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Ein Teil seines Bewusstseins sagte ihm deutlich, dass das, was er sah, einfach nicht möglich sein konnte. Aber seine Augen, sein Gehör und sogar sein Tastsinn sagten etwas anderes. Er schrie auf, als eine der Spinnen an seinem Bein hinaufzukrabbeln begann. Schock für Kommissar Yaegher: Sein Kollege Fred Isler ist vor einen fahrenden LKW gelaufen und dabei getötet worden. Der Fall scheint klar: ein tragischer Unfall. Doch Yaegher zweifelt daran. Er beginnt, Nachforschungen anzustellen, und ist sich schnell sicher, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmt. Dass Isler vor seinem Tod das absolute Grauen begegnet ist, ahnt er zu Beginn noch nicht – bis er es selbst erlebt … Wolfgang Hohlbein, Deutschlands meistgelesener Mystery-Autor, beweist mit seinem Roman IM NETZ DER SPINNEN einmal mehr, dass er es wie kein Zweiter beherrscht, den Leser zu fesseln. Jetzt als eBook: „Im Netz der Spinnen“ von Wolfgang Hohlbein. dotbooks – der eBook-Verlag
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Seitenzahl: 759
Über dieses Buch:
Schock für Kommissar Yaegher: Sein Kollege Fred Isler ist vor einen fahrenden LKW gelaufen und dabei getötet worden. Der Fall scheint klar: ein tragischer Unfall. Doch Yaegher zweifelt daran. Er beginnt, Nachforschungen anzustellen, und ist sich schnell sicher, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmt. Dass Isler vor seinem Tod das absolute Grauen begegnet ist, ahnt er zu Beginn noch nicht – bis er es selbst erlebt …
Wolfgang Hohlbein, Deutschlands meistgelesener Mystery-Autor, beweist mit seinem Roman IM NETZ DER SPINNEN einmal mehr, dass er es wie kein Zweiter beherrscht, den Leser zu fesseln.
Über den Autor
Wolfgang Hohlbein, 1953 in Weimar geboren, ist Deutschlands erfolgreichster Fantasy-Autor. Der Durchbruch gelang ihm 1983 mit dem preisgekrönten Jugendbuch Märchenmond. Inzwischen hat er 150 Bestseller mit einer Gesamtauflage von über 40 Millionen Büchern verfasst. 2012 erhielt er den internationalen Literaturpreis NUX. Zeitgleich startete der in Neuss lebende Autor ein innovatives Hohlbein-TV-Projekt.
Der Autor im Internet: www.hohlbein.de
Bei dotbooks veröffentlichte Wolfgang Hohlbein die ELEMENTIS-Trilogie mit den Einzelbänden FLUT, FEUER und STURM, sowie DAS NETZ.
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Neuausgabe März 2014
Copyright © der Originalausgabe 1992 Wilhelm Goldmann Verlag GmbH, München
Copyright © der Neuausgabe 2014 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Tanja Winkler, Weichs
ISBN 978-3-95520-428-0
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Wolfgang Hohlbein
Im Netz der Spinnen
Roman
dotbooks.
Die Spinne kroch mit der behäbigen Eleganz eines großen Tieres über die Tischplatte, verharrte einen Moment im Licht und bewegte sich dann ein winziges Stück zurück, wobei sich ihre pelzigen Beine hoben und senkten. Es war abstoßend, aber er wußte nicht warum. Es war eine typische Spinnenbewegung; eben jenes eckig-abgehackte Gleiten und Wogen, dessen bloßer Anblick Unwohlsein hervorrufen kann, manchmal schon dann, wenn er nur von einer Hand nachgeahmt wird. Eine Bewegung, die schwerfällig aussah und Langsamkeit vortäuschte, aber beides nicht sehr überzeugend. Die feinen, dunkelroten Härchen auf ihrem Körper zitterten sacht, und in den beiden großen und dem halben Dutzend kleinerer Augen brach sich das Licht so, daß man glauben mochte, daß in ihrem Blick mehr als Beutegier und tierische Wildheit lag, dazu nämlich auch noch etwas wie eine böse, verschlagene Intelligenz. Zwei, drei Sekunden lang hockte sie wieder vollkommen reglos da, dann zog sie sich noch einmal ein Stück zurück, so daß sie fast zwischen dem Geschirr verschwand, das auf dem Tisch stand. Nur ihre enorme Größe verhinderte jetzt noch, daß sie völlig unsichtbar wurde. Im übrigen stand das Geschirr nur aus diesem einen Grund da: um die Größe des Tieres zu verdeutlichen. Der Körper der Spinne war so groß wie eine Kinderfaust – eine ziemlich kräftige Kinderfaust. Jedes einzelne Bein war so lang wie der kleine Finger eines Mannes, aber dicker und öfter untergliedert. Beeindruckend. Und ziemlich ekelig.
Fred nahm einen gewaltigen Schluck aus seiner Bierflasche, stellte fest, daß sie leer war und angelte nach dem Sechserpack neben sich – nur um festzustellen, daß der ebenfalls leer war. Einen Moment erwog er den Gedanken, in die Küche zu gehen und einen neuen aus dem Kühlschrank zu holen, doch dann entschied er sich dagegen. Sechs Flaschen Becks an einem Abend waren genug. Eigentlich schon ein bißchen mehr als genug. Er würde es in ein paar Stunden schwerhaben, aus dem Bett zu kommen, auch ohne einen Kater. Er sah auf die Uhr. Fast eins. In wenig mehr als drei Stunden klingelte der Wecker. Scheiß-Schichtdienst.
Da es nichts anderes gab, womit er seine Hände beschäftigen konnte, zündete er sich eine Zigarette an und konzentrierte sich wieder auf die Spinne.
Sie war wahrhaftig ein Monster. Fred litt nicht etwa unter Arachnophobie, aber der Anblick dieses Ungeheuers jagte selbst ihm einen Schauer über den Rücken, zumal er ihn beinahe bildschirmfüllend auf der 125-cm-Röhre seines Flat-Square-Monitors erlebte. Es gehörte wirklich nicht viel Fantasie dazu (vielleicht auch nur noch zwei oder drei weitere Flaschen Becks), sich vorzustellen, daß sie gleich die Panzerglasscheibe vor dem Fernseher sprengen und herauskriechen würde, um über ihn herzufallen, wie sie und ungefähr fünftausend ihrer Brüder und Schwestern es gerade mit dem unglückseligen Bewohner des Motels getan hatten. Nein, wirklich nicht. Es gehörte überhaupt wenig Fantasie dazu. Je länger Fred dieser Geschichte mit den krabbelnden Hauptdarstellern folgte, desto heftiger mußte er gegen den Impuls ankämpfen, sich am ganzen Leib zu kratzen.
Abgesehen von dem, was seine eigene Fantasie dazu beisteuerte, war der Film allerdings eine glatte Katastrophe; gelinde ausgedrückt. Und Fred war längst nicht mehr in der Stimmung, sich vornehm auszudrücken. Der Moment, in dem er den Streifen nur als »Schmarrn« bezeichnet hatte, lag drei Flaschen Bier und eine halbe Stunde zurück. Nach einer weiteren Flasche hatte er schon etwas von »hirnrissigem Blödsinn« gemurmelt, und das letzte Becks – zusammen mit der Szene, in der William Shatner alias Doc Sowieso alias Captain James Tiberius Kirk mit dem Rücken voller als Vogelspinnen verkleideter Taranteln aus dem Keller getaumelt kam und dekorativ in den Armen seiner (ungeachtet ihres akademischen Grades natürlich strohdummen) Kollegin zusammengebrochen war – hatte ihm ein »Scheiße!« entlockt, das von Herzen kam. Shatner war übrigens auch der einzige Grund, aus dem dieser Film seinen Fernseher länger als zwei Minuten hatte okkupieren können. Freds Daumen hatte sich bereits unheildrohend über den »OFF«-Schalter der Fernbedienung gesenkt, als er dessen Namen im Vorspann entdeckte. Er mochte Shatner; als alter Trekkie hatte er ihn zu mögen, das war Ehrensache. Aber mit diesem Film hatte der eine Menge von seinem Sympathiebonus bei Fred verbraucht.
Evelin hatte jene Szene einen bösen Blick entlockt und die spitze Frage, warum er sich eigentlich die halbe Nacht mit einem Film um die Ohren schlug, an dem er ununterbrochen herummeckerte.
Abgesehen von seiner Vorliebe für den designierten Kommandanten der ENTERPRISE war diese Frage nicht einmal so unberechtigt, aber Fred hatte sogar mehrere Gründe, sie nicht zu beantworten. Zuerst einmal – und hauptsächlich –, weil sie ihm gar keine Gelegenheit dazu gelassen hatte, sondern beleidigt aufgestanden und ins Bad abgerauscht war, um in die Wanne zu steigen. Evelin badete immer, wenn sie sich gestritten hatten, und in letzter Zeit badete sie wirklich sehr oft. Früher war das eine gute Gelegenheit gewesen, einfach eine Weile zu warten und ihr dann nachzukommen; und zweifellos war das auch der Grund, aus dem sie dorthin floh, statt sich im Schlafzimmer einzuschließen oder endlose Telefongespräche mit ihrer Mutter zu führen, oder was auch immer andere Frauen in einer solchen Situation zu tun pflegten.
