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Während sich in der Stadt Norevelth ein neues Virus ausbreitet, welches das Blut der Betroffenen verändert wie auch ihre Wahrnehmung, taucht in der Stadt Sigouroth wie aus dem Nichts eine bereits tot geglaubte Frau auf, der grausige Delikte nachgesagt werden, und die wie keine andere von allen Menschen gehasst und verfolgt wird. Die Behörden und Regierungen der Welt bleiben wegen der Pandemie aber untätig und überlassen die Bevölkerung ungerührt ihrem Schicksal. Oder verfolgen sie damit eigene Ziele? Ziele, die auch mit einer okkulten Glaubensgemeinschaft aus Sigouroth übereinstimmen? Doch das Virus ist nicht die einzige Bedrohung. Die Bevölkerung der Welt muss erkennen, dass die Maßnahmen der Regierungen lediglich dazu dienen, Menschen durch die vermeintliche Impfung in willenlose maschinenartige Arbeitssklaven zu verwandeln und gleichzeitig die Bevölkerungszahl zu dezimieren. Zur selben Zeit treten auch genetische Veränderungen bei einigen auf, die sie in reißende Bestien verwandeln. Kann die Menschheit angesichts dieser zahlreichen Bedrohungen noch überleben?
Der Vorgänger „Hybridilisation“ muss dem Leser nicht bekannt sein, um „Im Namen von...“ lesen zu können.
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Hybridilisation Band II
von K.Y. Laval
Im Namen von...
Hybridilisation Band II
K.Y. Laval
Copyright: 2023 K.Y. Laval
published by: BookRix GmbH & Co. KG, München
Deutschland
K.Y. Laval: [email protected]
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Vielen Dank, dass Sie die harte Arbeit des Autors respektieren und würdigen!
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Im Namen von...
Impressum
Lizenzerklärung
Inhaltsverzeichnis
Prolog
Im Namen von...
Epilog
Leseprobe aus Fleischrequiem
Leseprobe aus Hybridilisation
„Es ist wieder so weit: Rory ist geschlechtsreif. Hilfst du mir?“
„Und es tut ihm wirklich nicht weh?“
„Nein, wie oft muss ich dir das denn noch sagen? Das ist etwas ganz Natürliches. Bei den Mädchen machen wir es nicht anders. Denen tut es auch nicht weh.“
Seine kleine Tochter, die ihr Vater liebevoll Hitch nennt, nickt langsam. Sie kann sich noch gut an Vaters Gespräch mit dem Kunden am Markt erinnern. Der Kunde wollte eine Stute kaufen. Er fragte Vin aufgebracht, was er denn mit dem Geschlechtsorgan des Pferdes angestellt habe. Vin erklärte dem Kunden daraufhin, er habe das aus hygienischen Gründen gemacht. Der Kunde wollte daraufhin wissen, ob die Stute krank sei. Vin versicherte ihm, dass mit der Stute alles in Ordnung sei, dennoch wandte sich der potentielle Käufer kopfschüttelnd von dem Vater und dem Pferd ab.
Die Sechsjährige steht vor dem jungen Hengst, der zu schlafen scheint. Er liegt auf dem Rücken, seine Hinterläufe sind gespreizt. Die Ketten, die ihm die Beine auseinanderhalten, sind in den Karabinern eingehakt, die fest in der Decke des Cut-Raums, wie ihn der Vater zu nennen pflegt, verankert sind. Zwei weitere Ketten strecken die vorderen Gliedmaßen gerade nach oben, welche wiederum von Karabinern in der Decke gehalten werden.
Der Vater nähert sich dem Hengst mit einem Skalpell. „Halte dich bereit“, fordert er Hitch auf. „Es muss schnell gehen, damit er nicht so viel Blut verliert.“
Das kleine Mädchen nickt artig und umfasst fest den Stiel des Brandeisens, das in dem Kessel steckt, in welchem ein Feuer lodert. Wenn es blutet, muss es doch weh tun, oder nicht, fragt sich Hitch in Gedanken.
Vin fasst hinter den Hoden und hebt ihn an. Er setzt einen einzigen schnellen, präzisen Schnitt, und der Hoden liegt in seiner Hand. Ein Grinsen breitet sich auf Vins Gesicht aus, als er an das heutige Abendessen denkt. Hitchs Blick streift den Schritt ihres Vaters, in dem sie eine Wölbung erkennt, sie verschwendet daran aber keinen weiteren Gedanken. Das Pferd bekommt tatsächlich nichts davon mit. Es rührt sich überhaupt nicht.
Dass er den Hengst unter Narkose gesetzt hat, verschweigt der Vater Hitch, so wie vieles andere auch, um Hitch, die er von der Umwelt abgeschlossen hält, auf die von ihm gewünschte Bahn zu lenken. Auf dem Hof in den Bergen bietet sich die ideale Gelegenheit für ein Leben in der Abgeschiedenheit.
„Jetzt, Mädchen, schnell!“
Eilig kommt Hitch mit dem Brandeisen näher und drückt es dem Hengst auf die pulsierende Wunde.
„Fester, Mädchen, fester!“
Hitch presst das Eisen, so fest sie kann, darauf.
„Was habe ich dir gesagt? Es tut ihm nicht weh. Er bekommt nichts mit“, lächelt Vin.
Hitch nickt nur langsam und in sich gekehrt. Insgeheim hegt sie Zweifel.
Am späten Abend dieses Tages legt sich Vin neben seine kleine Tochter in das gemeinsame Bett. Nachdem seine Frau verstorben war, hat er Hitch bei sich einquartiert. Vin erträgt es nicht, alleine zu schlafen. Er dreht sich mit dem Gesicht zu ihr, die ein Nachthemd trägt, und legt seinen rechten Arm um ihre Hüfte. „Periode bekommen, hm?“, meint er liebevoll zu seiner frühreifen Tochter. Vin förderte die Geschlechtsreife gezielt, indem er dem Mädchen stets fett- und zuckerreiche Nahrung serviert hat, Hitchs Übergewicht daraufhin still hinnehmend.
Hitch erwidert nichts. Sie empfindet einen Anflug von Scham. Es stört sie, dass er dahintergekommen ist. Er muss die Binde im Mülleimer entdeckt haben. Gänsehaut steigt bei ihr auf, als er zärtlich ihren Unterleib streichelt.
„Jetzt kannst du schwanger werden. Du weißt, das darf nicht sein...“
Als Hitch aus dem Bett steigen will, hält er sie am Unterarm fest. „Wo willst du hin?“
„Ich hab´ eine Hausaufgabe vergessen. Die muss bis morgen fertig sein.“
„Vergiss die Hausaufgabe“, zwinkert er ihr zu. „Ich bin doch dein Lehrer. Ich gebe dir noch ein paar Tage Zeit dafür.“
Hitch dreht sich zu ihm und sieht ihn skeptisch an.
