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Das Rätsel der Gummikrokodile Emma, Sarah, Nucki, Fitze und Torben verbringen ihre Ferien im "Kids-Club" in den Bergen. Vom ersten Tag an ist klar, dass hier etwas nicht stimmt. Die Unterkünfte sind schäbig, die fünf sind die einzigen Kinder im Club und die Betreuerinnen in ihren Kimonos gleichen einander wie ein Ei dem anderen. Woher stammen die Gummikrokodile, die am Ufer des Sees angeschwemmt werden? Warum hat jedes Kind in seiner Nudelsuppe immer nur einen bestimmten Buchstaben? Aber richtig seltsam wird es erst, als eines Tages die Kimonofrauen verschwinden und die Kinder allein sind ... Geheimnisse im Ferienclub - spannend und lustig zugleich! Das zweite Kinderbuch des Erfolgsautors Gernot Gricksch.
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Für Joshua, wie versprochen
Es klingelte an der Tür. Gleich dreimal hintereinander. Energisch.
Ding-Dong, Ding-Dong, Ding-Dong!
»Sie sind da!«, rief Frau Sondervig und strich ihrer zehnjährigen Tochter Emma eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Denk dran: ein offenes Lächeln, ein kräftiger Händedruck und eine laute Stimme! So kommt man gut durchs Leben!«
Emma nickte seufzend. Diesen Spruch hatte sie schon oft gehört. Ihre Eltern legten unglaublich großen Wert darauf, dass man selbstbewusst durchs Leben ging. Die Leute sollten einem ansehen, dass man an sich glaubte und dass man sich nicht herumschubsen ließ. Dann würde auch niemand auf die Idee kommen, es zu versuchen. Blöd nur, wenn man einfach nicht selbstbewusst war. Wenn man noch so sehr versuchte, einen festen Händedruck und eine laute Stimme zu haben, am Ende aber doch immer nur labbrig sein Pfötchen in die Hand der anderen fallen ließ und einem die Stimme in ein hilfloses Kieksen oder ersticktes Flüstern abrutschte.
Emma war nun mal ein schüchternes und stilles Kind. Warum konnten ihre Eltern das nicht einfach akzeptieren?
»Lächle doch mal«, sagte ihr Vater. »Ein offenes Lächeln öffnet die Herzen.«
Noch so ein Spruch! Ihre Eltern hatten einen Riesenvorrat davon. Sie kauften ständig Lebenshilfebücher mit Titeln wie »Vertraue dir selbst« und »Keine falsche Bescheidenheit! Du bist top!«. Sie hörten auch oft gemeinsam sogenannte Motivations-CDs. Eine der Discs, die sie besonders oft in den CD-Player schoben, zeigte ein strahlendes Pärchen an einem tropischen Strand. Hinter dem Pärchen ging die Sonne unter – oder vielleicht auch auf, wer weiß das schon? –, und die beiden lächelten so breit und verkrampft, als würde ihnen jemand mit einem unsichtbaren Gummiband die Mundwinkel in die Länge ziehen. Es sah irgendwie schmerzhaft aus, dieses Lächeln. »Leben wie im Paradies – mit Selbstbewusstsein und Willenskraft alles erreichen!« hieß die CD. Manchmal, wenn Emma abends im Bett lag, dröhnte es aus den Lautsprechern im Wohnzimmer bis in ihr Zimmer hoch. Ein Mann, mit einer Stimme so glatt, als hätte er mit Schmierseife gegurgelt, juchzte Sätze heraus wie: »Die Geschichte der Welt ist eine Geschichte der Sieger!«, und: »Nur wer anderen Menschen fest in die Augen schaut, darf erwarten, dass man auch ihm auf Augenhöhe begegnet!«
Emmas Eltern schienen die ganze Welt für einen Wettkampf zu halten. Und sie waren fest entschlossen, ihn zu gewinnen. Auch Emma sollte eine Siegerin sein. Es konnte schließlich nicht angehen, dass strahlende Eltern mit festem Händedruck und kräftiger Stimme ein Kind hatten, das scheu auf den Boden blickte, wenn man es ansprach. Ein Kind, das rot wurde, wenn es in der Schule ein Referat halten sollte.
Emma hätte es dagegen völlig gereicht, wenn man sie bei diesem großen, anstrengenden Lebenswettkampf in Ruhe auf der Zuschauertribüne sitzen ließe. Sie wollte ja gar nichts gewinnen. Sie wollte nur ihre Ruhe und ein bisschen Glück.
