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Er hat geschworen, sein Herz niemals an eine Frau zu verlieren: Das Romance-Highlight »In den Fesseln des Piraten« von Bestseller-Autorin Nicole Jordan jetzt als eBook bei dotbooks. 1812, Antigua. Für Lady Selena ist die Karibikinsel das Paradies auf Erden – bis ihr Vater unvermittelt stirbt und ihr die Verwaltung der Plantage und eine boshafte Stiefmutter hinterlässt. Als diese versucht, das Erbe an sich zu reißen, weiß Selena nur noch einen Ausweg: Sie bittet den tollkühnen Kyle Ramsay, sie zu heiraten und so ihr Erbe zu bewahren. Der verwegene Seefahrer ist schließlich für seine Abenteuerlust bekannt. Kyle schwört, dass ihre Ehe nur auf dem Papier existieren wird – doch warum zieht er Selena dann immer wieder in seine Arme und entlockt ihr prickelnde Küsse? Die Schöne ist fest entschlossen, Kyles Geheimnis auf die Spur zu kommen. Wird sie sein raues Herz doch noch für sich gewinnen können? »Nicole Jordan versteht es meisterhaft, ihren Fans ein sinnliches Lesevergnügen zu bieten.« Romantic Times Books Reviews Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der historische Liebesroman »In den Fesseln des Piraten« von Bestseller-Autorin Nicole Jordan. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.
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Seitenzahl: 361
Über dieses Buch:
1812, Antigua. Für Lady Selena ist die Karibikinsel das Paradies auf Erden – bis ihr Vater unvermittelt stirbt und ihr die Verwaltung der Plantage und eine boshafte Stiefmutter hinterlässt. Als diese versucht, das Erbe an sich zu reißen, weiß Selena nur noch einen Ausweg: Sie bittet den tollkühnen Kyle Ramsay, sie zu heiraten und so ihr Erbe zu bewahren. Der verwegene Seefahrer ist schließlich für seine Abenteuerlust bekannt. Kyle schwört, dass ihre Ehe nur auf dem Papier existieren wird – doch warum zieht er Selena dann immer wieder in seine Arme und entlockt ihr prickelnde Küsse? Die Schöne ist fest entschlossen, Kyles Geheimnis auf die Spur zu kommen. Wird sie sein raues Herz doch noch für sich gewinnen können?
»Nicole Jordan versteht es meisterhaft, ihren Fans ein sinnliches Lesevergnügen zu bieten.« Romantic Times Books Reviews
Über die Autorin:
Nicole Jordan wurde 1954 in Oklahoma geboren und verlor ihr Herz restlos an Liebesromane, als ihre Mutter ihr zum ersten Mal aus »Stolz und Vorurteil« vorlas. Nicole Jordan eroberte mit ihren historischen Liebesromanen wiederholt die »New York Times«-Bestsellerliste und wurde mehrmals für den begehrten RITA Award nominiert. Heute lebt Nicole Jordan in Utah.
Nicole Jordan veröffentlichte bei dotbooks auch ihre historischen Liebesromane »Die Leidenschaft des Ritters« und »Die Gefangene des Wüstenprinzen«.
Außerdem veröffentlichte sie in der »Regency Love«-Reihe:
»Die Küsse des Lords«
»Die Sehnsucht der Lady«
»Die Versuchung des Marquis«
Und in der »Rocky Mountains«-Reihe:
»Wild Rebels – Gefangen«
»Wild Rebels – Entführt«
»Wild Rebels – Ausgeliefert«
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eBook-Neuausgabe Januar 2020
Dieses Buch erschien bereits 1992 unter dem Titel »Die Venus von Antigua« bei CORA.
Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 1991 by Anne Bushyhead
Die amerikanische Originalausgabe erschien 1991 unter dem Titel »Moonwitch« bei Harlequin Enterprises Ltd.; Toronto.
Copyright © der deutschen Erstausgabe 1992 by CORA Verlag GmbH, Berlin
Copyright © der Neuausgabe 2020 dotbooks GmbH, München
By arrangement with Spencerhill Associates
Dieses Werk wurde vermittelt durch die Langenbuch & Weiß Literaturagentur, Hamburg/Berlin.
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von
© shutterstock / CURAphotography / Digital Storm / Dmytro Balkhovitin / O.S. / PRILL / bms-photo / Eva Bidluk
eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (rb)
ISBN 978-3-96148-998-5
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Nicole Jordan
In den Fesseln des Piraten
Roman
Aus dem Amerikanischen von Doris Wildt
dotbooks.
Selena Markham befand sich im Büro ihres Anwalts, dem ehrenwerten Ignatius P. Foulkes, mit dem sie ernsthafte Probleme zu erörtern hatte.
Plötzlich wurde ihre Aufmerksamkeit von ungewöhnlichem Lärm in Anspruch genommen, der durch die geöffneten Fenster von der Straße heraufdrang.
Die Besatzung des amerikanischen Schoners, der kürzlich im Hafen von Antigua vor Anker gegangen war, hatte anscheinend sehr vergnügliche Stunden in der »Jolly-Tar«-Kneipe verbracht und zog nun lachend und singend durch die Straßen.
Seufzend zwang sich Selena, das Gespräch mit Mr. Foulkes fortzusetzen. Es ging dabei um die Verschwendungssucht ihrer Stiefmutter Edith. Die zweite Frau von Selenas Vater war nahe daran, das gesamte Vermögen der Markharns zu verschleudern und außerdem die Zuckerrohrplantage in den Ruin zu treiben.
»Ich hatte gehofft«, erklärte Selena, »daß Sie mir raten könnten, wie ich Edith zur Vernunft bringen kann. Als ich ihr letzten Monat eröffnete, ich müsse ihr die vierteljährlichen Unterhaltszahlungen kürzen, wurde sie ziemlich ausfallend. Aber sie gibt wirklich mehr aus, als die Plantage verkraften kann.«
Selena hob in einer mutlosen Geste beide Arme. »Und nun auch noch so etwas! Wie kann sie nur unser Haus als Pfand eintragen lassen. Es muß sofort etwas geschehen. Ich kann nicht tatenlos zusehen, wie mein Zuhause einem gewissenlosen Geldverleiher in die Hände fällt.«
Aufmerksam betrachtete Mr. Foulkes die junge Frau. Er hatte Selena noch niemals so erregt gesehen. Normalerweise gab sie sich beherrscht und sehr damenhaft, wie sie es auf Grund ihrer tadellosen Erziehung gelernt hatte.
Der Anwalt räusperte sich. »Ich habe volles Verständnis für Ihre Empörung, meine Liebe«, versicherte er. »Schließlich weiß ich ja selbst, wie entschlossen ihre Stiefmutter ihre Belange durchsetzen kann.«
Das ist noch ziemlich milde ausgedrückt, dachte Selena ungeduldig. Edith ist wohl eher als habgierig, rücksichtslos und egoistisch zu bezeichnen.
