Im Wald - Darius Götsch - E-Book

Im Wald E-Book

Darius Götsch

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Beschreibung

Der Wald – und wir. Gottes Weisheit und Schöpfung erleben. Entdecke Gottes Schöpfung und erlebe geistliches Wachstum! Diplom-Forstwirt Darius Götsch nimmt uns mit auf einen Waldspaziergang. Leicht verständlich erklärt er die erstaunlichen Mechanismen des Waldes und verbindet sie mit unserem Leben. Er zeigt, was wir von Gottes Schöpfung lernen können, damit unsere Persönlichkeit wachsen und unser Leben Frucht bringen kann. Dieser Spaziergang wird uns zum Staunen bringen, während das Wunder der Natur Bedeutsamkeit für unser Leben gewinnt. Mit Baumlexikon: wichtige Fakten grundlegender Baumarten auf einen Blick

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»Das Buch schärft den Blick zu mehr Nachhaltigkeit und motiviert zum Reingehen, Entdecken, Staunen und Danken.«

RÜDIGER JOPE, CHEF-REDAKTEUR MÄNNERMAGAZIN MOVO

DARIUS GÖTSCH

ImWald

Die Weisheit derSchöpfung für unserLeben entdecken

SCM Hänssler ist ein Imprint der SCM Verlagsgruppe, die zur Stiftung Christliche Medien gehört, einer gemeinnützigen Stiftung, die sich für die Förderung und Verbreitung christlicher Bücher, Zeitschriften, Filme und Musik einsetzt.

ISBN 978-3-7751-7537-1 (E-Book)

ISBN 978-3-7751-6086-5 (lieferbare Buchausgabe)

Datenkonvertierung E-Book: CPI books GmbH, Leck

© 2021 SCM Hänssler in der SCM Verlagsgruppe GmbH

Max-Eyth-Straße 41 · 71088 Holzgerlingen

Internet: www.scm-haenssler.de · E-Mail: [email protected]

Soweit nicht anders angegeben, sind die Bibelverse folgender Ausgabe entnommen:

Hoffnung für alle ® Copyright? 1983, 1996, 2002, 2015 by Biblica, Inc.®.

Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers Fontis - Brunnen Basel. (Hfa)

Weiter wurden verwendet:

Neues Leben. Die Bibel, © der deutschen Ausgabe 2002, 2006 und 2017

SCM R.Brockhaus in der SCM Verlagsgruppe GmbH Witten/Holzgerlingen. (NLB)

Lutherbibel, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart. (Lut 2017)

Gute Nachricht Bibel, revidierte Fassung, durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung, © 2000 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart. (GNB)

Elberfelder Bibel 2006, © by SCM R.Brockhaus in der SCM Verlagsgruppe GmbH Witten/Holzgerlingen. (ELB)

Lektorin und Co-Autorin: Mirja Wagner (www.lektorat-punktlandung.de)

Umschlaggestaltung: Sybille Koschera, Stuttgart

Titelbild: Photo by Malte Schmidt on Unsplash

Autorenfoto: © privat

Innengestaltung: Kathrin Spiegelberg, www.spika-design.de

Inhalt

Über den Autor

Es ging mir um die Lücke

1. Waldschöpfung.

ODER: ES GIBT MEHR ALS DAS HIER UND JETZT

2. Waldwachstum.

ODER: WARUM WIR AUCH GUTES ABWERFEN MÜSSEN

3. Waldstrategie.

ODER: WAS SIND UNSERE LEBENSZIELE UND WERTE?

4. Waldkrise.

ODER: WAS UNS DURCH UNSERE LEBENSWINTER TRÄGT

5. Waldglück.

ODER: WARUM WIR GEMEINSCHAFT BRAUCHEN

6. Waldgrozügigkeit.

ODER: GIFTIGES UND NÜTZLICHES FÜR DAS LEBEN UNTERSCHEIDEN LERNEN

7. Waldüberleben.

ODER: WIE STEHT ES UM UNSERE VERSORGUNGSWEGE?