„Komm´ wieder ins Bett. Ich zeige dir etwas, das viel besser ist. Und ich mache etwas Großartiges aus dir, auch ohne diese bescheuerten Hausaufgaben, die sind ohnehin nichts für dich. Du bist für Größeres bestimmt.“
Langsam legt sich Hitch wieder zu ihm. Sie ist neugierig geworden.
Vin streichelt ihre Leiste. Ein kleines Zucken gleitet darüber. „Ich mache etwas ganz Besonderes aus dir. Einzige Bedingung dafür ist, du musst es wollen.“ Er streichelt sie weiter. Tatsächlich fühlt es sich für Hitch angenehm an. Schließlich dreht sie sich auf den Rücken und lässt sich von ihm die Innenseiten ihrer Oberschenkel streicheln, dabei spreizt sie die Beine. Wie aus Versehen gleitet der Vater mit seiner Hand über ihren ausgeleierten Slip und dabei über ihr Geschlecht. Er beobachtet Hitch aufmerksam. Als er keinerlei Widerstand bei ihr erkennen kann, fährt er mit der Hand unter ihren Slip. Er fühlt Feuchtigkeit. Ob es ihre Periode ist oder Hitch seine Berührungen erwidert, kann er nicht beurteilen. „Da drin werden die Kinder gemacht“, erklärt er ihr, während er ihre Vagina streichelt und dabei ein wenig tiefer in sie gleitet. Die Nässe, die er auf seinen Fingern spürt, lässt sein Glied hart werden. Hitch zuckt zusammen, als er damit gegen ihre Hüfte stößt. „Fass´ ihn mal an“, fordert er sie auf. Vin führt die kleine Hand unter seine Shorts. Erst erschrickt Hitch, doch dann streichelt sie ihn ebenso zärtlich wie er sie.
„Das ist ganz etwas Natürliches. Ich kenne dich da unten, ich hab´ dich gewickelt. Und Zärtlichkeit auszutauschen, ist etwas Schönes, oder nicht?“
Nun bejaht Hitch nickend. Sie spreizt ihre Schenkel noch weiter.
„So ist es gut.“ Er streichelt sie ein wenig energischer, gleitet dabei tiefer zwischen die weichen Polster ihrer Schwellkörper.
Hitchs Becken und Schenkel beginnen zu zittern. Sie reckt ihm ihren Schoß entgegen und spreizt die Beine so weit sie kann.
Er stimuliert sie hartnäckig weiter, schließlich verschwindet sein Kopf unter der Bettdecke zwischen ihren Schenkeln. Hitch beginnt leise und hoch zu stöhnen, als ihr Vater sie mit seiner Zunge liebkost. Schließlich leckt er beharrlich einen bestimmten erogenen Punkt. Kurz darauf beginnen Hitchs Oberschenkel und Becken stark zu vibrieren, im nächsten Augenblick stößt sie ein heiseres Glucksen aus. Ihr Kopf, den sie im Orgasmus angehoben hat, sinkt in das Kissen zurück, heftig atmend bleibt Hitch mit immer noch zitternden, aufgestellten und gespreizten Knien liegen. Der Vater kommt mit seinem Kopf unter der Bettdecke hervor und küsst sie erst auf die Stirn, dann sanft auf den heißen Atem ausstoßenden Mund. Zwei rote Abdrücke bleiben darauf zurück. Bald darauf fällt Hitch in tiefen, erholsamen Schlaf.
Er weckt sie mit einem Kuss auf die Wange. „Morgen, Liebes. Gut geschlafen?“
Hitch dreht sich auf den Rücken und räkelt sich. „Ja“, lächelt sie. Eine Weile lang sagt sie nichts, dann aber kichert sie: „Ich fühle mich jetzt wie eine Frau.“
„Jaa, jetzt bist du eine Frau“, bestätigt er. „Ich habe eine Überraschung für dich.“
Hitchs Augen funkeln erwartungsvoll.
„Zieh´ dich an.“
Sie steigt aus dem Bett und beginnt sich anzukleiden.
„Die Hose kannst du weglassen.“ Er kommt auf ihre Bettseite und legt ihr eine weiße Binde um die Augen. „Den Slip mit der Hygieneeinlage kannst du einstweilen anbehalten.“
Nachdem sie ihren Slip hochgezogen hat, streckt sie ihre Hand nach ihm aus. Der Vater ergreift sie. Er führt sie nach draußen in die kleine Hütte neben dem Stall und dort zu einer Bank - oder einem Bett -, Hitch kann es nicht feststellen. „Es fühlt sich weich an“, merkt sie an, als sie sich darauf legt.
„Ja“, bestätigt der Vater.
„Du hast Feuer gemacht, richtig? Ich kann es knistern hören.“
„Auch das hast du richtig erkannt.“
„Was machst du“, fragt sie ein wenig ängstlich, als er ihr den Slip auszieht und ihre Beine spreizt.
„Ein kleines Geschenk. Es kitzelt ein bisschen, du sollst nicht zusammenzucken. Es gefällt dir bestimmt. Erinnerst du dich daran, was ich dir versprochen habe?“
Hitch überlegt. „Dass du etwas Großartiges aus mir machen willst?“
„Ganz recht. Mum hat das gleiche Geschenk von mir bekommen...“ Leider hat sie es nicht überlebt. Aber du bist stärker als sie, Liebes...
Hitch erwidert darauf nichts, lässt es aber mit sich geschehen, als der Vater ihre Knie mit den gepolsterten Riemen ganz nach unten auf die Bank - das Bett - zieht und die Riemen festmacht. Er betrachtet die in dieser Stellung hervorquellenden inneren Schamlippen und die Klitoris mit Wohlgefallen.
Vin wendet sich um, nimmt den kleinen Strauß Maiglöckchen, den er mitgebracht hat, und führt die Stiele langsam in Hitchs geöffnete Scheide ein. Für einen Moment überlegt er, ihr vorher noch mit der glühenden Eisenstange die Gebärmutter zu versengen, so wie er es bei seinen Stuten zu tun pflegt, entscheidet schließlich aber, es erst hinterher zu machen.
Hätte es bei Lorraine funktioniert, wäre Hitch nie auf die Welt gekommen und alles hätte seine Ordnung gehabt ...das bist du mir schuldig, Kleines, nicht dass du auch noch schwanger wirst. Beschert nur Unannehmlichkeiten und verlangt Erklärungen. Reif dafür bist du, das habe ich selbst festgestellt...
Sich selbst zu kastrieren, zieht Vin nicht in Erwägung.
Hitch will zusammenzucken, was ihr aufgrund der Fixierung mit den Riemen aber nicht möglich ist, stattdessen kichert sie. „Es kitzelt tatsächlich. Was ist das?“
Der Vater antwortet nicht. Im nächsten Augenblick fährt Hitch kreischend zusammen.
