4,99 €
0,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 2,99 €
Er nimmt sie gefangen – doch sie ist seine größte Versuchung: Der historische Liebesroman »Wild Rebels – Entführt« von Nicole Jordan als eBook bei dotbooks. Die Rocky Mountains, 1887. Er ist ein Mann, der für seinen starken Willen bekannt ist – und niemand ahnt, dass Sloan McCords Herz seit dem Tod seiner Frau zu Eis erstarrt ist. Doch nun hat er ein Ziel: Er will die Wahl für einen der begehrten Senatsplätze gewinnen. Um seine Gegner aus dem Rennen zu schlagen, braucht er eine respektable Frau an seiner Seite – und die schöne Heather Ashford scheint die richtige Wahl zu sein: Durch die Schulden ihres Vaters in größte Not geraten, sollte sie dankbar sein. Aber Heather ist nicht bereit, sich Sloans Drängen hinzugeben. Zwischen den beiden entbrennt ein stürmisches Spiel und schon bald beginnt Sloan zu ahnen, dass Heather seine große Liebe sein könnte – oder sein Verhängnis … »Nicole Jordan ist das neue große Talent der Historischen Liebesromane!« Affaire de Coeur Jetzt als eBook kaufen und genießen: Die historische Romanze »Wild Rebels – Entführt« von Bestseller-Autorin Nicole Jordan ist der zweite Band ihrer Rocky-Mountains-Reihe über die unwiderstehlichen McCord-Brüder. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 329
Über dieses Buch:
Die Rocky Mountains, 1887. Er ist ein Mann, der für seinen starken Willen bekannt ist – und niemand ahnt, dass Sloan McCords Herz seit dem Tod seiner Frau zu Eis erstarrt ist. Doch nun hat er ein Ziel: Er will die Wahl für einen der begehrten Senatsplätze gewinnen. Um seine Gegner aus dem Rennen zu schlagen, braucht er eine respektable Frau an seiner Seite – und die schöne Heather Ashford scheint die richtige Wahl zu sein: Durch die Schulden ihres Vaters in größte Not geraten, sollte sie dankbar sein. Aber Heather ist nicht bereit, sich Sloans Drängen hinzugeben. Zwischen den beiden entbrennt ein stürmisches Spiel und schon bald beginnt Sloan zu ahnen, dass Heather seine große Liebe sein könnte – oder sein Verhängnis …
»Nicole Jordan ist das neue große Talent der Historischen Liebesromane!« Affaire de Coeur
Über die Autorin:
Nicole Jordan wurde 1954 in Oklahoma geboren und verlor ihr Herz restlos an Liebesromane, als ihre Mutter ihr zum ersten Mal aus »Stolz und Vorurteil« vorlas. Nicole Jordan eroberte mit ihren historischen Liebesromanen wiederholt die »New York Times«-Bestsellerliste und wurde mehrmals für den begehrten RITA Award nominiert. Heute lebt Nicole Jordan in Utah.
Nicole Jordan veröffentlichte bei dotbooks auch ihre historischen Liebesromane »Die Leidenschaft des Ritters« und »In den Fesseln des Piraten«.
Außerdem veröffentlichte sie in der »Regency Love«-Reihe:
»Die Küsse des Lords«
»Die Sehnsucht der Lady«
»Die Versuchung des Marquis«
Und in der »Rocky Mountains«-Reihe:
»Wild Rebels – Gefangen«
»Wild Rebels – Entführt«
»Wild Rebels – Ausgeliefert«
***
eBook-Neuausgabe April 2020
Dieses Buch erschien bereits 1999 unter dem Titel »Der Herzensbrecher« bei Heyne.
Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 1998 by Anne Bushyhead
Die amerikanische Originalausgabe erschien 1998 unter dem Titel »The Heartbreaker« bei Avon Books.
Copyright © der deutschen Erstausgabe 1999 by Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG, München
Copyright © der Neuausgabe 2020 dotbooks GmbH, München
By arrangement with Spencerhill Associates
Dieses Werk wurde vermittelt durch die Langenbuch & Weiß Literaturagentur, Hamburg/Berlin.
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von © shutterstock / kiuikson / F. Jimenez Meca / Evelyn D. Harrison / VladKK / Dmytro Balkhovitin / Mariabo2015 / Anton Watman
eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (rb)
ISBN 978-3-96148-983-1
***
Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags
***
Wenn Ihnen dieser Roman gefallen hat, empfehlen wir Ihnen gerne weitere Bücher aus unserem Programm. Schicken Sie einfach eine eMail mit dem Stichwort »Wild Rebels 2« an: [email protected] (Wir nutzen Ihre an uns übermittelten Daten nur, um Ihre Anfrage beantworten zu können – danach werden sie ohne Auswertung, Weitergabe an Dritte oder zeitliche Verzögerung gelöscht.)
Besuchen Sie uns im Internet:
www.dotbooks.de
www.facebook.com/dotbooks
blog.dotbooks.de/
Nicole Jordan
Wild Rebels – Entführt
Roman
Aus dem Amerikanischen von Eva Malsch
dotbooks.
Für Jay, die mein Herz heilte – in immerwährender Liebe
Ach, daß der Liebesgott, trotz seinen Binden, Zu seinem Ziel stets Pfade weiß zu finden!
William Shakespeare
Colorado, Februar 1887
Mondlicht übergoß ihren nackten Körper und versilberte ihr helles Haar. Aber ihr Gesicht blieb im Schatten. Sloan McCord stöhnte, als sie über seinen kraftvollen Schenkeln kniete und sich herabneigte. Aufreizend baten die Knospen ihrer Brüste um Küsse. Von heißem Verlangen erfaßt, schloß er die Augen. Ihr Gesicht konnte er noch immer nicht sehen. Und doch – er kannte ihre Berührung, die seidenglatte weiße Haut, das goldfarbene Haar, das auf die nackten Schultern fiel. Er kannte sie mit der intimen Gewißheit eines Liebhabers.
Immer schneller floß das Blut durch seine Adern, während er ihre Hüften umfaßte, um in ihren willigen Körper einzudringen. Zitternd nahm sie ihn in ihrer Wärme auf. Seine Finger schlangen sich in ihre dichten Locken. Aber als er versuchte, sie näher zu sich herabzuziehen, ihre Lippen zu küssen und in ihr Gesicht zu schauen, wich sie zurück. »Langsam, mein Liebster«, wisperte sie, »wir haben Zeit, bis in alle Ewigkeit …«
Bis in alle Ewigkeit. Die Worte hauchten ein Versprechen in seine Seele.
