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Imaginationsübungen wirken sich nicht nur bei Traumapatienten positiv aus, auch alten Menschen helfen sie gegen depressive Gefühle, Einsamkeit und Schmerz. »Gepäckablegen«, der »Innere sichere Ort« und viele andere Übungen können das emotionale Befinden stabilisieren und Basis einer wirksamen Hilfe zur Selbsthilfe sein. Das Autorinnen-Team um Luise Reddemann zeigt, wie wirkungsvoll und hilfreich es ist, Imaginationsübungen bei der Betreuung alter Menschen einzusetzen. Die Erfahrungen eines langen Lebens, der reiche Schatz innerer Bilder sind Ressourcen, die durch kundige Anleitung zielgerichtet zur Verbesserung der Lebensqualität, dem selbstbestimmten Umgang mit Schmerz und Einsamkeit und zur emotionalen Stabilisierung im Alter genutzt werden können. Alle, die mit alten Menschen arbeiten, erhalten hier: - zahlreiche Anregungen für geeignete und bewährte Imaginationen mit wörtlichen Instruktionen - viele Beispiele, wie das Imaginationsangebot mit dem Aufbau einer heilsamen Beziehung verknüpft ist - grundsätzliche Überlegungen und Informationen zur Versorgung alter Menschen im 21. Jahrhundert. Dieses Buch richtet sich an: - PsychotherapeutInnen aller Schulen, - GerontopsychologInnen - ErgotherapeutInnen - und alle, die alte Menschen betreuen »Das Buch enthält viele Beispielübungen mit wörtlichen Instruktionen, sowie auch grundsätzliche Überlegungen zur Versorgung alter Menschen in der heutigen Zeit. Ein hilfreiches Buch für alle, die mit alten Menschen arbeiten, sie medizinisch und therapeutisch behandeln, pflegen oder betreuen.« Megaphon, September 2013
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Seitenzahl: 254
Luise Reddemann Lena-Sophie Kindermann Verena Leve
Imagination als heilsame Kraft im Alter
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Klett-Cotta
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© 2013 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung
Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten
Datenkonvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
Printausgabe: ISBN 978-3-608-89141-6
E-Book: ISBN 978-3-608-10571-1
Dieses E-Book beruht auf der 1. Auflage 2013 der Printausgabe
Einleitung
1. Imaginative Arbeit und Ressourcenorientierung in der Psychotherapie
2. Die Imaginationsübungen: Anleitungen in der Grundform
2.1 Innerer sicherer Ort
2.2 Gepäck ablegen
2.3 Tresorübung
2.4 Achtsamkeitsübung
3. Mit Imaginationen arbeiten – Fallbeispiele aus der Studie
3.1 Schmerzen
3.2 Vereinsamung und daraus resultierend: Kein Interesse, starke Ablehnung
3.3 Großer Kummer und Resignation und zeitweise Verwirrtheit
4. Gerontologie – Die Wissenschaft vom Alter und Altern
4.1 Alter als Lebensphase
4.2 Theorien des erfolgreichen Alterns
4.2.1 Aktives Altern – Die Aktivitätstheorie
4.2.2 Rückzug im Alter – Die Disengagement-Theorie
4.2.3 Selektive Optimierung durch Kompensation – Das SOK-Modell
4.2.4 Alter und Produktivität
4.2.5 Active Ageing
5. Imaginationsarbeit mit alten Menschen – Die Studie
5.1 Erkenntnisinteresse der Studie
5.2 Konkrete Einblicke: Fallbeispiele aus der Studie
6. Altern als Entwicklungsaufgabe
7. Alte Menschen (therapeutisch) begleiten – Spezifische Herausforderungen