Es klingelte schon wieder.
Ding-Dong!
»Ich komme ja schon! Ich komme ja!«, rief Emmas Mutter mit ihrer lauten, kräftigen Gute-Laune-Stimme, während sie durch den Flur eilte. Sie knipste ihr Gewinnerlächeln an, als sie die Tür öffnete … und konnte doch nicht verhindern, dass ihre Kinnlade erstaunt nach unten fiel, als sie sah, wer da vor ihr stand!
Emmas Mutter blickte in die breit grinsenden Gesichter von drei blonden Frauen, die völlig gleich aussahen. Drillinge offenbar. Sie alle trugen bunte japanische Kimonos, die so gar nicht zu ihren hellen Haaren und ihrer auffallend blassen Hautfarbe passten.
»Oh«, war das Einzige, was Emmas Mutter in dem Moment von sich gab. Doch dann sammelte sie sich schnell wieder und streckte entschlossen die Hand aus. »Guten Tag! Schön, dass Sie da sind! Kommen Sie doch herein!«
Die drei Kimonofrauen traten nacheinander ein und Emmas Mutter führte sie ins Wohnzimmer. Dort standen Emma und ihr Vater und schauten die Gäste nicht minder verblüfft an. Was für ein verrückter Anblick! Emmas Vater versuchte, genau wie Mama, nicht erstaunt auszusehen, weil Gewinner sich ja nie aus der Fassung bringen ließen. Er schüttelte allen dreien die Hand und sagte, während er aufs Sofa deutete: »Setzen Sie sich doch, meine Damen!«
Emma dagegen glotzte die drei seltsamen Besucherinnen fassungslos an.
»Huhu!«, winkte eine der drei Frauen Emma zu, nachdem sie auf der Couch Platz genommen hatte. Sie sagte: »Und du musst Emma sein!«
Emma nickte schüchtern.
»Wenn man Emma rückwärts ausspricht, heißt das Amme. Wusstest du das?«, fragte eine der anderen Frauen sie lächelnd.
Natürlich wusste Emma das.
»Amme klingt auch hübsch«, fand eine der Kimonofrauen.
»Wenn man dagegen Sofie-Elisabeth rückwärts ausspricht«, fuhr die Besucherin fort, »klingt das gar nicht schön.«
»Htebasileeifos«, sagte die dritte Frau mit ernster Stimme und nachdenklich den Kopf schüttelnd. »Das ist gar nicht schön. Gar nicht schön.«
Emmas Eltern schauten die drei Frauen verwirrt an. Sie hatten sich die Besucherinnen irgendwie anders vorgestellt.
Jetzt öffnete die dritte Kimonofrau einen kleinen Aktenkoffer, den sie wie aus dem Nichts hervorzuzaubern schien, und holte ein Formular heraus.
»Wir freuen uns so sehr, dass du den Sommer mit uns verbringen wirst, Amme!«, strahlte sie das Mädchen an.
Die Kimonofrau neben ihr kicherte. »Hihi«, grinste sie Emma an. »Sie hat deinen Namen rückwärts ausgesprochen! Hast duʼs gemerkt?!«
Emma musste auch kichern. Sie hatte nicht erwartet, dass die Frauen so lustig sein würden. Vielleicht würden diese Sommerferien doch nicht so schlimm werden, wie sie befürchtet hatte.
Die Kimonodrillinge waren die Abgesandten der Organisation Winning Holidays, eines Ferienklubs, der »Gemeinschaft, Motivation und Power-Fun« versprach. Ihre Eltern hatten diesen Klub ausgesucht, damit Emma Freunde fand. Es war wahrscheinlich das englische Wort Winning, das sie so ansprach. Winning heißt gewinnen. Emma sollte in einer Gruppe Gleichaltriger ihren Sommer verbringen, »soziale Kontakte« knüpfen und »das Miteinander« lernen. Sie sollte, wie Emmas Mutter es ausgedrückt hatte, »endlich aus ihrem Schneckenhaus kriechen«.