Verführerisch bewegte sie sich und schürte das heiße Feuer seiner Leidenschaft. Die Zähne fest zusammengepreßt, versuchte er die wilde Begierde zu zügeln, dem betörenden sinnlichen Angriff länger zu widerstehen.
Doch die Sehnsucht war stärker als seine Willenskraft. Hilflos hob er die Hüften, um noch tiefer in sie einzudringen.
Sie warf den Kopf in den Nacken und erschauerte. Mit ihrem drängenden Rhythmus steigerte sie seine Erregung, bis er die süße Qual nicht mehr ertrug …
Plötzlich erwachte er. In seinen Ohren hallte das Echo eines Lustschreis wider. Sein Herz schlug wie rasend. Verwirrt schaute er sich im Dunkel um. Sein Schlafzimmer. Sein Ranchhaus. Sein Bett. Und er lag allein darin. Zwischen den Chintz Vorhängen schien Mondlicht herein, von der schneebedeckten Landschaft reflektiert. »Ein Traum«, flüsterte er heiser. Sie war nur ein Traum gewesen.
Der falsche Traum.
Zu lebhaft, zu verlockend. Sloan strich über seine glühende Stirn, versuchte die Fantasiebilder zu verscheuchen, zu vergessen, wie sich ihre warme Haut an seine geschmiegt hatte. Aber er spürte immer noch die Nähe ihres schönen Körpers, die Hitze seines Blutes.
Verdammt, er hatte nicht von der richtigen Geliebten geträumt. Sie war blond gewesen. Nicht schwarzhaarig wie seine Cheyenne-Frau. Mit weißer Haut, nicht mit dunkler. Üppig gebaut, nicht schlank und sehnig.
Nicht wie seine tote Frau.
Wilder Schmerz krampfte sein Herz zusammen. Über ein Jahr war seit Sleeping Does Ermordung verstrichen. Ein weiteres unschuldiges Opfer eines blutigen Weidekriegs … Bittere Erinnerungen verdrängten die Sinnenlust, die der Traum entfacht hatte. Normalerweise träumte er von Sleeping Doe, die in seinen Armen starb. Schluchzend sah er das Blut an seinen Händen, verfluchte den Himmel und schwor grausame Rache.
Was hatte dieser neue Traum zu bedeuten? Wies er auf ein unbewußtes Verlangen hin? Natürlich, er war ein gesunder, starker Mann, und er hatte monatelang nicht mit einer Frau geschlafen. Die Selbstbefriedigung, die er hin und wieder anwandte, um sich zu erleichtern, hinterließ jedesmal schale Gefühle.
Oh, es gab genug Frauen, die ihn nur zu gern beglücken würden. Zum Beispiel Doc Farlays hübsche Tochter und die temperamentvolle Witwe eines Ranchers, die am Stadtrand wohnte … Aber er ging ihnen aus dem Weg, sogar den Mädchen im Saloon von Greenbriar. Niemand konnte die Leere in seinem Innern füllen, seit er die geliebte Frau verloren hatte.
Trotz allem, was seine Familie behauptete. Sein Bruder betonte unentwegt, das Leben würde weitergehen, und seine Schwägerin meinte, er müsse wieder heiraten.
Ungeduldig schlug er die leichte Decke zurück und schwang die Beine über den Bettrand. Den Kopf gesenkt, stützte er seine kraftvollen Unterarme auf die Schenkel.
Seit Caitlin seinen Bruder im letzten Sommer geheiratet hatte, versuchte sie ihn mit irgendwelchen Mädchen zu verkuppeln. Ihre Beharrlichkeit amüsierte ihn, vor allem angesichts der Feindschaft, die jahrelang zwischen ihnen geherrscht hatte.
Vor ein paar Monaten war das Thema zum ersten Mal angeschnitten worden. »Warum zum Teufel brauche ich eine neue Ehefrau?« hatte er gefragt.
»Da fallen mir mehrere stichhaltige Gründe ein«, entgegnete Caitlin, und er konnte keines ihrer Argumente widerlegen. Klugerweise erwähnte sie zunächst seine politischen Ambitionen. »In diesem Sommer willst du doch die Wahl gewinnen, nicht wahr?«
»Ja, das habe ich vor.«
Offensichtlich plante sie eine längere Belagerung, denn sie lehnte sich auf dem Ledersofa in seinem Arbeitszimmer zurück, um eine bequemere Position einzunehmen. Ihr gewölbter Bauch verriet, daß sie ein Baby erwartete. »Dann solltest du dir einmal überlegen, wie du die Leute auf deine Seite ziehen kannst. Mit deinem distanzierten Verhalten machst du dich bei den Wählern nicht gerade beliebt, Sloan – bei den Schaf Züchtern schon gar nicht.«
Damit traf sie den Nagel auf den Kopf. Er wollte für den Colorado-Senat kandidieren. Aber während des langwierigen Weidekriegs hatte er sich mit vielen Leuten verfeindet. Caitlin hatte ihm geholfen, die Fehden zu beenden. Trotzdem gab es immer noch böses Blut zwischen den Rinder- und den Schafzüchtern.
Und dann seine Heirat… In der Jugend ein Draufgänger, war er den ehelichen Fesseln geflissentlich ausgewichen, bis er sich in eine Indianerin verliebt hatte. Kurz nachdem sein Bruder zu Unrecht als Bandit gebrandmarkt worden war, hatte er sie kennengelernt. Sloans Hochzeit verblüffte und schockierte die Gemeinde. Und daß er später, als Witwer, die ehrbaren jungen Damen erneut ignoriert hatte, war seiner Popularität keineswegs dienlich gewesen.
»Wenn du mit einer respektablen Frau verheiratet wärst, würdest du in der Öffentlichkeit viel besser dastehen«, beharrte Caitlin.