8. Waldfakten.

ODER: ENTSCHEIDUNGEN LEICHT(ER) GEMACHT

9. Waldaufruhr.

ODER: DIE KRAFT DER VERGEBUNG

Kleines Baumlexikon

Danke

Anmerkungen

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]

Über den Autor

DARIUS GÖTSCH (Jg. 1966) ist an zwei Orten zu Hause, in Bamberg und in Bremen. Er hat Forstwissenschaft studiert und ist als Autor und Redner tätig. Mit seinem Schulungsprogramm »WaldFührung« vermittelt er Führungskräften die Erfolgsstrategien des Waldes. Er und seine Frau haben drei Kinder und sechs Enkelkinder.

www.dariusgoetsch.com

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]

Es ging mir um die Lücke

In meinem Leben klafft eine Lücke zwischen meinem Wissen und meinem Tun. Zwischen der mir bekannten und sogar von mir anerkannten Weisheit und ihrer täglichen Umsetzung. Ärgerlich. Und es tröstet mich wenig, dass es bei Paulus und dem weisesten Menschen aller Zeiten (1. Könige 3,12), dem König Salomo, auch so war. Ich hasse es einfach, gegen meine eigenen Vorsätze zu handeln. Und oft sind darüber hinaus auch noch die Konsequenzen zu tragen. Eine der wichtigsten Weisheiten meines Lebens lautet: Grundsätzlich kann man alle Waldpilze essen – manche aber nur einmal. Das bedeutet, leider nicht jede Dummheit bleibt ohne Folgen. Und die können auch erheblich sein. Manchmal eben, wie in dem Spruch, sogar tödlich.

Ich schrieb dieses Buch in der Hoffnung, die Weisheit Gottes in der Natur sichtbar machen zu können. Und um ihren praktischen Nutzen zu zeigen und so das bewusste Handeln besser an die Weisheit zu binden – die Lücke zwischen Wissen und Tun kleiner zu machen.

Weil ich viel Wissen über den Wald im Studium der Forstwissenschaften und bei unzähligen Waldaufenthalten gesammelt habe, suchte ich nach passenden Bildern in diesem Teil der Schöpfung. Der Wald hat so viele Geheimnisse und ich kann in diesem Buch nur winzige Teilbereiche streifen. Nach dem Lesen wissen Sie mehr über ihn. Sie werden hier und da staunen. Und hoffentlich die Waldweisheit besser in Ihr Leben, Ihre tägliche Routine und Ihre besonderen Entscheidungsmomente einbauen können.

Ich habe die Naturbilder mit der Weisheit verknüpft. Ich habe nichts entdeckt und auch nichts Besonderes geleistet, nur Gottes Weisheit in einen neuen Kontext mit etwas Lebenserfahrung gestellt. Ich war selbst erstaunt, wie zeitlos und einfach zu finden diese Weisheit ist. Und wie sehr wir dennoch in der Lage sind, immer wieder dagegen zu handeln. Salomo ist mir da ein erschreckendes Beispiel. Seine Weisheit war überragend, die damalige Welt lag ihm zu Füßen und hing an seinen Lippen, er liebte die Natur und arbeitete oft mit Naturbildern. Ich eröffne jedes Kapitel mit einem Zitat von ihm. Wunderschöne Worte! Genial! Leider hat sein Handeln nicht immer seiner eigenen Weisheit entsprochen. Wie leicht lassen wir uns von unseren Versuchungen verführen. Wie leicht geben wir dem Verlangen und dem Gefühl den Vorrang in unserem Leben. Und handeln danach auch gegen unsere Erkenntnis.

Nichts was ich aufgeschrieben habe, lebe ich vollkommen. So habe ich dieses Buch auch für mich und meine Kinder geschrieben. Damit wir gemeinsam lernen, nach Gottes Weisheit zu handeln. Klar würde die Bibel genügen. Aber meine Hoffnung ist, die angesprochenen biblischen Weisheiten etwas lebendiger, klarer und relevanter gemacht zu haben. Vielleicht hilft dies uns allen dabei, der Weisheit Salomos und damit Gottes Weisheit und seinem Willen zu folgen.

Zu keinem Zeitpunkt möchte ich mit diesem Buch belehrend wirken. Vielmehr sollte es die sanfte Stimme von jemandem sein, der bereits selbst Kinder auf ihrem Weg ins Erwachsenwerden begleitet hat – mit allen Höhen und Tiefen. Es sollte die Stimme eines liebenden Vaters sein, der demütig versucht, die Schätze, die ihm geschenkt worden sind, an die nächste Generation weiterzureichen. Ich hoffe und wünsche mir, dass bei Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, unabhängig von Ihrem Alter und Ihrer Lebenssituation ein echter Nutzen entsteht.

