Im warmen Glanz der Kerzen - Judy Duarte - E-Book
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Im warmen Glanz der Kerzen E-Book

Judy Duarte

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Beschreibung

Ein geschmückter Tannenbaum, warmer Kerzenglanz und eine Frau, die ihn liebevoll umsorgt - das alles lässt den attraktiven Greg völlig kalt. Nur die bezaubernde Connie kann ihn davon überzeugen, dass Weihnachten wirklich das Fest der Liebe ist …

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Seitenzahl: 221

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IMPRESSUM

Im warmen Glanz der Kerzen erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2008 by Judy Duarte Originaltitel: „Her Best Christmas Ever“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA WEIHNACHTSBANDBand 23 - 2010 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Tatjána Lénárt-Seidnitzer

Umschlagsmotive: shutterstock_Shift Drive

Veröffentlicht im ePub Format in 12/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751504843

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

In der Hoffnung, den Wettlauf gegen den Sturm zu gewinnen, der den weiten Himmel von Texas verdüsterte, trat Greg Clayton das Gaspedal des Geländewagens durch.

Soeben war eine anstrengende Tournee zu Ende gegangen. Die Mitglieder seiner Country-Band hatten sich in alle Himmelsrichtungen zerstreut, um das bevorstehende Thanksgiving, das wichtigste Familienfest des Jahres, sowie die anschließende Adventszeit im Kreise ihrer Lieben zu verbringen. Auch Greg war in ein Flugzeug gestiegen und nun mit einem Leihwagen auf dem Weg zu dem einzigen richtigen Zuhause seines bisherigen Lebens: die Ranch Rocking C.

Vor vierzehn Jahren hatte Granny Clayton ihn allein und verängstigt in ihrer Scheune aufgestöbert und einen Monat später seine Adoption in die Wege geleitet.

Nun, mit siebenundzwanzig, war er sein halbes Leben lang ein Clayton, und es war bei Weitem die bessere Hälfte.

Ein greller Blitz zerriss die Wolkendecke, die sich von Minute zu Minute bedrohlicher auftürmte. Es dauerte nicht lange, bis ein grollender Donner folgte.

Greg fluchte vor sich hin. Laut Wettervorhersage standen sintflutartige Regenfälle bevor. Zum Glück war es nicht mehr weit bis zur Ranch. Doch die Landstraße wies an einer Stelle eine tiefe Senke auf, die häufig überschwemmt wurde. Er musste sie passieren, bevor der Regen einsetzte. Sonst gab es kein Durchkommen mehr.

Sein Handy klingelte. Er nahm es von der Gürtelklemme und meldete sich.

„Greg?“, fragte seine Mutter über atmosphärische Störungen in der Leitung hinweg. „Bist du das?“

„Ja, Granny. Ist bei dir alles okay?“

„Ja und nein. Mir geht es gut, aber Lester hatte einen Herzanfall.“

Lester war Vormann auf der Rocking C und leistete seit Jahren hervorragende Arbeit. „Das ist ja furchtbar.“

„Er war zu Besuch bei seiner Schwester in Houston, als es passiert ist. Ich fahre gerade zu ihm.“

„Wo bist du jetzt?“ Greg musterte den düsteren Himmel und hoffte, dass es nicht mehr weit bis zu ihrem Ziel war. Es gefiel ihm nicht, sie in ihrem hohen Alter auf der Straße unterwegs zu wissen.

„Hilda chauffiert mich. Du brauchst dir also keine Sorgen zu machen.“

Er verdrehte die Augen. Diese Mitteilung beruhigte ihn ganz und gar nicht, denn Hilda war fast so alt wie Granny. Die beiden gerieten bei ihren gemeinsamen Unternehmungen häufig in Schwierigkeiten, weil sie sich ständig auf irgendwelche Abenteuer einließen und Greg und seinen Brüdern ständig Anlass zur Sorge gaben. „Aber wo bist du?“

„Irgendwo im Randbezirk von Houston. Ich weiß nicht genau, wo, aber wir übernachten heute in einem Hotel. Es fängt gerade an zu nieseln, und wir wollen nicht länger als nötig auf der Straße bleiben.“