7.1 Therapieansätze und Ziele
7.2 Imagination als Ressource für alte Menschen
7.3 Mögliche Schwierigkeiten bei der Arbeit mit alten Menschen
7.3.1 Die »kommunikative Barriere«
7.3.2 Erschwerte Bedingungen in der praktischen Arbeit
7.3.3 Zur imaginativen Arbeit mit schwerst pflegebedürftigen Menschen
7.4 Selbstreflexion in der Arbeit mit Älteren: Das eigene Altersbild kritisch hinterfragen
8. Spezielle Übungsangebote für die Begleitung alter Menschen
8.1 Sicherheit und Geborgenheit
8.2 Innere Helfer
8.3 Sich von Schwerem befreien: »Gepäck ablegen« oder auch abschiedlich leben
8.4 Ressourcen aus der Naturerfahrung
8.5 Weisheit
8.6 Umgang mit Verlusten
8.7 Gelassenheit und Achtsamkeit
19. Mit traumatisierten alten Menschen arbeiten
9.1 Der Behandlungsansatz der Psychodynamisch Imaginativen Traumatherapie (PITT)
9.2 Klinisches Beispiel
9.3 Das Drei-Phasen-Modell
10. Auch alte Menschen waren einmal jung
Schlussgedanken
Danksagung
Diplomarbeit
Textnachweis
Literatur
Dies immer noch
Dies immer noch wollen Den Laden Immer noch aufziehen wollen Das Hinterhaus Immer noch auf die Netzhaut Und das Siebenuhrmorgenzimmer.
Immer noch ausgehen wollen Die altbackene Straße hinunter Entlang den Fenstern Voll vergeblicher Hilfeschreie Und einsammeln im Drahtkorb Schicksal und Schicksal
Auf der Zunge das alte Ungereimte Mein Schritt eine Uhr die abläuft In der Hand noch immer Das Pappfähnchen Zuversicht Hinter mir keine Armee Dann und wann Kinder
Marie Luise Kaschnitz
Die Verwendung von Imaginationen ist vermutlich die älteste Form der Heilkunde und Heilkunst überhaupt. Dennoch wissen wir, dass der Zugang zur Arbeit mit heilsamen Bildern insbesondere im psychotherapeutischen Umfeld gerade für ältere Menschen häufig erschwert ist. Ältere Menschen, und insbesondere jene über 75 Jahre, erhalten deutlich seltener ambulante Psychotherapie als jüngere (Pinquart 2012; Kipp 2008; Peters 2004). In diesem Buch beschäftigen wir uns daher mit der Frage, wie alte und pflegebedürftige alte Menschen auf Angebote reagieren, positive Erinnerungen zu erzählen, aus denen dann imaginative Übungen entwickelt werden können; und wie die alten Menschen wiederum auf solche Imaginations-Anregungen reagieren; des Weiteren haben wir uns gefragt, ob diese imaginativen Angebote einen positiven Einfluss auf das emotionale Befinden und das Schmerzerleben haben. Lena-Sophie Kindermann hat dazu eine Forschung im Rahmen ihrer Diplomarbeit an der Universität Klagenfurt durchgeführt. Luise Reddemann hat, als Psychotherapeutin und in der Nutzung von Imaginationen seit Jahrzehnten tätig, diese Arbeit begleitet. Wir beziehen uns in diesem Buch zum Teil auf die Ergebnisse dieser gemeinsamen Arbeit und wollen allen, die alte pflegebedürftige und/oder unterstützungsbedürftige alte Menschen begleiten, behandeln oder pflegen, Mut machen, Imaginationen für den Kontakt zu nutzen.
Wir wollen mit unserem Buch zeigen, dass durch die Nutzung imaginativer Fähigkeiten alten Menschen ein besserer Zugang zu den vorhandenen personalen und individuellen Ressourcen ermöglicht wird, Entspannung erreicht und somit der Umgang mit dem Prozess des Alterns insgesamt – und ggf. sogar Pflegebedürftigkeit – erleichtert werden kann.