„Du musst schnell machen, sonst verlierst du zu viel Blut.“ Vin öffnet die Riemen an ihren Knien, verlässt schnell den kleinen Raum und sperrt hinter sich ab. Er öffnet seine Hose. Mit vor Erregung weit hervorquellenden Augen sieht er durch das kleine, rechteckige Fenster im oberen Drittel der Tür. Seine rechte Hand hat er fest um seinen Penis geschlossen und reibt ihn wie von Sinnen. Er sieht seine Tochter, die sich schreiend und weinend auf Händen und Knien, sich am Knistern des Feuers orientierend, zu dem Behälter schleppt, während ihre Scheide auf dem Weg dorthin Blut und Maiglöckchen verteilt. Hitch hebt ihren Arm und nimmt das Brandeisen heraus, das neben ihr auf den Boden fällt. Mit zitternder, aber schneller Hand umfasst sie den Stiel, dreht sich auf den Rücken, spreizt die Beine weit und presst das Eisen so fest sie kann auf die pochende Wunde. Ihre Schreie überschlagen sich, während sich der Vater heftig schnaufend und sich vor Wonne schüttelnd auf die Tür ergießt.
Schließlich muss sich Vin von der Tür abwenden, weil er Hitchs nicht enden wollendes Gekreische nicht mehr erträgt. Mit den kleinen Schwellkörpern in der Hand macht er sich eilig in die Küche auf. Seine Tochter würde die Mahlzeit nicht mit ihm teilen, obwohl es Vin Hochgenuss bereitete.
Bestimmt bringt sie die nächsten Tage keinen Bissen runter. Bis dahin wären die guten Stücke verdorben. Das kann ich nicht riskieren...
„Die Angestellte vom Bisquick-Markt hat gerade angerufen. Kayne hat Unmengen an Schokolade und eine Grabkerze gekauft.“
Inspektor Jacobs Blick bleibt kurz an seinem Kollegen haften, ehe er zum Telefon greift.
Als Kayne sich der Einfahrt zur Tiefgarage mit dem Fahrrad nähert und neben dem Toröffner hält, kramt sie in ihrer Umhängetasche nach dem Schlüssel. Ein kleiner Junge kommt gerade aus dem Müllraum, der sich Kayne gegenüber vor dem Tor befindet. Der Junge läuft zu ihr und meint: „Warte, ich mach´ dir auf.“
„Das ist lieb von dir, danke.“
„Bitte.“
Als das Gitter des Tors daraufhin hochgezogen wird, eilt der Junge zu dem Müllraum zurück und drückt sich mit dem Rücken gegen die Tür. Kayne duckt sich, um bereits während des Öffnungsvorganges in die Tiefgarage zu gelangen, in der sich auch ein Aufgang zu den Wohnungen befindet.
„Das war wohl nichts“, teilt der inzwischen genervte Zivil-Ermittler Williams seinem Kollegen Jacob, der im örtlichen Revier sitzt, am Telefon mit. Williams Meinung nach ist der Verdacht, Kayne sei eine Pädophile, die ihre Opfer rituell beschneide, längst ausgeräumt.
Sarah, die Angestellte des Bisquick-Markts, fährt indes mit ihrer Tätigkeit fort, wenn auch genervt. Sie weiß, wie lange die Polizei Kayne bereits verfolgt. In ihren Augen ist die Polizei unfähig, diese Frau zu fassen. Die Polizei erfülle nur dann ihre Aufgabe, wenn die Tat bereits begangen worden sei. Präventiv versage die Polizei. Aber das ist ja nichts Neues. Widerwillig widmet sie sich dem Einräumen von Lebensmittel in die Regale.
Als Sarah nach Dienstschluss den Supermarkt verlässt, kreisen ihre Gedanken um die Menschenhändlerin und angeblich Pädophile. Die Polizei hat ihr und den anderen Mitarbeitern ein Foto von Kayne Laval gezeigt und ihnen die Vorwürfe, die gegen Laval bestehen, anvertraut. Das ist nun schon bald ein Jahr her!
Sarah, die zu Fuß unterwegs ist, verlässt die Hauptstraße und biegt in eine Seitenstraße ein, die an dem Friedhof vorbeiführt. Unweigerlich muss sie bei seinem Anblick wieder an Kayne denken, die eine Grabkerze gekauft hat. Sarah konzentriert sich auf die Besucher, die sie trotz Dunkelheit im Schein der Kerzen zwischen den Gräbern stehen sieht. Sie meint sogar, eine Person zu erkennen, die den Umrissen nach zu der Verdächtigen passt. Sarah blinzelt und konzentriert ihren Blick noch mehr. Ihr fällt wieder ein, dass die Polizei kürzlich erwähnt hat, Kayne sei sehr intelligent. Darum konnte sie wahrscheinlich noch nicht überführt werden. Darauf kommt die Polizei nach fast einem Jahr... Sarah schüttelt verständnislos den Kopf. Kayne sei außerdem Satanistin und gehöre einer okkulten Glaubensgemeinschaft an. Sarah schaudert. Über Okkultisten und deren Rituale hat sie schon so manches gehört. Was Sarah jedoch übersieht, ist, dass es so wie bei allem schwarze Schafe gibt. Über diejenigen, die Okkultismus ernsthaft betreiben, erscheint in den Medien nie etwas dergleichen. Die Erklärung dafür ist einfach: Es besteht kein Grund für die Medien, darüber zu berichten, wenn nichts vorfällt.
Die Gestalt, die Sarah beobachtet, verbirgt sich geschickt im Dunklen, dennoch weiß Sarah, dass sie da ist. Sie hat der Polizei einen guten Tipp gegeben, ist sie überzeugt, aber sie plagt ein unangenehmes Gefühl:
Wenn diese Frau so intelligent ist, wie die Polizei sagt, hat sie dann nicht schon längst herausgefunden, wer der Polizei diesen Hinweis gegeben hat? Bestimmt hat die Polizei Kayne in irgendeiner Form damit konfrontiert. Alle, die ich kenne und die Hinweise gaben, brachten die Polizei nicht weiter. Die Polizei scheiterte daran oder der Hinweis war falsch. Irgendwie scheint diese Kayne zu ahnen, womit ihr die Polizei ans Leder will. Bestimmt kann Kayne nachvollziehen, von wem die Informationen stammen. Immerhin war sie bei mir im Markt und die Grabkerze und Süßigkeiten waren Thema.
