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"Die von ihm erlangten Resultate in Ethnographie, Botanik und Geographie reihen sich daher dem Bedeutendsten an, was je auf afrikanischem Boden erreicht worden ist." Friedrich Embacher über "Im Herzen von Afrika", 1882 Als am 19. März 1870 der junge Botaniker und Entdeckungsreisende Georg Schweinfurth an den Ufern des Uelle stand, war ein ganz wesentlicher Beitrag zur Erforschungsgeschichte des Schwarzen Kontinents geleistet. Eines der letzen Rätsel Afrikas stand vor seiner Lösung. Dieser Uelle floß nach Westen und nicht nach Norden, er konnte somit nicht mehr zum Stromsystem des Nils gehören. Als erster Europäer hatte Schweinfurth die Nil-Kongo-Wasserscheide überschritten. Doch nicht nur diese geografisch-hydrografische Entdeckung war die herausragende Leistung des wagemutigen Forschers. Es blieb ihm auch vorbehalten, als erster Weißer das Volk der Monbutto zu besuchen und Nachrichten darüber dem staunenden Europa zu übermitteln. Vor allem jedoch war es auch sein großes Verdienst, die Pygmäen zu entdecken, jenes kleinwüchsige und scheue Volk Zentralafrikas, welches seit der Antike durch die abendländische Sagenwelt geisterte. Schweinfurth gilt heute zu recht als einer der ganz Großen der deutschen Afrikaforschung - zusammen mit Heinrich Barth, Gustav Nachtigal und Gerhard Rohlfs. Schweinfurths Bericht über seine letzte große Reise wird als zeigenössisches Dokument seinen Wert niemals verlieren und ist als Quelle für den ethohistorisch interessierten Leser von unschätzbarer Bedeutung.
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Seitenzahl: 499
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Georg Schweinfurth(1836 - 1925) erwarb sich seine ebenso gründliche wieumfassende naturwissenschaftliche Bildung an den Universitäten in Heidelberg, München und Berlin. Schon als 20-Jähriger bereiste er Ägypten, den östlichen Sudan und die Küstenländer des Roten Meeres (1863 - 1866).
Bald darauf folgte seine größte und erfolgreichste Expedition in die Äquatorialgegenden (1868 - 1871). 1876 gründete er die Geografische Gesellschaft in Kairo und lebte viele Jahre in Ägypten. Seit 1889 lebte der Nestor der deutschen Afrika-Forschung in Berlin, wo er 1925 verstarb.
Schweinfurths Bericht über seine letzte große Reise wird als zeitgenössisches Dokument seinen Wert niemals verlieren und ist als Quelle für den ethno-historisch interessierten Leser von unschätzbarer Bedeutung. Schweinfurth gilt heute zu Recht als einer der ganz Großen der deutschen Afrikaforschung-zusammen mit Heinrich Barth, Gustav Nachtigal und Gerhard Rohlfs.
Dr. Herbert Gussenbauer (1940 - 2009), war freischaffender Ethnologe und Afrikanist in Wien. Studien- und Forschungsreisen führten ihn all-jährlich durch den afrikanischen Kontinent. Er war Mitarbeiter des Österreichischen Rundfunks und beschäftigte sich jahrzehntelang mit ethno-historischen Themenkreisen. In der Edition Erdmann hat er die Aufzeichnungen von Gerhard Rohlfs, „Quer durch Afrika“, herausgegeben.
Zum Buch
Als am 19. März 1870 der junge Botaniker und Entdeckungsreisende Georg Schweinfurth an den Ufern des Uelle stand, war ein ganz wesentlicher Beitrag zur Erforschungsgeschichte des Schwarzen Kontinents geleistet. Eines der letzen Rätsel Afrikas stand vor seiner Lösung. Dieser Uelle floß nach Westen und nicht nach Norden, er konnte somit nicht mehr zum Stromsystem des Nils gehören. Als erster Europäer hatte Schweinfurth die Nil-Kongo-Wasserscheide überschritten.