„Das erleichtert mich ungemein.“

„Wie weit hast du es denn noch bis zur Ranch?“

„Nur ein paar Meilen.“

„Gut. Zurzeit ist nur Connie da. Du erinnerst dich doch an sie, oder?“

„Natürlich. Ich habe sie doch im Juni bei deinem achtzigsten Geburtstag kennengelernt.“ Im Geist sah er sie deutlich vor sich: attraktiv und jung, die kurzen dunklen Haare von blonden Strähnchen durchzogen. Außerdem wusste er, dass sie einen meisterhaften Schokoladenkuchen backte. Denn sie war offiziell als Köchin auf der Ranch eingestellt – und inoffiziell von Granny, wie es so ihre Art war, auch gleich in den Schoß der Familie aufgenommen worden.

Mit etwas Glück köchelte bei seiner Ankunft etwas Schmackhaftes auf dem Herd. Er hatte keinen Bissen zu sich genommen, seit er in Las Vegas ins Flugzeug gestiegen war. In der ersten Klasse wurden zwar erfahrungsgemäß feine Speisen serviert, doch er hatte den ganzen Flug bis zum Hobby Airport in Houston verschlafen – vor lauter Erschöpfung nach dem letzten Auftritt der langen Tournee.

Nicht, dass er sich beklagen wollte. Er liebte die Bühne. Aber manchmal musste er seine kreativen Reserven auffüllen, und der beste Ort dafür war die Rocking C.

Deshalb freute er sich darauf, die Advents- und Weihnachtszeit mit dem Clayton-Clan zu verbringen, der in letzter Zeit noch angewachsen war. Sein älterer Bruder Jared war seit einigen Monaten mit Sabrina verheiratet, und Matt war inzwischen mit Tori verlobt.

Ja, Greg sah der Zeit mit seinen Brüdern und den neuen Schwägerinnen mit froher Erwartung entgegen.

„Ich habe allen Angestellten über Thanksgiving freigegeben“, erklärte Granny. „Aber Connie wollte nicht wegfahren. Also musste ich sie wohl oder übel ganz allein lassen, nachdem ich die Nachricht von Lesters Schlaganfall bekommen habe. Deshalb bin ich sehr froh, dass du auf dem Weg zu ihr bist. Vor allem, weil sich ein Sturm zusammenbraut.“

„Kein Problem. Ich leiste ihr gern Gesellschaft.“ Er lächelte. Er konnte das Wiedersehen mit Connie kaum erwarten. Obwohl sie sich vor fünf Monaten gewissermaßen auf geschwisterlicher Basis angefreundet hatten, war sie ihm gegenüber recht zurückhaltend geblieben. Ihre Schüchternheit oder ihr Desinteresse oder was immer es sein mochte, reizte ihn.

Die meisten Frauen, ob jung oder alt, ob Single oder liiert, neigten dazu, ihm schöne Augen zu machen. Daher gefiel es ihm ganz besonders, zur Abwechslung einmal selbst die Initiative ergreifen zu können.

Kaum endete das Gespräch mit Granny, da setzte auch schon der Regen ein.

Fünf Minuten später erreichte Greg die Ranch und parkte neben dem Haus. Er ging zur Hintertür hinein, zog sich die Stiefel aus und ließ sie im Windfang stehen.

In der Küche stieg ihm der Duft nach Zimt und weiteren weihnachtlichen Gewürzen in die Nase. Prompt knurrte sein Magen.

Er ging weiter ins Wohnzimmer und fand Connie schlafend auf der Couch. Sie hielt ein Kissen in den Armen und war bis zum Kinn in eine Wolldecke gehüllt. Ihre Haare waren gewachsen, die blonden Strähnchen verschwunden. Er konnte sich nicht entscheiden, ob es ihm so besser gefiel als früher. Jedenfalls war sie genau so hübsch, wie er es in Erinnerung hatte. Ihr Gesicht mit dem südländisch dunklen Teint leuchtete förmlich.

Wenn ihn sein Gedächtnis nicht täuschte, waren ihre Augen grün-braun. Um sicherzugehen, musste er allerdings warten, bis sie sich öffneten.

Er schmunzelte unwillkürlich. Irgendetwas sagte ihm, dass er den Aufenthalt auf der Ranch diesmal ganz besonders genießen würde. Und er malte sich bereits aus, mit Connie vor einem knisternden Kaminfeuer zu sitzen und dem Regen zu lauschen, der auf das Dach prasselte.