Sarah stiert regelrecht auf die Person ihres Interesses, die sich ihrerseits in Sarahs Richtung dreht. Sarah erstarrt für einen Moment und wendet den Blick schnell ab. Eine Minute vergeht, ehe Sarah ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Person richten kann, die jedoch verschwunden zu sein scheint. Schnell dreht sich Sarah um. Sie will sichergehen, dass ihr auch keiner folgt. Als sie niemanden entdeckt, schreitet sie schnell voran. Schließlich beginnt sie zu laufen und schreckt gleich darauf erneut zusammen. In dem Nebel, der aufgekommen ist, verbirgt sich ein großer, schwarzer Hund. Er bleibt in ungefähr drei Metern Entfernung zu Sarah stehen. Sarah rührt sich nicht von der Stelle. In den Augen des Hundes erkennt sie die Reflexion einer nicht vorhandenen Lichtquelle - die Seitenstraße ist gänzlich unbeleuchtet. Als stamme das Licht aus einer anderen Dimension, für die mir die nötigen Sinne fehlen.
Schließlich wendet sich der Hund von Sarah ab und geht wieder seines Weges, er verschwindet in den dichten Nebelschwaden. Ihr Herz schlägt Sarah bis zum Hals. Wie angewurzelt bleibt sie stehen. Zehn Minuten verstreichen, ehe sie sich wieder fängt und ihren Weg fortsetzen kann.
„Da habe ich sie gesehen! Auf dem Parkplatz der Gesundheitskasse!“ Der Hausmeister des Blocks, in dem Kayne wohnt, zeigt von seinem Balkon aus aufgeregt dorthin. Inspektor Reid, Jacobs Kollege, macht sich eifrig Notizen. „Was genau hat sie gemacht“, will Reid wissen.
„Sie hat einem kleinen Mädchen Schokolade angeboten, und sie wollte offensichtlich, dass das Mädchen mit ihr kommt. Sie deutete hinauf zu ihrem Balkon, wahrscheinlich hat sie dem Mädchen gezeigt, wo sie wohnt.“
„Wie hat denn das Mädchen ausgesehen?“
„Lange, braune Haare hatte es, fünf oder sechs Jahre alt.“
„War es ein Mädchen vom Haus?“
„Nein, nein...“
Der Beamte blickt vom Balkon des Hausmeisters auf den Parkplatz hinunter. Es ist Samstagnachmittag. Die Gesundheitskasse hat geschlossen. Ein kleines Mädchen, nicht vom Haus, an diesem Tag allein auf dem Parkplatz?
„Es war sonst niemand bei dem Mädchen, richtig? Kein Vater, keine Mutter und auch sonst niemand?“
„Ganz recht. Das Mädchen war ganz allein da. Der perfekte Happen für dieses Drecksstück.“
Der Beamte mustert den Hausmeister streng. Beleidigungen werden normalerweise abgemahnt, doch dieses Mal sehen Jacob und auch Reid von einer Strafe ab. Sie haben wegen Kayne schon ausreichend Ärger, und sie benutzen in ihrem Revier ähnliche Bezeichnungen für Kayne. Das Vertrauen der Leute in die Polizei ist inzwischen empfindlich geschwächt, da sie offensichtlich nicht in der Lage ist, Kayne zu überführen. Auch wenn sie der Polizei gegenüber nichts dergleichen erwähnen, die Beamten bemerken es dennoch.
Derselbe Hausmeister hat schon einmal Anzeige gegen Kayne Laval erstattet. Sie soll ihm wegen eines Fotos, das er von ihr machen hat lassen, ohne sie zu fragen, gedroht haben. Die Drohung war offenbar so glaubwürdig, dass der Hausmeister einen Selbstmordversuch verübte. Seine Lebensgefährtin verständigte daraufhin die Rettung, es blieb beim Versuch, erinnert sich Reid. Ob sie ihm tatsächlich gedroht hat, wissen wir nicht, es gab keine Zeugen, der Hausmeister soll sich laut seiner Aussage gerade im Waschraum aufgehalten haben, wo ihn Kayne alleine angetroffen hätte.
„Das Mädchen kam aber nicht mit Kayne mit, habe ich recht?“
„Ja.“
„Wie hat Kayne darauf reagiert?“
„Sie hat den Parkplatz wieder verlassen, ohne das Mädchen.“
„Und was hat das Mädchen gemacht?“
„Das Mädchen ist auch gegangen.“
„Wo ist es denn hingegangen?“
Der Hausmeister zuckt lediglich mit den Schultern.
Reid prüft ihn mit seinen Augen kritisch. „Wir haben Ihre Aussage aufgenommen“, meint er schließlich. „Vielleicht meldet sich in den nächsten Tagen ein Erziehungsberechtigter des Mädchens, dann haben wir auch gleich die Täterin.“ Optimistisch ist Reid bezüglich einer Abgängigkeitsanzeige jedoch nicht.
Der Hausmeister nickt zufrieden und reicht den Beamten zum Abschied seine Hand.
Als sie im Wagen sitzen, meint Reid, der auf dem Beifahrersitz Platz genommen hat, zu seinem Kollegen:
„So etwas hatten wir doch schon einmal, oder nicht? Ein kleiner Junge aus dem Nachbarblock soll Kayne beim Dealen mit Drogen gesehen haben. In der Tiefgarage. Seine Mutter bestätigte die Aussage, obwohl sie sich zu diesem Zeitpunkt in der Küche in ihrer Wohnung aufgehalten hat.“ Reid zwinkert mit einem Auge. „Und sonst wurde Kayne von keinem gesehen.“
„Ja, wegen der Drohungen, die sie ausspricht, sollte jemand den Mund aufmachen“, argumentiert Jacob überzeugt.
Reid mustert seinen Kollegen stumm. Sie beide wissen, dass eine etwaige Drohung keiner bezeugen kann.
Dieser schweigt dazu. Er ist froh, dass sie etwas in der Hand haben, womit sie eine weitere Verfolgung rechtfertigen können. Hätten sie diese Anzeigen nicht, wäre der Verdacht längst fallen lassen worden. Wenn diese Anzeigen auch immer erst oder gerade deshalb erstattet worden sind, nachdem die Polizei den Hausbewohnern angekündigt hatte, dass die Anschuldigungen, die gegen Kayne Laval bestanden, als nicht stichhaltig abgelegt würden.
Inspektor Jacob ist dennoch überzeugt davon, dass Kayne Laval schuldig ist. Zudem hat sie ihn lächerlich vor seinen Kollegen und der Obrigkeit gemacht, wenn auch ungewollt. Ihre Anzeige beschrieb ihn ausführlich. Kayne dachte, er wäre ein Stalker und handelte im Auftrag von Leuten, die ihr schaden wollten, die sie daraufhin ein zweites Mal in diesem Jahr angezeigt hat.