»Vermutlich kommt sie aus St. Louis«, meinte er spöttisch. »Eine Städterin – noch dazu aus dem Osten.«
»… die eine hervorragende Gastgeberin wäre.«
»Aber ich müßte mich für eine Frau aus dem Westen entscheiden, die sich ans harte Leben auf einer Ranch gewöhnt hat oder zumindest weiß, wo bei einem Stier vorn und hinten ist.«
»Denkst du an ein bestimmtes Mädchen?« Als er zögerte, fauchte sie: »Natürlich nicht! Seit Jahren laufen dir die Frauen nach, und du hast niemals auch nur das geringste Interesse gezeigt. Wenn du ein Herz nach dem anderen brichst, wirst du den Wählern nicht imponieren und bestenfalls ein paar Matronen um dich scharen, die dich mit ihrer mütterlichen Fürsorge ersticken.«
»So wie du, Cat?« Unwillkürlich erwiderte er ihr zauberhaftes Lächeln, das ihm wieder einmal vor Augen führte, warum sein Bruder sie so innig liebte. Dann zuckte er die Achseln. »Ja, vielleicht brauche ich eine Ehefrau, aber keine, die man verhätscheln muß und die sich weigert, ihre zarten Hände zu beschmutzen.«
»Davor würde Heather Ashford nicht zurückschrecken.«
»Wie ich mich entsinne, hast du erwähnt, daß sie aus einer reichen Familie stammt.«
»Das merkt man ihr nicht an. Außerdem befindet sie sich in einer sehr unangenehmen Situation. Ihr Vater hat ihr hohe Spielschulden hinterlassen. Deshalb verkaufte sie seinen Zeitungsverlag und ihr Haus und zog zu meiner Tante Winnie. Wahrscheinlich muß sie sogar ihre Schule schließen.«
»Nun, ich kann ihr nicht helfen. Diesen Winter werde ich nur mit knapper Not überstehen.«
»Jake und ich würden dich gern unterstützen.«
Energisch schüttelte er den Kopf. Dem McCord-Rinderimperium, das er mit seinem Vater und seinem Bruder im Schatten der Rockies aufgebaut hatte, drohte der Ruin. Dieser Winter war ungewöhnlich hart gewesen, mit massiven Schneefällen und mörderischen Temperaturen, die den Herden von Texas bis Montana wahre Höllenqualen bereiteten. Sein Bruder verkraftete den brutalen Winter etwas leichter. Als County-Richter bezog er ein regelmäßiges Einkommen. Caitlin wiederum züchtete auf der Ranch ihres verstorbenen Vaters Schafe, die nicht so schmerzlich unter der Kälte litten wie die Rinder.
Aber Sloan schuldete den beiden schon genug. Bis jetzt war es ihm nicht gelungen, Jake seinen Anteil an der McCord-Ranch auszuzahlen, und er wollte keine weiteren Verpflichtungen eingehen.
Caitlin ließ dieses Thema fallen, das immer wieder erörtert worden war, und konzentrierte sich auf ihre kupplerischen Bemühungen. »Wenn du noch länger wartest, könntest du vielleicht deine Chance verpassen. Dieser Eisenbahnbaron bestürmt Heather mit Anträgen.«
»Dann soll sie ihn doch heiraten.«
»Das will sie nicht! Sie mag ihn nicht einmal. Aber vielleicht hat sie keine Wahl …« Eindringlich fügte Caitlin hinzu: »Glaub mir, sie fürchtet sich nicht vor harter Arbeit. Immerhin hat sie ihre Mädchenschule praktisch aus dem Nichts aufgebaut.«
»Wie ist sie denn so?«
»Oh, sie sieht recht passabel aus. Vornehm, blond, groß, mit wohlproportionierter Figur …«
Sloan runzelte skeptisch die Stirn. Also eine rundliche, altjüngferliche, unscheinbare Lehrerin. Aber ihre äußere Erscheinung spielte keine Rolle. Solange sie seine Cowboys nicht in die Flucht schlug …
»Übrigens«, fuhr Caitlin triumphierend fort, »du vergißt den wichtigsten Grund, warum du heiraten solltest. Janna braucht eine Mutter.«
Seufzend fuhr er sich mit allen Fingern durchs Haar. Dieses Argument, das allerwichtigste, hob sie sich klugerweise bis zum Schluß auf. Seine Tochter war zwei Monate alt gewesen, als sie die Mutter verloren hatte. Seit über einem Jahr versuchte er, das Kind allein aufzuziehen. Das fiel ihm nicht leicht, weil er von morgens bis abends auf der Ranch arbeitete. Außerdem mußte ein kleines Mädchen von einer Frau betreut werden. Seine mexikanische Haushälterin wollte ihn verlassen und für ihre jüngeren Geschwister sorgen. Caitlin war mit ihrer eigenen Familie vollauf beschäftigt. Sie hatte einen vierjährigen Sohn namens Ryan, und bald würde ihr Baby zur Welt kommen. Wann immer sie Zeit fand, kümmerte sie sich um Janna. Aber er durfte ihre Hilfe nicht zu oft beanspruchen.
»Heather wäre eine gute Mutter, Sloan«, versicherte sie. »In ihrem Beruf hat sie gelernt, mit Kindern umzugehen. Manchmal paßt sie auf Ryan auf, und die beiden verstehen sich großartig.«
»Was würde sie davon halten, ein Halbblut großzuziehen? Viele weiße Frauen rümpfen die Nase, wenn sie eine ›Rothaut‹ sehen.«
»So etwas würde Heather niemals tun«, hatte Caitlin beteuert. »Ich kenne sie. Eine bessere Frau findest du nirgendwo. Sie könnte Janna beibringen, wie man sich in der weißen Gesellschaft benimmt, und sie auf gewisse Ressentiments vorbereiten. Wenn deine Tochter älter ist, wird es dir nicht immer gelingen, sie vor Anfeindungen zu schützen. Dann muß sie sich selber helfen, und Heather würde ihr das nötige Rüstzeug mit auf den Weg geben.«
An diese Worte erinnerte er sich, als er jetzt in seinem dunklen Schlafzimmer saß.
Abrupt stand er auf und legte die Decke um seine Schultern. Er ging zum Kanonenofen, neben dem seine Tochter in ihrem Kinderbettchen schlief, schob ein paar Kohlen ins Feuer und kniete nieder, um das kleine Gesicht zu betrachten.
Heiße Zärtlichkeit und der inbrünstige Wunsch, alles Böse von Janna fernzuhalten, erfüllten sein Herz. Nach dem Verlust seiner Frau war dieses Kind seine Rettung gewesen. Er hatte Does Ermordung gerächt und dann geglaubt, sein Leben wäre sinnlos.
Aber Janna belehrte ihn eines Besseren, und er zwang sich, in die Zukunft zu blicken und seine Gewissensqualen zu ertragen. Seine Feinde hatten Doe getötet, um ihn so schmerzhaft wie nur möglich zu verletzen. Er hatte die geliebte Frau nicht retten können. Diese Schuldgefühle verfolgten ihn in gräßlichen Albträumen.
Am schlimmsten fand er die Stunden vor dem Morgengrauen, wenn er endlose, bittere Jahre voller Einsamkeit vor sich sah. Manchmal sehnte er sich nach jener Rachsucht und dem Haß zurück, die früher seine besten Freunde gewesen waren.