Ihm wurde bewusst, dass er nicht ewig dastehen und sie anstarren konnte. Also beschloss er, sie vorläufig schlafen zu lassen und sein Gepäck in sein Zimmer zu tragen. Doch kaum entfernte er sich einen Schritt, da knarrte eines der Dielenbretter.

Connie schoss auf dem Sofa hoch und rang mit weit aufgerissenen Augen nach Atem.

Ja, sie sind eindeutig grün. „Oh.“ Greg stellte seine Reisetasche ab. „Ich wollte dich nicht erschrecken.“

Sie öffnete den Mund, brachte aber keinen einzigen Ton heraus.

Also fuhr er fort: „Du kennst mich doch noch, oder? Ich bin Greg. Grannys Sohn. Wir haben uns vor ein paar Monaten bei ihrer Geburtstagsparty kennengelernt.“

Sie strich sich durch die braunen Locken. Sie wirkte keineswegs beeindruckt und erwiderte gelassen: „Ich weiß, wer du bist.“

„Ich wollte gerade mein Gepäck verstauen. Danach mache ich mir was zu essen.“

„Das kann ich doch tun.“ Sie warf Kissen und Decke beiseite und enthüllte einen Bauch von der Größe eines Basketballs – oder eher eines Strandballs.

Verdammt. Sie ist schwanger.

Die Verblüffung musste sich auf seinem Gesicht widerspiegeln, denn sie rieb sich den vorgewölbten Leib und runzelte die Stirn. „Was hast du denn?“

„Du … du kriegst ein Baby?“

„Wusstest du das etwa nicht?“

„Nein.“ Weder seine Mutter noch seine Brüder hatten es für nötig befunden, ihn zu informieren. Aber warum nicht? Er war überzeugt, dass er kein Geheimnis daraus gemacht hatte, wie sehr er sich zu Connie hingezogen fühlte.

Ein Blitz zuckte über den Himmel und erhellte flüchtig den Raum.

Ihr Bauch sah so prall aus, als könnte er jeden Moment platzen. Kein Wunder, dass Granny sie so ungern allein auf der Ranch zurückgelassen hatte!

„Wann ist es denn so weit?“, fragte er in der unrealistischen Hoffnung, dass es noch ein oder zwei Monate dauerte. Selbst eine Woche hätte ihn schon einigermaßen beruhigt.

„Freitag.“

Es war schon Dienstag. Er betete, dass sich das Baby an den Terminplan halten möge.

Connie rieb sich das Kreuz und verzog das Gesicht.

„Was ist denn?“, fragte Greg.

Sie bog den Rücken durch. „Ich habe schon den ganzen Nachmittag Kreuzschmerzen.“

Er blickte zu der antiken Uhr auf dem Kaminsims. Viertel nach fünf. Wie schnell sich eine Situation doch ändern kann, sinnierte er. Gerade noch hatte er sich darauf gefreut, allein mit dieser Frau zu sein und seinen Charme bei ihr spielen zu lassen. Nun konnte er nur noch hoffen, dass das Baby nicht zu früh auf die Welt und Granny nicht zu spät auf die Ranch zurückkam.

„Ich koche dir etwas, während du deine Sachen wegräumst“, bot sie an.

„Nein. Das kann ich dir nicht zumuten. Schon gar nicht, wenn du Schmerzen hast. Leg dich wieder hin. Ich mache mir ein Sandwich – und auch gleich eins für dich.“

„Wenn es dir nicht zu viele Umstände bereitet …“

„Nein. Ich tue es gern.“ Und das war keine leere Floskel. Er brauchte dringend etwas, um seine Hände zu beschäftigen und seine Gedanken von dem drohenden Fiasko abzulenken.

Connies Rücken schmerzte schon den ganzen Tag. Nun klopfte dazu ihr Herz vor lauter Aufregung über das unverhoffte Wiedersehen mit Greg.

Er hätte sich ihr nicht vorstellen müssen. Sie kannte den großen dunkelhaarigen Mann nur zu gut. Sein attraktives Gesicht zierte die Cover ihrer Lieblings-CDs; seine Stimme ertönte regelmäßig aus dem Radio.