Viel Freude beim Lesen!

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]

1. Waldschöpfung | ODER: ES GIBT MEHR ALS DAS HIER UND JETZT

Halte dich nicht selbst für klug; begegne dem Herrn mit Ehrfurcht und meide das Böse!

König Salomo in Sprüche 3,7; Hfa

Dämmrig ist es unter den großen alten Buchen. Sonnenstrahlen tauchen durch das dichte Blätterwerk und erreichen den Boden, der noch vom Laub des letzten Herbstes bedeckt ist. Hier und da recken grüne Keimlinge ihre zarten Blätter der Sonne entgegen. Langsam gehe ich von Baum zu Baum. Der Klang meiner Schritte wird sanft vom weichen Moos und Laub abgefedert. Ruhe begegnet mir im Wald – aber keine Totenstille. Leben, Leben und noch mehr Leben so weit das Auge reicht. Ich fühle mich hier wohl. Als hätte die ganze Pracht des Waldes auf mich gewartet und würde mich nun zu einer Begegnung einladen. Ich bin willkommen und erwünscht. Die Blätter rauschen im Wind und ein Eichelhäher kündigt den Waldbesucher dort unten am Boden an.

Der Wald …

Gott im Wald begegnen

Wer schon einmal allein im Wald unterwegs war, der kennt dieses Gefühl von Demut, wenn man den Blick an diesen mächtigen Baumstämmen nach oben gleiten lässt, hinauf zu den Baumkronen. Alt sind diese Bäume, lange stehen sie schon hier, viel länger, als ich auf dieser Erde mein Zuhause habe. Und doch: Im Wald fühle ich mich zu Hause, eine Verbundenheit, die bis in meine Kindheit in Polen zurückreicht und meine Berufswahl mit beeinflusst hat.

Hier kann ich sehen, spüren, hören. Bewundern. Staunen. Wenn ich auf dem weichen Moos liege oder die Walddüfte bewusst tief einatme, schmecke und rieche, werde ich Teil dieser unglaublichen Schöpfung, kann mich fallen lassen und mein Herz öffnet sich weit. Im Wald begegnet mir Gott. Immer wieder. Neu.

Wenn wir zurückblicken auf den Anfang, auf die Schöpfungserzählung, dann schafft Gott an dem dritten Tag etwas Besonderes: das erste Leben. Pflanzen. Und das Zusammenspiel, das Netzwerk und die gegenseitige Unterstützung dieses zarten, grünen Lebens nennen wir heute: Wald (1. Mose 1,11-13). Ein Zuhause. Lebensraum und Schutz für so viele Lebewesen. Ein Geheimnis muss diesem ersten Wachsen innegewohnt haben, vielleicht ein bisschen so, wie C. S. Lewis es in seinem Kinderbuch »Das Wunder von Narnia« beschreibt, als der Löwe Aslan das Land Narnia entstehen lässt:

Die ganze Zeit über schritt der Löwe majestätisch auf und ab und sang dabei. […] Von Sekunde zu Sekunde fand Polly das Lied interessanter, denn langsam kam es ihr vor, als bestünde ein Zusammenhang zwischen dem Lied und dem, was um sie herum geschah. Als in der Nähe an einem Hang eine Reihe dunkler Fichten spross, erkannte sie, dass dies mit einer Folge von dunklen, lang gezogenen Tönen zusammenhängen musste, die der Löwe kurz zuvor gesungen hatte. […] Mit einem Mal wurde ihr klar, dass all diese Dinge im Kopf des Löwen entstanden, wie sie es ausdrückte. Wenn man dem Lied lauschte, dann konnte man hören, welche Pflanzen er gerade entstehen ließ. Schaute man sich um, dann konnte man sie auch schon sehen.1

Auch wenn die Menschen den Wald als Lebensraum immer wieder verändert und genutzt, hier und da Bäume entnommen und neue gepflanzt haben, darf der Wald sich nach eigenen Regeln entwickeln und sein einzigartiges Leben beständig nach eigenen Gesetzen gestalten. Im Wald fühle ich mich lebendig und mit der Schöpfung, wie sie erdacht war, vereint. Er ist ein Hinweis auf den Schöpfer. Egal, ob bloßes Auge, Vergrößerungsglas oder Elektronenmikroskop – Gott ist sichtbar – in der großen, mächtigen Eiche genauso wie im kleinsten Molekül. Schon der Apostel Paulus schrieb:

Gott ist zwar unsichtbar, doch an seinen Werken, der Schöpfung, haben die Menschen seit jeher seine ewige Macht und göttliche Majestät sehen und erfahren können.