Als Sarah zu Hause ankommt, schließt sie schnell die Tür hinter sich und lehnt sich dagegen. Den ganzen Weg nach Hause fühlte sie sich verfolgt, auch wenn sie nichts und niemanden gesehen hat. Sie mustert die Diele, tritt ein paar Schritte nach vorn und späht in ihr Wohnzimmer. Sarah hängt ihre Jacke auf den Kleiderständer. Anstatt sich etwas zu Essen zu machen, lässt sie sich erschöpft auf ihre Couch fallen und schaltet den Fernseher ein. Seit einiger Zeit bereits fühlt sie sich nicht mehr richtig wohl. Sie bekommt Kayne in regelmäßigen Abständen an der Kasse zu Gesicht. Obwohl Kayne freundlich ist, erfüllt Sarah bei deren Anblick das blanke Entsetzen. Einiges bezüglich Kayne Laval ist ihr bereits zu Ohren gekommen, und wieder fragt sich Sarah, wie es dieser Kayne jedes Mal gelingt, sich der Polizei zu entziehen.
Normalerweise dimmt Sarah das Licht beim Fernsehen, doch heute lässt sie alle Lichter hell leuchten, selbst im Schlafzimmer.
Zwei Stunden später überkommt Sarah Müdigkeit. Sie blinzelt noch einmal, schließlich hält sie die Lider geschlossen und findet einen unruhigen Schlaf auf der Wohnzimmercouch:
Sarah erkennt sich auf einem ausgedorrten Feld wieder. Die Sonne brennt mit ungewöhnlicher Intensität auf sie und das Feld herunter. Sarah streicht sich mit der Hand über die nasse Stirn. Sie blickt auf ihre Unterarme, die Haut ist völlig ausgetrocknet. Sie ist ledrig, voller Falten, und filigrane, brüchige Adern treten deutlich hervor. „Als wäre ich uralt.“ Bangen erfüllt sie. Sie streicht über ihre Arme und sieht zitternd hinauf zu der unbarmherzigen Sonne. Sarah fühlt sich fiebrig, sie zittert vor Kälte trotz der starken Hitze, der sie ausgesetzt ist. Sie richtet ihre Aufmerksamkeit auf den Boden, der gleich beschaffen ist wie ihre Haut - ausgetrocknet, und die Wurzeln, die gerade noch die Erde bedeckt, zeichnen sich deutlich unter der Erde ab.
Mit einem Mal gibt das Erdreich nach, auf dem Sarah steht, und sie sinkt nach unten. Ihren Körper mit den Armen fest umschließend, sieht sie dabei zu, wie sie in die Tiefe gleitet, die Erde schließt sich jedoch nicht wieder über ihr. Als sie ihr Gesicht nach oben richtet, verdunkelt sich der Himmel, bald schon ist Sarah in Finsternis gehüllt. Neuerlicher Schauder durchfährt sie. Sie meint, Schritte dort oben zu vernehmen. Ein heiserer Schrei verlässt ihre ausgetrocknete Kehle. Trotz tiefschwarzer Nacht erkennt sie über der Öffnung ein Gesicht. Es ist weiß wie Kalk. Sarah tippt auf eine Maske, anders kann sie die ebenmäßigen Flächen und Bleiche des Gesichts nicht erklären. „Zu glatt und zu künstlich.“ Den Körper kann sie nicht sehen, er scheint eins zu sein mit der Dunkelheit. Unterhalb der Maske erkennt Sarah eine kleine Flamme, wahrscheinlich von einer Kerze. Im selben Moment gefriert Sarahs Herz zu Eis. Nun glaubt sie zu wissen, wer die Gestalt dort oben ist:
„Die Grabkerze, die Kayne gekauft hat, war für mich bestimmt“, ist Sarah überzeugt. Sie krallt die Finger beider Hände in ihre Brust. Die Gestalt gibt keinen Laut von sich, und vielleicht ist es gerade diese Lautlosigkeit, die Sarah zu schaffen macht, welche die Gestalt umgibt und die auch über Sarah kommt. Selbst Sarahs Herzschlag verstummt, als wage er nicht, der Stille zu widersprechen.
„Hey, wie geht´s?“
Ohne ihren Gruß zu erwidern, nimmt Inramn neben Kyla - Kayne - Platz. Sie sitzen in der Bar La Lune, dieselbe Bar, in der Kyla einst mit Jesiah und Numb saß, dieselbe Bar, die Dimu Jahre später besuchte.
Kylas Aufmerksamkeit fällt auf Inramns Hände, die stark zittern. Inramn lässt sie unter dem Bartisch verschwinden. Kyla ignoriert es geflissentlich. Inramn winkt den Barkeeper zu sich und bestellt ein Bier. Inramn wirkt nicht wie ein Sechzehnjähriger. Bisher gelang es ihm, den Barkeeper zu täuschen. Endlich wendet er sein Gesicht Kyla zu.
„Ist etwas passiert“, fragt ihn Kyla.
„Du kanntest meinen Dad, richtig? Woher?“
„Er besuchte unsere Konzerte. Nach einem Konzert hat er mich angesprochen. Er sagte, dass ihm unsere Musik gefällt.“
Der Junge mit dem langen, dunklen Haar nickt langsam. „Als ich etwas größer war, nahm er mich mit. Mir gefiel eure Musik auch. Sie motivierte mich dazu, eine eigene Band zu gründen.“
Kyla lächelt. Es ist ihr nicht neu.
„Hast du dich auch privat mit ihm getroffen?“
„Manchmal, ja.“
„Warum hast du dich damals so um mich bemüht, du weißt schon...“
„Du hattest nur noch deinen Vater, und nachdem der ins Gefängnis gewandert ist... Du warst damals gerade mal neun und hast niemanden an dich rangelassen. Stattdessen hast du angefangen, Drogen zu nehmen. Ich wollte dich daran erinnern, dass du einen Traum hattest. Ich wollte, dass du deinen Traum weiterverfolgst und ihn Wirklichkeit werden lässt. Ich wollte nicht, dass du an deinem Vater zerbrichst.“ Kylas Augenmerk gilt wieder seinen Händen, die - so erscheint es ihr - nun noch stärker zittern. Inramn bemerkt es und lässt sie, die auf seinen Oberschenkeln ruhten, spannungslos neben seinem Körper herabhängen in der Bemühung, das Zittern endlich unter Kontrolle zu bringen. Er mustert Kyla unsicher. „Wo hältst du dich auf, wenn du deine Bücher schreibst?“
„Zu Hause.“
„Hast du nicht noch irgendwo eine Bleibe?“
„Nein, ich habe nur meine Wohnung, die du bereits kennst.“
Inramn nickt langsam. „Du hast früher Veranstaltungen gegeben. Wo haben die Bands gespielt, die du eingeladen hast?“
„In örtlichen Klubs, dort, wo du und deine Kumpels auch schon unzählige Male gejammt habt.“
„Ist Sidmawuk nur ein Buch oder besitzt es Wahrheitsgehalt?“
Allmählich beginnt sich Kyla unwohl zu fühlen. Die Unterhaltung mit Inramn fühlt sich für sie wie ein Verhör an.
