Im Krebsgang - Günter Grass - E-Book

Im Krebsgang E-Book

Günter Grass

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Beschreibung

Königs Erläuterungen: Textanalyse und Interpretation mit ausführlicher Inhaltsangabe und Abituraufgaben Das spart dir lästiges Recherchieren und kostet weniger Zeit zur Vorbereitung. In einem Band bieten dir die neuen Königs Erläuterungen ALLES, was du zur Vorbereitung auf Referat, Klausur, Abitur oder Matura benötigst. Alle wichtigen Infos zur Interpretation. - von der ausführlichen Inhaltsangabe über Infos zu Leben und Werk bis zu Stil und Sprache u. v. m. - plus 4 Abituraufgaben mit Musterlösungen und 2 weitere zum kostenlosen Download . findest du kurz und knapp aber auch ausführlich - Die Schnellübersicht fasst alle wesentlichen Infos zu Werk und Autor zusammen. - Die Kapitelzusammenfassungen zeigen dir das Wichtigste eines Kapitels im Überblick ideal auch zum Wiederholen. - Das Stichwortregister ermöglicht dir schnelles Finden wichtiger Textstellen. . und klar strukturiert - Ein zweifarbiges Layout hilft dir Wesentliches einfacher und schneller zu erfassen. - Die Randspalte mit Schlüsselbegriffen gibt dir bessere Orientierung beim Suchen wichtiger Textstellen. - Klar strukturierte Schaubilder zeigen dir wichtige Sachverhalte auf einen Blick. . mit weiteren extra Abituraufgaben und vielen zusätzlichen Infos zum kostenlosen Download.

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KÖNIGS ERLÄUTERUNGEN

Band 416

Textanalyse und Interpretation zu

Günter Grass

IM KREBSGANG

Rüdiger Bernhardt

Alle erforderlichen Infos für Abitur, Matura, Klausur und Referat plus Musteraufgaben mit Lösungsansätzen

Zitierte Ausgabe: Günter Grass: Im Krebsgang. Eine Novelle. München: DTV, 6. Aufl. 2011 (seitenidentisch mit der gebundenen Ausgabe des Steidl-Verlags).  Über den Autor dieser Erläuterung: Prof. Dr. sc. phil. Rüdiger Bernhardt lehrte neuere und neueste deutsche sowie skandinavische Literatur an Universitäten des In- und Auslandes. Er veröffentlichte u. a. Studien zur Literaturgeschichte und zur Antikerezeption, Monografien zu Henrik Ibsen, Gerhart Hauptmann, August Strindberg und Peter Hille, gab die Werke Ibsens, Peter Hilles, Hermann Conradis und anderer sowie zahlreiche Schulbücher heraus. Von 1994 bis 2008 war er Vorsitzender der Gerhart-Hauptmann-Stiftung Kloster auf Hiddensee. 1999 wurde er in die Leibniz-Sozietät gewählt.

Hinweis: Die Rechtschreibung wurde der amtlichen Neuregelung angepasst. Zitate von Günter Grass müssen auf Grund eines Einspruches in der alten Rechtschreibung beibehalten werden.   Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu § 52 a UrhG: Die öffentliche Zugänglichmachung eines für den Unterrichtsgebrauch an Schulen bestimmten Werkes ist stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig.

3. Auflage 2015

ISBN: 978-3-8044-6992-1

© 2008, 2013 by C. Bange Verlag, 96142 Hollfeld Alle Rechte vorbehalten! Titelbild: KdF-Schiff Wilhelm Gustloff © ullstein bild – Teutopress

Hinweise zur Bedienung

Inhaltsverzeichnis Das Inhaltsverzeichnis ist vollständig mit dem Inhalt dieses Buches verknüpft. Tippen Sie auf einen Eintrag und Sie gelangen zum entsprechenden Inhalt.

Fußnoten Fußnoten sind im Text in eckigen Klammern mit fortlaufender Nummerierung angegeben. Tippen Sie auf eine Fußnote und Sie gelangen zum entsprechenden Fußnotentext. Tippen Sie im aufgerufenen Fußnotentext auf die Ziffer zu Beginn der Zeile, und Sie gelangen wieder zum Ursprung. Sie können auch die Rücksprungfunktion Ihres ePub-Readers verwenden (sofern verfügbar).