Römer 1,20; Hfa

Im Wald, in der Schöpfung Gottes, dürfen wir seine Größe und Ewigkeit erahnen …

Im Wald ticken die Uhren anders

Die mächtigen Bäume – sie standen schon hier, bevor ich geboren wurde, und werden auch noch weiterwachsen, wenn ich schon gestorben bin. Im Wald ticken die Uhren anders, ist die Zeitrechnung eine andere, als es in unserer heutigen Gesellschaft üblich ist. Kein Schnell-Schnell, kein Sofort. Das Bewusstsein, ein Teil einer größeren Geschichte zu sein, ist im Wald greifbar. Die Baumbestände, die ich heute begleite, werden erst in der nächsten Generation ihre Reife entwickeln, und das, was ich heute nutzen darf, haben die Generationen vor mir, ohne selbst etwas davon gehabt zu haben, angelegt. Bäume können sehr alt werden. Vor allem Linden, Eiben und Eichen, von denen die ältesten in Deutschland auf ein Alter von ca. 1200 Jahren geschätzt werden. Es ist ein ehrfürchtiges Gefühl, vor so einem Zeitzeugen zu stehen. Wie viele Gewitter, wie viel Hagel, wie viele Brände oder Kriege hat so ein Baum wohl schon überstanden? Da wird man als Mensch gleich etwas demütiger.

Für die Holzwirtschaft sind solche uralten Bäume nicht mehr von Interesse. Das forstwirtschaftliche Optimum, bei dem die Holzqualität hoch und die Wachstumsmöglichkeiten ausgeschöpft sind, erreichen die Bestände der Buchen mit ca. 140 bis 160 Jahren. Und eine Eiche hat ihr optimales Erntealter erst mit stolzen 200 bis 300 Jahren erreicht. Auch wenn wir hier nicht von Tausenden von Jahren sprechen, so sind doch auch dies enorme Zeiträume, zwei bis drei Menschenleben, generationsübergreifend. Das Denken in langen Zeiträumen ist im Wald unumgänglich. Nachdem man gepflanzt hat, müssen in der Regel zwischen 80 und 120 Jahre verstreichen, bis man nennenswerte Erträge erhält. Um besondere Qualitäten zu erzielen, muss man noch mehr Geduld aufbringen, denn die meisten Bäume können ohne Probleme jahrhundertealt werden. Und die besten astfreien Holzschichten werden erst im Alter gebildet.

In einem Waldgebiet wurde mir in den 1980er-Jahren einmal eine Laubbaumallee gezeigt. Vor fast einem Jahrhundert hatte man dort die unteren Äste der Bäume abgeschnitten, sodass diese jetzt eine unübertroffene Furnierqualität hatten. Die Bäume dieser Allee waren Stück für Stück, um es in internationaler, zeitloser »Währung« auszudrücken, jeweils ein gutes Auto wert. Gleiche Abschnitte von brauchbarem Konstruktionsholz dagegen höchstens ein Fahrrad.

Woher kommen diese großen Preisunterschiede? Die entscheidende Bedeutung hat die Verwendung des Holzes. Die verfügbare Menge von schönem Holz war in der Geschichte der Menschheit schon immer begrenzt. So hat man bereits im alten Ägypten angefangen, das minderwertige Holz zu veredeln, indem man dünne Schichten (Furniere) von wertvollen Hölzern aufklebte und so die Täuschung erzeugte, dass der ganze Gegenstand aus dem kostbaren Material angefertigt wäre. Die Preise steigen von der untersten Qualität des Brennholzes über das Bauholz zu den Furnierqualitäten, und um diese Qualität zu erreichen, braucht es Zeit. Jahrzehnte oder oft Jahrhunderte. So erklärt sich der hohe Preis der dicken, astreinen Bäume. Beim Warten auf solche Qualitäten im Wald muss man über Generationen hinweg Konsumverzicht üben, Geduld haben. Man könnte zwar schon viel jüngere Bäume wirtschaftlich verwenden, das Optimum ist aber nur dann möglich, wenn man wartet, in die nächsten Generationen investiert und auf schnelle Erfolge verzichtet.