Er wollte sein Leben nicht mit einer anderen Frau teilen. Außerdem – mit welchem Recht durfte er irgend jemandem sein schweres Schicksal aufbürden? Sorgen und Kummer überschatteten seine Vergangenheit. Auch die künftigen Jahre verhießen nichts Gutes. Seine Hände waren mit Blut befleckt, schwarze Kälte umgab seine Seele.
Aber sein Kind brauchte eine Mutter. Und er würde jeden Preis zahlen, um Jannas Lebensweg zu ebnen. Behutsam zog er die Decke bis an ihr Kinn und stand auf. Seine Bedenken waren überflüssig. Jetzt ließ sich ohnehin nichts mehr ändern. Am Vortag hatte er brieflich um Miss Heather Ashfords Hand gebeten und versprochen, er würde ihre Schulden begleichen – eintausendfünfhundert kostbare Dollars, die er irgendwie auftreiben mußte, um sie von ihren Verpflichtungen in St. Louis zu befreien.
Eine neue Ehe widerstrebte ihm, und er hätte es lieber der Zeit überlassen, die Wunden in seinem Herzen zu heilen – falls das überhaupt möglich war. Andererseits würde er nichts für Miss Ashford empfinden und sich mit einem weiblichen Körper begnügen, der des Nachts sein Bett wärmte, mit einer Frau, die sein Kind betreute. Daß ihr gesellschaftliches Ansehen ihm helfen konnte, die Wahl im September zu gewinnen, war ein zusätzlicher Vorteil.
Nur eine Vernunftehe, sonst nichts.
Heather Ashford. Er schloß die Augen und versuchte, sich die Frau vorzustellen, die seinen Namen tragen würde. Als die sinnliche blonde Traumgestalt in seiner Fantasie auftauchte, fluchte er. Zweifellos sah sie in Wirklichkeit anders aus, und außerdem wünschte er sich gar keine verführerische Frau. Mit einer respektablen Lehrerin würde er viel besser zurechtkommen – mit einer Fremden, die nichts in seiner Seele bewegte und ihm keine albernen Gefühle entgegenbrachte.
In dieser Ehe würde die Liebe keine Rolle spielen. Sein Herz konnte er nicht mehr verschenken, weil es mit seiner Frau gestorben war.
St. Louis, März 1887
Das Telegramm, das ein Loch in Heathers Rocktasche zu brennen schien, verkündete brüsk und präzise: ANKOMME BAHNHOF MITTWOCH NACHMITTAG /HOCHZEIT DONNERSTAG MORGEN/ SOFORTIGE ABREISE NACH COLORADO/ SLOAN MCCORD.
Kein bißchen Romantik … Dieser Gedanke schürte ihre Angst. Am nächsten Tag würde sie einen Fremden heiraten.
Doch sie konnte sich den Luxus romantischer Träume nicht leisten. Tränen verschleierten ihren Blick, als sie zum letztenmal durch ihre Schule ging, ein hübsches kleines Gebäude mit Schindeldach, in einem vornehmen Viertel von St. Louis. Hier hatten junge Damen aus gutem Haus fünf Jahre lang Manieren, Konversation und Handarbeiten gelernt, aber auch geographischen, musikalischen und mathematischen Unterricht erhalten. Das Institut genoß einen ausgezeichneten Ruf.
Bedrückt schaute sich Heather in ihrem komfortablen Salon um und dachte an den tränenreichen Abschied von ihren Schützlingen. An diesem Morgen waren die letzten ihrer Schülerinnen noch einmal erschienen, ein Dutzend Mädchen, zwischen neun und sechzehn Jahre alt.
»Bitte, gehen Sie nicht weg, Miss Ashford!«
»Mama will mich auf Mrs. Underwoods Akademie schicken. Lassen Sie das nicht zu, Miss Ashford! Dort würde ich sterben.«
»Können Sie uns nicht nach Colorado mitnehmen, Miss Ashford?«
Stoisch hatte sie die Umarmungen und flehenden Bitten ertragen. Erst als ihr ein gehäkelter Schal überreicht worden war, von allen Mädchen gemeinsam angefertigt, hatte sie die Fassung verloren. Trotz der unregelmäßigen Maschen und zahlreichen Knoten fand sie das Werk wunderschön.
Sie strich wehmütig über den polierten Mahagonideckel des Pianofortes, das so viel erlitten hatte. Nun war dieses Kapitel ihres Lebens beendet.
Gewiß, sie schloß die Schule nur notgedrungen. Darin sah sie keinen Fehlschlag, sondern die Chance auf einen neuen Anfang. Nach den schwierigen Zeiten brauchte sie endlich eine starke Schulter, an die sie sich lehnen konnte. Wenigstens muß ich mich nicht mehr mit den snobistischen Müttern herumplagen, überlegte sie und brachte ein halbherziges Lächeln zustande, das sofort erlosch, als sie sich an das unpersönliche Telegramm ihres Bräutigams erinnerte.
Nur der Gedanke an Caitlins Gratulationsbrief stimmte sie etwas zuversichtlicher. Die Freundin hatte Sloan McCords Charakter in den höchsten Tönen gelobt und berichtet, der Rinderzüchter habe während eines blutigen Weidekriegs seine geliebte Frau verloren, eine Cheyenne. Diese Tragödie rührte Heathers Herz, doch sie war auch vor der Schwermut ihres künftigen Ehemanns gewarnt worden.
Wie auch immer, ihr blieb nichts anderes übrig als ihn zu heiraten. Die Schulden ihres Vaters, der einen tödlichen Schlaganfall erlitten hatte, mußten beglichen werden. Und der einzige andere Bewerber war ein Mann, mit dem sie ihr Leben nicht verbringen mochte.
Jetzt mußte sie Evan nur noch klarmachen, daß sie die richtige Entscheidung getroffen hatte. Entschlossen straffte sie die Schultern, zog ihren grauen Wollmantel über das schwarze Bombasinkleid und setzte einen schwarzen Hut auf, eine Leihgabe von Caitlins Tante Winifred. Heather trug immer noch Trauer. Eine allzu umfangreiche Garderobe würde sie nicht in die Ehe mitbringen. Die schwarze Farbe betonte ihre Blässe, und die haselnußbrauen Augen wirkten übergroß in ihrem schmalen Gesicht.
Mit bebenden Fingern versperrte sie zum letzten Mal das Schultor. Am nächsten Morgen würde die Bank das Haus übernehmen – Evan Randolfs Bank. Er glaubte, er hätte gewonnen, dachte sie, während sie den Heimweg antrat und durch die winterliche Kälte eilte. Aber er wird eine unangenehme Überraschung erleben …
Bei diesem Gedanken empfand sie eine gewisse Genugtuung. Bald würde er erfahren, daß sie nicht mehr die Zielscheibe seiner beharrlichen Annäherungsversuche war.