Imaginationen oder heilsame Vorstellungen können somit auch und gerade im Alter als individuelle Kraftquelle dienen. Im Rahmen einiger Studien konnte bereits die Wirksamkeit imaginativer Verfahren in der Behandlung zahlreicher psychischer Störungen nachgewiesen werden (Kirn, Echelmeyer und Engberding 2009; Grütters 2010; Stasing 2011). Das Buch »Imagination als heilsame Kraft«, das 2001 erstmals erschienen ist, hat regen Zuspruch gefunden, und die dort vorgestellten Imaginationsübungen helfen vielen Menschen in Not, vor allem bei Traumafolgeproblemen. Diese positiven Erfahrungen haben uns ermutigt, imaginative Potenziale auch bei alten, ja sogar hochbetagten und möglicherweise physisch oder kognitiv eingeschränkten Menschen auszuloten und zu nutzen.
Im Anschluss an »Imagination als heilsame Kraft« und an das Manual zur »Psychodynamisch Imaginativen Traumatherapie« möchten wir darüber hinaus darstellen, wie man gezielt sich aufdrängende traumatische Erfahrungen, die möglicherweise schon sehr weit zurückliegen, bearbeiten kann. Die Zahl der Alten, die in ihrer Kindheit durch Krieg, Vertreibung und andere extrem belastende Erfahrungen traumatisiert wurden, ist groß. Den Erkenntnissen der Alternsforschung zufolge leiden 36,3 Prozent der alten Menschen unter nicht verarbeiteten traumatischen Erlebnissen und sind zudem mit den altersbedingten körperlichen und psychischen Veränderungen und Belastungen konfrontiert (Forstmeier und Maercker 2008). In den letzten Jahren wurden wir immer häufiger vor die Aufgabe gestellt – und dieser Aufgabe werden wir uns noch jahrelang zu stellen haben –, auch alten Menschen bei der Bewältigung traumatischer Erfahrungen zu helfen und diese nicht nur zur Kenntnis zu nehmen. Diesem Anliegen widmen wir ein eigenes Kapitel in diesem Buch.
Uns ist es ein besonderes Anliegen zu betonen, wie wichtig es ist, sich individuell auf alte Menschen einzustellen und jegliches Vorgehen an ihre Bedürfnisse anzupassen.
Ebenso ist es uns wichtig, uns mit den theoretischen Grundlagen des Themas zu beschäftigen. Dazu wird Verena Leve als Soziologin und Gerontologin zu grundsätzlichen Fragen des Alterns und den Herausforderungen des Altseins in unserer Kultur Erkenntnisse beisteuern, die das Verstehen alter Menschen unterstützen.
Es geht uns um die Frage, wie alte Menschen trotz zum Teil zunehmender Herausforderungen und Belastungen Zufriedenheit und Wohlbefinden für sich erlangen können. Vor allem die Theorien des erfolgreichen Alterns fokussieren hierbei auf die Bedeutung der individuell verbleibenden Ressourcen.
Unsere Erfahrungen sollen anderen auch Mut machen, sich die Zeit zu nehmen, mit alten Menschen über deren Ressourcen und ihre Kraft gebenden inneren Bilder und Vorstellungen in einen Austausch zu treten. Er ist für beide Seiten inspirierend, sowohl für die PatientInnen als auch für ihre BegleiterInnen. Außerdem wollen wir Mut machen, Traumaerzählungen nicht auszuweichen, sondern alte Menschen dabei zu begleiten. Wir schreiben dies sowohl für psychotherapeutisch Tätige wie auch für alle, die alte Menschen pflegen und betreuen. Wir werden konkrete Hilfen und Anleitungen zur Verfügung stellen, wie man heilsame Gespräche mit alten Menschen führen kann.
Jene, die bereits mit der Arbeit mit älteren Menschen vertraut sind, werden sich in den imaginativen Übungen und den begleitenden Gesprächen an Elemente aus Verfahren der Biografiearbeit und der (integrativen) Validation (Richard 2010; Feil 1993) erinnert fühlen. Den von uns entwickelten und beschriebenen Übungen liegen ähnliche ressourcenorientierte Haltungen und die Idee des wertschätzenden Umgangs zugrunde, wie im Verlauf des Buches eingehender dargestellt wird.