Vor sieben Jahren hatte Thomas Markham die lebenslustige Edith geheiratet. Selena hatte sich bemüht, ein herzliches Verhältnis zu ihrer Stiefmutter aufzubauen. Doch da Edith eine kaltherzige, nur auf ihren Vorteil bedachte Frau war, hatte Selena ihre vergeblichen Versuche irgendwann aufgegeben. Es war ihr gelungen, sich allmählich mit einem inneren Schutzwall zu umgeben, so daß Ediths ständige Sticheleien und bösartigen Bemerkungen an ihr abprallten. An dieser Einstellung hatte sich auch nach dem Tod ihres Vaters vor knapp zwei Jahren nichts geändert. Selena sah es als ihre moralische Pflicht an, ihre Stiefmutter mit einem gewissen Respekt zu behandeln. Doch in diesem Fall war Edith wirklich zu weit gegangen.
»Sie wissen so gut wie ich«, bemerkte Selena, »daß Papa sie finanziell derart großzügig versorgt hat, daß Edith einen ihrer Position angemessenen Lebensstil aufrechterhalten kann. Aber für die Extravaganzen, die sie sich in letzter Zeit erlaubt, genügt die Summe natürlich niemals. Allein die Smaragde, die sie sich gekauft hat, kosten fast zweitausend Pfund.«
Ignatius Foulkes schüttelte bekümmert den Kopf. »Ich will gern über Ihre Situation nachdenken«, versicherte er, »doch es sieht nicht gut aus. Rein rechtlich haben Sie keine Handhabe gegen Ihre Stiefmutter. Ihr Vater hat Ihnen zwar das Land vermacht, doch das Herrenhaus gehört zweifelsfrei Edith. Natürlich könnten Sie bei Ediths Gläubigern die Hypothek ablösen ...«
»Zu einem horrenden Preis«, warf Selena bitter ein.
»Nun, die Zuckerrohrernte war in diesem Jahr außergewöhnlich gut«, gab Ignatius Foulkes zu bedenken. »Höchstwahrscheinlich könnten Sie es sich problemlos leisten, das Haus zu übernehmen.«
Selena verschränkte die Hände im Schoß, um ihren steigenden Unmut zu beherrschen. »Ich trage die Verantwortung für fast vierhundert Menschen, Mr. Foulkes. Von den dringend notwendigen Anschaffungen, wie zum Beispiel einer Zisterne für die Krankenstation, will ich jetzt gar nicht reden. Wenn man Edith gewähren ließe, würde sie bald die gesamte Plantage in den Ruin treiben.«
Als der Anwalt nur mitfühlend nickte, seufzte Selena tief auf. »Selbstverständlich könnte ich das Haus kaufen«, gab sie zu. »Doch was dann? Ich kann Edith wohl kaum auffordern, sich ein neues Zuhause zu suchen. Sie hat ja nichts und niemanden, wo sie hingehen könnte. Außerdem würde ich wohl als Unhold dastehen, wenn ich ihr so etwas antun würde.«
Die Antwort ihres Anwalts konnte Selena nicht hören. Direkt unter dem Fenster ertönte eine laute, rauhe Männerstimme. »Ich setze auf den Captain!«
»Ich glaube, Tiny wird den Disput für sich entscheiden«, widersprach ein anderer Mann.
Ignatius Foulkes konnte den störenden Lärm nicht länger überhören. Er ging zum Fenster und öffnete die Läden, um hinunter auf die Straße zu schauen.
Im selben Moment strömte gleißender Sonnenschein in den Raum. Jeder Mensch, der nicht an das grelle karibische Licht gewöhnt war, hätte sofort die Augen geschlossen.
Doch Selena, die auf der von Engländern besiedelten Insel aufgewachsen war, hatte keine Probleme mit dem Sonnenlicht. Sie stand ebenfalls auf und stellte sich neben Mr. Foulkes ans Fenster, um zu sehen, was draußen vor sich ging.
Sie schaute nach links, wo Long Street, die Hauptstraße von Antigua, steil vom St: Johns-Hafen in den Ort führte. In der Ferne konnte sie das türkisschimmernde Meer sehen, auf dem kleine weiße Fischerboote auf den Wellen schaukelten.
Das Hafenbecken war gerade geräumig genug, um Boote mit einem Tiefgang von höchstens fünf Fuß aufzunehmen. Die vielen hundert Handelsschiffe, die alljährlich in Antigua eintrafen, mußten auf der anderen Seite der Insel ankern. Dort befand sich der English Harbor, das Hauptquartier der englischen Seestreitkräfte in der Karibik.
Selena wandte den Blick nach rechts. Dort sah sie eine Gruppe von ungefähr dreißig Männern, die die Einheitskleidung der Matrosen, blaue Jacken und Segeltuchhosen, trugen. Sie marschierten in Richtung des Gerichtsgebäudes, wobei sie zwei Kameraden auf den Schultern trugen.
Mr. Foulkes schnaubte verächtlich. »Das ist die Besatzung der ›Tagus‹, wenn ich mich nicht irre«, erklärte er. Auf Selenas fragenden Blick hin fügte er noch hinzu: »Ein großer amerikanischer Schoner von vierhundert Tonnen, der heute morgen vor der Küste vor Anker gegangen ist.«
Der Anwalt gab einen unwilligen Laut von sich. »Und sehen Sie den dunkelhaarigen Mann, den die Burschen auf den Schultern tragen? Das ist Captain Ramsey. Ich finde, selbst für einen Amerikaner trägt er ein beschämendes Benehmen zur Schau. Der Gouverneur ist bestimmt heilfroh, daß er keine Verbindung zu dem Captain hat.«
Selena erinnerte sich an den Namen. Der amerikanische Schiffskapitän hieß genauso wie der Gouverneur von Leeward Island, Generalmajor George Ramsay, doch die Schreibweise unterschied sich leicht. Selena fiel ein, daß ihr Vater, der mit dem Gouverneur eng befreundet gewesen war, einmal eine Bemerkung über die Namensähnlichkeit gemacht hatte.
Neugierig beugte sich Selena ein Stückchen aus dem Fenster. Sie wollte endlich den Mann sehen, der solch ungewöhnliches Interesse bei der weiblichen Bevölkerung von Antigua genoß. Kyle Ramsey kam regelmäßig, nämlich ein- bis zweimal im Jahr hierher. Für die Dauer seines jeweiligen Inselaufenthalts wohnte er stets auf der Plantage eines Freundes. Dessen Anwesen lag ganz in der Nähe von Selenas eigenem Besitz.
Soweit sie wußte, hatten sich im Laufe der Jahre fast alle ihre gleichaltrigen Bekannten um den Captain bemüht. Er wurde zu den exklusivsten Gesellschaften eingeladen und war ein gerngesehener Gast in den Häusern der gesellschaftlichen Elite von Antigua. Doch meistens zog es der Amerikaner vor, seine Freizeit mit der Besatzung seines Schiffs zu verbringen.
Selena konnte im Moment lediglich die Rückansicht von Kyle erkennen. Er wurde noch immer von seinen Freunden getragen, und sie sah, daß er groß und stark war. Sein dunkelbraunes Haar war dicht und leicht gewellt.
Captain Ramsey schien das gegenwärtige Spektakel vollauf zu genießen. Er lachte und sang mit seinen Matrosen um die Wette. Ignatius Foulkes rümpfte mißbilligend die Nase.