Als sie erfahren hatte, dass der Sohn ihrer Arbeitgeberin der berühmte Greg Clayton war, dessen Hits laufend die Charts stürmten, hatte sie mit dem Gedanken gespielt, zu kündigen und sich einen neuen Unterschlupf zu suchen.

Doch sie war zu dem Schluss gekommen, dass er nicht ahnen konnte, wer sie wirklich war und woher sie kam. Denn ihre kurzlebige Gesangskarriere hatte sich auf Auftritte in schäbigen Bars beschränkt und gehörte zu einer Zeit in ihrem Leben, die sie vergessen wollte.

Nach Ross’ letztem Wutanfall im Vollrausch hatte sie sich geschworen, sich nie wieder schlagen zu lassen und ihr Leben grundlegend zu ändern.

Es war ganz harmlos losgegangen, mit einem kleinen Schubs hier und einem harmlosen Stoß dort. Im Laufe der Zeit waren die Handgreiflichkeiten jedoch eskaliert.

Das erste Mal, als er richtig zugeschlagen hatte, waren ihre Lippen aufgeplatzt. Er hatte wie ein Baby geweint, sich reumütig entschuldigt und geschworen, dass es nie wieder vorkommen würde.

Wider besseres Wissen war Connie weich geworden, doch es war ihm nicht gelungen, sein Versprechen zu halten.

Nach seinem nächsten Wutausbruch hatte sie sich geweigert, länger mit ihm zu leben, und Anzeige gegen ihn erstattet.

Während Ross von Polizeibeamten abgeführt worden war, hatte er gedroht, dass es ihr noch leidtun würde.

Es tat ihr schon sehr lange leid. Dass sie sich überhaupt mit ihm eingelassen hatte, und dass sie bei ihm geblieben war, nachdem er zum ersten Mal die Stimme und die Hand gegen sie erhoben hatte.

Ein grollender Donnerschlag riss sie aus ihren düsteren Erinnerungen. Sie ging zum Fenster und spähte hinaus in den Regen. Ihre Mutter sagte immer, dass derart scheußliches Wetter nach einem Topf Suppe und frisch gebackenem Brot verlangte.

Connie stimmte zu, obwohl sich ihr wahres Können in der Küche auf Süßspeisen beschränkte. Seit sie auf der Ranch in der Küche regierte, lernte sie jedoch ganz allmählich, auch andere Gerichte zuzubereiten.

Seufzend rieb sie sich den schmerzenden Rücken. Hatte sie sich vielleicht übernommen oder verhoben? Oder zählte es einfach zu den gewöhnlichen Beschwerden in den letzten Schwangerschaftswochen? Danach musste sie beim nächsten Arzttermin unbedingt fragen.

Vielleicht war auch der Nachmittagsschlaf auf dem weichen Sofa schuld an den stärkeren Beschwerden.

Ein bisschen Bewegung konnte sicherlich nicht schaden. Also wanderte Connie durch das Haus, bis sie schließlich in der Küche landete. Ihr Gewissen regte sich, weil sie zu Mittag zwar einen Kuchen gebacken, aber nichts anderes zubereitet hatte. Schließlich war sie als Köchin angestellt und wollte nicht den Eindruck erwecken, dass sie ihre Pflichten aufgrund der familiären Atmosphäre nicht ernst genug nahm oder der Aufgabe wegen der Schwangerschaft nicht gewachsen war. Sie brauchte diesen Job und die sichere abgelegene Unterkunft.

Greg stand mit dem Rücken zur Tür an der Arbeitsfläche. Das lange dunkle Haar, das ihm über die breiten Schultern fiel, war im Nacken mit einem Lederband zusammengebunden. Er belud Brotscheiben mit Schinken, Truthahn, Käse, Tomatenscheiben und allem anderen, was der Kühlschrank sonst noch hergab.

Es erschien ihr seltsam, einem attraktiven und talentierten Prominenten von seinem Format so nahe zu sein und zu beobachten, wie er eine derart banale Aufgabe ausführte. Es faszinierte sie, doch sie war fest entschlossen, ihn nicht wie ein Groupie anzuhimmeln.