Ihre Bewegung nach links ins Bad war stets mehr als ein Weglaufen gewesen, eher eine unausgesprochene Einladung, ihr zu folgen und sich zu entschuldigen; oder auch einen Hinweis, sie würde eine Entschuldigung entgegennehmen, je nachdem. Der alte Scherz, wonach die Versöhnung nach einem Streit manchmal die Provokation desselben rechtfertigte, war bei ihnen Tatsache gewesen. Aber in letzter Zeit hatte er diese stillschweigende Einladung eigentlich immer seltener angenommen. Und seit ungefähr drei Monaten gar nicht mehr.
Das war der zweite Grund, weswegen er nicht geantwortet hatte. Sie hatten vor drei Monaten aufgehört, miteinander zu schlafen, vor wenigen Wochen, sich zu streiten, und vor etwas mehr als einer Woche, überhaupt miteinander zu reden, wenn es sich irgendwie vermeiden ließ. Es war vorbei. Sie wußten es beide. Es war nur noch eine Frage der Zeit, wann einer von ihnen den Mut aufbrachte, die Sache auch nach außen hin abzuschließen. Er fragte sich, wie es sein würde. Evelin war sowenig seine erste Frau gewesen wie er ihr erster Mann, aber die Beziehungen, die er zuvor gehabt hatte, waren nie sehr lang und nie sehr tief gewesen, und sie waren stets irgendwie im Sande verlaufen, ohne daß es einem der Beteiligten dabei sehr geschmerzt hätte.
Diesmal war es anders. Es würde weh tun, und er fragte sich, ob der Schmerz weniger schlimm war, weil er auf ihn vorbereitet war. Wahrscheinlich nicht.
Es gab noch einen dritten Grund, weswegen er nicht geantwortet hatte, und das war der eigentliche Grund, nämlich der, daß ihn dieser Schwachsinnsfilm nicht die Bohne interessierte, aber daß er einfach etwas brauchte, um sich abzulenken.
Er hatte Sorgen.
Große Sorgen.
Und er hatte verdammt noch mal wahrhaftig Grund, sich Sorgen zu machen.
Fred schnippte seine Zigarettenasche achtlos auf den Teppich und sah zur Tür. Sie stand offen. Aus dem Bad auf der anderen Seite des Flures drang das leise Plätschern von Wasser, und für eine Sekunde war er fast soweit, aufzustehen und hinüberzugehen und ihr alles zu erzählen. Warum eigentlich nicht? Warum, zum Teufel, eigentlich nicht? Okay, er konnte sich lebhaft vorstellen, wie Evelins Reaktion aussehen würde. Sie hatte nie einen Hehl daraus gemacht, daß es nicht nur sein hübsches Gesicht und sein Charme waren, die sie an ihm liebte, sondern mindestens ebenso sehr das angenehme Leben, das er ihr bot, die Kleider und Partys, die Wochenendtrips nach Venedig und London, die Opernbesuche und Einkaufsbummel, die Streifzüge durch Boutiquen und Schmuckgeschäfte, kurz gesagt: sein Geld. Sie würde ihn verlassen, wahrscheinlich schon, bevor er ihr auch nur die Hälfte der Geschichte erklären konnte.
Aber eben nur wahrscheinlich (wenn auch mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit, wie er zugeben mußte). Vielleicht würde sie ja zuhören, und vielleicht würde sie ihn sogar verstehen, und sie würden miteinander reden und möglicherweise sogar gemeinsam einen Ausweg finden. Er hatte zwar keine Millionen in der Schweiz oder Südamerika, aber für einen – bescheidenen – neuen Anfang reichte es; auch für zwei. Was hatte er zu verlieren – außer einigen Wahrscheinlichs und Vielleichts und Möglicherweises?
Vielleicht genau diese drei Worte, dachte er. Hier sitzen zu bleiben und sich an die winzige Hoffnung zu klammem, daß sie vielleicht doch zurückkam, war einfach leichter, als aufzustehen und zu ihr zu gehen und eine Entscheidung zu erzwingen. Plötzlich sah er ein, wie närrisch dieser Gedanke war. Er benahm sich nicht anders als ein kleines Kind, das sich in einem dunklen Zimmer die Decke über den Kopf zieht und sich einbildete, daß das Ungeheuer es nicht sehen kann, solange es selbst es nicht sieht.
Außerdem war es feige. Und man konnte ihm eine Menge nachsagen – er selbst konnte sich eine Menge nachsagen –, aber feige zu sein, das gehörte nicht dazu.
Er drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus und wollte aufstehen, aber im selben Moment erscholl vom Bildschirm her ein spitzer Schrei, und Fred wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Film zu und verspielte damit nicht nur seine letzte Chance, Evelin zurückzugewinnen, sondern brachte sich damit gleichzeitig auch um – aber das konnte er in diesem Moment natürlich nicht wissen. Der Film lief gerade zu einem ungeahnten Höhepunkt an Schwachsinn auf. Eine ganze Armee von Vogelspinnen (die Idioten, die diesen Schinken verbrochen hatten, kannten offensichtlich nicht einmal den Unterschied zwischen Taranteln und Vogelspinnen, denn die kamen in Nordamerika ja gar nicht vor!) verwüstete gerade eine ganze Kleinstadt, zwar völlig gegen jede Logik, aber trotzdem gründlicher und schneller, als es ein Jahrhundertwirbelsturm gekonnt hätte, und das war nach perfekter Hollywoodmanier in Szene gesetzt.
Fred stand tatsächlich auf, aber jetzt nicht mehr, um mit Evelin zu reden. Er ging zum Recorder, ließ den Film ein Stock zurücklaufen und holte sich dann doch noch eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank. Kater oder nicht, das Zeug würde ihm wenigstens helfen, müde zu werden und einzuschlafen, falls dieser Film es nicht vorher schaffte. Irgend etwas war sonderbar daran, und ein winziger Teil seines Bewußtseins spürte dies sehr wohl und versuchte, ihm eine Warnung zukommen zu lassen. Aber diese Stimme war nicht laut genug. Fred hörte sie, aber er verstand die Worte nicht. Ihm fiel weder auf, daß er sich bis heute niemals für Horrorfilme interessiert hatte, noch daß dieser Film nun wirklich das mit Abstand Unwichtigste war, womit er sich im Moment beschäftigen konnte. Etwas an ihm faszinierte – nein: fesselte – ihn, über jede Logik und jedes andere Gefühl hinaus. Er war zwar ungefähr in der Lage eines Mannes, der mit zusammengebundenen Händen und verbundenen Augen über die Schneide eines Katana balancierte, einen Teich voller halbverhungerter Piranhas auf der einen und eine Grube voller angespitzter Bambusstäbe auf der anderen Seite. Trotzdem sah er dem Film weiter gebannt zu.
Die Spinnen randalierten gut fünf Minuten lang weiter in der Stadt, wobei sie keinen Stein auf dem anderen, kein menschliches Wesen uneingesponnen und kein Auge unausgebissen ließen, und selbstverständlich bekamen auch die Pyrotechniker noch ihren großen Auftritt. Was nicht von den Spinnen gefressen oder für schlechte Zeiten auf Lager gelegt und eingewoben worden war, ging in Flammen auf; vollkommen unmotiviert, aber sehr dekorativ. Dann hörte er ein Geräusch, das nicht in den Film paßte und auch nicht dazugehörte: das Zuschlagen der Badezimmertür.
Er sah auf und erblickte gerade noch Evelins nackten Rücken, der im Schlafzimmer verschwand. Sekunden später hörte er, wie der Schrank geöffnet und Kleidungsstücke herausgenommen wurden. Zu heftig und zu viele für ein Negligé oder einen Bademantel. Was, zum Teufel –?
Einen Moment lang war er verwirrt und auf eine völlig aberwitzige Weise hin und her gerissen zwischen dem, was die Geräusche aus dem Schlafzimmer bedeuteten (natürlich wußte er, was sie tat, und verdammt noch mal, er hatte recht gehabt: Es tat weh, und es war kein bißchen weniger schlimm, nur weil er das gewußt hatte), und dem völlig absurden Wunsch, dem Film weiter zu folgen.
Schließlich siegte doch die Vernunft, sehr knapp, aber sie gewann.
Er sprang auf, ging ins Schlafzimmer und kam gerade noch zurecht, um zu sehen, wie Evelin einen Koffer aufs Bett warf und in der gleichen Bewegung aufklappte. Sie hatte sich bisher nicht einmal die Zeit genommen, sich etwas anzuziehen, sondern stand nackt und nur zum Teil abgetrocknet vor dem Bett und warf mit zitternden Händen Kleidungsstücke in den Koffer.
»Was wird das, wenn es fertig ist?« fragte er, nachdem er ihr eine ganze Weile schweigend zugesehen hatte. Er bemühte sich, halbwegs ruhig zu sprechen. Seine Zunge war schwer, und er hörte selbst, daß er leicht lallte. Allmählich begann der Alkohol doch zu wirken. Die Behauptung, daß Schmerz oder Schock oder Zorn einen schlagartig nüchtern machen, stimmte nicht. Er war betrunken, und er fühlte es immer deutlicher.