Selena wandte sich vom Fenster ab und schaute ihren Anwalt neugierig an. Zu ihrer Enttäuschung kam er jedoch nicht auf die amerikanischen Seeleute zu sprechen, sondern kehrte zum Ausgangspunkt ihrer Unterredung zurück.
»Tja, meine Liebe«, erklärte er, »es tut mir leid, daß ich Ihnen so gut wie gar nicht behilflich sein kann. Glücklicherweise werden Sie ja schon recht bald ein neues Zuhause finden. Wann wird das große festliche Ereignis stattfinden?«
Selena unterdrückte bei dem Gedanken an ihre unausweichlich bevorstehende Hochzeit nur mühsam einen Seufzer. »Wir haben noch keinen Termin festgesetzt«, antwortete sie. »Es kommt mir irgendwie taktlos vor, so kurze Zeit nach Papas Tod zu heiraten.«
Ignatius Foulkes, der Selena seit ihrer frühen Kindheit kannte, drohte ihr scherzhaft mit dem Zeigefinger. »Seither sind beinahe zwei Jahre vergangen, und Sie wollen doch den ehrenwerten Mr. Warner nicht durch eine solche Hinhaltetaktik verlieren, oder? Schließlich sind Sie über das Alter der zarten Jugend längst hinaus.«
Selena nahm ihm die Worte nicht übel. Mr. Foulkes hatte ja recht: Mit vierundzwanzig galt sie beinahe als alte Jungfer, auch wenn ihre äußere Erscheinung darüber hinwegtäuschte.
Und sie wurde von Männern im allgemeinen als durchaus attraktiv befunden. Selena war schlank und hochgewachsen, hatte silbrig schimmernde, prachtvolle Haare und blaue Augen, die manchmal grau wirkten. Sie strahlte eine fast unwirkliche Schönheit aus, die mit Worten kaum zu beschreiben war.
Selena hatte im Grunde genommen keine Einwände gegen das Heiraten. Sie war mit achtzehn bereits einmal verlobt gewesen, und zwar mit einem englischen Offizier zur See, den sie über alles geliebt hatte. Doch das Glück war jäh zerbrochen, als das Schiff ihres Verlobten vor der Küste von Dominica in einem schweren Sturm sank und der junge Offizier dabei ums Leben kam.
Selena hatte sich von diesem Schock noch kaum erholt, als ihr Vater mit seiner Yacht vor St. Lucia kenterte und ertrank. Dieser tragische Unglücksfall, der verhältnismäßig kurze Zeit nach dem Verlust ihrer großen Liebe geschah, hatte in Selena eine tiefe Angst ausgelöst – weniger vor schwerer See als vielmehr vor Schiffen jeder Art und Größe.
Nach einer ungewöhnlich langen Trauerperiode hatte Selena schließlich den Antrag des reichsten Pflanzers der Insel, des ehrenwerten Avery Warner, angenommen. Er war Witwer und zwanzig Jahre älter als sie; außerdem gehörte er dem Verwaltungsrat von Antigua an und genoß großes Ansehen unter der Bevölkerung.
Thomas Markham hatte sich gewünscht, daß seine einzige Tochter den vermögenden Geschäftsmann heiraten würde. Selena wäre es nie in den Sinn gekommen, sich diesem Wunsch ihres Vaters zu widersetzen. Zwar war sie nicht verliebt in Avery Warner, doch sie hatte großen Respekt vor dessen geschäftlichen Fähigkeiten und dem Talent, seinen riesigen Besitz zu bewirtschaften.
Manchmal fand sie Warners überhebliches Benehmen ihr gegenüber etwas lästig, setzte sich jedoch stets mühelos darüber hinweg. Eine standesgemäße Hochzeit wurde von jeder jungen Dame der Gesellschaft erwartet. Und wenn Selena ihn heiratete, wäre sie endlich Herrin über ihr eigenes Heim und müßte sich nicht mehr mit ihrer bissigen, gehässigen Stiefmutter herumärgern.
Bei dem Gedanken an Edith hätte Selena am liebsten die Fäuste geballt. Doch ihre in Fleisch und Blut übergegangene gute Erziehung verhinderte die undamenhafte Geste. Statt dessen streckte Selena ihrem Anwalt in vollendeter Grazie ihre Hand hin. »Vielen Dank für die Zeit, die Sie mir gewidmet haben, Mr. Foulkes«, sagte sie und zwang sich zu einem Lächeln.
Wenn er ihr nicht helfen konnte, würde sie sich eben selbst etwas einfallen lassen müssen, um das Problem mit Edith zu lösen. Selena vermied nach Möglichkeit die offene Konfrontation mit ihrer Stiefmutter, weil diese fast immer das letzte Wort behielt. Doch in diesem Fall stand Selenas Zuhause auf dem Spiel – die einzige Verbindung zu ihren Eltern, die beide gestorben waren.
Ignatius Foulkes schien zu spüren, was in ihr vorging. »Mein liebes Kind, wenn mir noch irgend etwas einfällt, wie man das Unheil abwenden könnte, werde ich Sie sofort davon unterrichten.«
Selena dankte ihm durch ein graziöses Nicken und ließ sich von Mr. Foulkes hinausführen.
Selena war erst wenige Schritte gegangen, als sie aus dem Torweg, der zum Gerichtsgebäude führte, erregtes Rufen und Schreien hörte.
Langsam ging sie näher an die Gruppe heran. Die Besatzung der »Tagus« hatte einen Kreis gebildet, in dessen Mitte ein offenbar höchst unterhaltsames Spektakel stattfand.
Selena raffte den Rock ihres Musselinkleides ein wenig, um ihn vor dem Straßenstaub zu schützen. Fasziniert beobachtete sie, wie zwei Seeleute miteinander kämpften – eine Mischung aus Box- und Ringkampf. Die Matrosen feuerten mal den einen, mal den anderen Mann an, und Selena erkannte aus den Zurufen, daß es sich bei den Kämpfenden um einen Seemann namens Tiny sowie Captain Ramsey handelte.
Dieser war zwar etwas kleiner als sein Kontrahent, verfügte jedoch über einen auffallend kräftigen, gestählten Körper. Er hatte breite Schultern, einen starken Brustkorb und schmale Hüften. Seine Beine waren lang und muskulös. Alles in allem bot Kyle Ramsey ein Bild von schier unerschöpflicher Kraft.
Selena war zu einer echten Lady erzogen worden. Für eine junge Dame von Stand ziemte es sich nicht, sich ein solches Spektakel anzusehen. Doch die Aufregung und das Gelächter der Seeleute wirkten ansteckend. Vorsichtig ging sie noch ein paar Schritte näher an die Gruppe heran und blieb dann stehen, um zu sehen, wie sich der Kampf wohl entscheiden würde.
Offenbar trugen die Männer keinen Streit aus, sondern wollten nur ihre Kräfte messen. Sie schlichen umeinander herum und griffen den Gegner immer wieder überraschend auf spielerische Weise an.