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INHALT

1. Das Wichtigste auf einen Blick – Schnellübersicht

2. Günter Grass: Leben und Werk

2.1 Biografie

2.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund

Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft

Familiengeschichte als Nationalgeschichte

Der Untergang der Wilhelm Gustloff am 30. Januar 1945

Heimatverlust, Antisemitismus und die Debatte um Günter Grass

2.3 Angaben und Erläuterungen zu wesentlichen Werken

3. Textanalyse und -Interpretation

3.1 Entstehung und Quellen

3.2 Inhaltsangabe

3.3 Aufbau

Eine klassische Novelle

Möglichkeiten des Erzählens

Erzählen im Krebsgang

3.4 Personenkonstellation und Charakteristiken

Tulla Pokriefke

Paul Pokriefke

Konrad Pokriefke

Jenny Brunies

Wolfgang (David) Stremplin

Jemand (bzw. der Alte)

3.5 Sachliche und sprachliche Erläuterungen

3.6 Stil und Sprache

Der erste Satz

Dichtung und Journalismus

Die Unzulänglichkeiten der sprachlich-stilistischen Gestaltung

Symbol- und Motivgeflecht, Internet-Vokabular, Reste der Mundart und LTI-Begriffe

3.7 Interpretationsansätze

Verschiedene Lesarten möglich

Literarische Bezüge

Kritik am Sensationsjournalismus

Ein Text über deutsche Opfer oder über den wieder erstarkenden Antisemitismus?

4. Rezeptionsgeschichte

Wertungen nicht literarischer, sondern politischer Natur

Darstellung deutscher Opfer – ein Tabubruch?

Die Leistung von Günter Grass

Lagerbildungen in der Literaturkritik

Internationale Reaktionen (Updike, Coetzee)

Tiefpunkte der Debatte (Heidenreich, Beutin)

Literarische Qualität bestätigt

5. Materialien

6. Prüfungsaufgaben mit Musterlösungen

Aufgabe 1 *

Aufgabe 2 ***

Aufgabe 3 **

Aufgabe 4 ***

Literatur

Zitierte Ausgabe

Hörbuchausgabe

Weitere Primärliteratur

Lernhilfen und Kommentare für Schüler

Sekundärliteratur

Literatur zum Untergang der Wilhelm Gustloff:

Verfilmungen der Schiffskatastrophe

1.Das Wichtigste auf einen Blick – Schnellübersicht

Damit sich jeder Leser in diesem Band sofort zurechtfindet und das für ihn Interessante entdeckt, folgt hier eine Übersicht.

Im 2. Kapitel wird Günter Grass‘ Leben beschrieben und auf den zeitgeschichtlichen Hintergrund verwiesen:

Grass wurde 1927 in Danzig geboren. Am 1. September 1939 ging der selbstständige Freistaat „Freie Stadt Danzig“ zu Ende. 1945 musste die Familie Grass die Heimat Danzig verlassen. Grass war in den letzten Kriegsmonaten Soldat, lernte nach Zwischenstationen Steinmetz, studierte Malerei und wurde einer der bedeutendsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Er starb 2015 in Lübeck.

Die Novelle Im Krebsgang korrespondiert mit Grass‘ Hauptwerk, der Danziger Trilogie (Titel nach John Reddick). Endgültiger Heimatverlust ist das zentrale Thema.

Im Krebsgang widmet sich dem Thema Flucht, Umsiedlung und Vertreibung.

Günter Grass hat Entwicklungen in der deutschen Nachkriegsgeschichte erfasst, in denen Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit in rechtsradikale Aktionen umschlagen.

Er enthüllt den latent vorhandenen Antisemitismus und den aggressiven Rechtsradikalismus um die Jahrtausendwende.

Im 3. Kapitel findet der Leser eine Textanalyse und -interpretation.

Im Krebsgang – Entstehung und Quellen:

Das Thema des Heimatverlustes geht bis in die Anfänge des Schaffens von Grass zurück. Tulla Pokriefke, bekannt aus der Danziger Trilogie, bekommt nun eine eigene Geschichte. Entstanden ist die Novelle in neun Monaten seit dem ersten Entwurf vom 17. Februar 2001. Materialien zum Untergang der Wilhelm Gustloff lagen vor und wurden von Grass ausgiebig genutzt.