»Das siehst du doch«, antwortete Evelin. »Ich gehe.«
»Jetzt?«
Sie nickte, aber eigentlich sah er die Bewegung nur in ihren Augen, so verkrampft stand sie da. Sie hat Angst, dachte er, vor mir. »Jetzt. Ich packe meine Sachen. Keine Angst – ich nehme nichts mit, was ich nicht selbst gekauft oder mitgebracht habe.«
Plötzlich packte ihn rasende Wut. Er trat auf sie zu, hob die Hand – und ließ den Arm wieder sinken, als sein Zorn so schnell verrauchte, wie er gekommen war, und noch ehe er sie berühren konnte. »Und diesen Entschluß hast du jetzt gerade gefaßt, einfach so?«
»Nein.« Auch Evelin bemühte sich, sachlich und ruhig zu klingen, aber natürlich gelang es ihr ebensowenig wie ihm. »Bitte, Fred – mach es uns nicht schwerer, als es sowieso schon ist. Wir wissen doch beide, daß es keinen Zweck mehr hat.«
»So?« fragte er. »Wissen wir das?« Er trat einen weiteren halben Schritt auf sie zu und blieb wieder stehen, als er sah, daß sie zusammenzuckte. Er hatte sie nie geschlagen. Er hatte überhaupt niemals eine Frau geschlagen, aber in diesem Moment hatte er das Gefühl, daß er es vielleicht tun könnte, und sie schien das zu spüren. Hastig trat er so weit zurück, daß sie sich nicht mehr in seiner Reichweite befand.
»Bitte, Fred!« sagte Evelin. »Laß uns einen sauberen Schlußstrich ziehen.«
»Es ist mitten in der Nacht!« sagte er in einem Ton, den er nicht anschlagen wollte, aber gegen den er machtlos war. »Wo, zum Teufel, willst du hin?« Er schrie fast. Nein: nicht fast.. Er schrie.
»Ich komme schon irgendwo unter.«
»Sicher. Ganz egal wo, nicht wahr? Alles ist besser als hier!« Er wollte das nicht sagen. Er hätte sich selbst ohrfeigen können. Für diese Worte und vor allem für den Ton, in dem er sprach. Aber er konnte nicht anders. Etwas ... war in ihm, vor dem er selbst erschrak. Etwas Neues und Gewalttätiges, das allmählich die Herrschaft über seine Gedanken zu gewinnen schien.
Evelin schwieg. Sie sah ihn nur an, lächelte plötzlich bitter und auf eine Weise, die ihn voller Erschrecken begreifen ließ, daß sie spürte, was in ihm vorging, und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Dann drehte sie sich mit einem Ruck um und fuhr fort, wahllos Kleider in ihren Koffer zu stopfen. Ihre Hände zitterten.
Ein Wort, dachte er. Ein einziges Wort, vielleicht nur ein Schritt auf sie zu, eine sanfte Berührung am Arm, und vielleicht würde alles gut werden. Aber er hatte nicht die Kraft dazu. Er wollte es, aber irgend etwas in ihm war einfach stärker und zwang ihn, reglos stehenzubleiben und ihr zuzusehen, bis sie ihren Koffer fertig gepackt hatte und sich anzuziehen begann.
Langsam drehte er sich herum und ging ins Wohnzimmer zurück. Sein Blick streifte den Fernseher. Shatner wurde eben auf den Tisch gehoben, und seine Freunde pflückten gerade die gleichen Spinnen, die ihn fast zu Tode gebissen hatten, mit bloßen Händen von seinem Körper. Der Film interessierte ihn nicht mehr. Er sah die Bilder, aber er registrierte nicht einmal mehr die unfreiwillige Komik, die der Szene innewohnte. Mit schleppenden Schritten ging er zum Fenster, riß die Vorhänge beiseite und sah hinaus. Aber er sah auch die Straße dort draußen nicht wirklich. Hinter seiner Stirn tobte ein Chaos. Er wollte nicht, daß sie ging. Er wollte nicht, daß sie ihn verließ, und er wollte nicht, daß sie morgen oder spätestens übermorgen kamen und ihn verhafteten und ihm all das hier wegnahmen und ihn einsperrten.
Aber er wußte, daß genau das passieren würde. Er hatte vorgesorgt, sicher, aber jetzt, wo es soweit war, wußte er auch, wie sinnlos es war, weglaufen zu wollen. Er kannte sich zu gut aus, um sich ernsthaft einreden zu können, daß er ein Leben auf der Flucht über Jahre oder gar Jahrzehnte ertragen würde.
Aber er wollte nicht, daß es geschah! Er wollte irgend etwas tun. Alles rückgängig machen. Jemanden anrufen. Schreien. Irgend etwas!
Das Gefühl der Hilflosigkeit überkam ihn so stark, daß es beinahe körperlich weh tat. Seine Hand schloß sich so fest um die Bierflasche, bis das Glas zu knirschen begann, aber er ließ es trotzdem nicht los, sondern drückte im Gegenteil nur noch stärker zu. Auf diese Weise konnte er sich wenigstens einbilden, daß es Schmerzen waren, die ihm die Tränen in die Augen trieben.
Er wußte nicht, wie lange er schon so dastand und aus dem Fenster starrte, ohne die Dunkelheit dort draußen wirklich zu sehen. Sein eigenes Gesicht spiegelte sich bleich und verzerrt in der Scheibe, aber er nahm auch das nicht wahr. In ihm war eine Dunkelheit, die tiefer war als die dort draußen, und die Gespenster des Morgen waren erschreckender als die fahle Totenkopfmaske, die sich auf dem Glas spiegelte. Als er sich schließlich wieder herumdrehte, war es in der Wohnung sehr still geworden. Der Fernseher lief noch, aber der Film war zu Ende. Über der Aufnahme einer amerikanischen Kleinstadt, die von weißen Spinnweben wie von einem Leichentuch aus Altweibersommerfäden eingehüllt war, flimmerte der Abspann, untermalt von völlig unpassender Country-music. Er konnte das leise Quietschen hören, mit dem das Band im Recorder ablief. In der Küche summte der Kühlschrank, und aus dem Bad drang das Geräusch der tropfenden Dusche, sonderbarerweise nicht gleichmäßig und monoton, wie man es von einem tropfenden Wasserhahn erwartete, sondern unrhythmisch, fast als versuche er, einen geheimnisvollen Text zu skandieren. All diese Laute erschienen ihm plötzlich überdeutlich, als arbeiteten seine Sinne mit einer merkwürdigen neuen Schärfe. Und trotzdem schien sich ein fast unheimliches Schweigen in der Wohnung auszubreiten, dem all diese Geräusche nichts anhaben konnten. Als hätte sich das Universum aufgespalten und existiere nun in mehreren, leicht verschiedenen Versionen, zugleich und nebeneinander, ohne daß die eine Wirklichkeit der anderen etwas anhaben konnte. Er fragte sich, ob Evelin schon gegangen war.
Der Abspann war zu Ende. Die Country-music verstummte, aber das Bild der eingesponnenen Stadt blieb noch einige Sekunden. Und plötzlich – und erst jetzt wirklich, als hätte etwas in seinem Geist die Worte zurückgehalten, bis er wieder in der Lage war, sie zu verstehen und die Botschaft zu hören, die für ihn persönlich darin enthalten war – glaubte er noch einmal den letzten Satz zu hören, den Shatner in diesem Film gesprochen hatte: Mein Gott, was sollen wir nur tun?
Er hätte seine rechte Hand dafür gegeben, die Antwort auf diese Frage zu wissen. Was sollte er nur tun? Er stand vor den Trümmern seines Lebens. Es war noch nicht völlig zusammengebrochen, aber er konnte die Risse bereits sehen. Noch einen Tag, dachte er, oder zwei. Kaminsky hatte geredet. Er hatte nichts davon gesagt, aber Fred wußte es. Er spürte es einfach. Er hatte geredet, oder er würde reden. Nicht, weil er ihn haßte oder weil es ihm Spaß machte, ihn zu denunzieren. Kaminsky war in Ordnung. Ganz einfach deswegen würde er reden: weil er in Ordnung war. Weil er das war, was Fred nie gewesen war: ein guter Polizist.
Ein halblautes Stöhnen kam über seine Lippen, fast ein kleiner Schrei. Und plötzlich wünschte er sich fast, daß Kaminsky bereits geredet hatte. Was bisher nur Theorie gewesen war, wurde plötzlich zur Gewißheit: Er wußte; daß er den Druck nicht mehr ertragen konnte. Wenn Kaminsky nicht geredet hatte, dann würde er es selbst tun. Gleich morgen früh.
Auf dem Bildschirm war noch immer die weiß eingesponnene Stadt zu sehen, als hätte jemand das Band gestoppt, aber ein Blick auf die Anzeige des Recorders bewies ihm, daß das Band noch lief. Es war ihm gleich. Einerseits. Aber andererseits verspürte er plötzlich ein völlig hysterisches Ordnungsbedürfnis. Er wollte irgend etwas Nützliches tun. Und sei es etwas so Profanes, wie ein Gerät auszuschalten, das nicht mehr gebraucht wurde.
Als er hingehen wollte, um abzuschalten, erschien plötzlich ein Schatten auf dem Bildschirm. Er war etwas kleiner als seine Hand, hatte acht Beine, und es war unangenehm, seine Bewegungen anzuschauen.
Es war eine Spinne. Diesmal hatte sie genau die richtige Größe, und sie schien tatsächlich von innen über die Scheibe zu kriechen, so daß er die haarige Unterseite ihres kinderfaustgroßen Leibs erkennen konnte und die winzigen, nadelspitzen Fänge, die eine dünne, glitzernde Tropfenspur auf dem Glas hinterließen. Widerlich. Ekelhaft und so dämlich wie dieser ganze Film.
