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Der Botaniker, Ethnologe und Afrikaforscher Georg Schweinfurth unternahm 1869-71 im Auftrag der Preußischen Akademie der Wissenschaften eine Forschungsreise in das Quellgebiet des Nil und seiner westlichen Zuflüsse. Er grenzte das Quellgebiet mit der Entdeckung des westlich in den Kongo fließenden Uelleflusses, nach Südwesten ab. Schweinfurth lieferte erste gesicherte Berichte über die Existenz der Pygmäen und weiterer dort lebender Völker, wie die Mangbetu und Dinka. Das Spektrum seiner Veröffentlichungen reichte von einem Verzeichnis äthiopischer Pflanzennamen bis zu einer Landkarte des südlichen Tunesiens, von der Beschreibung von Artefakten zentralafrikanischer Völker bis zu Berichten über prähistorische Funde in Ober-Ägypten. - Rezession: Ich bin immer wieder begeistert von der "Gelben Buchreihe". Die Bände reißen einen einfach mit. Inzwischen habe ich ca. 20 Bände erworben und freue mich immer wieder, wenn ein neues Buch erscheint. oder: Sämtliche von Jürgen Ruszkowski aus Hamburg herausgegebene Bücher sind absolute Highlights. Dieser Band macht da keine Ausnahme. Sehr interessante und abwechslungsreiche Themen aus verschiedenen Zeit-Epochen, die mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt haben! Man kann nur staunen, was der Mann in seinem Ruhestand schon veröffentlicht hat. Alle Achtung!
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Seitenzahl: 232
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Georg Schweinfurth
Georg Schweinfurth: Forschungsreisen 1869-71 in das Herz Afrikas
Band 149 in der gelben Buchreihe
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Vorwort des Herausgebers
Der Autor Georg Schweinfurth
Im Herzen Afrikas – Eine Reisebeschreibung von Georg Schweinfurth
Die ersten Abenteuer mit Büffeln und Bienen
Ein weiblicher Häuptling
Das Land, wo Milch und Honig fließt
In zweifelhafter Gesellschaft
Ein seltsames Hirtenvolk
Schwarze Schmiedekünstler
Ein dem Untergang geweihtes Volk
In einem unglücklichen Land
Mohammeds Strafpredigt
Tod dem Blattfresser
Im Lager des Verräters
Das Volk der Niamnian, der „Vielfresser“
Der rätselhafte Strom
Beim König der Mangbattu
Der tanzende König
Ein irdisches Paradies und seine Bewohner
Die ersten Zwerge
Der Überfall
Ein luftiger Flussübergang
Der unglücklichste Tag meines Lebens
Zum Fürsten der Sklavenhändler
Traum und Wirklichkeit
Ein lustiges Völklein
Der Sklavenhandel
Überraschende Nachrichten aus Europa
Scharfe Maßregeln gegen den Menschenhandel
In die Heimat
Die maritime gelbe Buchreihe
Weitere Informationen
Impressum neobooks
Vorwort des Herausgebers
Von 1970 bis 1997 leitete ich das größte Seemannsheim in Deutschland am Krayenkamp am Fuße der Hamburger Michaeliskirche.
Dabei lernte ich Tausende Seeleute aus aller Welt kennen.
Im Februar 1992 entschloss ich mich, meine Erlebnisse mit den Seeleuten und deren Berichte aus ihrem Leben in einem Buch zusammenzutragen. Es stieß auf großes Interesse. Mehrfach wurde in Leserreaktionen der Wunsch laut, es mögen noch mehr solcher Bände erscheinen. Deshalb folgten dem ersten Band der „Seemannsschicksale“ weitere.
Hamburg, 2021 Jürgen Ruszkowski
Ruhestands-Arbeitsplatz
Hier entstehen die Bücher und Webseiten des Herausgebers
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Der Autor Georg Schweinfurth
Georg Schweinfurth wurde am 29. Dezember 1836 in Riga als Sohn einer reichen deutsch-russischen Familie geboren. Er konnte ein Leben lang seinen Neigungen und Interessen nachgehen ohne je bezahlte Tätigkeiten ausüben zu müssen. Ohne irgendwelche persönlichen Bindungen eingegangen zu sein, verstarb er achtundachtzigjährig als Junggeselle am 19. September 1925 in Berlin.
Er bereiste 1864-66 Ägypten, den östlichen Sudan sowie die Küste des Roten Meeres. Von 1869-71 unternahm er im Auftrag der Preußischen Akademie der Wissenschaften eine Forschungsreise in das Quellgebiet des Nil und seiner westlichen Zuflüsse. Er grenzte das Quellgebiet mit der Entdeckung des westlich in den Kongo fließenden Uelle, nach Südwesten ab. Er lieferte erste gesicherte Berichte über die Existenz der Pygmäen und weiterer dort lebender Völker, wie die Mangbetu und Dinka.