Inhalt:

Der Journalist Paul Pokriefke soll im Auftrag seiner Mutter Tulla und eines „Jemand“ sein Leben, das mit dem Schiff Wilhelm Gustloff verknüpft ist, erzählen. Beim Recherchieren im Internet entdeckt er nationalsozialistische Propaganda und dass sein eigener Sohn Konrad dafür verantwortlich ist. Konrad schlüpft virtuell in die Rolle Wilhelm Gustloffs und sieht sich dem Vermächtnis des Schiffes verpflichtet, engagiert sich entsprechend und erschießt schließlich einen philosemitischen Gymnasiasten, der sich als Jude ausgegeben hat.

Chronologie und Schauplätze:

Die Handlung spielt von 1936 bis 1945 im nationalsozialistischen Deutschland, nach 1945 in den Besatzungszonen und den beiden deutschen Staaten sowie im vereinten Deutschland von 1990 bis 2000. Details reichen bis ins ausgehende 19. Jahrhundert zurück. Der umfangreiche Zeitraum wird auf drei (vier) Generationen einer Familie projiziert: Familiengeschichte wird zur Nationalgeschichte.

Personen:

Die Pokriefkes: Tulla, Paul – geboren am Tag des Untergangs der Wilhelm Gustloff – und seine geschiedene Frau Gabi, Konrad. Sie stehen für deutsche Geschichte von 1927 bis 2000.

Jenny, eine Schulfreundin Tullas, ist Zeugin der Entwicklung der Pokriefkes.

Wolfgang (David) Stremplin ist ein philosemitisch eingestellter Gymnasiast, Sonderling und Gegenspieler von Konrad.

Jemand, der Auftraggeber, trägt Züge von Günter Grass.

Stil und Sprache:

Der erste Satz formuliert den Unterschied zwischen Erzähler und Auftraggeber.

Dichtung und Journalismus geraten nebeneinander; dem Erzähler ist mit literatur- und sprachwissenschaftlichen Begriffen nicht gerecht zu werden.

Die sprachlich-stilistische Gestaltung mit ihren Unzulänglichkeiten ist Ausdruck der Bildung des Erzählers/Journalisten Paul Pokriefke.

Eine Beurteilung der sprachlichen Mittel ist eine Beurteilung journalistischer Mittel.

Symbol- und Motivgeflecht, Internet-Vokabular, Reste der Mundart (Danziger Platt) und Begriffe der LTI (Lingua Tertii Imperii, Sprache des Dritten Reichs) werden verwendet.

Verschiedene Interpretationsansätze:

Die Novelle Im Krebsgang lässt sich als Kriminalgeschichte, als Geschichtsroman, als Gegenwartserzählung, als Familientragödie und als Seegeschichte lesen. Dominierend ist der ereignisreiche Vorgang der Nationalgeschichte.

Mehrere Vergleiche – u. a. mit Thomas Mann oder Heinrich Böll – machen entstehende Gewalt deutlich, um sie zu verhindern, sie weisen aber auch den Unterschied von Dichtung und Journalismus aus.

Vergleichbar mit Grass‘ Novelle sind Uwe Timms Am Beispiel meines Bruders (2003) und Hans-Ulrich Treichels Erzählung Der Verlorene (1998): Die drei Erzähler fragen nach den Gründen für die Entwicklung des Faschismus/Nationalsozialismus und nach den Lehren, die daraus gezogen oder nicht gezogen wurden.

Der Text über Flucht und Vertreibung ist auch ein politisch-moralischer Text: Trotz der zahlreichen Opfer reaktivierten sich nationalsozialistisches und antisemitisches Denken. Die Novelle ist ein Beitrag zur Diskussion um den Antisemitismus in Deutschland.

2.Günter Grass: Leben und Werk

Günter Grass (1927–2015) © Cinetext/Bruder

2.1Biografie

JAHR

ORT

EREIGNIS

ALTER

1927

Danzig

Günter Grass wird am Sonntag, dem 16. Oktober, in Danzig-Langfuhr als Kind eines deutschen protestantischen Vaters und einer kaschubischen katholischen Mutter geboren. Er wird katholisch erzogen. Die Eltern haben ein Kolonialwarengeschäft.

