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Wie fühlt es sich an, die völlig unbekannte Schwester einer international berühmten und gepriesenen Kinderpsychiaterin zu sein? Das war das Schicksal meiner Mutter, Emmi Maier, geborene Meierhofer, als jüngere Schwester von Dr med, Dr phil hc, Marie Meierhofer, die 1998 verstorbene Zürcher Kinderärztin, mit einem gleichnamigen Institut in Zürich und zwei Marie-Meierhofer Wegen, einer in Zürich, und einer in Turgi, Kanton Aargau. Nein, einen Emmi-Weg gibt es nicht in der Schweiz, aber gerade deshalb lag es mir am Herzen, sie aus ihrem Schattendasein herauszuholen und die Stationen ihres ungewöhnlichen Lebens zu beleuchten: mit 20 Jahren war sie Vollwaise, ihre Eltern waren tödlich verunfallt, die Mutter 1925, der Vater 1931. Bis dann war sie die stolze Tochter eines Fabrikdirektors gewesen, bis nach seinem Tod plötzlich realisiert wurde, dass er sein Vermögen im 1929 Börsenkrach verloren hatte. Die Aktien seiner Fabrik, der Bronzewarenfabrik AG Turgi, auch BAG genannt, eine Leuchtkörperfabrik von europäischem Ausmass, existierten zwar noch, hatten aber keinen Wert mehr. Seine drei Töchter, Marie, genannt Maiti, Emmi und Albertine, genannt Tineli, standen vor dem Nichts. Maiti hatte bereits mit Erfolg die ersten Examen des Medizinstudiums in Zürich bestanden, so durfte sie weiter studieren. Die jüngeren Schwestern dagegen wurden angewiesen, möglichst schnell Geld zu verdienen. So kam es, dass Emmi sich zuerst einmal um den Haushalt kümmerte, um den verwaisten Schwestern ein Heim zu bieten. Emmi bekam aber wenig Glamour dadurch; erst als sie einen Arzt geheiratet hatte und 3 Mädchen auf die Welt stellte, verbesserte sich ihr sozialer Status ein wenig, stand aber weit unter dem von ihrer Schwester selbst erarbeiteten Ruhm. In diesem Buch werden die Lebensstationen von Emmi mit Material aus ihrem Familienarchiv erwähnt und bebildert.
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Seitenzahl: 36
VORWORT UND DANKSAGUNG
Emmi Maier-Meierhofer, meine Mutter, hinterliess bei ihrem Hinschied. am 22. März 1992 in Confignon bei Genf. ein grosses dunkelgrünes Heft mit 75 Seiten handgeschriebenen Notizen. Zusammen mit meiner Schwester Elisabeth, haben wir dieses Heft ausgewertet und entziffert. Dazu kamen kürzere Texte, welche Emmi in den Computer geschrieben hatte. Als dieses Puzzle einmal zusammengestellt war, realisierten wir, dass ihr Leben Fetzen von Zeitgeschichte aus dem 20. Jahrhundert widerspiegelte: technischer Fortschritt wie die Entwicklung des Fliegens, den Bau eines Elektrizitätswerkes oder einer neuen Bahnlinie, dann soziale Entwicklungen wie die Möglichkeit für Frauen zu studieren oder sich sonst massgebend am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen, und vieles anderes mehr, so beschlossen wir, ihre Autobiographie als PDF-Dokument zusammenzustellen.1
Aber Emmi hinterliess nicht nur das dunkelgrüne Heft mit ihren handgeschriebenen Notizen, sondern auch eine grosse drei-sprachige Bibliothek mit Kunstbücher aus der ganzen Welt, mit klassischer und zeitgenössischer Literatur, und, vor allem, mit seltenen Schriften über asiatische Philosophie. Darüber hinaus war sie tief verbunden mit der Poesie. Ihre letzten Worte waren ein klar ausgesprochenes Gedicht von Rainer Maria Rilke, und für ihre Todesanzeige hatte sie ein Haiku Gedicht ausgewählt. Unter ihren Papieren fand ich kürzlich auch einen alten Briefumschlag mit vergilbten Zeitungsauschnitte über WH Auden2, einer der berühmtesten Dichter der Welt, den ich überhaupt nicht gekannt hatte.