Selena hatte Gelegenheit, den amerikanischen Schiffskapitän ausführlich zu betrachten. Kyle Ramsey war bis zur Taille nackt. Sein Oberkörper war gebräunt; man konnte das Spiel der Muskeln unter der Haut sehen. Er strahlte eine überwältigende Männlichkeit aus, und sekundenlang fühlte sich Selena davon eigentümlich berührt.
Doch ihre tiefverwurzelte Scheu und Zurückhaltung verhinderten, daß sie sich ihre Gefühle eingestand, die plötzlich das Innerste ihrer Weiblichkeit berührten.
Jetzt konnte Selena verstehen, warum Captain Ramsey bei den Damen so beliebt war. Seine Größe und Vitalität waren wirklich äußerst beeindruckend. Dabei bewegte er sich mit großer Eleganz und Leichtigkeit und strahlte eine ungeheure Lebenslust aus.
Selena betrachtete aufmerksam sein Gesicht mit der hohen Stirn, den ausgeprägten Augenbrauen und den Linien, die Wind und Wetter als Spuren hinterlassen hatten. Kyles Zähne leuchteten weiß auf, als er lachend den Arm hob.
Im nächsten Moment wurde er von einem Kinnhaken getroffen, taumelte ein paar Schritte rückwärts und stürzte direkt vor Selena zu Boden.
Sie wußte, daß eine Lady in einer solchen Situation eigentlich nichts zu suchen hatte. Ihr war auch bewußt, was sie als zukünftige Gattin eines der einflußreichsten Männer von Antigua ihrem Verlobten schuldig war.
Doch Selena setzte sich sowohl über alle gesellschaftlichen Regeln als auch über ihre Verpflichtung Mr. Warner gegenüber hinweg und beugte sich über den Captain, der mit ausgestreckten Armen und Beinen auf dem Rücken lag.
Kyle Ramsey öffnete die Augen. Sie waren braun mit grünen Punkten. Offen und neugierig sah er sie an.
»Ein Engel«, murmelte er verwundert. »Ich bin gestorben und geradewegs in den Himmel gekommen.«
flüchtig registrierte Selena, daß der Captain mit einem kaum wahrnehmbaren britischen Akzent sprach, obwohl er doch Amerikaner war. Aufmerksam betrachtete sie seine Gesichtszüge. »Sind Sie verletzt, Captain Ramsey?« erkundigte sie sich sanft.
Fröhlich zwinkerte er ihr zu. »Ich bin lebensgefährlich verwundet und brauche den Beistand eines Geistlichen«, flüsterte er gespielt erschöpft.
Selena erkannte, daß es mehr als eines Kinnhakens bedurfte, Kyle Ramsey wirklich außer Gefecht zu setzen. Ihre Fürsorge war also unangebracht.
Der Captain schüttelte den Kopf und erhob sich stöhnend. Selena trat hastig einen Schritt zurück, denn der Anblick seiner nackten Brust, die von feinen Härchen bedeckt war, verunsicherte sie zutiefst.
Leicht schwankend stand er vor ihr und streckte eine Hand nach Selena aus, um sich ein wenig abzustützen. »Sie wollen mich also ohne irgendeine Behandlung zurück in den Kampf schicken?« fragte er übertrieben traurig. »Dann erweisen Sie mir die Ehre, ein Taschentuch als Glücksbringer von Ihnen mitzunehmen. Oder vielleicht Ihren Sonnenschirm? Der käme mir sehr gelegen, denn ich könnte ihn Tiny über den Kopf schlagen.«
Selena fand seinen trockenen Humor sehr erfrischend, doch gleichzeitig fühlte sie sich peinlich berührt von seinem Versuch, so offen mit ihr zu flirten, und runzelte mißbilligend die Stirn.
»Captain Ramsey, Sie nehmen sich entschieden zu viele Freiheiten heraus. Außerdem bin ich der Meinung, daß Sie umgehend Ihre Hand von meiner Schulter nehmen sollten, bevor ich meinen Sonnenschirm gegen Sie verwende.«
Kyles Augen leuchteten auf. Gleichzeitig blinzelte er Selena unverfroren an. »Sie wollen mich tatsächlich nicht unterstützen? Auch gut. Da ich sowieso gewinnen werde, hole ich mir meinen Siegerkuß sofort.«
Trotz dieser Warnung war Selena nicht darauf vorbereitet, daß Kyle seine Ankündigung in die Tat umsetzen würde. Ohne Umschweife zog er sie an seine Brust, hielt Selena sanft, aber unnachgiebig an den Oberarmen fest und küßte sie leicht auf die Lippen.
Bevor Selena irgendeine Möglichkeit gehabt hätte, sich dagegen zu wehren, war der Kuß schon vorbei. In einer Art Schockzustand blieb sie reglos stehen und schaute Kyle wie in Trance an.
Er schien irgendwie verwirrt zu sein. »Wahrscheinlich hat Tiny mich doch härter getroffen, als ich dachte«, flüsterte er heiser. »Mir war gerade eben so, als ob der Boden unter mir nachgegeben hätte.«
Noch immer starrte Selena ihn fassungslos an. Als sie weiterhin schwieg, zog der Captain sie abermals an sich, diesmal noch dichter als zuvor.
Langsam und genußvoll küßte er sie. Er ließ die Zunge in Selenas Mund gleiten, erforschte jeden dunklen, geheimnisvollen Winkel darin und spürte, wie sie heftiger zu atmen begann.
Selena vergaß alles um sich herum. Das Bedürfnis, sich Kyles Kuß ganz und gar hinzugeben, wurde übermächtig in ihr. Wie aus weiter Ferne hörte sie Stimmen und Gelächter, doch sie kümmerte sich nicht darum.
Endlich, wenn auch widerstrebend, löste sich Kyle von ihr. Den Ausdruck von Verwunderung in seinem Gesicht konnte Selena nicht deuten. Sie vermochte nur, ihn wie hypnotisiert anzusehen.
Kyle schüttelte sich ein wenig, als ob er seine Sinne von irgend etwas befreien wollte. Diese Bewegung brachte Selena schlagartig in die Realität zurück. Wie eine Flamme stieg grenzenlose Scham in ihr auf. Sie hatte es zugelassen, daß ein fremder, halbnackter Mann sie auf offener Straße küßte! Und was noch schlimmer wog: Sie hatte diese Ungeheuerlichkeit genossen.
Ruhig und entschlossen holte Selena mit einer behandschuhten Hand weit aus und schlug Kyle Ramsey ins Gesicht. Er rieb sich überrascht die Wange, schien aber nicht sonderlich betroffen zu sein. »Das war es wert«, meinte er leise und bedachte Selena mit einem umwerfenden, wissenden Lächeln. »Jetzt muß und werde ich auf jeden Fall gewinnen«, setzte er hinzu. »Ein derartiger Siegerkuß ist der größte Ansporn, den ich mir vorstellen kann.«
Er drehte sich auf dem Absatz herum und schrie: »Hey, Tiny, du Satanskerl! Mach dich auf eine verheerende Niederlage gefaßt.«
Selena blieb wie angewurzelt stehen. Ihr Gesicht war dunkelrot vor unaussprechlicher Verlegenheit, und ihre Gefühle wirbelten durcheinander.