1933–44

Danzig

Besuch der Volksschule, 1937 des Real-Gymnasiums Conradinum. Seit 1937 im Deutschen Jungvolk (DJ)

6–16

1939

Danzig

1. September: Den Kriegsausbruch betrachtete Grass als das Ende seiner Kindheit.

12

1943/44

Danzig

Luftwaffenhelfer, Reichsarbeitsdienst

17

1944

Dresden

September: Den Marschbefehl zur Waffen-SS verstand Grass, begeistert vom Dritten Reich, als Kommando in eine „Eliteeinheit“ (Zwiebel, 126). Ausbildung zum Panzerschützen auf einem Truppenübungsplatz in Böhmen

17

1945

Ende Februar: Vereidigung; Verlegung nach Weißwasser

18

Cottbus

Als Soldat (Panzerschütze) in der Waffen-SS-Division „Jörg von Frundsberg“ am „Kriegsgeschehen“ (Zwiebel, 150) beteiligt, „als Freiheit von der Schule mißverstanden“[1].

Marienbad

April: Verwundet, in Meißen und Marienbad medizinisch versorgt Lazarett

Grafenwöhr Bad Aibling

In der Oberpfalz und in Bayern in amerikanischer Gefangenschaft; besucht einen Kochkurs. Überstellt nach Munster-Lager.

1946–47

Köln Saarland

Landarbeiter, Koppeljunge unter Tage in einem Kali-Bergwerk. Er ist unterwegs in verschiedenen Besatzungszonen, trifft seine Familie wieder, die Danzig verlassen musste. Die Nürnberger Prozesse öffnen ihm die Augen über den Nationalsozialismus, ohne „haltbar Partei zu ergreifen“ (Zwiebel, 256).

19–20

1947

Düsseldorf

Auf Rat Prof. Enselings Lehre als Steinmetz

20

1948–52

Düsseldorf

Studium an der Kunstakademie (Bildhauerei und Graphik; Lehrer: Sepp Mages und Otto Pankok)

21–25

1951–52

Reisen nach Italien und Frankreich. Bekanntschaft mit der Schweizer Bal- lettstudentin Anna Schwarz

24–25

1953–56

Berlin

Studium an der Hochschule für Bildende Künste (Schüler Karl Hartungs, hält ihn für einen seiner „begabtesten Schüler“[2]) 18. 1. 53: Anna Schwarz in Berlin. Er heiratet sie 1954 und hat mit ihr vier Kinder (1957–65). Tod der Mutter am 24. 1. 1954

26–29

1955

Berlin

Erste Veröffentlichungen. Auszeichnung: 3. Preis in einem Lyrikwettbewerb des Süddeutschen Rundfunks. Wird zur Gruppe 47 eingeladen, liest dort erstmals (Lyrik) und gewinnt Walter Höllerer zum Freund.

28

1956

Paris Stuttgart

Umzug: Grass besucht mehrfach Heines Grab, Freundschaft mit Paul Celan. Erste Ausstellung von Plastiken und Grafiken

29

1958

Großholzleute/Allgäu

Preis der Gruppe 47 für Die Blechtrommel

31

Danzig

Reise nach Polen

1959

Bremen

Die Blechtrommel erscheint. Der Senat der Stadt Bremen verweigert den von einer Jury zuerkannten Literaturpreis.

32

1960

Berlin

Rückkehr von Paris, erneut Reise nach Polen Grass hat großen Anteil an der Veröffentlichung des Stroop-Berichtes[3] in der Bundesrepublik, ein nachdrücklicher Beleg für den Völkermord an den Juden.

33

1961

Leipzig

Grass liest am 21. März als Gast Hans Mayers aus Die Blechtrommel im berühmten Hörsaal 40 der Leipziger Universität. „Es war gut, dass er zu uns gekommen war.“[4] Grass nimmt im Mai am V. Schriftstellerkongress der DDR teil. Novelle Katz und Maus erscheint.

34

Neuwied

Begegnung mit Willy Brandt, Beginn des Engagements für die SPD. Gemeinsam mit Wolfdietrich Schnurre protestiert Grass beim Schriftstellerverband der DDR gegen die Schließung der Grenze am 13. August 1961.

1963

Berlin

Aufnahme in die Akademie der Künste. Mit dem Roman Hundejahre wird die Danziger Trilogie abgeschlossen.

36

1964

USA

Reise. 1965 Ehrenpromotion durch das Kenyon College

37

1965

Bundestagswahlkampf für die SPD in 52 Veranstaltungen

38

Darmstadt

Georg-Büchner-Preis

Düsseldorf

Am 3. 10. werden am Rheinufer von Mitgliedern des „Evangelischen Jugendbundes für entschiedenes Christentum“ mit Genehmigung des Ordnungsamtes Bücher verbrannt, darunter Bücher von Erich Kästner, Camus und Grass.