Doch nicht nur diese geografisch-hydrografische Entdeckung war die herausragende Leistung des wagemutigen Forschers. Es blieb ihm auch vorbehalten, als erster Weißer das Volk der Monbutto zu besuchen und Nachrichten darüber dem staunenden Europa zu übermitteln. Vor allem jedoch war es auch sein großes Verdienst, die Pygmäen zu entdecken, jenes kleinwüchsige und scheue Volk Zentralafrikas, welches seit der Antike durch die abendländische Sagenwelt geisterte.
ALTE ABENTEUERLICHE REISEBERICHTE
Georg Schweinfurth
GEORG SCHWEINFURTH
REISEN UND ENTDECKUNGENIN ZENTRALAFRIKA
1868 – 1871
Herausgegeben von Herbert Gussenbauer
Mit 49 Illustrationen und 3 Karten
Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet überhttps://dnb.d-nb.de abrufbar.
Es ist nicht gestattet, Abbildungen und Texte dieses Buches zu scannen, in PCs oder auf CDs zu speichern oder mit Computern zu verändern oder einzeln oder zusammen mit anderen Bildvorlagen zu manipulieren, es sei denn mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.
Alle Rechte vorbehalten
Copyright © by marixverlag GmbH, Wiesbaden 2013Der Text basiert auf der Ausgabe Edition Erdmann, Wiesbaden 2011Lektorat: Dietmar Urmes, BottropCovergestaltung: Nicole Ehlers, marixverlag GmbH nach der Gestaltung von Nele Schütz Design, MünchenBildnachweis: akg-images GmbH, BerlineBook-Bearbeitung: Bookwire GmbH, Frankfurt am Main
ISBN: 978-3-8438-0292-5
www.marixverlag.de
Zum Geleit
Einführung des Herausgebers
Im Herzen von Afrika
Erstes Kapitel
Zweites Kapitel
Drittes Kapitel
Viertes Kapitel
Fünftes Kapitel
Sechstes Kapitel
Siebtes Kapitel
Achtes Kapitel
Neuntes Kapitel
Zehntes Kapitel
Elftes Kapitel
Zwölftes Kapitel
Dreizehntes Kapitel
Vierzehntes Kapitel
Fünfzehntes Kapitel
Anhang
Worterklärungen
Quellen und Literatur
»DUCUNT VOLENTEM FATA,NOLENTEM TRAHUNT.«
»Den Willigen führt das Geschick, den Störrischen schleift es nach«, ist ein Wort des Stoikers Kleanthes (304–233 v. Chr.), das der Uroheim Georg Schweinfurth mir in ein Buch schrieb, das von seiner großen Reise in das Innere von Afrika berichtet. Er hat selbst im Leben gezeigt, wie sinnlos es ist, sich gegen Schicksalsschläge aufzulehnen, dagegen weit besser, sie mit Gleichmut zu ertragen.
Schweinfurth war – vielleicht im Gegensatz zu manchem anderen »Entdeckungsreisenden« – in erster Linie ein Wissenschaftler, und zwar ein Forscher der beschreibenden Naturwissenschaften. Zunächst Botaniker und auch Zoologe, interessierten ihn in zunehmendem Maße Probleme der Geographie, der Geologie und Paläontologie, der Ethnologie und Archäologie, vor allem der Ägyptologie. In der Ur- und Frühgeschichte wies er menschliche Werkzeuge der Altsteinzeit in Ägypten nach, und als ich vor fünfzehn Jahren in Kairo war, sah ich im Museum für Paläontologie einen Glasschrank mit Artefakten, die immer noch mit der markanten Schrift von Schweinfurth etikettiert waren.
Die Geschichte des alten Ägypten interessierte ihn ganz besonders. Er meinte, dass das Klima in Europa nur zu ertragen sei, wenn man den Winter in Ägypten verbringe. Oft machte er im Frühjahr auf der Reise von Kairo nach Berlin in Freiburg Station. Wir Kinder, mein Bruder und ich, wurden dann wohl nach den Dynastien des alten Ägypten gefragt, und wenn wir ausreichend Bescheid wussten – wir hatten uns natürlich vorbereitet –, nahm uns der berühmte Onkel mit dem Pferdewagen auf den Schlossberg mit.