Trotz allem weckte das Bild sein Interesse. Die Spinne gehörte nicht zur Aufnahme der eingewobenen Stadt, sondern war offensichtlich ein besonderer Gag, den sich der Regisseur hatte einfallen lassen, um den Zuschauern noch einen letzten Schrecken einzujagen, denn es sah wirklich so aus, als sei sie nicht Teil des Films, sondern kröche in seinem Fernseher herum.
Seltsam war nur, daß sie diesen Gag nicht früher gebracht hatten. Neunzig Prozent der Videokonsumenten hatten hier sicher längst abgeschaltet.
Und noch seltsamer war, daß er die Spinne in der richtigen Größe sah. Er hatte einen Fernseher, der gut das Doppelte eines durchschnittlichen Gerätes maß. Wenn es ein Gag war, um die Kassette besser zu verkaufen, dann hätte eigentlich ein Vieh von der Größe eines Fußballs auf seiner Mattscheibe herumkriechen müssen!
Ein wenig beunruhigt ließ sich Fred vor dem Fernseher in die Hocke sinken und besah sich die Spinne genauer.
Vielleicht war diese Idee wirklich nicht so gut.
Es war kein Film.
Die Spinne war echt. Dreidimensional und fett und ekelerregend kroch sie auf der anderen Seite der Glasscheibe empor, und noch während er hinsah, erschienen eine zweite und dritte und vierte Spinne hinter dem Glas.
Ein dicker, bitterer Klumpen saß plötzlich in seinem Hals, ein Klumpen, der ebenfalls acht Beine und einen pelzigen Rücken zu haben schien und sich bewegte. Von Ekel geschüttelt, stand er auf und ging zum Recorder. Er wollte ihn ausschalten, sah dann aber noch einmal zum Fernseher zurück.
Und erstarrte.
Die Mattscheibe war schwarz vor Spinnen.
Es war genau wie vorher im Film, als Shatner und seine Freunde zum Fenster gingen und die Sonne nicht mehr sehen konnten, weil Hunderte von Vogelspinnen das Glas bedeckten.
Dieser Gag ging ihm entschieden zu weit. Plötzlich hatte er wirklich Angst. Er geriet fast in Panik und schaltete den Recorder aus. Er sah, wie die grüne LED-Anzeige erlosch, hörte das Klicken, als das Band wieder in die Kassette zurückschnappte und sich die Klappe davor schloß, und beinahe in der gleichen Sekunde klickte und klickerte es erneut, und er konnte hören, wie sich das Band wieder einfädelte und weiterlief.
Er drückte ein zweites Mal auf die Taste, diesmal sehr viel kräftiger. Die grüne Kontrolleuchte erlosch, das Band schnappte in seine Plastikhülle zurück, und die phosphorgrünen Leuchtbuchstaben flackerten auch diesmal wieder und erklärten ihm höhnisch, daß er sich seinen Daumen genausogut sonstwohin, schieben konnte, denn das Band lief in der nächsten Sekunde unverändert weiter.
Von einem Gefühl erfüllt, das er vor sich selbst zum Zorn deklarierte, um sich nicht eingestehen zu müssen, daß es blankes Entsetzen war, preßte er den Daumen zum drittenmal und so heftig auf den Schalter, daß das Plastik protestierend knirschte und tatsächlich ein kleiner Riß sichtbar wurde. Doch als er das zweite, lautere, gläserne Knirschen neben sich hörte, einen Laut wie das Geräusch eines Glasschneiders, der über eine Scheibe fährt, da wußte er wieder, was im Film nach dieser Szene geschehen war. Er fuhr herum und starrte den Fernseher an. Der Flat-Square-Monitor war nicht mehr flat.
Die Glasscheibe hatte sich nach außen gewölbt. Sie war nicht mehr klar, sondern von Millionen winziger Risse und Sprünge durchzogen und milchig, und sie wölbte sich ihm entgegen, bis sie zerplatzte. Ein Sturzbach aus Glassplittern und rauchenden elektronischen Trümmerstücken ergoß sich auf den Teppich.
Und Spinnen.
Dutzende, wenn nicht Hunderte der ekelerregenden, haarigen Tiere stürzten mit dem Glas herab, und aus der zerborstenen Bildröhre quollen immer mehr Spinnen nach, die auf den Teppich stürzten, einen Moment lang wie benommen liegen blieben oder sofort auf emsig wirbelnden Beinen davonhuschten, an den Möbeln und Wänden emporflitzten, sich an den Gardinen in die Höhe hangelten und in Schränke und Regale krochen.
Ein Teil seines Bewußtseins sagte ihm sehr deutlich und sehr ruhig, daß das, was er sah, einfach nicht möglich sein konnte. Was sich aus dem Fernsehgerät ergoß, das war ein dicker, pulsierender Strom aus lebenden Körpern, zehnmal mehr, als überhaupt im Inneren des Gerätes Platz gehabt hätten! Es war einfach unmöglich.
Aber es war nur seine Logik, die dies behauptete. Seine Augen, sein Gehör und sogar sein Tastsinn sagten etwas anderes.
Fred schrie gellend auf, als eine der Spinnen seinen Fuß berührte und, ohne zu zögern, an seinem Bein hinaufzukrabbeln begann. Entsetzt sprang er in die Höhe, hüpfte sekundenlang auf einem Fuß herum und schüttelte das andere Bein wild, bis die Spinne den Halt verlor und wieder zu Boden stürzte.
Es nutzte nichts. Schon erreichten zwei, drei weitere Tiere seinen anderen Schuh und begannen daran in die Höhe zu klettern.
Fred schüttelte zwei von ihnen ab, aber das dritte hatte sich in den Stoff seiner Jeans verbissen und klammerte sich hartnäckig mit allen acht Beinen daran fest, und als er sich vorbeugte, um nach ihm zu schlagen, ließ sich eine Spinne von der Decke zielsicher in seinen Nacken fallen und grub ihre Giftzähne in seine Haut. Im ersten Moment tat es nicht einmal weh.
Aber wirklich nur im allerersten Moment.
Der Schmerz war zehnmal schlimmer, als er erwartet hatte. Fred brüllte vor Ekel und Qual auf, schlug instinktiv zu und zerquetschte die Spinne, aber der Schmerz flaute nicht ab, sondern wurde nur noch schlimmer. Zwei rotglühende Messer schienen sich in seinen Nacken zu bohren und sich bis in sein Knochenmark zu wühlen. Er konnte fühlen, wie das Gift sich in seinen Schultern und seinem Hinterkopf ausbreitete, wobei es jede einzelne Nervenzelle in Brand zu setzen schien. Niemals zuvor hatte er etwas Vergleichbares gespürt. Er hatte nicht einmal gewußt, daß es solche Qualen gab. Der Schmerz hätte ihn augenblicklich zu Boden geworfen und wahrscheinlich ebenso augenblicklich das Bewußtsein verlieren lassen, wäre da nicht ein zweites Gefühl gewesen, das in diesem Moment noch stärker war: Angst.
Keuchend taumelte er in die Höhe. Etwas berührte sein Bein und kroch daran empor, eine Spinne fiel auf seine Schulter herab und versuchte vergeblich, ihre Fangzähne durch sein dickes Flanellhemd zu schlagen. Er streifte sie ab, spürte gleichzeitig, wie eine weitere Spinne auf seinem Haar landete und erschlug auch diese, ehe sie zubeißen konnte. Dann bohrte sich ein winziges, glühendes Messerpaar in seine Wade, verwandelte sich in das rotierende Blatt einer Kreissäge und ließ ihn abermals vor Schmerz aufschreien.
Er taumelte, fiel auf die Knie, erschlug die Spinne, die ihn ins Bein gebissen hatte, und wurde fast im gleichen Sekundenbruchteil in die andere Hand gebissen. Die Schmerzen waren unvorstellbar stark, als würden seine Finger explodieren.
Schmerz, Ekel und Panik machten ihn fast wahnsinnig. Er konnte nicht mehr richtig sehen. Rote Schleier tanzten vor seinen Augen, und hinter seiner Stirn erwachte etwas, das schlimmer als Angst war, dunkler und seltsam endgültig. Aber er begriff immerhin noch, daß er aus dem Zimmer heraus mußte, wenn er auch nur die nächsten Sekunden überleben wollte. Der Raum war schwarz vor Spinnen. Sie bedeckten den Boden, krochen an den Möbeln empor, hingen in dicken, haarigen Trauben an den Wänden und den Gardinen und krochen sogar an der Decke entlang. Er war dreimal gebissen worden, und schon diese drei Bisse waren fast mehr, als er ertragen konnte. Wenn sie ihn zu Dutzenden attackierten, würde er binnen Sekunden tot sein. Er wollte nicht sterben. Nicht so. Um Gottes Willen – bitte nicht so! Er hatte Angst vor dem Tod wie jeder andere, aber er hätte ihn akzeptiert, wäre er anders gekommen. Was ihm die Kraft gab, sich jetzt noch einmal zu wehren, das war nicht die Angst vor dem Sterben, sondern die Angst, auf diese Weise zu sterben.