Berlin

Brandanschlag auf Grass’ Wohnung

1966

USA

Tagung der Gruppe 47 in Princeton

39

1967

Israel

Reise

40

Nürnberg

Rede auf dem SPD-Parteitag

1968

Meißen

Mai: Im Dom wird das Meißener Tedeum des Komponisten Wolfgang Hufschmidt mit einem ‚ketzerischen Antitext‘ von Günter Grass aufgeführt.

41

Lübeck

28. 9.: Grass stellt die von ihm gegründete „Stiftung zugunsten des Romavolkes“ vor.

1968–69

Fontane-Preis u. a. Preise. Mehrere Reisen. Wahlkampfreise für die SPD mit 190 Veranstaltungen

41–42

1970

Warschau

Reise mit Willy Brandt zur Unterzeichnung des Deutsch-Polnischen Vertrages

43

1971

Nürnberg

Rede zum Dürer-Jahr

44

Tansania/Israel

Reisen

1972

Wewelsfleth

Trennung von Anna Grass. Kauf eines Hauses in Schleswig-Holstein Bundestagswahlkampf für die SPD mit 129 Veranstaltungen

45

1973

Israel

Reise mit Willy Brandt

46

1974

Austritt aus der katholischen Kirche

47

1975

Indien

Reise

48

1976

Teilnahme am Bundestagswahlkampf der SPD

49

1978

Stiftung des Alfred-Döblin-Preises „aus einem überschüssigen Teil“ der Buchhonorare[5] Scheidung von Anna Grass. Reisen in Asien

51

1979

Cannes

Auszeichnungen, darunter die Goldene Palme der Filmfestspiele für den Film Die Blechtrommel Sommer: Tod des Vaters Eheschließung mit der Hiddenseer Organistin Ute Grunert

52

1982

Eintritt in die SPD

55

1983

Berlin

Präsident der Akademie der Künste

56

1984

Hamburg

Umzug, ohne sich in Hamburg wohlzufühlen.

57

1986

Behlendorf

Kauf einer Gründerzeitvilla in Holstein

59

1986–87

Indien

Aufenthalt in Kalkutta

59–60

1989

Berlin

Austritt aus der Akademie der Künste wegen deren mangelnder Solidarität mit Salman Rushdie

62

1990

Gdańsk

4. Mai: Fahrt „mit einem Marineminenleger zur Westerplatte“ (D, 93), besucht Orte der Danziger Trilogie (Brösen, Oliva usw.).

63

Poznan

Ehrendoktor der Universität

Frankfurt a. M.

Wintersemester: Gastdozentur für Poetik, Schreiben nach Auschwitz

1992

Austritt aus der SPD

65

1993

Danzig/Gdańsk

Ehrendoktor der Universität, Ehrenbürger der Stadt, u.a. Ehrungen durch die Kaschubisch-Pommersche Vereinigung

66

1994

Auszeichnungen, darunter den Großen Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste

67

1995

Der Roman Ein weites Feld erscheint und löst einen Streit in der Literaturkritik aus.

68

1996

Auszeichnungen, darunter der dänische Sonning-Preis, der Fallada-Preis, die Hermann-Kesten-Medaille und im Mai der Thomas-Mann-Preis der Stadt Lübeck

69

1997

Göttingen

Februar: Samuel-Bogumil-Linde-Literaturpreis für Verdienste um die deutsch-polnische Verständigung

70

Frankfurt a. M.

Oktober: Laudatio auf den Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels Yaşar Kemal; Angriffe konservativer Kräfte

Oklahoma City

Die Polizei beschlagnahmt Videos der Blechtrommel (Film), die als pornografisch eingestuft wurde; 1999 deshalb 575.000 Dollar Entschädigung.

1998

Berlin

10. Mai: Wiederaufnahme in die Akademie der Künste

71

1999

Göttingen

Mein Jahrhundert Grass nimmt aus moralischen Gründen und aus Treue zur SPD Partei für den Krieg der NATO unter Beteiligung der BRD gegen Jugoslawien[6] und wird von Kriegsgegnern kritisiert.

72

Oviedo

Als erster nicht-spanischer Autor erhält Grass den Prinz-von-Asturien-Preis für seinen Einsatz für Freiheit und Demokratie.

Stockholm

Nobelpreis

2000

Hamburg

Theaterfassung Mein Jahrhundert (Regie: Horst Königstein)

73

Bremen

Gründung der Günter-Grass-Stiftung: Sammelt Bild- und Tonbeiträge

2001

Frankfurt/O.