Er vertrat die Ansicht, dass die Beschreibung und Darstellung in Wort und Bild das Bleibende seien, die Ausdeutung aber sei dem Wandel der Zeiten und ihren Anschauungen unterworfen. Er war ein Meister der bildlichen Wiedergabe von Landschaften, Menschen, Tieren und Pflanzen. Vor mir liegt das Bild eines Fennek, eines Wüstenfuchses, das er 1874 in der Oase Chargeh in Farbe gezeichnet hat, eine überaus lebendige Darstellung, mit großer Akribie unter der Lupe ausgeführt, wobei man jedes Barthaar erkennen kann, aber auch der lebhafte, blitzende Blick des Tieres ist meisterhaft wiedergegeben.
Zum Schreiben verwendete er nach Möglichkeit ein besonders dauerhaftes Papier, worauf er mit einem selbst zugespitzten Gänsekiel, oft auf dem Oberschenkel, in lapidarer Schrift schrieb, sodass bei keinem Wort ein Zweifel möglich war. Stets griffen seine Briefe wissenschaftliche Probleme auf, die ihn gerade besonders beschäftigten. Mit zahlreichen Forschern stand er in einem fortwährenden Gedankenaustausch; um nur einige wenige zu nennen: in der Geologie mit den Professoren Johannes Walter und Blankenborn, in der Paläontologie mit Professor Zittel, mit vielen Forschungsreisenden wie seinem Neffen Gerhard Rohlfs, mit Sven Hedin, Nachtigal, Junker, Lüderitz, Wissmann, Peters, Frobenius und Ascherson.
»Es gibt zwei Dinge, welche die reine Forschungsarbeit lähmen können«, meinte Schweinfurth, »das ist einmal die Übernahme einer Professur an einer Universität« – und so lehnte er folgerichtig das ihm angetragene Ordinariat für Geographie an der Universität Leipzig ab –, »zum anderen sich zu verheiraten« – und schmunzelnd erzählte er, dass ihn mitunter in Kairo Damen mit Heiratsabsichten aufsuchten. Diesen trug er oft über Stunden irgendwelche komplizierten wissenschaftlichen Probleme vor, bis die Besucherinnen erschreckt flohen.
Schweinfurth hatte es sich zur Regel gemacht, nie etwas Unfreundliches oder Schlechtes über einen anderen zu äußern. Bei allen Diskussionen war er stets von der Sache erfüllt und trat bescheiden hinter diese zurück. Ehrungen wich er nach Möglichkeit aus.
Diese Besonderheiten ersparten ihm manchen kritisch-unfreundlichen, vielleicht neidischen Angriff. Als Privatgelehrter hatte er es nicht nötig, einen Konkurrenten auszustechen, und konnte sich so ganz seinen Forschungen widmen.
Das schöne Vorhaben der Edition Erdmann, das Hauptwerk von Georg Schweinfurth »Im Herzen von Afrika« in einer durch Dr. Herbert Gussenbauer gekürzten Bearbeitung zu publizieren, lässt nach mehr als hundert Jahren das für die Afrikaforschung so wichtige Buch wieder neu aufleben. Ihm gelten alle meine guten Wünsche.
Dr. Ekke W. Guenther Professor für Geologie und Paläontologie
Als »a Herr of some sort« wurde Georg Schweinfurth herabsetzend von Henry Morton Stanley, der kurz zuvor den vermissten Livingstone gefunden hatte, anlässlich einer Tagung der »British Association« in Brighton tituliert. Der Anlass: Der große Livingstone hatte den Lualaba weit im Süden des afrikanischen Kontinents entdeckt und hielt diesen für den Quellfluss des Nils. Es musste der Nil sein, jeder andere Fluss wäre des berühmten Forschers nicht würdig gewesen. Und da kam ein mehr oder weniger unbekannter deutscher Forschungsreisender und Naturwissenschaftler daher, welcher im Süden des Bahr-el-Ghasal-Gebietes einen Fluss namens Uelle entdeckt zu haben behauptete, einen Fluss, welcher nach Westen fließt und somit nicht mehr zum Stromsystem des Nils gehören kann. Diese Tatsache – wenn sie wahr wäre – würde Livingstones Entdeckung entwerten und seine Meinung zum Irrtum werden lassen.