„Wie wäre es mit einem Stück Apfelkuchen?“, fragte sie, während sie die Küche betrat.

„Wunderbar. Ich bin nämlich ein ganz Süßer.“ Er blickte über die Schulter und schenkte ihr sein typisch charmantes Lächeln, das ihre Hormone in Aufruhr brachte – und zwar diejenigen, die nicht mit Mutterschaft zusammenhingen.

Obwohl sich ihre Gedanken und ihr Körper auf die bevorstehende Geburt vorbereiteten, fühlte sie sich durch Gregs Aufmerksamkeit als Frau geschmeichelt. Doch sie bemühte sich, es zu ignorieren, und schnitt äußerlich gelassen zwei Stücke vom Kuchen ab.

„Lass uns im Wohnzimmer essen“, schlug er vor. „Es wird allmählich kühl, und ich möchte ein Feuer machen. Außerdem hast du es dort bestimmt bequemer.“

Zehn Minuten später prasselte ein Feuer im Kamin. Sie setzte sich auf das Sofa und wickelte sich und ihr Ungeborenes in die Decke. Sie wollte es Amanda nennen, in Gedenken an ihre einst beste Freundin. Das Nachbarsmädchen war im selben Sommer aus der Stadt weggezogen, in dem Connies Vater gestorben war.

Es war ein grausamer Doppelschlag für die damals Zehnjährige gewesen. Und eine ganze Weile lang hatte sie den Kummer und die Einsamkeit kaum ertragen. Die Trauer war im Laufe der Zeit erträglich geworden, die Einsamkeit aber war ihr ständiger Begleiter geblieben.

Draußen tobte der Sturm. Wind heulte um das Haus. Regen prasselte unaufhaltsam auf das Dach.

„Hast du eigentlich Familie?“, wollte Greg unvermittelt wissen.

Sie wandte ihm den Kopf zu und nickte. „Mutter und Schwester.“

„Wohnen sie hier in der Nähe?“

„Nicht weit entfernt.“ Sie redete nicht gern über sich selbst. Sie war keine gute Lügnerin, und da die Wahrheit wehtat, zog sie es vor, das Thema zu wechseln.

„Granny hat gesagt, dass du die Feiertage hier verbringen möchtest.“

„Ich halte es für besser, wegen der ärztlichen Versorgung in der Nähe von Brighton Valley zu bleiben.“

„Du meinst Doc Graham? Soweit ich weiß, ist er der einzige Doktor in der Stadt, oder?“

„Er ist vor ein paar Monaten in den Ruhestand getreten. Frau Dr. Bramblett hat die Praxis übernommen.“

„Ach so? Ist dir das recht? Der Doc ist ja schon ziemlich betagt und die meisten wären an seiner Stelle schon vor zehn Jahren in Pension gegangen, aber er soll ein ausgezeichneter Diagnostiker sein, zumindest für einen Landarzt.“

„Ja, ich war ein bisschen enttäuscht, als er mich an Frau Dr. Bramblett verwiesen hat. Aber ich mag sie auch.“ Trotzdem war Connie nervös und ängstlich, was die Entbindung anging.

„Wird deine Mutter bei der Geburt dabei sein?“

„Ich denke nicht“, erwiderte sie vage. In Wirklichkeit wusste weder ihre Mutter noch ihre Schwester von der Schwangerschaft. Beide mochten Ross nicht und waren erleichtert über die Trennung, obwohl sie nichts von seinem Alkoholproblem und seinem Hang zur Gewalttätigkeit ahnten.

Ein wenig war Connie versucht, klein beizugeben und heim zu Mama zu laufen. Aber sie schreckte davor zurück, ihre Mutter durch ein uneheliches Enkelkind in Verlegenheit zu bringen. Denn Dinah Rawlings war eine bekannte Größe beim Fernsehen. Da ihr Publikum ebenso konservativ war wie sie selbst, konnte sie eine derartige Publicity ganz gewiss nicht gebrauchen.

Außerdem hatte sich die Mutter-Tochter-Beziehung seit dem Tod von Connies Vater ständig verschlechtert und war inzwischen praktisch nur noch Fassade. Zum Teil lag die Kluft an Dinahs Besessenheit von ihrem Beruf und den dummen Einschaltquoten. Aber es steckte noch mehr dahinter: die ungleiche Verteilung ihrer Zuwendung zugunsten ihrer älteren Tochter Becky.