Ab 1873 besuchte er mehrfach den Nordosten Afrikas und Arabien.
In erster Linie Botaniker, reichte doch das Spektrum seiner Veröffentlichungen von einem Verzeichnis äthiopischer Pflanzennamen bis zu einer Landkarte des südlichen Tunesiens, von der Beschreibung von Artefakten zentralafrikanischer Völker bis zu Berichten über prähistorische Funde in Ober-Ägypten.
Bei Ausgrabungen in Ägypten war eines seiner herausragendsten Verdienste, zu sammeln, zu präparieren und dauerhaft zu konservieren, wofür sich viele Ausgräber damals nicht interessierten – für pflanzliches Material.
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Im Herzen Afrikas – Eine Reisebeschreibung von Georg Schweinfurth
Vor einem halben Jahrhundert hat Georg Schweinfurth sich seinen Ehrenplatz unter den Männern erobert, die das Antlitz des dunkeln Erdteils entschleiert und in rastloser Arbeit die vielen weißen Flecken der Karte Afrikas ausgefüllt haben. Geboren am 29. Dezember 1836 in Riga, erwarb er sich seine ebenso gründliche wie umfassende naturwissenschaftliche Bildung auf den deutschen Hochschulen Heidelberg, München und Berlin. Schon als Zwanzigjähriger bereiste er Ägypten, den östlichen Sudan und die Küstenländer des Roten Meers (1863-66). Bald darauf folgte seine größte und erfolgreichste Expedition in die Äquatorialgegenden (1868-71). Ihr Verlauf und ihre Ergebnisse sollen in den folgenden Blättern geschildert werden. Gründer der Geographischen Gesellschaft in Kairo (1876), hat er dann viele Jahre in Ägypten gelebt und auf einer langen Reihe kleinerer Reisen in den Wüsten Afrikas und Arabiens, die sich bis in die neunziger Jahre ziehen, seinen Ruf als hervorragender Forscher befestigt: Seit 1889 lebte der Nestor der deutschen Afrikaforschung in Berlin.
Ägypten, das seit der Regierung Mehemed Alis (1841-48) tatsächlich, wenn auch nicht dem Namen nach, ein unabhängiger Staat war, hatte seine Herrschaft allmählich durch den Sudan nilaufwärts bis nahe an die großen Seen vorgeschoben, die sich später als die Quellbecken des geheimnisvollen Stroms erwiesen, und auch nach Westen begannen ägyptische Truppen und Beamte im Stromgebiet des Gazellenflusses, des Bahr-el-Ghasal, vorzudringen. Die Herren der späteren Provinz Bahr-el-Ghasal waren damals die Elfenbein- und Sklavenhändler von Chartum und Kordofan, fanatische Mohammedaner, die unter den verachteten heidnischen Negerstämmen der Dinka, Schilluk und anderen viele Dutzende von Seriben, befestigte Niederlassungen, gründeten und von diesen aus neben Elfenbeinhandel auch schwunghaften Vieh- und Menschenraub trieben. Von dem Vernichtungskampf, den die ägyptische Regierung gegen diese Banden führte, hatte Schweinfurth nur die ersten Anfänge gesehen.
Krieg und Handel hatten natürlich auch unsere Kenntnis der oberen Nilgegend erweitert, aber den Ländern westlich vom Hauptstrom des Nil, südlich von 10 Grad nördlicher Breite, waren sie wenig zugutegekommen. Vorübergehend ist der verhältnismäßig unbedeutende Bahr-el-Ghasal sogar für die wichtigste Quellader des Nil gehalten worden, und über die Wasserscheide des Nilbeckens gab es nur unsichere Vermutungen. Die eigentliche Bedeutung der Reisen Schweinfurths liegt darin, dass sie vom etwa 10. bis 3. nördlichen Breitengrad durch Gebiete gingen, die der Fuß europäischer Forscher noch kaum betreten hatte.
Martin Theodor von Heuglin – 1824 – 1876
John Petherick – 1813 – 1882 und Frau
Nur an wenigen Punkten hat sein Weg die Wege seiner Vorgänger, des Deutschen Heuglin, des Engländers Petherick, des Franzosen Poncet und der Italiener Miani und Piaggia, berührt.
Er war der erste, der das westliche Quellgebiet des Nil von Norden nach Süden sowie die Länder der Wasserscheide nördlich des Äquators durchzog und jenseits den Oberlauf jenes mächtigen Stroms erreichte, der ein Dutzend Längengrade in westlicher Richtung durchströmt und sich unter dem Äquator in den Kongo und mit diesem in den Atlantischen Ozean ergießt. Er hat diesen Wasserlauf, den er unter dem Namen Uelle kennt, der aber weiter unterhalb auch die Namen Makua und Ubangi führt, damals dem System des Schari zugewiesen, der in das abflusslose Becken Zentralafrikas, den Tschadsee, mündet, und es hat weiterer Entdeckungsfahrten bedurft, bis die Zugehörigkeit des Uelle zum Kongosystem allgemein anerkannt wurde. Aber der Entdecker des Uelle ist und bleibt Schweinfurth.