Vom Lauf des Kongo hatte man zu dieser Zeit noch keine Ahnung, und auch Schweinfurth selbst hielt das von ihm entdeckte Gewässer für einen Zufluss des Schari, welcher sich letztlich in den Tschadsee ergießt. Stanley jedenfalls teilte Livingstones Ansicht und verteidigte sie vehement gegen alle widersprechenden Argumente. Es kann nicht sein, was nicht sein darf.
Stanley selbst war es in Zukunft vorbehalten, das Stromsystem des Kongo zu erforschen und das letzte Licht auf die hydrographischen Verhältnisse Zentralafrikas zu werfen. Und er war fair genug, Schweinfurth die gebührende Genugtuung zukommen zu lassen. Anlässlich eines Galadiners in Kairo lud er den deutschen Forscher persönlich ein, wies ihm den Platz zu seiner Rechten an und feierte ihn in einer Lobrede.
Es war die Zeit, in der sich das Kartenbild Afrikas allmählich zu füllen und abzurunden begann, die Zeit der letzten wirklich großen Entdeckungen, welche sich ja bekanntlich an vorwiegend hydrographischen Fragestellungen orientierten, der Suche nach den Wasserscheiden und Quellen der großen Ströme. Dank weniger herausragender Persönlichkeiten war der Schwarze Kontinent keine terra incognita mehr. Die Epoche der einsamen und wagemutigen Forscher ging zu Ende, die Eroberer und Kolonisatoren sollten ihnen folgen, mit Landkarten in den Händen, welche von dieser Handvoll großer Pioniere gezeichnet worden waren, deren einer Schweinfurth war.
Georg Schweinfurth wurde am 29. Dezember 1836 in Riga, einer zur damaligen Zeit durchaus deutschen Stadt im russischen Livland, geboren. Sein Vater war zu Beginn des Jahrhunderts aus der Gegend von Heidelberg dorthin ausgewandert, um der Rekrutierung durch das französische Militär zu entgehen, und brachte es mit einem Weinhandelsunternehmen zu einem nicht unbeträchtlichen Reichtum. Dieser Umstand sollte für Georg Schweinfurths Leben und Schaffen von wesentlicher Bedeutung sein, indem er dadurch in den Stand gesetzt wurde – auch und vor allem nachdem das Vermögen später in eine Familienstiftung umgewandelt wurde –, unbelastet von finanziellen Sorgen seinen wissenschaftlichen Neigungen nachzugehen.
Die Kindheit und frühe Jugend verbrachte er in verschiedenen privaten Lehr- und Erziehungsanstalten, und bereits hier war es, wo der Grundstein zu seinem späteren Lebensweg gelegt wurde. Ein in Südafrika geborener Lehrer erweckte durch seine Erzählungen schon in dem Knaben das Interesse für den »Schwarzen Kontinent«, welches durch Lesen von Reisebeschreibungen weiter entwickelt wurde. Bereits im Schulalter begann Schweinfurth, sich durch ausgedehnte und strapaziöse Fußmärsche durch seine baltische Heimat auf sein künftiges Forscherleben vorzubereiten. Bis zu fünfundsiebzig Kilometer betrug die tägliche Wegstrecke bei diesen Ausflügen, dabei nahm er nur wenig und einseitige Nahrung zu sich, um sich an die zu erwartenden Entbehrungen zu gewöhnen. Eine andere Tätigkeit als die eines reisenden Naturforschers in Afrika scheint von ihm nie in Erwägung gezogen worden zu sein, und dieses Ziel verfolgte er mit beispiellosem Fanatismus und unermüdlicher Energie.
Sein Interesse für die Botanik dürfte durch die Ehe seiner älteren Schwester mit dem Besitzer einer Großgärtnerei, der größten ihrer Art in Russland, geweckt worden sein. Tagelang begleitete Schweinfurth seinen Schwager auf dessen Rundgängen; und schon der dreizehnjährige Knabe begann mit dem Sammeln von Pflanzen und dem Anlegen von Herbarien, einer Tätigkeit, von der er sein ganzes Leben lang nicht mehr ablassen sollte. Anlässlich einer Schulexkursion vermochte er als einziger botanische Beispiele sämtlicher Klassen des Linné’schen Pflanzensystems vorzulegen. Die letzten Schuljahre verbrachte er im öffentlichen Gymnasium von Riga, wo er auch das Abitur ablegte.