Emmis Leben war aber bis jetzt überschattet worden durch ihre ältere Schwester, Maiti genannt, die international bekannte Kinderpsychiaterin Dr med, Dr phil hc, Marie Meierhofer, geb. 1909 in Zürich, gest. 1998 in Ägeri, mit einem nach ihr benannten Marie-Meierhofer-Institut in Zürich3. Die lebenslange Frustration von Emmi, dass sie, im Gegensatz zu ihrer älteren Schwester, aus finanziellen Gründen nicht studieren durfte, erklärt sich folgendermassen: als das Vermögen des aargauischen Industriepioniers Albert Meierhofer (ihr Vater) Opfer des Börsenkrachs von 1929 wurde und nach seinem Ertrinkungs-Tod im Juli 1931 seine Lebensversicherung nicht ausbezahlt worden war4, mussten Prioritäten gemacht werden: nur die älteste Schwester Marie durfte weiter studieren, da sie bereits einen Teil des Medizinstudiums erfolgreich hinter sich gebracht hatte. Emmi durfte die Matura nicht in der Privatschule Juventus absolvieren, wie sie geplant hatte.
Eine besonders wichtige Leistung von Emmi Maier-Meierhofer war die jahrzehntelange Bewahrung und Strukturierung von Familienarchiven, im besonderen eines deutsch-jüdischen Maier-Friedlaender Familienarchivs, welches sie durch ihre Heirat übernommen hatte. Dank Emmis archivarischen Arbeit war es möglich, viele dieser zahlreichen alten Schriften und Bilder zu digitalisieren und sie in selbstpublizierten Publikationen einzubetten567, die hauptsächlich als erklärende illustrierte Begleiter des Maier-Meierhofer-Anner Familienarchivs, und nicht als hochwissenschaftliche historische Arbeiten gedacht sind. Emmi sei posthum für ihre grosse Arbeit am Familienarchivs von Herzen verdankt, auch konkret dadurch, dass ihr Leben in diesem Buch erstmals kurz beschrieben und gewürdigt wird.
1 Maier-Meierhofer, Emmi. Strube Zeiten. Bunte Zeiten. Autobiographie herausgegeben von Elisabeth und Beatrice Maier, 2021. PDF-Dokument (MMAA).
2 Auden, WH. Selected Poems. Edited by Edward Mendelson. Faber and Faber. London. 2009
3 Marie-Meierhofer-Institut, mmi.ch
4 Maier-Meierhofer, Emmi. Strube Zeiten. Bunte Zeiten. Autobiographie herausgegeben von Elisabeth und Beatrice Maier 2021. PDF-Dokument (MMAA).
5 Anner, Beatrice Maier. Gustav Maier. Sponsor des jungen Albert Einstein. Grin-Verlag. 2023.
6 Anner, Beatrice Maier. Hans Wolfgang Maier. Eduard Einsteins Arzt. Grin-Verlag. 2023.
7 Anner, Beatrice Maier. Die Meierhofers. Biografie einer ungewöhnlichen Familie. Grin-Verlag, 2023
WIDMUNG
Die Biographie von Emmi Maier-Meierhofer ist ihren Enkeln Catherine Elisabeth Anner und Daniel Marc Anner gewidmet, welche manche schöne Stunden mit ihrer spannenden Grossmutter verbracht haben.
INHALTSVERZEICHNIS
VORWORT
1 DIE FAMILIE MEIERHOFER
2 GEBOREN IN ZÜRICH
3 SCHULE UND ZUHAUSE
4 DER BRUCH
5 DER KONFLIKT
6 KULTUR A GO GO
7 IM KREIS DER FAMILIE
DIE MORAL DER GESCHICHTE
ABKÜRZUNG: MMAA: Maier-Meierhofer-Anner-Archiv
1 DIE FAMILIE MEIERHOFER
Abbildung 1. Die Familie Meierhofer-Lang um 1923. Von links nach rechts: Emmi (geb. 1911), Mutter Marie (geb. 1884), Marie genannt Maiti (geb. 1909), Albertine genannt Tineli (geb. 1914), Vater Albert (geb. 1863), Hans, aus erster Ehe (geb. 1900).
Die abgebildete Familie scheint, auf den ersten Blick, harmonisch: Emmi hält vertrauensvoll die Hand ihrer Mutter Marie, welche einen starken Eindruck macht. Maiti blickt zu ihrem älteren Halbbruder in Uniform, Tineli steht locker vorne und guckt selbstbewusst in die Kamera; im Hintergrund steht das Oberhaupt der Familie: Vater Albert, der sportliche Industriepionier und leidenschaftliche Hobbygärtner.
In einem weiteren Bild, bei der gleichen Gelegenheit geknipst (Abbildung 2