„Sidmawuk dürfte ein paar Leuten etwas gegeben haben, das sie und ihre eigene Kunst bereichert hat. Und als ich noch Musik machte und selbst Konzerte gab, dürften Leute etwas von mir aufgefangen haben, das sie und ihre Musik inspiriert hat. Das Buch Hybridilisation hingegen hat Leute inspiriert, die ich nicht vorhatte, anzusprechen, die sich aber angesprochen fühlten beziehungsweise einen eigenen Nutzen aus dem Werk ziehen wollten zu meinem Nachteil. Mit den Folgen habe ich immer noch zu kämpfen.“ Kyla mustert Inramn, um zu überprüfen, ob er ihren Worten folgen kann. Er scheint zu wissen, worauf sie anspielt, er äußert sich aber nicht dazu. Aufmerksam lauscht er Kylas Erläuterungen.
„Ich habe in Songtexten einer Band viele Parallelen zu meinem Leben entdeckt“, führt Kyla weiter aus. „Die Texte wirken, als würden mich die Musiker persönlich kennen, was sie aber nicht tun. Ein Album ist 2017 erschienen. Es scheint so, als wusste der Sänger, was mich in den folgenden Jahren erwartet. Aber auch in früheren Alben derselben Band erkannte ich mich wieder. Die Alben entstanden und erschienen in dem Zeitraum, als ich damit anfing, Musik zu machen. Ich mag diese Band sehr, ich liebe sie, vor allem den Sänger, der wohl auch die Texte schrieb. Er wirkt inspiriert von mir, obwohl er mich nicht kennt, aber er hat sehr viel von meinem Wesen erfasst, von den Sorgen, die mich plagen, er hat meine Essenz, das, was mich ausmacht, erkannt. Diese Essenz zieht sich durch alle seine Werke, den Werken der Band. Die Band schrieb damit Geschichte und wurde berühmt. Aber es ist nicht nur meine Essenz, die der Vokalist veranschaulicht. Es ist die Essenz der alten Rasse, der Rasse der Titanen.“
„Was ist ein Titan?“
„An dieser Stelle zitiere ich aus Prometheus, ein Song der Band Septicflesh: Nach einer hellenischen Mythologie erschuf Prometheus, ein Titan, den ersten Menschen, einen Mann. Prometheus ist auch bekannt dafür, die Leidenschaft dem Menschen gegeben zu haben, gegen den Willen der regierenden Götter. Der feurige Geist ist gegenwärtig in jenen, die selbst einflussreichen Gegnern die Stirn bieten, auch wenn sie in jeder Hinsicht im Nachteil sind.“
Inramn nickt in sich versunken.
„Der feurige Geist ist vergleichbar mit dem Glanz des Morgensterns für den Lucifer bekannt ist, der Schein, der ihn umgab, als er fiel. In dem Song On The Topmost Step Of The Earth von Septicflesh ist die Rede davon, dass ein gefallener Engel sich seiner authentischen Identität nicht bewusst ist, weil sich sein Fall nirgends vollzieht, nur auf inneren Ebenen. Und sein gebrochener Flügel ist nichts als eine blutende Erinnerung daran. Die blutende Erinnerung vergleiche ich mit der Wahrheit, die bestimmte Menschen nicht und nicht verdrängen und vergessen können, nachdem sie einen Kampf verloren haben, weil sie im Recht sind. Ihnen kann keine Erleichterung widerfahren, wenn sie nicht vergessen und verzeihen können. Der Funke, der sie antreibt, der Funke, der diese Menschen, die Titanen, nicht ruhen lässt, sie unvorstellbare Leistungen vollbringen und sie immer wieder von der Asche auferstehen lässt. Oder wie Erik Danielsson von der Band Watain in dem Song The Wild Hunt diesen Funken treffend beschreibt: The Fallen´s sacred flame.
Das Virus ist 2019 ausgebrochen... Meine Gemeinschaft hat nichts damit zu tun“, bekräftigt Kyla und sieht Inramn dabei eindringlich an. „Auch mit etwaigem Missbrauch hat sie nichts zu tun, genauso wenig wie ich.“
Inramn schluckt ein paarmal hintereinander, er hält die Lippen fest geschlossen, belässt seinen Blick aber unverwandt auf Kyla. Seine innere Unruhe nimmt zu. Er schließt die Augen, presst die Lider regelrecht aufeinander. Inzwischen weiß er, dass ihm sein Vater Drogen zugeführt hat, bevor er ihn missbrauchte. Der gedankliche Ausflug in seine Vergangenheit lässt ihn Stimmengewirr wahrnehmen. Inramn meint, eine Frauenstimme darunter zu erkennen. Die Gesichter hingegen bleiben farb- und konturlos. „Die Videos, die verkauft wurden, konnten nicht alle sichergestellt werden“, meint er.
„Ich weiß, Inramn. Damit wirst du leben müssen. Wir haben darüber oft gesprochen.“
Inramn prüft Kyla mit seinen Augen forschend. Er glaubt zu wissen, dass sie Sex mit Männern hat, dennoch plagen ihn Zweifel. Bist du denn je Zeuge davon geworden, stellt er sich kritisch die Frage. Und außerdem wäre es kein Beweis, würde ich die Antwort kennen. Mit einem Mal empfindet er tiefen Hass gegen Kyla. Allein schon deswegen, weil sie in diesen Zusammenhang passt - sie hat Bekanntschaft mit seinem Vater gemacht und ihn privat getroffen. Worüber haben sie sich unterhalten, verdammt?! Schwerwiegende Vorwürfe gegen sie kursieren, und Inramn ist von der Polizei zu Kyla vernommen worden. Er greift zu seinem Bier und nimmt einen kräftigen Schluck.
Kyla mustert ihn. „Du weißt, du kannst offen zu mir sein. Wenn dich etwas belastet, kannst du mit mir darüber sprechen. Es bleibt unter uns.“
Ja, wahrscheinlich in deinem eigenen Interesse. Doch Inramn behält es für sich.
Kylas Herz blutet bereits die längste Zeit. Sie weiß um die Vorwürfe gegen sie, die Politik und ermittelnde Behörden verbreiten, wenn auch inoffiziell. Doch es wird so offensichtlich betrieben, dass Kyla darauf aufmerksam geworden ist. Nun hat der Rufmord auch Einzug in ihre Szene genommen. Es bricht ihr schier das Herz. Kyla liebt Inramn, aber auf eine andere Weise als die, die er sich gerade vorstellt.