Dieses Buch beruht auf interdisziplinärer Zusammenarbeit. Es zeigt u. a., wie wichtig es ist, dass verschiedene Berufsgruppen ihr Wissen zusammentragen. Die Protokolle der Arbeit von Lena Sophie Kindermann machen deutlich, dass es einige basale Voraussetzungen braucht, um gedeihlich mit alten, zum Teil pflegebedürftigen Menschen zusammenzuarbeiten:
Zeit. Es ist uns bewusst, dass dies auch nur auszusprechen schon Widerstände auslösen kann. Wir meinen jedoch, dass therapeutisch und/oder pflegend Tätige darum kämpfen sollten, dass sie sich Zeit in der Begleitung der alten Menschen in ausreichendem Maße nehmen können. Menschen brauchen generell Zeit, um sich aufeinander einzulassen. In der Arbeit mit älteren Menschen ist die Zeit ein wesentlicher Faktor, um sich respektvoll zu nähern und ein Leben in Würde zu ermöglichen.
Die Bereitschaft, sich geduldig auf die Beziehung einzulassen und diese wachsen zu lassen, damit sie letztendlich für beide Interaktionspartner zum gedeihlichen Kontakt wird. Auch Vertrauen braucht Zeit!
Respekt vor der Autonomie des Gegenübers und achtungsvolle Wertschätzung dessen, was der andere Mensch bereits zur Verfügung hat.
Dieses Buch ist in erster Linie aus psychotherapeutischer Perspektive geschrieben. Dort gehören die hier genannten Interventionen nicht unbedingt zum Standardrepertoire. Es ist uns bewusst, dass u. a. in der Interventionsgerontologie und geragogischen Ansätzen vieles von dem, was hier beschrieben wird, bereits Eingang in Theorie und Praxis gefunden hat. Wir hoffen, dass unser Buch viele, die mit alten Menschen arbeiten, ansprechen wird.
Selbstverständlich können Sie dieses Buch von Anfang bis Ende lesen.
Die Theorieteile sind uns wichtig, doch wenn für Sie theoretische Reflexionen nicht so erheblich sind, können Sie sie auslassen oder später lesen.
Die Nutzung von Imaginationen, so wie wir sie für alte Menschen speziell empfehlen, finden Sie im Kapitel 8.
Die Arbeit mit traumatisierten alten Menschen ist im Kapitel 9 dargestellt.
Die einzelnen Kapitel werden auch aus sich heraus verständlich, sodass Sie nicht unbedingt das ganze Buch in der vorgesehenen Reihenfolge der Kapitel lesen müssen, sondern auswählen können.
Über Rückmeldungen freuen wir uns. Vielleicht arbeiten Sie auch mit alten Menschen und haben Anregungen für uns. Wir verstehen unsere Arbeit als »work in progress«. Unsere E-Mail-Adressen finden Sie am Ende des Buches.
Der Begriff Imagination stammt vom Lateinischen »imago« ab, was so viel bedeutet wie Bild, Abbild, Vorstellung. Wenn wir heute das Wort Imagination benutzen, verstehen wir damit innere Vorstellungen jedweder Art, nicht nur bildhafte, sondern auch solche, die mit anderen Sinneswahrnehmungen zusammenhängen.
Die Fähigkeit zur Imagination wird in verschiedensten Therapieverfahren genutzt, so in der aktiven Imagination nach C. G. Jung, in der »katathym-imaginativen Therapie« und in der Hypnotherapie; in der Psychodynamisch Imaginativen Traumatherapie wird ebenfalls Imagination explizit genutzt, aber auch in anderen Therapieverfahren kommen Imaginationen zur Anwendung, dann allerdings meist weniger gezielt und häufig auch nicht ausdrücklich.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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