Schließlich hob sie ihren Schirm, den sie während des Kusses hatte fallen lassen, wieder auf. Verschämt warf sie einen Blick in die Runde, doch zu ihrer großen Erleichterung sah sie keine Bekannten, die Zeuge ihres skandalösen Benehmens geworden wären.
Nachdem sie sich halbwegs von ihrem Schock erholt hatte, setzte Selena eilig ihren Weg fort. Sie hatte gerade den Laden ihrer Modistin erreicht und wollte das Geschäft betreten, als Avery Warner in seiner eleganten Kutsche vorfuhr.
Er übergab einem schwarzen Sklaven die Zügel und sprang behende vom Kutschbock. »Hallo, meine Liebe«, begrüßte er Selena, ohne die Lippen zu einem Lächeln zu verziehen. »Gestattest du mir, dich zu begleiten? Es gehört sich nicht, wenn eine Dame deines Standes allein und schutzlos durch die Straßen läuft«
Selena fühlte, wie sie angesichts dieser öffentlichen Maßregelung verlegen wurde. »Nein, danke, Avery«, erwiderte sie steif, »das ist nicht nötig. Samuel wird jeden Moment eintreffen. Ich habe noch einige Einkäufe zu erledigen.«
»Aber ich bestehe darauf«, entgegnete Avery. »Die Begleitung eines Dieners ist meines Erachtens unzureichend. Ich kann es nicht dulden, daß meine zukünftige Frau auch nur den geringsten Anlaß zu irgendeiner Art von Klatsch gibt.«
»Es überrascht mich um so mehr, weil es dir nichts auszumachen scheint, daß wir beide allein zusammen gesehen werden – ohne das wachsame Auge einer Anstandsdame«, gab Selena mit einem Anflug von Ironie zurück.
Avery zog überrascht die Augenbrauen hoch. Es kam höchst selten vor, daß Selena eine scharfe Antwort gab. »In diesem Fall ist sie überflüssig, denn wir werden ja in einer offenen Kutsche fahren. Außerdem sind wir in aller Form verlobt.«
Selena preßte die Lippen zusammen. Wenn Avery erst erfuhr, wie sie sich vor wenigen Minuten benommen hatte, würde sie noch ganz andere Dinge zu hören bekommen.
Eigentlich hätte sie ihm von ihrem Zusammentreffen mit dem amerikanischen Captain erzählen müssen, bevor er von irgendeiner Klatschtante informiert wurde. Doch Selena wollte einen größeren Skandal im Moment vermeiden.
Wenn sie Avery jetzt von der Kußszene berichtete, würde er mit Sicherheit umgehend Genugtuung von Captain Ramsey fordern. Die Gesetze auf Antigua waren sehr streng, und Kyle wäre mit Sicherheit zu einer längeren Gefängnisstrafe verurteilt worden. Darin sah Selena jedoch keinen Sinn, denn gar so schlimm war das Vergehen des Amerikaners ja schließlich nicht gewesen.
Um jeder weiteren Diskussion aus dem Weg zu gehen, befolgte Selena schließlich Averys Bitte. Sie beendete mit großer Eile ihre Einkäufe und ließ sich dann von ihm nach Hause bringen.
Unterwegs war sie tief in Gedanken versunken und schreckte zusammen, als ihr Verlobter sie ansprach: »Selena, meine Liebe, darf ich wissen, was dich überhaupt heute in den Ort geführt hat?«
»Ich brauchte für das neue Kleid, welches ich morgen abend tragen will, noch ein Seidenband in einem ganz bestimmten Farbton«, antwortete Selena. Sie hatte keine Lust, Avery von den Problemen mit Edith zu erzählen, die der Hauptgrund für die Fahrt in die Stadt gewesen waren.
»Ach ja, der Ball beim Gouverneur. Du wirst mit Sicherheit sehr bezaubernd aussehen«, führte Avery die Unterhaltung fort. »Doch hätte nicht einer der Bediensteten das Band für dich besorgen können?«
»Vielleicht«, antwortete Selena unbestimmt.
»Nun, in Zukunft wäre es wohl besser, wenn du auf deinen Exkursionen von einer Zofe begleitet würdest oder wartest, bis ich Zeit habe, mit dir zu gehen.«
Selena hob kaum merklich den Kopf. Möglicherweise hatte Avery recht mit seinem Ansinnen. Zu der Zeit, als Selenas Mutter eine junge Frau war, hätte es als undenkbar gegolten, daß eine Dame der Gesellschaft jemals ohne Begleitung ausgegangen wäre. Doch Selena war von Anfang an in einer Freiheit aufgewachsen, die es ihr erlaubte, sich nach Lust und Laune auf Antigua zu bewegen.
Wenn Avery es ernst meinte mit seinen Worten, würde er ihre Freiheit rigoros eindämmen. Wie sollte sie dann ihre Aufgaben als verantwortungsbewußte Plantagenbesitzerin im vollen Umfang wahrnehmen?
»Nun, wenn du es unbedingt wissen willst«, gab sie widerwillig zu, »ich war in einer wichtigen Angelegenheit, die keinen Aufschub duldete, bei Mr. Foulkes.«
»Damit meinst du wahrscheinlich Ediths Extravaganzen, nicht wahr?« Avery lachte amüsiert auf, als Selena ihn überrascht anschaute. »0 ja, ich bin bereits darüber informiert, daß sie für den Kauf irgendwelcher Juwelen das Haus als Sicherheit hat eintragen lassen«, fügte er hinzu. »Eine ganz besonders törichte Sache, wenn man die Höhe ihres Einkommens berücksichtigt.«
Nach einer kurzen Pause fuhr Avery fort: »Ich hoffe, du trägst dich nicht mit dem Gedanken, Edith behilflich zu sein?«
»Ich glaube nicht, daß ich viele Wahlmöglichkeiten habe. Es besteht die Gefahr, daß sie das Haus verliert, wenn sie ihre Schulden nicht begleicht.«
»Dann soll sie es verlieren«, entgegnete Avery ungerührt, und Selena hielt sich vor Schreck mit einer Hand den Mund zu.
»Aber Avery, wir sprechen von meinem Zuhause!«
»Sobald wir verheiratet sind, wirst du es nicht mehr brauchen.« Avery Warner tätschelte beruhigend Selenas Hand. »Ich bin ja sowieso der Meinung, daß wir die Hochzeit nicht länger aufschieben sollten. Du hast es zwar erstaunlich gut verstanden, die Plantage nach dem Tod deines Vaters weiterzuführen. Doch je eher sie in meinen Besitz übergeht, um so besser. Du wirst bestimmt erleichtert sein, wenn diese Bürde von deinen hübschen Schultern genommen wird.«
Selena verzichtete auf eine Erwiderung, zumal Avery soeben den Einspänner in die Auffahrt zum Herrenhaus der Markhams lenkte. Aus reiner Höflichkeit bat sie ihren Verlobten noch zum Tee herein.
Während er an ihrer Seite die Stufen zur großen Eingangstür hinaufging, meinte Avery noch: »Ich werde mit Edith sprechen und denke, ich kann sie dazu bringen, deine Gefühle bezüglich des Hauses zu respektieren und auf weitere Extravaganzen zu verzichten.«
Von einer dunkelhäutigen Angestellten erfuhr Selena, daß ihre Stiefmutter ausgefahren sei und erst zum Abendessen zurückerwartet werde.