Viadrina-Preis der Viadrina-Universität

74

Berlin

Herbst: Gemeinsam mit zahlreichen Künstlern veröffentlicht Grass eine Erklärung gegen den Einsatz deutscher Truppen in Afghanistan und gegen einen „Totalitarismus neuer Art“.

2002

Die NovelleIm Krebsgangerscheint.

75

Halle (S.)

21. März: Grass hält die Rede zur Gründung einer Nationalstiftung, die er 1973 angeregt hatte: „Gut Ding braucht Weile heißt eine Schneckenweisheit.“[7]

Leipzig

21. März: erstmalige Verleihung des von Grass geschaffenen Bücher-Butts, des Deutschen Bücherpreises (2002–2004).

Lübeck

20. Oktober: Eröffnung des Günter-Grass-Hauses, in dem das Werk (Wort- und Bildkunst) zugänglich gemacht werden soll.

2003

Halle (S.

Grass erhält den Bürgerpreis „Der Esel, der auf Rosen geht“. Grass verurteilt den Krieg der USA im Irak, zumal die USA aus den „Niederlagen nichts lernt, etwa aus dem Vietnam Krieg“[8].

76

Göttingen

Letzte Tänze, Gedichte und Zeichnungen

2004

Göttingen

Fünf Jahrzehnte. Ein Werkstattbericht

77

2005

Indien

Erneuter Aufenthalt, u. a. in Kalkutta

78

Berlin

Ehrendoktor der FU

Stuttgart

28. November: Eckart-Witzigmann-Preis der Deutschen Akademie für Kulinaristik

Lübeck

1. Treffen der „Lübecker Gruppe 05“ nach dem Vorbild der „Gruppe 47“ für jüngere Schriftsteller

2006

Lübeck

Grass‘ Autobiografie Beim Häuten der Zwiebel enthält u. a. das Bekenntnis, in der Waffen-SS gedient zu haben. Heftige Reaktionen zahlreicher Kollegen und eines polarisierten Publikums: „Hoch geehrt und heiß umstritten – Günter Grass polarisiert.“[9] Grass erwägt, Deutschland zu verlassen.

79

Chemnitz Görlitz

15. 12.: Lesung statt der Auszeichnung mit dem Internationalen Brückenpreis (Görlitz und Zgorzelec), den Grass abgelehnt hatte. Sonderausstellung „Grafiken und Skulpturen“ im Schlesischen Museum

2007

Lübeck  

Im Günter Grass-Haus wird die Ausstellung „Der liebe Gott“ Otto Pankok. Ein Lehrer von Günter Grass gezeigt. Der Gedichtband Dummer August erscheint und reagiert auf die Angriffe des Vorjahres.

80

Hiddensee

Grass engagiert sich für die Edition Hiddensee.

Lübeck

Festakt der Stadt mit dem Bundespräsidenten Horst Köhler. Veranstaltungen und Fernsehsendungen zum 80. Geburtstag

Göttingen

Geburtstagsparty, organisiert vom Verlag Steidl, mit 2000 Gästen

Danzig

Konferenz, Ausstellung u. v. a. m. anlässlich des 80. Geburtstages

2008

St. Petersburg Göttingen

Mai: Auf Grass‘ Anregung findet ein deutsch-russisches Autorentreffen statt. 29. August: Die Box, ein weiteres autobiografisches Buch

81

2009

Göttingen

Januar: Grass‘ Tagebuch 1990 erscheint: Unterwegs von Deutschland nach Deutschland. September: Grass ist für die SPD im Wahlkampf in Ostdeutschland unterwegs.

82

2010

Istanbul

Grass ruft die Türkei auf, die im Ersten Weltkrieg an den Armeniern begangenen Verbrechen anzuerkennen.

83

Berlin

Günter Grass im Visier. Die Stasi-Akte (hrsg. von Kai Schlüter) erscheint.

Göttingen

Mit Grimms Wörter. Eine Liebeserklärung schließt Grass seine autobiografische Trilogie ab.

2011

Braunschweig

Januar: In der Jakob-Kemenate werden Zeichnungen und Plastiken von Grass ausgestellt. Er besucht die Jüdische Gemeinde.

84

Göttingen

28. April: Grass und sein Verleger Steidl enthüllen ein von Grass entworfenes Denkmal für die Göttinger Sieben (darunter Jacob und Wilhelm Grimm).