Mühsam stemmte er sich in die Höhe und wankte zur Tür. Er konnte kaum gehen. Sein rechtes Bein war taub und tat ihm trotzdem höllisch weh, und der Boden war knöcheltief mit Spinnen bedeckt, die er unter seinen Schritten zermalmte.
Er spürte, wie etwas seinen Rücken hinaufkroch, aber er widerstand der Versuchung, stehenzubleiben und danach zu schlagen, sondern wankte mit zusammengebissenen Zähnen weiter. Unter seinen Füßen zerplatzten die Spinnen wie große, überreife Früchte, voll von einer klebrig-warmen Masse, und mit Geräuschen, die so widerlich waren, daß er sich übergeben hätte, hätte er Zeit und Kraft dazu gehabt.
Schwankend erreichte er die Tür und taumelte hindurch. Auch draußen im Flur waren bereits Spinnen, allerdings längst nicht so viele wie hinter ihm. Hastig drückte er die Tür hinter sich ins Schloß, streifte die Spinnen ab, die sich an seiner Hose und seinem Hemd festgeklammert hatten und stürzte zum Spiegel. Er war immer noch halb verrückt vor Angst, vielleicht sogar mehr als zuvor, aber vielleicht kehrte gerade deshalb plötzlich auch ein Teil seines klaren Denkens zurück. Plötzlich begann er sich zu wehren, und sei es nur, weil er sich auf diese Weise an etwas klammern konnte, das Substanz hatte.
Auf seinem Rücken hockten gleich vier der haarigen Biester. Fred drehte sich herum, warf sich mit aller Kraft rücklings gegen die Wand und zerquetschte sie. Dann sah er sich noch einmal und aufmerksamer im Flur um. Er entdeckte ungefähr ein Dutzend Spinnen und tötete alle, die er erreichen konnte. Und schließlich entdeckte er noch etwas: So stark die Wirkung des Spinnengiftes auch war, sie hielt nur sehr kurze Zeit an. Die Schmerzen verebbten rasch, und gleichzeitig war er wieder ansatzweise zu klarem Denken fähig.
Er mußte hier raus. Raus aus der Wohnung, raus aus dem Haus. Er mußte einen Arzt finden und jemanden anrufen, um –
Schicken Sie einen Kammerjäger in meine Wohnung, denn mein Fernseher ist gerade explodiert, und eine Million Vogelspinnen ist herausgekommen?
Ein hysterisches Lachen stieg in seiner Kehle hoch, aber es hielt nicht lange an, denn plötzlich hörte er ein Geräusch, das ihn abrupt an den Alptraum erinnerte, in den sich die Wirklichkeit verwandelt hatte: das Knirschen von Holz, das so großem Druck ausgesetzt war, daß es ihm nicht standhalten konnte.
Die Wohnzimmertür hatte Risse bekommen. Noch ein paar Sekunden, und sie würde unter dem Druck Tausender winziger Körper, von denen jeder einzelne kaum mehr wog als eine Packung Zigaretten, genauso zerbersten wie die Scheibe von seinem Fernseher.
Er mußte raus!
Fred wirbelte herum, stürzte zur Tür – und erstarrte plötzlich mitten in der Bewegung.
Die Schlafzimmertür stand offen.
Evelin.
Für eine einzige Sekunde klammerte er sich ganz irrational einfach an die Hoffnung, daß sie schon gegangen war, daß sie die Wohnung verlassen hatte, ohne daß er es merkte. Daß sie gegangen war, ehe sie gekommen waren. Er klammerte sich mit aller Macht daran und betete, daß es so war, noch während er mit einem einzigen gewaltigen Schritt über den Flur ins Schlafzimmer stürzte.
Seine Gebete wurden nicht erhört.
Evelin war noch da, und sie hatten sie erwischt.
Sie lag rücklings auf dem Bett, nur mit Slip und BH bekleidet, und von den Hüften abwärts waren ihre Beine bereits unter einem seidigen Kokon verschwunden, über den ein Dutzend Spinnen huschte, um geschäftig weiter daran zu weben. Andere Spinnen krabbelten über den Schrank und die Wände, bedeckten das Fenster und das Bett und krochen durch den immer noch offenstehenden Koffer, als suchten sie nach einer Beute, die ihnen bisher entgangen war.
Fred tötete sie alle.
Er zertrat sie, zermalmte sie mit der bloßen Hand und zerquetschte sie mit den Knien, indem er sich mit seinem ganzen Körpergewicht auf sie fallen ließ, wie ein zorniger Gott, der die Sterblichen zermalmt, ohne eine Spur von Furcht oder Ekel und ohne ein einziges Mal gebissen zu werden. Dann begann er unendlich behutsam, den Kokon zu entfernen, der Evelins Beine verhüllte.
Eine Spinne hatte sich darin versteckt. Er packte sie mit beiden Händen, riß ihr fünf ihrer acht Beine aus, ehe er die blutigen Überreste von sich schleuderte und fortfuhr, den Kokon abzulösen. Er fühlte nichts. Seine Wut war erloschen und hatte einer entschlossenen Kälte Platz gemacht, die schlimmer war als jede Raserei.
Dann sah er Evelins Knie und wünschte sich, er hätte es lieber nicht getan. Ihre Haut hatte bereits begonnen, sich aufzulösen. Nicht nur die Spinnen selbst, auch ihre Kokons waren anders als die normaler Spinnen. Evelins Haut war ... verschwunden, so daß das rote Muskelfleisch darunter sichtbar wurde. Er sah eine weitere Spinne, die neben ihrem Oberschenkel hockte und die verflüssigte Masse in sich einsog, wobei sich ihr Körper wie ein pumpender Blasebalg bewegte.
Er konnte gerade noch rechtzeitig den Kopf zur Seite drehen, um sich nicht auf Evelins Leichnam zu übergeben. Kälte, die für einen Moment von ihm Besitz ergriffen hatte und ihn fast wie einen Roboter reagieren ließ, zerbrach wie ein Schutzschild aus Eis unter einem Hammerschlag.
Fred erbrach sich würgend und qualvoll und so lange, bis sein Magen leer war und er nicht einmal mehr Galle hervorbrachte. Aus dem Flur drang wieder das bedrohliche Knistern und Knirschen herein, und er dachte ganz flüchtig an die Tür, die im Zerbrechen begriffen war, aber der Gedanke drang nicht deutlich genug in sein Bewußtsein, um die Lähmungen zu durchdringen. Keuchend und geschüttelt von Grauen und Ekel richtete er sich auf und sah wieder auf Evelin hinab. Ihr Körper war, bis auf drei winzige, kaum nadelstichgroße Bisse, die kaum geblutet hatten, beinahe unversehrt, und auf ihrem Gesicht lag ein Ausdruck, der eher erstaunt als entsetzt war. Wahrscheinlich hatte sie nicht einmal richtig begriffen, was geschehen war. Wenn sie von einem Dutzend dieser Bestien zugleich gebissen worden war, mußte es sehr schnell gegangen sein. Er hoffte es. Er betete, daß es so gewesen war.
Evelins BH bewegte sich.
Fred starrte aus hervorquellenden Augen auf das zitternde rechte Körbchen, unter dem sich etwas zu bewegen begonnen hatte. Die schwarze Seide hob und senkte sich wie unter einem absurden Atemzug nur einer Brusthälfte, dann erschienen zwei haarige schwarze Beine unter dem Rand des Körbchens, und Fred stürzte mit einem gellenden Schrei herum und aus dem Zimmer, ehe sein Verstand sich selbständig machen konnte.
Die Wohnzimmertür zerbarst im selben Moment, als er in den Flur taumelte. Das Holz schien regelrecht zu explodieren. Trümmer und scharfkantige Splitter überschütteten ihn, bohrten sich in die Wände und den Boden und zerschlugen den Spiegel. Wie durch ein Wunder blieb er unverletzt. Er riß die Wohnungstür auf und warf sich mit einem verzweifelten Satz hindurch. Hinter ihm flutete eine braunrote Woge aus Leibern und wirbelnden Beinen und schnappenden Giftzähnen heran. Fred rappelte sich hoch, raste zur Treppe und verlor schon auf der zweiten Stufe das Gleichgewicht. Er fiel, fing sich ungeschickt an der Wand ab und schlitterte die restlichen elf Stufen grotesk vornübergebeugt nach unten, halb gegen die Wand gelehnt, halb taumelnd, halb fallend.
Diesmal war der Aufprall so hart, daß er einige Sekunden lang benommen liegenblieb. Der einzige Grund, weswegen er nicht das Bewußtsein verlor, war das sichere Wissen, daß er nie wieder zu sich kommen würde. Und die vage, aber unbeschreibliche Furcht, daß es vielleicht doch geschehen würde, daß er aufwachen und sich eingesponnen vorfinden konnte, am Leben und hilflos und von Spinnen bedeckt, die seinen Körper tranken.
Trotzdem hatte er Mühe, die Augen zu öffnen und den Kopf zu heben. Er hatte sich verletzt. Sein eigenes Blut war ihm in die Augen gelaufen, so daß er kaum sehen konnte.
Aber er hörte.
Es war ein Laut, wie er ihn noch nie zuvor vernommen hatte und der das Grausen in ihm noch mehr steigerte. Ein Rascheln, Schaben und Klicken wie Popcorn, das auf einer heißen Herdplatte hüpft, aber böser, gräßlicher. Es war das Geräusch Hunderttausender federleichter Beine, die den Marmor der Treppenstufen herabeilten.
