richtung aus. »Sophie Elizabeth Darling.«

Zähne umfassen meine Handkante und zwicken mich. Ich bin so schockiert, dass ich aufschreie und ruckartig meine Hand zurückziehe. Ich rappele mich auf, reiße die Maske ab und stelle fest, dass er mich mit ausdrucksloser Miene anstarrt.

»Haben Sie mich gerade gebissen?« Die Worte kommen als empörtes Quieken über meine Lippen. Es hat nicht wehgetan. Er hat mich nur gezwickt, und das auch nur spielerisch. Aber trotzdem. Ernsthaft?

»Das klingt nach einer sehr unreifen Handlung«, sagt er und legt seinen Kopf auf sein Kissen.

»Das war eine rhetorische Frage«, schnauze ich. »Sie haben mich gebissen!«

Seine Lippen zucken, als würde er versuchen, nicht zu heftig zu lachen. »Dann sollten Sie Ihre Hand besser nicht vor mein Gesicht halten.«

Ich starre ihn ein paar Sekunden lang einfach nur entgeistert an. »Und Sie nennen mich irre.«

Seine blauen Augen treffen auf meine. »Würden Sie mal still sein? Ich versuche, ein wenig Schlaf zu bekommen.«

»Ich mag Sie nicht«, murmle ich und ziehe meine Maske wieder auf.

»Lügnerin«, sagt er im gleichen Tonfall, den ich vorhin benutzt habe. »Sie haben mir jetzt schon mehrfach mitgeteilt, dass Sie mich ausnehmend attraktiv finden.«

»Das bedeutet nicht, dass ich Sie mag. Außerdem ist Ihre Art von Attraktivität wie eine Waffe. Sie fangen damit Opfer ein, wie ein Vampir es tut. Ich wäre nicht überrascht, wenn Sie in der Sonne glitzern würden.«

»Ich kann nicht glauben, dass ich mit einer Frau diskutiere, die Anspielungen auf Twilight macht.«

»Die Tatsache, dass Sie wissen, dass ich Anspielungen auf Twilight mache, verrät mir, dass Sie insgeheim auf Edward stehen.«

Sein Schnauben ist laut und vernichtend. »Ich bin aus voller Überzeugung Team Jacob.«

Ich kann nicht anders. Ich öffne die Augen und hebe eine Seite der Schlafmaske an, um ihn böse anzustarren. »Das war’s. Wir können niemals Freunde sein.«

Er wirft mir einen verletzten Blick zu, der vollkommen gespielt ist. »Worte können schmerzen, Plappermäulchen.«

Ich murmle etwas über dämliche Briten, drehe ihm den Rücken zu und ignoriere sein schlecht verborgenes Kichern. Und ich verrate mich selbst, denn ich will mit ihm lachen. Ich befürchte nur, dass er seine emotionalen Mauern wieder hochziehen wird, sobald ich es tue, und dann werde ich mir lächerlich vorkommen.

Gabriel Scott mag nicht wissen, wie man mich in den Griff bekommt, aber ich bin definitiv genauso ahnungslos, was ihn betrifft.

Mit diesem Gedanken im Kopf konzentriere ich mich auf meine Atmung und das sanfte Summen des Flugzeugs um mich herum und schlafe bald ein.

3. Kapitel

Sophie

Ich glaube, das Signal für das Anlegen der Sicherheitsgurte weckt mich auf. Zuerst bin ich zu desorientiert, um herauszufinden, wo ich bin. Ich weiß nur, dass es um mich herum laut ist und vibriert. Und es ist zu dunkel. Dann erinnere ich mich an die Schlafmaske. Ich ziehe sie ab und blinzle ein paarmal, um wach zu werden.

Das Flugzeug schüttelt sich wie eine wütende Faust in der Luft, was für meinen Magen nicht gerade angenehm ist. Die Tatsache, dass ich liege, macht das Gefühl sogar noch seltsamer. Es ist fast so, als würde ich jeden Moment schwerelos werden.