Außerdem gab es einen weiteren Grund für Connie, sich von ihren Angehörigen zu distanzieren. Sie musste befürchten, dass Ross sie über ihre Familie ausfindig machen könnte. Das galt es unbedingt zu verhindern. Ebenso wenig durfte er erfahren, dass sie schwanger war. Er hatte mehrmals die Beherrschung verloren und sie zu einem Opfer häuslicher Gewalt gemacht. Wie viel mehr konnte er erst einem hilflosen Neugeborenen antun?

Nach dem Essen herrschte eine angespannte Atmosphäre im Haus. Da sich der Abend endlos auszudehnen drohte, schaltete Greg den Fernseher ein. Es schien zu helfen. Der Actionfilm ließ zumindest die Zeit schneller vergehen. Falls Connie seine Wahl missfiel, so ließ sie sich nichts anmerken.

Gegen acht Uhr, kurz vor dem Showdown, fiel der Strom aus. Mit einem Knistern wurde der Bildschirm schwarz und das gesamte Haus finster.

Der einzige verbleibende Lichtschein stammte vom Feuer im Kamin.

„Oh je“, flüsterte Connie mit zittriger Stimme.

„Keine Sorge.“ Greg stand aus dem Ledersessel auf und holte mehrere Kerzen von der Kommode. Er hielt eine nach der anderen mit dem Docht an die Flammen und verteilte sie im Raum.

Sobald das Wohnzimmer beleuchtet war, stellte er fest, dass Connie sich die Decke bis zur Nasenspitze hochhielt, wie um sich dahinter zu verstecken. „Es besteht kein Grund, Angst zu haben“, versicherte er.

„Es hat mir noch nie gefallen, allein in einem Sturm zu sein.“

Er schmunzelte. „He, du bist nicht allein. Du hast doch mich.“

Zum ersten Mal an diesem Abend lächelte sie. Die Wärme in ihren Augen ließ sie besonders hübsch wirken.

Er erinnerte sich, dass ihr Nachname Montoya lautete. Daher vermutete er, dass Latinoblut in ihren Adern floss, genau wie in seinen. „Du solltest öfter lächeln“, bemerkte er.

„Ich hatte in letzter Zeit nicht viel Grund dazu.“

Er wartete auf eine Erklärung, doch die blieb aus. Er rang mit sich, ob er nachhaken oder das Thema auf sich beruhen lassen sollte. Doch er konnte an nichts anderes denken als an den Zustand der Frau, die neben ihm saß, und die Lebensumstände, die zu ihrer Schwangerschaft geführt hatten.

Schließlich fragte er rundweg: „Bist du unglücklich, weil du ein Baby bekommst?“

Sie streichelte ihren Bauch. „Das Timing hätte sicherlich besser sein können. Aber das ist nicht ihre Schuld.“

„Ihre?“

Sie lächelte erneut. „Es wird ein Mädchen.“

Greg dachte nicht oft an seine leibliche Mutter. Sie war bei seiner Geburt gestorben. Aber sie hatte ihm während der Schwangerschaft immer etwas vorgesungen und große Pläne gehegt, um ihm ein glückliches Zuhause und eine rosige Zukunft zu bieten. Das wusste er von Tia Guadalupe, seiner Tante.

Er war mit allem gesegnet, was seine Mutter sich für ihn gewünscht hatte. Doch es machte ihn traurig, dass sie es nicht miterleben, nicht daran teilhaben durfte. Und dass sie nie erfahren würde, wie sehr er sich darum bemühte, dass sie stolz auf ihn sein konnte.

Nun fragte er sich, ob es Connie mit ihrem Baby ebenso erging. Hegte sie Hoffnungen, schmiedete sie Pläne für die Zukunft ihres Kindes? War das Ungeborene für sie bereits zu einem realen Lebewesen geworden?

Zu seiner Verwunderung war ihm die Antwort darauf außerordentlich wichtig. „Wie willst du deine Tochter nennen?“, fragte er.