Er sah nicht einmal zurück, sondern sprang auf und raste zur Tür. Sie war verschlossen. Natürlich – er hatte sie selbst abgeschlossen, als sie nach Hause gekommen waren, und der Schlüssel befand sich unerreichbar fern in seiner Hosentasche, nur ein paar Zentimeter und wenige Sekunden entfernt, aber die hatte er nicht mehr.
Verzweifelt sah er nun doch zurück. Die Spinnen hatten das Erdgeschoß erreicht und näherten sich ihm, und er erschrak, als er sah, wie schnell sie waren. Trotzdem vergeudete er eine weitere kostbare Sekunde damit, vergebens an der Türklinke zu rütteln. Schließlich raffte er all seine Kraft zusammen und warf sich gegen die Glasscheibe.
Die Todesangst verlieh ihm übermenschliche Kräfte. Das Drahtglas zerbrach knirschend, beulte sich nach außen, und ein zweiter, verzweifelter Stoß ließ ihn in einem Regen von winzigen würfelförmigen Glassplittern ins Freie taumeln. Die Spinnen waren nur noch einen Meter hinter ihm. Er hatte sich die Schulter gebrochen, aber das war egal.
Er hatte keine Zeit zu stürzen, deshalb kämpfte er mit aller Gewalt um sein Gleichgewicht, sprang mit gewaltigen, fast grotesken Schritten nach rechts und links und legte einige Sätze wie ein rennender Gorilla auf Füßen und Fäusten zurück, ehe er wieder in die Höhe kam. Er hielt auch jetzt noch nicht an, sondern raste weiter, rannte blindlings auf die Straße hinaus und entfernte sich fünfzig, sechzig Schritte weit vom Haus, ehe er es auch nur wagte, ein wenig langsamer zu werden und über die Schulter einen Blick zurück zu werfen.
Aus der zerborstenen Tür ergossen sich Spinnen wie ein lebender Sturzbach. Es mußten Millionen sein. Sie waren noch immer sehr schnell, aber jetzt, im Freien, wo er sich ungehindert bewegen konnte, längst nicht mehr so schnell wie er. Er blieb nicht stehen, aber er verfiel in einen etwas langsameren, kräftesparenden Trab, der die Entfernung zwischen ihm und der Front der Vogelspinnen immer größer werden ließ. Die Spinnen breiteten sich jetzt fast symmetrisch vor der Tür aus; aus der Entfernung sahen sie aus wie eine Lache aus schwarzem Teer, die allmählich wuchs.
Fred lief bis zum Ende der Straße, ehe er keuchend stehenblieb und sich umsah. Das Haus war von hier aus kaum noch zu sehen, aber er spürte die Bewegung, die sich davor ausbreitete und langsam, aber unerbittlich in seine Richtung glitt, eine schwarze, haarige Flut, die ihm mit der erbarmungslosen Unaufhaltsamkeit einer Naturkatastrophe folgte und die ihm auch weiter folgen würde, ganz egal, wie weit er rannte, ganz egal, wo er sich versteckte.
Vor ihm bewegte sich etwas. Er konnte nicht genau erkennen, was es war, denn es gab nur wenige Straßenlaternen, und die Stelle lag im Schatten, aber all seine Sinne waren zum Zerreißen angespannt; er spürte die Gefahr mehr, als er sie mit seinen normalen Sinnen wahrnahm, aber er spürte sie überdeutlich. Er machte einen Schritt, blieb stehen, beugte sich vor, und dann sah er es.
Er hatte nicht einmal mehr die Kraft, zu schreien. Er hatte nicht einmal mehr die Kraft, wirklich zu erschrecken. Es war, als wäre er ausgebrannt, erschöpft und leer und unfähig, noch Schrecken und Furcht zu empfinden. Er stand einfach da und starrte den Gully an, der zwei Schritte vor ihm lag, und die faustgroßen schwarzen Spinnen, die daraus hervorkrochen, und er dachte, es könnte nicht schlimmer kommen.
Aber das stimmte nicht. Es konnte schlimmer kommen, und es kam schlimmer, als er den Blick hob.
Zwei Schritte vor ihm stand Evelin.
Sie war tot. Ihre Augen waren zu milchig-blaumelierten Glasmurmeln geworden, und von den Knien abwärts waren die Beine zersetzt, als wäre sie durch einen Fluß aus Säure gewatet. Ihre Füße waren skelettiert, so daß sie ihm vorkam wie die Karikatur eines holzbeinigen Piraten. Er konnte ihre Spuren erkennen; schleimige, feucht schimmernde Pfützen aus etwas, das schlimmer war als Blut, und kleine, weiße Knochenstücke, die sie verloren hatte, denn sie war offensichtlich ein sehr unaufmerksamer Zombie. Wenn sie nicht achtgab, dachte er hysterisch, würde sie den Kopf verlieren.
Der Anblick war so absurd, daß er nicht nur die Grenzen des Vorstellbaren, sondern auch das Unvorstellbare überstieg. Irgend etwas in seinem. Gehirn schien auszusetzen, wie eine überforderte mechanische Sicherung, und für einen Moment begriff er mit einer Schärfe, wie ein körperlicher schneidender Schmerz, daß das, was er zu erleben glaubte, einfach nicht sein konnte. Auch ein Alptraum gehorchte einer gewissen inneren Logik, auch wenn sie noch so aberwitzig sein mochte. Dieses Bild hier hatte eindeutig keinerlei Logik mehr.
Doch das alles änderte nichts daran, daß Evelin trotzdem da war und daß sie trotzdem näher kam. Sie trug einen weißen Umhang aus Spinnenseide, der in der kaum bewegten Luft wehte und flatterte wie ein Mantel im Sturm. Eine fette Spinne turnte in ihrem Haar herum, und eine andere hatte sich auf ihrer Schulter niedergelassen und glotzte ihn an. Sie war eindeutig tot, sie hatte tot zu sein, so tot, wie man nur sein konnte, und trotzdem hob sie in diesem Moment die Arme und kam auf ihn zu. Hätte selbst dieses grausame Willkommen noch nicht ausgereicht, ihn aus seiner Erstarrung zu reißen, so tat es spätestens die entsetzliche Grimasse, zu der sich ihr Gesicht plötzlich verzerrte. Er wußte nicht, ob es ein Lächeln sein sollte oder ein Ausdruck von Pein, aber das spielte auch keine Rolle.
Fred schrie auf; so gellend und schrill, daß seine Stimmbänder zu zerreißen schienen. Er wirbelte herum und taumelte mit wild rudernden Armen davon und blindlings auf die Straße hinaus. Bremsen quietschten. Ein grelles Licht streifte sein Gesicht und verlor sich wieder in der nächtlichen Dunkelheit, und etwas Großes glitt dicht neben ihm vorbei. Er torkelte weiter, in kopfloser Panik schreiend und um sich schlagend. Wahllos bog er irgendwo ab und prallte gegen ein Hindernis und fiel auf ein Knie. Ein scharfer Schmerz schoß durch sein Bein und ließ ihn aufstöhnen, riß ihn aber auch für einen kostbaren Moment zurück in die Wirklichkeit. Aus dem Schmerzenslaut wurde ein ersticktes Wimmern, als er den wehenden weißen Schleier sah, der sich von einer Häuserreihe zur anderen quer über die Straße spannte, riesig und voller Löcher und buchstäblich voll von Tausenden von Spinnen, die mit unfaßbarer Schnelligkeit daran webten.
Als er herumfuhr, sah er auch hinter sich Spinnen. Quer über die Straße spannten sich bereits die ersten Fäden; in, Moment noch dünne, filigrane Muster aus glitzerndem Nichts, die sich aber wie in einer Zeitrafferaufnahme binnen Sekunden vor seinen Augen zu symmetrischen, dichten Netzen zusammenfügten. In spätestens einer Minute würde das Gewebe auf dieser Seite der Straße so dicht und undurchdringlich sein wie auf der anderen. Es war eine Falle, und er wäre um ein Haar blindlings hineingelaufen.
Er wartete nicht, bis sie sich endgültig schloß, sondern rannte los, hob schützend die Arme vor das Gesicht und brach durch die Spinnweben. Sie waren erstaunlich fest. Es kostete ihn zwar keine Mühe, die Fäden zu zerreißen, aber er registrierte doch einen fühlbaren Widerstand, und ihre Berührung brannte wie Feuer auf seiner Hand. Zwei, drei Spinnen klammerten sich an ihm fest und bissen mi ihren Giftzähnen wütend auf den Eindringling ein, der ihr Netz zerstört hatte, aber sie konnten seine Kleidung nicht durchdringen, und er streifte sie ab, ehe sie eine Stelle finden konnten, an der sie wirkungsvoller hätten zubeißen können. Die Tiere stürzten zu Boden. Er zertrat eines, aber die anderen setzten auf wirbelnden Beinen sofort zur Verfolgung an; winzige haarige Bälle, die im Zickzack hinter ihm herjagten und kaum weniger langsam waren als ein Mann.
Aber er war kein Mann, der nur rannte; er war ein Mann, der in Todesangst rannte. Seine Füße schienen kaum den Asphalt zu berühren; während er zurückwich und wahllos in die erste Seitenstraße hineinstürzte. Er sah etwas Helles auf sich zuwanken, etwas mit einem wehenden weißen Mantel und einem zerstörten Grinsen, über das Spinnen krochen, und wandte sich instinktiv in die entgegengesetzte Richtung; und diesmal erkannte er die Falle zu spät.