Emma grauste vor diesen Ferien, seit ihre Eltern ihr davon erzählt hatten. Niemand hatte sie gefragt, ob sie das überhaupt wollte. Man hatte sie einfach vor vollendete Tatsachen gestellt. Und Emma war sich ziemlich sicher, dass sie keinen Spaß haben würde, in diesen Winning Holidays. Sie war nicht nur ein stilles, unsicheres Mädchen, sie war auch noch ziemlich pummelig. Sie fühlte sich verkleidet, wenn ihre Eltern sie in irgendwelche modischen Klamotten steckten, die »man jetzt eben trägt«. Das alles machte sie zur Außenseiterin. Und auch wenn Emma oft pfiffige Sachen dachte und ihr flotte Sprüche und schlagfertige Antworten auf der Zunge lagen, so spuckte sie sie doch nie aus. Niemand wusste, wie clever Emma war, weil sie Angst hatte, es zu zeigen.
Das Beste, was ihr in diesem Urlaub passieren konnte, war, dass man sie in Ruhe ließ. Das Schlimmste war, dass man sie mobbte. So wie in der Schule.
»Unterschreiben Sie hier auf der gepunkteten Linie«, sagte die Kimonofrau und schob Emmas Vater das Formular hin. »Es sind übrigens genau 192 kleine Punkte in der gepunkteten Linie. Ich habe sie gezählt.«
Emmas Eltern lachten artig, weil sie dachten, es wäre ein Scherz. Aber Emma ahnte, dass diese komischen Kimonofrauen wohl tatsächlich die Punkte in gepunkteten Linien zählten. Und womöglich noch ganz andere, weitaus verrücktere Dinge taten.
Emma war sich nicht sicher, ob sie Angst vor den Drillingen haben oder sie cool finden sollte. Auf jeden Fall waren sie spannend und geheimnisvoll.
Nachdem Emmas Vater seine Unterschrift auf die 192 Punkte gekritzelt hatte, erhoben sich alle.
Emmas Mutter umarmte ihre Tochter und flüsterte ihr ins Ohr: »Das wird ein Riesenspaß! Wirst schon sehen. Ich hab dich lieb!« Dann wuschelte ihr Vater ihr durchs Haar und sagte: »Viel Spaß, meine kleine Prinzessin! Ganz, ganz viel Spaß!«
Eine der Kimonofrauen nahm den Koffer, der im Flur stand, dann verließen Emma und ihre Begleiterinnen das Haus. Sie gingen zu einem giftgrünen Kleinbus, der an der Straße parkte. Winning Holidays stand darauf in goldener, glitzernder Schrift.
Emmas Eltern blieben im Türrahmen stehen und schauten ihrer Tochter nach, die sich noch einmal umdrehte und ihnen zaghaft zuwinkte. Ihre Eltern bemühten sich um ein aufmunterndes Gewinnerlächeln, doch Emma sah, dass auch ihnen ein wenig mulmig war.
Eine der Kimonofrauen holte den Autoschlüssel hervor und hielt ihn vor Emmas Nase.
»Willst du fahren?«, fragte sie.
Emmas Vater rief von der Tür aus fassungslos: »Was?!? Sie können doch ein zehnjähriges Kind nicht Auto fahren lassen!!«
Die Kimonofrau lächelte und sagte: »Kleiner Scherz. Haha.« Dann – ohne dass ihre Eltern es sehen konnten – zwinkerte sie Emma zu.
Emma war von sich selbst überrascht, als sie zurückzwinkerte.
»Ihr könnt ruhig schon gehen«, sagte Torben zu seinen Eltern. »Die sind bestimmt gleich da.«
Torben stand auf dem Bahnsteig. Vor ihm auf dem Boden lag eine Reisetasche, auf dem Rücken trug er einen Rucksack, aus dem oben die Spitze eines Skateboards herauslugte.
Torben war sich nicht sicher, ob schon andere Kinder dabei sein würden, wenn er gleich abgeholt und in den Zug steigen würde. Wenn ja, hätte er es cooler gefunden, wenn seine Eltern schon verschwunden wären. Er war ja kein Baby mehr. Er war schließlich elf.
Drei Wochen würde er in dem Ferienklub Action Holidays verbringen, mit viel Sport, Games und– wie die Website versprach– jeden Abend Party! Da gab es bestimmt einen Haufen cooler Kids und Torben wollte vor denen auf keinen Fall seinen Einstand als vermeintliches Muttersöhnchen geben. Der erste Eindruck war wichtig. Wer gleich am Anfang wie ein Waschlappen wirkte, konnte leicht drei Wochen lang das Opfer im Camp sein. Es wäre stark, wenn Torben ganz allein auf dem Bahnsteig stünde. Dann würden alle Kinder sehen, dass er erwachsen genug war, um ohne Mama und Papa abgeholt zu werden. Doch Torbens Eltern machten bedauerlicherweise keine Anstalten zu verschwinden.
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