Doch ich habe das Signal gehört, oder? Aber wo sind die Sicherheitsgurte? Ich taste herum und stoße gegen etwas Hartes. Ein Oberschenkel. Ich erinnere mich an Gabriel, den Mann mit der Flugangst. Ich werfe einen Blick in seine Richtung und weiß sofort, dass es schlimm ist. Er liegt steif wie ein Brett da, hat die Hände zu Fäusten geballt und eine so ausdruckslose Miene aufgesetzt, dass man denken könnte, er wäre tot. Nur dass er keucht und eine dünne Schweißschicht seine Haut bedeckt.

Dieses Mal kann ich es ihm nicht verdenken. Die Turbulenzen sind schrecklich. Das Flugzeug schwankt so heftig, dass ich Gefahr laufe, aus dem Bett zu fallen.

»Sonnenschein«, flüstere ich.

Er reagiert nicht auf mich. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sein Kiefer zusammengepresst ist.

Ich rutsche näher an ihn heran, berühre vorsichtig seine Schulter und stelle fest, dass sein Körper zittert. »Hey«, sage ich in beruhigendem Tonfall. »Ist schon gut.«

Die Kabine senkt sich ein paar Meter nach unten, um diese Aussage zu widerlegen, und er schließt die Augen und wendet den Kopf von mir ab. Er ist unfassbar blass geworden und sein Atem geht schnell. »Gehen. Sie. Weg.«

»Das kann ich nicht.« Ich rutsche näher. »Hören Sie, ich weiß, dass Sie nicht wollen, dass ich das mitbekomme. Aber ich bin hier. Lassen Sie mich Ihnen helfen.«

Er atmet durch zusammengebissene Zähne ein. »Mich mit Blowjobwitzen abzulenken wird jetzt nicht funktionieren.«

»Ich weiß.« Ich mache mir wirklich Sorgen um ihn. Er scheint kurz vor einer echten Panikattacke zu stehen. »Ich sage Ihnen, was wir machen werden.« Ich schlage die Decke zurück und krieche zu ihm.

Er schüttelt sein Entsetzen ab und reißt die Augen auf. »Was machen Sie da?«

»Kuscheln«, erkläre ich ihm.

Wenn überhaupt wird er nur noch alarmierter, und ich bin sicher, er würde zurückweichen, wenn er in der Lage wäre, sich zu bewegen. »Was? Nein.«

»Doch.« Ich lege mich neben ihn. Gott, er ist kalt. Ich setze mich auf. Er seufzt vor offensichtlicher Erleichterung, aber ich ziehe mir lediglich meinen Teil der Decke über die Beine, bevor ich mich wieder hinlege.

Er windet sich und unternimmt einen halbherzigen Versuch, mir zu entkommen. Doch er liegt bereits am Rand des Betts und kann nirgendwohin. »Das ist absolut nicht korrekt …«

»Ja. Aber wir tun es.« Unter normalen Umständen würde ich es nicht wagen, einer Person so etwas aufzuzwingen. Aber er konzentriert sich bereits auf mich statt auf die Turbulenzen, was ein Schritt in die richtige Richtung ist. Ich schmiege meine Wange an seinen Bizeps. Der Muskel ist steinhart und zittert.

Er räuspert sich. »Ich kann nicht …«

»Sie sind einen Atemzug davon entfernt, komplett auszuflippen. Akzeptieren Sie die Qual, die Körperkontakt für Sie darstellt.«

Seine Arme zucken, als würde er versuchen, sie nicht anzuheben, obwohl er es eigentlich will. Und dann gibt er den Kampf auf und hebt einen Arm, um Platz zu machen, damit ich näher heranrücken kann. Sieg. Ich lege meinen Kopf auf seine Schulter und presse meinen Körper an seine Seite.

Der Kontakt fühlt sich gut an. Zu gut. Denn, heilige Scheiße, ihn zu berühren – ihn wirklich zu berühren –, jagt einen Schauer aus warmer Lust durch mich. All die empfindlichen Nervenenden in meinem Körper scheinen sich aufzurichten und aufmerksam zu werden. Was in dieser Situation völlig falsch ist. Ich bin hier, um diesem armen Mann zu helfen, nicht um mich an ihm aufzugeilen.