Der Boden war lebendig geworden. Tausende von Spinnen quollen aus Gullys und Kanaldeckeln, fielen wie schwarzer Regen von den Ästen der Alleebäume, von Fensterbrettern und Dachrinnen, krabbelten aus Briefkastenschlitzen und Blumenbeeten, krochen über Mauern, Fensterbänke und Autos. Im Zickzack und schreiend vor Panik stürmte er weiter, wobei er die Spinnen gleich zu Dutzenden zertrampelte. Mehr als einmal drohte er in der übelriechenden rotbraunen Schmiere auszugleiten, die an seinen Schuhen klebte, aber er wußte, daß es sein sicheres Ende sein würde, wenn er jetzt stürzte, und die bloße Panik hielt ihn auf den Beinen. Sein Herz raste. Jeder Atemzug bereitete ihm unerträgliche Schmerzen, und auf seiner Zunge machte sich langsam ein gräßlicher Geschmack nach Blut und Erbrochenem breit. Er wußte, daß er ernsthaft in Gefahr war, seinen Körper zu überlasten, daß er vielleicht gleich einen Schritt zuviel machte und sein Herz aussetzte wie ein Motor, der zu lange bis an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit strapaziert worden war. Aber auch das war ihm egal. Selbst der Tod war ein akzeptabler Weg, um aus diesem Alptraum zu entfliehen, solange nicht die Spinnen seinen Tod brachten.
Irgendwie gelang es ihm schließlich, auch dieser Meute zu entkommen. Er handelte sich zwar zwei weitere Bisse ein, aber das Gift von vorhin schien seine Wirkung bereits völlig eingebüßt zu haben, denn die Stiche taten einfach nur höllisch weh, warfen ihn aber nicht zu Boden. Er wurde im Gegenteil sogar noch schneller, rannte im Zickzack, um größeren Ansammlungen von Spinnen auszuweichen, so gut es ging weiter und war schließlich durch. Er war in einer anderen Seitenstraße gelandet, die schmaler und schlechter beleuchtet und auch schon von der achtbeinigen Pest befallen war. Weiße Schleier hingen wie staubiger Nebel an Büschen und Ästen, hier und da war ein geparkter Wagen unter einer durchscheinenden Decke aus Zuckerwatte verborgen, und der Boden war auch hier nicht völlig frei von Spinnen. Aber es waren nur vereinzelte Tiere, denen er ohne Mühe ausweichen konnte. Er zertrat so viele von ihnen, wie er konnte, ohne allzusehr von seinem direkten Weg abzuweichen und langsamer zu werden. Einen Moment lang hatte er die Orientierung verloren, aber die Furcht, sich verirrt zu haben, entsprang nur seiner Panik. Er wußte noch, wo er war.
Vor ihm wurde es heller. Er näherte sich dem Stadtzentrum, das selbst zu dieser fortgeschrittenen Stunde noch nicht schlief, sondern hell erleuchtet war und von Leben pulsierte. Er erschrak, als ihm klar wurde, daß er fast fünf Kilometer gelaufen sein mußte, beschleunigte seine Schritte aber nur noch mehr. Menschen bedeuteten – vielleicht – Sicherheit. Licht bedeutete Sicherheit, denn im Hellen konnte er sie sehen und vor ihnen davonlaufen.
Er erreichte die Hauptstraße, prallte hart gegen einen Laternenpfahl und wäre beinahe gestürzt. Der Aufprall ließ seine linke Augenbraue aufplatzen. Blut lief über sein Gesicht. Ihm schwindelte. Ein Passant blieb stehen, sah ihn verwirrt an und streckte hilfreich seine Hand aus. Obwohl Freds Blick das Gesicht des anderen nur für den Bruchteil einer Sekunde streifte, sah er es doch in allen Einzelheiten, wie in einer bizarren Blitzlichtaufnahme, die sich unauslöschlich in seine Netzhäute einbrannte. Der Mann war verwirrt. Seine Hilfsbereitschaft war echt und spontan, aber er hatte auch instinktiv Angst, daß er es vielleicht mit einem Betrunkenen zu tun haben könnte. Oder schlimmer: daß er in irgend etwas hineingezogen werden könnte. Er sagte etwas, das Fred nicht verstand. Er mußte weiter. Er war im Licht, aber noch nicht weit genug aus der Gasse heraus, um wirklich in Sicherheit zu sein, falls es so etwas wie Sicherheit jetzt überhaupt noch gab. Er sah zurück. Die Spinnen hatten haltgemacht; vielleicht waren sie auch einfach nur langsamer, als er in seiner Panik bisher geglaubt hatte. Auf jeden Fall sah er sie nicht.
Aber hinter der finsteren Einmündung der Seitenstraße lauerte eine zweite, tiefere Dunkelheit, und er konnte die Blicke Tausender tückisch glitzernder Augen wie die Berührung ekliger eisiger Finger spüren.
Er konnte auch sie spüren, ihre Königin, eingehüllt in ihrem wehenden weißen Umhang, der sie bei lebendigem Leib auffraß. Weg. Weiter weg. Auf die andere Straßenseite, ins Licht.
Fred rannte los. Der Mann neben ihm schrie etwas, das er zur Hälfte nicht verstand, und das auch gleich in einem wütenden Hupen und dem Kreischen von Reifen unterging. Ein Wagen schlitterte vorüber, streifte ihn fast, kam mehr durch Glück und Zufall als durch das Können des Fahrers wieder auf Kurs und rollte aus. Er sprang auf den jenseitigen Bordstein, registrierte beiläufig die erschrockenen Blicke, die ihm zugeworfen wurden und spürte plötzlich einen stechenden Schmerz im rechten Unterschenkel. Als er weiterlief, humpelte er sichtbar.
Trotzdem verlor er kaum an Schnelligkeit. Immer wieder sah er sich um. Weder von den Spinnen noch von ihrer in Auflösung begriffenen Herrin war etwas zu sehen. Er war schneller als sie. Und das Licht schützte ihn.
Der Schmerz in seiner Wade nahm zu. Jeder Schritt wurde von einem pochenden Hämmern begleitet, das schon nach Sekunden sein Knie und danach die Hüfte erreichte, als hätte er einen glühenden Nagel im Schuh, der sich mit jedem Schritt tiefer in seinen Fuß bohrte. Fast gleichzeitig erwachte auch in seinem Nacken und seiner rechten Hand dasselbe stechende Klopfen, ein wühlender Schmerz, der sich blitzschnell ausbreitete, ehe er sich mit der Pein in seiner Wade vereinigte. Die drei Bisse, die er am Anfang bekommen hatte! Offensichtlich wirkte das Spinnengift doch länger, als er geglaubt hatte; und anders. Im Laufen blickte er auf seinen Handrücken hinab und bemerkte eine bläuliche Verfärbung, kaum größer als ein Bienenstich, aber zehnmal so schmerzhaft.
Schließlich wurde das Pochen in seinem Fuß so schlimm, daß er nicht mehr weiterkonnte. Aus seinem Humpeln wurde ein mühsames Torkeln, und nach zwei weiteren, schmerzerfüllten Schritten ging es einfach nicht mehr. Er sank gegen die. Wand, schob sich mit der rechten Schulter am rauhen Stein entlang und entdeckte eine rettende Insel aus weißem Licht, nur noch ein paar Schritte und einen Fußmarsch durch die Hölle entfernt. Licht. Menschen. Keine Spinnen. Vielleicht keine Spinnen.
Es war ein Kino. Die Nachtvorstellung lief noch, und was er gesehen hatte, war die Leuchtreklame über dem Eingang. Im Foyer brannte Licht, und er hörte Musik und die Fetzen von Gesprächen; nur das dunkle Pochen der Bässe, die trotz aller Schallisolierung durch die Wände drangen. Die Kasse war nicht besetzt, und er rüttelte vergeblich an der Glastür. Keine Reaktion. Das Foyer war groß und hell erleuchtet, ein in freundlichen Farben gehaltener Raum mit Filmplakaten an den Wänden und einer kleinen Snackbar vor der Treppe, die zum eigentlichen Kino hinabführte. Aber menschenleer.
Doch die Vorstellung konnte nicht mehr lang dauern. Umgeben von lichtüberfluteten Glasvitrinen voller Filmplakate war er sicher vor den Spinnen, sicher vor der Dunkelheit. Selbst wenn es schlimmer wurde und er nicht durchhielt, würde ihn jemand finden. Er hatte noch eine Chance. Instinktiv spürte er, daß er in der Nähe von Menschen sicher war.
Dieser Gedanke kam ihm plötzlich absurd vor. Vielleicht, weil er so logisch war, inmitten einer Realität, die so gründlich aus den Fugen geraten war wie ein Ameisenbau, über den eine Elefantenherde hinwegtrampelte. Er lachte schrill und fast hysterisch, sank gegen eine Glasvitrine und begann qualvoll zu husten. In dem Schleim, den er ausspie, war Blut. Vielleicht löste er sich bereits innerlich auf. Die Wirkung des Giftes war vielleicht heimtückischer, als er geglaubt hatte; ein perfider Streich, der dem Opfer Sicherheit vorgaukelte, während sich sein Fleisch bereits von innen heraus zu zersetzen begann.