Größte Verdienste hat er sich um die Völkerkunde erworben durch seine genauen Nachrichten über die fast unbekannten Negerstämme der Niamniam, der Mangbattu und der Akka, der schon im frühesten Altertum erwähnten, aber noch fast niemals von Europäern gesehenen Zwergstämme von Äquatorialafrika. Seine Rückreise vom Uelle nordwärts verlief im allgemeinen in derselben Richtung wie die Hinreise, aber zu beiden Seiten hat er viele Abstecher gemacht, deren einer ihn weit nach Westen ins damalige Dorado der Sklavenhändler führte.
Schweinfurth war in erster Linie Botaniker. Im Anschluss an eine Notiz über seine erste Reise von 1863 bemerkt er: „Der einzige Zweck, den ich unablässig verfolgte, die botanische Erforschung dieser Länder, gestaltete sich immer mehr zur Aufgabe meines Lebens.“ Und dann: „Wer die harmlose Habgier des Pflanzenjägers kennt, wird begreifen, wie diese Studien, in der Zeit zwischen der ersten und der zweiten Reise, in mir nur das Verlangen nach neuer Beute wachrufen mussten; harrte doch noch der bei weitem größte Teil des Nilgebiets, die geheimnisvolle Flora seiner südlichsten Zuflüsse, der botanischen Erforschung.“
Aber wie überraschend hat sich dieser begeisterte Liebhaber der Scientia amabilis zum Entdeckungsreisenden ausgewachsen, zum vollberechtigten Vertreter der Länder- und Völkerkunde! Fast jede Seite seines Hauptwerkes „Im Herzen von Afrika“, dem die folgenden Kapitel entnommen sind und das in sechs Sprachen übersetzt wurde, verrät seine scharfe Beobachtung und anschauliche Schilderung aller möglichen Dinge, auch außerhalb des Kreises seines eigentlichen Spezialfaches. Aufs lebhafteste interessieren ihn die Sitten und Gebräuche, die Laster und guten Eigenschaften der buntscheckigen Völkermenge, die er auf dem Marsch oder bei längerem Aufenthalt kennen lernt, die Lebensgewohnheiten der verschiedenen Stämme, ihr Körperbau, ihre Bodenerzeugnisse, ihre Viehzucht, ihr Handel, ihre Wohnung, ihre Sprachen, die Anfänge des Handwerks und der Kunstfertigkeit, weiter die reiche Tierwelt vom Elefanten bis zum Insekt, die vielverschlungenen Flussnetze die Höhen-, Witterungs- und Temperaturverhältnisse, der Wechsel der meisterhaft in scharf umrissenen Zügen gezeichneten Landschaftsbilder. Dazwischen schiebt sich, ohne eine Spur von Eitelkeit vorgetragen, die Erzählung der persönlichen Erlebnisse, überwiegend realistisch, aber mit gemütlichem Humor und auch bei den widerwärtigsten Ereignissen getragen von einem unerschütterlichen Gleichmut. Dieser verließ Schweinfurth selbst dann nicht, als nahe dem Ende seiner überraschend vom Glück begünstigten Reise ein großer Teil seiner unersetzlichen Aufzeichnungen und Sammlungen vom Feuer vernichtet wurde.
Bezeichnend für sein Gefühl edler Menschlichkeit ist seine Stellung zu dem besonders früher üblichen verächtlichen Begriff „Wilden“ für farbige Naturvölker. Schweinfurth hält es für unberechtigt, die schwarzhäutige Menschheit Afrikas „Wilde“ zu nennen, denn sie ist im Besitz unserer sozialen Grundlagen wie Eigentum, Ehe, Arbeitsteilung, wenn diese sich auch oft nur in elementarer Gestalt zeigen. Er stimmt der von anderer Seite ausgesprochenen Anschauung bei, dass es in Afrika kaum andere „Wilde“ gibt als solche, die aus Europa dorthin gelangt sind.