Seine erste Auslandsreise führte ihn 1857 mit den Eltern nach Österreich, wo er die Gebirgsflora der Hohen Tauern studierte und als achter Bergsteiger den Gipfel des Großglockners bestieg. Ein Aufsatz über diese Bergtour sollte seine erste veröffentlichte Arbeit werden.
Anschließend zog Georg Schweinfurth zum Studium der Botanik und Paläontologie – neben Zoologie, Mineralogie und Chemie – nach Heidelberg, in die Heimat seines Vaters. Eine botanische Reise nach Sardinien verschaffte ihm in Wissenschaftlerkreisen erste Beachtung. 1859 setzte er seine Studien in München und Berlin fort, um schließlich 1862 mit einer Doktorarbeit über die Pflanzen des Niltals wieder nach Heidelberg zurückzukehren und dort summa cum laude zu promovieren.
Nun war der Weg frei für seine Forschertätigkeit in Afrika. Von seiner inzwischen verwitweten Mutter ließ er sich zehntausend Rubel auf sein Erbteil auszahlen und begann mit den Vorbereitungen zu seiner ersten Reise. Bedeutungsvoll wurde hierbei die Begegnung mit dem berühmten Afrikaforscher Heinrich Barth, der zu diesem Zeitpunkt den Vorsitz der Geographischen Gesellschaft innehatte, Georg Schweinfurth dort aufnehmen ließ und ihm auch wertvolle Ratschläge und Unterstützungen für die geplante Reise geben konnte.
Im Dezember 1863 betrat er in Ägypten zum ersten Mal afrikanischen Boden und begann mit der Erkundung der weitgehend unbekannten Gebiete zwischen Nil und Rotem Meer. Über zweieinhalbtausend Pflanzen wurden gesammelt, darunter viele bislang unbekannte Arten. Er konnte die Landkarten der bereisten Landstriche um viele topographische Angaben und Berichtigungen ergänzen, unter anderem entdeckte er auch Maman, die alte Gräberstadt der Bischarin oder Beja, über welches Volk er auch einige wertvolle Berichte verfasste. Bis Khartum (Chartum) und ins nördliche Abessinien führten die Wege des jungen Forschers, mit Barken auf dem Nil und im Roten Meer, auf Kamelrücken im Landesinneren.
Im Gegensatz zu seiner zweiten, der »großen« Reise, war der Gesundheitszustand Schweinfurths nicht immer der beste. Vor allem die Malaria machte ihm sehr zu schaffen. 1866 kehrte er nach zweieinhalb Jahren wieder in die Heimat zurück.
In Berlin nahm Schweinfurth mit unermüdlichem Eifer sofort sein nächstes Ziel in Angriff, eine Reise zur botanischen Erkundung der südlichen Nilländer, insbesondere des Gebietes des Bahr-el-Ghasal. Daneben sollten allerdings auch völkerkundliche und geographische Erkundungen wahrgenommen werden, und es war sein Plan, möglichst weit in das unbekannte, noch von keinem Europäer betretene »Herz von Afrika« vorzustoßen.
Sein früherer Protektor Heinrich Barth war 1865 im Alter von nur vierundvierzig Jahren gestorben. Dass es Schweinfurth gelang, andere Fürsprecher für seine Intentionen und damit das nötige Kapital zu finden, schreibt er am Beginn des folgenden Reiseberichts. Die neugegründete Humboldt-Stiftung übernahm den größten Teil der Finanzierung des Projekts. Fehlendes Geld wurde wieder von der Mutter zugeschossen, und so befand sich Schweinfurth im Sommer 1868 mit rund fünfundzwanzigtausend Mark (einer an und für sich geringen Summe, gemessen an der Dauer und Bedeutung der Unternehmung) wieder in Ägypten, auf dem Weg in den tiefen Süden, ins unbekannte Abenteuer.
Nach drei Jahren und vier Monaten war Georg Schweinfurth wieder zurück in Europa und begann mit der Niederschrift seiner Reisebeschreibung. Er musste sich beeilen, da er zum großen Teil aus der Erinnerung schreiben musste – die meisten seiner Notizen und Tagebuchaufzeichnungen waren bei einem Brandunglück im Gebiet des Bahr-el-Ghasal vernichtet worden.