„Ich neige zu Amanda. Aber ich will erst mal abwarten, wie sie aussieht. Vielleicht passt Megan oder Tricia besser zu ihr.“

Das erschien ihm sinnvoll. Er wusste nicht, welchen Namen seine Mutter ihm zugedacht hatte. Die Wahl seiner Tante war auf Gregorio gefallen – nach dem Pater, der ihn auf die Welt geholt hatte.

Stille trat ein. Offensichtlich verlor sich jeder in seine eigenen Gedanken.

Die Kerzen verbreiteten einen sanften Schein im Raum; die Flammen züngelten im Kamin. Das Knistern der Scheite und das Prasseln des Regens an die Fensterscheiben zauberten eine romantisch-sinnliche Atmosphäre, die allein durch Connies Schwangerschaft gedämpft wurde.

„Willst du nach der Entbindung auf der Ranch bleiben?“, fragte Greg.

„Ja. Ich denke, Brighton Valley ist ein guter Ort, um ein Kind aufzuziehen.“

„Das mag sein. Aber ich bekomme einen Lagerkoller, wenn ich für längere Zeit in einem Nest wie diesem festsitze.“

„Ich schätze, bei deiner Karriere ist es eine gute Sache, dass du gern herumreist.“

„Das stimmt. Ich vermute, dass du dagegen lieber Wurzeln schlägst.“

„Jetzt mehr denn je.“ Sie warf ihm erneut ein Lächeln zu, und es ging ihm unter die Haut. „Nach dem Chaos, in das ich mich manövriert habe, hoffe ich auf ein ruhiges, beschauliches Leben.“

Normalerweise war es nicht Gregs Art, andere Leute auszufragen. Doch Connies Vorgeschichte interessierte ihn brennend. „Was für ein Chaos denn?“

„Sagen wir nur, dass die Schwangerschaft nicht geplant war.“

„Ich gehe davon aus, dass du nicht mehr mit dem Vater zusammen bist?“ Aufmerksam beobachtete er ihr Gesicht.

Sie nickte mit finsterer Miene. „Mich mit dem Mann einzulassen, war der größte Fehler meines Lebens.“

„Weiß er von dem Baby?“

„Nein. Und wenn ich es verhindern kann, wird er auch nie davon erfahren.“

„Der Kerl muss ein Schuft sein.“

Sie befingerte den Häkelrand der Decke, bevor sie zu Greg aufblickte. „Er ist gemein und krankhaft eifersüchtig, wenn er getrunken hat. Zum Schluss war er kaum noch nüchtern.“

Greg kannte solche Männer zur Genüge. Und obwohl er gern weiter gefragt hätte, dachte er sich, dass manche Erinnerungen lieber unangetastet bleiben sollten.

Eine Weile plauderten sie über belanglose unpersönliche Dinge. Als die antike Uhr auf dem Sims schließlich neun schlug, gähnte Connie und raffte sich mühsam vom Sofa auf. „Ich bin ziemlich erledigt. Ich gehe lieber ins Bett.“

„In Ordnung. Schlaf gut.“ Er blickte ihr nach und dachte versonnen, dass sie von hinten überhaupt nicht schwanger aussah.

Nach gerade einmal fünf Schritten blieb sie abrupt stehen und starrte erschrocken auf den Fußboden. Zu ihren Füßen breitete sich eine Pfütze aus. Sie wandte den Kopf zu Greg um und blickte ihn flehend und hilflos an, wie um ihn zu fragen, was sie tun sollte.

Er hatte keinen blassen Schimmer.

2. KAPITEL

Connie blinzelte mehrmals in der Hoffnung, dass sie sich irrte und die Fruchtblase nicht geplatzt war. Doch die Pfütze zu ihren Füßen blieb. Angst schnürte ihr die Kehle zu. Der Schmerz im Rücken, der sie nun schon den ganzen Nachmittag plagte, verstärkte sich derart, dass ihr der Atem stockte. Dann breitete er sich nach vorn aus und durchfuhr sie wie ein Blitz.

Unwillkürlich krümmte Connie sich und hielt sich den Bauch.

Augenblicklich war Greg an ihrer Seite und legte einen Arm um sie. „Was ist? Was hast du?“

Kraftlos lehnte sie sich an ihn. „Ich … ich weiß nicht.“ Erlebte sie gerade ihre erste Wehe? Es musste wohl so sein.