… und wir

Vom Ende her gedacht

Im Wald lernen wir, die Perspektive zu wechseln und vom Ende her zu denken – über unser zeitliches Leben hier auf der Erde hinaus. Wer im Wald unterwegs ist, wird immer wieder einzelne abgestorbene Zweige von Bäumen am Waldboden finden oder auch ganze Bäume, die aus unterschiedlichen Gründen ihr Leben gelassen haben. Abgestorbene Blätter und Pflanzen bedecken den Boden und bilden die für die lebenden Organismen wertvolle Humusschicht. Sie kann bis zu 15 Zentimeter dick sein und wird in dem stabilen Ökosystem Wald in genau dem gleichen Tempo wieder abgebaut, in dem neue tote Masse dazukommt. In der oberen Schicht des Humus sind Nadeln oder Blätter noch gut erkennbar, mit zunehmender Tiefe hinterlässt der Zersetzungsprozess schon deutlichere Spuren und ganz tief unten ist nur noch eine dunkle, vollständig umgewandelte Masse vorzufinden. Das abgestorbene Waldmaterial wird genutzt und wiederum nutzbar gemacht. Nichts wird weggeworfen, alles hat einen Nutzen. Das Leben eines Baumes geht über seinen Tod hinaus und reicht in die folgenden Baumgenerationen hinein.

So sind unser Sein und Handeln im Hier und Jetzt wichtig, zunächst für uns und unsere Generation. Aber unser Blick sollte weiter reichen, denn unser Tun und unsere Entscheidungen werden unser Leben hier auf der Erde überdauern und kommende Generationen beeinflussen.

Die Perspektive wechseln

Das, was wir heute tun, hinterlässt Spuren. Im optimalen Falle sind es Gaben, schlimmstenfalls Lasten für die Menschen um uns herum und die uns folgenden Generationen. Jeder von uns hat eine Rolle in dieser Welt bekommen. Egal, ob wir wollen oder nicht: Wir beeinflussen das Weltgeschehen – entweder positiv oder negativ, und zwar jede Stunde aufs Neue und weit über das Ende unseres Lebens hinaus. Wie ein Stein, der ins Wasser geworfen wird, Wellen verursacht, die sich auch dann noch weiter ausbreiten, wenn der Stein längst am Boden des Sees angekommen ist, so wirkt ein Mensch auch noch nach seinem Tode in die Zukunft hinein. Es ist wichtig, wie diese Kreise aussehen werden, und oft haben wir es in der Hand. Es lohnt sich also, vom Ende her zu denken und die Perspektive zu wechseln.

Wenn wir vieles richtig tun, dann dürfen wir für unsere Umgebung zum Vorbild und Segen werden und sie auf diese Weise nachhaltig positiv verändern. Ich möchte Sie auf ein Gedankenspiel einladen: Vielleicht beeinflussen Sie in Ihrem Leben eine Handvoll Menschen positiv, indem Sie heute gute Entscheidungen treffen, gut handeln. Was wäre, wenn diese Handvoll Menschen wieder jeweils eine Handvoll positiv beeinflussen würde? Und diese dann wieder … Unser Handeln heute, es ist nicht egal. Es ist auch nicht nur im Hier und Jetzt von Relevanz. Nicht nur für mich. Haben Sie den Mut, die Perspektive zu wechseln, schauen Sie vom Ende her und Sie werden Erstaunliches entdecken – Sie werden Chancen und Handlungsoptionen im Hier und Jetzt entdecken.