Beim Tee plauderte sie mit Avery über belanglose Dinge und atmete erleichtert auf, als dieser sich schließlich verabschiedete und versprach, Selena am nächsten Abend rechtzeitig zum Ball des Gouverneurs abzuholen und dorthin zu begleiten.
Nachdem Avery fort war, ging Selena langsam und nachdenklich durch das große Haus. Es glich in Stil und Einrichtung einem englischen Landhaus. Tatsächlich hatte Thomas Markham die meisten der Möbel im Laufe mehrerer Jahre aus England in die Karibik bringen lassen.
»Selena, wie ich höre, hast du dich heute nachmittag recht auffällig benommen«, sagte Edith Markham beim Dinner und warf ihrer Stieftochter, die nur zehn Jahre jünger war als sie selbst, einen vorwurfsvollen Blick zu. »Drei meiner engsten Bekannten waren Zeugen deines skandalösen Betragens.«
Selena verkrampfte sich unwillkürlich, hielt sich jedoch mit einer Antwort zurück, um Edith nicht noch mehr zu reizen. Die zarte, überaus temperamentvolle zweite Frau ihres Vaters war wieder einmal in einer Stimmung, die Selena am besten ignorierte oder mit kühler Gelassenheit ertrug.
»Wenn du dich weiterhin so unmöglich aufzuführen gedenkst, werde ich dir verbieten müssen, überhaupt noch allein in die Stadt zu fahren«, setzte Edith wütend hinzu. »Solltest du dich nicht etwas mehr zusammenreißen, wirst du Avery noch zutiefst beleidigen. Er weiß sicher von deiner Vorliebe für Seeleute, nachdem du jenem Offizier damals so jammervoll nachgeweint hast.«
Selena hatte sich zwar vorgenommen, nicht die Beherrschung zu verlieren, doch Edith hatte mit ihren Worten Selenas wunden Punkt getroffen: ihre verlorene große Liebe. Selena fühlte, wie ihr Tränen der Trauer und Hilflosigkeit in die Augen stiegen.
Nachdem sie damals erfahren hatte, daß Edwards Schiff in einem Sturm gesunken sei, war Selena lange Zeit täglich nach English Harbor geritten, weil sie hoffte, irgendwelche dort eintreffenden Schiffe würden ihr ein Lebenszeichen von ihrem Verlobten bringen.
Aber es hatte offenbar keine Überlebenden des Unglücks gegeben. Dadurch fiel es Selena besonders schwer, den Tod ihres Verlobten als Tatsache zu akzeptieren. Selbst heute, nach so vielen Jahren, träumte sie manchmal, die Nachricht vom Untergang des Schiffes sei ein schrecklicher Irrtum gewesen.
Edith hatte auf eine Antwort von Selena gewartet, doch als diese schwieg, meinte sie: »Nun, vielleicht hätte es noch schlimmer sein können. Wenigstens ist Captain Ramsey kein gewöhnlicher Matrose. Angeblich ist er mindestens so reich, wie dein Vater es war. Allerdings verstehe ich nicht, wieso ein Mann weiterhin zu See fährt, wenn er sich an Land ein bequemes Leben leisten könnte.«
»Vielleicht mag er die See«, entgegnete Selena kühl.
»Wenn Captain Ramsey vermögend genug ist, sich irgendwo niederzulassen, sollte er es als echter Gentleman tun.« Edith warf Selena einen unfreundlichen Blick zu, erhielt jedoch keine Antwort.
Sie legte ihren Suppenlöffel beiseite und musterte ihre Stieftochter herausfordernd. »Der Captain wird natürlich wieder in ›Five Islands‹ wohnen. Ich gebe dir den guten Rat, dich in sicherer Distanz zu diesem Besitz aufzuhalten – es sei denn, du willst dich noch weiter erniedrigen und zum Gespött der Leute machen.«
Selenas Miene wurde eisig. Sicherlich schuldete sie es ihrem Vater, Edith mit Höflichkeit zu begegnen. Doch sie würde sich nicht uneingeschränkt demütigen und erniedrigen lassen. Edith war nahe daran, die Grenze des Erträglichen zu überschreiten.
»Ich brauche deine Warnungen nicht und würde lieber auf solche Hinweise verzichten«, sagte sie in entschiedenem Tonfall.
Edith hatte anscheinend begriffen, daß sie zu weit gegangen war, und verzichtete darauf, das Thema noch weiter zu vertiefen. Sie kam auf unverfängliche Dinge zu sprechen, doch Selena verhielt sich äußerst zurückhaltend und ging auf den leichten Plauderton nicht ein.
Den Rest des Abendessens nahmen die beiden ungleichen Frauen größtenteils schweigend ein.
Selena wälzte sich an diesem Abend lange Zeit ruhelos im Bett. Sie konnte einfach nicht einschlafen, was möglicherweise an Ediths verletzenden Äußerungen lag.
Doch vielleicht hing ihre Unruhe auch mit Kyle Ramsey und seinem schockierenden Kuß zusammen.
Schließlich stand Selena wieder auf, legte sich einen Schal um die Schultern, öffnete die Flügeltüren in ihrem Zimmer und trat nach draußen auf den Balkon, der rings ums Haus führte.
Es war eine warme Vollmondnacht. Eine leichte Brise strich über Selenas Haut und zerzauste ihr Haar, das ihr wie ein silberfarbener Umhang in weichen Wellen bis fast zur Taille reichte.
Selena stützte sich mit den Ellbogen auf die Brüstung und blickte gedankenvoll in die Nacht. Warum fühlte sie sich nur so unglücklich? Es gab keinen erkennbaren Grund dafür. Auf der Plantage sah man der nächsten Ernte mit Optimismus entgegen, denn es hatte schon sehr viel schlechtere Zeiten mit Unwetterkatastrophen gegeben.
Bald sollte sie heiraten. Avery Warner war zwar kein Mann, der Frauenherzen höher schlagen ließ, doch er umgab Selena mit Fürsorge und würde ihr sicherlich ein guter Ehemann sein. In naher Zukunft wäre sie Herrin in ihrem eigenen Heim. Damit würde sie auch die große Unsicherheit verlieren, die sie seit der Hochzeit zwischen ihrem Vater und Edith empfunden hatte.
Doch Selena konnte das Gefühl, sich in irgendeiner Gefahr zu befinden, einfach nicht abschütteln. Und die ständig wiederkehrende Erinnerung an den überwältigenden Kuß von Kyle Ramsey störte ihren Seelenfrieden mehr, als ihr lieb war.
Sehr wahrscheinlich hatte ihm dieser Zwischenfall nichts bedeutet. Der Captain war zweifellos ein Mann, für den solche Küsse zum täglichen Leben gehörten. Bestimmt hatte er Selena längst vergessen.
Doch sie konnte ihn nicht aus ihrer Erinnerung verdrängen. Ihr fiel ein, wie sich sein harter, muskulöser Körper angefühlt hatte. Sie glaubte noch immer, seinen männlichen Geruch wahrnehmen zu können. Und das schmerzhafte Ziehen, das Selena tief im Innern verspürt hatte, schürte eine nie zuvor gekannte heimliche Sehnsucht.