Die Frage liegt nahe, ob heute eine Schilderung überhaupt noch Wert und Anziehungskraft haben kann, wenn sie sich auf über fünfzig Jahre alte Beobachtungen stützt. Schweinfurth äußert sich in dem vom 1. Januar 1918 datierten Vorwort zur Jubiläumsausgabe seines Werkes „Im Herzen von Afrika“ über diesen Punkt:
„Man glaube ja nicht, dass die veränderten politischen Zustände in den damals neuentdeckten Ländern jetzt einen großen Teil meiner Beobachtungen jedes Interesses für die Gegenwart entkleidet hätten. Für das Bestehenbleiben vieler von mir beschriebener Zustände sprechen die Wahrnehmungen neuerer und neuester Reisender. Nach 29 Jahren fanden die Begleiter des verwegenen Marchand am Ssueh und am Gazellenfluss noch dieselben Bongo, Djur und Dinka vor, wie sie mir entgegengetreten waren; allerdings hatten sich inzwischen die europäischen Baumwollenzeuge in den Grenzländern der islamischen Welt weiter verbreitet, und die früher nackt einhergehenden Völker im Bereich des Tieflands der oberen Nilgewässer begannen sich zu umhüllen. Aber die Völker des tieferen Inneren, die Niamniam und Mangbattu, bedienen sich zur Kleidung heute noch derselben selbstgewonnenen Felle und Rindenstoffe, die zu meiner Zeit üblich waren, trotz englischer, französischer oder belgischer Herrschaft, der sie jetzt unterstehen. Es fehlt bei uns nicht an Leuten, die sich der Vorstellung hingeben, alle Völker der Welt müssten jetzt der neuerungssüchtigen Schnelllebigkeit unserer Zeit zum Opfer fallen; aber noch gibt es der Erdenwinkel genug, an denen die Weltgeschichte Ruhepunkte gefunden hat. An solchen sitzen noch manche Völker Afrikas, und selbst diejenigen, die in äußerlichen Dingen starkem Wandel unterlagen, haben die Eigenart ihres Inneren Wesens zu wahren gewusst.“
Doch nun wollen wir den Forscher über seine an Abenteuern aller Art wahrlich nicht arme Reise hören.
* * *
Die ersten Abenteuer mit Büffeln und Bienen
Am 18. August 1868 verließ ich Suez.
Berliner Akademie der Wissenschaften
Die Berliner Akademie der Wissenschaften hatte mir auf fünf Jahre die verfügbaren Mittel der Humboldt-Stiftung bewilligt und mir die Möglichkeit einer reichen Ausrüstung verschafft. Ein ägyptischer Dampfer brachte mich nach Dschidda, eine gemietete Barke nach Suakin an der Westküste des Roten Meers.
Am 10. September begann der Kamelritt über das Küstengebirge.
Er führte in 27 Tagen nach Berber am Nil.
Chartum
Von da ging es in einer Barke nilaufwärts nach dem eigentlichen Ausgangspunkt der Reise, nach Chartum an der Vereinigung des Weißen und Blauen Nil, dem Sitz der Zentralverwaltung des ägyptischen Sudan. Am 1. November traf ich dort ein. Die Stadt sollte später durch den Untergang Gordon Paschas und als Mittelpunkt des siegreichen Mahdistenaufstands eine traurige Weltberühmtheit erlangen. Von dreizehnjähriger Barbarenherrschaft wurde sie erst 1898 durch den englisch-ägyptischen Feldzug Lord Kitcheners befreit. Gestützt auf Erfahrungen und Erkundigungen, die ich bei meinem früheren Aufenthalt in Chartum gesammelt hatte, hatte ich den Plan zur wissenschaftlichen Bereisung der westlichen Quellgebiete des Nil entworfen.
Bald hatte ich erkannt, dass die ägyptische Regierung in den heidnischen Negerländern keinerlei Einfluss und Macht auszuüben vermochte, obgleich Chartumer Kaufleute dort die ausgedehntesten Besitzungen gegründet hatten, und dass ohne engen Anschluss an diese Kaufleute die Zwecke eines wissenschaftlichen Reisenden nicht gefördert werden konnten. Mein Entschluss stand daher fest, mich von den Chartumer Kaufleuten ganz ins Schlepptau nehmen zu lassen. Dass übrigens die Elfenbeinhändler aus freien Stücken sich nie dazu entschließen würden, meinem Ansinnen zu entsprechen, darüber durfte ich mich keiner Täuschungen hingeben. Ich kannte aber ihre abhängige Lage als Untertanen des Vizekönigs von Ägypten. Waren sie auch in den Negerländern unumschränkte Machthaber, so blieben sie doch auf Gnade und Ungnade den Maßnahmen einer absoluten Regierung ergeben, weil sie mit ihrem Kapital an die Hauptstadt des ägyptischen Sudan gebunden waren, und so bot sich mir ein Hebel, ihren Widerstand zu brechen.
Auf Grund dieser Erwägungen konnte ich, aufs nachdrücklichste unterstützt von dem allmächtigen Generalgouverneur Djafer-Pascha, einen sehr günstigen Vertrag mit dem Elfenbeinhändler Ghattas, einem koptischen Christen, abschließen. Unter den Chartumer Großkaufleuten war Ghattas der einzige Nichtmohammedaner; die anderen wollte man nicht der Möglichkeit preisgeben, vom „Franken“ – damit meinte man mich – als Räuber und Sklavenjäger verlästert zu werden. Darum war die Wahl Djafers auf den unglücklichen Ghattas gefallen. Als der Reichste von allen musste dieser mit seinem Vermögen haften für alles Unheil, das mir im Inneren widerfahren konnte. Dieselben Verpflichtungen zum Schutz legte der Generalgouverneur auch jedem der anderen Chartumer Großhändler auf, die Besitzungen im Gebiet des Bahr-el-Ghasal hatten. Noch nie hatte die ägyptische Regierung mittelbar so viel für einen wissenschaftlichen Reisenden getan wie für mich.