Lange hielt es ihn allerdings nicht in der Heimat. Afrika ließ Schweinfurth auch nach seiner großen Reise nicht aus dem Bann. Schon 1873 war er wieder in Nordafrika, wo er die Flora der Oase Chargeh in der Libyschen Wüste studierte und auch mit seinem Freund Gerhard Rohlfs, einem anderen Großen der deutschen Afrikaforschung, der vor wenigen Jahren eine Nichte Schweinfurths geheiratet hatte, zusammentraf.
Besonderes Glück hatte Schweinfurth bei der Herausgabe seines Reisewerks. Ein deutscher Verleger hatte ihm bereits einige hundert Taler für die Rechte geboten, da lernte er in einem Hotel zufällig Henry Jakoby, den Korrespondenten des New York Herald kennen, welcher sich für das Buch interessierte und ihm das englische Verlagshaus Sampson Low, Marston Low & Searle vermittelte. Das Honorar für sämtliche Editionen wurde auf zweitausend Pfund Sterling festgesetzt, ein Betrag, welcher rund das Zwanzigfache des deutschen Angebots ausmachte. »Im Herzen von Afrika« erschien 1874 somit zuerst in englischer Sprache, was Schweinfurth herbe Kritik einiger seiner Landsleute eintrug, im selben Jahr jedoch auch noch in Deutschland. Italienische, amerikanische, französische und sogar eine türkische Ausgabe folgten unmittelbar darauf und begründeten den weltweiten Ruhm des Forschers.
Die Londoner Geographische Gesellschaft verlieh ihm ihre große goldene Stiftermedaille, wie in der Laudatio festgehalten, vor allem für die Feststellung der südwestlichen Begrenzung des Nilbeckens, die Entdeckung des Uelle und die Auffindung und Beschreibung der Pygmäen.
Der Khedive von Ägypten beauftragte Schweinfurth 1875 mit der Gründung einer geographischen Gesellschaft in Kairo, deren Vorsitz er ein Jahr lang innehatte. Das fünfzigjährige Jubiläum dieser Gesellschaft sollte er noch erleben.
1876 wurde er auf den Lehrstuhl für Geographie an die Universität Leipzig berufen, den er jedoch ablehnte. Erstens wollte er seine unabhängige Forschertätigkeit nicht aufgeben, zweitens konnte er es sich aufgrund seiner Vermögensverhältnisse leisten, auf ein gesichertes Beamteneinkommen zu verzichten. Georg Schweinfurth ließ sich als Privatgelehrter in Kairo nieder.
Im selben Jahr wurde er von König Leopold II. von Belgien nach Brüssel zur Afrika-Konferenz eingeladen (zusammen mit den Forschern Oskar Lenz, Gustav Nachtigal, Ferdinand von Richthofen und Gerhard Rohlfs), welche als die eigentliche Gründung des Kongostaates angesehen werden kann. Schweinfurth war ein Anhänger des Kolonialgedankens, wenn auch nicht in einem imperialistischen, sondern in mehr humanistischem Sinn. Es ging ihm nicht um Eroberung und Landerwerb (die negativen Auswirkungen einer solchen Politik hatte er während seiner Reise zur Genüge miterlebt), sondern vielmehr um die Erziehung und Anleitung der Eingeborenen, deren Freund er zeitlebens war, zu einem menschenwürdigen Dasein. Dass er dabei ein glühender Verfechter der Antisklavereibewegung war, versteht sich von selbst.
1879 wurde Schweinfurth durch die Vermittlung des Fürsten Bismarck die deutsche Staatsbürgerschaft verliehen, seinen ständigen Wohnsitz in Ägypten durfte er jedoch beibehalten.
Wenn Schweinfurth auch nie mehr eine so lange und entbehrungsreiche Forschungsreise wie die nach Zentralafrika unternahm, so waren die folgenden Jahre doch mit zahlreichen Erkundungs- und Sammelfahrten in den Libanon, auf die Insel Sokotra, nach Südarabien, in den Jemen und an die libysche Küste ausgefüllt, unterbrochen lediglich von der Auswertung und Katalogisierung der Ergebnisse.