Was wäre wohl passiert, wenn der Kuß nicht geendet hätte? Selena hatte eine ungefähre Vorstellung von den Dingen, die zwischen Mann und Frau geschehen konnten. Sie stellte sich vor, wie sie und Kyle ... .
Unwillig und beschämt schüttelte Selena den Kopf. Solche Gedanken waren für eine junge Dame von Stand, die in Kürze einen der einflußreichsten Bürger von Antigua heiraten würde, völlig unakzeptabel.
In der Ferne konnte sie das gleichmäßige Rauschen des Ozeans hören. Das Anwesen, auf dem Captain Ramsey während seiner Inselbesuche wohnte, grenzte unmittelbar an Selenas Besitz. Frühmorgens, wenn die Sonne noch nicht so heiß schien, ging sie häufig hinunter ans Wasser. Sie kannte dort eine kleine, versteckte Bucht, in der sie ungestört schwimmen konnte.
Ob Kyle sich im Moment wohl im Haus seines Gastgebers aufhielt? Oder lag er im Ort mit irgendeiner Schankmagd im Bett?
Ich sollte lieber versuchen, Schlaf zu finden, dachte Selena. Was geht es mich an, wo ein amerikanischer Schiffskapitän seine Nächte verbringt?
Gerade als sie sich umwandte, um in ihr Zimmer zurückzugehen, hörte sie plötzlich einen leisen Schrei. Er schien aus einem der Zimmer auf der anderen Seite des Hauses zu kommen.
Lautlos ging Selena den Balkon entlang. Sie hielt kurz inne, als sie abermals einen Laut hörte. Es klang so, als ob jemand Schmerzen hätte und sich bemühte, das Stöhnen zu unterdrücken. Selena sah, daß in Ediths Schlafgemach Licht brannte, und erkannte, daß auch die Geräusche von dort kamen.
Besorgt eilte sie weiter. Vor den geöffneten Flügeltüren bauschten sich die Vorhänge im Nachtwind und gaben den Blick auf das Innere des Raumes frei.
Wie erstarrt blieb Selena stehen. Sie traute ihren eigenen Augen nicht, denn das Bild, das sich ihr bot, war erstaunlich und abstoßend zugleich.
Noch in demselben Seidenkleid, das sie zum Abendessen getragen hatte, streckte sich Edith mit gespreizten Beinen und völlig entrücktem Gesichtsausdruck auf dem riesigen Bett aus. Auf ihr lag, fast vollständig bekleidet, Avery Warner, der nun den Rhythmus des Liebesaktes beschleunigte und Edith einen weiteren lustvollen Aufschrei entlockte.
»Sei leise, meine Liebe«, verlangte er mit heiserer Stimme, »sonst weckst du noch das ganze Haus auf.« Nach einer letzten kraftvollen Bewegung löste er sich abrupt von ihr, stand auf und zog ihr dabei das Kleid über die entblößten Hüften und Beine. Dann begann Avery, seine Kleidung zu ordnen.
Selena, die die Szene wie gelähmt beobachtete, stieß unbeabsichtigt ein leises Keuchen aus und trat hastig einen Schritt zurück. Nur ganz allmählich begriff sie, was sich vor ihren Augen abgespielt hatte.
Sie hatte ja gewußt, daß sie von ihrem zukünftigen Ehemann keine Treue erwarten durfte. Aber daß Avery sie noch vor der Hochzeit mit ihrer Stiefmutter betrog, war mehr, als Selena fassen konnte. Und das alles geschah in demselben Bett, in dem sie geboren war!
Edith mußte gehört haben, daß draußen jemand auf dem Balkon stand, denn sie hob den Kopf und schaute angestrengt zu dem Fenster hinüber. Selena wußte, daß sie schnellstens hätte verschwinden müssen. Doch Übelkeit und Entsetzen machten es ihr unmöglich, sich zu bewegen.
»Wie kannst du nur diese verklemmte kleine Jungfrau heiraten?« wollte Edith von Avery wissen. »Selena wird dir niemals bieten können, was ich dir gebe.«
Avery ging zu dem Stuhl hinüber, auf dem sein Umhang lag. Er prüfte das Kleidungsstück in aller Ruhe auf mögliche Knitterfalten und gab gleichmütig zur Antwort: »Eben weil sie keusch und züchtig ist.«
»Und zudem Besitzerin der Ländereien, die du unbedingt haben willst«, erwiderte Edith heftig. »Wenn Thomas mir die Plantage vermacht hätte, würdest du mich heiraten, nicht wahr?«
»Meine Liebe, ein Gentleman nimmt nur eine Jungfrau zur Gattin. Du aber bist die Verkörperung einer wollüstigen, erfahrenen Frau. Selena ist eine Dame. Sie verfügt nicht mal über ein Quentchen Lüsternheit.«
»Du wirst unser Zusammensein vermissen, wenn du mit ihr verheiratet bist.« Ediths Stimme war schrill geworden.
»Ich habe dir doch schon mehrmals versichert, daß ich nicht vorhabe, dich aufzugeben, nur weil ich zufällig verheiratet bin. Ich werde dich behalten, Selena ebenfalls besitzen und obendrein die Plantage bekommen.« Avery wischte sich ein unsichtbares Stäubchen vom Ärmel.
Edith warf einen verstohlenen Blick auf die Vorhänge. Dabei lächelte sie böse und triumphierend.
Selena wandte sich ab. Schmerz und das Gefühl unglaublicher Demütigung stiegen in ihr auf, so daß ihr Tränen in die Augen schossen. Verwirrt und zutiefst beschämt stolperte sie den Balkon entlang.
Nur ein einziger Gedanke hatte im Moment noch Platz in ihrem Kopf: Sie mußte ihrem Zuhause entfliehen.
Irgendwie schaffte es Selena, ihre weiße Stute zu satteln. In atemberaubendem Tempo galoppierte sie los, immer in Richtung auf den Strand zu. Dabei beugte sie sich tief über den Nacken des Pferdes und schluchzte bitterlich.
Als sie die kleine Bucht erreichte, in der sie so oft zu schwimmen pflegte, sprang Selena von der Stute ab. Ohne sich bewußt zu sein, was sie eigentlich tat, rannte sie auf das Wasser zu, das im Licht des Vollmonds verheißungsvoll glitzerte.
Ungestüm warf sie sich in die Brandung, beinahe blind vor Tränen, die ihr unaufhörlich über die Wangen rannen.
»Was zum Teufel ...«, erklang plötzlich eine tiefe männliche Stimme hinter ihr.
Selena schlug wie wild mit den Armen um sich. Gleichzeitig strampelte sie heftig, so daß sie ihre leichten Schuhe verlor und mit den Füßen in dem langen Nachtgewand hängenblieb. Sie hatte große Mühe, sich über Wasser zu halten. Doch dann hörte sie wieder die männliche Stimme und gleich darauf ein Geräusch, als wäre jemand hinter ihr in die Wellen gesprungen.