Den Neujahrstag 1869 verbrachte ich noch in Chartum, erst am 5. Januar segelte ich auf einer mit 23 Bootsleuten und Söldnern bemannten Barke des Ghattas nilaufwärts nach Süden. Meine eigene Begleitung bestand aus sechs Nubiern, die alle bereits bei Europäern gedient hatten und mir nie Anlass zu ernstlichen Klagen gegeben haben, zwei Sklavinnen, die das Mehl für die ganze Schiffsmannschaft zu mahlen hatten, und aus einer Respektsperson, in Gestalt meines großen europäischen Schäferhundes Arslan, der überall, wohin er kam, ängstliches Erstaunen wachrief.
Die vom Wind begünstigte Bergfahrt der Segelbarke führte meist durch einförmige Landschaft. Die flachen Ufer sind bewohnt und bebaut, zahlreiche Nilpferde und ungeheure Vogelschwärme beleben den majestätischen Strom, in dem weiter aufwärts Hunderte von Inseln liegen, die von Schilluknegern bewohnt werden.
Der 14. Januar brachte den ersten Unglückstag, den ich selbst heraufbeschworen hatte. In der Frühe war zu uns eine andere Barke gestoßen, die Leute wollten zusammen sich vergnügen und haltmachen. Wir waren aber an einer für mich sehr langweiligen Stelle, und so zwang ich sie weiterzufahren, um an einer unbewohnten kleinen Insel ans Land steigen zu können. Der Ausflug, den ich in Begleitung von zweien meiner Leute antrat, sollte verhängnisvoll werden, wenigstens für einen der beiden. Mohammed Amin, so hieß dieser, wurde an meiner Seite von einem wilden Büffel überrannt, dem ich nicht das geringste Leid zuzufügen beabsichtigte, dem aber der Unglückliche im hohen Gras gar zu nahe gekommen war. Der Büffel hielt jedenfalls sein Mittagsschläfchen und geriet durch die Störung in die äußerste Wut. Aufspringen und den Störenfried in die Lüfte wirbeln, war für ihn das Werk eines Augenblicks. Da lag er nun da, mein treuer Begleiter, über und über blutend, vor ihm mit hocherhobenem Schweif der Büffel, grunzend, in drohender Haltung, bereit, sein Opfer zu zerstampfen. Zum Glück war seine Aufmerksamkeit durch die beiden anderen Männer gefesselt, die wir sprachlos vor Entsetzen dastanden. Ich hatte kein Gewehr in der Hand, mein schöner Hinterlader hing vorläufig noch am linken Horn des Büffels, Mohammed hatte ihn getragen. Mein anderer Begleiter, Soliman, der die Kugelbüchse trug, hatte gleich angelegt, aber der Hahn knackte vergebens. Mal auf mal versagte das Gewehr. Die Zeit erlaubte mir nicht, Soliman zuzurufen: „Die Sicherung ist noch vor“; es galt den Augenblick. Da griff er nach einem kleinen Handbeil, das ganz aus einem Stück Eisen bestand, und schleuderte es unverzagt dem Büffel an den Kopf auf eine Entfernung von kaum zwanzig Schritt; so wurde die Beute dem Feinde entrissen. Mit einem wilden Satz warf sich der Büffel seitwärts ins Röhricht, unter gewaltigem Rauschen der Halme dahinsausend mit der Wucht eines entgleisenden Dampfrosses, brüllend und den Boden erschütternd. Nach rechts und nach links sah man ihn unter Grunzen und Brüllen die gewaltigsten Sätze machen.
Eine aufregende Begegnung
Da wir in seinem Gefolge eine ganze Herde vermuten mussten, griffen wir zunächst nach den Gewehren, um einem nahen Baume zuzueilen. Doch es wurde alles still, und unsere nächste Sorge wandte sich jetzt dem Unglücklichen zu. Mohammeds Kopf lag wie angenagelt am Boden, da seine Ohren von scharfen Schilfhalmen durchbohrt waren, aber eine flüchtige Untersuchung überzeugte uns sofort davon, dass die Verletzung nicht tödlich sein konnte. Das Büffelhorn hatte gerade den Mund getroffen und außer vier Zähnen im Oberkiefer und einigen Knochensplittern hatte er keine weiteren Verluste zu beklagen. Ich ließ Soliman an der Stelle, um Mohammed zu waschen, und eilte allein zur entfernten Barke, um ihn abholen zu lassen. In drei Wochen war er wieder hergestellt und als Entschädigung für jeden der vier Zähne erhielt er ein Bakschisch von zehn Mariatheresientalern. Diese Freigebigkeit belebte wunderbar die Unternehmungslust meiner Begleiter, sie war aber auch vonnöten, um die Leute für die Zukunft stets bei gutem Humor zu erhalten. Der Retter Soliman fiel bald darauf bei einer der üblichen Schießereien der Nubier seiner eigenen Unbesonnenheit zum Opfer.