2012

4. April: In Zeitungen erscheint Grass‘ Gedicht Was gesagt werden muss, in dem er das „behauptete Recht auf den Erstschlag“ israelischer Politiker kritisch bewertet und vor einem Krieg warnt. Eine polarisierte Diskussion bricht los, die weder Grenzen noch Sachlichkeit wahrt. Das Gedicht erhält internationale Beachtung und löst Diskussionen über Israel als Atommacht aus. Israel erlässt ein Einreiseverbot gegen Grass. 26. Mai: In der Süddeutschen Zeitung erscheint das Gedicht Europas Schande mit zahlreichen Anspielungen auf Kunst und Kultur und löst eine erneute Diskussion aus. Grass beklagt „ein kaum noch geduldetes Land“, das die Wiege Europas sei und nun an den Pranger gestellt werde und leide (gemeint ist Griechenland). Herbst: Eintagsfliegen (Lyrik) Dezember: Grass führt, nach einer Cicero-Liste, die Liste der 500 wichtigsten deutschen Intellektuellen an, gefolgt von Peter Handke, Martin Walser und Alice Schwarzer. Die dänische Europa-Bewegung ernennt Grass zum „Europäer des Jahres“.

85

2013

Bad Elster

Januar-März: Über 60 Grafiken werden in der Wandelhalle des berühmten Bades ausgestellt.

86

2015

Lübeck

Am 13. April stirbt Grass in seinem 88. Lebensjahr

87

Göttingen

Vonne Endlichkait (Prosatexte, Gedichte, Zeichnungen) erscheint posum.

2.2Zeitgeschichtlicher Hintergrund[10]

ZUSAMMENFASSUNG

Die Handlung spielt im nationalsozialistischen Deutschland von 1936 bis 1945, nach 1945 in den Besatzungszonen und den beiden deutschen Staaten sowie im vereinten Deutschland von 1990 bis 2000. Details reichen bis ins ausgehende 19. Jahrhundert zurück. Außerdem wird die Geschichte des Freistaates „Freie Stadt Danzig“ erörtert.

Der umfangreiche Zeitraum wird auf drei (vier) Generationen einer Familie projiziert: Familiengeschichte wird zur Nationalgeschichte.

Der autobiografische Hintergrund, die Behandlung des Themas Flüchtlinge, Vertriebene, Umsiedler sind Teil der Novelle.

Günter Grass hat seismografisch Stimmungen und Entwicklungen in der deutschen Gegenwart erfasst, in denen Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit in rechtsradikale Aktionen umschlagen.

Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft

Der zeitgeschichtliche Hintergrund von Im Krebsgang ist ein doppelter: Einmal geht bei Günter Grass allgemein in jedes Werk ein Stück der Autobiografie des Schriftstellers ein, d. h., unabhängig von dem behandelten Thema sind Verbindungen zwischen biografischen Umständen des Autors und seinen Werken mitzudenken. Zweitens ist der zeitgeschichtliche Hintergrund nicht mit dem beschriebenen Geschehen oder auch dem Erscheinungsjahr des Textes abgeschlossen, sondern setzt sich in der Gegenwart fort und stellt Beziehungen zur Zukunft her. Eine besondere Wirkung von Literatur wird deutlich, die zeitgeschichtliche Vorwegnahme: Intuitiv leitet sie aus ihrer jeweiligen Gegenwart Entwicklungen ab, die ahnbar und möglich, real aber erst im Kommen sind. Diese Wirkung haben Grass‘sche Texte mehrfach bewiesen: So geht es in Im Krebsgang um die Vergangenheit von Nationalsozialismus/Faschismus, aber auch um den Rechtsradikalismus in den Jahren der Jahrtausendwende 2000. Dieser Rechtsradikalismus hat sich in der von Grass beschriebenen Weise fortentwickelt: Zu dem literarischen Mord des Konrad Pokriefke 1997 sind zwischen 2000 und 2007 zehn reale Morde, die der Zwickauer Terrorzelle (NSU) zugeschrieben werden, gekommen. Aktuelle Dokumentationen weisen aus, dass die rechte politische Gewalt straff organisiert war; Anschläge, darunter der Nagelbombenanschlag des Zwickauer Trios 2004 in Köln, Keupstraße, um „die türkischstämmigen Kleinunternehmer in der Straße“[11] zu treffen, weisen eine Aktualität von Im Krebsgang