Ich persönlich habe die Perspektive vor einigen Jahren gewechselt, doch das dafür ausschlaggebende Ereignis lag schon etliche Jahre zurück: In einem besonderen Gottesdienst in unserer Gemeinde war ein Prediger aus Brasilien zu Gast, der mit prophetischen Worten weltweit unterwegs war. Ich war gespannt, aber, ehrlich gesagt, auch etwas distanziert. Was würde mich hier erwarten? Was hatte dieser Mann zu sagen? Nach einem kurzen Lobpreis kam es, wie es kommen musste: Er zeigte direkt auf mich, gleich als Erstes. Den überschwänglichen Segen, den er nun über mich und meine Zukunft aussprach, nahm ich ruhig und unterkühlt entgegen – ich bin eher der rationale Typ. Könnte jeder so aussprechen, dafür braucht man keinen Propheten. Aber plötzlich wurden die Worte dieses Mannes persönlich, er sagte Dinge zu mir, die er nicht wissen konnte, und erreichte so mein Herz. So musste sich Nathanael gefühlt haben, als ihm Jesus erzählte, er habe ihn unter dem Feigenbaum gesehen. Was ich noch vor Kurzem für unmöglich gehalten hatte, wurde Wirklichkeit: Gott sprach zu mir. Ganz direkt. So liebevoll und so gewaltig, dass mir die Tränen kamen. Ich war dankbar und glücklich. Später dachte ich noch öfter an seine Worte. Ich hoffte, der versprochene Segen Gottes würde schnell in meinem Leben sichtbar sein. Aber es geschah nichts Besonderes. Dachte ich. Erst 20 Jahre nach diesem Ereignis, als ich zurückblickte, wurde mir bewusst, wie viel Gott von diesen Worten bereits erfüllt hatte. Erst im Perspektivwechsel wurde vieles sichtbar. Und es betraf nicht vorrangig mich selbst, meine Person, mein Leben, sondern vor allem die Generation nach mir: Ich sah meinen Sohn, selbst Vater von drei Kinder, der als Arzt Menschen hilft und in der Gemeinde predigt. Ich sah meine beiden Töchter, die in ihrer unglaublichen Berufung glücklich wachsen. Meine Enkel. Und mir wurde klar, dass ich viel zu kurz gedacht hatte. Manches von dem, was ich getan hatte, hatte direkten Einfluss auf mein Hier und Jetzt. Und auf mich. Aber genauso, oder sogar viel stärker, beeinflusste mein Handeln viele andere Menschen. Meine Familie, meine Berufskollegen. Ich war und bin wirksam, ohne die Früchte vielleicht jemals zu sehen. Ein nettes Wort, eine kleine Tat, ein Gespräch, sie können die Welt verändern. Über Generationen.

Und hier kommt die Dimension Zeit mit ins Spiel: Wir brauchen den Weitblick. Vielleicht werden wir das Ergebnis unserer Handlungen, unserer Entscheidungen nie selbst erleben, so wie Mose, der das Volk Israel aus Ägypten führte, Jahr um Jahr mit ihnen durch die Wüste Sinai zog, immer auf dem Weg in das gelobte Land, in dem er selbst nicht mehr leben durfte. Ein Handeln mit Auswirkungen – für die nächsten Generationen.

In der Unterstützung eines anderen, im Schutz dieser wunderschönen Schöpfung – in jeder liebevollen Tat – investieren wir in die Zukunft. Der Wald, den wir heute nutzen dürfen, wurde vor Generationen gepflanzt und über Generationen hinweg gepflegt. Jetzt sind wir an der Reihe. Es liegt an uns, dafür zu sorgen, dass der Wald die Klimakrise übersteht. Wir dürfen dafür sorgen, dass die Menschen unserer Umgebung durch unseren Einsatz sich in eine positive Richtung entwickeln. Wir sind ein unendlich wichtiger Teil der Geschichte und beeinflussen diese auch dann, wenn unser Name nie in einem zukünftigen Geschichtsbuch auftauchen sollte. Wer heute in seine Kinder und die Menschen um ihn herum Gutes hineinlegt, wird es weiterreichen und es kann in Zukunft große Früchte tragen. Vielleicht werden wir die Erfolge erst nach Jahren zu Gesicht bekommen, vielleicht auch nie. Doch, wie beim Wald, es lohnt sich.

Eine Geschichte, die ich einmal las, hat mir dies noch einmal sehr eindrücklich vor Augen geführt: Der Missionar Pierre Chanel begab sich im 19. Jahrhundert in die Südsee auf die Insel Futuna im Pazifik. Doch er schien nicht willkommen zu sein. Der Häuptling des dort lebenden Volksstammes erlaubte ihm lediglich, die Kranken zu pflegen und die Sterbenden zu betreuen. Schließlich wurde er nach wenigen Monaten ermordet. Ist dies das Ende, und ist das Ganze lediglich eine ernüchternde Geschichte? Auf keinen Fall! Einige Jahre später kamen nämlich die geistlichen Brüder des ermordeten Missionars auf die gleiche Insel. Es waren die Benediktiner. Sie aber wurden überraschenderweise nun freundlich aufgenommen. Denn genau in dem Augenblick, als Pierre Chanel gestorben war, hatten sie verstanden, was dieser fremde Mann ihnen hatte sagen wollen. Die Botschaft der Liebe hatte ihre Herzen erreicht. Schließlich ließen sich alle Bewohner der Insel taufen. So, das ist jetzt aber das Ende der Geschichte, oder? Keineswegs. Hundert Jahre später entdeckte ein kränkelndes Kind auf einem Dachboden eines Hauses in Deutschland einen Zettel mit eben dieser Geschichte darauf, las sie und widmete daraufhin sein Leben Gott und der Mission. Sein Name ist Notker Wolf, der seit dem 7. September 2000 Abtprimas der Benediktiner ist. Und die Kette dieser Geschichte ist noch lange nicht zu Ende.2