Drei Häuserblocks weiter verbreiterte sich die Straße zu einer Eichenallee, von hübschen Häusern gesäumt. Als Heather auf die andere Seite gehen wollte, wurde sie von schrillem Geschrei und donnernden Hufschlägen aus ihren Gedanken gerissen. Erschrocken sah sie zwei kastanienbraune Pferde auf sich zugaloppieren, die einen geschlossenen Wagen hinter sich herzogen. Niemand saß auf dem Kutschbock, und die Insassinnen kreischten in hilflosem Entsetzen.
Von Panik ergriffen, blieb Heather wie festgewurzelt stehen und hob instinktiv die Hände, was das aufgescheuchte Gespann natürlich nicht vom Kurs abbrachte. Plötzlich wurde sie am Arm gepackt und aufs Kopfsteinpflaster geschleudert.
Sie richtete sich verdutzt auf und beobachtete leicht benommen einen Mann, der einen Wildledermantel und einen breitrandigen Stetson trug, an ihr vorbeistürmte und auf den Kutschbock des heftig schwankenden Wagens sprang. Im nächsten Augenblick warf er sich auf den Rücken eines der Pferde. Dabei flog ihm der Hut vom Kopf. Wie durch ein Wunder gelang es ihm, die beiden Füchse zu zügeln. Zitternd blieben sie stehen, einen Häuserblock von der Stelle entfernt, wo Heather am Boden lag.
»Gott sei Dank«, flüsterte sie atemlos und erhob sich schwankend. Hastig strich sie ihre zerknitterten Röcke glatt. Dann eilte sie, ebenso wie andere Passanten, zu dem Wagen, um zu sehen, ob sie irgend jemandem beistehen könnte.
Die Zuschauer halfen einer gut gekleideten Frau und einem jungen Mädchen aus der Kutsche. Die Hüte verrutscht, bebend und schluchzend, vermochten sie sich kaum auf den Beinen zu halten. Ihr Retter sprach beruhigend auf die verängstigten Pferde ein.
Fasziniert betrachtete Heather den hochgewachsenen Fremden. Er strahlte eine Stärke aus, die nicht nur von der kraftvollen, breitschultrigen Gestalt herzurühren schien. Langes goldbraunes Haar streifte den Kragen seines Wildledermantels.
Der schwarze Fahrer rannte die Straße herab und entschuldigte sich wortreich bei seiner Herrin, weil er die Pferde, die plötzlich durchgegangen waren, nicht fest genug am Zügel gehalten hatte.
Inzwischen strich der Fremde über seinen Kopf und vermißte seinen Hut. Er wollte sich abwenden, um danach zu suchen. Doch da rief die ältere Dame: »O Sir, meine Tochter und ich hatten solche Angst. Wie kann ich Ihnen nur danken?«
»Keine Ursache«, erwiderte er mit rauher Stimme.
»Immerhin haben Sie uns das Leben gerettet.«
»Wie tapfer Sie waren …«, seufzte die hübsche Tochter, und Heather mußte ihr recht geben. Nur wenige Männer wären bereit gewesen, auf den führerlosen, fahrenden Wagen zu springen und den Kampf mit den verschreckten Pferden aufzunehmen. Vermutlich hatte er eine Tragödie verhindert.
Der Dank und das Lob der beiden Frauen schien ihn verlegen zu stimmen. Er murmelte eine kurze Entschuldigung und versuchte erneut, sich abzuwenden. Aber da streckte die junge Dame eine bebende Hand aus und taumelte in seine Richtung, als würde sie in Ohnmacht fallen. Deshalb blieb ihm nichts anderes übrig, als sie aufzufangen und unter den Achseln festzuhalten.
Warum ihr die Sinne zu schwinden drohten, verstand Heather nur zu gut. Eine so markante, naturverbundene Erscheinung traf man unter den Gentlemen von St. Louis nur selten. Wind und Wetter hatten das ausdrucksvolle Gesicht mit den harten Zügen und sinnlichen Lippen gebräunt. Offensichtlich hatte das zerzauste blonde Haar schon lange keinen Barbier mehr gesehen. Aber am interessantesten fand Heather die strahlendblauen Augen.
Als hätte er ihren Blick bemerkt, schaute er zu ihr herüber, und ihr Puls beschleunigte sich. Langsam, fast verächtlich musterte er sie von oben bis unten und schien die unbeholfene Frau zu erkennen, die er vor dem wilden Galopp des Gespanns gerettet hatte. Heather errötete und hoffte, die breite Krempe ihres Huts würde ihre Zerknirschung verbergen.
»Sir, Sie sind mein Held«, hauchte das Mädchen und lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf sich.
Plötzlich lächelte er ironisch. Ein solches Lächeln könnte die vernünftigsten Frauen zu einer Dummheit verleiten, dachte Heather und beobachtete, wie es die harten Gesichtszüge milderte und andere Menschen einlud, die Belustigung zu teilen. Zweifellos war er an weibliche Bewunderung gewöhnt.
»Mama, ich kann keinen einzigen Schritt gehen«, klagte die junge Dame und betrachtete ihren Retter durch gesenkte Wimpern. »Und ich steige nie wieder in diese Kutsche. Das würde ich nicht ertragen.«
»Gibt’s einen Arzt in der Nähe?« fragte der Fremde resignierend.
»An der nächsten Ecke«, erklärte die Mutter des Mädchens.
»Dann gestatten Sie, Miss …« Mühelos hob er die Tochter hoch, die sichtlich beglückt seinen Hals umklammerte, und trug sie mit langen Schritten davon.
Heather schaute ihm nach, und es dauerte eine Weile, bis sich ihre Herzschläge beruhigten. Als sie sich umdrehte, blieb ein eleganter Landauer neben ihr stehen. Die beiden schönen Grauschimmel waren unverkennbar.
Für edle Pferde interessierte sich der reiche Eisenbahnmagnat Evan Randolf ebenso wie für schöne Frauen. Seine Ställe und die Zucht der Tiere gehörten zu den besten in drei Staaten. Er war ein attraktiver Mann mit dunklen Augen und Haaren, modischen Koteletten und gepflegtem Schnurrbart. Lächelnd öffnete er die Wagentür und stieg aus.
Wie immer war er untadelig gekleidet. Diesmal trug er ein exquisit geschnittenes hellblaues Cape. Der verwöhnte arrogante Millionär, ein Bekannter ihres verstorbenen Vaters, verbarg seine skrupellose Kälte hinter einer liebenswürdigen Fassade. Heather wußte, daß sie seinen Scharfsinn allerdings nicht unterschätzen durfte. Obwohl er sich in den gehobenen Gesellschaftskreisen von St. Louis bewegte und die Wahl unter zahlreichen reizvollen Frauen hatte, glaubte er irrtümlich, sie wäre die ideale Ehefrau für ihn.