Bei dem ehemaligen Hauptquartier des berühmten Räuberhauptmanns Mohammed Cher stießen wir auf die ersten Spuren des ruchlosen Sklavenhandels. Mengen menschlicher Gebeine von den durch Seuchen hinweggerafften Sklaven fanden sich überall über die Steppe verstreut, infolge des Steppenbrandes in halbverkohltem Zustand.
Die Zahl der geschlachteten und verschmausten Rinder muss, nach den vorhandenen Knochenmassen zu urteilen, ganz gewaltig gewesen sein; sie bestanden meist aus der Beute, die Mohammed den Schilluk abgenommen hatte. Dieser Räuberhauptmann durfte es sogar wagen, den Befehlen des Generalgouverneurs Trotz zu bieten, und er war es hauptsächlich, der die Chartumer lehrte, mit Hilfe befestigter Plätze, förmlicher Zwingburgen, die Eingeborenen in Schrecken zu halten. Infolge seiner Räubereien war das ganze östliche Nilufer in eine ununterbrochene Waldeinöde verwandelt. Die Dinkaneger oder Djangeh, die dort einst zahlreiche Dörfer bewohnten, hatten sich ins Innere zurückgezogen.
Bei einer Krümmung des Nil, unterhalb Faschoda, hatte ich schon wieder ein bösartiges Abenteuer. Da die Windrichtung hier das Segeln unmöglich machte, musste die Barke von der Mannschaft gezogen werden. Als nun das Seil durch die Grasmasse des Ufers streifte, kam uns ein wilder Bienenschwarm in den Weg, der sich gleich einer großen Wolke über die Ziehenden entlud. Jeder stürzte sich kopfüber in den Fluss und suchte die Barke wieder zu gewinnen. Aber der Bienenschwarm folgte auf den Fluss nach und erfüllte in wenigen Augenblicken alle Räume des mit Menschen vollgepfropften Fahrzeugs.
Ich arbeitete gerade an meinen Pflanzen in der Kabine, als ich ein Rennen und Springen vernahm, das ich anfangs für Ausgelassenheit der Leute hielt. Da stürzt einer ganz verwirrt mit dem Ruf herein: „Bienen, Bienen!“ Plötzlich fühle ich mich im Gesicht und an den Händen von den empfindlichsten Stichen getroffen und höre mich bereits von Tausenden von Bienen umsummt; vergeblich suche ich das Gesicht mit meinem Handtuch zu schützen. Wütend schlage ich um mich, aber umso größer wird die Hartnäckigkeit der Insekten. Ich fühle einen wahnsinnigen Schmerz im Auge, und Stich auf Stich fällt mir in das Haar. Die Hunde unter meinem Bett springen wie toll auf und werfen eine Menge Sachen um, ich selbst stürze mich voller Verzweiflung in den Fluss, ich tauche unter: alles vergebens, immer wieder regnet es Stiche auf meinen Kopf. Im Ufersumpf schleppe ich mich durch das Schilfgras, das mir die Hände zerschneidet, und suche das Festland zu gewinnen, um im Wald Schutz zu finden.
Da packen mich vier kräftige Arme und schleppen mich gewaltsam zurück, so dass ich im Schlamm zu ersticken glaube. Ich muss wieder an Bord, an Flucht ist nicht zu denken.
Durch die kühlende Nässe war ich soweit wieder zu mir gekommen, dass ich ein Betttuch aus dem Kasten zu zerren vermochte. Endlich fand ich Schutz, nachdem ich die in das Laken eingeschlossenen Bienen nach und nach zerquetscht hatte. Krampfhaft zusammengekauert, musste ich drei volle Stunden verharren, während das Summen um mich herum ununterbrochen anhielt und einzelne Stiche noch durch das Laken hindurchdrangen. Lautlose Stille herrschte an Bord, da alle Insassen meinem Beispiel gefolgt waren. Einige Beherzte hatten sich zuletzt ans Ufer geschlichen und setzten das dürre Schilfgras in Brand. Schließlich gelang es, mit Hilfe des Rauchs die Bienen von der Barke zu verscheuchen, diese flott zu machen und dem jenseitigen Ufer zuzutreiben.