Selena verstärkte ihre Bemühungen, voranzukommen. In ihrer Verzweiflung hatte sie nur den einen Wunsch, in Ruhe gelassen zu werden.
Doch es gab kein Entrinnen vor ihrem Verfolger. Selena spürte, wie sie von starken Armen festgehalten und an einen muskulösen Brustkorb gepreßt wurde.
»Lassen Sie mich auf der Stelle los!« schrie sie wie von Sinnen und schluchzte dabei laut auf.
»Ich werde doch nicht tatenlos zusehen, wie Sie ertrinken«, erklang die tiefe Stimme dicht an ihrem Ohr. Langsam und unerbittlich, ohne auf Selenas heftige Gegenwehr zu achten, schleppte der Mann sie zurück ans Ufer.
Irgendwie geschah es, daß er über Selenas Gewand stolperte und mit ihr zusammen in den noch warmen Sand fiel. Völlig reglos lag er auf ihr und betrachtete sie überrascht.
Selena stieß einen erstickten Laut aus, als sie den Captain erkannte. »Sie sind es«, flüsterte sie fassungslos.
»Ja, meine Dame«, bestätigte er heiser. »Was haben Sie um diese Zeit hier zu suchen? Wollten Sie sich umbringen?«
Selena fing erneut an, gegen Kyle anzukämpfen. Entschlossen schwang er ein Bein über ihre Hüften und hielt ihr mit einer Hand die Arme über dem Kopf fest.
Unweigerlich fiel ihr die Stellung ein, in der sie Edith auf dem Bett gesehen hatte. Selena wurde ganz still, während die Tränen mit neuer Intensität über ihre Wangen strömten.
Avery hatte sie in ihrem eigenen Haus schändlich betrogen, wollte sie aber nach wie vor heiraten. »Gentlemen nehmen Jungfrauen zur Gattin«, hatte er zu Edith gesagt. Und Selena war zweifellos noch unberührt.
»Nun, bekomme ich eine Antwort?« Kyle schaute sie unverwandt an. Eine steile Falte hatte sich über seiner Nasenwurzel gebildet.
Plötzlich wurde sich Selena seines Körpers bewußt. Der Captain hatte, bevor er ins Wasser sprang, sein Hemd ausgezogen. Selena spürte die Muskeln seines breiten Brustkorbs und mußte unwillkürlich daran denken, wie hemmungslos sie auf Kyle Ramseys Kuß reagiert hatte.
Ihr kam ein abenteuerlicher Gedanke. Avery wollte eine Jungfrau heiraten, nicht wahr?
»Captain«, sagte sie und schaute Kyle offen an, wobei sie entschlossen das Kinn ein wenig erhob. »Ich möchte, daß Sie mich lieben!«
Für einen Moment glaubte Kyle, sich verhört zu haben. Er hatte Selena sofort wiedererkannt und wußte inzwischen auch, wer sie war. Sein erster Offizier hatte ihm erzählt, daß Miss Selena Markham über hochrangige Verbindungen auf der Insel verfügte und er mit Konsequenzen zu rechnen habe, nachdem er sich ihr aus einer Laune heraus unehrenhaft genähert hatte.
Kyle bereute es inzwischen sehr, daß er sich dazu hatte hinreißen lassen, Selena in aller Öffentlichkeit zu küssen. Mit seinem Verhalten hatte er sich in die gefährlichste Lage gebracht, in welche ein freiheitsliebender Junggeselle geraten konnte.
Aus Erfahrung wußte er, daß es auf jeden Fall besser war, sich an Frauen von niedrigerem Stand zu halten, die sich weder etwas von ihm erhofften noch etwas von ihm erwarteten.
Ein einziges Mal nur hatte er dem Wunsch einer ehrbaren jungen Frau nach Trost und Zuwendung nachgegeben mit dem Ergebnis, daß er für immer an diese Dame gekettet bleiben würde. Ein zweites Mal würde er nicht ein solcher Dummkopf sein.
»Ganz so betrunken war ich heute vormittag nun auch wieder nicht«, murmelte er vor sich hin. »Und jetzt bin ich völlig nüchtern.«
»Ich möchte, daß Sie mich lieben«, wiederholte Selena leise, aber bestimmt ihre Forderung.
Sie befand sich in einem Zustand hochgradiger gefühlsmäßiger Verwirrung. Kyle spürte, daß sie am ganzen Körper bebte, und wie unter einem inneren Zwang schaute er auf ihren Mund.
Es war ein verführerischer Mund, mit weichen, schwungvoll gezeichneten Lippen – wie geschaffen für die Liebkosungen eines Mannes.
Deshalb hatte Kyle der Verlockung nicht widerstehen können. Er erinnerte sich daran, wie wunderbar sich Selenas Lippen angefühlt hatten und wie überrascht er gewesen war, weil er den Kuß so über alle Maßen genossen hatte.
Wie eine heiße Flamme war Begehren in ihm aufgeflammt, obwohl Selena eigentlich überhaupt nicht den Frauen ähnelte, die er normalerweise bevorzugte, nämlich rassige, temperamentvolle Rothaarige oder Brünette, die keine Zurückhaltung oder Verschämtheit kannten.
Selena, mit ihrem silberblonden Haar und dem Duft nach Veilchen, war ganz anders. In diesem Augenblick zeigte sie zwar nichts von ihrer zurückhaltenden Eleganz, doch trotzdem hatte Kyle Schwierigkeiten, sich ihrem geheimnisvollen Zauber zu entziehen.
»Sie wissen anscheinend nicht, was Sie von mir verlangen«, wehrte er ab, »und sind offenbar ziemlich durcheinander. Sonst hätte ich Sie ja nicht aus dem Wasser holen müssen.«
»Ich weiß recht wohl, was ich will«, widersprach Selena. »Es ist nicht sehr schmeichelhaft für mich, daß ich um Ihre Gunst betteln muß. So wie Sie mich heute vormittag geküßt haben, hätte ich nicht mit Ihrem Widerstand gerechnet. Ich könnte mir eher vorstellen, daß wir dort weitermachen, wo wir heute morgen aufgehört haben.«
Captain Ramsey vernahm den entschlossenen Unterton in Selenas Stimme und runzelte die Stirn. Irgendwie war er enttäuscht, denn er hatte Selena als tugendhaft und zurückhaltend eingeschätzt.
Ein ähnliches Erlebnis hatte er bei seinem letzten Besuch auf der Insel mit Edith Markham gehabt. Er war damals noch keine zwei Tage in Antigua gewesen, als sie ihm unverblümt Avancen gemacht hatte. Seine Ablehnung war von ihr mit unverhohlenem Arger und sarkastischen Bemerkungen quittiert worden.
Und nun bot sich ihm Ediths Stieftochter genauso schamlos an. Wie verlogen sie doch zu sein schien! Heute vormittag hatte sie ihm in aller Öffentlichkeit eine Ohrfeige verpaßt. Doch nun, allein mit ihm am Strand mitten in der Nacht, flehte sie ihn förmlich an, sie zu nehmen.
»Was muß ich tun, um Sie zu überreden?« wollte Selena in diesem Augenblick wissen und legte Kyle die Arme um den Nacken. »Soll ich Sie wieder küssen?«