Der Schmerz in seinem Bein wurde immer heftiger. Er konnte nicht mehr gut sehen, und seine rechte Hand pochte so heftig, daß sie vor seiner Brust zuckte, als schlüge er eine unsichtbare Trommel. Sie war heiß und fühlte sich an, als wäre sie mindestens auf das Doppelte ihres normalen Umfanges angeschwollen. Er wagte nicht, sie anzusehen.
Seine Kräfte schwanden jetzt rapide. Ganz langsam sank er an der Glasvitrine hinab. Seine Lider fielen zu, und der pochende Schmerz wurde unerträglich, stieg weiter, bis er die Grenzen des Vorstellbaren erreichte und machte auch davor nicht halt. Mit aller Gewalt zwang er sich, noch einmal die Augen zu öffnen und auf die Hand hinabzusehen, die in seinem Schoß lag.
Sie war zu einem bläulichroten, unförmigen Klumpen angeschwollen, einem formlosen pulsierenden Etwas, unter dessen Oberfläche sich etwas zu bewegen schien und das nicht mehr aussah wie eine Hand, sondern wie etwas ... Falsches. Die Finger waren kaum noch zu erkennen. Er stöhnte, hob den Kopf, und sein Blick fiel auf das Filmplakat in der gegenüberliegenden Vitrine. Es zeigte eine idyllisch gelegene, typisch nordamerikanische Kleinstadt, die von einem Leichentuch aus weißer Seide bedeckt war. Darüber stand in flammend roten Lettern der Filmtitel:
MÖRDERSPINNEN Kingdom of the Spiders
Was er fühlte, war weder Schrecken noch Schock, sondern etwas, das so fremd und entsetzlich war wie das pulsierende Ding, in das sich seine Hand verwandelt hatte. Er war nicht einmal mehr sonderlich überrascht, als er eine Bewegung hinter den Glastüren des Kinos sah. Hatte er sich wirklich eingebildet, ihnen entkommen zu können?
Fred wußte selbst nicht, woher er die Kraft nahm, sich noch einmal in die Höhe zu stemmen. Er wußte auch nicht, warum er es tat. Es gab kein Entkommen vor dem achtbeinigen Tod.
Trotzdem taumelte er zur Straße, hielt sich mit der unverletzten linken Hand an einem Laternenpfahl fest und versuchte, Kraft für die nächsten Schritte zu sammeln. Er mußte aufpassen. Auf der Straße fuhren Autos vorbei, nicht sehr viele, vielleicht zwei oder drei in der Minute, aber sehr schnell, weil die meisten Fahrer wohl annahmen, daß nach Mitternacht die Geschwindigkeitsbeschränkung aufgehoben wurde. Er wollte –
Ein grausamer Schmerz explodierte in seiner rechten Hand und überflutete ihn mit weißglühenden Qualen. Er schrie, fiel auf die Knie und starrte seine Hand an; die nicht mehr zuckte, sondern zu pulsieren begonnen hatte wie ein verunstaltetes, dunkelrotes Herz, das sich entschlossen hat, aus seinem Körper herauszuwandern. Die Haut auf seinem Handrücken platzte auf. Blut lief an seinem Arm hinab, und gleichzeitig spürte er auch eine warme, klebrige Nässe auf dem Rücken und am Bein. Mit dem Blut lief auch ein Teil der Schmerzen aus seinem Körper hinaus, aber was übrigblieb, war noch immer unerträglich.
Er zwang sich, wieder auf seine Haut hinabzusehen. Der Gedanke an das, was er vielleicht sehen würde, war schrecklich, aber noch viel schlimmer war die Vorstellung, es nicht zu tun und hilflos den Bildern seiner Fantasie ausgeliefert zu sein.
Aber manchmal war die Wirklichkeit eben doch schlimmer als die Fantasie ...
Die Haut riß weiter auf, und aus den Tiefen seines Fleisches wühlte sich ein zitterndes Bein mit dunkelrotem feinen Fell hervor. Mikroskopisch feine Blutströpfchen glitzerten daran.
Irgend etwas in ihm zerbrach. Fred schrie gellend mit sich überschlagender, hysterischer Stimme auf, sprang in die Höhe und taumelte auf die Straße hinaus, während ein zweites und drittes und viertes Bein wie zusätzliche dürre Finger aus seinem Handrücken hervorzuwachsen begannen, gefolgt von einem haarigen, aufgedunsenen Balg.
Grelles Licht fiel plötzlich auf sein Gesicht. Eine Hupe schrie. Fred hörte das Zischen einer Luftdruckbremse, das vergebliche Kreischen von Reifen, die ihren Gummibalg auf dem Asphalt abrieben und spürte, wie etwas in seinem Bein zerriß, und einen Sekundenbruchteil darauf in seinem Nacken.
Er rannte nicht mehr vor dem Licht davon, sondern darauf zu. Das Hupen und schrille Pfeifen blockierender Reifen wurde lauter, lauter und immer lauter, und das Licht schien für eine Sekunde so grell zu sein wie das der Sonne, in die er unvorsichtigerweise hineingeblickt hatte. Für einen winzigen Moment erwachte sein Selbsterhaltungstrieb, und er versuchte noch, eine Bewegung zur Seite zu machen. Es gelang ihm nicht. Er spürte nicht einmal mehr den Aufprall.
»Bulle zu sein ist sowieso ein Scheißjob«, sagte Yaegher, während er sich mit dem vollbeladenen Tablett in der rechten und einer Flasche Kelts Alkoholfrei in der linken Hand auf dem viel zu engen Gang zwischen den Tischen hindurchschlängelte und vor Borghorst stehenblieb, wo er hinzufügte: »Aber Bulle für die Bullen zu sein, das ist ein Scheiß-Scheißjob.«
Er sprach nicht besonders deutlich, was sicherlich zu einem Teil an dem Plastikbecher lag, den er in Ermangelung einer dritten Hand mit den Zähnen festhielt. Was überhaupt von seiner Stimme zu hören war, das klang, als dränge es aus der Tiefe eines Kunststoffgullys herauf. Außerdem nuschelte er an diesem Tag noch stärker als sonst, und Yaegher pflegte ohnehin jedes dritte oder vierte Wort zu verschlucken, so daß seine jeweiligen Gesprächspartner schon über eine gewisse Kombinationsgabe verfügen mußten, um ihn zu verstehen. Das war einer der Gründe, aus denen seine Karriere nicht mit der eines Derrick oder Alten zu vergleichen war.
Nicht im entferntesten, um ehrlich zu sein.
Trotzdem blickte Borghorst nach einem kurzen, demonstrativen Zögern von seinem Teller auf. Das Zeug, das er in erstaunlichen Mengen darauf aufgehäuft hatte, sieht aus, als wäre es ebenfalls aus Plastik, dachte Yaegher. Borghorst gab ihm mit einem Blick zu verstehen, daß er sich setzen solle. Mit einem weiteren, kaum weniger mißmutigen Blick scheuchte er Mendel davon, der voll stummen Protests aufstand, seinen Plastikteller mit dem Plastikessen auf ein Plastiktablett räumte, wenn auch nicht, ohne Yaegher einen Blick zuzuwerfen, der fast so eisig war wie der, Kaffee, den die Stegmüller servierte. Schließlich trollte er sich. Mendel war Borghorsts Assistent und nach Yaeghers Weggang der zwar unbestätigte, aber von niemandem angezweifelte Kronprinz der Abteilung. Kein Zweifel, daß er in drei Jahren Borghorsts Nachfolger werden würde. Eigentlich hätte er Yaegher dankbar sein müssen, daß der so kampflos das Feld geräumt hatte. Aber er war es nicht. Sie hatten sich vom ersten Tag an gehaßt, und daran hatte sich auch nichts geändert, seit sie keine Kollegen (genauer ausgedrückt: Konkurrenten) mehr waren. Mendel hielt Yaegher für ein ausgemachtes Arschloch, und Yaegher dachte umgekehrt über Mendel genauso. Der einzige Unterschied ist, daß Mendel in der Tat ein Arschloch ist, dachte Yaegher. Und noch dazu ein ehrgeiziges. Zweifellos würde er eines Tages Polizeipräsident werden. Oder Bundeskanzler.
Er verscheuchte den Gedanken, als er Borghorsts Blicke immer durchdringender auf sich ruhen fühlte. Leicht verlegen drehte er sich wieder zu seinem Exvorgesetzten herum, hielt seinen ärgerlich zusammengezogenen Brauen und dem unheilverkündenden Blitzen darunter eine Sekunde lang stand und rettete sich dann in eine Kopfbewegung auf Borghorsts Teller hin.
»Wie schmeckt das Zeug?«
»Wie es aussieht«, antwortete Borghorst. »Sie werden es gleich selber feststellen. Sie haben dasselbe.«
Yaegher tat so, als fiele ihm erst jetzt auf, was er sich geholt hatte, obwohl es keinen Grund gab, überrascht zu sein. Die Kantine servierte prinzipiell nur ein Essen, und seit Jahren hielt sich hartnäckig das Gerücht, daß es immer dasselbe war. Es gab Tage, an denen Yaegher geneigt war, das zu glauben. »Oh«, sagte er. »Wenn das so ist, sollte ich vielleicht lieber den Teller essen.«
»Möglich«, antwortete Borghorst. »Aber deswegen sind Sie nicht hier, oder?«