Die Zahl der Veröffentlichungen (zum Großteil angeführt in der dritten Auflage von »Im Herzen von Afrika«, 1918) ist enorm und bezeugt die gigantische Arbeitsleistung des unermüdlichen Forschers. Rund dreihundertfünfzig Bücher, Artikel, Aufsätze und Abhandlungen nicht allein zum Spezialgebiet Botanik, sondern auch zu den Themenkreisen Zoologie, Geographie, Geologie, Paläontologie, Völkerkunde, Sprachwissenschaft und Archäologie sind der Nachwelt überliefert. Beeindruckend ist diese heute kaum noch vorstellbare Universalität der Kenntnisse auf allen nur denkbaren Gebieten der Natur- und Kulturwissenschaften. Georg Schweinfurth war, wie es sein Biograph Konrad Guenther nannte, der letzte Wissenschaftler Humboldt’scher Prägung.
1888 gab er seine Wohnung in Kairo auf und zog mit seinen umfangreichen Sammlungen nach Berlin, wo ihm vom Kultusministerium im Botanischen Garten ein Haus eingeräumt wurde. Die Wintermonate verbrachte er jedoch weiterhin immer wieder in Ägypten, Algerien oder in Tunis. Rund achtzehntausend Pflanzen lagerten schließlich in seinen Herbarien. Von Schweinfurth wurde auch die nach ihm benannte Methode des Konservierens mittels Alkoholdämpfen erfunden und weiterentwickelt. Den Großteil seiner botanischen Sammlungen vermachte er gegen eine Rente dem Staat, behielt sich jedoch zu seinen Lebzeiten das Recht der persönlichen Betreuung und Verwaltung vor.
Georg Schweinfurth blieb ehelos. Die gleiche Unabhängigkeit, die er in finanziellen Belangen genoss, wollte er auch im privaten Bereich erhalten sehen. Zahllos sind die Ehrungen, deren er im Lauf seines langen Lebens zuteilwurde, wenn er auch Titel hasste. Die Universität Heidelberg verlieh ihm das Ehrendoktorat der Medizin, er war Professor und Mitglied von sechzig wissenschaftlichen Gesellschaften, von dreißig Ehrenmitglied. Als er schließlich auch noch zum Geheimrat ernannt werden sollte, lehnte er ab, ebenso die Feiern zu seinem achtzigsten Geburtstag. Viel mehr freute es ihn, wenn Pflanzen oder Tiere nach seinem Namen benannt wurden. Der Schimpanse »Pan Schweinfurthii« ist ein besonders ansprechendes Beispiel dafür.
Überhaupt verdankte er seine große Beliebtheit in Wissenschaftlerkreisen seiner Bescheidenheit und zu einem nicht geringen Teil der Tatsache, dass er sich nie in das übliche hierarchische Gedränge eines Universitätsbetriebs einschaltete, dass er sich nie um Posten oder gut dotierte Positionen bewarb. Er blieb ein Grandseigneur der Wissenschaft.
Ein vor allem finanzieller Schicksalsschlag wurden für Georg Schweinfurth der Erste Weltkrieg und die Russische Revolution. Das regelmäßige Einkommen aus der Familienstiftung in Riga, welches ihm zeitlebens ein sorgloses und unabhängiges Forschen gesichert hatte, fiel plötzlich weg, auch die staatliche Rente verlor infolge der Inflation ihren Wert. Der Zweiundachtzigjährige war mit einem Mal auf das Wohlwollen seiner Freunde und Bewunderer angewiesen, das ihn wenigstens vor dem Hungern bewahrte. Unter anderen schickte auch der schwedische Asienreisende Sven Hedin einen ansehnlichen Geldbetrag zur Unterstützung des greisen Forschers.
Am 19. September 1925 starb Georg Schweinfurth, und er fand im Botanischen Garten von Berlin-Dahlem seine würdige letzte Ruhestätte. Bis zu seinem Tod saß der unermüdliche Wissenschaftler an seinem Schreibtisch. Die Korrekturbögen zu seinem letzten Werk, »Afrikanisches Skizzenbuch«, lagen ihm noch vor, die Herausgabe konnte er nicht mehr erleben. Mit ihm war der letzte Reisende aus der »klassischen Periode« der Afrikaforschung des vorigen Jahrhunderts dahingegangen.