Sie hat dich bewusst in diese Richtung gedrängt. Außenseiter der Gesellschaft solltest du werden, sodass sie sich dir annehmen und Macht über dich gewinnen kann, dröhnen die Worte des Inspektors, der Inramn zu einer Aussage nötigen wollte, in Inramns Kopf. Inramn aber fehlt die Erinnerung an das Erlebte, an den Missbrauch. Nur Videos wurden bei seinem Vater sichergestellt.
Kyla schließt die Augen. Durch meine Adern fließt Tiamats Blut, und ich leide bereits des Längeren an Sonnenallergie, meine Haut löst sich in Schichten ab. Es ist die Ungerechtigkeit und der daraus resultierende Zorn, die unser Blut vergiftet haben, die uns bluten lassen und uns dabei zu Höchstleistungen antreiben. Einen Fehler hat die babylonische Schöpfungsmythologie: Tiamat sollte nicht sterben, Tiamat ist unsterblich. Die Mythologie wurde zugunsten der Politik entsprechend geschrieben, so wie es bei Religionen betrieben wird. Wesenheiten, die im Recht sind, scheinen zum Scheitern verurteilt zu sein, es soll fest im Bewusstsein und Unterbewusstsein des Menschen verankert werden, während hingegen Wesenheiten, die nachsichtig bezüglich der Mängel des Menschen agieren, verherrlicht werden und stets gewinnen. Marduk, der Stadtgott von Babylon, geht als Gewinner aus dem Chaosdrachenkampf hervor. In Wahrheit aber ist Tiamat unbesiegbar, sie hätte Marduk im Kampf geschlagen. Die Wahrheit siegt immer, und scheitert das Opfer, wird es nicht ruhen, selbst dann nicht, wenn sein Tod in bedrohliche Nähe rückt.
Auch ich bin auf eine Weise entthront, meine Identität als Autor ist offenkundig geworden, ich habe meine Anonymität verloren. Manche betrachten mich als einen Seher, als einen Propheten, weil ich potentielle Gefahren immer rechtzeitig erkenne und darum nicht zu Fall gebracht werden kann. Verdammt dazu, auf ewig im Dunklen umherzuirren, weil mir kein Glauben geschenkt wird. Immerhin sei ich Satanistin, und Satanisten würden Lügen verbreiten. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall. Satan bestraft die Schuldigen, die Sündigen und die Lügner. Und doch stellt er sich manchmal auf deren Seite, wenn sie im Recht sind und Rache nehmen, zu Sündigen werden, weil sie sich nicht gefallen lassen, was mit ihnen gemacht wird. Selbstbestimmung, wenn man so will. Wenn man keinem Gott sein Schicksal in die Hand legt, ist man gezwungen dazu, selbst tätig zu werden, um zu seinem Recht zu gelangen, auf welchem Weg auch immer... manchmal ist man situationsbedingt zu bestimmten Handlungen schier gezwungen, wenn man von seinem Standpunkt nicht abrücken will.
In der Dunkelheit sieht Kyla Inramn, der sie fest im Blick hat. Sein Gesichtsausdruck ist unglücklich und zornig. Inramn vor ihrem inneren Auge entfernt sich immer weiter von ihr und verblasst mehr und mehr, bis er schließlich eins mit der Dunkelheit wird.
Kyla wagt es nicht, die Augen zu öffnen. Schließlich tut sie es doch und findet sich alleine an der Bar hockend wieder. Inramn muss die Bar verlassen haben. Kyla legt einen Fünfer unter ihren leeren Bierkrug und verlässt das La Lune ebenso.
Inramn schreitet mit leerem Blick die Straße zum Fluss hinunter. Dort angekommen, nimmt er den Fußweg direkt am Fluss. Sein Gehirn fühlt sich taub und leer an. Inramn hat sein Vertrauen in Kyla verloren. Plötzlich spürt er eine Hand auf seinem Mund und sein Kopf wird fest gegen eine Männerbrust gedrückt. Inramn will sich losreißen, doch der kräftige Mann hat Inramns Oberkörper und Arme bereits fest umschlossen. Als Inramn sein rechtes Bein anwinkelt, um mit aller Kraft nach hinten zu treten, vernimmt er ein Zischen. Ein gellender Schrei will seine Kehle verlassen, aber die Hand auf seinem Mund, die noch fester zudrückt, erstickt den Schrei. Tränen schießen aus Inramns Augen, unterdrücktes Schluchzen dringt unter der Hand hervor. Ein Schlag gegen seinen Kopf mit einem harten Gegenstand nimmt Inramn das Bewusstsein, und er sinkt mit den Achseln schwer auf die Unterarme seines Kidnappers. Ein paar Passanten, die die Straße entlangschlendern, werden Zeugen des Gewaltverbrechens, um das sie sich nicht weiter kümmern. Lediglich eine Minute verstreicht, ehe sie ihren Plausch fortsetzen.
Kyla - Kayne Laval, wie sie mit bürgerlichem Namen heißt - lässt sich zu Hause niedergeschlagen hinter dem Küchentisch auf den Sessel fallen, stellt die Ellbogen auf den Tisch und stützt ihre Stirn auf die ineinander verschränkten Hände. Es reicht nicht, dass sie Freunde an das Spitzelwesen der Polizei verloren hat. Vehement bestritten sie die Zusammenarbeit mit der Polizei, doch Kayne täuschten sie nicht. Kayne würde interessieren, ob sie freiwillig mitmachten oder von der Polizei gezwungen wurden. Vermutlich wurden sie dazu genötigt, weil sie sich sonst verdächtig gemacht hätten. Sie gälte es, als meine Komplizen auszuschließen. Mit den Kontaktabbrüchen meinerseits dürfte ich diesen Prozess beschleunigt haben... oder auch nicht.
Als Inramn zu sich kommt, ist das erste, das er verspürt, der entsetzliche Schmerz in seinem rechten Knie. Inramn presst die Lider aufeinander und die Zähne zusammen, um nicht laut aufzuschreien. Mit blutverklebten Lidern schielt er schließlich nach oben zu seinen Händen, die eng aneinander gekettet sind, wodurch ihm das Blut in den Adern abgeschnürt wird. Die Ketten verlieren sich über ihm im Dunklen. Inramns Handgelenke, an denen sein gesamtes Gewicht lastet, schmerzen, seine Beine berühren den Boden kaum. Inramn wimmert. Er erkennt steinige Wände in dem von einer einzigen Fackel erhellten kleinen Gewölbe. Als sein Blick zu seinem verletzten Knie gleitet, stößt Inramn einen Schrei des Entsetzens aus. Aus seiner von dem Schuss zerfetzten, blutdurchtränkten Hose ragen Fleisch und Knochenfragmente. Die Kugel ist in die Kniekehle eingedrungen und am Knie ausgetreten. Inramn beginnt aus Verzweiflung und Schmerz zu weinen. Tränen, Schweiß und Blut laufen am Gesicht und am nackten Oberkörper des Jungen hinunter, Blut läuft ihm aus dem rechten Hosenbein.