Ein Freund mit Auswirkungen

Auch mich persönlich, meine Geschichte, wurde vom Handeln der Menschen um mich herum beeinflusst. Wer weiß, wo ich heute stehen würde, hätten sie sich damals anders entschieden, anders gehandelt, nicht in mich investiert.

Ich bin im noch sozialistischen Polen groß geworden. Mein junges Leben war wohl geordnet und mein Weltbild hatte sich über die Jahre gefestigt. Zu dem Zeitpunkt hatte mein Vater ein hohes staatliches Amt inne und damit großen Einfluss nicht nur in meiner Geburtsstadt, in der wir wohnten, sondern weit über ihre Grenzen hinaus. Diese Stellung gab ihm eine Macht, die mir in dieser totalitären Struktur gewisse Vorzüge verschaffte. Die Lehrer wagten nicht, mir schlechte Noten zu geben, und als ich die Aufnahmekriterien für das beste Gymnasium der Stadt verfehlte, reichte ein Anruf von meinem Vater und der Direktor der Schule sah die Besonderheit des Bedarfs sofort ein. Ich wurde sofort dort aufgenommen. Es waren verrückte Zeiten in einem spannenden Leben. In meinem Elternhaus standen Partys an der Tagesordnung, bei denen die Luft weiß vom Rauch war und Alkohol in Strömen floss. Doch glücklicherweise gab ich das Geld, das ich reichlich zur Verfügung hatte, lieber für Bücher anstatt für Partys oder Drogen aus: Ich las jede freie Minute.

Und dann kam der Wald in mein Leben, zuerst in Form vom Angeln und der Jagd, später trieb mich die Faszination für den Wald auch ohne ein Jagdziel immer wieder auf Erkundungstouren in neue und altbekannte Waldregionen. Über Jahre entstand so eine tiefe Verbundenheit mit dem Wald, die schließlich dazu führte, dass ich Forstwissenschaften studierte. Ich wollte mehr wissen.

Nach und nach verstand ich die immergrüne Pracht um mich herum besser und entdeckte spannende Zusammenhänge zu der Welt außerhalb des Waldes. Im Studium tauchte ich nun tief in die Welt des Waldes ein. In allen Fächern brachte man uns in den direkten Kontakt mit der Natur, um diese bewusst anfassen und verstehen zu können. Wochenlang war ich mit meinen Kommilitonen im Forschungszentrum der Uni mitten in der Wildnis – wir lernten viel und mit Begeisterung, drangen bis in die tiefsten Details in die Materie ein: Wir sammelten Samen, pflügten die Erde, pflanzten Wald, bauten Wege, fällten und zersägten Bäume, fingen Käfer und Larven, machten Drückjagden, zerlegten Hirsche und Rehe, bohrten in der Erde und in den Bäumen, machten Pläne und Berechnungen.

Doch da war mehr als nur das Lernen in der Natur. Ich begann nachzudenken, über die Entstehung der Welt, über die Evolution. Ich stellte fest: Auch sie ist nur eine Theorie, und nicht, wie in meiner Schulzeit behauptet, bewiesene Wirklichkeit. Ich hatte plötzlich viele Fragen. Trotz intensiver Auseinandersetzung mit den Erkenntnissen der Wissenschaft war mir absolut unklar, wie aus einer unbelebten Materie überhaupt Leben entstehen konnte. Wie war es möglich, dass sich aus einem Bein durch Evolution und Zufall ein Flügel entwickeln konnte? Mein Weltbild geriet ins Wanken. In einer sozialistischen, auf Wissenschaft und Fakten gebauten Realität gab es keinen Platz für einen Gott. Angesichts der vorliegenden Fakten wuchsen meine Zweifel: Wie sollten die unglaubliche Schönheit und Ordnung des Waldes von allein ohne einen Designer entstanden sein? Nur durch viele, sehr viele Zufälle?