Konzentrier dich, ermahnte sie sich und versuchte, die Instruktionen ihrer Ärztin und die Informationen in den Schwangerschaftsratgebern zu sondieren, die sie gelesen hatte. Schließlich verebbte der Schmerz. Langsam richtete sie sich auf. „Ich muss Dr. Bramblett anrufen. Sie weiß bestimmt, was zu tun ist.“

„Gute Idee.“ Greg reichte ihr sein Handy.

„Und ich sollte das da beseitigen.“ Sie deutete zu der Pfütze.

„Darum kümmere ich mich schon. Ruf du einfach die Ärztin an und setz dich. Sonst klappst du womöglich noch zusammen und verletzt dich.“

„Vielleicht solltest du mir etwas besorgen, worauf ich mich setzen kann. Ich will Grannys Polstersessel nicht ruinieren.“

Er nickte und eilte hinaus. Sie hätte schwören können, dass er leise fluchte, während sie Dr. Brambletts Nummer aus dem Gedächtnis wählte.

Anstatt der vertrauten freundlichen Ärztin meldete sich eine Frau vom Antwortdienst und erklärte kurz angebunden: „Dr. Bramblett ist nicht in der Stadt. Doc Graham übernimmt etwaige Notfälle.“

In gewisser Weise war Connie erleichtert über diese Mitteilung. Doc Graham mochte längst das Pensionsalter überschritten haben, aber er hatte in seiner fünfzigjährigen Praxis sehr viel Erfahrung gesammelt.

Als er sich schließlich meldete, verkündete sie: „Hier ist Connie Montoya. Meine Fruchtblase ist gerade geplatzt.“

„Wo sind Sie? Auf der Rocking C?“

„Ja.“

Er wohnte in Brighton Valley, gute zehn Minuten Fahrtzeit entfernt, und das Krankenhaus in Wexler lag etwa dreißig Meilen dahinter.

Anstatt ihr wie erwartet aufzutragen, ihn unverzüglich aufzusuchen, sagte er: „Ich fürchte, dass Sie dort festsitzen und niemand zu Ihnen kommen kann. Wegen der Überschwemmung.“

Bildete sie es sich nur ein, oder hörte sie einen Anflug von Angst in seiner großväterlichen Stimme? Ihr Herz pochte, und ihre Stimme wurde schrill. „Was soll ich tun?“

„Machen Sie sich keine Sorgen. Sobald der Regen aufhört, ist die Landstraße für gewöhnlich wieder befahrbar.“

Sie wollte ihm glauben, doch es fiel ihr sehr schwer. Sie legte sich eine Hand auf den Bauch, wie um das Baby dadurch zu überreden, drinnen zu bleiben und auf einen günstigeren Zeitpunkt zu warten.

„Laut Wetterbericht werden die Regenfälle gegen Mitternacht abnehmen“, fuhr Doc Graham fort. „Danach dauert es nicht lange, bis die Straße wieder geöffnet wird. Bis dahin sollte bei Ihnen alles in Ordnung sein.“

Sollte? Was, wenn nicht? Was, wenn das Baby einen ärztlichen Eingriff erforderte? Oder sie selbst?

„Kann denn kein Krankenwagen durch?“, fragte Connie. „Oder vielleicht können Sie einen Helikopter schicken.“

„Ich fürchte nicht. Der Krankenwagen kann nicht früher kommen als ich. Und der Helikopter kann momentan nicht starten. Aber in ein paar Stunden …“

„Stunden?“, hakte sie entsetzt nach.

„Granny ist ein alter Hase in diesen Dingen. Im Laufe der Jahre hat sie mir geholfen, etliche Babys auf die Welt zu bringen. Also sind Sie in guten Händen, selbst wenn es zum Schlimmsten kommt.“

„Aber Granny ist nicht hier!“, rief Connie schrill, mit einem Anflug von Panik.

„Wer ist denn bei Ihnen? Sie sind doch nicht allein, oder?“

„Nein. Ich bin nicht allein. Greg ist bei mir.“

„Gut. Er ist mit Rindern und Pferden aufgewachsen. Er wird wissen, was zu tun ist, wenn es dazu kommt.“

Wenn es dazu kommt?