Nun erst konnte man sich den Schaden besehen. Mit Hilfe eines Spiegels und einer Federzange zog ich mir alle Stacheln aus Gesicht und Händen. Diese Stiche blieben auch ohne schädliche Folgen. Unmöglich war es aber, in meiner Kopfhaut die Stacheln ausfindig zu machen; viele waren abgebrochen und erzeugten ebenso viele kleine Geschwüre, die zwei Tage lang empfindlich schmerzten. Ein Unfall wie der unsrige ist auf den Gewässern des Weißen Nil selten erlebt worden. Das Merkwürdigste war, dass alle sechzehn in unserem Kielwasser steuernden Barken an diesem Tage an der gleichen Stelle sich der gleichen Plage ausgesetzt sahen. Am Abend wünschte ich mir lieber zehn Büffel und noch zwei Löwen dazu, als je wieder mit Bienen zu tun zu haben, und die ganze Schiffsgesellschaft stimmte mir lebhaft zu. Ich nahm Chinin und erwachte am Morgen neu gestärkt und munter, während mehrere der arg zugerichteten Leute ein heftiges Fieber hatten. Unter den Mannschaften der uns folgenden Barke hatte es infolge der Verletzungen nachträglich sogar zwei Todesfälle gegeben.
* * *
Ein weiblicher Häuptling
Am 24. Januar 1869 wurde Faschoda erreicht, damals der südlichste Grenzwaffenplatz des ägyptischen Reiches.
Heute heißt der Ort Kodok, um die französische Empfindlichkeit zu schonen; in Faschoda hatte nämlich 1898 Frankreich eine schwere Kränkung durch die Engländer erfahren.
Auf der am 1. Februar angetretenen Weiterreise lernte ich den Kaufmann Mohammed Abd-es-Ssammat kennen, jenen hochherzigen Nubier, der so großen Einfluss auf mein Unternehmen auszuüben bestimmt war und der mehr dafür geleistet hat, als alle Machthaber des Sudan es vermochten. Gleich bei der ersten Begegnung forderte er mich auf, ihn als sein Gast bis zu den entferntesten Völkern zu begleiten, eine Aussicht, die mich auf das freudigste erregte. Mohammed stammte aus dem nördlichsten Teil des nubischen Niltals und war in seiner Art ein kleiner Held, der sich mit dem Schwert in der Hand Ländergebiete erobert hatte, die an Umfang manchen kleinen Staat in Europa übertrafen. Der unternehmende, keine Gefahren, Mühen und Opfer scheuende Kaufmann, der nach den Worten des Horaz „zu den äußersten Indern wandert, um über Meere und Länder der Armut zu entfliehen“, schien gleichsam die geistige Verwandtschaft zu ahnen, die er mit dem Gelehrten teilte, der im Dienst der Wissenschaft ferne Länder durchreist, um die Wunder der Welt zu schauen. „Durchwandert die Welt und erfreut euch der herrlichen Dinge, die ich erschaffen!“, sagt der Koran.
Wir hatten warten müssen, bis andere Barken zu uns stießen, denn vorher schien die Mannschaft nicht genügend stark zu sein zum Schutz gegen Angriffe des noch nicht unterworfenen Teils der Schilluk. Sie war auch nicht zahlreich genug, um allein die schweren Hindernisse zu überwinden, die der „Ssudd“, die Grasbarre, in Aussicht stellte. Diesen Ssudd habe ich gründlich kennen gelernt, als wir in die Sumpfdickichte der westlichen Zuflüsse des Weißen Nil einbogen.
Im Gefängnis des Ssudd
Tagelang befand sich die Barke in einem Gewirr von Kanälen und schwimmenden Grasmassen, Papyrus- und Ambatschdickichten, die die ganze Breite des Hauptstroms bedeckten. Papyrus ist das bis zu fünf Meter hohe, aus dem Altertum bekannte Riedgras, von dem das Papier seinen Namen hat, Ambatsch eine Pflanze von außergewöhnlich leichtem schwammigem Holz, die sechs Meter hoch werden kann. Hin und wieder bricht sich in engen Rissen die Gewalt des Wassers Bahn, aber diese Kanäle entsprechen nicht immer den Tiefenlinien des Strombettes und sind daher nur selten für Barken passierbar. Ein beständiges Ziehen und Drängen der Massen verändert sie alljährlich in so hohem Grad, dass selbst der erfahrenste Schiffer sich nicht in ihnen zurechtzufinden weiß. Im Winter muss er bei jeder Fahrt sich aufs Neue durch ein labyrinthisches Fahrwasser winden. Im Juli dagegen, wenn der Fluss seinen höchsten Wasserstand erreicht hat, sind für die Talfahrt alle jene Kanäle wohl zu benutzen.
Dichte Massen einer auf den freien Stellen der Wasserfläche schwimmenden Vegetation von kleinen Kräutern bilden einen grützeartigen Brei, der die Vereinigung der Grasmassen zu vollständigen Decken sehr erleichtert. Wie ein fest verbindender Kitt verstopft dieser Brei von Kräutern alle Spalten und Löcher zwischen den Gras- und Ambatschinseln, die sich an den Stellen der Hinterwasser anhäufen, wo sie den Winden oder der Strömung minder zugänglich sind.