Es war mein Studienfreund Marek, der mir half, den Schritt Richtung Gott zu wagen. Auch er war damals ein Atheist, wie ich. Wir hatten unglaublich viel gemeinsam, verbrachten viel Zeit zusammen. Wohnten in einem Zimmer, diskutierten bis tief in die Nacht wissenschaftliche Fragen und waren fast unzertrennlich. Irgendwann traf er in meinen Augen seltsame Leute und ich merkte eine große Veränderung in seinem Leben. Er erzählte plötzlich von einem Gott, dem Vater, der die Menschen liebt und sich nach einer tiefen Beziehung zu ihnen sehnt. Ich sah die unglaublichen Veränderungen im Leben meines Freundes und staunte: Er trank nicht mehr, lehnte das Lügen vollkommen ab, vergab allen. Das war der Punkt, an dem ich gesagt habe: »Okay – da muss was dran sein.« Ich sah um mich herum Menschen, die an Gott glaubten und wo dieser Glaube eine direkte Auswirkung auf ihr Leben hatte. Menschen, die anders handelten, andere Entscheidungen trafen. Das hat mich dazu bewegt, diesem Gott doch eine Chance zu geben. Eines Abends kam mir die Idee: Wenn so viele von einer Bibel, in der alles stehen soll, reden, warum dann nicht auch selbst hineinschauen? Auf dem Nachttisch meines Freundes – wir wohnten damals im Studentenwohnheim zu viert in einem Zimmer – lag eine Bibel und ich lieh sie mir für einige Stunden aus. Meine Wahl fiel auf das Evangelium nach Lukas. Schon nach wenigen Kapiteln dieses Berichts des Zeitzeugen Jesu wurde mir vieles klarer. Und am Ende des Evangeliums wusste ich: Die Botschaft, die ich gelesen hatte, war die schönste Nachricht in meinem Leben. Liebe, die kein Mensch erfinden konnte, Liebe auch zu einem verlorenen Sohn wie ich es war. Ein wohltuendes Versprechen: Alles wird gut und ich wusste in meinem Herzen: Es stimmt. Nach dieser Lektüre war es um mich geschehen.

Es waren Menschen, die etwas in mir bewirkten, Menschen, die mutig handelten und in mich investierten. Menschen, die Entscheidungen trafen, in dem Bewusstsein, dass ihr Handeln das Hier und Jetzt überdauert.

Ich lade Sie ein: Lassen Sie uns unser Bestes geben hier auf dieser Welt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Und in alledem geduldig sein. So wie Paulus in seinem Brief an die Korinther schreibt: Ich habe gepflanzt, Apollos hat begossen, aber Gott hat das Wachstum geschenkt (1. Korinther 3,6; Hfa). Kein Schnell-Schnell, kein Jetzt-Sofort. Dann tun wir alles, was wir können, und es wird gut sein. Lassen Sie uns die Perspektive wechseln und vom Ende her denken, handeln und die Welt nachhaltig verändern. Es wird sich lohnen.

WALDERLEBEN

• Gehen Sie in den Wald und stellen Sie sich mit dem Rücken an eine große Eiche oder Buche. Schauen Sie nach oben und lassen Sie die Jahre, die dieser Baum schon auf dieser Erde steht, auf sich wirken. Wandern Sie in Gedanken zu den Generationen vor Ihnen: Ihren Eltern, Großeltern, Urgroßeltern. Was haben Sie Ihnen mitgegeben? Welche ihrer Investitionen dürfen Sie heute erleben und spüren?

• Machen Sie einen Waldspaziergang und überlegen Sie sich, wie Sie heute ganz konkret jemandem durch Ihr Handeln guttun können: ein Lächeln, eine helfende Hand, ein Mut machendes Wort. Oft sind es die kleinen Gesten, die Großes bewirken können.

• Suchen Sie sich einen Platz im Wald, vielleicht auf einem Baumstumpf oder auch auf einer Bank am Wegrand. Wechseln Sie die Perspektive und denken Sie vom Ende her: Was wünschen Sie sich, dass andere einmal in einer Rede an Ihrem Grab über Sie sagen?

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]

2. Waldwachstum | ODER: WARUM WIR AUCH GUTES ABWERFEN MÜSSEN