Höflich tippte er an seine Melone. »Gehst du nach Hause, meine Liebe?« Ein dezenter britischer Akzent verriet seine aristokratische Herkunft. »Erlaube mir, dich zu begleiten.«
»Nicht nötig, Evan, ich hab’s ja nicht mehr weit.«
»Bitte, ich bestehe darauf«, drängte er und lächelte selbstsicher. Natürlich war er es gewöhnt, seinen Willen immer und überall durchzusetzen, mit Charme und Beharrlichkeit, und gerade das machte ihn so gefährlich. »Bei diesem kalten Wetter darfst du nicht zu Fuß nach Hause gehen, meine Liebe, schon gar nicht ohne Dienstmädchen. Andererseits sehe ich voller Wohlgefallen, daß die kühle Luft deine Wangen rosig gefärbt hat. In letzter Zeit warst du viel zu blaß.«
Heather verkniff sich die Antwort, sie könne sich kein Dienstmädchen mehr leisten und Evan habe nach dem Tod ihrer Mutter die verhängnisvolle Spielsucht ihres Vaters auch noch gefördert. Was vom Erbe der Mutter übrig geblieben war, hatte er am Pokertisch verschleudert.
Am liebsten hätte sie auf Evans Begleitung verzichtet. Aber sie mußte allein mit ihm reden, und sie durfte die Diskussion nicht länger hinauszögern. Widerstrebend ließ sie sich in den Landauer helfen und sank in die weiche Lederpolsterung. Während der kurzen Fahrt sprach er über belanglose Dinge, und Heather schwieg unbehaglich.
Der Wagen hielt vor dem bescheidenen Haus, das sie mit Caitlins Tante Winifred teilte. Ihr eigenes Heim hatte sie verkaufen müssen, um die Spielschulden ihres Vaters wenigstens teilweise zu begleichen. Nun lebte sie von Winnies Großzügigkeit.
»Möchtest du hereinkommen, Evan?« fragte sie. »Ich muß dir etwas mitteilen.«
»Gewiß, meine Liebe.« Evan lächelte selbstzufrieden, als wüßte er bereits, worum es ging, und wäre seines Sieges sicher.
Um diese Zeit würde Winnie nicht zu Hause sein, weil sie die Einkäufe für das Hochzeitsfrühstück erledigte, das am nächsten Morgen stattfinden sollte. Nur Bridget war hier, die junge Frau, die Heather in den letzten Jahren in der Schule unterstützt hatte und jetzt ebenfalls bei Winnie wohnte, bis sie eine neue Stellung gefunden hatte.
Heather ließ sich von Evan aus dem Mantel helfen und hängte ihn an die Garderobe. Nachdem er sein Cape ebenfalls abgelegt und den Spazierstock mit dem Goldknauf in den Schirmständer gestellt hatte, folgte er ihr in den Salon. Das kleine Haus war nicht so elegant und geräumig wie das schöne Heim, in dem sie aufgewachsen war. Aber der Raum mit den zahlreichen Spitzendeckchen, Sepia-Daguerreotypien und Porzellanfiguren wirkte sehr gemütlich.
»Setz dich, bitte. Darf ich dir eine Tasse Tee anbieten?« fragte Heather, als er auf dem Chintzsofa Platz nahm.
»Danke, sehr gern.«
Sie eilte zur Küche im Hintergrund des Hauses und bat Bridget, Erfrischungen vorzubereiten. Dann ging sie nach oben in ihr Schlafzimmer, um den Hut abzunehmen und ärgerte sich über ihre feige Verzögerungstaktik. Sie fürchtete das Gespräch.
Nachdem sie Evans Anträge mehrmals abgelehnt hatte, würde sie einen anderen heiraten. Und er war es nicht gewöhnt, seine Pläne durchkreuzt zu sehen. Der britische Kapitalist hatte ein Vermögen im Eisenbahn- und Minengeschäft gemacht und seine Ziele stets erreicht. Auch diesmal zweifelte er nicht an seinem Erfolg und glaubte, er würde Heather bald als seine Braut heimführen.
Selbstverständlich konnte er seine derzeitige Geliebte, eine Bühnenschauspielerin, nicht heiraten. Aber Heather, die einer vornehmen Familie entstammte, wäre eine passende Zierde für sein Imperium. Er hatte den Zeitungsverlag ihres Vaters und die Schule gekauft, in der irrigen Überzeugung, Heather würde dankbar in seine Arme sinken. Außerdem erklärte er sich bereit, ihre restlichen Schulden zu übernehmen, sie vor allem weiteren Unheil zu schützen und ihr ein Luxusleben zu bieten. In diesen schwierigen sechs Monaten war sie manchmal versucht gewesen, auf seinen Vorschlag einzugehen.
Da er sie so entschlossen umworben hatte, war das Interesse einiger Klatschbasen erwacht. Natürlich hatte sich Heather keinen Skandal leisten können, solange sie bestrebt gewesen war, die Schule und deren guten Ruf zu erhalten. Eine hochnäsige Dame schickte ihre Tochter sogar in eine andere Schule, bevor Evan seine ehrbaren Absichten verlauten ließ. Danach hatte keine der anderen Mütter gewagt, die künftige Mrs. Randolf zu beleidigen.
Sie verstand nicht, warum sie ihn so faszinierte. Obwohl die Familie ihrer Mutter reich gewesen war, hatte sie sich in seinen Gesellschaftskreisen niemals wohl gefühlt, und sein aufwendiger, ausschweifender Lebensstil mißfiel ihr. Vielleicht lag ihre Anziehungskraft in ihrem Widerstand. Eine Beute, die schwer zu erringen war, mußte ihm um so begehrenswerter erscheinen. Seit Monaten bewegte sie sich auf einem schmalen Grat und wehrte seine Annäherungsversuche ab, ohne seinen gefährlichen Zorn zu erregen.
Selbst wenn sie seine Exzesse tolerieren könnte, wollte sie nicht die Rolle Mrs. Evan Randolfs spielen, die nichts anderes zu tun hatte, als verschwenderische Dinnerparties zu geben und mit selbstgefälligen Damen irgendwelche Wohltätigkeitsveranstaltungen zu besuchen. Stattdessen würde sie eine sinnvolle Aufgabe erfüllen.
Sie holte tief Atem, nahm Sloan McCords Brief aus einem Schubfach ihres Schreibtisches und betrachtete die kühne, schwungvolle Handschrift. Als Ehefrau eines Ranchers konnte sie sich wenigstens nützlich machen.