Inramn hört, dass hinter ihm eine Tür entriegelt und geöffnet wird. Schwere Schritte nähern sich ihm von hinten. Inramn beißt wieder die Zähne aufeinander, um das Schluchzen zu unterdrücken, er will sich vor seinem Peiniger keine Blöße geben, aber sein Schmerz, seine Angst und seine ausweglose Situation bringen Inramn fast um den Verstand. Er versucht, den Schmerz auszublenden und sagt sich wieder und wieder im Geiste vor: Ich muss nur überleben, nur überleben...
Die eingetretene Person bleibt hinter Inramn stehen. Inramn zittert am ganzen Körper. So sehr er sich auch bemüht, das Zittern kann er nicht unterdrücken. Als er etwas in seinem Genick spürt, durchfährt ihn tiefer Schauer. Der Finger fährt Inramns Nacken und zwischen den Schulterblättern entlang nach unten. In seinem Nacken kann er den heißen, erregten Atem spüren.
Der Mann greift von hinten um Inramns Hüfte, öffnet Inramns Gürtel und Reißverschluss und streift Inramn die Hose bis zu den Knien herunter. Inramn stöhnt schmerzhaft auf. Sein Peiniger lächelt. Dessen Hände gleiten zurück zu Inramns Leisten, er streicht die Leisten mit beiden Händen entlang nach vorn und umfasst Inramns Genitalien fest.
Inramn fährt angewidert zusammen. Sein Körper schüttelt sich vor Ekel und Abneigung. Sein Peiniger hält einen Moment inne, lässt dann zu Inramns Überraschung von Inramn ab und tritt zwei Schritte zurück. Inramn verharrt einen Moment in seiner Starre, um dann erleichtert auszuatmen, als er im selben Augenblick wieder das seltsame Zischen vernimmt. Noch bevor Inramn Bewusstsein davon erlangt, ist seine linke Kniescheibe durchlöchert. Inramn schreit durchdringend, seine Stimme überschlägt sich und geht über in hemmungsloses Schluchzen. Inramns Stirn ist übersät mit Schweißperlen, die sich zu kleinen Bächen sammeln und sich über sein Gesicht ergießen. Sein Gesicht verwandelt sich in eine schmerzverzerrte Fratze.
Sein Peiniger packt ihn erneut an der Hüfte. Im nächsten Augenblick zuckt Inramn stark zusammen, ein unterdrückter Schrei löst sich tief in seiner Kehle. Der Mann bewegt sich rhythmisch in Inramn. Eine Hand wandert wieder über Inramns Leiste nach vorn zu seinem Schritt. Sie befühlt Inramns Geschlechtsteile, neuer Schauer durchfährt Inramn dabei. Je näher er seinem Orgasmus kommt, desto energischer knetet der Schinder Inramns Geschlechtsteile. Schließlich krallen sich dessen Finger regelrecht hinein, während er Inramns Unterbauch fest gegen den eigenen Körper drückt. Er keucht Inramn in den Nacken, als er kommt und sich in Inramn entlädt. Inramn schüttelt sich erneut und übergibt sich im nächsten Moment. Mit einem Mal verlässt ihn seine Hoffnung. Die Gewissheit, hier unten den Tod zu finden, wird übermächtig.
„Hast dich der falschen Gruppe angeschlossen“, kichert ihm sein Peiniger gehässig ins linke Ohr. „Wärst du auf der geraden Bahn geblieben, wäre dir nie etwas geschehen“, fährt er fort, obwohl sich Inramn in seinem ganzen Leben noch nichts zu Schulden kommen hat lassen. „Bezahlt werden fürs Ficken, das lass´ ich mir gefallen!“
„Wer...bezahlt...dich?“, bringt Inramn mühsam hervor.
„Kayne Laval“, kichert er. „Die sieht im Übrigen gerade zu. Die hat angeordnet, was dir hier widerfährt. Sie hat dich verkauft. Damit finanziert sie sich ihr sündhaftes Leben.“
„Und was, du Arsch, treibst, ist nicht sündhaft, oder was?“, platzt es aus Inramn hervor. Er hat sich aufgegeben und damit seine Beherrschung. Er glaubt nicht mehr, dass er hier lebend wieder rauskommt. Und einen schlimmeren Schmerz als er bereits zweimal durchlebt hat, kann er sich nicht vorstellen.
Sein Peiniger holt mit der rechten Hand aus, er will Inramn gegen die verletzte Schläfe schlagen, besinnt sich aber und zeigt stattdessen an Inramns Kopf vorbei nach vorn auf eine Kameralinse, die sich in etwa dreieinhalb Metern Entfernung direkt vor Inramn in der Gewölbewand befindet. Inramn kann die Reflexion in der Linse erkennen. Inramn starrt fassungslos auf das kleine Objektiv.
„Kayne hat mir auch so ein nettes Video zukommen lassen. Da warst du gerade mal fünf. Geboren, um gefickt zu werden“, spottet er laut schallend lachend.
Inramns Gesichtsausdruck verfinstert sich zunehmend.
„Hast du etwa geglaubt, sie verzichtet auf das Kapital mit dir, nur weil du erwachsen wirst? Du finanzierst sie, du dreckiger, kleiner Wichser! Kayne liebt dich, mein Junge, darum brauchst du auch keine Angst zu haben. Sie lässt dich nicht sterben. Alles hat seinen Preis, nicht? Auch die Freundschaft mit Kayne Laval.“ Sein Lachen überschlägt sich fast. „Hast der Falschen vertraut, mein lieber Junge.“ Er beugt sich mit dem Gesicht über Inramns Schulter und küsst ihn auf die Wange.
Inramn registriert das neuerliche Zischen nicht mehr, nur dass der Mann mit einem Mal von ihm abzulassen scheint, bemerkt er kurz, ehe sein Kinn auf seine Brust sinkt und er sein Bewusstsein erneut verliert.
Der Körper schlägt dumpf auf dem Boden auf. Kyla geht um den am Boden Liegenden herum und tritt vor Inramn. Sie sagt etwas zu ihm, das Inramn nicht mehr hören kann. Umgehend macht sich Kyla daran, ihn von seinen Fesseln zu befreien, fasst unter seine Arme und lässt sich mit ihm und seinem Gewicht auf den Boden sinken. Schnell erhebt sie sich wieder, fasst erneut unter seine Arme und zerrt Inramn auf einen der Wagen, mit denen die Kadaver abtransportiert werden. Sie schiebt den Wagen eilig aus dem Gewölbe hinaus, den Korridor entlang nach draußen, dorthin, wo sie hereingekommen ist.