Am 8. Februar begann der eigentliche Kampf mit dieser Welt von Gras. Den ganzen Tag verbrauchten wir in einem mühsamen Durchzwängen der Barken durch die zeitweilig gebildeten Stromarme. 200 Bootsleute und Soldaten mussten viele Stunden lang im Wasser an Seilen ziehen, um eine Barke nach der anderen durchzubringen. Dabei schritten sie selbst auf dem Rande der schwimmenden Grasdecken einher, die streckenweise sogar ganze Rinderherden zu tragen vermochten.
Es war ein eigentümliches Schauspiel, die zarten wie eingewachsen in diesen Dschungeln von bis zu fünf Meter hohem Papyrus zu erblicken, dazu die nackten Bronzegestalten der schwarzbraunen Nubier die sich aus dem freudigen Grün der Umgebung lebhaft abhoben. Das Geschrei und Gejauchze, mit dem sie sich die Arbeit zu erleichtern glaubten, hallte meilenweit durch die Lüfte.
Schnaubend streckten Nilpferde die Köpfe aus dem Wasser. Die Schiffer, in Besorgnis, die Tiere möchten mit der Wucht ihrer Leiber die Schiffswände einrennen, was schon vorgekommen war, entfesselten zur Abwehr die volle Kraft ihrer Kehlen.
Schon 1863 hatte sich hier die Grasbarre gebildet, die noch im Sommer 1872 in ihrer vollen Stärke angetroffen wurde, und hier war der Schifffahrt wiederholt ein für Monate unüberwindlicher Damm gezogen, ein Umstand, der die Mannschaften mancher Barken der größten Not preiszugeben drohte, sobald die Vorräte verzehrt waren.
Mühsam arbeiteten wir uns mehrere Tage lang vorwärts. Durch einen vom verstopften Hauptarm sich abzweigenden Seitenarm allein war man imstande, bis zur Einmündung des Gazellenstroms vorzudringen.
Am 11. Februar ging es im offenen Fahrwasser glücklich weiter. Nicht lange, denn der Hauptarm verzweigte sich von neuem zu einem Wirrsal von Kanälen, und, nach erneuten nutzlosen Versuchen vorzudringen, machten am folgenden Tag alle Barken kehrt, um ihr Heil in einem anderen, nach Norden zu sich öffnenden Kanalnetz zu versuchen. Am fünften Tag hatten wir mit Mühe und Not ein großes offenes Becken erreicht und nur noch eine Strecke von 60 Metern zu überwinden, um jenen Sammelplatz sämtlicher Gewässer im oberen Nil zu gewinnen, der auf den Karten als No-See sich eingebürgert hat, aber von den Schiffern Magren-el-Bohur, die Mündung der Ströme, genannt wird. Es war das böseste aller Hindernisse, das uns hier die Graswelt entgegenstellte. Die breiten Bäuche der mit Korn belasteten, ungemein massig gezimmerten Barken mussten buchstäblich über das plattgedrückte Gras geschleift werden. Ich blieb als der einzige an Bord zurück. Den vereinigten Anstrengungen aller gelang es, die Überwindung dieser Grasmasse in einem Tag zu erzwingen.
Mit gutem Wind ging es rasch stromaufwärts, solange die nordwestliche Richtung des Fahrwassers anhielt. Allein der immer mehr sich verschmälernde Hauptkanal beschrieb außerordentlich häufige und kurzabgebrochene Bogenlinien, die durch Stoßen und Schieben der Barken vermittels Stangen überwunden werden mussten.
Dinka mit Rind
Die scheinbaren Ufer bestehen auch hier aus schwimmenden Grasdecken, weiter landeinwärts dagegen verraten weidende Herden der Dinka das Festland.
Der Bahr-el-Ghasal hat sein Widerspiel in Europa: An manchen Stellen vermittelt die Havel zwischen Potsdam und Brandenburg mit ihrer Unmasse schwimmender Gewächse eine sehr gute Vorstellung von ihm; auch die Mehrzahl der Pflanzengattungen, nicht Arten, hat die Havel mit dem afrikanischen Fluss gemein. Häufig beträgt die Breite des offenen Wassers nur die einer Barkenlänge, die große, von den längsten Stangen nicht erreichte Tiefe verrät aber den Wasserreichtum, den rechts und links ein paar hundert Schritt weit die Grasdecke verbirgt. Zur Zeit des Hochwassers dagegen ist alles, was jetzt als Land erscheint, ein unermesslicher See.
Das, was die Schiffer Bahr-el-Ghasal nennen, bezeichnet nur die Wasserstraße bis zum Ende ihrer Schiffbarkeit, nicht einen Strom in wissenschaftlichem Sinn, denn ihn müsste man eher Bahr-el-Arab oder Bahr-el-Djur nennen, da diese beiden Flüsse zu seiner Entstehung Veranlassung geben, beide auch über ein weitverzweigtes Netz stattlicher Nebenflüsse verfügen.