Ich habe keine Ahnung, was er denkt. Für eine Sekunde hält er mich fest. Oder besser gesagt: Er klammert sich an mich wie an eine Rettungsleine. Sein Körper zittert heftig, aber er kämpft eindeutig dagegen an.

»Schhh«, murmle ich und streichle seine Brust. Es ist eine schöne Brust, breit und sehr muskulös unter diesen schicken Klamotten. Sein Herz pocht unter meiner Handfläche, und ich spüre, wie er tief einatmet. »Sehen Sie mich einfach als Ihre freundliche Kuschlerin aus der Nachbarschaft an.«

Er schweigt, bis ihm eine weitere Frage über die Lippen kommt. »Wollen Sie damit sagen, dass Sie das für jeden machen würden?«

Ich schmiege mich an ihn. »Nein. Die Tatsache, dass Sie unglaublich heiß sind, ist ein wichtiger Faktor. Ich kann Sie unter dem Deckmantel der Bürgerpflicht betatschen.«

»Oh, um Himmels willen.«

Ich muss lächeln. »Sparen Sie sich die Empörung. Ich weiß mit Sicherheit, dass sich die meisten Leute lieber an einen heißen Typen kuscheln würden. Falls es mich oberflächlich macht, das zuzugeben, dann ist das eben so.«

Er brummt, bewegt seine Hand aber zum oberen Ende meines Arms. Mit langen Fingern streicht er einmal darüber und erstarrt dann. »Sie sind wirklich erstaunlich.«

»Ich weiß. Und jetzt seien Sie still, ich muss Sie noch ein wenig ausgiebiger betatschen.« Ich fahre mit meiner Hand über seine festen Brustmuskeln und ein kleines Stück weiter nach unten. Ich liebe es, wie sich seine Bauchmuskeln zusammenziehen, als er den Atem anhält. Ich necke ihn, aber verdammt, er ist wirklich gut gebaut. Ich zwinge mich aufzuhören. Doch als ich es tue, verspannt er sich und fängt wieder an zu zittern. Mir wird klar, dass ihn mein Streicheln tatsächlich beruhigt.

Ich betrachte das als Erlaubnis. Ich lasse mich in seine Umarmung sinken, streichle seine Brust und summe leise. Er entspannt sich langsam und dreht seinen Körper zu meinem, sodass sich meine Brüste seitlich gegen seine Rippen pressen. Das Flugzeug hüpft und wackelt weiter, und ich muss darum kämpfen, ihn ruhig zu halten. Immer wenn ich ihn ein klein wenig besänftigt habe, macht eine dumme Turbulenz meinen Erfolg wieder zunichte.

»Ich denke, wir sollten unsere Kinder nach Zahlen benennen«, sage ich zu ihm.

Seine Muskeln ziehen sich unter meiner Wange zusammen und bewegen sich. Ich kann beinahe hören, wie er innerlich mit sich selbst diskutiert, was er darauf erwidern soll.

»Darf ich es wagen zu fragen, warum?«, bringt er schließlich hervor.

»Weil wir so viele haben werden, dass mir Zahlen einfacher erscheinen. Wir können es wie der König in Der Sternwanderer machen. Una, Secundus, Septimus …«

»Das erscheint mir übertrieben grausam. Überlegen Sie nur mal, womit sie sich dann in der Grundschule herumschlagen müssen.«

»Sie werden zu tough sein, um sich tyrannisieren zu lassen. Und wie ich sehe, werden Sie langsam mit der Idee warm.«

Ich grinse, als er schnaubt. Es ist kein »Nein«, sondern eher ein »Sie sind verrückt«. Damit kann ich arbeiten.

»Ich hasse das«, sagt er.

»Kuscheln?« Aber ich weiß, was er meint.

Sein Lachen ist trocken und kurz. »Schwäche.«

»Jeder hat vor irgendetwas Angst.«

»Wovor haben Sie Angst?«, gibt er zurück und klingt zweifelnd.

Davor, nie gut genug zu sein. Davor, benutzt und dann weggeworfen zu werden.