Notgedrungen kehrte sie in den Salon zurück, trat vor den Kamin und hoffte, die Wärme des Feuers würde sie ermutigen. Evan saß immer noch auf dem Sofa, die Beine lässig übereinandergeschlagen.
»Evan«, begann sie zögernd, »ich weiß nicht, wie ich’s dir sagen soll …«
»Dann will ich dir helfen«, unterbrach er sie und lächelte gönnerhaft. »Du hast dich anders besonnen – ein Vorrecht aller schöner Frauen. Und ich bin sehr glücklich darüber.«
»Nein, du täuscht dich. Vielleicht – solltest du das lesen.« Sicher war es feige, Sloans Heiratsantrag für sich sprechen zu lassen. Aber ihr selbst fehlten die Worte. Sie gab Evan den Brief. Angstvoll beobachtete sie, wie sein Mienenspiel von Neugier und Verblüffung und schließlich in unverhohlene Wut überging. »Ich habe Mr. McCords Antrag angenommen«, fügte sie leise hinzu und wünschte, sie wäre woanders.
»Damit willst du mich offensichtlich erpressen. Dieser Antrag ist nur ein Druckmittel, das mich veranlassen soll, dir bei unserer Hochzeit eine beträchtliche Summe zu überschreiben.« Ehe sie erschrocken protestieren konnte, fuhr er gnadenlos fort: »Wie bitter du mich enttäuschst! Niemals hätte ich von dir eine so tückische Strategie erwartet. Aber … Also gut. Würde dir eine halbe Million genügen?«
Verzweifelt schüttelte sie den Kopf. »Nein, du mißverstehst mich, Evan – das ist kein Trick. Ich habe deine Anträge stets abgelehnt, weil wir nicht zueinander passen …«
»Soll ich tatsächlich glauben, du – eine völlig mittellose Frau – würdest eine so hohe Summe ablehnen?«
Wie sollte sie ihm begreiflich machen, daß sie es ernst meinte? Nervös schlang sie die Finger ineinander. »Ich hoffe, du wirst mir glauben, weil ich die Wahrheit sage. Natürlich schmeichelt mir dein Interesse, und ich bedaure es, deine Zukunftspläne zu durchkreuzen. Aber ich werde dir wohl kaum das Herz brechen.«
Erbost zerknüllte er den Brief. »O nein, ich habe diese Monate nicht vergeudet, um mich in ganz St. Louis lächerlich zu machen.«
»Das lag keineswegs in meiner Absicht.«
»Nie zuvor habe ich eine Frau um ihre Hand gebeten.« Er stand abrupt auf, schleuderte den Brief zu Boden und ging zu ihr. »Bildest du dir ein, ich ließe mich abweisen?«
Sie schluckte mühsam. Vielleicht glaubte er, sie zu begehren, und sie konnte seine Gefühle nicht erwidern, und sie wollte kein leeres, nutzloses Leben an seiner Seite führen. Wenn sie Sloan McCord heiratete, würde sie seine kleine Tochter aufziehen und ihn während seiner Wahlkampagne unterstützen. Im Gegensatz zu Evan brauchte er sie wirklich.
»Bitte, Evan – wir sind einfach zu verschieden. Und weil mir ein anderes Leben vorschwebt als dir, kann ich nicht deine Frau werden.«
»Dann muß ich dich eines Besseren belehren«, erwiderte er und kam noch näher.
Beklommen wich sie zurück. »Zu spät – morgen heirate ich.«
»Morgen?« Schmerzhaft packte er ihre Arme. »Meine
Liebe, du hast einen sehr wichtigen Punkt vergessen. Niemand stellt sich gegen mich.«
In diesem Augenblick glich er einem kleinen Jungen, dem man ein Spielzeug weggenommen hatte. Aber er war kein kleiner Junge, sondern ein sehr mächtiger Mann.
»Bitte, Evan, du tust mir weh.«
»Tatsächlich? Vielleicht ist das die Lösung des Problems. Ich muß dir wohl auf die harte Tour beibringen, welch schweren Fehler du begehst, wenn du mir zu trotzen wagst. Falls du glaubst, ich lasse dich einfach laufen, mit einem vulgären Rinderzüchter aus dem Wilden Westen …«
»Bitte, Evan …«
»Von Anfang an hätte ich die Sache viel energischer in die Hand nehmen müssen. Schon vor sechs Monaten hätte ich deine verdammte Schule schließen können. Aber du solltest aus eigenem Antrieb zu mir kommen. Jetzt werde ich andere Saiten aufziehen.«
Unsanft riß er sie in die Arme, preßte seinen Mund auf ihren, und sie fühlte sich seiner Kraft hilflos ausgeliefert. Bisher war sie nur zweimal geküßt worden, von schüchternen jungen Gentlemen. Evans Brutalität jagte ihr Angst ein.
Als er endlich den Kopf hob, glitzerte nach wie vor Zorn in seinen Augen – vermischt mit unverhüllter Lust. »Eine Nacht in meinem Bett, und dein tugendhafter Rancher wird dir den Rücken kehren. Kein Mann will eine Frau heiraten, die schon ein anderer besessen hat. Vielleicht werde sogar ich mein Interesse an dir verlieren.«
Entsetzt versuchte sie, sich zu befreien. Aber er war zu stark. »Nein, laß mich los …« Er neigte sich wieder herab, und sie unterdrückte nur mühsam einen Schrei.
In seinem Kuß spürte sie Wut und gnadenlose Entschlossenheit. Vergeblich stemmte sie beide Hände gegen seine Brust. Sie konnte nicht mehr atmen. Durch den Nebel ihres Schwindelgefühls hörte sie einen warnenden Ruf, und Evan hielt sie plötzlich nicht mehr fest.
»Was zum Teufel …«, fauchte er, als er von ihr weggezerrt wurde.
Schwankend, mit weichen Knien stand sie da und beobachtete aus den Augenwinkeln, wie Evan quer durch den Salon taumelte und unsanft auf dem Teppich landete. Dabei verfehlte er den Couchtisch nur um Haaresbreite. Immer noch benommen, klammerte sie sich am Kaminsims fest.
Evan drehte sich um, berührte sein mißhandeltes Kinn und starrte seinen Angreifer an.
Erleichtert wandte sich Heather zu ihrem Retter, und ihr Atem stockte. Der kühne Fremde, der die verängstigten Kutschenpferde gebändigt hatte …
Jetzt trug er wieder seinen Hut, und die dunkle Krempe überschattete seine Augen, während er Randolfs Blick erwiderte. »Hat die Dame nicht gesagt, Sie sollen sie loslassen?«
»Verdammt, wer sind Sie?« stieß Evan wütend hervor.