Davon, dass Schweinfurth auch ein hervorragender Zeichner war, kann sich der Leser anhand der beigegebenen Bilder selbst überzeugen. Die Abbildungen in diesem Band stammen sämtlich aus der Zeichenfeder des Autors und entspringen nicht der Phantasie eines Graveurs, wie es so oft in alten Reiseberichten der Fall ist.
Eine Straffung des Textes war notwendig. Über 1200 Druckseiten enthält die Erstausgabe aus dem Jahr 1874, immerhin noch über 500 Seiten die von Schweinfurth selbst redigierte zweite Auflage von 1878. Wir haben versucht, den Fluss des Berichts nicht allzu sehr zu stören, zu lange und heute längst überholte Erklärungsversuche auf ethnologischem, geographischem oder naturwissenschaftlichem Gebiet wegzulassen oder zu komprimieren und Wiederholungen zu vermeiden; insbesondere die umfangreichen botanischen Exkurse und hydrographischen Angaben wurden stark zusammengestrichen. Dass eine solche Kürzung auch immer subjektiv ist und einen wesentlichen Eingriff in das Werk eines Autors darstellt, ist uns bewusst, und der Herausgeber bittet dafür um Verständnis und Entschuldigung.
Herbert Gussenbauer
»Ich habe Afrika gesehen und habe es noch vor Augen, wie es ist, als das große Haus der Knechtschaft, nicht wie es sein sollte, als das ungeheure Gebiet einer freien Mitarbeit an den Gesamtaufgaben der Menschheit. An einem endlichen Sieg der guten Sache sowie an der Zukunft des schwarzen Menschengeschlechts werde ich nie zweifeln!«
Kairo, den 22. März 1878 Dr. Georg Schweinfurth
Als ich mich im Sommer 1868 zu der großen Reise anschickte, deren Schilderung in nachfolgenden Blättern enthalten ist, war ich kein Neuling mehr auf afrikanischem Boden. Meine Lehrzeit in der Kunst des Reisens hatte ich bereits im Jahre 1863 auf den sonnigen Gefilden Ägyptens und Nubiens angetreten. Die unerforschten Gebirge an den Küsten des Roten Meeres, welches ich zu diesem Zweck monatelang auf eigener Barke befuhr, bildeten das erste ernstere Ziel meiner Anstrengungen; besonders war es das Gebiet der unabhängigen Bischarin, welches meine Neugierde reizte. Dann hatte ich das Land zwischen Nil und Meer wiederholt durchwandert und schließlich an der untersten Terrasse des Abessinischen Hochlandes den vollen Zauber der afrikanischen Natur genossen. Über Khartum und Berber führte mich 1866 der Weg wieder nach Ägypten zurück.
Der einzige Zweck, den ich unablässig verfolgte, die botanische Erforschung dieser Länder, gestaltete sich immer mehr zur Aufgabe meines Lebens. Ein prachtvolles Herbar war zunächst der heimgetragene Lohn meiner Mühen, freilich erkauft mit dem Opfer zahllos überstandener Fieber. Die Ergebnisse des ersten Versuchs wurden indes maßgebend für den günstigen Verlauf meiner folgenden Unternehmung.
Unter solchen Eindrücken verlebte ich zwei Jahre, da bot sich mir eine willkommene Gelegenheit dar, die nur wegen Erschöpfung meiner Geldmittel unterbrochenen Forschungen im Nilgebiet von Neuem in Angriff nehmen zu können.
Nach dem Tode Alexander von Humboldts war, als ein Denkmal des Dankes und der Anerkennung für den großen Mann, in Berlin die »Humboldt-Stiftung für Naturforschung und Reisen« gegründet worden, um Talenten, wo sie sich finden mögen, ohne Rücksicht auf Nationalität und Konfession in allen den Richtungen, in welchen Humboldt seine wissenschaftliche Tätigkeit entfaltete, namentlich zu größeren Reisen, Unterstützung zu gewähren. Der Königlichen Akademie der Wissenschaften in Berlin war nicht nur die Wahl der Unternehmungen, sondern auch die der für ihre Ausführung geeigneten Personen überlassen worden.
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