Der Fremde schob seinen Hut aus der Stirn. Nun funkelten seine Augen kalt wie Eis. »McCord«, stellte er sich vor und schaute zu Heather hinüber, die zitternd am Kamin lehnte. »Und ich glaube, ich bin mit dieser Dame verlobt.«
Wie rasend hämmerte ihr Herz gegen die Rippen. Ihr künftiger Ehemann …
In diesem Augenblick machte Evan den Fehler, in die Tasche seines Jacketts zu greifen, um eine Derringer hervorzuziehen. Blitzschnell öffnete McCord seinen Wildledermantel, um den Revolver zu entblößen, der an seinem Schenkel hing. »Versuchen Sie’s lieber nicht. Da, wo ich herkomme, zieht man die Waffe nur gegen mich, wenn man sterben will. Und niemand küßt eine Frau, wenn sie’s nicht erlaubt hat.«
Klugerweise ließ Evan die Derringer in seine Tasche zurückgleiten.
»Und jetzt sollten Sie verschwinden, bevor ich die Anwesenheit einer Dame vergesse.«
Verwirrt richtete sich Evan auf. »Heather, meine Liebe – verzeih mir … Glaub mir, ich wollte dir nicht weh tun.« Seine Zerknirschung wirkte sogar echt.
Welch ein seltsamer Anblick – ein mächtiger Mann wie Evan hilflos auf dem Teppich … Aber er verdiente nichts Besseres, nachdem er sie so brutal bedrängt hatte, in der Absicht, ihre Unschuld zu rauben und ihre Hochzeit zu verhindern. Das war unverzeihlich.
»Sicher ist es besser, wenn du jetzt gehst, Evan.«
»Ja …«
Sie las Schmerz und Scham in seinen Augen. Zum ersten Mal in der langen Bekanntschaft fragte sie sich, ob sie die Gefühle, die er ihr entgegenbrachte, vielleicht falsch beurteilte. Empfand er tatsächlich mehr als den Wunsch, sie zu besitzen?
Langsam rappelte er sich hoch, warf ihr einen letzten Blick zu und verließ den Salon. Dabei stieß er fast mit der jungen Frau zusammen, die ein Teetablett hereintrug.
»Alles in Ordnung, Miss?« Besorgt starrte Bridget ihre Herrin an, und Heather überlegte, ob das Mädchen womöglich den unangenehmen Zwischenfall beobachtet hatte.
Sie berührte ihre Schläfe. Wäre die Situation nicht so ernst gewesen, hätte sie über die absurde Szene gelacht. Zum Glück war die Schule bereits geschlossen. Diesen Skandal hätte sie nicht überstanden. »Ja, es geht mir gut… Danke für den Tee, Bridget. Bitte, stellen Sie das Tablett auf den Tisch.«
Heiliger Himmel, ihr künftiger Ehemann … Für seine imposante Erscheinung wirkte der Salon viel zu klein, und Heather fühlte sich in seiner Nähe viel zu schwach. Und wehrlos. Aber da er sie bereits zweimal gerettet hatte, würde er ihr nichts antun. Nervös beobachtete sie, wie er den Revolver wieder mit seinem Mantel verdeckte.
Jetzt las sie Besorgnis in seinen faszinierenden blauen Augen – und eine Sanftmut, die sie verblüffte.
Als er zu ihr kam, zuckte sie zusammen. Behutsam umfaßte er ihr Kinn und musterte ihr Gesicht. Sein Blick schien bis in die Tiefen ihrer Seele zu dringen. »Sind Sie verletzt?« Seine leise rauhe Stimme nahm ihr den Atem, und sie konnte nur den Kopf schütteln. Fast geistesabwesend strich er mit einem Finger über ihre Lippen.
Diese Berührung entzündete ein seltsames Feuer. Unwillkürlich wich sie zurück. Sobald er diese Reaktion bemerkte, ließ er ihr Kinn los. Eine Maske schien über sein Gesicht zu fallen. »Miss Ashford, nicht wahr?«
»Ja«, würgte sie hervor.
»Offensichtlich besitzen Sie das Talent, ständig in unangenehme Situationen zu geraten.«
Damit entschwand die zaghafte Hoffnung, sie wäre nicht wiedererkannt worden, weil sie auf der Straße ihren Mantel und den Hut getragen hatte. Beschämt senkte sie den Kopf.
Warum war ihre erste Begegnung mit Sloan McCord so demütigend verlaufen? Zuerst hatte er sie vor galoppierenden Pferden gerettet, dann vor der Attacke eines lüsternen Eisenbahnmagnaten. Mühsam widerstand sie dem Impuls, ihre Röcke zu glätten und das zerzauste Haar zu ordnen.
»Wie – wie sind Sie hereingekommen?« stammelte sie und zwang sich, ihn wieder anzuschauen.
»Ihr Dienstmädchen hat mich zu diesem Zimmer geführt«, erwiderte er und lächelte sarkastisch.
»Oh – natürlich.«
»Habe ich ein wichtiges Gespräch mit Ihrem – Freund gestört?«
»Nein – Evan war nur enttäuscht, weil ich seinen Heiratsantrag abgelehnt hatte.«
Nachdenklich runzelte er die Stirn. »Ja, Caitlin erwähnte meinen Rivalen.« Dann verengten sich seine blauen Augen. »Leider hat sie’s versäumt, mich auf gewisse andere Dinge hinzu weisen.«
Mühsam bezähmte Sloan den Aufruhr seiner Gefühle, während er seine Braut betrachtete. Wie vertraut sie ihm erschien – die sinnliche Geliebte in seinem Traum …
Aber jetzt war das seidige blonde Haar hochgesteckt, statt in weichen Wellen auf nackte Schultern zu fallen, und das Gesicht lag nicht mehr im Schatten.
Am liebsten hätte er seine Schwägerin erdrosselt. Wenn Heather Ashford nur ›passabel‹ aussah, war er der König von England. In ihrer kühlen Schönheit, mit dem feingezeichneten ovalen Gesicht, der schmalen, aristokratischen Nase und dem perfekten Porzellanteint wirkte sie ätherisch wie eine Göttin. Kein Wunder, daß Randolf, dieser Bastard, sie so heiß begehrte … Ihre Augen glänzten wie goldener Sherry, die vollen Lippen glichen samtigen Rosenblättern. Und ihr Lächeln, das ihn um Entschuldigung bat – sanft, scheu und verletzlich … Sein Herz hämmerte schneller gegen die Rippen.